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380504 Fürst Ludwig an Martin Opitz
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380504

Fürst Ludwig an Martin Opitz


Antwort auf 380402. Beantwortet zusammen mit 380411 in 380625. — F. Ludwig (Der Nährende) bezeugt, er habe den Brief Martin Opitz’ v. Boberfeld (FG 200. Der Gekrönte) vom 2. April zusammen mit einem Lied (auf die Hochzeit Georg Köhlers v. Mohrenfeldt) empfangen. Auch habe er aus Hamburg auf dem Leipziger Ostermarkt 30 Exemplare von Opitz’ Psalmen Davids (1637) erhalten und davon schon ein Stück an seine Gemahlin (Sophia, Die Nährende. AL 1629. TG 38), eines an die poesiebeflissene Pzn. (Anna Sophia) v. Anhalt-Bernburg (AL 1617[?]. PA. TG 19), drei an Diederich v. dem Werder (FG 31. Der Vielgekörnte) und dessen Frau und Sohn, zwei an F. Johann Casimir v. Anhalt-Dessau (FG 10. Der Durchdringende) und dessen Frau (Die Durchdringende) und schließlich eines an die Witwe Tobias Hübners (FG 25. Der Nutzbare) verteilt. Die übrigen Exemplare sollen auch unter den Mitgliedern der Fruchtbringenden Gesellschaft ausgeteilt werden. Der Fürst erwartet, Druckfehler zu finden; man werde auch Probleme aufzeichnen. — F. Ludwig bittet Opitz, Dietlof v. Tiesenhausen (FG 208. Der Vorkommende), dessen Antwort er erhalten habe, bei Gelegenheit zu grüßen und an die ihm aufgetragene Beschaffung von Wappen zu erinnern. — Man habe aus Leipzig die Sammelausgabe Opitz: Poemata (1637) bezogen, im 2. Teil jedoch nicht, wie erwartet, Opitz’ Widmung an Diederich v. dem Werder gefunden. — Opitz’ Ausgabe der Arcadia (1638) Sir Philip Sidneys habe man auch erlangt. — F. Ludwig wünscht sich für die Erbauung der Gemeinde in der Fastenzeit von Opitz ein Lied auf dessen Prosaschrift Vber das Leiden vnd Sterben Vnseres Heilandes (1628), da (Sebald Heydens) Lied „O Mensch, bewein dein Sünde groß” — auf die sehr gute Melodie des 68. Psalms (im Genfer Psalter) — allzu unverständlich und ,schweizerisch’ und im Vers zu gezwungen sei. Im übrigen erinnert der Fürst Opitz, Briefe an ihn nicht mehr zeremoniös, sondern nach Art der Fruchtbringenden Gesellschaft abzufassen.

Beschreibung der Quelle


Q HM Köthen: V S 544, Bl. 285rv [Handschrift: [285r]], eigenh. Konzept. — Veröffentlicht in KE, 127f.; KL III, 106f. Bibliographische Nachweise: Szyrocki: Opitz (1956), 205; Opitz-Brieferepertorium, Nr. 240; Bürger, S. 952 Nr. 94.

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Dem Gekrönten mag der Nehrende auff sein schreiben vom 2. abgewichenen Aprill Monats1 nicht verhalten, wie er solches mitt dem beyliegenden artigena hochzeitliede2 danknehmigb empfangen, wie ihme dan auch beyc nechst vergangener leiptziger Marckted 3 auß Hamburg noch dreissig stucke des Gekrönten gedruckte Psalm4 worden, davon er bisher achte ausgetheilt, folgender gestalt 1 der Nehrenden5 , 1 des Sehnlichen freulein tochter einer6 , die der Poesie kundig und hochgeneigt 3 dem Vielegekörndten, seiner frau, und sohne7 , 2 Beyden durchdringenden8 und eines des Nutzbaren Wittwen9 . Die andern sollen auch wolle , sonderlich aber unter die fruchtbringende gesellschaft angeleget werden. Derf druckfheler durften sich hier und dar noch finden, undg wirdt[,] wan sich etwas zu bedencken fur fellet[,] nochh weiter mitt fleiss auffgezeichneti 10 . Es ist auch des vorkommenden antwort woll zu rechte kommen, den der gekrönte wegen des Nehrenden mitt gelegenheit grussen wolle, und wegen erlangung der ihme auffgetragenen wappen erinnerung thun.11 Der verbesserten Getichte, als im Jahr 1637 gedruckt,12 ist eines aus Leiptzig besteltj und an her gebracht worden, dabey sich aber bey dem anderen theill die zuschrifft an den Viellgekörn-
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dten nicht findet. Alsok des herren Sidney Arcadia ist auchl ankommenm und wirdt die woll das rechte aller anzeige nach seinn .13 Dem Gekrönten möchte der Nehrende auch noch gerne etwaso zuverfertigen auftragen, dochp alles zu seinem nachdencken und belieben gestalt, dasq den in der Christlichen gemeine Jn der fastenzeitr zu haben, vielen guthertzigen leuten annehmlich und nutzlich fallen durftes : Er wirdt sich sonder zweiffels erinnern das liedes so anhebt O Mensch bewein dein sundet gross: dessen weise zwart nach der frantzösischen auff den 68. Psalm sehr gut, alleine das deutsche sehr unverstendlich,u und zu Schweitzerisch, und in der reimart alzu hart und enge zusammengezwungenv . Wan nun der gekrönte die geschichte des leidens und sterbens unsers Herrn Jesu Christi auff vorgemeldete weise auch wolte inw einen gesang zusammen fassen,14 so wirdt gantz und gar nicht gezweiffelt, es werde konnen so woll und glucklichx von ihme vollbracht und der Christlichen gemeine gewonheity und weise soz woll als mit seinem Psalter gedienet sein: Und woll er dieses ansuchen im besten vermercken, und nach seiner besten gelegenheit und selb erwehlten lust darmitt gebahren: Jn dessen, inmassenaa er den vorgang vom Nehrenden hatt, erinnertab der Nehrende das hinfuro die schreiben an ihme nach der geselschaft-artac , ohne sonderliche geprenge,15 möchten eingerichtet sein, und befhilt denad gekrönten der Nehrende in den schutz göttlicher almachtae , verbleibende
des Gekrönten gantzwilligeraf demag

Cöthen 4 Maymonats im Jhar 1638.

Textapparat und Kommentar


Textapparat
T
a
Eingefügt.
b
Eingefügt für <woll>
c
Eingefügt für <von abgangen>
d
Eingefügt für <Messe>
e
Folgt <angeleget>
f
Fehlt in KE bis auffgezeichnet
g
Eingefügt bis wirdt für <wurden,>
h
Eingefügt bis weiter für <noch>.
i
Eingefügt. Folgt <wirdt>.
j
Bis her am Rand ergänzt
k
Also <auch> eingefügt. Der gesamte Satz bis sein fehlt in KE.
l
Eingefügt ist auch für <albereidt>
m
Bis wirdt eingefügt.
n
Folgt <wirdt>
o
Folgt <weiniges>
p
Bis gestalt am Rand ergänzt.
q
Eingefügt bis den für <welches doch>
r
Gebessert aus Fastenszeit
s
Aus so[llte]
t
Folgt <so>
u
Folgt <und nach Schweitzerische artt hoch, und alzu sehr zusammen>
v
Aus zusammengezogen gebessert.
w
Gebessert aus <zu>
x
Folgt <auch konnen>
y
Bis weise am Rand eingefügt. Der Satzzusammenhang bleibt aufgrund unklarer Einschaltzeichen unsicher.
z
Bis woll eingefügt.
aa
Bis hatt am Rand ergänzt.
ab
Bis und am Rand ergänzt.
ac
Vor art ein Einschaltzeichen ohne erkennbare Zuordnung von Ergänzungstext.
ad
Gebessert aus <dem>
ae
KE, KL u. Opitz-Brieferepertorium: obwacht
af
Folgt <und>
ag
Unterschrift und Adresse fehlen, hier wohl zu ergänzen: Gekrönten

Kommentar

K
1
D. i. 380402: Martin Opitz v. Boberfeld (FG 200. Der Gekrönte) an F. Ludwig (Der Nährende).
2
Martin Opitz’ Hochzeitslied: Auff des Edlen/ Gestrengen Herren Georgen Köhlers von Mohrenfeldt/ ... Vnd der ... Jungfrawen Annen Elisabethen geborner Henrichin von Geyersberg/ Erbjungfrawen auff Bielaw ... angestellte Hochzeit/ Martin Opitzen Glückwündschung (Dantzigk: Andreas Hünefelden [1638]). S. 380402 I. Das Lied ist zwar nicht in 380402 erwähnt, liegt aber noch heute im Köthener Erzschrein.
3
Ostermesse des Leipziger Büchermarkts. Vgl. 380312, 380402 u. 380609.
4
Die Psalmen Davids Nach den Frantzösischen Weisen gesetzt. Durch Martin Opit-
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zen (Dantzigk: Andreas Hünefeldt 1637). S. 371030 K 4. Es handelt sich bei den 30 Exemplaren vielleicht um die verspätet durch Oberst Hainshaim nach Hamburg mitgebrachten Bücher der Erstauflage von 1637, welche erst auf dem Leipziger Ostermarkt 1638 zur Auslieferung kamen. S. 371208, 380125A, 380210 u. 380411. Eine (vermutlich große) Sendung der Psalmenlieder der zweiten Auflage (1638, vgl. 380402 K 8) war noch am 20. 7. 1638 nicht in Köthen angelangt. S. 380405 (erste Exemplare an Diederich v. dem Werder, s. Anm. 7) u. 380720, vgl. 380625.
5
Fn. Sophia v. Anhalt-Köthen (Gattin des Nährenden; AL 1629, TG 38). Zur Praxis innerhalb der FG, Frauen den Gesellschaftsnamen der Ehemänner beizulegen, s. 371110 K 8.
6
Eine der Töchter des Sehnlichen (F. Christian I. v. Anhalt-Bernburg, FG 26), wohl die poesiebeflissene und damals in Köthen am Hofe F. Ludwigs lebende Pzn. Anna Sophia v. Anhalt-Bernburg (AL 1617[?]. PA. TG 19). S. 370517 K 2.
7
Diederich v. dem Werder (FG 31. Der Vielgekörnte), seine zweite Gemahlin Juliana Ursula v. Peblis (s. 371031 K 6; wohl Schwester v. Georg Hans v. P., FG 102) bzw. Paris v. dem Werder (FG 339. 1639).
8
F. Johann Casimir v. Anhalt-Dessau (FG 10. Der Durchdringende) und seine Gemahlin Agnesa (TG 25), Tochter v. Lgf. Moritz v. Hessen-Kassel (FG 80). In 380606 bot F. Ludwig auch seinem Neffen F. Christian II. v. Anhalt-Bernburg (FG 51) ein Exemplar der ersten Ausgabe von 1637 an, der jedoch gerade schon eines (wohl der zweiten Ausgabe von 1638, s. 380609) erstanden hatte.
9
Margaretha, Tochter v. Matthias v. Lattorf, Gattin des Dichters Tobias Hübner (FG 25. Der Nutzbare).
10
Erhalten sind die Erinnerungen der FG bzw. F. Ludwigs zur Erstausgabe: Die Psalmen Davids Nach den Frantzösischen Weisen gesetzt. Durch Martin Opitzen (Dantzigk: Andreas Hünefeldt 1637). S. 380828 I, vgl. 371030 K 4 u. 380828.
11
Der in Danzig lebende Opitz vermittelte gelegentlich den Briefwechsel mit Dietlof v. Tiesenhausen (FG 208. Der Vorkommende), der über politische Ereignisse berichtete und auch ein Pferd und für das Köthener GB bzw. den dortigen Wappenteppich Wappenzeichnungen beschaffen sollte. S. 371030 u. I, 371127, 380207 u. ö.
12
In dem nichtautorisierten Druck Opitz: Poemata (1637) fehlt Opitz‘ Widmung an Werder (s. 380507 u. 380625; vgl. 371121 u. 371126), welche erst postum in der von Opitz geplanten Ausgabe Opitz: Weltl. Poemata (1644) II erscheinen konnte.
13
Die Übersetzung von Sir Philip Sidneys Roman Arcadia mitOpitz' Gedichten, s. 371126 K 5.
14
Die sog. große Passion des Nürnberger Protestanten Sebaldus Heyden (1499–1561) in 23 Strophen bzw. eine Bearbeitung dieses Lieds („O Mensch, bewein dein Sünde groß”), dessen Melodie etwa 1524 in Straßburg wohl von Matthäus Greitter auf den 119. Psalm („Es sind doch selig alle, die im rechten Glauben wandeln hie”) komponiert wurde. Die rasch verbreitete Melodie, die zusammen mit der ersten und letzten Strophe Heydens noch heute im evangelischen Gesangbuch steht, fand auch schon früh Anwendung auf frz. Psalmen (Ps. 36 „En moy le secret pensement” Straßburg 1539, Genf 1542 u. ö.; Ps. 68 „Que Dieu se montre seulement”Genf 1565 u. ö.) und gelangte mit den Übertragungen Ambrosius Lobwassers auch in den deutschen Psalmengesang. Vgl. auch Opitz: Psalmen Davids (s. Anm. 4), Ps. 36, 68 u. 119. Vgl. Philipp Wackernagel: Das deutsche Kirchenlied von der ältesten Zeit bis zu Anfang des XVII. Jahrhunderts. 5 Bde. Leipzig 1864–1877, III Nr. 603; Eduard E. Koch: Geschichte des Kirchenlieds und Kirchengesangs ... insbesondere der deutschen evangelischen Kirche. 3. Aufl. 8 Bde. Stuttgart 1866–1877, I, 327, II, 28 u. III, 316 [Paul Gerhardts Version, 1648]); Johannes Zahn: Die Melodien der deutschen evangelischen Kirchenlieder. 6 Bde. 1889–1893, V Nr. 8303; Fischer/ Tümpel III, Nr. 385 (P. Gerhardt); Handbuch zum Evangelischen Kirchengesangbuch. Bd. II. 2. Tl.: Walther Blankenburg: Geschichte der Melodien des
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Evangelischen Kirchengesangbuchs. Göttingen 1957, 78f. bzw. a. a. O. Bd. 3, Tl. 1: Eberhard Weismann u. a.: Liederkunde. Göttingen 1970, 266–270; Liederkunde zum Evangelischen Gesangbuch ... Hg. Gerhard Hahn u. Jürgen Henkys. Heft 3. Göttingen 2001, 40–44. Es ging F. Ludwig also nicht um den Ersatz eines Lieds Ambrosius Lobwassers (Schneeberg 1515 – Königsberg 1585) auf die Melodie des 68. Psalms des Hugenottenpsalters, sondern um den des Gedichts von Heyden, an dessen Stelle Opitz auf der Grundlage seiner eigenen Prosahomilie ein neues Lied dichten sollte: Martin Opitz | Vber das Leiden | vnd Sterben | Vnseres Heilandes. | Hiebevor durch Jhn Lateinisch | herauß gegeben. | [Linie] | Gedruckt zum Brieg/ | Jn Verlegung David Müllers/ Buch- | händlers in Breßlaw/ 1628. U. a. BU Wrocław: 355092 (aus StB Breslau: 4 E 515/30). Vgl. Szyr., Nr. 92 u. Dünnhaupt: Handbuch, 3021 (Art. Opitz Nr. 50.2). Die Diederich v. dem Werder gewidmete Homilie wurde verschiedentlich nachgedruckt. S. 280000 Q u. Opitz IV.1, 220–240 (mit Text u. Druckgeschichte). Vgl. auch die in Szyr. und Dünnhaupt: Handbuch, Art. Opitz fehlende Auflage der Prosahomilie: Martin Opitzes | Andächtige | Betrachtung über das heilige Leiden vnd Sterben | vnsers Heylandes JESV | CHrist/ | Sambt beygefügter Hi- | storia von GOttes Straff/ | ... Bey Christoff Jacoben Buchhänd- | lern in Breßlaw| ANNO | M. DC. XIV. [Offensichtl. falsch, viell. 1664]. BU Wrocław: 418182. Zu einer Ausgabe von 1694 s. Szyr., Nr. 279a u. Dünnhaupt: Handbuch, 3021 (Art. Opitz Nr. 50.6). Die Vorlage dieser Verdeutschung bildete MARTINI OPITII SERMO DE PASSIONE DOMINI AC SALVATORIS NOSTRI JESV CHRISTI (Gotthardus Voegelinus: 1620 Heidelberg). S. 280000 Q und Opitz I, 152–169. Eine Zusammenfassung der Passionsgeschichte in Liedform, wie vom Fürsten gewünscht, kennen wir nicht. Vgl. Opitz’ nicht verwirklichte Zusage in 380625 u. 381116, vgl. auch 380828. Da Heyden nicht aus der Schweiz kam, kann F. Ludwigs Bezeichnung ,schweizerisch’ nur die fränkische Prägung seiner Sprache, mehr noch seine voropitianische Prosodie und Metrik meinen. Vgl. Heydens Text, der in Gesangbüchern gering verändert, aber im wesentlichen konserviert wurde, auch noch in: Geistliche Bey dieser andern Ausfertigung vermehrte Singe-Kunst/ Und ordentlich verfasset vollständiges Gesang-Buch/ ... Von JOHANNE OLEARIO, D. (Leipzig: Caspar Lunitius 1672); HAB: Tl 219(1); Nr. 569, S. 495–499, Str. 1:
„O Mensch bewein dein Sünde groß/ darumb Christus seins Vatern Schoß äusert und kam auf Erden :/: von einer Jungfrau rein und zart/ für uns er hie geboren ward/ er wolt der Mitler werden. Den Todten er das Leben gab/ und legt dabey all Kranckheit ab/ biß sich die Zeit herdrange/ daß er für uns geopffert würd/ trug unsrer Sünden schwere Bürd/ wol an dem Creutze lange.“
Olearius zitierte darauf auch Nikolaus Hermanns Lied (Nr. 570 „DA JEsus nun zu Tische saß”, 14 Str.) auf Greitters Weise und Paul Gerhardts Heyden-Umdichtung in 29 Strophen (Nr. 571 „O Mensch/ beweine deine Sünd/”). Wohl F. Ludwig schrieb den ihm geläufigen, auf Heyden zurückgehenden Text in 23 Strophen um für sein kleines Gesangbuch: Etzliche Schöne Gesänge/ Morgends und Abends / auch auf alle Festtage und sonsten zu singen (Cöthen 1642), 9–18; s. 371222 I Q. Wenige Jahre später erschien eine andere, gleichfalls in Prosodie und Sprache modernisierte Fassung im Gesangbuch des Martinus Milagius (FG 315. Der Mindernde): Der Singende Jesaia / Oder Der Prophete Jesaia/ Jn reine deutsche Reime gebracht/ ... Die Nach den bekandten Frantzösischen melodeyen der Psalme D. Ambrosii Lobwassers gesungen werden können: Gefertiget Durch den Mindernden. (Bremen: Berthold de Villiers/ 1646). S. 371222 Q I. Mit Noten; (Anhang) S. 465–574, hier S. 491–502:
Wir zitieren die erste Strophe aus der Sammlung von 1642 (links) neben der von Martin Milagius:
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Ein Gesang von dem Leiden Christi. Ein Gesang von dem Leiden Jesu Christi.
Jm Thone des 36. Psalms. Nach der melodey des 36. psalms.
1.
Vers. 1.
O Mensch beweine deine Sünd’/ O! Mensch beweine deine schuld
Jn Gottes schosse Gnade find/ Vnd such’ in Gottes schosse huld/
Draus Christus kam auf Erden; So Christ den HERRN auf erden
Den eine reine Jungfrau hat Durch eine reine Jungfrau hat
Geboren an des Mitlers stat/ Gegeben an des Mittlers stat
Der er für uns wolt werden/ Das heil vor uns zu werden
Den Toden Er das Leben gab/ Die Todten weckt’ Er aus dem grab’/
Und alle Kranckheit wendet’ ab/ Vnd wandte schwere seuchen ab/
Bis das die Zeit verhanden/ Bis seinezeit verhanden
Das Er für uns geopfert würd/ War/ das Er aufgeopfert würd’
Trug’ unsrer schulden schwere bürd’/ Da trug Er unsre sünden bürd’
am Kreutz’ in todes banden. Am kreutz’ in todes banden.

In der Vorrede zum Anhang seines Werks (S. 465f.) gab Milagius einen Hinweis auf die Bearbeitung der darin enthaltenen neuen und altbekannten Lieder: „Die neue seind von fürnemen personen geist- und weltlichen standes gemacht/ und ist daran fast nichts/ oder doch gar ein geringes geendert/ was nemlich der deutschen Reimkunst entgegen geschienen. Die alten meistentheils hat eine hohe person verbessert/ Vnd gleich wie derselben beste lust ist/ mit und bey Jhren schweren Regierungs-sachen sich in Geistlichen reimen und in übersetzung nützlicher und erbaulicher schrifften auß dem Lateinischen/ Frantzösischen und Jtalianischen zu üben/ und hiedurch die reine deutsche sprache/ wie sie fast alleine das löbliche werck angefangen je lenger je mehr außzuschmücken: Also hat hochgemelte person alle gesänge nach jetziger art gestaltet/ und dero verbesserung albereits zu wercke gerichtet. Jch habe daraus nur etliche genom̄en/ und kömmet mir daran gar wenig zu. Zu allen gehöret ein eigen buch/ wie ich dan verneme/ dz man auch an einem andern hohen orte amit ümgehet. Diese wenige können einem jeden entwerffen/ wie leichtlich der sprache zu helffen sey. Gleichwol kan es ohne zwang nicht wol abgehen/ weil das alte/ wo nicht gantz/ doch mehrem theils billich zu behalten ist.“ Während Milagius teilweise durch Initialen auf die Verfasser alter Lieder (D. M. L., d. i. Doctor Martin Luther) und neuer Gedichte hinwies (u. a. M. M. C., d. i. Martinus Milagius Cantzler; H. M. O., d. i. Herr Martin Opitz; H. D. V. D. W. O., d. i. Herr Diederich Von dem Werder Obrister, vgl. 371222 I u. III), ließ er die Mehrzahl solcher Gesänge unbezeichnet. Nach Kenntnis der literarischen Szene in Anhalt können vielleicht bis zu zehn solcher alten Liedtexte in Milagius’ Anhang durch F. Ludwig als sog. hoher Person revidiert worden sein (S. 469ff., 487f., 491ff., 509ff., 517f., 527ff., 538ff., 559ff., 565ff. u. 570ff.). Sie waren alle schon in Etzliche Schöne Gesänge (1642), zum geringen Teil auch in folgendem Werke erschienen: Form | Der Gebete | und ande- | rer Kirchendienste/ für | die Pfarrern des Fürstenthumbs Anhalt/ | Cöthnischen Theils: Aus jhrer üblichen gemeinen Kirchenord- | nung ausgezogen/ und auff sie inson- | derheit gerichtet: | Sampt etlichen hierzu gesetzten geistlichen | Liedern/ so in den gemeinen Gesang- | büchern nicht zu finden | seynd. [Zierstück] Gedruckt zu Cöthen im Fürstenthumb Anhalt/ im Jahr 1629. HM Köthen: 3523 [wahrscheinlich Unikum], vgl. 270406 K 11, 381007 K 7, 381218 K 7 u. ö.; Gebete und an- | dere Kirchendienste/ für die Pfarrer | des Fürstenthums Anhalt/ Cöthenischen | Theils: Aus ihrer üblichen gemeinen Kirchenordnung | ausgezogen/ und auf sie insonderheit | gerichtet. [Zierstück] Gedruckt zu Cöthen im Fürstenthume | Anhalt/ im Jahre 1643. ULB Halle: 3 an 83 L 1137; TULB Jena: 4 Bud. Jus germ. 165 (3). Der Aussage von Milagius zufolge werden viel mehr eigene und überarbeitete Liedtexte des Fürsten in dem verschollenen, aber 1650 in IP, Bl. 344r bezeugten Konvolut gestanden haben: „Sr F. Gn. geschriebene Psalm undt Geistliche Lieder, wie auch Sr F. Gn. Geselschaftt reimen.“ Milagius mag die in seinen Anhang über-
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nommenen Lieder des Fürsten nochmals revidiert haben. Es ist allerdings nicht auszuschließen, daß sie der Fürst, vielleicht mit Hilfe Werders, vor ihrer Wiederveröffentlichung in Milagius’ Sammlung nochmals durchgesehen hat.
15
Gesellschaftsbrief mit Gesellschaftsnamen, ohne fürstliche Titulatur und Ich-Form.

XML: http://diglib.hab.de/edoc/ed000214/briefe/380504.xml
XSLT: http://diglib.hab.de/edoc/ed000214/tei-transcript.xsl
PDF: http://diglib.hab.de/edoc/ed000214/download/380504 .pdf