K
In 380608A hatte F. Ludwig (Der Nährende) Diederich v. dem Werder (FG 31. Der Vielgekörnte) erstmals den Wunsch unterbreitet, gemeinsam eine Überarbeitung der korrekturbedürftigen
Anderen Woche
von Tobias Hübner (FG 25) vorzunehmen. Es handelt sich um Hübners Übertragung von Guillaume de Saluste sieur Du Bartas:
La seconde Sepmaine, u. d. T. Die Andere Woche Wilhelms von Saluste Herrn zu Bartas, in Köthen 1619–1622 erschienen und noch
von Hübner selbst vor seinem Tod 1636 bereits teilweise verbessert. F. Ludwig und Werder revidierten die
Andere Woche zusammen mit Hübners Übersetzung von Salustes
La Sepmaine ou Création du Monde: Wilhelms von
Saluste/
Herren zu BARTAS ... Erste Woche/ Von Erschaffung der Welt und aller/ Geschöpffe ... (Cöthen 1631) und gaben beide Werke u. d. T. heraus: Die Erste und Andere Woche Wilhelms von Saluste Herren zu Bartas (Cöthen 1640). Vgl. 310000 Q u. 380608A K 5. Der hier von Werder nach
seiner Korrekturdurchsicht gesandte Abschnitt „Eden“ findet sich in der „Anderen Woche“ am Beginn des I. Teils, d. i. Der erste und zweite Tag (dieser wiederum besteht aus insgesamt 8 Teilen: Eden, Der Betrug, Die hellische Plagen, Die Handtwerkskünste; Die Arche, Babylon, Die
Fortwanderung, Die Seulen), Ausgabe 1622: S. 5–53; verbesserter Druck von 1640: S. 205–226; vgl. 310000 K 9.
Verbesserungen Werders für Reimgesetze des Gesellschaftsbuchs, s. Beilage I.
Wahrscheinlich zwei (unbestimmte) Briefe von Martin Opitz v. Boberfeld (FG 200. Der Gekrönte) an F. Ludwig und an Werder, die dieser dem Fürsten zuerst zur
Lektüre sandte, bevor er den an ihn gerichteten Brief beantwortete. Opitz‘ Korrespondenz mit dem Nährenden lief nämlich z. Tl. über Werder (s. 380720 K 3), so daß er nicht eines der Schreiben des Gekrönten an F. Ludwig, sondern Opitz’ Schreiben an ihn, Werder, zurückverlangte.
Ludwig hatte zuletzt in seinem Brief 380720 an Opitz geschrieben. Vgl. 380724.
Ein weiterer Abschnitt der überarbeiteten Saluste-Übertragung Hübners. „Der Betrug“ folgt „Eden“ in dem aus acht Abschnitten bestehenden ersten Teil (erster u. zweiter Tag) der
Anderen Woche
in der Ausgabe von 1622 auf den Seiten 55–97 und in der von 1640 auf S. 227–245. Vgl. Anm. 1.
In 380522A ist erstmals von der Korrekturdurchsicht der unveröffentlicht gebliebenen Psalter-Dichtung F. Ludwigs durch Werder die Rede. In den erhaltenen zwischen F. Ludwig und Werder gewechselten
Folgebriefen des Jahres 1638 ist diese Verbesserungsarbeit ein regelmäßig wiederkehrendes Thema geblieben. Vgl. 380522A K 1. In den Wochen zwischen 380619 und dem vorliegenden Brief ist Werders Korrekturlektüre kontinuierlich bis zum nunmehr anstehenden fünften und
sechsten Teil vorangeschritten. In 380724 nämlich wird er F. Ludwig noch um Geduld in Erwartung seiner Verbesserungen dieser Teile bitten. Danach scheint die Korrekturlektüre etwas ins Stocken geraten zu sein. Erst in 381114 ist wieder von der Übersendung zweier nicht näher
spezifizierter korrigierter Teile der Psalter-Dichtung die Rede. Vgl. Ludwigs Bitte um Eile in 381116A.
Werder wurde 1638
Unterdirektor, also eine Art Geschäftsführer der anhaltischen Landschaft (Landstände), die im „engeren Ausschuß“, des für die Umsetzung von Beschlüssen des „großen Ausschusses“ oder der anhaltischen Landtage maßgeblichen Stände-Organs, eng mit den Fürsten und ihren
Regierungsbehörden zusammenarbeitete, v. a. in Finanz- und Schuldenfragen. Vgl. dazu Günther Hoppe: Zur anhaltischen Behördengeschichte im frühen 17. Jahrhundert und zum „persönlichen Regiment“ des Fürsten Ludwig von Anhalt-Köthen in der Frühzeit seiner Regierung (bis
zur sog. Cabinetsordnung von 1612). In: MVAL 4 (1995), 113–142, 114, 115 u. ö. Als Beigeordnete „Von der Ritterschafft des Engern Außschusses” Anhalts unterzeichneten Diederich v. dem Werder, (Albrecht) Christof v. Krosigk (FG 7) und Levin v. der Schulenburg (FG 27) eine zweite
Erwiderung auf die (wiederholten) Forderungen der vier anhaltischen „Haubtstädte” Bernburg, Dessau, Köthen und Zerbst (s.
KU IV.1, 294–305). Die rhetorisch eindrucksvolle, im wesentlichen von Werder verfaßte Eingabe (s. 380724 u. 380728) trägt das
(vorverlegte) Datum des 26. 7. 1638 und ist an die Fürsten August v. Anhalt-Plötzkau (FG 46), Ludwig v. Anhalt-Köthen, Johann Casimir bzw. Georg Aribert v. Anhalt-Dessau (FG 10 bzw. FG 24) und Christian II. v. Anhalt-Bernburg (FG 51) gerichtet. Gegen das Verlangen der Städte nach
höherer Beteiligung des Landadels (und der Bauern) an der Kriegssteuer betonen die Syndici der Ritterschaft, daß die Landbewohner infolge der militärischen Durchzüge und Einquartierungen viel höhere Verluste und Ausgaben als die Stadtbürger zu tragen hätten. Die Ritterschaft
wiederholte jedoch ihre
schon im Herbst 1637 zu Bernburg erklärte Bereitschaft, trotz ihrer allgemeinen Befreiung von Landessteuern ein Achtel der Kriegssteuer zu erlegen. S.
KU IV.1, 305–323; vgl. auch 380122 K 1. Die Ausdrücke
Syndicus
oder
Syndicatsache wurden (von Werder) zwar nicht in diesem Dokument oder dem vorhergehenden kurzen Begleitschreiben (
KU IV.1, 305) verwendet, jedoch stellen sie den historischen Hintergrund für Ausdruck und Gegenstand der hier
behandelten „Syndicatsache“ dar. Vgl. Anm. 7. F. Ludwigs Übersetzung von
Syndicatsache übernahm Werder in 380728.
Es folgen F. Ludwigs Verdeutschungsvorschläge der aus der mlat. Kanzleisprache entlehnten
Wörter
Syndicus bzw.
Syndicatsache. Ihre Vorläufer kommen zuerst im Nd. (13. Jh.) vor (vgl. obd. fürsprech[er]). Sie bezeichnen hier den Rechtsbevollmächtigten (Beigeordneter, Rechtsbeistand) bzw. den Gegenstand seiner Tätigkeit.
DW X.4, 1420–1423 führt als erste lexikalische Erklärung folgende Stelle an. Simon Roth: ein teutscher dictionarius (Augsburg 1571), Bl. P 8v: „syndicus, ein verordneter von der gemein, der bevelch hat, ir sach vor ghricht zu handlen, es sey mit anklagen, fürsprechung
oder verantwortung. ein verthädiger oder fürsprecher, wirt abusive für einen stattschreiber oder dergleichen gebraucht“. Vgl. Dagmar Carmesin: Das Fremdwort bei Johann Beer. Ein Beitrag zur deutschen Wort- und Sprachgeschichte. München 1992, 252 (Münchner Germanistische Beiträge,
40), mit weiterer Literatur. F. Ludwigs Verdeutschungen werden in den
DW-Belegen sonst nicht durch
Syndicus bzw.
Syndicatus erklärt, scheinen daher — wie auch Werders Verlegenheit andeutet — zumindestens damals
als Synonym nicht weithin gebräuchlich gewesen zu sein. Vgl. aber
Stieler, 2354 zu „teidigen“ bzw. „teidingen“: „
in negotiis occupari, res agere, vulgò practicum esse, & practicare“ (vgl. dazu 250305 K 27) und in
DW XII.1, 1879 den für die nd. Entlehnung des Worts
Syndicus aufschlußreichen Hinweis auf
Mnd. Wb. V, 330 „vordegedinger, vordedinger, vordediger“.
Vordediger als Verdeutschung von
Sindicus kennt auch
Diefenbach: Glossarium, 536. F. Ludwig hätte eines seiner Synonyme auch finden können in Johann Rudolph Sattler: Teutsche Orthographey/ vnd Phraseologey/ dz ist/ ein vnderricht Teutsche sprach recht zu schreiben
(Basel: Ludwig Könige 1617), 561: „Syndicus, ein verthädiger/ der einer Statt/ oder Oberkeit/ in wichtigen Sachen rathet/ vnnd seinen Rath mittheilt.“
Calepinus 1605, 1436 (HAB: 3. 3. 2. Gram. 2°): „[...] Ein verordneter einer Gemeind/ mit Befehl ihr Sach vor Gericht zu
handlen, es seye zu klagen oder zu versprechen: ein Verthädiger“; Bernhard Heupold: Teutsches Dictionariolvm WELCHES AUSSLEGT VNND ERKLÄRT ETLICHE SCHWERE UNBEKĀDE TEUTSCHE GRICHISCHE LATEINISCHE HEBRAISCHE WELSCHE VND FRANTZÖSISCHE AUCH
ANDERER NATION WÖRTER … ZUSAMEN GETRAGEN (Frankfurt 1602), S. 292: „Syndicus, ein Verordneter von der Gemein/ der Befelch hat/ jhr Sach vor Gericht zu handlen/ es sey mit Klagen/ Fürsprechung oder Verantwortung/ ein Verthädiger oder Fürsprecher wird abusiue vor einen
Stattschreiber/ oder dergleichen gebraucht.“ Sich anschließendes Lemma: „S
yndici sunt aduocati, qui vt patroni ad communem causam defendendam mittuntur, & συδικεῖν verbum idem, quod συνηγορεῖν ac si syndicari verbum fingas pro defendere &
patrocinium præstare Sunt etiam syndici ciuitatum, & aduocati & defensores iuris publici, quasi in causam publicā communiter incumbentes, Rudæus in pandect“. Vgl. Der Große Duden: Rechtschreibung der deutschen Sprache und der Fremdwörter. Leipzig 1939, 556
unter dem Lemma
Syndikalismus Hinweis auf
Syndikus als „([meist angestellter] Rechtsbeistand einer Körperschaft usw.)“;
Faber/ Buchner 1696 (HAB: Kb 2° 11), 2273: „SYNDICUS, i, Syndici dicuntur, qui in eamdem
caussam incumbunt: suntque civitatum advocati, & defensores juris publici. Athenis iterato Syndicum fieri lege vetitum. Conf. VVolff. Tom 5 Operis Demosthenici p. 359.“ Vgl. 381114 K 2.
K I
1 Dies ist keine zutreffende Mitgliedsnummer, denn sie verwiese sonst auf den schon 1634 aufgenommenen Frh. Enno Wilhelm v. Innhausen u. Knyphausen (Der Verfolgende; Pestilenzwurzel). Vgl. Anm. 2.
2 Aus dem Reimgesetz des 1638 aufgenommenen Geschickten, Moritz Adolph v. Dehn-Rotfelser (FG 318). Vgl. 371220 I. Die gebesserten Verse Diederichs v. dem Werder (FG 31) stellen bereits den Wortlaut
des handschriftlichen Reimgesetzes im
GB Kö. her, zit. in
Conermann III, 363. Dieses weicht jedoch stark von der Reimgesetz-Fassung in
GB 1641 und
GB 1646 ab, die demnach eine jüngere,
nochmals veränderte Textfassung bieten.
3 Diese Ziffer stellt ebenfalls keine zutreffende Mitgliedsnummer dar, sie verwiese sonst auf den schon 1633 aufgenommenen Johann Georg aus dem Winckel (Der Rettende; das Kraut Heil alle Welt; vgl. 371014 K 7). Gemeint ist vielmehr das Reimgesetz
des Wackeren, Pz. Georg Ludwig v. Nassau-Dillenburg (FG 319. 1638). Vgl. 371220 I. Die gebesserten Verse Werders stellen bereits den Wortlaut des handschriftlichen Reimgesetzes im
GB Kö. her, zit. in
Conermann III, 364. Dieses weicht
jedoch deutlich von der Fassung des Reimgesetzes in
GB 1641 und
GB 1646 ab, welche demnach eine nochmals veränderte Fassung bieten.