Bearbeitet von Martin Keßler und Ulrich Bubenheimer

‖ [2r] Mag'nifice' d'omine' vicerec'tor' Eximii Egregii et Celeberri'mi' d'omini' doc'tores' et
Magis'tri' Patroni mei Colendis'simi'⟨.⟩

Necessitas et religio ipsa me vestras d'ominationes' iamiam convenire compellunt deprecarique cogunt hanc aob rema ut animus vester ad materiam et mee peticionis causam lubentius perducatur/ recitata origine et repetitis mei infortunii iniciis/ rem ipsam exordiar/ meum erit recensere/ et vestre pietatis audire/ et quod iustum est non denegare⟨.⟩

Clarissimi Patres et d'o'm'ini' Preceptores Annus iam agitur quintus cum in vigilia sancti Marci ewangeliste1 primiciasb dei ope celebraturus patriam versus proficiscebar prope villam Eußenheym2 nuncupatam/ quam inhabitabat sororius meus/ Ex latere cuiusdam montis illic siti quo itinere ducente equitabamc tres equites armatis impositis hastis et quartus balista/ omnes quidem bellicis instructi munimentis incurrentibus equis/ me hostiliter aggressi sunt/ et nec quidem interrogatum ex sella et equo excussum in terram semimortuum deiectarunt cuius plage testem in sinistro tempore habeo/ habeboque ad sepulchrum usque⟨.⟩ Cumque hastis essem exanimatus et eisdem excitatus/ presensissemque concursum Rusticorum atque adventum sperassem volens furentes manus evadere propter irrogatam infirmitatem et montis invium precipicio plusquam descensu ad extremum sic michi Consulens in fossam vallis montium perveni Cumque humi Iacuissem/ duo equites ex predictis dalter balistad alter hasta ex vehementibus ictibus confracta/ quorum alter hastatus tunicam in parte sinistra transfixit/ et nisi tercio conantis me confodere hastam manu apprehendissem/ cor forte transfodisset/ intellexi enim omne studium suum in hoc versari/ et cum hastam manu apprehensam continerem eo firmius quo michi vita charior/ sum balista in priori parte capitis lesus et rursuse semimortuus factus/ me ignorante loris quoque ligatus postea dum ad fastigium montis vinctus subducerer/ auditis minis cum michi alligationem ad arborem et ibidem mortem minabantur/ incussus est michi tristissimus metus et dolor cruentissimus mors michi tunc felicior vita fuisset/ Ideoque deum omnium adiutorem in sanctis Petro et Paulo apostolis invocavi votumque feci/ quod si eorum ope ab illatis angustiis eximerer et irrogatis infirmitatibus restituerer commoditate data me ipsum velle eis sacrificium offerre in urbe Romana⟨.⟩ Quo facto sicut omnes de vita mea desperabant/ ita/ de repentina et bona valitudine mirabantur⟨.⟩ Qua propter oblata est causa invocandi deum in tribulationibus promittendique votum quod complere obligor et protelare ulterius absque dispendio anime mee Cum sciam me commoditatem habere non audeo⟨.⟩

‖ [2v] V'estras' D'ominationes' ideo suppliciter queso et obsecro/ quatenus tribulationum angustiarum infortunii et calamitatis misereri/ atque effectum satisfaciendi deo optimo maximo et suis apostolis/ votumque/ promovere coadiuvare et non impedire velitis michique favorem abeundi et redeundi dare nec non literas de et super huiusmodi favore dato/ oportunas et michi necessarias concedere dignemini Pro qua humanitate Deum eternum pro retributione tanti beneficii adorabo et omni evo obsecutor diligentissimus et paratissimus ./.

Pfalzgraf Wolfgang bei Rhein, Rektor der Universität Wittenberg, an Kurfürst Friedrich III. von Sachsen (1515, 12. Juni)

‖ [7v] DEm hochgebornen Fursten/ Herren Fridrichen/
hertzogen zu Sachssen
/ Des Heiligen Romischen
Reichs Ertzmarschalck und Churfursten/ Lanth-
graven/ in Duringen und Marggraven zcu
Meyßen/ unserm Frunthlichen lieben herren
und vetter/

‖ [7r] Unßer dinst und was wir frunthschafft liebs und gut vormugen/ alzceit zcuvor Hochgebornner furst frunthlicher lieber herre und vetter/ Die weil wir3 jungst als eyn Rector E'wer' L'ieb' universitet alhy zu Wittenberg/ von der selben universitet erwelet/ und die Rectorei auff E'wer' L'ieb' wolgefallen angenummen/ Hat itzo von uns als Rector/ Doctor Andreas Carolstadt der heiligen schrifft lerer begert und gebeten/ Ime die universitet/ seyns antragens halben ßo ehr vor uns und Inen (als ehr sagt) zuthun hette/ zuvorsammellen/ das wir gethan/ Dar auff den gnanter doctor Carolstadt am nechsten Sonnabent erschynnen/ und erstlich eyn muntlich ertzelen gethan/ Darnach auch auff beger der herren von der universitet seynen gescheenen muntlichen/ antrag/ schrifftlich eyngelegt/ lauts hirinne vorwarter copei4/ Derhalb ehr dan auff furder begern/ den herren der universitet entwichen/ haben itzt gedachte vorsammelthe von der universitet sich unterredt/ und im Rath bfunden/ sulch seyn schrifftlich gesynnen an E'wer' L'ieb'/ als der universitet Stiffter Patron und zu iren Interesse sampt Ingelegter Copien gereichen zulasßenf/ E'wer' L'ieb' rath und was sie vor gut hirinnen ansehen zu biten und vornehmen/ Ire der universitet aber gutduncken ist geweßen auff e'wer' l'ieb' vorbesserung wo es war were/ wie gnanther doctor schreibt/ das ehr vor funff jharen in angsthe und geverlikeiten seyner veinde/ hende gefallen/ Darunder ehr eyn Romfarth dem almechtigen got und seynen heiligen Apostelln globt und die bisanher vortzogen und nicht geleistet hette/ Szo mochte ehr an sulcher seyner walfart fuglich nicht wol auffgehalten werden/ Doch mit dem anhang/ das ehr dieg auffs lengste in vier monden von seynem auszcoge alhye vorbrechte/ Darinnen sich auch wyder anheym zu der Residentz der Prebende5 und des Personats6/ als ehr innenhelt und die frucht dovon enpfecht fugetthe. Und wo das nicht geschege/ das als dan E'wer' L'ieb' und ire universitet zcu der Prebende und dem Personat/ als do durch vorledigt eynen anderen tuglichen vorordenen welthen/ des ehr mit E'wer' L'ieb' schrifft solt vorsichert seyn/ Do mit der beider geistlichen lehen burden und onera im stifft und der universitet vorsorget und derhalb keyn vacantz wurden weder im stifft noch in der universitet zu eyner besorglichen eynfurung. Das im aber gestatt solt werden anderß wo dan alhy zu studiren bedunckt inen nicht thunlichen zu seyn/ noch dem ehr gereith in den freien kunsten und der heiligen schrifft doctor ist und seyn enthschafft darinnen erlanget/ in wertlichen rechten auch offentlich lectiones zu horen im durchs geistlich recht vorbothen/ und andere den selben stud⟨ie⟩n ⟨u⟩nd in ⟨a⟩llenh faculteten/ noch/ hie her zcihen/ do zu ehr dan von E'wer' l'ieb' begnat und belehnt ist ⟨w⟩urdeni/ auch das ehr derhalb E'wer' l'ieb' gleublich must globen und an eides stadt zusagen unte⟨r⟩j sulcher pilgremschafft nichts annzubrengen/ noch zuerberben/ das e'wer' l'ieb' universitet und stiffts statuten zu nachteil gereichen moecht und was hirinne E'wer' l'ieb' Ernnstlich und beslieslich meynung sey uns an stadt irer universitet/ in schrifften zuvormelden/ Die selbigen E'wer' l'ieb' schrifft und enthlich meynung wolten wir sampt der Universitet vorgeschribnen Doctori/ furhalthen/ sich dar nach zurichten wissen/ biten hirauff eyn frunthlich anthwort/ die wir auff E'wer' l'ieb' vorbesserung wollen gestalt haben Datum Wittenberg/ unter unßers Rectorats Insigel Dinstag nach Corporis Christi Anno domini etc. xv

Wolffgang von gottes gnaden Pfaltzgrave By Rheyn
hertzog in Beyern etc. Der universitet zu Wittenberg Rector

Kurfürst Friedrich III. von Sachsen an Rektor Pfalzgraf Wolfgang bei Rhein (1515, 13. Juni)

‖ [10r] Unsern fr'eundlichen' dinst und was wir liebs und
guts vermogen alletzeit zuvor hochge
bornner furst lieberk ohemk vetter.

Wir haben E'uer' l'ieb' schreiben.l doctor kl den Wirdigen und hochgelart'en' unsern lieben Andechtig'en' doctor Andresen Karlstat belangend alles Inhalts vernomenn/ Und wie wol wir was sich villeicht in disen sachen geburen wil nit genugsam vernemen so woltenn wir doch gernn daß die personen so zu der kirchenm und universitetn verordentn overpflicht und verordento Residirt'en' und der mit vleis außwartt'en'⟨.⟩ Weyl dann daß bedencken. so E'uer' L'ieb' uns in disem falh zugeschriben durch pE'uer' l'ieb' undp gemeyne universitet fur billich geacht und angesehen wurd So lassen wir es auch dabey.dazrq sdan wir acht'en' solchs werd dermasen bedacht sein daß es nit beswerung auf ime habes⟨.⟩ daß wolten wir E'uer' l'ieb' nit verhalten der wir fr'eundlichen' dinst zuertzeig'en' geneigt sein⟨.⟩ datum zu Torg'aw' am Mitwoch nach des heilig'en' fron leichnams tag Anno domini 1515


tvon gots gnaden frid'rich't


uHertzog Wolfgang
von Beiernn
u


a–a vom Editor verbessert für: obrem
b am Rand hinzugefügt
c im e verbessert
d–d am Rand hinzugefügt
e Schluss-s teilweise durch Tintenfleck überdeckt
f Korrektur zwischen u und l
g über der Zeile hinzugefügt
h im Bereich stud⟨ie⟩n ⟨u⟩nd in ⟨a⟩llen Löcher im Papier
i Loch im Papier
j Loch im Papier
k danach gestrichen: ohem
l danach gestrichen: doctor k
m verordent über der Zeile hinzugefügt und wieder gestrichen.
n danach gestrichen: verordent
o–o über der Zeile hinzugefügt
p–p über der Zeile hinzugefügt
q am Rand hinzugefügt
r gestrichen: daz
s–s am Rand verbessert für: und wissen dawider nit zu Raten/ doch daz doctor Karlhstat gerawme zeit zu der walfart geben werd/ darinnen er die wol außrichten moge und ob ime ein Eehaft anfiele/ daz es ime ungeferlich stunde wie dan solchs von Euer lieb und den andern der universitet fur billich ermessen wurdt
t–t am Rand hinzugefügt
u–u am Rand hinzugefügt

1 24. April 1511. Nach römischer Zählung fällt das Ereignis in das Jahr 1511.
2 Eussenheim, 6 km nordöstlich von Karlstadt an der Straße von Hammelburg nach Karlstadt gelegen.
3 Pfalzgraf Wolfgang bei Rhein (1494–1558), Bruder des Kurfürsten Ludwig V. von der Pfalz (Kurfürst 1508–1544), immatrikuliert in Wittenberg am 14. März 1515, zusammen mit seinem Lehrer Jakob Simler, Magister der Universität Heidelberg. Wolfgang war damals bereits Inhaber von vier Kanonikaten, u. a. am Domstift in Würzburg (AAV 1, 53a). Im Sommersemester 1515 war Wolfgang Rektor der Universität (AAV 1, 56). Er und Simler empfingen 1518 den nach Heidelberg gereisten Luther (WA.B 1, 173,12–22).
4 Die dem vorliegenden Brief beigelegte Abschrift von Karlstadts Urlaubsgesuch.
5 Die dem Archidiakonat inkorporierte Pfarrei Orlamünde, aus der der Archidiakon seine festen Einkünfte bezog.
6 Das Kanonikat des Archidiakons.