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380605 Christian Ernst Knoch an Fürst Ludwig
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380605

Christian Ernst Knoch an Fürst Ludwig


Antwort auf 380509. — Christian Ernst (v.) Knoch (FG 268) bestätigt, F. Ludwigs Brief (380509) und das beigelegte Schreiben an den Landvogt Frh. Siegmund Seifried v. Promnitz erhalten zu haben. Promnitz habe sich für seine Aufnahme in die Fruchtbringende Gesellschaft bedankt und das Verlangen geäußert, den Fürsten persönlich begrüßen zu dürfen. Er habe sich für seine Imprese nicht die Rheinblume gewünscht (ein Mißverständnis des Wortes ,Reim´ als ,Rhein´). Vielmehr möchte er eine blaue Winde namens Campanula peregrina bekommen, die nur in der Frühe blühe, so wie es ihm in seinem Leben auch immer widerfahren sei. — Auf seinen Brief an den Generalwachtmeister Moritz Adolph v. Dehn-Rotfelser (FG 318. 1638) hat Knoch noch keine Antwort erhalten. — Kf. Georg Wilhelm v. Brandenburg (FG 307) will am 22./ 12. 6. seine Truppen zur Musterung zusammenziehen. Generalleutnant Gf. Matthias Gallas werde ihm 7000 Mann zur Unterstützung senden; dazu komme Knochs eigenes (kursächsisches) Regiment. Ganz im Sinne Knochs warnen die ksl. Generäle Gallas und Frh. Hans Wolf v. Salis vor einer überhasteten Operation und würden lieber erst in einem Monat mit ganzer Kraft (den Schweden) einen Schlag versetzen. — Promnitz, der jetzt auf der Jagd sei, wolle F. Ludwig bei nächster Gelegenheit schreiben.

Beschreibung der Quelle


Q LHA Sa.-Anh./ Dessau: Abt. Köthen A 9a Nr. 94, Bl. 12r–13v [A u. Eingangsvermerk: 13v]; eigenh. mit Impresennotiz von F. Ludwigs H.; Sig.

Anschrift


A Dem Durchleuchtigen Hochgebornen Fursten vndt Herrn Herrn Ludwigen Fursten
zue Anhaldt, Graven zue Ascanien Herr zue Bernburgk vndt Zerbst etc. Meinem
gnedigen Fursten vndt Herrn, gehorsamb. Cotten etc.
Präsentationsvermerk von F. Ludwigs H.: Pres. 13. Junij 1638.
Auf der Seite notierte F. Ludwig eigenh. einen Impresenvorschlag:
  Der Windende
  Blaue Winde
  Hindurch.1

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Durchleuchtiger Hochgeborner Gnediger Furst vndt Herr etc.
E f. gn. kuße ich vnterthenigk die hende deroselben gehorsamb berichtende, daß Jch Jh. fl. gn. gnedigstes brieflein2 mitt vnterthenigster reverenz, wie auch das beygeschloßene an den hn. landvoigt den h. von promnitz3 zu recht erhalten habe, habe ihme auch also fortt solches selbsten vbergeben, welcher sich wegen der großen gnade, daß Jh. fl. gn. ihn ina solche hochansehnliche geselschaft anzunehmen gnedigk belieben laßen wollen,4 vnterthenigk bedanckett, Von herzen wüntschende, gelegenheitt zue haben, derselben gehorsamb die hende zue küßen, vndt weiln durch die Reyme nicht die blume, besondern die verße verstanden werden alß ersucht er E fl. gn. nochmalß vnterthenigk ihme mitt furstlichen gnaden gewogen zuverbleiben vndt vnbeschwert ihme die blume so man campanulam peregrinam5 (welches eine artt blaue winde sein soll) gn. zuzuschreiben, dahero weil dieselbe nur Vormittage bluet, vndt darnach sich schleußet, welches auch fast sein lebetagk ihme wiederfahren in dehme seine ergetzligkeitt selten ein gantz Jhar gewehrett [ohne] daß sich das gluck nicht baldt wieder in eine verdrießlichkeitt verwandelt hette etc.
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  [12v] An Hern General Wachmeister Dehnen6 habe ich geschrieben noch zue zeitt aber keine resolution erlanget, so fort solche einkommett, sol sie alsofort E fl. gn. vnterthenigk vberschickett werden. Von neuem nichts alß daß Jh. Durchl. von Brandenburgk7 den 22 Junij Styl. novo das General Rendevous8 zuer Neustadt halten werden vndt schickt der General Leutnant Gallas 7000 man Jh. Durchl.9 zue hülffe wie auch vnßer Regiment10 gleichsfalß dahin marchiren vndt morgen aufbrechen wirdt, Gott der Allerhochste gebe vnß darzu seinen segen, futter vndt proviandt sonst vnßer kriegk nicht lange tauren wirdt. Salis11 vndt Gallas dissuadiren den zeitigen feldtzugk, erbieten sich dem feindt mit der gantzen   force wan eß noch ein Monat weret, auf den halß zuegehen vndt in der Eil was wincklichten12 zue versuchen, man ist aber so heroisch vndt hitzigk daß man solche consilia nicht achtet besondern mitt dem kopfe durch will[.] Gott helfe daß es wol abgehe, wir gehn ein genglein mitt[.] So fortt ettwas von importance bey vnß vorgeht[,] werde ich nicht vnterlaßen E fl. gn. solches in hochster Eil per poste zue avisiren. Befehle [13r] E. fl. gn. hiemitt in den schuz vndt schirm deß Algewaltigen gottes vndt mich deroselben beharlichen hohen furstl. gnaden verbleibendt

  E. fl. gn. vnterthenigster gehorsamer diener
  Christian Ernst Knoche mp.
  Sora13 den 5. Junii Ao 1638.
Der h. von promnitz hette selbsten mit einem brieflein E. fl. gn. vnterthenigk
aufgewartet so ist er doch auf der jagt itzo[,] wirdt aber solches bey ehster gelegenheit verrichten.

Textapparat und Kommentar


Textapparat
T
a
Aus ihn gebessert.

Kommentar

K
1
Gesellschaftsname, Pflanze und ‚Wort’ für Frh. Siegmund Seifried v. Promnitz (vgl. insbes. 380501 K 14 u. 380503 I). Dieser hatte eine andere Pflanze als die von F. Ludwig vorgeschlagene gewünscht. Vgl. unten Anm. 5 u. 380509 K 8. Der Gesellschaftsname Der Windende wurde später an Liebmann v. Meusebach (FG 708. 1659) vergeben.
2
S. 380509.
3
Wohl die verschollene Beilage zu F. Ludwigs Brief 380509 an Christian Ernst (v.) Knoch, s. dort K 14. Damit antwortete F. Ludwig auf das Schreiben des Landvogts v. Promnitz (380503 I).
4
F. Ludwig hatte der Aufnahme des Landvogts in die FG zugestimmt. Aus unbekanntem Grund wurde Promnitz jedoch nicht im GB Kö. (s. Conermann II u. III) oder in den Mitgliederlisten verzeichnet. Vgl. 380320A K 0, 380503 K u. 380509 K 8.
5
F. Ludwig hatte ursprünglich vermutet, Promnitz wünsche sich die Rheinblume. S. 380503 K 9 u. 380509. Wie Ludwigs Notiz auf dem Briefumschlag zeigt, ging er auf Promnitz´ Vorschlag der Campanula peregrina ein (s. Anm. 1). Bei der Pflanze handelt es sich — nach Basilius Besler: HORTVS EYSTETTENSIS (1612), Bl. H 23r — vielleicht um „Frembde blaue Wind-Glocken“ („Nil Arabum Camerar. ... Convolvulus Azureus“). Vgl. D. IACOBI THEODORI TABERNAEMONTANI Neü vollkommen Kräuter-Buch (Basel 1731; Ndr. Grünwald 1982), 1263f.: „Blau Winde. Convolvulus cæruleus [...] und Campana cærulea [...] Das ist Nachtblumen/ weil sich dieselbigen bey
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Tag welck erzeigen/ und zu Nacht offen stehen. Niderländisch Blaeuwe Wtlandtschewinde.“ Wohl eine Ipomoea-Art.
6
Der ehemalige kursächsische GeneralmajorMoritz Adolph v. Dehn-Rotfelser (FG 318. 1638). Vgl. 380320A K 5. Knoch wird ihm F. Ludwigs Erklärung über die noch ausstehende Impresenvisierung und die Kosten der Impresen- und Wappenstickereien übermittelt haben. S. 380509.
7
Kf. Georg Wilhelm v. Brandenburg (FG 307. 1637). Da die geschwächten schwedischen Truppen unter Johan Banér (FG 222), Verstärkungen aus der Heimat erwartend, in ihren Quartieren an der pommerschen Küste still lagen, forderte der Kurfürst kaiserliche und kursächsische Unterstützung an, um zügig gegen die Schweden vorzugehen. Vgl. 380501 K 8 u. 380503 K 3. Am 4. 6./ 25. 5. 1638 schrieb er an den ksl. Generalleutnant Gf. Matthias Gallas: Er habe beschlossen, den Angriff auf Anklam bis zu seiner ,Gallas’, Rückkehr zu verschieben. Seine eigenen Truppen sollen sich weiterer fester Plätze bemächtigten und so die Basis für einen Angriff auf Banérs Hauptquartier Stettin schaffen. Zu diesem Zweck wolle er zwei Brücken bei Oderberg, später noch eine bei Schwedt, gegebenenfalls andernorts, über die Oder schlagen lassen. Gallas möge Salis (s. Anm. 11) anweisen, einerseits die 11 Regimenter zum 12./22. Juni nach Neustadt-Eberswalde zu kommandieren, andererseits sich an den genannten Aktionen mit den ihm unterstellten Reiter- und Infanterieabteilungen selbst zu beteiligen. Documenta Bohemica VI, Nr. 628. Am 8. 6. bekräftigte Kf. Georg Wilhelm gegenüber Gallas erneut, daß er am 12./22. Juni sein Heer bei Neustadt-Eberswalde sammeln werde und dort Salis und weitere Verbände erwarte. Gallas möge den Aufbruch mit seinem gesamten Heer beschleunigen. A. a. O., Nr. 632.
8
Bei der Truppenmusterung hatte Kf. Georg Wilhelm (s. Anm. 7 u. 9) 8000 Mann zur Verfügung, jedoch wurde der Großteil in die Quartiere zurückgeschickt. Die Soldaten konnten nicht einmal für wenige Monate zusammengehalten werden, da die Kriegsverwaltung zusammenbrach. S. Günter Lindenau: Die Verfassung der Mark Brandenburg unter der Regierung des Kurfürsten Georg Wilhelm und seines Ratgebers Graf zu Schwarzenberg im Hinblick auf die Überwindung ständischer Verhältnisse durch den brandenburgisch-preußischen Obrigkeitsstaat. Diss. Kiel 1936, 58. Vgl. Documenta Bohemica VI, Nr. 636. Den ksl. Befehl vom 7. 6. in der Hand, mit der ganzen Armee baldigst ins Feld zu ziehen (Documenta Bohemica VI, Nr. 631, vgl. Nr. 637), malte der ksl. Generalleutnant Gallas schon am 10. 6. dem Kaiser ein düsteres Bild der desolaten Zustände im ksl. Heer, die den geplanten großen Unternehmungen hinderlich entgegenstünden. A. a. O., Nr. 633. Auch Kf. Johann Georg I. v. Sachsen sah sich wegen des schlechten Zustandes seiner Regimenter nicht in der Lage, sie ins Feld zu senden. A. a. O., Nr. 639 (an Gallas, 10./ 20. 6. 1638). Knoch berichtet in seinem Brief an F. Ludwig vom 27. 6. 1638 (a. a. O., Bl. 14r–15v), „daß den 22 Junij neues Calenders, daß Generalrendevous, von Jr. Churfurstl. Durchl. zue Brandenburgk, Zue Neustadt gehalten worden, vndt ist Salis [s. Anm. 11] Jr. Keyß. Maytt. General Veldtzeugmeister gleichfalß mit ezlichen kayß. Regimentern so doch nicht vber 1500 Pferde gewesen zue vnß gestoßen, haben vnß auf selben Plan 8000 man zu fueß, vndt 4000 Pferde mit den tragonern wurklichen befunden, Vndt ob wol Jhr Churfl. Durchl. dem Feindt vnter die Augen zu gehen, gnedigst entschloßen geweßen, So hat doch der General Leutenant Gallaß, Salis, Klitzingk [s. Anm. 11] soliches ernstlichen wieder rathen, vndt die Armeè nicht so zue haszartiren vnterthenigk erinnert“. Kf. Georg Wilhelm habe daher beschlossen, das Fußvolk wieder in die Quartiere zu schicken, die Reiterei aber nach Garz (s. 380503 K 3) zu entsenden, was auch geschehen sei. Vier ksl. Regimenter aber sollten im Stift Halberstadt Quartier nehmen und hätten bereits angekündigt, wie Knoch an F. Ludwig vorwarnend hinzufügt, notfalls in und um Zerbst Quartier zu nehmen. Vgl. auch Curt Jany: Die Anfänge der alten Armee. In: Urkundliche Beiträge und Forschungen zur Geschichte des Preußischen Heeres. Hg. v. Großen Generalstabe. Abtheilg. f. Kriegsgesch. II. Heft 1.
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Berlin 1901, 74: „Durch die gröbsten, sowohl bei den Truppen wie bei der Kriegskasse verübten Unterschlagungen von Werbe- und Verpflegungsgeldern, die damit zusammenhängende Fahnenflucht und sonstigen Abgang kam es bis Ende 1638 dahin, daß Graf Adam von Schwarzenberg, dem der Kurfürst [Georg Wilhelm v. Brandenburg] bei seiner Abreise nach Preußen mit Instruktion vom 16./ 26. 8. 1638 die ‚Direktion’ des ganzen Kriegswesens übertragen hatte, am 1./ 11. 9. 1638 dem Kurfürsten schrieb: ‚25000 Mann hätten E. Churf. D. bringen sollen, die hat dieses arme Land zu dessen höchste Ruin unterhalten müssen. Etwa 5000 haben sich auf den Generalen Rendezvous in Gegenwart E. Churf. D. und des Generallieutenants Grafen von Gallas vor kaum 5 Wochen präsentirt; jetzo sein, wie E. Churf. D. Officirer selber ausgeben, zu Roß und zu Fuß kaum 2000 vorhanden.’“ Im Laufe der zweiten Jahreshälfte 1638 sollte es Banér gelingen, die feindlichen Streitkräfte aus Mecklenburg und Pommern abzudrängen. Zu Schwarzenbergs mächtiger Stellung im kfl.-brandenburgischen Dienst in den Jahren 1637/38 vgl. auch Otto Meinardus: Die Legende vom Grafen Schwarzenberg. In: Preuß. Jahrbb. 86 (1896), 46f.
9
Kf. Georg Wilhelm v. Brandenburg. Die hier genannte ksl. Verstärkung bezieht sich wohl auf die von Salis (s. Anm. 11) abgeordneten Regimenter. Vgl. Anm. 7, 8 u. 11.
10
Das kursächsische Regiment unter Obrist Hans v. Rochow (FG 317. 1638; vgl. 380128 K 18), in dem Knoch als Obristleutnant diente.Bei der Musterung Kf. Georg Wilhelms am 15./ 25. 6. 1638 in Neustadt-Eberswalde erscheint Hans v. Rochow bei der Kavallerie mit 500 Pferden. Vgl. Mörner, 216. In einer Anmerkung auf dieser Seite heißt es: „Hans v. Rochow, dessen Name auch unter den Reiterobersten der ersten Liste nicht mit vorkommt, war für seine Person zwar ein brand. Vasall, sein Regiment aber war ein kursächs., dem Kurf. Georg Wilhelm nur auf Zeit überlassenes, das weiterhin in der brand. Armee nicht mehr vorkommt. In dem gleichzuerwähnenden Bedenken der kurfürstl. Officiere heißts: Oberst Hans v. Rochow saget, er sey von Chursachsen alleyn zu obaediren hieher geschickt.“ Zur Überlassung des Regiments Rochow an Kurbrandenburg vgl. 380503. „Wir armen sächsischen seindt mutter allein hier vndt wie die Eule vnder den Kräen“, nämlich den Brandenburgern und Kaiserlichen, klagte Knoch F. Ludwig in seinem Schreiben vom 18. 7. 1638 (a. a. O., Bl. 16r–17v). Knoch zeigte sich darin sehr beunruhigt, da die schwedische Verstärkung aus dem Mutterland eingetroffen und die Lage für die Kaiserlichen und ihre Verbündeten an Oder und Elbe äußerst prekär sei. Man befürchtete allgemein einen Feldzug Banérs nach Schlesien.
11
Frh. Hans Wolf v. Salis, einst kurbayerischer Obrist zu Roß und zu Fuß, seit 1635 ksl. Generalfeldwachtmeister, dann Generalfeldzeugmeister, s. Anm. 8; Documenta Bohemica VI, S. 524 (Register); Engerisser, 68 u. ö.; Mörner, 365 (Register); Redlich I, 174, 181, 186, 245, 309, 313, 381, 402 u. 445f.; Theatrum europaeum III, 956; Nicolaus v. Salis-Soglio: General Hans Wolf von Salis, Lebensbild eines Soldaten aus der Zeit des 30jährigen Krieges. In: Oberbayerisches Archiv f. Valerländische Geschichte 52 (1904), H. 2. Vgl. 381107 K 7. Banér am 21. 5. 1638 aus Stettin: „so seindt die Brandenburgischen unter Klitzing (mit einem guten theil keyserliche, unter Salis conduicte conjungirte regimenter) in vollen begriff und praeparatorijs bemühet Anclam zu belegern”. AOSB SA VI, 542. Zur erfolglosen Belagerung Anklams vgl. 380501 K 9.
12
Adv. zu winklicht, adj., d. i. winklig. Die Form winklicht in DW XIV.2, 404 nachgewiesen, allerdings ohne die hier wohl gemeinte übertragene Bedeutung: auf Umwegen, uneigentlich, nicht direkt, verkrampft u. a. Vgl. aber Stieler, 2543 „Winkelich/ adj. & adv. angularus, angularis, angulosus, it. latebrosus, reconditus, involutus, abstrusus, &: occultè, reconditè.“
13
Sorau, vgl. 380503 K 12.
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