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380331 Hans Philipp Geuder an Fürst Christian II. von Anhalt-Bernburg
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Hans Philipp Geuder an Fürst Christian II. von Anhalt-Bernburg


Hans Philipp (v.) Geuder (FG 310. Der Ergänzende) überschickt F. Christian II. v. Anhalt-Bernburg (FG 51) auf Anordnung F. Ludwigs (Der Nährende) eine Visierung seines Wappens und einen an F. Ludwig gerichteten Brief Hans Andreas Kesslers (v. Kessel) (FG 171. Der Befördernde). Er verspricht, Kessler bei nächster Gelegenheit daran zu erinnern, sein Wappen ebenfalls einzusenden. — Gelegentlich blättere er, Geuder, im gedruckten Gesellschaftsbuch der Fruchtbringenden Gesellschaft — ein Vergnügen, das noch größer wäre, wenn ihm die nur mit Initialen angegebenen Mitglieder ihrem vollen Namen nach bekannt wären. Die Verzögerung in seinem (Übersetzungs-)Werk entschuldigt er mit körperlichem Unwohlsein und zeitraubenden Belastungen.

Beschreibung der Quelle


Q LHA Sa.-Anh./ Dessau: Abt. Köthen A9a Nr. 167, Bl. 48rv (ältere Blattzählung „47“ gestrichen), 48v leer. Nachschrift eines verschollenen Briefes; Schreiberh. mit eigenh. Schlußkurialie u. Unterschrift.

Anschrift


A  Fehlt.

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P.S.
Auch Durchleuchtiger hochgebohrner Gn. Fürst vnd herr, v̈berschickhe auff deß Fürstl. G. Nehrenden gnädigem befehl Jch beyverleibt1 mein weniges Wappen2 , sambt schreiben von dem Befördernten3 , welchen Jch mit nechster gelegenheit zu gleichmässiger ablag anerinneren will. Jn dem hochlöbl. Erzschreins Lustgarten, dessen erweiterung vnsterblichen ruhm nach sich ziehen würdte, pfleg Jch mein gemüth zu zeitten vff ergözung zu führen, welche desto nachtruckhsamer sein würde, wann die mit Buchstaben angedeute Nahmen, mir offenbahrt werden möchten.4
  Mein werckh findet sich noch Jmmer hin, theilß durch wehrende Leibsvnpäßlichkeit, theilß aber, sonderlich anietzo, durch neue zeithverzehrende belästigungen vnnd bemussigte oblagen5 gehemmet. Jch verhoff aber einen alß ander weg, nach gefastem gutem haubtgrundt vnnd darauß gemuthsam6 sproßenden fortsaz7 deß vormahligen verbutterten8 Ritterverstandes, Je zu weihlen lufft zu erlangen, wordurch der gemachte anfang den schluß Punct endlichen erjagen möcht, E. Fürstl. Gn. vnterthänig bittendt auss dem verzug keine vngenädige gedanckhen wider mich zu schöpffen, verbleibende
  Eur Fürstl. Gn. Vnterthäniger
  Der Ergäntzende etc.
Geben zur Crocodilßburg9 den 31. deß Merzens Jm Jahr 1638.

Textapparat und Kommentar

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Kommentar

K Zur Bestimmung des Briefadressaten vgl. das Schreiben 380410, mit welchem F. Christian II. v. Anhalt-Bernburg (FG 51) F. Ludwig einen Brief Hans Philipp (v.) Geuders (FG 310. Der Ergänzende) zuschickt. Diesem lagen der für F. Ludwig bestimmte Brief des Befördernden (s. hier Anm. 3) und wohl auch Geuders Wappen bei.
1
Hapaxlegomenon zu ,verleiben’, sw. v. sich einverleiben, (z. B. einen Brief) einschließen. Schmeller II, 1413; DW XII.1, 765f.; Götze, 75. Zur Bildung mit bei- vgl. ,beivermeldet’, part. adj. gleichzeitig angegeben. Fnhd. Wb. III, 1045.
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2
Zu Hans Philipp (v.) Geuder s. 370517 K 6. Zum Brauch der FG, die Mitgliederwappen in das GB Kö. einzumalen (nach Möglichkeit ergänzt um eigenhändige Eintragungen der Mitglieder mit ihren persönlichen Devisen) und in gestickten Wandgobelins für den Köthener Schloßsaal zusammenzuführen vgl. 371220 K 12. Eine Abbildung von Geuders Wappen aus dem 2. Band des GB Kö. in Conermann II, Bilddokumentation, S. [199].
3
Es sollte Geuder nicht gelingen, eine farbige Zeichnung des Wappens Hans Andreas Kesslers (v. Kessel) (FG 171. Der Befördernde), dessen Bekanntschaft er schon in Amberg vor etwa 20 Jahren gemacht hatte, zu beschaffen und über F. Christian II. an F. Ludwig weiterzuleiten. Vgl. dazu und zu Kessler 371209 K 6. GB Kö. zeigt nur eine nichtkolorierte Wappenzeichnung, die vielleicht von Geuder übermittelt wurde. S. Conermann I, Nr. 171, vgl. Conermann III, 172. Das oder die Schreiben Kesslers, die Geuder seinem Brief bzw. Postskriptum beilegte, fehlen im Erzschrein und in der unter Q angegebenen Akte; sie haben sich anscheinend nicht erhalten.
4
Im damals zuletzt erschienenen Gesellschaftsbuch (GB 1629/30) konnte Geuder zwar wie in einem Pflanzgarten, mit dem die FG späterhin häufig vergleichen wurde, die Gewächse der Mitglieder-Impresen betrachten, die Namen der Träger aber nur durch eine Entschlüsselung der Initialen ermitteln. Namenlisten aber pflegte F. Ludwig nur zögerlich mitzuteilen. S. 371220. Vgl. Sachregister s. v. Mitgliederlisten FG.
5
Auflagen. DW VII, 1109. Zur mißlichen Lage Geuders, die nach seiner Aussage einen raschen Fortschritt seiner Quevedo-Übersetzung (s. 371224) verhinderte. Vgl. 371224 K 6.
6
Seltene Intensivbildung zu mutsam, adv. in gehobener Stimmung, frisch, fröhlich usw. Diefenbach, 771; DW VI, 2802. Vgl. mhd. muotsam. Findebuch mhd.
7
Paronomasie im Wortspiel, das den schon im Vorsatz liegenden Fortschritt (,Fortsatz’) gegenüber „gefastem gutem haubtgrundt“ ironisch zum Ausdruck bringt.
8
Geuders Paronomasie verknüpft ,verbuttern’, etwa im Sinne von ,zuschmieren’, mit ,verbutten’, „situ corrumpi, fracescere, mucescere“ (Stieler, 263), von butt, adj., „mollis, fracidus, putridus, musteus, &metaph. excors, stolidus, stupidus, tardus“, a. a. O., 262. Sinngemäß ist wohl gesagt, der Grund (zu Geuders Vorhaben einer Quevedo-Übersetzung) sei aber gelegt, der gute Vorsatz in seinem vormals amorphen ritterlichen Geist gefaßt, so daß ein gutes Ende erhofft werden kann. Geuder spielt scherzhaft auf den empfangenen Ritterschlag und auf seine Tätigkeit im Auftrag fränkischer u. a. Ritterschaften an (s. 370517 K 6). Er ist in diesem Text deutlich um einen höfisch-witzigen Briefstil bemüht, der in den Gesellschaftsschreiben der FG angestrebt war. Siehe Zum vorliegenden Bande, S.10f.
9
Vielleicht als Verballhornung des Geuderschen Stammsitzes Heroldsberg eine Anspielung auf Geuders schwierige Lage und seine ihn verschlingenden Gegner. Vgl. Anm. 5. Die zeitgenössische Emblematik scheint in der Gestalt des Krokodils keine hier unmittelbar in Frage kommende Metapher zu spenden. Vgl. etwa Emblemata, 667–676.

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