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380609 Fürst Christian II. von Anhalt-Bernburg an Fürst Ludwig
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380609

Fürst Christian II. von Anhalt-Bernburg an Fürst Ludwig


Antwort auf 380606. — F. Christian II. v. Anhalt-Bernburg (FG 51. Der Unveränderliche) dankt F. Ludwig (Der Nährende) für die Durchsicht seiner Übersetzung Vnterweisung eines Christlichen Fürsten. Er werde den Rat Ludwigs befolgen, jedoch müssen die Kosten des Drucks aufgrund der angespannten ökonomischen Verhältnisse sorgfältig in acht genommen werden. — Das Widmungssonett Diederichs v. dem Werder (FG 31. Der Vielgekörnte) findet Christians Gefallen und seinen Dank an den Verfasser; jedoch sei zu überlegen, ob es nicht besser an den Leser als an den Fürsten zu richten sei, um Christians Verfasserschaft nicht aufzudecken. Das Reimpaar „wüsten“ und „Christen“ löst ebenfalls Bedenken aus. Ansonsten aber versichere ihn das herrlich gelungene Gedicht nicht nur des guten Verhältnisses, das Werder zu ihm bewahre, sondern bestärke ihn
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auch im wahren Christentum. — Die Psalmen-Lieder Martin Opitz’ v. Boberfeld (FG 200. Der Gekrönte) habe er vor einigen Tagen aus Leipzig erhalten. Nach ihrer Einbindung will er sie lesen und singen. — Von Hans Philipp (v.) Geuder (FG 310. Der Ergänzende) habe er seit längerem nichts vernommen; es heißt, er sei im Auftrage der fränkischen Ritterschaft nach Wien (an den Kaiserhof) gereist. Geuder werde aber sicher nicht versäumt haben, F. Ludwigs Schreiben an Hans Andreas Kessler (v. Kessel) (FG 171. Der Befördernde), das Christian zur Weiterleitung Geuder zugeschickt hatte, Kessler zuzustellen. Dieser dürfte sich als bfl.-würzburgischer Obrist weiterhin in Schweinfurt aufhalten.

Beschreibung der Quelle


Q HM Köthen: V S 544, Bl. 135r–136v [A u.Eingangsvermerk: 136v], 136r leer; eigenh.[Handschrift: [135r]]; 3 Sig. — Veröffentlicht in KE, 79f. Bibliographisch erfaßt in Bürger, S. 238 Nr. 9.

Anschrift


A Dem Nehrenden, zu handen. Cöhten.
Eingangsvermerk von F. Ludwigs H.: Uberreicht den 10. Brachmonats 1638.

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Dem Nehrenden, endtbeutt der Vnverenderliche, seinen dienstlichen gruß, vndt bedancktt sich fr. vor gehabte mühewaltung, in vbersehung des verdeutzschten Christlichen Fürsten,1 wirdt sich auch im vbrigen gar leichtlich zu bequehmen, vndt deß Nehrenden raht zu folgen wißen. Jedoch wirdt man ferrneren bericht, der drückerey halben zu vernehmen, auch die müglichkeitt in etwaß anzusehen haben. Dann es seindt leyder! die itzigen zeitten, so beschwehrlich vndt kümmerlich, daß man fast in keiner sache, einige freẅde oder ergetzligkeitt zu suchen, rechte Mittel finden kan.2 Sonsten waß das Klinggetichte3 anbelangett, laß ich mir daßelbe sehr wohlgefallen. Nur allein weiß ich nichtt, 1.a obs nicht rahtsamer wehre, eher an den leser, als an den vnverenderlichen, daßelbe zu vberschreiben. 2.a Ob es dem Nehrenden gefällig, vndt der Gesellschaft anstendig, daß man also seinen Nahmen, vndt Standt bloß gebe4 , wiewol ich mich deßen sonst nichtt zu schähmen, wenn andere dergleichen thun möchten? 3. Darinnen stehe ich auch an, ob wüsten, vndt Christen, sich auf ein ander rechtt reyme.5 Weiß sonsten das berührte Klinggetichte, nichtt allein nichtt [Handschrift: [135v]] zub verbeßern, ia getrawete mirc es nimmermehr so herrlich schön vndt gut zu machen, sondern ich habe es viel mehr mitt sonderbahremc großen danck des guten vertrawens vndt zuversichtt, die ich noch am vielgekörndten darauß verspühre, anzunehmen, vndt mich selber dadurch desto mehr zum wahren Christenthumb anzureitzen, vrsache. Deß gekröndten seine Psalmlieder vndt weisen6 , seindt mir vor ein par tagen von leiptzig zugebrachtt worden, Jch laße Sie itzundt einbinden. Will sie hernachmalß durchsehen, lesen, vndt singen. Von dem Ergentzenden7 höre ich lange nichts. Es ist darauf gestanden, daß er von Seiner Fränckischen Ritterschafft, naher Wien hatt sollen verschickt werden, zweifele aber nichtt, er werde des Nehrenden antwortt, an den befördernden8 (so ihm durch den vnveränderlichen vbermachtt, vndt mitt fleiß an den Ergentzenden bestellt worden) wol fortgeschicktt haben, Es wirdt auch gedachter Befördernde, noch in Schweinfurtt sich aufhalten, weil er Obersten-bestallung vom bischoff von Würtzburgk, vndt da hinein geleget worden. Welches alleß erheischender Notturft nach, dem Nehrenden in freundtl. antwortt zu vermelden gewesen, vndt verbleibett,
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  desd Nehrenden, dienstwilliger,
  Der Vnverenderliche.
  Bernburg, am 9. BrachMonats 1638.

Textapparat und Kommentar


Textapparat
T
a
Eingefügt.
b
Auch Kustode.
c
Fehlt in KE.
d
Schlußkurialie fehlt in KE.

Kommentar

K Der vorliegende Brief ist auf Monate hin das letzte uns vorliegende fruchtbringerische Schreiben aus der Korrespondenz zwischen F. Ludwig (Der Nährende) und F. Christian II. v. Anhalt-Bernburg (FG 51. Der Unveränderliche). Die Ursache dafür muß nicht nur in Überlieferungslücken oder der neuerlichen Reise F. Christians II. nach Wien und Prag (10. 10. – 21. 12. 1638; vgl. Christian: Tageb. XV, 40r ff.) gesucht werden, sondern dürfte auch in zunehmenden Zerwürfnissen zwischen F. Christian und F. Ludwig (nebst anderen Mitgliedern der fl. Familie) liegen. So dokumentieren denn 390504 und 390504A anstatt einer Wiederaufnahme fruchtbringerischen Schriftverkehrs nur den tiefen Riß im Verhältnis des Neffen zu seinem Onkel. Vgl. 380122 K 1.
1
F. Christian II. v. Anhalt-Bernburg (FG 51. Der Unveränderliche) übertrug aus dem Italienischen die Guevara-Bearbeitung des Mambrino Roseo da Fabriano: Die Vnterweisung Eines Christlichen Fürsten (Cöthen 1639). Zum Buch vgl. bes. 371027 K 4 u. 5 u. 380602 K 3, zuletzt 380606.
2
Bereits in 290510, 371106, 380120 u. 380126 klang F. Christians Besorgnis über einen zu kostspieligen Druck und Verlag seines Christlichen Fürsten an.
3
F. Ludwig hatte das von Diederich v. dem Werder (FG 31. Der Vielgekörnte) verfaßte Widmungssonett auf den Christlichen Fürsten (380602 I) mit 380606 an seinen Neffen F. Christian gesandt. F. Ludwigs eigenes Widmungsonett in 371209 I u. II.
4
D. i. öffentlich mache. Tatsächlich wurde die ursprüngliche Widmung des Sonetts an den Unveränderlichen im Druck geändert: „An den Leser“ (s. 380602 I). Eine hsl. Überlieferung des Sonetts, die Textvergleiche gestattete, liegt nicht vor (vgl. 380602 I Q). Werder selbst hatte F. Christians Besorgnis um Lüftung seiner Identität durch die Anspielungen des Sonetts und die dortige Nennung seines Gesellschaftsnamens (der Unveränderliche) in 380602 vorweggenommen. Vgl. ähnlich die in 380126 geäußerten Bedenken F. Christians und F. Ludwigs Beschwichtigung in 380128.
5
Der umschließende Reim in V. 9 und 12 („wüsten“/ „Christen“) wurde im Druck beibehalten und zeigt, daß die Reimverknüpfung zwischen kurzem i und u-Umlaut damals hingenommen werden konnte. Vgl. 371031 K 5.
6
Die Psalmen Davids Nach den Frantzösischen Weisen gesetzt. Durch Martin Opitzen (Dantzigk: Andreas Hünefeldt 1637). S. 371030 K 4, vgl. zuletzt 380606.
7
Hans Philipp (v.) Geuder (FG 310. Der Ergänzende), Mitglied der fränkischen Reichsritterschaft, die er spätestens seit 1628 in verschiedenen Funktionen politisch-diplomatisch vertrat. Er war auf Vorschlag F. Christians II. 1637 in die FG aufgenommen worden. Vgl. 370517 (K 6) u. 371220 I. Der briefliche Austausch zwischen Geuder und F. Ludwig lief über F. Christian II. Vgl. 371221A, 371223, 380331, 380410 u. ö., zuletzt 380606.
8
Hans Andreas Kessler (v. Kessel) (FG 171. Der Befördernde), seit 1636 bfl.-würzburgischer Obrist. In einem Brief Kesslers vom 27. 7. 1639 an den hzl.-sächsischen Kommandanten in Coburg, Hans Hartmann v. Erffa (FG 616. 1654), erscheint Kessler als Kommandant in (der freien Reichsstadt) Schweinfurt (STB Berlin — PK: 141/11: FrbrGes). Vgl. insgesamt 371209 K 6. Christian hatte im Auftrag F. Ludwigs seinen Nürnberger Agenten Hans Philipp (v.) Geuder wiederholt um die Beschaffung einer farbigen Zeichnung des Wappens des in Nürnberg aufgewachsenen Kessler gebeten, den er am Hof seines Vaters F. Christian I. v. Anhalt-Bernburg (FG 26) in Amberg kennengelernt hatte. Vgl. 371209, 371221 u. 380312. Dies gelang jedoch nicht, so daß am Ende
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Zweifel am Adelsstand Kesslers auftraten. Vgl. 371209 K 6 u. Conermann III, 172. F. Christian II. beantwortet im vorliegenden Brief die Fragen F. Ludwigs in 360606 nach der Beförderung seines Schreibens an Kessler und nach dessen Aufenthaltsort.

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