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380602 Diederich von dem Werder an Fürst Ludwig
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380602

Diederich von dem Werder an Fürst Ludwig


Beantwortet durch 380608A. — Diederich v. dem Werder (FG 31. Der Vielgekörnte) schickt F. Ludwig (Der Nährende) den zweiten Bogen der Psalter-Dichtung des Fürsten mit Verbesserungsvorschlägen wieder zurück. Desgleichen sendet er ihm sein eigenes Widmungssonett für die Übersetzung des Christlichen Fürsten durch den Unveränderlichen (F. Christian II. v. Anhalt-Bernburg. FG 51). Falls dieser das Buch nicht übertragen haben sollte, ließe sich das Gedicht auch so ändern, daß es auf den Namen des wahren Übersetzers passe. Die Identität des Unveränderlichen fürchtet Werder jedoch mit seinem Sonett zu entdecken und macht sich für diesen Fall auf eine fruchtbringerische Prangerstrafe mit dem Ölberger gefaßt. — F. Ludwigs Sonett auf die Tamerlan-Verdeutschung des Nährenden hat Werder ebenfalls kritisch durchgesehen. Er legt das an wenigen Stellen verbesserte Manuskript des Gedichts bei. F. Ludwig möge sich der beiden Fassungen nach Gutdünken bedienen, jedoch hält Werder die zweite (von ihm verbesserte) für angemessener. — Über unterschiedlich starke Regenfälle in Reinsdorf und der Nachbarschaft.

Beschreibung der Quelle


Q HM Köthen: V S 544, Bl. 366rv [A u. Eingangsvermerk: 366v], [Handschrift: [366r]]; eigenh.; auf A F. Ludwigs eigenh. Konzept v. 380608A; Sig. — Unvollständig veröffentlicht in KE, 156. Bibliographischer Nachweis in Bürger, S. 1439 Nr. 21.

Anschrift


A Dem Nehrenden zuhanden. Cöthen.
Eingangsvermerk von F. Ludwigs H.: 6 Brachmonats ubergeben1

Text


Dem Nehrendten wirdt hiermit der Zweyte bewuste bogen2 samt etzlichen aufgezeichneten errinnerrungen wieder getrewlich übersendet.
  Hierbeneben ist auch das Klinggeticht für den Unveränderlichen3 (wiewohl icha des Nahmens wegen nicht wohl vergewissert bin, darbey aber doch weis, wan es ein ander sein solte, sich doch der rechte auch anb dieses stelle nicht vnrecht fügen wirdt, Wiewohl ich gleichwohl mich der Straffe des prangers oder Öhlbergers4 hierbey vndt auf solchen fall, nicht wohl, dem strengen rechte nachb, würde entbrechen können) zubefinden.
  Des Nehrenden seines über den Tamerlan5 schicke ich auch, aus gewissen Vrsachen an etzlichen wenigen orten geendert, zu, stehet zu desselben gefallen ob er sich des ersten oder dieses gebrauchen wolle, Mihr aber ist dieses anständiger. Gott mit vns.

  Des Nehrenden dienstwilligster
  Der Vielgekörndte.

Reinsdorff den 2. Brachmonats. Da es eben zu Görtzig geregnet als wan es mit mulden gösse, vndt zu Reinsdorff gantz nichts. Hernachc durch einen andern Strich6 , gott lob, auch etwasb berührt wardt.
  1638.
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I

Sonett Diederichs von dem Werder für die Vnterweisung Eines Christlichen Fürsten von Fürst Christian II. von Anhalt-Bernburg

Beschreibung der Quelle


Q [Antonio de Guevara: Libro llamado relox de príncipes (1529 u. ö.), in der ital. Übers. u. Bearb. v. Mambrino Roseo da Fabriano (d. i. Collenuccio Costo): L’institutione del prencipe christiano (1543 u. ö.), ins Deutsche übers. v. F. Christian II. v. Anhalt-Bernburg u. d. T.:] Die Vnterweisung | Eines Christlichen Fürsten/ | Aus dem Spanischen ins Jtaliänische | erstlich übergesetzt/ | Durch | MAMBRINUM ROSEUM | von Fabriano, | Vor Jahren verdeutschet durch ein Mitglied | der Fruchtbringenden Geselschaft/ | Vnd anetzo im Druck | gegeben. | [Vignette] | Cöthen im Fürstenthumb Anhalt/ | [Linie] | Jm Jahr 1639. 4 Bl., 333 u. (1) S., 19 Bl. 4°. HAB: 218. 4 Quod. [Handschrift: [8]] (1). Weiteres Exemplar: QuN 199 (2). Werders Sonett Bl. [)( iv] v.
Sonett auch abgedruckt in KL III, 75 u. Krause: Werder, 44. Nachgewiesen in Dünnhaupt: Handbuch, 4258 (Art. Werder Nr. 15).
Dünnhaupt: Handbuch, 1920 vermutet fälschlich eine Handschrift des Sonetts und des ganzen Manuskripts im HM Köthen. Jedoch liegt nur F. Ludwigs „Klinggedicht uber den Christlichen fürsten“ in handschriftlicher Erzschrein-Überlieferung vor (s. 371209 I), und zwar mit den Verbesserungen Diederichs v. dem Werder, die in den Druck übernommen wurden. S. 371209 II).

Text


An dena Leser/
Wegen verdeütschung deß Christlichen
Fürstens.



  Der Mensch/ der Edle Mensch/ trit hohes Haupts herein/
Vnd ist ein schön geschöpf; Doch ist er mehr zu schetzen/
Wenn er kann weißlich thun/ Weiß mit verstand zu schwätzen/
  Zeigt/ das was edlers er noch sey als fleisch vnd bein.
  Noch ist es mehr ein Christ/ vnd ein kind Gottes sein/
Vnd noch darzu ein Fürst/ der sich in den gesetzen
Christlicher Fürsten pflegt mit Lesen zuergetzen/
  Noch mehr; bringt schriftlich er sie selbst zum tages schein,
Fragstu/ ob so ein Mensch ietzund in dieser Wüsten
  Auch anzutreffen sey/ der weißlich thut vnd redt/
  Der auch ein Christ/ der auch in Fürsten würden steht/
Der ein Christlicher Fürst/ vnd den Fürstlichen Christen
  Vertrit/ Liest/ selbst beschreibt? Der Vnveränderlich
  Es ist/ der dieses Werck gab deütsch für mich vnd dich.


        Der Vielgekörnte.
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II

Fürst Ludwigs Sonett auf den verdeutschten Tamerlan

Beschreibung der Quelle


Q Keine Hs. dazu bekannt; in F. Ludwigs IP, 333v wird das „Manuscriptum Tamerlanis deutsch“ erwähnt.
Druckveröffentlichungen:
[Jean Du Bec-Crespin: Histoire du grand Empéreur Tamerlanes (erstmals Rouen 1595); ins Deutsche übers. v. Johann Joachim v. Wartensleben (FG 108), überarbeitet, vollendet u. veröffentlicht v. F. Ludwig u. d. T.:] Denckwürdige Geschichte/ Des grossen Tamerlanis/... Gedruckt zu Cöthen im Fürstenthumb Anhalt/ Jm Jahr 1639, Bl. A [ij] r. Genaue Titelangabe in 380405 Q I.
HAB: QuN 199 [Handschrift: [7]](4). Weiteres Ex.: 295.1 Hist. (identische Drucke)
Veröffentl. in KL III, 184. Nachgewiesen in Dünnhaupt: Handbuch, 2613 (Art. Ludwig, Fürst von Anhalt-Köthen Nr. 11). Fehlt in: Denckwürdige Geschichte | des Grossen | Tamerlanis/ | Der Parthen und Tartern | Käysers: | Darinnen beschrieben sind/ alle | Begegnungen/ Scharmützel/ Schlach- | ten/ Belagerungen/ Anfälle/ Stürme/ Besteig- | und Eroberung fester Städte und Plätze; imgleichen | die Bezwingung so vieler Länder und Königreiche/ und | alles andere/ so in währender seiner Regierung/ die er in | die 40 biß 50 Jahr/ nemlich von Anno Christi 1355 biß | 1404/ wohl geführet/ und in gutem Glücke | beschlossen/ vorgefallen. | Für vielen Jahren aus denen alten Ge- | dächtnis-Brieffen der Araber ins Frantzösische zusam- | men gebracht/ nachgehends verteutscht/ und jetzo auffs | neue zum Druck befördert. | Titelkupfer | [Linie] | Hamburg, | Gedruckt bey Thomas von Wiering, | Jm Jahr 1697. KB Kopenhagen: AS 1189, 8° (HAB: X Film 64). Zum Verhältnis dieser Ausgabe zum Köthener Druck von 1639 vgl. 380405 I Q.

Text


Klinggedicht
Auf den Kriegesfürsten.



WJe soll ein Kriegesfürst im zuge1 sein beschaffen/
  Zum ersten soll er stets für augen haben Gott/
  Sein volck versehn mit zeug/ mit kraut2 / lot3 / geld vnd brodt/
Vnd fleißig üben sie in allen wehr und waffen:
Die laster/ raub/ vndt brandt/ zwang/ notzucht hart bestraffen:
  Vorsichtig sein/ vnd ja nicht schlagen ohne not/
  Will er sich vnd sein Heer nicht stürtzen in den todt/
Den vortheil aber doch in dessen nicht verschlaffen.
  In einer guten sach’ er nur alleine krieg’/
  Also wird endlich jhm verleihen Gott den Sieg.
Die Tapfern soll er wohl befördern vnd belohnen/
  Kein vnrecht leiden nicht/ nicht/ übermütig sein/
  Nicht ziehen aus begier der freunde güter ein/
Des armen Landtvolcks auch mit höchstem fleiße schonen.

Textapparat und Kommentar


Textapparat
T
a
Folgt <nicht>
b
Eingefügt.
c
Folgt <aber>
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T I
a
Aus dem verbessert im Druckfehlerverzeichnis zu An den Leser Bl. Zz ij v.

Kommentar

K
1
Da F. Ludwig (Der Nährende) und Diederich v. dem Werder (FG 31. Der Vielgekörnte) in den benachbarten Orten Köthen und Reinsdorf lebten, wäre in der Regel eine Vorlage von Werders Brief noch am Ausstellungstag möglich gewesen. Vgl. 380405 K 6. Der Grund für die Verzögerung ist unbekannt, dürfte aber auf der Seite des Absenders oder seines Boten zu suchen sein. Der Brief 380303, den Hans v. Dieskau (FG 212) aus Halle a. d. S. an F. Ludwig sandte, konnte diesem noch am selben Tag präsentiert werden, ebenso Dieskaus Brief an Ludwig, d. d. Halle, 3. 6. 1638, s. 380303 K 3.
2
Den zweiten Bogen der Psalter-Dichtung F. Ludwigs hatte der Fürst Werder zum Zwecke der Durchsicht als Beilage zu seinem Schreiben 380522A geschickt. Vgl. auch 380522B u. 380608A.
3
Werders Sonett auf die Übersetzung eines auf einem Werk des Antonio de Guevara beruhenden italienischen Fürstenspiegels durch F. Christian II. v. Anhalt-Bernburg (FG 51. Der Unveränderliche): Die Vnterweisung Eines Christlichen Fürsten (Cöthen 1639). S. Beil. I. Vgl. 371027 K 4 u. 5 u. 380522A K 2, ferner 380606 (F. Ludwig sendet Werders Sonett an F. Christian) und 380609 (F. Christians belobigende Stellungnahme zu Werders Sonett). Schon in 290510 hatte F. Christian die Anregung F. Ludwigs aufgegriffen, Werder eine Vorrede zum verdeutschten Christlichen Fürsten beisteuern zu lassen. Daß Werder die damals geplante „vorrede“ schon in der Art des späteren Sonetts entwarf, darf bezweifelt werden, zumal, wie im vorliegenden Brief und in 380609 erwähnt, das Sonett lt. Überschrift ursprünglich an den Unveränderlichen, nicht an den Leser adressiert war. Im vorliegenden Brief zögert Werder „des Nahmens wegen“, weil in seinem Gedicht das Wortspiel mit F. Christians Rufnamen und die Anspielung auf die fürstliche Würde des Übersetzers unter Umständen zur Aufdeckung von dessen Autorschaft führen konnten, die das Titelblatt des Werkes doch verschleierte. Vgl. ähnlich die in 380126 (und 380609) geäußerte Besorgnis F. Christians und F. Ludwigs Beschwichtigung in 380128. Vgl. F. Ludwigs eigenes Ehrengedicht auf den Christlichen Fürsten in 371209 I–II.
4
Zeremonielles Trinkgefäß der FG, s. 380503 K 10. Zur Prangerbuße usw. in der FG-Korrespondenz vgl. 371110 K 14.
5
F. Ludwigs eigenes Gedicht auf seine Ausgabe der Tamerlan-Übersetzung. S. Beil. II. Werder hatte dieses Sonett kritisch durchgesehen, vgl. 380608A, ferner 370902 K 11 u. 12. Werders eigenes Sonett zum Tamerlan in 380405 I.
6
Ein Strich Regen, ein Schauer oder Gewitter, von der Bewegung des Streichens oder Ziehens, daher „Strich“ als Bezeichnung für Kriegs-, Vogel- oder Fischzüge, auch als „lauf, bahn, weg kosmischer sowie meteorologischer erscheinungen“ wie Wolken, Wind, „zugrichtung eines unwetters“; ebenso als Bezeichnung für das bestrichene Gelände oder Zonen: erd-, land-, himmelsstrich. DW X.3, 1533, vgl. 1527ff. Bei Stieler, 2198: „Sonnenstriche/ radii solares. Wetterstrich/ tempestatis turbines“ usw.; vgl. Paul Wb., 976. — Zur anhaltenden Trockenheit im Anhaltischen im Frühsommer 1638 vgl. 380502 K 5. Das Reinsdorf benachbarte Görzig war der Sitz des mit Werder befreundeten Landrats Cuno Ordomar v. Bodenhausen (FG 69), mit welchem Werder in der anhaltischen Ständevertretung eng zusammenarbeitete. Vgl. 380000 K 2 u. 380423A K I 1.



K II
1
Im Feld- oder Kriegszug.Mit den hier geschilderten Tugenden und Verpflichtungen des Kriegsherrn auf einen zwingenden, gerechten Kriegsgrund, auf Schonung der Zivilbevölkerung, gesicherte Versorgung und strafbewehrte Disziplin der Truppen etc. entwirft der Verfasser ein Gegenbild zur Wirklichkeit des 30jährigen Krieges.
2
Pulver. Stieler, 1030: „Kraut/ [...] it[em] pulvis pyrius“.
3
Blei. Stieler, 1181: „Lot/ das/ pl. Lote/ plumbum, ferruminatio [...] Kraut und Lot/ tormentaria fartura, nimirum qvae constat pulvere nitrato & glande plumbea.
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