Text

371226A Diederich von dem Werder an Fürst Ludwig
[Inhaltsverzeichnis]
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371226A

Diederich von dem Werder an Fürst Ludwig


Diederich v. dem Werder (FG 31. Der Vielgekörnte) schickt F. Ludwig (Der Nährende) Weihnachtsgrüße und sendet ihm die durchgesehenen beiden ersten Teile der Lehrdich-
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tung des Fürsten auf das 5. Buch Mose zurück, fügt auch einen Brief von Martin Opitz v. Boberfeld (FG 200. Der Gekrönte) und sein eigenes, verbessertes „Gott lob“-Lied (auf die verstorbene Lgfn. Sophia Juliana v. Hessen-Rotenburg) bei. Das Sonett (F. Ludwigs auf Opitz‘ geplante Hochzeit) vermöge er nicht (weiter) zu verbessern. Er selbst könne erst nach seiner Reise etwas zu Opitz’ Ehren aufsetzen. — Christian Gueintz (FG 361. 1641), hier nur als Verfasser einer Klagerede (Philipp v. Zesens? FG 521. 1648) bezeichnet, ist in Werders Einschätzung dazu geeignet, eine Sprachlehre des Deutschen abzufassen. — Das fehlende Epicedium Lgf. Hermanns IV. v. Hessen-Rotenburg (FG 374. 1642) auf dessen verstorbene Frau will Werder beschaffen. — Werder will ein von Opitz an ihn gerichtetes Schreiben dem Fürsten schicken, sobald er es nicht mehr braucht.

Beschreibung der Quelle


Q HM Köthen: V S 544, Bl. 334rv [A: 334v][Handschrift: [Bl. 334r]]; eigenh.; Sig. — Veröffentl. in KE, 149f. (ohne A). Bibliographischer Nachweis in Bürger, S. 1439 Nr. 15.

Anschrift


A Dem Nehrenden. Cöthen.

Text


Dem Nehrenden werden hiermit neben wünschung frölicher vndt friedtlicher weynachten des funften buchs Mosis erste beyde theil1 wiedera samt des gekröntenb schreiben2 , wie auch das Gott lob liedtleinc 3 verbessert zugesendet. Bey dem klinggedichte4 kan ich nichts errinnern, es gefelt mir durchaus.
  Ob ich aber mich in so kurtzer Zeit dem gekröntend zu ehren mit etwas werde einstellen können, daran zweifele ich schier, dan ich verreise morgen geliebts Gott zu einer Kintauffe vndt komme diese woche nicht wieder, also wan es zeit haben könte, bis in den anfang der Zahlwoche5 , so wolte ich sehen, das ich etwas zuwege bringen könte.
  Sonsten bin ich der meinung, der die klagerede gemacht, sey tüchtig genug die deutsche sprachlehre aufzusetzen.6
  Landtgraf Hermans reimenf habe ich nicht[,] sollen aber, wils gott, zur handt geschaffet werden.7
  Des gekrönten schreiben an mich8 soll der Nehrende baldt auch theilhaftig werden, ang itzo also baldt aber kan ichs nicht entpehren.
  Gott mit vns. Reinsdorf inh eyl vndt geschäften am andern Christage [sic] 1637.

  Desi Nehrenden dienstwilligster
  der Vielgekörnte.

I

Diederichs von dem Werder Trauerlied auf die Landgräfin Sophia Juliana von Hessen-Rotenburg


Q HM Köthen: V S 544, Bl. 336rv;[Handschrift: [Bl. 336r]] Abschrift von Werders H. Ohne Noten. Aufgrund der größeren orthographischen Nähe wohl nach dieser Hs. veröffentlicht in KE, 150f., Krause: Werder, 46 u. KL III, 122f.
Druckveröffentlichungen:
Christliche Leichpredigt | Auß den Sprüchen Salom. am 18. vers. 10. | Als [...] | Fraw Sophia Juliana landgrävin | zu Hessen [...] | Des [...] | Herrn Herman Landgravens zu Hes- | sen [...] Gemahlin/ | zu Cassel Fürstlich ist beygesetzt | worden. | Gehalten |
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Zu Eschwege an der Wehrra/ Jm Jahr 1638. | am 6. tag Aprilis/ | Von | M: JOANNE Hütterodt der Altenstadt | Pfarherrn daselbst. — In folgendem Sammelband mit fortlaufender Seitenbezifferung und Bogensignatur (SUB Göttingen: Conc. fun. II 207 Nr. 26) als Nr. 2, S. 67–94, mit Diederichs v. dem Werder Gedicht (S. 95f., ohne Noten; zit. als CL), einem lateinischen Trostgedicht für Lgf. Hermann von M. Martinus Rudolphus, welches auf seine astronomischen Interessen anspielt (S. 97f.), und einem dt. Epicedium von Christoph Kegel, inc.: „SOphia Julian hier schlafft gar sanfft...“ (S. 99). — Der o. g. Leichenpredigt auf die Landgräfin gehen in dem Sammelband voran: 1. [Holzschnittrahmen] Christliche Leichpredigt/ Als Deß ... Herrn Hermans/ Landgraven zu Hessen ... Hochgeliebten Gemahlin/ Der ... Frawen SOPHIÆ JULIANÆ, Landgrävin zu Hessen/ gebornen Grävin zu Waldeck vnd Piermont ... verblichener Fürstlicher Leichnam/ in dero Ruhestette ... nieder gesetzt worden/ in der Stifftskirche zu Cassel ... am 6. April dieses Jahrs gehalten/ vnd auff begehren an den Tag gegeben Durch THEOPHILUM Newberger/ Fürstl. Hessen-Casselischen Superintendenten vnd Hoffprediger (Cassel 1638: Jacob Gentsch). — 2. Christliche Leichpredigt zu Ziegenhain gehalten Als ... Fraw Sophia Juliana Landgrävin zu Hessen ... zu jhrer Fürstlichen Ruhestätt nach Cassel weggeführet worden. Durch M. VALENTINUM SCHONERUM Pfarhern vnd Metropolitanum daselbst. (S. 47–66).
Erweiterte Neufassung von Werders Gedicht als „Neunzehendes Lied. Auf Weyland Frauen/ Frauen Sophien/ Landgräfin zu Hessen/ gebornen Gräfin zu Waldeck/ allerletzte Todes Worte: GOtt lob.“ In: [D. v. dem Werder:] Vier und zwantzig | Freuden-reiche Trost-Lieder/ | oder | Trost-reiche | Freuden-Gesänge/ | Auff die Stunde des Todes/ oder tödt- | licher Schmertzen/ | Vermittelst gewisser Sprüche Göttlicher Schrifft/ | nach schönen und sehr beweglichen Melodeyen beqvemet | und eingerichtet. | Nur mit einer Stimme/ | Jedoch von einem gar stil-lautendem Säitenspiel | begleitet/ ein- und vorzusingen. [...] | [Zierleiste] | Leipzig/ | Jn Verlegung Tobiæ Riesens | Jm Jahr 1653. (Druck: Timotheus Ritzsch in Leipzig), Bl. [H]v – H ij r; mit Noten.1 HAB: 2. 7 Musica. Das Lied verzeichnet in Dünnhaupt, 4258 (Art. Werder, Nr. 12). Die starken formalen und textlichen Abweichungen — Einziehung auf 6 Verse pro Strophe, Erweiterung der Strophenanzahl auf 8 — würden im Textapparat nicht mehr adäquat anzuzeigen sein, s. daher die Abb. auf S. 394-395.

Text



Gott lob
Einera Glorwürdigen vndt Christseligsten
Fürstin letzte todeswort.


1.
Gott lob, das ich in allen tritten
Nuhr Gottes lob gesuchet hab’
Vndt nie, Gott lob, bis in mein grab
Von Gottes lob bin abgeschritten.
Lobt Gott, der mich nach seiner gnadt
Zu Gottes lob erwehlet hatt,
Eh Gottes lob noch liessen klingen,
Zu loben Gott, die Seraphim,
Das ich, Gott lob, mit meiner stimm’
In Gottes lob auch solte singen.
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|| [395]
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2.
Sein lob, Gott lob, Gott wolt’ erweisen,
Als ich, Gott lob, wurd’b in die welt
Zum lobe Gottes dargestelt,
Gott, deine lieb vndt lob zupreisen.
Gottlobendt lobt ich Gott im standt
Darein, Gott lob, mich Gottes handt
Zum lobe Gottes hatt’ erhöhet,
Dem Fürsten, Gott lob, beygesetzt,
Der sich in Gottes lob’ ergetzt,2
Vndt stetig Gott zu loben stehet. [Handschrift: [Bl. 336v]]


3.
Dein lob, Gott lob, war iede stunde,
wan sich dein lob, Gott, im gebett
Zu loben Gott erregen thett,
Bey vns, Gott lob, in beyder munde.
Gelobt wardt Gott in vnsrer eh,
Gott lobten wir stets mit gefleh’
Vndt lobten Gott in vnsrer liebe,
Wir lobten Gott auff vnserm bett’,
Als Gottes lieb- vndt lobestett
Dran Gott vns, Gott zu loben, triebe.


4.
Gott hatt, Gott lob, mich wollen heben
zum lobe Gottes zu Gott hin,
das ich, Gott lob, mit seel’ vndt sinn
Nuhn gantz soll Gott zu lobe leben.
Gott lobt ich, den gelobten Gott,
ich lobte Gott in nott vndt todt,
Gottlobendtc c Gott zu loben droben.
Gelobt sey Gott mein Gott vndt hort,
Gott sey gelobt, mein letztes wortt
Gott lob, war Gott lob, Gott zu loben.d

Textapparat und Kommentar



Textapparat
T
a
KE vndt anstatt wieder samt
b
des gekrönten eingefügt für <Opitzens>
c
KE liedelein
d
dem gekrönten eingefügt für <Opitzen>
e
Lies Kindtauff So auch KE.
f
KE reime
g
Fehlt in KE bis entpehren.
h
Fehlt in KE bis geschäften
i
Die ganze Unterzeichnung ist in KE weggelassen.

T I

Orthographie- oder Zeichensetzungs-Varianten in CL ohne Auswirkung auf die Bedeutung werden nicht mitgeteilt.
a
CL Dieser
b
CL würd
c
CL Gott vbendt
d
Unterzeichnet in CL: Dieterich von dem Werder/ Obrister.

Kommentar

K
1
Diederichs v. dem Werder (FG 31) Verbesserungen auf die zwei ersten Teile der Lehrdichtung F. Ludwigs (Der Nährende) auf das fünfte Buch Mose. S. 371110 K 5.
2
Unbekannter Brief von Martin Opitz (FG 200. Der Gekrönte) an Werder. Tatsäch-
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lich liegt uns mit 260831 das einzige erhaltene, zumindest bekannte Textzeugnis des einst regen Briefwechsels zwischen Opitz und Werder vor. Vgl. Anm. 8.
3
Werders „Gott lob“-Lied auf die am 15. 9. 1637 verstorbene Lgfn. Sophia Juliana v. Hessen-Rotenburg (1607–1637), Tochter Gf. Christians v. Waldeck-Wildungen (FG 113), die seit dem 31. 12. 1633 mit Lgf. Hermann IV. v. Hessen-Rotenburg (FG 374. 1642) vermählt gewesen war. S. Beil. I. Das Lied hatte Werder F. Ludwig ursprünglich bereits als Beilage zu 371222 gesandt. Lgf. Hermanns eigenes Gedicht auf die Todesworte seiner Frau („Gott lob“) kann an dieser Briefstelle nicht gemeint sein, da im weiteren Verlauf des vorliegenden Schreibens eine Beschaffung dieses Werder nicht mehr verfügbaren Gedichts in Aussicht gestellt wird. S. Anm. 7. Werders gute Beziehungen zum Kasseler Hof wurzeln in seiner Pagenzeit und in seiner Tätigkeit als lgfl. Kammerjunker, Geheimer Rat, Oberhofmarschall, Prinzenerzieher und Aufseher der Hofschule (bis 1622). Vgl. Conermann III, 34; ferner die Leichenpredigt: Der Vom Vater gegebene/ Vom Sohne ausgeführete/ Und vom H. Geiste versiegelte Raht des Heils/ Bey Hochansehnlicher Leichbestattung Des Weyland HochEdelgebohrnen ... Herren Dieterichs von dem Werder ... Eröffnet und gepredigt von Godefredo Colero (Cöthen [1658]: Fürstl. Druckerei, Jacob Brand), Bl. K [i]v ff. (ohne Jahresangaben zu Werders Jugend und Kasseler Ämterberufungen). HAB: Xa 1: 47 [10]. Vgl. auch Werders Kondolenzbrief an die verwitwete Lgfn. Amalia Elisabeth v. Hessen-Kassel vom 6. 1. 1638 (zit. in 370422 K 7).
4
Schon aus zeitlichen Gründen kommt F. Ludwigs Sonett auf den verstorbenen Hofmeister Friedrich v. Schilling (FG 21; s. 371027 I u. II) nicht in Betracht. Ludwigs Sonett auf die Übersetzung des Christlichen Fürsten durch F. Christian II. v. Anhalt-Bernburg (FG 51) entfällt ebenfalls, denn er hatte es in der bereits von Werder korrigierten Fassung am 9. 12. F. Christian zugesandt. Vgl. 371209 u. I. Demnach muß das Sonett gemeint sein, mit dem F. Ludwig aus Anlaß von Opitz‘ geplanter Hochzeit den Gekrönten ehren wollte. S. 371208 I. Werder hatte damals noch kein solches Sonett auf seinen Briefpartner Opitz geschrieben und holte es später nach. Vgl. Werders Sonett und seine Umarbeitungen in 371208 II–IV. Vgl. 280000 K 1 u. 340912 K 3. S. Anm. 5.
5
Die Woche, in der zu zahlen ist, speziell auf einer Messe. DW XV, 92. Da der vorliegende Brief an einem Dienstag geschrieben oder darauf datiert ist, sollte Werder erst nach dem 31. 12. 1637 zurückgekehrt sein und sein Sonett also Anfang Januar 1638 verfaßt haben. Vielleicht geschah dies aber doch früher, denn F. Ludwig erfuhr schon am 31. Dezember vom Scheitern von Opitz’ Heiratsplänen, s. 371208 K I 1.
6
Gueintz: Sprachlehre, s. 381105, vgl. schon 371027 K 5. F. Ludwig dürfte die Abfassung des Buchs um die Zeit des vorliegenden Briefs herum bei dem Hallenser Gymnasialrektor Christian Gueintz (FG 361. 1641) in Auftrag gegeben haben. Die Schrift rekurriert in der Terminologie und im Aufbau auf die Grammatik (1619) von Wolfgang Ratke. Vgl. 190308 K 7, 190318 K 7, 190324 u. ö. F. Ludwig muß Gueintz schon damals gekannt haben, da er ihn im Köthener ratichianischen Lehrwerk zur Bearbeitung griech. Bücher eingesetzt hatte. Wenn Werder von einem Autor spricht, „der die klagerede gemacht“, so fragt es sich, ob er auch — für den Fürsten leicht verständlich — auf den in der Nachbarschaft lebenden Philologen und streitbaren Juristen anspielen konnte, dessen Klagen gegen Ludwigs damaligen Kanzler Johannes Stalmann (FG 214) den Fürsten 1619/1621 beschäftigt hatten (vgl. LHA Sa.-Anh./ Dessau: Abt. Köthen C 18 Nr. 51) und dessen Klage gegen den seit Mai 1628 amtierenden städtischen Musikdirektor („Director musices“) Samuel Scheidt hinsichtlich der Beanspruchung der Gymnasialschüler für die Kantorei 1630 zur Absetzung des Tonkünstlers geführt hatte. Eine Schriftprobe aus Gueintz‘ diesbezüglichem Brief an Scheidt vom 2. 4. 1630 in: Walter Serauky: Samuel Scheidt und das hallische Musikleben seiner Zeit. In: Samuel Scheidt. Festschrift aus Anlaß des 350. Geburtstages 1587–1937. Hg. Kulturamt der Händelstadt Halle. Wolfenbüttel u. Berlin 1937 (Schriften des Händelhauses in Halle, 2), 10–34, hier 24 u. 33. Scheidts undatierter, aufgewühlter Protestbrief an Gueintz als unmittelbare Reaktion
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darauf in Walter Serauky: Samuel Scheidt in seinen Briefen. Halle a. d. S. 1937, 11f. Vgl. dazu auch Walter Serauky: Musikgeschichte der Stadt Halle, Bd. II.1: Von Samuel Scheidt bis in die Zeit Georg Friedrich Händels u. Johann Sebastian Bachs. Halle a. d. S. 1939 (Ndr. Hildesheim, New York 1971), 31ff. — Eine kurz vor 1638 verfaßte Klage oder Streitschrift von Gueintz ist uns bisher unbekannt geblieben. Vgl. auch die Vita und die Bibliographie von Gueintz’ Schriften in: Godofredus Ludovicus: HISTORIA RECTORVM ET GYMNASIORVM SCHOLARVMQVE CELEBRIORVM, s. Schul-Historie. Partes I-V (Lipsiae: Haered. Lanckisii 1708–1718), hier II, 41–51 u. V, 339–342. Ohnehin läßt der Begriff „klagerede“ weniger an eine juristische Eingabe als vielmehr an eine literarische Arbeit, eine Trauerrede oder eine politische Flugschrift denken, an einen nach der rhetorischen Kunst überformten Text öffentlichen Charakters. Auch als Anspielung auf den antiksl. und antikursächsischen Pamphletschreiber Johannes Stella, einen kaum bekannten, aus Zweibrücken stammenden Straßburger Residenten der Krone Frankreich, mögen wir die Passage nicht in Betracht ziehen, zumal Stella sonst nirgendwo in den uns bekannten Quellen zur FG auftaucht. Vgl. Justus Asterius (Pseud.): Deploratio pacis Germanicae, sive dissertatio de pace Pragensi, tam infaustè quam iniustè inita Pragae Bohemorum 30/20 Maii MDCXXXV: in qua artes & technae Austriacorum, vaecordia Saxonum, pericula Protestantium, & aequitas belli à Francis & Suecis iure prolatievidentissimè ostenditur (Lutetiae Parisiorum: Sebastianus Cramoisy 1636); dt. erst 1638 u. d. T.: KLAGREDE Vber den zwischen dem Römischen Keyser FERDINAND II. vnd Churfürsten JOHANN GEORGEN zu Sachsen/&. Den 20. vnd 30. May. Anno 1635. zu Praag in Böhmen/ auffgerichten Vertrag/ vnd vermeinten Frieden. Erstlich in Lateinischer Sprach gestelt durch IVSTVM ASTERIVM, der Rechten Doctorn/ Nachgehends in das Frantzösische/ jetzo aber in das Teutsche übersetzt/ vnd an etlichen Orthen gebessert/ Durch Rejmvnd Habrect [Pseud.]/ von Freybur/ im Waarland ... (O. O. 1638). HAB: 68.8 Pol. Vgl. zu Stella Zedler XXXIX, 1750; DBA I (Jöcher IV). — Gueintz‘ Bibliographie und die der vornehmsten Teilnehmer an der Spracharbeit der FG unter F. Ludwig — Augustus Buchner (FG 362. 1641), Georg Philipp Harsdörffer (FG 368. 1642), Justus Georg Schottelius (FG 397. 1642) und Philipp v. Zesen (FG 521. 1648) — scheinen keine passende wissenschaftliche oder literarische Arbeit anzubieten. Allerdings waren längere poetische Klagereden damals nicht unbekannt, seien sie moralisch-politischer Art nach dem Muster der Querela pacis des Erasmus (und der Friedensrede des Paris v. dem Werder [FG 339. 1639], erstmals öffentlich gehalten und gedruckt im Jahre 1639), seien sie eher privater Natur wie F. Ludwigs und seiner Gattin Klage auf das Ableben ihrer Tochter (250413 II) oder wie die Trauerdichtung Diederichs v. dem Werder auf den Tod seiner ersten Gattin (250413 I). Werder wollte im vorliegenden Brief aber sicher weder F. Ludwigs grammatischer Kennerschaft ein Kompliment machen noch sich selbst für die anstehende philologische Arbeit empfehlen. — Auch eine „Klagerede über das Leiden unseres Heilandes“, die Waldemar Kawerau: Aus Halles Litteraturleben. Halle 1888, 61 erwähnt, scheint sich wegen ihres wirklichen Titels und Erscheinungsjahrs nicht als eine für die Zwecke der FG geeignete Quelle zu empfehlen. Zudem stammt sie nicht von Gueintz, sondern von dessen Gymnasialschüler Philipp (v.) Zesen: Melpomene | Oder | Trauer- vnd Klaggedichte/| Vber das vnschuldigste vnd bitterste Leiden | vnd Sterben | JESV CHRJSTJ. | P. C. B. | [Linie] | Gedruckt zu Hall bey Peter Schmieden/ | Jm Jahr 1638. 344 V., am Schluß „Philipp Cösius von Bitterfeld“, gefolgt von einem vierzeiligen Epigramm, gez. „Gueintzius“. In: Philipp von Zesen: Sämtliche Werke unter Mitwirkung v. Ulrich Maché u. Volker Meid. Hg. Ferdinand van Ingen. Berlin, New York 1980, I.1, 1–16 u. 434f. Hätte Gueintz, der — zumindest später — nichts von den Sitten (und Sprachreformen) seines Schülers hielt (vgl. 481105 = KE, 277), dem Achtzehnjährigen eine solche Aufgabe zugewiesen? Daß Gueintz für die Melpomene Zesens, die vielleicht schon Ende 1637 erschienen war oder in einer Abschrift kursierte, ein Ehrengedicht schrieb, hat nicht mehr zu bedeuten, als
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daß er damals noch glaubte, seinen Namen mit dem Werk verbinden zu können oder zu müssen. Könnte Gueintz den hochbegabten und ambitionierten Zesen 1637 dem Fürsten als Mitarbeiter durch die Vorlage von dessen handschriftlicher Klagerede — die in den uns bekannten Druckexemplaren anders heißt — empfohlen haben? Die Formulierung Werders im vorliegenden Brief schließt nicht aus, daß er den Namen Zesens — der sich auch im Druck hinter Initialen verbirgt — nicht kannte und gar Gueintz für den Autor hielt, vielleicht, weil Gueintz als mutmaßlicher Vermittler der „klagerede“ deren Autor im Dunkeln gelassen hatte. Es kann angesichts der Quellenlage nur darüber spekuliert werden, ob Gueintz nicht nur die erste selbständige Schrift seines Schülers zum Druck befördert, sondern auch bearbeitet, mitverfaßt oder gar als seine eigene ausgegeben hat oder ob F. Ludwig bzw. Werder unachtsam Gueintz das fremde Werk zuordneten. Die Melpomene bietet sich gleichwohl als plausible Kandidatin für eine Identifizierung der im Brief genannten „klagerede“ an.
7
Diederich v. dem Werder sollte das Lied Lgf. Hermanns IV. v. Hessen-Rotenburg (s. Anm. 3) auf dessen verstorbene Gattin verbessern, trug aber Bedenken, nicht zuletzt, weil das Lied Hermanns schon auf den Sarg der Verstorbenen eingraviert worden sein sollte (s. 371222). Werder verfaßte daher stattdessen ein eigenes Gedicht. S. Beil. I. Der Sarg der Verstorbenen wurde 1638 nach Kassel überführt und im lgfl. Erbbegräbnis in der St. Martins-Kirche beigesetzt. Gruft und Zinnsarg waren bereits 1929 nicht mehr zugänglich. Vgl. K I 1 u. 370422 K 1; ferner Conermann III, 439. Das hier erwähnte Lied Lgf. Hermanns scheint nicht im Druck veröffentlicht worden zu sein (auch nicht in der Leichenpredigt, s. Beil. I Q) und konnte auch als Handschrift nicht ermittelt werden. — Werder hatte verschiedentlich die letzten Worte einer Adeligen bzw. Fürstin zum Anlaß eines Trostliedes genommen, vgl. 310800 u. 370715 II (u. K II 0).
8
Unbekannter Brief von Opitz an Werder. Vgl. Anm. 2.


K I
1
Das Stück weist eine andere Vertonung auf als die von Samuel Scheidt komponierte auf Werders Lied „Wohlan so kommet hehr ihr frommen“ (371222 I), auf dessen Melodie doch Werder seiner eigenen Aussage in 371222 nach auch sein „Gott lob“-Gedicht aufgesetzt hatte. Das Stück ist daher nicht verzeichnet bzw. behandelt in SSWV und in Klaus-Peter Koch: Samuel Scheidt in seinen Beziehungen zur Fruchtbringenden Gesellschaft. In: Beiträge zur musikalischen Quellenforschung. Protokollband Nr. 2 der Kolloquien im Rahmen der Köstritzer Schütz-Tage. Bad Köstritz 1991, 165–184. — Klaus-Peter Koch teilte uns auf Anfrage freundlicherweise mit: „Es sind keine Scheidtschen Gesänge für eine Vokalstimme und Bassus generalis bekannt. Insofern gibt es kein Vergleichsmaterial. Daher kann man nicht ausschließen, dass die Vertonung von 1653 gar nicht von Scheidt stammt. Der Melodieductus der 1653 gedruckten Vertonung ist wegen seines Choralcharakters für diese Zeit zu neutral, als dass eine stilistische Zuordnung zu Scheidt vorgenommen werden könnte. Ungeklärt ist, wann die 1653 gedruckte Textfassung entstand, ob bereits am 26. 12. 1637 diese Fassung vorlag („Gott lob liedtlein verbessert“). Wenn nicht, so wäre es durchaus möglich, dass während der Leichenpredigt 1638 der Gott-lob-Text in der Fassung von 1637 auf die Scheidt-Komposition des Dankgesangs SSWV 328 gesungen wurde, worauf die Informationen aus dem Brief vom 22. 12. 1637 letztlich hinauslaufen können.“
2
Lgf. Hermann IV. von Hessen-Rotenburg (FG 374. 1642), am 31. 12. 1633 in erster Ehe vermählt mit Gfn. Sophia Juliana (1. 4. 1607 – 15. 9. 1637), Tochter Gf. Christians v. Waldeck-Wildungen (FG 113). Vgl. Conermann III, 437ff. Lgf. Hermann wurden nicht nur seine Sprachkenntnisse und seine Interessen an den Wissenschaften, insbesondere an Mathematik, Erd-, Wetter- und Himmelskunde nachgerühmt (vgl. 370421), sondern auch seine Frömmigkeit, die ihn zur Förderung des Kirchen- und Schulwesens antrieb. Vgl. ebd.; ferner Strieder V, 46, 1637. Zum Tode seiner Gemahlin halten die gedruckten „Personalia“ Lgf. Hermanns (Hess. STA Marburg: 4a 45, Nr. 13; vgl. 370421 K 1) fest,
|| [400]
sie sei „zwar wieder mit Leibesfrüchten gesegnet vnd hoffentlich gewesen, nachdem aber wegen damahliger sterbens läufften jhre beyderseits F. F. Gn. Gn. Sich auß Cassel in die Graffschafft Waldeck vnd von dannen wegen der vnsicheren Krieges Läufften vnd Feindlicher durchzüge in Ziegenhain retiriren müssen, ist Hochgedacht dero Fürstl. Gemahlin daselbst den 14. Septembris eiusdem anni, gleich wie ein Jahr oder drey vorher auch geschehē/ gantz ohnvermutet ein starcker schlagfluß gefallen vnd darauff folgenden 15. Septembris vmb den Mittag sanft vnd seelig verstorben/ vnd hernacher im April des folgenden 1638. Jahrs zu Cassel mit gehörigen Fürstl. Solennitäten in obgedachte alte Fürstl. Sepultur daselbst beygesetzt worden.“ Die Angaben in der Leichenpredigt auf Lgfn. Sophia Juliana sind genauer. Nachdem sich das Paar am 2. 9. 1637 von Wildungen aus vor den Verheerungen der Kroaten in die hessen-kasselsche Festung Ziegenhain geflüchtet habe, sei Lgf. Hermann zu einer Kindtaufe seines Schwagers Gf. Philipp VI. v. Waldeck-Wildungen (FG 333. 1639) verreist, während seine Frau wegen Schwachheit in Ziegenhain verblieben sei. Als nun Lgf. Hermann in Begleitung von Sophia Julianas Schwester Maria Magdalena, verwitwete Gfn. zur Lippe-Detmold (TG 44), und anderen Anverwandten am 14. September zurückgekehrt war, brach Sophia Juliana vom Schlag gerührt zusammen: „[...] solche ankunfft von ferne sehende/ vnd dem lieben Gott wegen glücklicher vnnd sicherer vberkunft danckende/ zumahln kurtz zuvor derselben ein falsch Geschrey von grosser gefahr vorbracht gewesen/ darüber dieselbe sich höchlich betrübt vnd geengstigt gehabt/ ist dieselbe/ inmittelst die Einfahrt geschehen/ gantz plötzlich von dero alten affect der schlag flüsse/ also starck ergriffen/ niedergelegt/ vnnd durch mit zuschlagende hefftige Symptomata also bald der sprach beraubt worden/ jedoch noch/ als Jhre Fürstl. Gn. Hertzgeliebter Herr vnd Gemahl/ beneben Jhre Fürstl. Gn. angewandten/ zur Thür hinein getretten/ mitt grosser Beschwerung diese zwey worte herauß gestossen/ Gottlob.“ Nach einer schweren Nacht starb sie am Mittag des folgenden Tages, den 15. 9. 1637. Theophil Neuberger: Christliche Leichpredigt/ Als Deß ... Herrn Hermans/ Landgraven zu Hessen ... Hochgeliebten Gemahlin/ Der ... Frawen SOPHIÆ JULIANÆ, Landgrävin zu Hessen ... verblichener Fürstlicher Leichnam/ in dero Ruhestette ... niedergesetzt worden/ in der Stifftskirche zu Cassel ... am 6. April dieses Jahrs gehalten/ vnd auff begehren an den Tag gegeben (Cassel 1638: Jacob Gentsch), Zitat S. 43. SUB Göttingen: Conc. fun. II 207 Nr. 26. Vgl. auch die quellengestützte Schilderung in Margret Lemberg: Juliane, Landgräfin zu Hessen (1587–1643). Eine Kasseler und Rotenburger Fürstin aus dem Hause Nassau-Dillenburg in ihrer Zeit. Darmstadt u. Marburg 1994, 390ff. — Im April 1638 wurde der Leichnam nach schwierigen Verhandlungen mit der Regierung zu Kassel dorthin überführt und am 6. 4. im älteren der beiden lgfl. Erbbegräbnisse in der Stiftskirche St. Martin bestattet. Die Gruft ist heute unbegehbar und wurde letztmals 1929 geöffnet. Bereits damals war der mutmaßliche, dekorlose Zinnsarg der Gräfin nicht mehr zugänglich. Vgl. Christian Presche: Die fürstlichen Grabstätten in der Kasseler Martinskirche. In: Zs. d. Vereins f. hess. Geschichte u. Landeskunde 107 (2002), 17–69, 26. Vgl. auch 370421 K 1.

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