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381030 Hans von Dieskau an Fürst Ludwig
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Hans von Dieskau an Fürst Ludwig


Hans v. Dieskau (FG 212. Der Tilgende) habe zwar den Brief F. Ludwigs (Der Nährende) umgehend beantwortet, jedoch sei der Bote, Cuno Ordomar v. Bodenhausen (FG 69. Der Bequeme), wegen seiner unerwarteten Weiterreise nach Leipzig nicht imstande gewesen, die Antwort nach Köthen zu bringen. — Hans v. Dieskau werde Ludwigs Auftrag ausführen, sobald Rudolf v. Dieskau (FG 155. Der Niedrige) in Halle a. d. S. eintreffe. Die Huldigung der zahlreich in Halle vertretenen Stände und die Amtseinführung des neuen Erzbischofs v. Magdeburg (Hz. August v. Sachsen-Weißenfels. FG 402. 1643) sind erfolgreich abgelaufen. Magdeburg, welches sich durch Geschenke an den neuen Herrn hervorgetan hat, wird seine Pflicht erst in der Stadt leisten. — Der Kaiser hat Hz. August und Hz. Georg v. Braunschweig-Calenberg (FG 231) die Ausschreibung eines Niedersächsischen Kreistags zum 1. 12. 1638 aufgetragen. — Hz. August hat Konrad Carpzov ungeachtet der Abneigung des hallischen Rats zu seinem Kanzler bestellt. — Morgen in einer Woche fährt der neue Erzbischof zur Hochzeit seines Bruders (Kurpz. Johann Georg [II.] v. Sachsen. FG 682. 1658) nach Dresden, wohin auch etliche Adlige des Erzstifts beschrieben worden sind. — Franz v. Trotha (FG 246. Der Gebende) werde nach seiner Genesung wohl bald wieder Verwendung (im Landesdienst) finden. — Andere Mitteilungen will Dieskau dem Fürsten bald mündlich machen.

Beschreibung der Quelle


Q HM Köthen: V S 544, Bl. 20rv [A u. Eingangsvermerk: 20v][Handschrift: [20rv]]; eigenh.; Sig.

Anschrift


A Dem Nehrenden. zu behandigen etc.
Eingangsvermerk von unbekannter H.: Eingeliefertt 4. Wintermonats 1638.

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Dem Nehrenden vom Vnterschriebenen1 seinen gehorsahmen dienst, vndt wiewohl derselbe das Schreiben, so der Bequeme2 vberbracht, in vntertheniger schuldigkeit alsobaldt beantwortet, So ist es doch, das der Bequeme vnversehens von hier auf Leipzig verreiset, liegen blieben, der Niedrige3 ist noch zur zeit dieses orts nicht angelanget, vndt soll die bewuste aufgetragene Sachen, zu seiner Ankunfft, in gebuhrliche Obacht genommen werden, Sonsten ist bey hiesieger vornehmen handelung4 , jetziger Zeit gelegenheit, vndt zustandt nach, alles wohl abgelauffen, da sich die Stände, in vnvermutheter menge gestellet, vnter andern aber Stadt Magdeburg, mit ansehnlichen geschencken herfur gethan, dero Pflicht, kunfftig daselbst abzulegen, verschoben worden, den 1. Tag Christmonats, ist ein Niedersächs. Creystagk,5 vom Kayser, hiesigen Erzbischof, vndt dem herzog von Braunschweig, beydea nahmens die Mehrenden, zu beschreiben6 , aufgetragen worden, der ort ist noch vnbewust[.] H. Curt Carpzov7 , ist zum Canzler alhiera (wiewohl anfangs mit Eckel der zwölffen)8 bestel-
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let, morgen vber 8 Tage, ziehet der herr Erzbischof gegen das angestelte beylager seines herr Brudern9 , auf Dreßden, wie den zur aufwahrtung vnterschiedene vom Adel vom Lande beschrieben, Jch halte der Gebende10 , durffte sobaldt er von seiner beschwerlichen Kranckheit genesen, wieder gesuchet werden, Von mehr andern Sachen werde ich lieber gegenwehrtig mich eröfnen, als viel davon schreiben, wormit des Nehrenden
  vntertheniger vndt gehorsahmer diener zeitt seines lebens verbleibet
  Der Tilgende.
  Hall: den 30 Tag Weinmonats, Jm Jhar 1638.

Textapparat und Kommentar


Textapparat
T
a
Eingefügt.

Kommentar

K
1
Zu Hans v. Dieskau (FG 212. Der Tilgende), hochrangigem Vertreter der erzstift-magdeburgischen Landstände, und seinem Briefwechsel mit F. Ludwig Der Nährende) s. 371124 K 1.
2
Cuno Ordomar v. Bodenhausen (FG 69. Der Bequeme), fl.-anhaltischer Landrat und Ständevertreter. Vgl. 380000 K 2. Seine Reise nach Leipzig hing vermutlich mit dem von Kf. Johann Georg I. v. Sachsen für den 1. 11. 1638 a. St. nach Leipzig ausgeschriebenen Obersächsischen Kreistag zusammen, auf dem die Anhaltiner u. a. ihr Anliegen einer Milderung der Kontributuon für die kursächsische Garnison in Magdeburg vorbrachten. Als fl.-anhaltische Abgesandte traten Heinrich v. Börstel (FG 78) und Martinus Milagius (FG 315) auf. Vgl. KU IV.1, 330–386; vgl. auch 381107 K 1.
3
Rudolf v. Dieskau (FG 155. Der Niedrige). Vgl. 380220 K 1. Zu seiner Teilnahme an der feierlichen Einführung des neuen Erzbischofs von Magdeburg (s. Anm. 4) in Halle a. d. S. hatte Hans v. Dieskau seinem Vetter ein Quartier reserviert. S. 380303 K 3. Offenbar war der kursächsische Amtshauptmann von Weißenfels aber nicht nach Halle gekommen, da er (als künftiger Hofmeister des Kurprinzen) mit den Vorbereitungen der Dresdener Hochzeit (s. Anm. 9) beschäftigt war. Vgl. Conermann III, 154.
4
Introduktion und Huldigung für Hz. August v. Sachsen(-Weißenfels) (FG 402. 1643) als Erzbischof von Magdeburg am 19. 10. 1638 in Halle a. d. S. S. 350800 K 10, 371124 K 9 u. 380303 K 3.
5
Ks. Ferdinand III.beauftragte die Kreisobersten, Hz. August v. Sachsen-Weißenfels (s. Anm. 4) und Hz. Georg v. Braunschweig-Calenberg (FG 231) mit der Einberufung der Stände des Niedersächsischen Kreistags zum 1. 12. 1638. Vgl. 380616 K 6.
6
Die stimmberechtigten, zur Teilnahme aufzurufenden Stände des Kreistags. Zur Wortbedeutung von ,Mehrend‘ vgl. DW VI, 1888 den Hinweis auf den schweizer. politischen Gebrauch für ,das Mehr’ (suffragium superans, discessio in alicujus sententiam ) und ,mehren’ im Sinne von ,abstimmen, durch Mehrheit bestimmen oder wählen’ (VI, 1892).
7
Zu Konrad Carpzov (1593–1658) s. ADB IV, 25 und ausführlich Johann Friedrich Jugler: Beyträge zur juristischen Biographie: Genauere literärische und critische Nachrichten von dem Leben und den Schriften verstorbener Rechtsgelehrten und Staatsmänner, welche sich in Europa berühmt gemacht haben. Leipzig 1773, I, 274–279, hier 275: „August, der Administrator des vormahligen Erzstifts Magdeburg [...] brauchte also einen erfahrnen Mann, dessen Händen er sowohl die Rechte seines Hauses, als auch die Wohlfahrt der Unterthanen, sicher anvertrauen könnte. Carpzov wurde dazu berufen, da er kaum von Regensburg zurücke gekommen war, woselbst er im Nahmen des Churfürsten von Sachsen der Römischen Königswahl beywohnen, und bey dieser Gelegenheit auch die Mitbelehnung der Sächsischen und Jülichschen Lande nach des Herzogs zu Coburg, Johann Casimirs, Tode suchen mußte. Er übernahm daher 1638. die ansehnliche
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Stelle eines Canzlers und geheimen Raths zu Halle, der beständigen Residenz des Herzogs. An diesem Hofe hielt er sich über 19. Jahre auf, und starb am 12. Februar 1658.“
8
Die 12 Ratsmannen der Stadt Halle a. d. S. in der von 1555–1688 gültigen städtischen Verfassung, lt. Dreyhaupt II, 326: zwei Ratsmeister, zwei Kämmerer, der „Vierherren Worthalter”, der Weinmeister, der Gräfenherr, ein Vierherr, ein Marktherr, ein Bierherr, ein Kornherr und ein Fleischschätzer und Brotwäger.
9
Der spätere Kf.Johann Georg (II.) v. Sachsen (FG 682. 1658; Kf. 1656), vgl. 290410 K 6 u. 330918 K 4; Eheschließung am 23. 11. 1638 mit Mgfn. Magdalena Sibylla (TG 52; Kfn. 1656), Tochter v. Mgf. Christian Friedrich v. Brandenburg-Bayreuth. Zur Gattin des Kurprinzen vgl. 300320 K I 67. Bei dieser Hochzeit wurde übrigens eine Frühform der deutschen Oper „Orpheus und Eurydice“ nach dem Text von Augustus Buchner (FG 362. 1641) und der Musik von Heinrich Schütz aufgeführt. Buchner verwendete darin Daktylen, die er — wie Opitz — in seiner zunächst nur hsl. verbreiteten Poetik und in seinem Briefwechsel mit dem diese Versart ablehnenden F. Ludwig in den Jahren 1639ff. auch unter Berufung auf Schütz’ Zustimmung verteidigte. Vgl. 381116A K 3; Elisabeth Rothmund: „Dafne“ und kein Ende: Heinrich Schütz, Martin Opitz und die verfehlte erste deutsche Oper. In: Schütz-Jahrbuch 20 (1998), 123–147, hier 126, 133 u. 140f.
10
Franz v. Trotha (FG 246. Der Gebende), ehemaliger Direktor der schwedischen Regierung des Ebst.s Magdeburg in Halle, starb in Gotha am 28. 11. 1638 als hzl.-sachsen-eisenach. Rat und Oberhauptmann von Gotha. Von dessen Tod machte Dieskau F. Ludwig in 390112 Meldung. Vgl. auch 320313 u. 350800 K 7 u. 26.

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