[Inhaltsverzeichnis]
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Vor dem Titel: Vorderseite des Schilds der Fruchtbringenden Gesellschaft (um
1650). Stiftung Weimarer Klassik und Kunstsammlungen/ HAAB Weimar.
Beschreibung in DA Köthen I. 1, S. 77–80, vgl. DA Köthen I. 2, S. 85.
S. 138. Gesellschaftspfennig Fürst Augusts von Anhalt-Plötzkau. Zu 300209.
F. August von Anhalt-Plötzkau (1575–1653) wurde 1621 als ,Der Sieghafte‘
und 46. Gesellschaftsmitglied in die Fruchtbringende Gesellschaft aufgenom-
men.
Der Satzung der Fruchtbringenden Gesellschaft zufolge, wie sie im Kur-
tzen
Bericht der Fruchtbringenden Gesellschafft Zweck und Vorhaben (erstmals
Köthen 1622; vgl. DA Köthen II. 1, S. [7]–[10]) festgelegt wurde, sollte jedes
Mitglied eine Gesellschaftsmedaille, die der Fruchtbringenden Gesellschaft „in
Golt geschmeltztes Gemählde/ Nahmen und Wort auff der einē wie auch sein
selbst eigenes/ auff der ander seiten“ zeigt, „an einem sittich grünen seiden
Band tragen“.
F. Augusts Gesellschaftspfennig hatte sich bis um 1918 im Herzoglichen
Münzkabinett zu Dessau, und zwar im Gotischen Haus im Wörlitzer Schloß-
park
erhalten. Seitdem ist er ebenso verschollen wie alle anderen bezeugten Ge-
sellschaftsmedaillen
aus der Zeit F. Ludwigs. Er ist auch nicht im Auktionskata-
log
der Firma Cahn erwähnt, die 1931 ca. 15000 Gepräge des nach 1918 im her-
zoglichen
Besitz verbliebenen Dessauer Münzkabinetts versteigerte. Annähernd
genaue, jedoch in Details abweichende Beschreibungen der Medaille stammen
von P. Joseph, V. v. Röder und J. Mann. Wir folgen in der Beschreibung den
Abbildungen bei Joseph und Röder, jedoch in der Bezeichnung der Inschriften-
punkte
dem hierin wohl genaueren Text Manns. Er gibt wie Röder das Dessau-
er
Münzkabinett (Nr. 534) deutlich als Aufbewahrungsort des Exemplars an:
Ovaler Gesellschaftspfennig, Gold, farbig emailliert, mit Öse und Ring, 48,5 X
37 mm (Mann: 49 ( 36 mm). Avers: Schriftband oben: ·ALLES·ZV·NVT-
ZEN·;
Schriftband unten: ·DIE·FRVCHT·BRINGENDE·GESELSCHAFT·.
Vordergrund: eine Kokospalme, Hintergrund: rechts davon vier, links davon
drei Kokospalmen. Seitlich von diesen je ein hoher Berg mit Gebäuden, in der || [
97]
Luft Wolken. — Revers: Schriftband oben: ·ZV·SEINNER·ZEIT·. Schriftband
unten: ·DER·SIEGHAFFTE·. Vordergrund: blühender „Allermann Harnisch“.
D. i. wohl Gladiolus palustris Gaud., Sumpfsiegwurz, Allermannsharnisch; vgl.
dazu F. Augusts Imprese (mit seitenverdrehter Darstellung derselben Pflanze
und abweichendem Hintergrund) im GB Kö. (Conermann I, Nr. 46) und deren
Erklärung in Conermann III, 49f. Hintergrund: Landschaft mit Gebäuden, zwei
Jägern, einem springenden Hund und einem rückwärts blickenden fliehenden
Hirsch, rechts Schloß Plötzkau (Joseph, Röder u. Mann), links Berg mit eini-
gen
Gebäuden. Wolkenhimmel. In der Schreibweise des Textes etwas abwei-
chend
und in der Darstellung vereinfachend die Abbildungen und Beschreibun-
gen
in Beckmann IV, 570 und T. VII, Nr. 10 (Abb.). Beckmanns Abbildung lag
auch der Zeichnung in Barthold zugrunde. — Wir reproduzieren hier das klare
Kupfer bei Beckmann, da die Fotos Josephs, Röders und Manns sich leider
schlecht für eine Wiedergabe eignen. — Erhalten ist ein merkwürdiger Phönix-
Dukat F. Augusts. S. unten Abb. zu S. 342.
Lit.: Beckmann IV, 570 u. T. VII, Nr. 10; Barthold, vor dem Titel (Abb.); V. v. Röder: 2
Ovalpfennige (Medaillons) der fruchtbringenden Gesellschaft im herzogl. Münzkabinett
zu Dessau. In: Blätter für Münzfreunde 34 (1899), Nr. 1, S. 3f. u. T. 133; Paul Joseph:
Die Schaumünzen der „Fruchtbringenden Gesellschaft“. In: Frankfurter Münzblätter 1
(Frankfurt a. M. 1899), H. 1, S. 2–33, Fig. 1 (Abb.) u. S. 3f. (Beschreibung); J. Mann:
Anhaltische Münzen und Medaillen vom Ende des XV. Jahrhunderts bis 1906. Hanno-
ver
1907, 112 u. R. XXXIII, Nr. 460; (Firma) Adolph E. Cahn. Frankfurt a. M.: Verstei-
gerungsskatalog
Nr. 72. Teil III des herzoglich-anhaltischen Münzkabinetts und aus an-
derem
Besitz. Münzen und Medaillen des Römisch-deutschen Reiches und seiner Länder
... (1931); DA Köthen I. 2, S. 7 und Nr. 270306 K 4.
S. 147. Wilhelm von Kalcheim gen. Lohausen: C. CRISP. SAL. Von Catilinischer
rottierung vnd Jugurthischem Krieg verteutscht (Bremen 1629), Kupfertitel. Zu
300216.
Zeichner unbekannt.
Stecher: gez. „G. Muntinck sculp.“, d. i. Gerrit Muntinck/ Munting.
Kupferstich: 17,4 ( 12,9 cm (Plattengröße).
In: [Kupfertitel:] C. CRISP. SAL. | Von Catilinischer | rottierung vnd Jugurthi- |
schem Krieg verteutscht: | Samt | Etlichen Anmerckungen | Vnd | Angehengten
Kriegs Discour- | sen | Durch | Wilhelm von Cal- | chūm gñt Lohausē, | Obristen
| Bremen im iahr | 1629. [Kolophon, Bl. (Eeee 4)r:] Gedrucket zu Bremen | Bei
Berthold de Villiers, im Jahr | M DC XXIX. (HAB 162.1 Hist.). — Kein Exem-
plar
mit zusätzlichem Drucktitel ermittelt.
Gerrit Muntinck, der Stecher des Kupfertitels, stammte wohl aus Groningen
und war vielleicht verwandt mit dem Groninger Goldschmied und Ornament-
stecher
Adriaen Muntinck, welcher Folgen von Randornamenten und Friesen
herausgab. 1604 trat ein Hinrich Muntinck als Zeichner hervor. Auch ist Ver-
wandtschaft
mit dem Botaniker und Arzt Henricus Munting (1583–1658) denk-
bar
(NNWB VI, 1044f.). Gerrit Muntinck war im 2. Jahrzehnt des 17. Jahrhun- || [
98]
derts in Groningen tätig, 1628/1647 in Bremen, 1660 in London. Thieme/
Becker XXV, 278 erwähnt nur zwei Professorenporträts Gerrits aus dessen
Groninger Zeit.
Der Drucker Berthold de Villiers (1588–1663), Bremer Buchdrucker 1626
bis 1663, war der Sohn des aus Hanau übergesiedelten Thomas de Villiers
(†1622/23), des Bremer Gymnasialbuchdruckers von 1614 bis 1623. Berthold
setzte als Buchdrucker des Gymnasiums das Geschäft seines Vaters fort.
Es handelt sich um das einzige uns bekannte Porträt des Wilhelm von Kal-
cheim
gen. Lohausen (1584–1640; FG 172; 1629. Der Feste). Es zeigt Lohausen
in zeitgenössischer Tracht mit Wams und mit jenem Holzbein, das er infolge
seiner vor Jülich 1610 erlittenen Schußverletzung trug. Zum Zeichen seiner Ge-
fangenschaft
bei den Kaiserlichen in Bockenem nach der Schlacht bei Lutter am
Barenberg 1626 ist der Holzstumpf mit einer Eisenkette an Mauerwerk befe-
stigt.
Ihm zugewendet auf der rechten Seite eine antik gewandete Gestalt — Sal-
lust
— mit einem aufgeschlagenen Buch in der Linken, das den Schriftzug
„BELL. IVG.“ (Bellum Jugurthinum) zeigt. Sallust reicht Lohausen sein Buch
und den Zipfel seiner Toga; Lohausen aber, in der rechten Hand eine Schreib-
feder,
wehrt das fremde Kleid ab. Diese Geste erfährt ihre Erklärung in seiner
Vorrede an den Leser (Bl. *2r–**1r), welche die muttersprachliche Überset-
zung
mit der biederen deutschen Tracht vergleicht (s. 300216 K 0). — Oben
eine Erdkugel mit darunter gekreuztem Regimentsstab und Schwert; auf einem
aufgeschlagenen Buch mit der Inschrift „HIS ORBIS NITITVR“; d. i. Durch
diese wird die Welt geführt. Unten, auf den die beiden Autoren tragenden Po-
stamenten,
zwei Sinnbilder: 1. Hand mit lorbeergeschmücktem Schwert; 2.
Schlange mit Taube (?) und Baum. Im emblematischen Gebrauch steht das erste
Symbol etwa für „Omnis Victoria a Domino“ (Jeder Sieg kommt von Gott),
ebenso für „Pacisque Bonus Bellique Minister“ (Ein guter Diener in Krieg und
Frieden). S. Emblemata, 1501f. Das zweite Emblem, nicht a. a. O. aufgeführt,
könnte auf durch Friedfertigkeit gebändigte Angriffslust/ Intrige u. ä. hindeu-
ten
(vgl. a. a. O., 649). Vgl. aber auch Mt. 10, 16: „[...] seid klug wie / wie die
Schlangen/ vnd ohn falsch/ wie die Tauben.“
Lit.: Conermann III, 173f. (mit Lit.); Thieme/ Becker XXV, 278; Benzing: Buchdrucker2,
64.
S. 181–186 u. 235. Impresen für das geplante Gesellschaftsbuch der Tugendlichen
Gesellschaft. Zu 300320 und 300426.
Zeichner/ Maler: Die erhaltenen Impresenzeichnungen sind z. T. mit der Feder
gezeichnet, z. T. laviert, z. T. farbig aquarelliert. Die Zeichner — es lassen sich
mindestens zwei Künstler unterscheiden — sind unbekannt, ebenso der Zeit-
punkt
der Erstellung der Zeichnungen/ Gemälde. Es ist nicht auszuschließen,
daß auch Gfn. Anna Sophia v. Schwarzburg-Rudolstadt (TG 1) Impresen(ent-
würfe) gezeichnet hat. || [
99]
Die „Tugendliche Gesellschaft“ (TG) wurde am 5. September 1619 auf dem
gräflichen Schloß zu Rudolstadt im Beisein F. Ludwigs gegründet. Die neun
Gründerinnen, angeführt von dessen Schwester, Gfn. Anna Sophia v. Schwarz-
burg-
Rudolstadt (1584–1652), und seiner Gemahlin Amoena Amalia (1586–
1625), gehörten nach Abstammung oder Heirat sämtlich den Häusern Anhalt
oder Schwarzburg an. Die Gesellschaft, die mit dem Tod Anna Sophias er-
losch,
erreichte 1632 ihren numerus clausus von 73 Mitgliedern. Fortan wurden
neue Mitglieder nur an Stelle verstorbener Altmitglieder kooptiert. Bis zur letz-
ten
datierbaren Aufnahme im Jahr 1643 traten insgesamt 103 Damen des
reichsfreien Adels der Gesellschaft bei.
Wie 300320 zeigt, plante Anna Sophia eine Veröffentlichung des Gesell-
schaftsbuches
der TG im Druck, zu dem es allerdings nicht gekommen ist. In
enger Analogie zu den Gesellschaftsbüchern der Fruchtbringenden Gesell-
schaft,
vor allem des GB 1629/30 mit den Kupferstichen der Impresengemälde
aus der Merian-Werkstatt, wollte Anna Sophia ein Gesellschaftsbuch der TG
schaffen, das in seiner Ausgestaltung das Vorbild der Fruchtbringenden Gesell-
schaft
noch übertraf. Dies zeigen die in der FB Gotha erhaltenen handschriftli-
chen
Fassungen des Gesellschaftsbuchs der TG und weiteres dazu gesammeltes
Material (vgl. 300320 II Q, K 3 u. K IV 1). Demnach besteht eine Imprese der
TG aus der (allegorischen) Darstellung einer Tugend, welche auch durch den
Gesellschaftsnamen und das Gesellschaftswort angezeigt wird. Die Imprese er-
gänzen
jeweils vier Gedichte, die die betreffende Tugend auslegen und erläu-
tern.
Diese Gedichte werden 1. der Saale, 2. dem Mitglied und 3. seiner Tugend
in den Mund gelegt; das 4. Gedicht verarbeitet ein biblisches Exempel. Eine
Prosa-„Erwägung“ zu der jeweiligen Tugend sollte den Abschluß bilden, ist
aber nur relativ selten von Gfn. Anna Sophia ausgeführt worden. Derselbe Auf-
bau
tritt uns auch eingangs des GB bei der die Tugendliche Gesellschaft insge-
samt
repräsentierenden Imprese entgegen.
S. 181 und 182. 1. a–b. Allegorien der Saale für das Gesellschaftsbuch der TG
FB Gotha: Chart. B 831ba (2), Bl. 7r und 56r; 7v und 56v leer.
Maße der Blätter: ca. 20 x 16 cm.
Die beiden unterschiedlichen Künstler sind unbekannt. Ob Anna Sophia
selbst zeichnete und somit zur Illustrierung ihrer Gedichte im Gesellschafts-
buch
der TG beitrug, sei zur Erwägung gestellt.
Es handelt sich um zwei vollständig ausgeführte, lavierte Federzeichnun-
gen
der „Sala“ (Göttin des Flusses Saale, an der die Residenz Anna Sophias
lag). Ein Rollengedicht der ,Sala‘ eröffnet grundsätzlich die Impresentexte
zur TG selbst und zu den einzelnen Mitgliedern (vgl. zum Aufbau der Im-
presen
oben und 300320 K II 1). Den Beginn („Eingang“) und den „Be-
schluß“
des GB bilden ebenfalls jeweils ein Gedicht „Zu den reimen der Sale“
(vgl. 300320 II und K IV 1).
|| [
100]
Die beiden erhaltenen Illustrationen der ,Sala‘ wurden dem übrigen Inhalt
dieser GB-Fassung offenbar später beigefügt. Sie weisen nämlich nicht wie
diese eine ältere (ursprüngliche?) Paginierung auf. Die der Pictura beigefüg-
ten
Texte klären aber hinlänglich über die vorgesehene Position dieser Alle-
gorie
im GB auf: nach den Impresen auf die ersten neun, d. h. die Grün-
dungsmitglieder
und vor Mitglied Nr. 10: Die Liebende:
[7r] Text auf einer in die Pictura hineinragenden Tafel:
—Hier helt die Sala still/ und wendet ihr Gesicht
—gantz starrend über sich zum claren Sonnenlicht
Und sihe/ wie ihr Geist so plötzlich wird entzündt
von fewriger Begier! die hohen Sinnen sindt
—vertieffet in der Lust/ Sie fänget an zubrennen/
—und auff Propheten arth/ die Heldinnen zunennen/
Die werden sollen noch des Ordens Eigenthum/
durch Rühmens werde That/ und Thaten werden Ruhm.
Text unter der Pictura, umrahmt von einer Kartusche:
So fänget Sie erst an/ die Liebende zunennen/
weil durch Ihr reine Flamm Sie leichtlich zuerkennen/
daß alle folgende Gesellin dadurch Sich
verbinden müßen recht/ und knüpfen festiglich.
(Chart. B 831ba [2], Bl. 56r mit gleichem Text, aber Abweichungen in Or-
thographie
und Zeichensetzung, die hier übergangen werden.)
S. 183. 2. Die Imprese der Liebenden für das Gesellschaftsbuch der TG
FB Gotha: Chart. B 831ba (2), Bl. 57r, 57v leer.
Künstler unbekannt. Maße des Blattes: ca. 20 x 16 cm
Die Federzeichnung ist mit In- und Subscriptio — „Die Liebende — In
reiner Flam“ — vollständig ausgeführt und zeigt die klassische Allegorie des
brennenden Herzens. Neben der Pictura die Mitgliedsnummer „10.“, unter
der Pictura, in einem einfachen Rahmen abgesetzt, der Personenname: Gfn.
Catharina Maria v. Schwarzburg-Rudolstadt (1585–1650), Schwägerin Gfn.
Anna Sophias, und der Vermerk ihrer Aufnahme am 13. Dezember 1619.
Dazu die Impresenbeschreibung in der Mitgliederliste in Chart. B 831b
(1), 3r: „10. Die Liebende Jn Reiner Flamme, hat ein herz auf grüner wiesen
stehende, welches von den heißen stralen der Sonnen angezündet, ist, Exem-
pel:
von der Maria, welche den herren die Fueße gesalbet hat, Luc. 7. v. 47.“
(Textgleiche Fassung in Chart. B 831b [2], Bl. 3r u. Dix, 53). Abweichend in
der Kopfzeile, sonst textgleich Chart. B 831b, Bl. 48v: „10. Jn Reiner flamme
(Liebende)“ (textgleich a. a. O., Bl. 52r). Abweichender Text in Chart. B
831b [2], Bl. 32r: „Die Liebende — in reiner Flamme | hat zum gemählte ein
brennendes hertze, welches auff einem grünen wiesen hügelein frey steht, || [
101]
und von der Sonnen angezündt. (NB. hierbey kan die Sale in Nimfen habito
wie sie am flusse sitzt, und über sich in bemeldte Sonne sieht, auch den
mund, als ob sie schrie, offen und die finger, als wann sie etwas zeigete, auß-
gestreckt
helt, von fernen gestochen werden). Zum Beyspiele Marien. Luc. 7.
v. 47.“ (Textgleich a. a. O., Bl. 39v, dort aber: „[...] Zum Beyspiel Marien
Magdal. Luc. 7. v. 47.“).
S. 184 und 185. 3a–b. Entwürfe der Imprese der Gastfreien für das Gesellschafts-
buch der TG
FB Gotha: Chart. B 831ba (2), Bl. 8r und 9r, 8v und 9v leer.
Maße der Blätter: ca. 20 x 16 cm.
Die beiden Künstler — vermutlich dieselben, die auch die Allegorien der
,Sala‘ schufen (s. o.) — sind unbekannt.
Die lavierten Federzeichnungen sind nicht vollständig ausgeführt: Mit-
gliedsnummer,
In- und Subscriptio fehlen, ebenso sind die jeweiligen, von ei-
ner
Kartusche umrahmten Felder für den Personennamen frei geblieben. Der
Bezug der Pictura auf die Gastfreie, d. i. Fn. Dorothea v. Anhalt-Dessau
(1581–1631; TG 24, aufgenommen am 12. [oder 16.] 3. 1623), ergibt sich
aus der dargestellten biblischen Geschichte 1. Mose 18, v. 2: Abraham kniet
vor drei Männern, die durch Sterne und Hörner als Boten Gottes gekenn-
zeichnet
sind (und die Abraham freigebig bewirten wird).
Die Mitgliederliste in FB Gotha: Chart. B 831b (1), Bl. 4v teilt zu der Im-
prese
mit: „24. Die Gastfreye, gegen die Frembden, Hat die Historj von Ab-
raham,
wie Er die drey Männer mit großer ehrerbietung bittet, Sie wollen
bey ihm einkehren, Ex. an der Sunamittin, welche Elisam den Propheten
aufgenommen 2. Reg. 4. v. 8.“ (Textgleiche Fassung in Chart. B 831b [2], Bl.
5r, allerdings am Ende „aufnahm“ statt aufgenommen; verkürzt in Dix, 55).
Abweichend in der Kopfzeile, sonst textgleich Chart. B 831b, Bl. 49v: „24.
Gegen die Frembden; (Gastfrey)“ (textgleich a. a. O., Bl. 53r). Abweichen-
der
Text in Chart. B 831b [2], Bl. 33r: „Die Gastfreye — gegen Frembde |
hat zum gemählte den alten Abraham, wie er im Mittage der hl. Dreyfaltig-
keit
auß seiner hütten entgegen läufft und sich bücket. Gen. 18. v. 2. Zum
beyspiele die Sunnemitin 2. Reg. 4. v. 8.“ (Textgleich a. a. O., Bl. 41v). Diese
Version zeigt, daß Gfn. Anna Sophia die in der Lutherbibel (1545) vorge-
nommene
Deutung der drei Männer auf die Dreieinigkeit als allgemeines
protestantisches Deutungsgut bekannt gewesen ist.
In den Texten „Von der Gastfreyen“, nämlich im ersten Gedicht (dem der
Saale), heißt es:
[...]
Jn dem Ir Gastfrey uns vor augen wiedrüm stellt
den alten Abraham, wie er auß seiner hütten
So bald er nur erblickt drey Männer kümmt geschritten
Jna eil, und bücket sich. So würd er laßen auch
|| [
102]
Den zwar landüblichen, doch schändlichen gebrauch
Der Gastverweigerung: und bald nach Ewrer Lehre
Wilfärig gegen Fremd’ erzeigen müglich’ ehre,
Mit dem, was dann vermag sein nie-versagtes Haus.
So wird ein kluger mensch, und freyer Gastwirt drauß. [...]
(FB Gotha: Chart. B 831b, Bl. 121r. Die in der Handschrift angebrachten
Verweisziffern auf die folgende „Auslegung“ wurden hier weggelassen. Vgl.
Parallelüberlieferung in Chart. B. 831ba [1], S. 209 [zit. X], und Chart. B
831ba [2], Bl. 126r [zit. Y]. a Textliche Abweichung in X: Jn eil und bücket
sich. So wird es laßen auch | Die Lands gewohnheit auch die böß arth vnd
gebrauch — Y: [...] Jn eil, vnd bücket sich! So würd es laßen auch | Die
Landtsgewonheit auch die böß arth vnd gebrauch | [...]“. (Rein orthographi-
sche
Differenzen in den drei Textfassungen werden hier nicht ausgewiesen.)
S. 186. 4. Die Imprese der Gottseligen für das Gesellschaftsbuch der TG
FB Gotha: Chart. B 831ba (2), Bl. 145r, 145v leer.
Der Künstler der sehr unbeholfenen, lavierten Federzeichnung ist unbe-
kannt.
Maße des Blattes: ca. 20 x 16 cm.
Die Federzeichnung ist mit In- und Subscriptio — „Die Gottsehlige —
Vor allen Dingen“ — vollständig ausgeführt und zeigt eine sich dem vom
Himmel einstrahlenden Licht zuwendende, betende Gestalt. Neben der Pic-
tura
die Mitgliedsnummer „2[8.]“, deren zweite Ziffer dem Zerbröseln des
Blattrandes zum Opfer fiel. Unter der Pictura, von einer Schmuck-Kartu-
sche
umrahmt, der Personenname: Hzn. Dorothea Sophia v. Sachsen-Alten-
burg
(1587–1645) und der Vermerk der Aufnahme am 7. März 1624.
Die Impresenbeschreibung der Mitgliederliste in Chart. B 831b (1), 5r, er-
klärt dazu: „28. Die Gottsehlige, für allen dingen, hat Daniel für einen offe-
nen Fenster nach Jerusalem, da er des tages drey mahl, auf den knien Seinen
Gott anbetet, Lobet vnd dancket Dan. 6. v. 10. Ex. an der Gottseligen Fra-
wen,
an welche Johannes an der Epistel geschrieben, 2. Joh. 1. v. 4.“ (Text-
gleiche
Fassung in Chart. B 831b [2], Bl. 5v, allerdings in Kopfzeile „Die
Gottseligkeit, für allen Dingen“; verkürzt in Dix, 53). Abweichend in der
Kopfzeile, sonst textgleich Chart. B 831b, Bl. 50r: „28 Für allen Dingen
(Gottselig)“ (textgleich a. a. O., Bl. 53r, dort aber am Schluß: „ [...] andere
Epistel geschrieben [...]“). Abweichender Text in Chart. B 831b [2], Bl. 33r:
„Die Gottselige — vor allen Dingen | hat zum gemählte den Daniel, welcher
kniend in seinem sommerhause für denen gegen auffgang der Sonnen offe-
nen
fenstern, (durch welche die Sonne früh scheint, und man Jerusalem
gleichsam von weiten sieht) die hände auffhebt, da der König mit vielen räh-
ten
hinter ihm zornig steht, als wann er ihn mit dem Zepter bedrawte. Dan.
6. v. 10. Zum beyspiele die außerwehlte, an welche Johannes seine andre Epi-
stel
geschrieben. 2. Joh. v. 4 [sic!].“ (Textgleich a. a. O., Bl. 41v, allerdings:
[...] durch welche die frühSonne scheinet [...]“).
|| [
103]
S. 235. Die Imprese der Leutseligen für das Gesellschaftsbuch der TG. Zu
300426.
FB Gotha: Chart. B 831ba (2), 178r, 178v leer.
Künstler unbekannt. Maße des Blattes: ca. 20 x 16 cm.
Die lavierte Federzeichnung ist mit In- und Subscriptio — „Die Leutselige
— Gegen Jederman“ — vollständig ausgeführt. Die Pictura zeigt Jesus inmit-
ten
einer Schar von Müttern und Kindern nach Mk. 10. 13–16; am linken
Rand, am grimmigen Blick zu erkennen, wohl einer der Apostel, die die Kin-
der
hatten abwehren wollen (vgl. 300426 K 7). Auf dieses berühmte Motiv
des Neuen Testaments beziehen sich auch die Impresentexte „Von der Leut-
seligen“,
vorab das Gedicht der „Sale“ (vgl. 300426 I). Oberhalb der Pictura
wurde die Mitgliedsnummer 36 eingetragen, unterhalb derselben, durch eine
Schmuckkartusche abgesetzt, der Personenname: Hzn. Anna Sabina v.
Württemberg-Juliusburg (1593–1659) und der Vermerk ihrer Aufnahme am
5. September 1626.
Dazu die Impresenbeschreibung in der Mitgliederliste in Chart. B 831b
(1), 6r: „36. Die Leidsehlige gegen Jedermann, hat die Historia von Christo,
Laßet die kindtlein zu mir kommen, Marc. 10. v. 13. 14. ex. an der Elisabeth,
wie Sie Mariam die Mutter Gottes empfangen Luc. 2.“ (Unwesentlich ge-
kürzte
Fassung in Chart. B 831b [2], Bl. 6vf.; verkürzt in Dix, 53). Abwei-
chend
in der Kopfzeile, sonst textgleich Chart. B 831b, Bl. 50v: „36. Gegen
Jederman (leidselig).“ (Textgleich a. a. O., Bl. 53v, jedoch: „36. Gegen Jeder-
mann; Leutselig [...]“). Abweichender Text mit neuem Exempel in Chart. B
831b [2], Bl. 34r: „Die Leutselige — ümb iederman, hat zum gemählte den
herrn Christum, wie die Kinder zu ihm theils gelauffen, theils auf stecken
geritten, theils von den Müttern getragen, kommen, so wohl Mägdlein, als
Knäblein, groß und kleine, wohlbekleidet oder nackend, welche er zu sich
nimmt, küsst, und die darzu sauer sehenden jünger (welche die Kinder
gleichsam schelten) mit der hand stillet. Marc. 10. v. 13. (NB sollen so viel
kinder, als diese herzogin hat, gemahlet werden). Zum beyspiele die Weiber
zu Bethlehem. Ruth. 4 v. 14.“ (Textgleich a. a. O., Bl. 43v).
S. 270. Johann von Mario an Friedrich von Schilling. 300921, Schlußseite mit Un-
terschrift.
S. 322. Sonett auf die Imprese der Fruchtbringenden Gesellschaft. Aus dem Gesell-
schaftsbuch von 1629/30. Zu 310000 I.
In: [Fürst Ludwig von Anhalt-Köthen:]
Der Fruchtbringenden Gesellschafft Vorhaben/ Nahmen/ Gemählde Vnd
Wörter. Nach jedweders einnahme ordentlich Jn kupffer gestochen mit Vnder-
gesetzten teutschen Reimen. (O. O. u. J. [1629/30]). Bl. [A iiij]v.
HAB: Wa 5864. = Fassung des GB 1629/30, vgl. Faksimile in Conermann I || [
104]
nach dem Druckexemplar des GB Kö. Bd. I im HM Köthen, Sign.: SB 2/1–
[1].
Vgl. DA Köthen II. 1, S. 21 (Fassung des GB 1624) und DA Köthen II. 1, S. 60
(Fassung des GB 1628). Diese Gedichte zählen nur acht Verse und wurden erst
1629 zu dem vorliegenden, die Nützlichkeit der Kokospalme inhaltsreich erläu-
ternden
Sonett umgeschrieben. Spätere Fassungen in GB 1641, GB 1641/44
und GB 1646, außerdem auf der Hinterseite des Weimarer Schilds der Frucht-
bringenden
Gesellschaft, s. oben (Vorderseite) u. DA Köthen I. 1, S. 76 (Abb.
der Rückseite; Sonett) und S. 78–80 (mit vergleichendem Textapparat der Ge-
dichtfassungen).
Zum Inhalt vgl. die folgende Imprese und die Erklärungen der
Abbildungen zu 310000 I.
S. 323. Die Imprese der Fruchtbringenden Gesellschaft aus dem Gesellschaftsbuch
von 1629/30. Zu 310000 I.
Zeichner: Vermutlich Christoph Rieck(e); Stecher: Matthäus Merian d. Ä.
(1593–1650),
gez. „M: Merian sculp:“
Kupferstich, 17,2 ( 13 cm (Plattengröße); mit der Devise („Alles Zu Nutzen.“)
und dem Namen der Akademie („Die Fruchtbringende Gesellschafft.“). Von F.
Ludwig veröffentlicht in den Gesellschaftsbüchern GB 1629, GB 1629/30 u.
GB 1646.
In: [Fürst Ludwig von Anhalt-Köthen:]
Der Fruchtbringenden Gesellschafft Vorhaben/ Nahmen/ Gemählde Vnd
Wörter. Nach jedweders einnahme ordentlich Jn kupffer gestochen mit Vnder-
gesetzten
teutschen Reimen. (O. O. u. J. [1629/30]). Nach Bl. [A iiij]v.
HAB: Wa 5864 = Fassung des GB 1629/30, vgl. Faksimile in Conermann I
nach dem Druckexemplar des GB Kö. Bd. I im HM Köthen, Sign.: SB 2/1–
[1].
Die von Merian gestochene Imprese stellt eine vereinfachte Umarbeitung der in
den beiden folgenden Abbildungen wiedergegebenen Stiche Baptista van Doe-
techums
und der Firma De Bry dar. Abgesehen von den Auslassungen fallen im
Vordergrund Hinzufügungen vieler Gegenstände auf, die zwar in Linschotens
Text zum Erweis der Nützlichkeit der Kokospalme erwähnt sind (s. d.), aber in
seiner Zeichnung bzw. in Doetechums Stich fehlen. Merkwürdig sind auch die
zwischen zwei Palmen des Mittelgrunds ausgespannten Hängematten, welche
nicht in ostindischen, sondern zuerst in westindischen Reisebeschreibungen
vorkommen. Vgl. z. B. (Gonzalo Hernandez [recte: Fernandez] de Oviedo):
[Holzschnitt-Titel]: Coronica delas Jndias. | [Wappen Ks. Karls V.] | ¶la hysto-
ria
general de | las Jndias agora nueuamente im | pressa corregida y emendada. |
1547. | [Zierst.] Y con la conquista del Peru. [Zierst.] [Kolophon: Salamanca
1547: Juan de Junta]
HAB 259.4 Hist. 4°, lb. 5, Bl. xlvij v „hamaca“ (Karibik), mit Holzschnitt. || [
105]
Exemplar HAB: Wa 5864 aus dem Besitz des anhaltischen Landrats Melchior
Andreas von Trotha († 1634; FG 156; 1628. Der Rote). Pergamentbd. mit Su-
pralibros:
„M. T. V. T. 1. 6. 3. 0“. Auf dem Titelbl. alte handschriftl. Eintra-
gung:
„Augustus Adolphus ab A[?verwischtes Wort]“. Im Druck einzelne Auf-
lösungen
der Namensinitialen unter den Reimgesetzen von zeitgenössischer
Hand (bei Mitgliedern FG 1, 2, 5, 25, 31, 51, 65, 80, 172 [„Wilhelm von Loh-
hausen.“]) und Hand des 19. Jahrhunderts (FG 19).
Der Text dieses vollständigen Exemplars wurde in Köthen, wohl auf Befehl F.
Ludwigs, handschriftlich von dem Unbekannten korrigiert, der auch den
Druck des GB Kö. berichtigte. Trothas Buch übertrifft dabei sogar das des
Erzschreins an Korrektur-Häufigkeit. — Verbesserte Druckfehler: FG 18
„1818.“, handschriftl. verschlimmbessert zu „1819.“! — FG 32: Namensinitiale
V offenbar von derselben zeitgenöss. Hand wie in GB Kö. hinzugesetzt in „C.
V. L.“ — FG 41: dito „B.“, davor auf einen anderen Buchstaben „V.“ korrigie-
rend
geschrieben. — FG 46: Reimgesetz, V. 5: von derselben zeitgenöss. Hand
wie in GB Kö. am Rande eingefügt hinter „auch“: „† hab“. — FG 49: Reimge-
setz,
V. 1: von derselben zeitgenöss. Hand wie in GB Kö. eingefügt „n“ über
„Krausemütz“; V. 4 „Dawlichkeit“ von derselben zeitgenöss. Hand wie in GB
Kö.
am Rande verbessert: „g“. — FG 60: B. hinter verb. B. hinzugesetzt, aber z.
Tl. ausgewischt. — FG 113: Reimgesetz V. 5: von derselben zeitgenöss. Hand
wie in GB Kö.: über „Fröligkeit“ 〈feuch〉, am Rande „† feuchtigkeit“. Weitere
Verbesserungen wie im GB Kö.: FG 89, 106, 108, 148, 157. — FG 150: Das
Aufnahmejahr 1628. in GB Kö. ist verbessert: „1627.“ — FG 154: Zweite Ini-
tiale
wohl in C verbessert. — FG 159: verbessert zu „O. P.“ — Fehldruck bei FG
94: Reimgesetz, V. 1: Fehlende Buchstaben „St[i]el“; „[vo]n“.
Zu den gezeichneten Gegenständen vgl. die Abbildungs- und Literaturhinweise
zum vorhergehenden Sonett, außerdem die folgenden Werke.
S. 324f. Die Kokospalme aus dem Reisebericht Jan Huygen van Linschotens. Zu
310000 I.
Zeichnerischer Entwurf von Jan Huygen van Linschoten (1562/63–1611); Ste-
cher:
Baptista van Doetechum.
Kupferstich 25,4h x 32,2b cm (Platte), gez. „IHVLinschoten“/ „Baptista à
Doetechum fecit“.
Exemplar HAB: 22.3 Geom. 2°; ohne Titelbl. Vgl. hierzu das Titelblatt [(Ara-
besken-
Rahmen nach Clemens Perret, gezeichnet v. Hans Vredeman de Vries:
Exercitatio alphabetica, 1569): ICONES, | HABITVS GESTVSQVE | IN-
DORVM
AC LVSITANORVM PER | INDIAM VIVENTIVM, TEM-
PLORVM,
AEDI- | VM, ARBORVM FRVCTVVM, HERBARVM, | ARO-
MATVM.
| MORES ITEM GEN- | tium circa sacrificia, Politiam ac rem fami-
liarem.
Enarratio Mercatu- | ræ quomodo & ubi ea exerceatur. Memorabilia ge-
sta
varia breui descrip- | tione comprehensa, & à Ioanne Hugone Linschotano
congesta. | Amstelreodami apud Cornelium Nicolai. 1604.]. T. 80 en 81. Ausga- || [
106]
be der 26 Kupfer der Leute und der 4 Stiche der Pflanzen, die Cornelis Claesz
vor 1609 separat veröffentlichte, also ohne die ausführlichen Texte, topogra-
phischen
Bilder und Karten der unten zitierten Reisebeschreibungen Linscho-
tens.
Faksimile der Tafeln des vorliegenden Werks und des Titels in: Jan Huy-
gen
van Linschoten and the Moral Map of Asia. The Plates and Text of the Iti-
nerario
and Icones, Habitvs Gestvsqve Indorum ac Lvsitanorvm per Indiam Vi-
ventivm,
with a study by Ernst van den Boogaart. Printed for presentation to
the members of The Roxburghe Club. London 1999 [Privatdruck], Fig. 8, vgl.
S. 164 u. 165. Daß dieser einzige erhaltene Titel (Boogaart: „at the atlas van
Stolk, Rotterdam“) zu dem in der HAB sonst vollständig erhaltenen Druck ge-
hört,
steht zu vermuten. Der Stecher Baptista van Doetec(h)um arbeitete mit
seinem Vater Joannes d. Ä. in Deventer und von spätestens 1589 an in Haarlem
zusammen. Baptistas Bruder Joannes d. J. war als Stecher auch an dem Linscho-
ten-
Projekt beteiligt. Baptista wirkte seit 1598 auch als Drucker in Amsterdam.
Zur Erklärung der Beischriften im Bild:
Chauderin, Kokosnuß-Pflücker. — Bayleõ, zu port. bailéu, Gerüst. — Lanha
oder Lanho, in Goa nach Linschoten die einheimische Bezeichnung der jungen,
reifenden Kokosnuß. — Arequeira, Areca catechu L., Betelnußpalme, am Bo-
den
deren Nüsse. — Peeper, Piper betle L., Betelpfeffer.
Vierspaltiger Text am Fuß des Kupferstichs:
Spalte links außen:
Nuces Indicæ, magni in India usus et questuosæ, cibum et potum homi-
nibus
suaves et navibus materiam prebent idoneam quibus eædem et
onerantur et aluntur nautæ
Indiaensche nooten ofte Palmboomen welcke in Indien veel opbren-
gen want geven soete spijs en dranck, stoff tot scheepen, sejlen
ēn̄ touwen ēn̄ daer die selffde scheepen met gelaeden ēn̄ die schip-
luÿden mede gevoet werden
Spalte links Mitte:
Ficus Indica per totum annum ferens fructus
copiosè nutrientes quotidianam mul-
torum escam
Een plante draegende het geheele Iaer vruchten,
diemen Indiaensche vÿgen noemt, seer voedende,
ēn̄ een daegelickse spijse der
Indiaenen.
Spalte rechts Mitte:
Fructuum icon quos Arrecca sive Fausel vocant, et Bettele
folia, quos pauco calcis subactos integrum diem masticant, suc-
cum deglutientes ad corporis purgationem aliasque utilitates. || [
107]
Fruÿten diemen Arrecca ofte Fausel noemt ēn̄ die blaeden Bet-
telle, welcke met wat calcks vermengt die Indianen een gant-
schen dach kauwen het sap doorswelgen om tlichaem te purge-
ren ēn̄ ander haerder crachten.
Spalte rechts außen:
Piperis frutex hæderæ non
absimilis.
Orientaelsche Peeper waßchen-
de
tmuer cruyt niet
ongelyck
80 en 8j.
Nicht abgebildeter Text unter dem Kupferstich:
HAbet India arborem multæ virtutis; multique usus, quæ palmæ quidem no-
mine
nota est, verum fructus fert prodiga naturæ liberalitate in infinitas pene
res utilitate præstantes. Hos Lusitani Coquo vocāt; & sunt Avicennæ etiam noti.
Arbor ipsa procera, ramos nullos præterquam in summitate producit. Nuces
sub folijs crescunt, ad ipsam arborem fixæ. Lignum spongiosum est & radice mi-
nuta verum firma, quod mireris, insigni altitudine, quam Canarini eximia velo-
citate superant, cum horrore spectantium, & sunt scissuræ in cortice laboratæ,
ad faciliorem ascensum. Ex Ligno autem, licet spongioso, incolæ Maldivar na-
ves conficiunt, nulla ex ferro junctura sed enim filo contexunt, quod ex nucibus
paratur. Itaque Rudentes & anchoralia ex eodem filo sunt. Velum autem ex fo-
lijs, quæ Olas vocant, & serviunt illa etiam ad tegumentum ædium Canarino-
rum, storeas Pallanquinorum, Galeros ad arcendum solem, multa æstimatione.
Quidam autem hanc arborem colunt fructuum gratia, quidam vini. Nux ipsa co-
quos ad magnitudinē Ovi Struthionis, cortice sive culleola tegitur viridi, ut no-
stræ nuces. Ex cortice, est enim pilosus, omnes Indiæ rudentes conficiuntur, ad
usum marinum, & aquam salsam amant, cælesti putredinem adsciscunt. Fructus
ad maturitatem accedentes Lanha vocantur, & intus aquam habent, quæ tempo-
ris
tractu in nucleum mutatur, vel pomum saporis gratissimi. Cortice dempto ex-
terior
tunica ad calices & cochlearia servit, commodissimo usu. Nucleus autem
famulorum cibus est, & per omnes Indiæ partes distrahitur. Oleum ex hoc fructu
etiam conficiunt, & aquam ad potum salubrem, etiam acetum, Vinum & Sacca-
rum.
Ex interiori medulla Arboris Chartam Indi habent, suntque omnes Libri
Indiæ ex hac materia, natura producente in ipsa arbore Plicas, ad distinctionem
foliorum.
Ficus Indiæ præstantissima, ad hominis magnitudinem crescit, folijs longis
ad stuporem & in varios usus commodissimis. Fructus uvarum specie in magni-
tudinem
Cucumeris multiplices, ca[u]libus adhærent Racemum duntaxat unum
quæque arbor fert, & detruncatur tum arbor, quæ continuo brevi spacio excre-
scit,
& novos fert fructus, communis Indorum cibus & sunt præstantissimæ ex || [
108]
Canonor. Racemus aliquando duorum virorum vires implet, ut & S. scriptura te-
statur.
Bettelam & Areccam Indicæ mulieres omni tempore mandunt. Bettela crescit
in formam Piperis, & Hederæ. Arecca in formam Palmæ; estque hic mos vulga-
ris
apud Indos ore terere hos fructus, ad stomachi & boni halitus gratiam, Piper
ut Hedera arbores amplectitur & ostendit præsens figura formam.
Zur Erklärung:
Canarini: Kanaresen (ind. Karnata), Völker an der Südwestküste Vorderin-
diens,
welche Kanaresisch, eine drawidische Sprache sprechen. — incolae Ma-
ledivar:
Einwohner der Malediven, Inselgruppe südwestl. von Indien. Die dort
typische Fächerpalme ist die Doppelnüsse tragende Art Lodoı̈cea Seychellarum,
Malediven- oder Seychellennuß. — Ola: Blatt der Kokospalme. — storea Pal-
lanquinorum:
Matte oder Decke der (geschlossenen) indischen Sänfte, Trag-
bett,
-sessel, T. 44 en 45, 48 en 49, 46 en 47 u. ö.; aus port. palanquim, über
verschiedene ind. Sprachen zurückführbar auf skr. paryaṅka, palyaṅka, Couch,
Bett. The Compact Edition of the Oxford English Dictionary. Vol. II (1971),
2056, erwähnt keine lat. Form. — Galerus: hier Sonnenhut. — Ovum Struthio-
nis: Straußenei. — culleola: culeola, Nußschale; Faber/ Buchner(1664), 279. —
caelestis putredo: Fäulnis durch das süße Regenwasser vom Himmel. Zur Kon-
servierung der Taue gegen solche Fäulnis vgl. die Ausführungen in dem unter
der folgenden Abbildung zit. Werk (HAB: 184 Hi. 2°, S. 29). — Lanha, vgl.
oben. — Ficus Indiae: Bananenbaum. — calibus: Druckfehler statt caulibus. —
Canonor: Cannanore, Ort (mit portug. Faktorei) an der Küste von Malabar/
Südwestindien. — S. scriptura testatur: 3 Mo. 13, 24. — Bettela: Betelpfeffer
(Piper betle L.), port. bétele, m. — Arequeira/Arecca al. Faufel, port. areca:
Die Art Areca catechu L., Betelnußpalme, trägt kleine Nüsse, welche die Einge-
borenen mit etwas Kalk in Betelpfefferblättern einrollen und als aromatisches,
erfrischendes Genußmittel kauen, welches den Wurm treibt und die Produktion
von Speichel anregt, wobei sich der Speichel rot, die Zähne schwarz und Zahn-
fleisch und Lippen braun färben.
Die Ausgabe des Werks, in dem unsere Abbildung zuerst ans Licht der
Öffent-
lichkeit trat, war ein Reisebericht Linschotens:
ITINERARIO, | Voyage ofte Schipvaert/ van Jan Huygen van Linschoten naer
Oost ofte Portugaels Jn- | dien inhoudende een corte beschryvinghe der selver
Landen ende Zee-custen/ met aen- | wysinge van alle de voornaemde principale
Havens/ Revieren/ hoecken ende plaetsen/ tot noch | toe vande Portugesen
ontdeckt ende bekent: Waer by ghevoecht zijn/ niet alleen die Conter- | feytsels
vande habyten/ drachten ende wesen/ so vande Portugesen aldaer resideren-
de/
als van- | de ingeboornen Jndianen/ ende huere Tempels/ Afgoden/ Huy-
singe/
met die voornaemste | Boomen/ Vruchten/ kruyden/ Speceryen/ ende
diergelijcke materialen/ als ooc die | manieren des selfden Volckes/ so in hun-
nen
Godts-diensten/ als in Politie | ende Huys-houdinge: maer ooc een corte
verhalinge van de Coophan- | delingen/ hoe eñ waer die ghedreven eñ ghevon- || [
109]
den worden/ | met die ghedenckweerdichste gheschiedenissen/ | voorghevallen
den tijt zijnder | residentie aldaer. | Alles beschreven ende by een vergadert,
door den selfden, seer nut, oorbaer, | ende oock vermakelijken voor alle cu-
rieuse
ende Lief- | hebbers van vreemdigheden. | [Kupferstich mit Flotte und in
den Ecken vier Ansichten ndl. Städte] |t’AMSTELREDAM. | [Linie] | By Cor-
nelis
Claesz op’t VVater, in’t Schrijfboeck, by de oude Brugghe. | Anno M. D.
XCVI.
Das Buch enthält von der Erstausgabe an medizinische Erklärungen von Berent
ten Broecke (Bernardus Paludanus) (1550–1633), Freund Linschotens und Arzt
in dessen Heimatstadt Enkhuizen. In demselben Jahre, in dem er in die Frucht-
bringende
Gesellschaft aufgenommen wurde (1651), kaufte Adam Olearius (FG
543) einen Teil der berühmten naturwissenschaftlichen und völkerkundlichen
Sammlung des Paludanus, der auch selbst zwischen 1577 und 1581 Europa und
den Vorderen Orient bereist hatte, als einen Grundstock der Kunstkammer Hz.
Friedrichs III. v. Schleswig-Holstein-Gottorf (FG 388; 1642).
Von uns verglichen wurde die undatierte Ausgabe:
ITINERARIO, | Voyage ofte Schipvaert/ van Jan | Huygen van Linschoten naer
Oost ofte Portugaels Jn- | dien/ inhoudende een corte beschrijvinghe der selver
Landen ende Zee-custen/ met aen- | wijsinge van alle de voornaemde principale
Havens/ Revieren/ hoecken ende plaetsen/ tot noch | toe vande Portugesen
ontdeckt ende bekent: Waer by ghevoecht zijn/ niet alleen die Conter- | feytsels
vande habijten/ drachten ende wesen/ so vande Portugesen aldaer resideren-
de/
als van- | de ingeboornen Jndianen/ ende heure Tempels/ Afgoden/ Huy-
singe/
met die voornaemste | Boomen/ Vruchten/ Kruyden/ Speceryen/ ende
diergelijcke materialen/ als oock die | manieren des selfden Volckes/ so in hun-
nen
Gods-diensten/ als in Politie | ende huys-houdinge: maer oock een corte
verhalinge van de Coophan- | delingen/ hoe ende waer die ghedreven ende ghe-
vonden
wor- | den/ met die ghedenckweerdichste gheschiedenis- | sen/ voor-
ghevallen
den tijt zijn- | der residentie aldaer. | Alles beschreven ende by een ver-
gadert,
door den selfden, seer nut, | oorbaer, ende oock vermakelijcken voor
alle curieuse | ende Liefhebbers van vreemdigheden. | [Kupferstich mit Flotte
und in den Ecken vier Ansichten ndl. Städte: Antwerpen, Amsterdam, Middel-
burg
u. Enkhuizen] | t’AMSTELREDAM, | [Linie] |By Cornelis Claesz op’t
VVater, int Schrijfboeck, by de oude Brugghe. — HAB: 237. 3 Hi. 2° (1).
S. 79–81: Dat 56. Capittel.
Vanden Palmboom daer die Indiaensche Noten diemen Coquos noemt, aen
wassen.
Zwischen S. 80 und 81 der Stich van Doetechums
Verglichen wurde auch die lateinische Ausgabe:
NAVIGATIO AC ITINERARIVM IOHANNIS HVGONIS LINSCOTANI
IN ORIENTALEM SIVE LVSITANORVM INDIAM. DESCRIPTIONES
EIVSDEM TERRÆ AC TRACTVVM Littoralium. Præcipuorum Portuum, || [
110]
Fluminum, Capitum ... Imagines habitus gestusq̀ue Indorum ac Lusitanorum
per Indiam viventium, Templorum, Idolorum, Ædium, Arborum, Fructuum,
Herbarum, Aromatum, &c. Mores gentium circa sacrificai, Politiam ac rem fa-
miliarē.
Mercaturæ quomodo & vbi exerceatur ... Collecta omnia ac descripta
per eundem Belgicè; Nunc vero Latinè reddita, ... [Kupferstich der vorigen
Ausgabe] HAGÆ-COMITIS Ex officinâ Alberti Henrici. Impensis Authoris &
Cornelii Nicolai, prostantq̀ue apud Ægidium Elsevirum. ANNO 1599. — HAB:
209 Hist. 2° (1). Stich zw. S. 80 en 81
Die Pflanzen Linschotens erscheinen in den verglichenen Ausgaben auf gleich-
großen
Tafeln.
Ob das Kupfer Linschotens und Doetechums oder der verkleinerte Nachstich
de Brys (s. die folgende Abbildung) die unmittelbare Vorlage für die von Mat-
thäus Merian d.
Ä. gestochene Imprese (s. die vorhergehende Abbildung) der
Fruchtbringenden Gesellschaft (GB 1629, GB 1629/30 u. GB 1646) bildete,
läßt sich nicht entscheiden. Hinzu kommt, daß eine der Quellen für die Devise
in der Imprese der Fruchtbringenden Gesellschaft („Alles Zu Nutzen“) und für
den Text des begleitenden Sonetts auf die Nützlichkeit der Kokospalme Tobias
Hübners (FG 25) Vorlage, die Sepmaine des Guillaume de Saluste sieur Du
Bartas, gewesen sein dürfte (s. 310000 I K). Salustes Quelle war aber nicht die
Abbildung oder der Text in den Linschoten-Ausgaben, -Übersetzungen oder
-Bearbeitungen, sondern vielleicht eine der von seinem Kommentator Simon
Goulart erwähnten Stellen, besonders die von Carolus Clusius bearbeitete Dar-
stellung
des Garcı́a da Orta. S. Goularts Kommentar, zit. in 310000 I K 1. Da
Hübner aber erst in den zwanziger Jahren des 17. Jahrhunderts an der Übertra-
gung
der Sepmaine arbeitete, in der die Kokospalme behandelt wird, mag das
Interesse der Fruchtbringenden Gesellschaft an diesem Baum ursprünglich
durch andere Quellen angeregt worden sein. Tatsächlich sprechen die Einlei-
tungen
zu den Gesellschaftsbüchern seit 1622 über den allernützlichsten „Jndia-
nischen
Nußbaum“ (DA Köthen II. 1, S. [9]; GB 1628 u. später „Jndianischen
Palmen oder Nußbaum“ DA Köthen II. 1, S. [60]) und berufen sich auf „die
Bäwm vñ Kräuterbücher/ sonderlich aber die OstJndianische Beschreibungen“
(GB 1622). Schon Avicenna, Albertus Magnus und der Garten der Gesunthait
des Johannes de Cuba (Ulm 1485 u. ö.) kannten die Kokospalme, und deutsche
Kräuterbücher erwähnten sie seit 1557. Vgl. Arens: Zur Rezeption, 139. Es ist
aber weder Lonicers Illustration noch die von ihm ausschließlich behandelte
medizinisch nutzbare „Krafft und Wirckung“ der Frucht, welche in der Frucht-
bringenden
Gesellschaft interessierten. Vgl. noch Kreuterbuch, Kunstliche
Conterfeytunge der Bäume/ Stauden/ Hecken/ Kräuter ... Bißhero von ...
ADAMO LONICERO ... zum öfftermal in offenen Druck verfertiget worden/
Nunmehr aber durch PETRUM UFFENBACHIUM ... verbessert (Ulm: Mat-
thäus
Wagner 1679), 150 [Nachdr. Grünwald: Konrad Kölbl 1962].
Der Text (s. Zitat der deutschen Ausgabe de Brys von 1600 in der Anmer-
kung
zur folgenden Abb.) des niederländischen Entdeckers und Reiseschrift-
stellers
Jan Huyghen van Linschoten (1563–1611), der 1583–1589 in Goa lebte || [
111]
und später noch an anderen Reisen teilnahm, zählt wie das Gesellschaftssonett
die Produkte auf, die aus der sehr nützlichen Kokospalme gewonnen werden.
Ob hier der Gesellschaftsmaler Christoph Rieck(e), wie sonst wohl auch, nach
einer allgemeinen Vorgabe des Bildinhalts (Impresenbeschreibung) durch F.
Ludwig die Darstellung der Einzelheiten nach Linschotens oder de Brys Bild
selbst in einer Visierung komponiert, aquarelliert und dann für den Stecher um-
rißhaft
gezeichnet hat (s. Conermann II, Einleitung) oder ob Merian, der in sol-
chen
Fällen von anderen Künstlern gelieferte Vorlagen in Kupfer stach bzw. in
seiner Werkstatt stechen ließ bzw. ob er hier bei einer so wichtigen Imprese, die
als einzige in dem Buch seine Stecheradresse trägt, auch selbst die Vorlage aus
einer Ausgabe der ostindischen Reisebeschreibung bezog, läßt sich nicht erwei-
sen.
Als Miterbe der Kunsthandlung Johann Theodor de Brys († 1623) könnte
Merian sowohl ein Exemplar des vierten Teils der Ostindischen Reisebeschrei-
bungen
wie auch der Vorlage (eine der ersten Linschoten-Ausgaben) zur Hand
gehabt haben. Merian hat übrigens zumindest in einem Fall eine Vorlage für
eine Imprese der Fruchtbringenden Gesellschaft geliefert (s. Conermann II,
100f. u. FG 384). Auch andere Zeichnungen Linschotens bzw. deren Stiche (vgl.
z. B. Ausg. HAB: 22.3 Geom. 2°) bildeten Vorlagen für Impresen der Gesell-
schaft:
86f.: Bambus > Johan Banér, FG 222 (Abb. GB 1646); 86f.: Wurzel-
baum,
d. i. Rhizophora mangle L. > Hz. Johann Georg I. v. Sachsen-Eisenach,
FG 424 (Federzeichnung Christoph Stegers, nicht mehr gestochen; Abb. in Co-
nermann
II). F. Ludwig oder sein Maler hatten also wenigstens im letztgenann-
ten
Fall Zugang zu der niederländischen Graphik oder einem Nachstich. Vgl.
auch möglicherweise Ananas: Linschoten, 76f. > Henrich v. Redinghoven, FG
274 (Abb. GB 1646). — Einen Nachstich der Linschoten-Tafeln mit Bambus
und Wurzelbaum z. B. in: DIARIVM NAVTICVM Itineris Batavorum in In-
diam
Orientalem (Middelburgum: Bernardus Langenesse 1598), Bl. [E 2]r
(HAB Cc 192)
Lit.: Jutta Beate Engelhard u. Burkhard Fenner: Wer hat die Kokosnuß ...?Die Kokos-
palme
— Baum der tausend Möglichkeiten. Köln 1996 (Ethnologica NF, Bd. 21), darin
bes. Detlev Arens: „Daß er in allem Frucht und Nutzen bring auf Erden“ — Zur Rezepti-
on
der Kokospalme im deutschsprachigen Raum, S. 139–147; Itinerario: voyage ofte
shipvaert van Jan Huyghen van Linschoten naer oost ofte Portugaels Indien 1579–1592,
uitg. door H. Kern. St. 1–3. 2. dr., rev. H. Terpstra. ’s-Gravenhage 1955–57 (Werken
uitg. door de Linschoten-Vereeniging, 57, 58 u. 60); Jan Huygen van Linschoten and the
Moral Map of Asia. The Plates and Text of the Itinerario and Icones, Habitvs Gestvsqve
Indorum ac Lvsitanorvm per Indiam Viventivm, with a study by Ernst van den Boogaart.
Printed for presentation to the members of The Roxburghe Club. London 1999 [Privat-
druck];
Ernst van den Boogart: Het verheven en verdorven Azië. Woord en beeld in het
Itinerario en de Icones van Jan Huygen van Linschoten. Met een vertaling van de Latijnse
teksten bij de Icones door C. L. Heesakkers. Amsterdam 2000;
Thieme-Becker IX, 378
(Doetechum). — Roelof van Gelder: Liefhebbers en geleerde luiden. Nederlandse kabi-
net
ten en hun bezoekers. In: De wereld binnen handbereik. Nederlandse kunst- en rari-
teitenverzamelingen,
1585–1735. Amsterdams Historisch Museum 1992, 259–292, hier
S. 266; ders.: Het Oost-Indisch Avontuur. Nijmegen 1997; J. van Goor: De Nederlandse
Koloniën: geschiedenis van de Nederlandse expansie, 1600–1975. Den Haag 1993; || [
112]
Wolfgang Neuber: Fremde Welt im europäischen Horizont. Zur Topik der deutschen
Amerika-Reiseberichte der Frühen Neuzeit, Berlin 1991; Charles McKew Parr: Jan van
Linschoten: The Dutch Marco Polo. New York 1964; Wim Wennekes: Gouden Handel:
de eerste Nederlanders overzee, en wat zij daar haalden. Amsterdam 1996; H. D. Sche-
pelern:
Naturalienkabinett oder Kunstkammer. Der Sammler Bernhard Paludanus und
sein Katalogmanuskript in der Königlichen Bibliothek in Kopenhagen. In: Nordelbingen
50 (1981), 157–182; Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum: Gottorf im Glanz des Ba-
rock.
Kunst und Kultur am Schleswiger Hof 1544–1713. Kataloge der Ausstellung ...
Hg. H. Spielmann u. J. Drees. 4 Bde. Schleswig 1997, I: Die Herzöge und ihre Sammlun-
gen,
533–540; II: Die Gottorfer Kunstkammer, bearb. u. komm. v. M. Bencard usw.,
13f.
S. 326. Nachstich aus Linschotens Reisebericht durch die Gebrüder De Bry. Zu
310000 I.
Kupferstich: 13,6h x 18b cm (Platte); Satzspiegel des Blatts 26h x 17,7b cm.
Stecher: (Werkstatt von) Johann Dieterich und Johan Jsrael de Bry, Frankfurt
a. M.
In: [Kupfertitel:] Vierder Theil | Der Orientalischen Jndien/ | Jn welchem erst-
lich
gehandelt wirdt/ | von allerley Thieren/ Früchten/ Obs/ vñ Bäu- | men/
Jtem von allerhand Würtz/ Specereyen vnd | Materialen/ Auch von Perlen vnd
allerley Edelgesteinen/ | so in gemeldten Jndien gefunden werden/ wo vnd wie
sie wach- | sen/ Auch wie sie daselbst geschätzet/ gekaufft/ vnd ge- | nannt
werden/ Beschrieben durch | Johan Hugen von Lintschotten/ vnd andere. |
Auch mit schönen Annotationibus gezieret | vnd erkläret durch | Bernardum Pa-
ludanum Medicinæ D. | in Enckheusen. | Zum andern/ die letzte Reise der Hol-
länder in die Ost- | Jndien/ welche außgefahren im Frühling deß 1598. Jahrs. |
vnd mit 4. Schiffen wiederumb glücklich anheim gelanget/ im Monat | Julio deß
1599. Jahrs/ Auß Niederländischer Sprach in die | Hochteutsche versetzet
durch M. G. A. V. D. | Alles mit schönen Kupfferstücken gezieret | vnd an Tag
geben durch | Johan Dieterich/ vnd Johan Jsrael de Bry/ | Gebrüder/ zu
Franckfurt am Mayn. | Getruckt Bey Wolff Richter. M. DC. — HAB: 184 Hi.
2°.
Der Übersetzer ist M. Gotthard Arthus von Danzig. Zum medizinischen Kom-
mentator
B. Paludanus vgl. die Erläuterungen zur vorigen Abbildung.
Darin Anhang, Bl. [A]r–E 4 u. 2 Bll.
[Zierleiste] | Warhafftige vnd eygentliche | Contrafaytung oder Abbildungen/ |
der Figuren dieses vierden Theils/ der Orientalischen Jn- | dien/ Darinnen alle
Frembde vnd Vnbekandte Thier/ Bäwm/ vnd Kreu- | ter/ Sampt andern Histo-
rien
mehr/ deren diese Beschrei- | bung Meldung thut/ künstlich fürgebildet |
vnd abgerissen seynd. | Alles lustig vnd zierlich in Kupffer gestochen/ | vnd an
Tag geben | Durch | Johann Dieterich/ vnd Johan Jsrael de Bry Gebrüder/ vnd |
Bürger zu Franckfurt am Mayn. | [Vignette] | Getruckt zu Franckfurt am
Mayn/ durch | Wolffgang Richter. | [Linie] | Anno M. DC. || [
113]
21 einseitig bedruckte Tafeln mit Überschrift, darunter dt. Erklärung. Seiten-
verkehrter
verkleinerter Nachstich der vorigen Abbildung. Von den Beschrif-
tungen
der Vorlage sind nur die Namen der Bäume „ficus Jndica“ und „Are-
queira“
und die Bezeichnung der Frucht „Nuces Jndicæ“ (verändert) wiederge-
geben.
Keine Stecheradresse.
Tafel XI. Fürbildung der Jndianischen Cocus vnd Feigenbaum/ sampt dem
Baum/ da der Arecca auffwächsett.
Text unter dem Kupferstich:
MJt diesem Jndianischen Palm oder Nußbaum/ treiben die Jndianer groß Ge-
werb/
dann sie geben eine süsse Speise vnd guten Getranck/ es machen auch
die Jndianer von diesem Baum jhre Kleidung/ Schiffsegel/ Seyle/ vnnd viel an-
dere
Sachen mehr/ ja sie können von diesem Baum jhre gantze Auffenthaltung
haben. Hieher ist auch gesetzt der Jndianische Feigenbaum/ welcher das gantze
Jahr vber Feigen trägt/ vnd ist ein tägliche Speise der Jndianer. Zum dritten ist
allhie auch zu sehen der Baum/ welchen man Arequeiro nennet/ an welchem
die Frucht Arecca oder Fausel wächst/ so die Jndianer mit den Blättern Bettele
vnd Kalck vermischet/ den gantzen Tag vber kewen/ wie in der Historien weit-
läufftig zu lesen.
Haupttext, S. 28–32.
(Übersetzung der ndl. Ausgabe Linschoten, o. J., 79–81 [s. o. HAB: 237.3 Hist.
2°] bzw. der lat. Navigatio 1599, 64f. [s. o. HAB: 209.4 Hist. 2°])
Das XII. Capitel.
Von dem Palmbaum an welchem die Jndianische Nüsse Coquos genant
wachsen.
Jn Goa wird sie Lanha genannt/ die Portugeser nennen diese Frucht Coquo
von wegen der drey Löcher die drinn seynd/ welche das ansehen haben/ vnd
machen/ daß die Frucht einem Meerkatzenkopff nicht vngleich seyn scheinet.
Auicenna nennet sie Iausial Indi, das ist Jndianische Nüsse. [...]
Diß ist der nützlichste Baum in gantz Jndien/ wie wir hernach die Nutzbar-
keiten/
die sie drauß haben erklären wollen/ sie wachsen meistentheils in den
Jnseln Maldiuar, vnnd vmb die Gegne[!] der Jnsel Goa, auch auff dem gantzen
Gestad von Malabar [...].
[...] sie wachsen aber nirgents als allein am Vfer deß Meers/ oder an andern
fliessenden Wassern / nemlich hart am Gestad/ vnnd an eitel sandigten Or-
tern/
dann jnnerhalb deß Landes wächßt keiner. [...] Die Canaryn [Kanare-
sisch
sprechende Karnata oder Kanaresen der südwestind. Küste] klettern vnd
steigen mit solcher Geschwindigkeit darauff/ daß es Affen scheinen zu seyn.
Sie hawen kleine Kerben in den Baum wie Trappen/ in welchen sie gar leicht-
fertig
den Baum hinauff steigen [...]. [29]
Die Pflantzung dieser Bäume geschicht auff diese Weise/ sie setzen die Co-
quos
oder Nüsse/ von denselben wachsen die Bäume/ dieselben wann sie ohn-
|| [114]
gefehr eines Mannes Länge erreichet haben/ versetzet man/ vnd dünget sie im
Winter mit Aeschē/ im Sommer aber/ begiessen sie sie mit Wasser. Sie wachsen
gerne vmb die Häuser [...].
Der Nutz den sie [die Canaryn] von diesen Bäumen haben/ ist dieser. Erst-
lich
ist das Holtz dieses Baumes zu vielen dingen nutz/ wiewol es schwämmig
ist/ vnd solches von wegen der Länge vnd Hochheit/ dann in den Jnseln von
Maldiuar [Malediven] machen sie gantze Schiffe darauß/ also daß nicht ein ei-
niger
eiserner Nagel daran kommet/ sonder das Holtz wird an einander ge-
häfftet vnd gefüget/ mit den Seylen/ die sie von den Coquos machen/ vnd alle
die andern Seyle deß Schiffs/ seynd auch von diesem Baum gemacht/ wie dann
auch die Segel/ dann dieselben machen sie von den Blättern/ welche Blätter
Olas genannt werden/ vnd auch von den Canaryn gebraucht werden/ jhre
Häuser damit zudecken/ ja man machet auch Hut darauß/ die man für den Re-
gen/
oder die Hitze der Sonnen auff dem Haupt tragen mag. Man machet auch
Matten vnd Zelten daruon/ die vber die Pallanekyn [Sänften] gedeckt werden/
in welchen man die Frawen pflegt zutragen. Nach machet man sehr köstliche
Hut daruon/ die gar rein seyn vnnd hoch gehalten werden/ dann das Stück wol
vmb 3 oder 4 Pardavven verkaufft wurd [...].
Sonst pflantzet man die Bäume vornemlich vmb zweyer vrsachen willen/
zum theil daß sie Coquos oder Fruchte bringen/ zum theil daß man Wein
drauß ziehe. [...] Es seynd aber diese Nuß bekleidet vnd vberzogen mit
zweyerley Schalen/ vnter welchen die eusserste rauch ist/ darauß sie jhre
Schiffseyl vnd andere Seyl machen/ die sie Cayro neñen/ Sie stopffen auch da-
mit
die fugen vnd Riß der Schiffe/ an statt deß Wercks oder Mosses/ vnd zwar
dieses hält die Schiff in dem gesaltznen Wasser viel dichter zusammen/ als un-
sern
Materien/ die wir brauchen/ sintemahl es im Saltzwasser erst dicker wird/
vnd also die Riß oder Löcher desto besser außfüllen kan. Von der ander Scha-
len
machet man nicht allein in Jndien Trinckgeschirr/ sondern auch bey vns/
dann der gemeine Man hält darfür/ daß solche Becher eine solche Krafft haben
wider den Schlag/ welches doch nur ein blosser Wahn oder Persuasion ist.
Die eusserste Schale gedörret vñ abgezogen/ ist Härig wie Hanff/ darauß
werden gemachet alle die Stricke vnd Seyl die in gantz Jndien gebraucht wer-
den/
so wol auff dem Lande/ als auff dem Wasser in Schiffen. Habē fast eine
Farbe wie die Seyl von Sparta in Hispanien/ sie seynd sehr gut/ aber müssen
auffgehaben vnnd verwaret werden im Saltzwasser/ dann daruon können sie
sich ein lange Zeit halten/ aber im süssen oder Regenwasser verfaulen sie bald/
dieweil sie nicht Gebichet seyn. [...] [30]
Die frucht wann sie schier reiff ist/ wird Lanho genant/ vnnd ist inwendig
voll Wasser/ welchs nachmals in ein weissen Kern verwandelt würd/ wann die
Lanho biß zur Zeitigung am Baum bleiben/ welches die Frucht oder Nuß selber
ist/ vnd hat fast einen Geschmack/ wie bey vns die Haselnüß/ jedoch etwas
süsser. Die Lanho geben einen guten Getranck von Wasser [...] wann man vber
Feldt zeucht vñ Durst vberkom̄et/ gehet man nur zu den Canaryn die in einem
Huy auff die Bäume steigē/ mit einē grossen Messer auff dem Rücken/ vñ
schneiden gleich so viel Lanhos ab/ als man begert/ bereiten sie darnach fein
|| [
115]
sauber zutrincken/ vnd verkauffen das Stück vmb einen Basarucco oder zween.
[...]
Wann die eusserste Schäle hinweg gethan wird/ ist die jnnerliche zu vielen
dingen zugebrauchen/ dann sie machen Kochlöffel drauß/ vnd stossen einen
hültzernen Stiel darein/ deßgleichen eine art kleine Krüge/ daran sie auch ei-
nen
hültzernen Stiel stecken/ das Wasser auß den grossen Gefässen oder Krü-
gen
darmit zu schöpffen. Machen auch Fläschlein daruon/ in welchen sie Wein
mit sich vber Feld nemen/ vnd deßgleichen anders mehr. Diese Schälen werden
auch gebrant/ vnnd für Kolen von den Goldschmiden gebraucht/ darzu sie
dann sehr gut seyn.
Auß dem jnnerlichen weissen Kern pressen vnnd drucken sie den Safft oder
Milch herauß/ die brauchen sie zum kochen [...] Auß dem weissen inwendigen
Kern machet man auch Oele/ dann man stösset es in Trögen wie die Oliuen/
alsdann geben sie ein gar gutes Oel/ welches gar gut zuessen/ vnd zubrennen/
auch in der Artzeney dienlich ist.
ANNOTAT. D. PALVDAN.
AVß diesen Nüssen machet man zweyerley Oele/ eins auß den Frischen/ die-
selben
stösset man vnd geußt warm Wasser drunter/ alsdann schwimmet das
Oel oben auff dem Wasser/ wann die Nüß gnug gestossen seyn. Dieses Oel
würd gebraucht den Magen vnd die Därm zupurgieren vnd zu reinigen/ dann
es purgiert gar Sanfft/ [31] vnnd gantz ohne Schaden/ etliche mengen das auß-
gedruckte
von Thamarinden darunter/ vnd machen also ein sehr heilsame Ar-
tzeney.
Das ander Oel wird gemacht auß Copra, oder den gedörreten Kernen.
Dieses/ beneben daß es auch dienlich ist den Magen zu purgieren/ ist gar gut
für das eynschrumpffen der Sennadern/ vnnd veraltes Lendenwehe. Huc vsque
D. Paludan.
DJe gedörret Früchte/ die man hin vnd wider verführet/ werden Copra genant.
Wann sie keine Coquos oder Früchte wollen haben/ schneiden sie die Blüet der
Coquos abe/ vnd binden darnach einen Krug mit einem engen Loch Callao ge-
nant/
hart daran/ an welchem sie das Loch mit Lett so hart vnnd fest ver-
schmieren
vnd zumachen/ daß kein Wind oder Athem darauß kom̄en mag/ al-
so
würd der Krug in etlich Tagen voll Wasser/ daß sie Sura nennen/ ist sehr
süß vnnd lieblich zutrincken/ wie süsse Molcken oder besser.
ANNOTAT. D. PALVDAN.
Diß Wasser getruncken ist gar gut für die Hitz der Leber vnd der Nieren/ vnd
säubert das Männliche Glied vom Eyter vnd fauler Matery. Huc vsque D. Palu-
dan.
DAsselbig Wasser eine halbe Stunde in die Soñe gestellet/ gibt gar guten Essig/
daß man in Jndien keinen bessern Essig hat oder gebrauchet/ wie ein solcher
Essig bey D. Paludano kan gefundē werden/ wañ diß Wasser
oder Sura gedi-
stillieret ist/ wird es Fula oder Nype genant/ vnd ist so ein herrlicher Brante-
wein/ vnd so gut als der beste/ den man auß Reinischem Wein machen kan/
die ander Distillation der Sura, wird Vraca genant/ vnd ist gar ein guter vnd
|| [
116]
Jndianischer Wein/ dann sie sonst keinen Wein haben. Er ist gar Hitzig vnnd
Starck/ wird aber doch von den Jndianern wie Wasser getruncken/ vnd hat ein
weisse Farbe.
Die Portugesen bereiten diesen Wein auff diese Art/ sie fassen die Vraca in
Fässer/ vnd thun in ein jedes Faß Vraca, drey Hände voll/ oder ein wenig mehr
blawe Rosinen [...] Ein jeglich handuoll ist ohngefähr 12. lb. Wann die rein
vnnd sauber gemacht seyn/ schütten sie sie in das Faß/ vñ lassen das Spuntloch
offen stehen [...]. Man rühret es alle Tage einmahl vmb/ biß auff den vierze-
henden
oder fünffzehenden Tag/ darnach vberkompt die Vraca ein so schöne
vnd liebliche rothe Farbe/ wie der Portugesische Wein/ hat auch geringen
Vnterscheid im Geschmack [...]. [32]
Auß dem obgenanten Sura, macht man auch Zucker/ den man Iagra nennet.
Sie sieden das Wasser/ vnd setzen es in die Sonne [...].
Das inwendige dieses Baums wird genant Palmito, vnnd ist der Wirbel oder
das Hertz deß Staudens. Würd hoch geachtet/ vñ für ein sonderliche Vereh-
rung/
den Reichen vnd Gewaltigen zugeschickt/ ist so zart wie Papier/ auch so
weiß/ vnd wächßt als ob es zusammen gerollet oder gepresset wäre/ [...] läng-
licht
vnd schmal/ vnd haben bißweilen wol 50. 60. oder mehr Falten/ wie ein
Buch Papier.
Dieses würd von den Jndianern an statt deß Papiers/ vñ der Bücher ge-
braucht
wiewol es seine Falten behält/ man schreibet aber darauff mit einem
subtilen eysern Stiel/ wañ es noch grün ist/ vñ lesset es also trucken oder dürre
werdē/ nach welchē man es nicht mehr außthun kan. Die Jndianer nennen es
Olla, vñ haben alle jhre Bücher/ Schrifften vnd Gedächtnussen darinn auffge-
zeichnet/
ja sie können dieselben auch so geschicklich zumachen/ wie wir vnse.
re
Brieffe zusammen legen. [...]
Dieser Bäume wachsen am meisten in den Jnseln von Maldiuar, da man auch
Coquos findet/ die wider alles Gifft gut geachtet werden. [...]
Vgl. außerdem die kurze Erklärung auf S. 102:
Das III. Capitel.
Von den Früchten so in der Jnsel Sumatra wachsen.
COcos oder Jndianische Palmbäume/ seynd in gantz Jndien viererley/ die erste
gattung oder Art ist/ da die Cocos oder Jndianischen Nuß auffwachsen/ vnd
dieses isst der aller nützeste vnd nottürfftigste Baum/ den man auff Erden fin-
den
mag von welchem die Jndianer jhre meiste Nahrung haben/ nächst dem
Vannanas oder Feigenbäum/ dann er gibt Oel/ Wein/ Milch/ Zucker/ Essig/
&c. vnnd die Nüßschalen seynd gut Schüsseln drauß zumachen/ auß welchen
man essen mag/ das Holtz aber ist Nutz Schiffe drauß zubawen/ das Bast oder
Rinden brauchet man allerhandt Seyle daruon zumachen/ vnd die Bläter/ die
Häuser damit zu bedecken/ daß also nichts von diesem Baum vergeblich
vmbkommet/ sondern alles was an jhm ist gebrauchet vnnd zur Notturfft deß
Menschen angewendt werden kan/ ja auch die Wurtzeln werden zu Kolen ge-
brandt/
für die Goldschmide/ deren handwerck sie fast bequem seyn.
Die ander Art wird von den Portugesen Arrecquero genant [...]
|| [
117]
Lateinische Parallelausgabe:
[Kupfertitel:] PARS QVARTA | INDIÆ ORIENTALIS: | QVA | PRIMVM va-
rij
generis Animalia, Fructus, Arbores: Item, A- | romata seu Species & Materia-
lia:
Similiter & margarita | seu vniones, ac gemmarum species pleræq(ue), sicut
in INDIA | tum effodiantur, tum generentur; quo itidem in censu, pretio | & ap-
pellatione
sint, accuratè describuntur. | Per | IOANNEM HVGONEM LINT-
SCHOTA-
| num, & nonnullos alios. | Descriptioni huic adjectæ nonnullibi sunt
Annotationes | Clariss. Dn. BERNHARDI PALVDANI Doct. | apud Enckhu-
sanos
Medici, apprimè vti- | les & eruditæ. | SECVNDO: Nouissima Hollan-
dorum
in Indiam Orientalem | nauigatio, ad veris Anni 1598. introitum suscep-
ta,
& qua- | tuor exinde reducibus nauibus mense Iulio An. 1599. con- | fecta, ex-
ponitur.
| Omnia ex Germanico Latinitate donata, studio & opera | BILIBALDI
STROBÆI SILESII. | Et insuper Viuis & artificiosissimis in (æ)s incisis Iconib.
illustrata & edita à | IO. THEOD. & IO. ISRAELE de BRY, fratribus. | Franco-
furti,
apud MATTHÆVM BECKER. M. DCI. — HAB: Cd 26 4°
Mit eigenem Titelbl. für die Illustrationen:
ICONES | SEV | GENVINÆ ET EX- | PRESSÆ DELINEATIO- | NES
EORVM OMNIVM, QVÆ IN | HAC QVARTA INDIÆ ORIENTALIS DE- |
scriptione singularia offeruntur: Vbi peregrinorum quorundam ani- | malium,
arborum, fructuum, plantarumque, &c. alias non | visorum viua effigies exhibe-
tur.
| QVÆOMNIA ET SVMTVOSIS IM- | pensis, & opera accurata in æs inci-
sa,
publicæque luci | communicata sunt | à IOANNE THEODORICO ET
IOANNE ISRAELE DE BRY | fratribus & ciuibus MoenoFrancofurten- | sibus.
| [Vignette] | FRANCOFVRTI, | JMPRIMEBAT MATTHÆVS BECKER. |
ANNO | [Linie] | M. DCI.
(21 Tafeln mit lat. Überschrift und lat. Erklärung unter dem Bild, einseitig be-
druckt).
Hier Tafel XI
FICVS INDICÆ CVM SVO COQVOS FRVCTV, NEC MINVS ILlius arbo-
ris,
quæ Arecca fructum gignit, pictura.
Kupferstich 14,1h x 17,9b cm, seitenverkehrt gegenüber Linschotens großem
Kupfer. Zeigt von rechts: Nuces Jndicæ, ficus Jndica, Arequeira.
Text unter dem Bild:
EX hac palma seu nucifera arbore Jndica indigenæ quæstum longè vberrimum
faciunt. Præterquam enim quod nuces pro cibo suaui sint, potum quoq(ue) ex
ijs parant sapidißimum. Ex arbore hac materiam quoq(ue) Jndi quærunt ad pa-
randas
necessarias vestes, ad suenda vela, torquendosq(ue) funes, & reliqua
huiusmodi condenda plurima: adeò, vt victum & amictum illis vnica hæc arbor
abundè suppeditet.
Hac quoque tabella ficus Indica expressa est, quæ toto anno fructifera est, &
Jndis commeatum quotidianum largitur.
Tandem & Arequeiro arbor appicta est, quæ fructum Arecca seu Fausel parit,
|| [
118]
quem Indicum Bettele folijs, calce obiter delibutis toto die mandunt, sicut in hi-
storia
fusius id explicatum est.
Fürst Ludwigs Bibliothek enthielt 1650 nur die beiden ersten Teile der Serie der
Gebrüder De Bry, nicht aber deren vierten Teil mit der Darstellung und Be-
handlung
der Kokospalme:
[Pars Indiae Orientalis I.]
[Kupfertitel:] REGNVM | CONGO | hoc est | Warhaffte vnd Eigent- | liche Be-
schreibung
deß König- | reichs Congo in Africa/ vnd deren an- | grentzenden
Länder/ darinnen der Jnwohner | Glaub/ Leben/ Sitten vnd Kleydung wol |
vnd außführlich vermeldet vnd | angezeiget wirdt. | Erstlich durch Eduart Lo-
pez/
wel- | cher in dieser Nauigation alles Persönlich er- | fahren/ in Portugale-
sischer
Spraach gestellt/ | Jetzo aber in vnser Teutsche Spraach trans- | ferieret
vnd vbersetzt/ | Durch | AVGVSTINVM CASSIODORVM. | Auch mit schönen
vnd Kunstreichen Figu- | ren gezieret vnd an Tag geben/ durch Hans | Diethe-
rich
vnd Hans Jsrael von Bry/ Gebrü- | der vnd Bürger zu Franckfurt. | Ge-
truckt
zu Franckfort am mayn/ durch Jo- | han Saur/ in Verlegung Hans Die-
therich
vnd Hans | Jsrael von Bry/ im Jahr | [Linie] | M. D. XCVII.
Angehängt:
Erklärung etlicher Capitel/ de- | ren hievor gesetzten Bücher/ darinnen die An-
kunfft
der | Portugaleser in die Jnsel Congo/ Erscheinung vor dem | König/
Kriegsrüstung der Jnwohner/ Trachten vnd | Kleidung beyd Mann vnd Weibs-
personen/
vnd frembde | Thier dieses landts/ mit schönen vnd Kunstreichen |
Kupfferstücken abgemahlet/ vnd zierlich vor | Augen gestellet wirdt. | Alles zu
besserem Verstandt vnd nachrichtung voriger Be- | schreibung dem Günstigen
Leser angeordnet. | Durch | Hans | Dietherich vnd Hans Jsrael von Bry/ Gebrü-
der |
vnd Bürger zu Franckfurt am mayn. | [Vignette] | Getruckt zu Franckfort
am Mayn/ durch Johann | Saur/ in Verlegung Hans Dietherich vnd Hans |
Jsrael von Bry/ Gebrüder. | M. D. XCVII. — HAB: 184 Hi. 2°.
In seiner Widmungsvorrede nennt sich der Übersetzer zu Frankfurt a. M. am
15. 2. 1597 Augustinus Cassiodorus Reinius. Das obige Titelblatt verhüllt die
Identität des Übersetzers ebenso wie die Eintragung in Ludwigs Instrumentum
Publicum: „Orientalische beschreibungen undt geschichten August Cassiodori“
(IP, 278r).
Außerdem erwähnt dieses Dokument nur „Daß andere voluma [!] Orientali-
scher geschichte mit figuren“ (IP, 278r), d. i.
[Kupfertitel:] Ander Theil der Orientalischen | Jndien/ | Von allen Völckern/
Jnsu- | len/ Meerporten/ fliessenden Was- | sern vnd anderen Orten/ so von
Portugal | auß/ lengst dem Gestaden Aphrica/ biß in Ost Jndien vnd zu dem
land China/ sampt andern Jnsuleen zu sehen seind. Bene- | ben derenselben
Aberglauben/ Götzendienst vnd Tempeln/ J- | tem von jren Sitten/ Trachten/
Kleidungen/ Policeyordnung/ | vnd wie sie haußhalten/ beid so viel die Portu-
gesen/
wel- | che da im Land wohnen/ vnd auch das jnhei- | mische Land- || [
119]
völcklein anlangt. | Deßgleichen von der Residentz deß Spanischen Vi- | ceroys
vnd anderer Spanier in Goa/ Jtem von allen Orien- | talischen Jndianischen
Waaren vnd Kummerschafften: sampt | deren Gewichte/ Masen/ Müntzen vnd
jhrem | Valor oder Wirdigung. | M. D. XCVIII. — HAB: 184 Hi. 2° (Ohne
Pflanzentafeln).
Der zitierte Haupttext der deutschen Ausgabe der Gebrüder de Bry könnte
ebenso wie der der niederländischen oder lateinischen Ausgaben von Cornelis
Claesz bzw. de Bry oder wie die Übersetzung des Carolus Clusius bei der Ab-
fassung
des Gesellschaftssonetts Pate gestanden und zudem Einfälle für das
Ensemble von Gegenständen unter den Palmen in Merians Stich geliefert ha-
ben.
Weder diese Texte noch Salustes Verse bzw. deren Übersetzung durch
Hübner liefern jedoch vollständige Aufzählungen aller im Sonett oder in Me-
rians
Stich aufgeführten nützlichen Objekte. Weder die im Gedicht erwähnten
Nähnadeln noch der gezeichnete Köcher mit Pfeilen, die Lanze, der Schild u.
a. ließen sich bisher nachweisen. Man wird sie zu den Einfällen der Dichter
bzw. Künstler rechnen oder anderen Quellen zuschreiben müssen. Dazu gehö-
ren
auch die Hängematten, die offenbar der westindischen Welt entstammen. S.
oben zur Abbildung des Merian-Stichs (Fernandez de Oviedo).
S. 340. Fürstin Anna von Anhalt-Bernburg (1579–1624), erste Patronin der No-
ble
Académie des Loyales oder Getreuen Gesellschaft (AL). Um 1597 (?). Zu
310108.
Künstler unbekannt.
Besitz: Fürst zu Bentheim und Steinfurt, Steinfurt.
Ölgemälde auf Leinwand; 106 x 80 cm.
Undatiert; nicht bezeichnet.
(Wir danken Dr. Oskar Fürst zu Bentheim und Steinfurt für freundliche Mittei-
lung.)
Foto: Photohaus Kiepker-Balzer (Steinfurt-Burgsteinfurt).
Kniestück mit Allianzwappen Anhalt/Bentheim (Fürstenhut, Decken). Das
Wappen gleicht, soweit erkennbar, dem auf dem weiter unten erwähnten Kup-
ferstichporträt.
Da Gräfin Anna zu Bentheim (1579–1624) Fürst Christian I.
von Anhalt-Bernburg (1568–1630; FG 26) am 2. 7. 1595 heiratete, bieten das
Allianzwappen und das jugendliche Aussehen der Fürstin zwei wichtige An-
haltspunkte
für die Datierung des Bildes. Falls die Vermählung oder der Antritt
der Statthalterschaft Christians in Amberg (1595) die Anfertigung des Gemäl-
des
veranlaßte, wäre seine Entstehung auf die Jahre 1595/1596 einzugrenzen.
Wahrscheinlich ist jedoch die auf den Leib deutende Geste der rechten Hand
als Anzeichen der Schwangerschaft zu deuten, so daß die Geburt der ersten
Kinder, des Sohnes Friedrich (1596 oder 1598), der ersten Tochter Amalia Ju-
liana
(10. 9. 1597) oder des ältesten Überlebenden Pz. Christian II. (*11. 8.
1599; FG 51) möglicherweise einen Hinweis liefern. Da Anna insgesamt 16 Kin-
|| [
120]
der gebar, könnte das Bild allerdings auch später gemalt worden sein, ange-
sichts
ihres jugendlichen Aussehens aber wohl vor 1605. — Auffällig ist neben
dem rot-weiß-goldenen Hofkleid mit Goldborten, Spitzen, verzierten Knöp-
fen,
Schulterumhang, Handschuhen und spitzenbesetztem Mühlradkragen der
perlen- und edelsteinübersäte Schmuck der Fürstin im Haar (Haubenrand?), an
der rechten und linken Hand (3 Ringe), um die Taille (Gürtel) und auf dem
Oberkörper. An einer Kette, die ein Kleinod und zwei (sichtbare) Adler zwi-
schen
ornamentalen Gliedern aufweist, hängt ein weiteres, größeres Kleinod.
Ein Kupfer Martin Bernigeroths (1670–1733) in Beckmanns im Jahre 1710
erschienener Geschichte Anhalts, das auf einem anderen, verschollenen Gemäl-
de
beruhen dürfte, bestätigt die Identität der Dargestellten. Das Brustbild zeigt
die schon älter wirkende Fürstin mit einer (anderen) Kette gleichfalls in einem
prunkvollen Kostüm mit großem Spitzenkragen. Eine dritte Darstellung Annas
findet sich auf dem undatierten Gemälde eines unbekannten Malers im Schloß
Charlottenburg, Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Branden-
burg,
Berlin, Inv. GKI 9711.
Eine 1607 (Angabe auf Armabschnitt) angefertigte einseitige gegossene Sil-
bermedaille
läßt die Fürstin schon älter erscheinen (oval, 4,2 ( 3,5 cm; Besitz:
Fürst zu Bentheim und Steinfurt; Brustbild, vom Betrachter her gesehen Profil
nach rechts, Umschrift: D. G. ANNA PRINC.ANHALT.NATA COMI.PEN-
THEM.
Abb. Katzer; vgl. Stich einer doppelseitigen Medaille in Beckmann IV:
Revers wie auf der einseitigen Medaille; Avers F. Christian I.).
Lit.: EST I, T. 76; Siebmacher I.3.1, T. 108;
Thieme/ Becker III, 459f. (Bernigeroth);
Beckmann IV, 566 u. FVRSTL. ANHALT. MEDAILLEN TAB. I, Nr. 11; V, vor S. 335
(Brustbild mit Wappen); J. Mann: Anhaltische Münzen und Medaillen vom Ende des
XV. Jahrhunderts bis 1906. Hannover 1907, 128 Nr. 550 (doppelseitige Medaille) und
Nr. 551 (einseitig); Friedrich I. Katzer: Die Sammlung anhaltischer Münzen und Me-
daillen
im Museum des Kreises Bernburg. Ein Beitrag zur Münz- und Geldgeschichte
Anhalts. Hg. Museumsleitung (Museum im Schloß Bernburg). 1966, 55, 94 u. T. VI, Nr.
28 (heute in der Staatl. Galerie Moritzburg Halle); Hans F. Schweers: Gemälde in deut-
schen
Museen. 2. Aufl. München 1994, Bd. 4, 1969; Bd. 6, 546; Bd. 8, 193 (Gemälde im
Schloß Charlottenburg).
S. 341. Phönix-Imprese Fürstin Annas von Anhalt-Bernburg in der
Noble Acadé-
;mie des Loyales oder Getreuen Gesellschaft (AL). Zu 310108.
Zeichner/ Maler/ Stecher unbekannt.
In: Balthasar Leuthner: Christliche Leich- und Trostpredigt; Bey der Fürstli-
chen
Leichbegängnüß Der weiland Durchläuchtigen/ Hochgebornen Fürstin
und Frawen/ Frawen Annen/ Fürstin zu Anhalt ... gebornen Gräfin zu Bent-
heim
... Gehalten (Köthen 1625) (HAB: LP Stolberg, 5446), Bl. G 2v. — Druck
der Köthener Presse F. Ludwigs. Vgl. Conermann: Fürstl. Offizin.
Kupferstich (stellenweiser Bildverlust); Maße des (beschnittenen) Blatts: 17,4 x 13,6 cm.
|| [
121]
Auf seinem Scheiterhaufen ein Phönix, der mit zum Flug ausgebreiteten
Schwingen zur Sonne emporblickt. Im Hintergrund rechts oben ein Tempel
(auf der Kuppel die Figur eines Kriegers?), auf den von der Sonne her ein Vogel
(Phönix) zufliegt. Links auf einem Hügel eine Burg, vor dem in der Ebene ein
Wanderer mit Stock ausschreitet; rechts vor dem Tempelberg eine einen Mann
führende Frau (Seele und Leib oder treues Paar?).
Vgl. Beckmann V, 337:
Das Sinnbild/ So Sie insgesampt geführet/ ist ein von den Sonnen-Strahlen Sich ent-
zündender
Phœnix gewesen/ nebst einem unfern davon befindlichen Tempel/ auch
einigen theils auf den Bergen/ theils in der ebene liegenden Schlössern und Stäten/
mit der Beischrift/ Seltzam aber immerwährend/ Rare, mais perpetuel, dessen Ursa-
che
die Fürstin Anna in folgenden Puncten abgefasset: Dann 1. wäre die Treue und
Aufrichtigkeit sehre seltzsam/ gleich wie auch nur ein eintziger Phœnix in der Welt
wäre. 2. Der Phœnix erstrecke sein Alter auf etliche hundert Jahr/ und so währete die
Treue und Aufrichtigkeit auch ewig. 3. Der Phœnix scheue auch umb der Welt zu
Nutzen den Tod nicht/ gleicher Weise scheuet auch die Treue nicht in rechtschaffe-
nen
und Tugendhaften Gelegenheiten zu sterben. 4. Ferner trage der Phœnix umb sich
der Sonnen aufzuopfern eine grosse Menge von wohlriechendem Holtze zusammen/
und die Treue suche ihr Vergnügen in allerhand Ahrten von rühmlicher Mühe und Ar-
beit/
umb GOtt dem HErrn ein süsser Geruch zu sein. 5. Jndessen könne Er sein Op-
fer
nicht vollenden ohne die Sonnen-Strahlen/ und gleicher gestalt bekähme die
Treue ihre gröste Kraft und Würckung von der Gnade des allerhöchsten GOttes/ alß
von welchem alle Erleuchtung herrühre. 6. Jndessen bekähme Er seinen Lohn durch
ein neues Leben/ eben wie Treue und Aufrichtigkeit alle andere Tugenden verdiene/
also auch vor allen Lob/ Ehre und Gnade. 7. Der Phœnix flöhe nach einem Tempel/
und opfere daselbst auf dem Altar der Erkenntligkeit den Uberrest der Asche seines
vorigen Wesens/ ingleichen mache Treue und Aufrichtigkeit/ daß unser Ruhm biß
auf die Nachkommen flöhe/ und von Jhnen verehret würde/ zu Belohnung Jhr gefol-
get
zu haben. 8. Die Asche des Phœnix bringe den Krancken/ so Sie gebrauchen/ ihre
Gesundheit wieder/ nicht weniger versetze die Treue unser Andencken in die Un-
sterbligkeit.
Welches Sinnbild hernach auch nach Ableiben höhstgedachter Fürstin
nebst einem kurtzen Lateinischen Bericht von ihren Lebens-Lauf auf einem vergülde-
ten
Kupfern Blahte abgezeichnet/ und nebst etlichen kurtzen Jtaliänischen Reimen in
Dero Zinnernen Sarge mit beigeleget/ das Kupfer auch davon ihrer Leich-Predigt
beigefüget worden.
Der erste Satz — „Das Sinnbild/ So Sie insgesampt geführet (...)“ — bezieht
sich nicht auf die Académie des Loyales als ganze. Deren Sinnbild war ein gol-
dener
Palmbaum mit dem Wort „Sans varier“ (s. 310108 K I 0), so daß hier nur
Fn. Annas Imprese gemeint sein kann, welche sie (AL 1617, TG 16) ingesamt,
also vielleicht auch außerhalb der Akademie, gebraucht hat. Dazu gehörte die
von Beckmann mitgeteilte Beischrift (Devise), nicht der Text der Sterbe-Im-
prese.
Schon die Leichenpredigt verwechselt allgemeine und persönliche Akade-
mie-
Imprese, es sei denn, dem Grab Fn. Annas ist eine andere Imprese als der
Leichenpredigt beigegeben worden. Nach Beckmann stimmen jedoch die Sinn-
bilder
des Grabs und der Funeralschrift überein. In der Leichenpredigt ist von
einem vergoldeten Kupferblech die Rede, das in den Sarg „pro memoria“ gelegt
|| [
122]
wurde. Darauf sei in lateinischer Sprache Annas Lebenslauf festgehalten und
„das gesambte Emblema J. F. G. mit etlichen fürnehmen Fürstinnen/ Fürstli-
chen
und Gräfflichen Fräwlein/ auch etzlichen Adelichem Frawenzimmer/ ein-
fältiger/ jedoch zur gottseligkeit und tugend angerichteter und verglichener
sonderbahren Academi (deren allerseits J. F. G. etzliche Jahr Patronin gewesen:)
Nemlich: Der Phoenix mitsamt einigen italienischen Versen (Bl. G 2r) einge-
prägt worden.“ Daß der Phoenix auch als AL-Imprese der Fürstin gelten
konnte, geht wohl auch aus Faber/ Buchner, 130f. hervor: „Palma Фоӏѵӏѯ, Arbor
nobilissima illa, quæ nulli credit ponderi, sed contra assurgit, & reluctatur, ein
Dattelbaum. Plinius lib. XVI. Cap. XLII [...] Et palmæ pretium victoribus. Vi-
de
Sueton. Nerone cap. V. ibique Torrentium, tum cap. XXII.“ Vgl. auch Plin.
hist. nat. XXIX, 56.
Text oben:
Jl mio Cuor si volge doue habita il suo lume.
Text unten:
E QVESTO’L NIDO IN CHE LA MIA FENICE·
MISE L AVRATE E LE PVRPVREE PENNE·
CHE SOTTO LE SVE ALI IL MIO CVOR TENNE·
E PAROLE, Ep SOSPIRI, ANCO NE ELICE·
Vgl. Francesco Petrarca: Canzoniere. Testo critico e introduzione di Gianfran-
co
Contini. Annotazioni di Daniele Ponchiroli. Torino (1987), 395 (Nr.
CCCXXI), V. 1–4. Petrarcas Verse auf die tote Laura schließen mit einem Fra-
gezeichen,
das in der Subscriptio der Imprese mit Absicht ausgelassen wurde.
Das Gedicht schließt mit dem Phönix-Vergleich:
veggendo a’ colli oscura notte intorno
onde prendesti al ciel l’ultimo volo,
et dove li occhi tuoi solean far giorno.
Auf eine Bearbeitung des Petrarca-Texts durch F. Ludwig, der Mitglied der
Accademie della Crusca war (vgl. 270919 und 271025), könnte die Form CVOR
hinweisen. Vgl. Vocabolario della Crusca 1623, 240 „CVORE“. Dort auch Er-
klärung des Verbs: „ELICERE. Verbo latino, e mantiene il significato. Cauare,
ed estrarre. Petr. 281. E parole, e sospiri anco n’elice.“ (S. 307). Zu F. Ludwigs
editorischer Tätigkeit als Cruscante s. Conermann in DA Köthen II. 1, S. *28ff.
Gesualdo, Bembo und Velutello erklären aus dem biographischen Zusammen-
hang
des Sonetts mit dem vorhergehenden Gedicht Petrarcas („Sento l’aura mia
anticha“) das Nest als das Haus der (verstorbenen) Laura und diese als den
Phönix des Dichters. IL PETRARCHA CON L’ESPOSITIONE DI M. GIO.
ANDREA GESVALDO. NVOVAMENTE RISTAMPATO, E CON SOMMA
DILIGENZA CORRETTO, ET ORNATO DI FIGVRE. Con Doi Tauole,
vna de’ Sonetti e Canzoni, & l’altra di tutte le cose degne di Memoria, che in es-
sa
Espositione si contengono. (Vinegia: Jacomo Vidali 1574), Bl. 309r (HAB:
35.7 Poet.), Ausgabe auch im Besitz F. Ludwigs; IL PETRARCA CON NVO-
VE SPOSITIONI, Et insieme alcune molto utili, & belle Annotationi d’intorno
|| [
123]
alle regole della lingua Toscana, Con una conserua di tutte le sue Rime ridotte
co’ Versi interi sotto le lettere Vocali. (Venetia: Giorgio Angelieri 1586), 401,
erläutert von Pietro Bembo, SUB Göttingen: 8° P. Ital. I 2467; IL PETRARCA
CON L’ESPOSITIONE DI M. ALESSANDRO VELVTELLO. Di nuouo ri-
stampato
con le Figure a i Trionfi, con le apostille, e con piu cose utili aggiunte.
(Venetia: Gio. Antonio Bertano 1573), Bl. 101r (LB Hannover: Lr 2088). F.
Christian II. v. Anhalt-Bernburg (FG 51) besaß wohl die beiden zuletzt genann-
ten
Ausgaben. Dem Nest Petrarcas scheint der Tempel in der Pictura der Im-
prese
zu entsprechen.
Fn. Annas eigene Deutung ihrer Imprese spart möglicherweise mitgedachte
politische oder konfessionelle Ideen aus, jedoch spielen diese wenigstens in der
Getreuen Gesellschaft eine Rolle. Die Gründung der AL im Jahr des hundert-
jährigen
Reformationsjubiläums (21. 10. 1617) und einer sich abzeichnenden
militärischen Auseinandersetzung kann ebensowenig wie im Falle der gleichfalls
1617 gestifteten Fruchtbringenden Gesellschaft gleichgültig sein. Fn. Annas
Gatte F. Christian I. v. Anhalt-Bernburg (FG 26) war schließlich der eigentliche
Kopf (und General) der kurpfälzischen und protestantischen Politik. In der
Fruchtbringenden Gesellschaft benutzte er in seiner Imprese ein vergleichbares
Motiv (Sonnenblume; s. Conermann I, Nr. 26 u. III, 29f.),
deutete es in der zu-
gehörigen Strophe allerdings auch nur in einem nichtanstößigen allgemein-reli-
giösen Sinne. Man wird diesen Ausdruck persönlichen Wollens gerade in den
Impresen der beiden Gatten respektieren müssen. Auch in den Statuten der AL
(310108 I) bleibt die Beschreibung der geforderten Tugenden allgemein, ob-
gleich
sie politische Aktivitäten wohl zulassen. Zeitgenössische politische und
konfessionelle Bezüge scheinen dagegen deutlicher in dem folgenden Phönix-
Symbol F. Augusts v. Anhalt-Plötzkau (FG 46) durch.
S. 342. Phönix-Dukat Fürst Augusts von Anhalt-Plötzkau (1620). Zu 310108.
Medailleur unbekannt.
Staatliche Galerie Moritzburg Halle, Inv.-Nr. LMK.30601 (Leihgabe der Stadt
Bernburg).
Foto: Werner Ziegler, Halle a. d. S.
Gerändelte Denkmünze; Gold, Ø 31,7 mm, 9,2 g. Die Köthener Schaumünze
wiegt nur 6,47 g.
Avers: Auf einem Altar mit anhaltischem Wappenschild ein auf einem umwölk-
ten
Scheiterhaufen brennender Phönix. Bei dem Wappen handelt es sich um
den Herzschild des großen anhaltischen Wappens: gespalten, vorn halber Ad-
ler;
hinten sächsisches Rautenwappen. Vgl. z. B. das gemalte Wappen F. Au-
gusts
v. Anhalt-Plötzkau (FG 46) in Conermann I, Nr. 46. — Umschrift: Sehr
Seltzam Doch Zu gesicht kam 1620 ☀ 3☀.
Revers: Oktogonaler Springbrunnen, auf dessen Fontäne ein Osterlamm
schwebt und sein Herzblut in den Brunnen vergießt. Auf den Brunnenrand mit
der linken Vorderpfote gestützt trinkt rechts ein gekrönter Bär, offenbar wil-
|| [
124]
lens, in das Wasser zu steigen. Links ein Lamm mit Palmenblatt, das dem Brun-
nen
entstiegen zu sein scheint. Auf der Vorderseite des Brunnens ein kleiner
Schild mit der Aufschrift „3“ (Guldenwert). Umschrift: Der vnvermeidentliche
Brun
Provenienz und Bestand: Von diesem wohl in Plötzkau geprägten Dreierduk-
aten,
der wegen seiner Wertangabe nicht als Medaille im heutigen Sinne, son-
dern
mit dem eingeengten alten Begriff einer Schau- oder Denkmünze (K. Reg-
ling:
Geschichtsmünze) bezeichnet werden soll, kannte Beckmann ein einziges
Exemplar in Köthen und ein offenbar von Fürst Leopold von Anhalt-Dessau er-
worbenes
Exemplar, welches Stenzel als das zu seiner Zeit im Herzoglichen
Münzkabinett zu Dessau (Nr. 538) befindliche Exemplar identifizieren wollte.
Mann gibt als einzigen Aufbewahrungsort der von ihm beschriebenen Denk-
münze
das Dessauer Münzkabinett an. Eine Veröffentlichung Katzers bildete
1966 ohne Größenangabe das uns vorliegende Exemplar ab, das aus dem
Schloßmuseum Bernburg auf die Moritzburg gelangte und aus der Sammlung
Banse (Dessau) stammt (1936 von C. G. Thieme, Dresden, erworben). Wir dan-
ken
Herrn Kustos Ulf Dräger für freundliche Auskunft. Stenzel beschreibt noch
einen dreifachen Dukaten von 1620 im Herzoglichen Kabinett (Nr. 539), der
sich allerdings durch sein Gewicht von knapp zwei Dukaten von der schwereren
Variante (Nr. 538) unterscheide. Solche leichtere Dreierdukaten finden sich im
Historischen Museum Köthen (6,47 g; ohne Wertangabe auf dem Revers) und
im Münzkabinett des Kunsthistorischen Museums zu Wien. Einen einfachen
Dukaten (Mann Nr. 451) besitzt das Museum für Stadtgeschichte in Dessau.
(Zu den Autorennamen s. Lit.).
Diese bisher nur ungenau beschriebene und unterschiedlich erklärte Schau-
münze,
deren Materialwert Beckmann dem Gewicht und der Angabe „3“ zufol-
ge
auf drei Dukaten veranschlagte (das im Reich gültige Gewicht eines Dukaten
betrug 3,49 g), bezieht sich mit ihrer Jahreszahl wohl auf den ersten Höhe-
punkt
des Dreißigjährigen Kriegs im protestantisch-katholischen Ringen um
Böhmen. Vielleicht bezieht sie sich sogar auf das Blutbad der berühmten
Schlacht am Weißen Berge (8. 11. 1620 n. St.), in der Augusts Bruder Christian
I. von Anhalt-Bernburg (FG 26), dessen Sohn Christian II. (FG 51) und über-
haupt
die Union dem Kaiser unterlagen. Der Phönix auf dem anhaltischen Al-
tar
könnte somit u. a. auch auf die Selbstaufopferung des in kurpfälzischen
Diensten stehenden Generals Christian I. und anderer sowie auf die Wiederer-
stehung
Anhalts und der protestantischen Sache hindeuten. Die Symbolik der
Rückseite zielt auf die christlich-reformatorische Bedeutung des Osterlamms.
Auch Luther benutzte das Lamm, welches sein Herzblut vergießt und die öster-
liche
Fahne der siegreichen Wiederauferstehung umklammert, als Beglaubigung
seiner Bücher und als Imprese. Vgl. z. B. Klaus Conermann: Luther’s Rose: Ob-
servations
on a Device in the Context of Reformation Art and Theology. In:
Emblematica 2 (1988), 1–60, hier 2f., Anm. 21 u. Fig. 5. Der heraldische und
genealogische Bär der Bäringer (Anhaltiner) muß im Brunnen des Osterlamms
geläutert, mit Opferblut getränkt werden, damit er ihm als siegreiches christli-
|| [
125]
ches Lamm entsteigen kann. Die Bild- und Symbolwelt scheint also auf den er-
sten
Blick hinsichtlich ihrer historischen, allegorisch-politischen und moralisch
bzw. religiös gedachten tropologischen Bedeutung durchschaubar zu sein. Vgl.
das Phönix-Symbol Fn. Annas in der vorhergehenden Abbildung. Die Sinnbil-
der
Augusts sind sicher nicht ganz ohne die Erfahrungen und Hoffnungen des
politisch aktiven Reformiertentums zu verstehen, denen auch Fn. Anna in der
Académie des Loyales seit 1617, dem Zeitpunkt des hundertjährigen Jubiläums
der Reformation, einen gesellschaftlichen Ausdruck geben wollte.
Die von Beckmann mit Skepsis übermittelte Angabe, (der Alchimist) August
habe die „Müntzen aus Chymischen Golde“ selbst gemacht, verweist jedoch
auf eine vierte, geheime Sinnstufe. Vgl. die von Beckmann V, 560 referierte
Deutung in Wilhelm Ernst Tentzels Zeitschrift: Monatliche Unterredungen Ei-
niger
Guten Freunde Von Allerhand Büchern und andern annehmlichen Ge-
schichten.
Allen Liebhabern Der Curiositäten Zur Ergetzligkeit und Nachsin-
nen
heraus gegeben. DECEMBER 1693. ([Leipzig]: Thomas Fritsch 1693),
1000–1003. Tentzel bildet einen Dukaten von 1617 aus dem Münzkabinett des
Grafen v. Schwarzburg-Arnstadt ab [wie Beckmann, a. a. O., Nr. 10] und zi-
tiert
dann den sachsen-gothaischen Hofrat, Leibarzt und Alchemisten Jacob
Waitz (1641–1716) so: „Das überschickte Stück ist von wahrem Chymischen
Golde/ und zwar deme/ so aus ☿rio sophico nach langer Digestion gemacht
worden. Dessen Phoenix auff der einen Seiten zeiget an den ☿rium sophicum,
welcher sonst wegen seiner in præparatione wiederhohlten sublimation und ho-
hen
Flugs Aqvila genannt wird[.] Der Heerd bedeutet das Ouum Philosophi-
cum.
Das Holtz/ so unter dem Phoenice ist/ weiset so wohl auff des ☿rii sophi-
ci
innerliches 🜁 oder metallischen 🜍; vermittelst welches er zu einem Coagulo in
sich selbst arbeiten kan/ als auf das äusserliche zur steten circulation bewegen-
den[!]
gemeine 🜂. Die noch etwas schwebende Flügel deuten den modum circu-
lationis,
und wie in solchen nach und nach zur Verbrennung/ Fixation und
Wiedergeburt des Phoenicis aus seiner Asche gehandelt werde; da in der Arbeit
solche Asche sich oben auff leget/ als ein subtiles Pulver. Das Gewölck nechst
über an Seiten des Haupts des Phoenicis, bemercket die in ovo immer circuliren-
de
und generirende Mercurial Lufft. Zur Inscription: in terris rarissima, sed ta-
men;
gehöret und muß zum subintellectu genommen werden: Reuera existens.
Hiermit äussert sich nun zum Theil die Inscription der andern Seiten: LAVA-
CRUM
INEVITABILE; zum Theil aber wird solches Lauacrum durch des
Lambs aus der Brust springendes Blut angedeutet. Dieses Lambs Blut ist das im
☿rio exsuperans Sulph. ☉. metallicum; welches/ wiewol es die höchste Gewalt
hat/ so wol zu des ☿ii eigenem coagulo, als zu des ☉ solution im Universal-
Werck/ so ist es dennoch in Lambs-Gestalt/ mild/ still und ohne allen äusserli-
chen
Prast sanfftmüthig; in welcher Maß es auch das fliegende Pferd und den
reissenden Bähren überwindet/ und die Sigs-Fahne mit Ehren darvon trägt.
Das fliegende Pferd deutet auff die eine als gemeine ☿ialische Natur/ durch
welche der Mercurius Sophicus zu wege gebracht wird. Der Bähr/ so aus dem
lauacro trincket/ weiset auf die andere ☿rial-Natur/ wie solche durch wieder-
hohlte
aquilas in dem gemeinen ☿rio eingeführet/ und nach ihrem innerlichen
|| [
126]
wesen gäntzlich verändert und homogen gemacht wird. Daher denn auch beede
Pferd und Bähr in des ☉ischen Metall-Schwefels Natur nach und nach verkeh-
ret
werden. Und ist also dieses Lauacrum ineuitabile actiue & passiue zuverste-
hen/
als ohne welches sonst zu dieser incinerata, regenerata, transformata, in
terris rarissima, per artem cicurata aue nimmermehr würde zugelangen seyn.“
Beckmann stellt dem die politische Deutung „eines andern vornehmen Manns“
gegenüber, wonach die Sinnbilder auf die protestantische Union gerichtet seien:
„Durch den Brunnen würde Heilbrun verstanden, dieses wäre Fons Incompara-
bilis
[...] aber es muste daraus getruncken/ das ist die daselbst gemachte
Schlüsse der Union angenommen/ und denen gefolget werden [...].“ Sieht man
einmal davon ab, daß der erst 1633 zwischen Schweden und deutschen prote-
stantischen
Mächten geschlossene Bund hier schwerlich gemeint sein kann, so
haben diese und die anderen Andeutungen des Ungenannten doch den Vorteil,
daß sie den Zusammenhang von Augusts Dreierdukaten mit einer Reihe von
einfachen goldenen Dukaten F. Augusts zu verstehen erlauben, die im wesentli-
chen
in den Phönix- und Brunnenmotiven und in den Legenden übereinstim-
men:
1. Schaumünze von 1615 (ohne Wappen; statt Siegeslamm gekrönter Bär;
Säule statt Fontäne; latein. Legenden, Revers: Fons Incomparabilis; Beckmann,
Nr. 7; Mann, Nr. 449); 2. Schaumünze 1617 (latein. Legenden; Beckmann, Nr.
10; Mann, Nr. 450); 3. Schaumünze 1620 (latein. Legenden; Beckmann, Nr. 8;
Mann, Nr. 451); 3a. Silberner Abschlag, sonst wie 3 (Mann, Nr. 451a). Die la-
teinischen
Legenden lauten auf der Vorderseite ,In Terris Rarissima Sed Ta-
men‘,
auf der Rückseite (seit 1617) ,Lavacrvm Inevitabile‘, was dem Sinn des
deutschen Dreierdukaten fast entspricht. „Die Hoffnung eines guten Successes
würde durch das heraussteigende Lamm mit den Palmen-Zweigen/ und flie-
henden
Fahnen verstanden; Das Anhaltische Wapen hätte auf Fürst Christianen
seine Abzielung/ als auf welchen bei Vollführung der Unions-Schlüsse vor an-
dern
Reflexion gemachet worden. Mit der Verbrennung des Phoenicis, oder
vielleicht Adlers/ wäre auf einer Verbesserung des Reichs Forme gesehen/
gleich wie aus dem alten Phoenice ein neuer Phoenix entstünde; [...] A. 1615
hätte man sich mit der Union in Verfassung gesetzet/und damahls hätte es ge-
heissen
Fons incomparabilis. A. 1617. hätte man schon gesehen/ daß bei dem
Unions-Wercke etwas müssen gewaget werden/ und darumb wäre gesetzt wor-
den/
Lavacrum Inevitabile. Vielmehr aber A. 1620. Darumb wäre nicht allein
das Lavacrum inevitabile, sondern auch in den grossen der unvermeidliche
Brunn vorgestellet worden.“ (Beckmann V, 561).
Tatsächlich müssen die Angabe der Jahre, die Veränderung einer Umschrift
und die Hinzufügung des Wappens historische und daher wohl die angedeute-
ten
politischen Gründe gehabt haben, jedoch war den Zeitgenossen das allego-
risierende
Denken auf mehreren Sinnebenen noch so geläufig, daß August den
Dukaten durchaus auch eine alchemistische Bedeutung beigemessen haben
könnte. Die hermeneutische Verbindung wurde nicht nur durch die Auffassung
der Alchemie als einer durchaus christlichen und erlaubten Form der Magia na-
turalis
ermöglicht, sondern in Augusts Fall durch seinen engen Umgang mit
Vertretern der rosenkreuzerischen Erwartung einer Zweiten Reformation ge-
|| [
127]
radezu aufgedrängt. So konnte sich der reformierte Topos (Ecclesia quia refor-
mata
semper reformanda) leicht mit Gedanken der protestantischen Frömmig-
keitsreform,
der Reichsreform und einer chymischen Transmutatio zu einem
Ideenkomplex verbinden, der sich in der Symbolik einer Serie von Schaumün-
zen
aus Neuem Gold manifestierte, um die vermeintliche Geburt eines Neuen
Weltalters anzukündigen.
Lit.: Beckmann IV, 560 u. T. VI Güldene Muntzen der Fürstl. Häuser Anhalt, Nr. 9, vgl.
dazu Nr. 7.8.10 u. S. 570; Johann Tobias Köhler: Vollständiges Ducaten-Cabinet das ist:
Historisch-critische Beschreibung ... aller gangbaren Goldmünzen. 2 Thle. Hannover
1759–1760, II, Nr. 1704–1706; Johann Lüdicke: Von Fürstl. Anhaltischen Medaillen/
als eine Fortsetzung der Münzen [Schulprogramm Köthen] 1768 (ULB Halle: Pon Xb
69, QK); Th(eodor) Stenzel: Die Anhaltischen Goldmünzen und Medaillen. In: Numis-
matische
Zeitung 19 (1852) 137–141, 145–151, 153–159 u. 161–165, hier Sp. 147f.;
Theodor Elze: Übersicht der Münzen und Medaillen des Hauses Anhalt in der neueren
Zeit (1487–1876). Wien 1903; J. Mann: Anhaltische Münzen und Medaillen vom Ende
des XV. Jahrhunderts bis 1906. Hannover 1907, 110 u. T. XXXIII, Nr. 448 u. 449, vgl.
Nr. 449–451; Wörterbuch der Münzkunde. Hg. Friedrich Frh. v. Schrötter. Berlin, Leip-
zig
1930, 221–223, 591; F. Stieler: Das Fürstentum Plötzkau. In: Bernburger Kalender
1935, 90ff., hier S. 101; Friedrich I. Katzer: Die Sammlung anhaltischer Münzen und
Medaillen im Museum des Kreises Bernburg. Ein Beitrag zur Münz- und Geldgeschichte
Anhalts. Hg. Museumsleitung (Museum im Schloß Bernburg). 1966, 63, 95 u. T. IX 43
a, b; Kurt Jaeger: Mitteldeutsche Kleinstaaten. Basel 1972; (Carlos Gilly): Cimelia Rho-
dostaurotica.
Die Rosenkreuzer im Spiegel der zwischen 1610 und 1660 entstandenen
Handschriften und Drucke. Ausstellung der Bibliotheca Philosophica Hermetica Am-
sterdam
und der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel. 2. verb. Aufl. Amsterdam
1995, 41 (Abb. nach Beckmann, a. a. O., Nr. 9 u. 8); Münzen und Medaillen. Kritischer
Bestandskatalog, bearb. v. Günter Ziegler. Museum für Stadtgeschichte Dessau. Dessau
1997, Nr. 239.
S. 364–366. Melchior Goldast von Haiminsfeld an Martin Opitz. 310119.
S. 419. Martin Opitz von Boberfeld (1597–1639), FG 200. Zu 310703.
Zeichner: Jacob van der Heyden (?).
Stecher: Jacob van der Heyden (1573–1645).
Kupferstich; 14,5 ( 9,6 cm; bezeichnet: „J. ab Heyden sculpsit 1631.“
Kupferstich-Kabinett/ Staatliche Kunstsammlungen Dresden: 152569 im A 242
m, 2.
Foto: Sächsische Landesbibliothek — Staats- und Universitätsbibliothek Dres-
den
(SLUB)/ Abt. Deutsche Fotothek.
Brustbild, nach halbrechts, in längsovalem Rahmen mit Schriftzug: „Imago
MARTINI OPITII V. C. ad vivum expressa. [Zierornament]“. Kopf mit
Schnurr- und Knebelbart und halblangem Haar;Wams mit großem Spitzenkra-
gen.
Darunter lateinisches Distichon von C[aspar] Barth:
Talis, Lector, erat facie phoebeia Sciren,
|| [
128]
Germani princeps carminis, OPITIUS.
(So war, Leser, das Antlitz des apollinischen Sängers
Opitz, des Fürsten des deutschen Gesangs.)
(Barth könnte in seinem Distichon Siren ironisch mit Sciron, dem Namen eines
von Theseus getöteten Küstenräubers, vermischen oder Siren damit etymolo-
gisch
verknüpfen. In dem Nachstich des Porträts von Johann Baptist Paravicini
ist Sciren stillschweigend wie ein Druckfehler zu „Siren“ korrigiert. Zu den Ver-
sen
vgl. 250110 K 11 u. 271001 K 4 S. 164f.) Ende Februar 1630 war Opitz aus
Schlesien aufgebrochen, um über Dresden, Leipzig, Gotha, Frankfurt a. M.
und Straßburg nach Paris zu reisen (Conermann: Opitz auf der Dresdner Fü-
rstenhochzeit), wo er im April eintraf. In Paris sollte Opitz im Auftrag seines
Dienstherrn Karl Hannibal zu Dohna Erkundigungen über die politischen und
militärischen Absichten Frankreichs und der protestantischen Mächte einholen
(vgl. dazu 300725). Auf dessen Befehl kehrte Opitz im Herbst eilig nach Schle-
sien
zurück, wo er Anfang Oktober 1630 eintraf. Während dieser Rückreise hat
Opitz im September wohl Jacob van der Heyden in Straßburg Modell für eine
Porträtzeichnung gesessen. Danach stellte van der Heyden den Porträtstich im
Laufe des Winters 1630/31 her und versah ihn mit der Jahreszahl 1631. Am 27.
März sandte Matthias Bernegger eine Anzahl Exemplare seinem alten Freund
Opitz als Geschenk.
Der Stich bildete die Vorlage für spätere Nachstiche durch G. Boehmer, Paul
Fürst (als Verleger, der möglicherweise Georg Walch mit dem Nachstich beauf-
tragte),
Peter Aubry (ebenfalls als Verleger), Johann Baptist Paravicini und Da-
vid
Tscherning auf dem Kupfertitel von Andreas Tscherning: Deutscher Ge-
tichte
Früling, Breslau 1642 (HAB: Xb 1835 [1]). Zur Geschichte der Opitz-
Porträts und ihrerÜberlieferung s. 271001 K 4.
Vgl. HAB: Graphische Sammlung A 15471–76 (s. Mortzfeld XVII, 314f.).
Lit.: Hollstein’s German Engravings, Etchings and Woodcuts 1400–1700. Vol. XIIIA:
Jacob van der Heyden to Nikolaus Hogenberg. Ed. Tilman Frank. Comp. by Robert
Zijlma. Roosendaal (1984), 9–82, S. 37 (Nr. 79); Mortzfeld XXXIV, 198f.; Singer, Nr.
68641; Erich Trunz: Das Opitz-Porträt des Jacob van der Heyden von 1631. In: E. T.:
Deutsche Literatur zwischen Späthumanismus und Barock. Acht Studien. München
1995, 350–362; Nobilitas literaria. Dichter, Künstler und Gelehrte des 16. und 17. Jahr-
hunderts in zeitgenössischen Kupferstichen. Sammlung Erich Trunz. Heide in Holstein
1990 (Schriften der Schleswig-Holsteinischen Landesbibliothek, 11), 69ff.
S. 423f. Zwei Sonette Diederichs von dem Werder (FG 31). Zu 310800.
ULB Halle/ S.: Nv 1999 (57a).
Vorderseite: Einzeldruck eines auf die Letzten Worte der 1631 verstorbenen
Anna Maria v. Schilling (s. u.) gedichteten Sonetts, das den Autor zur Abfas-
sung
seines Gedichtzyklus’ Krieg vnd Sieg Christi (1631) anregte.
Rückseite: Abschrift eines zweiten Sonetts, das nicht in dem Gedichtzyklus
veröffentlicht wurde. Die Hand konnte bisher nicht identifiziert werden. Der
|| [
129]
zeitgenössische Besitzer des Bandes, der zahlreiche Gelegenheitsschriften ent-
hält, war der Zerbster Oberbürgermeister und Professor Peter von Jena (1584–
1639), der durchaus in den Besitz auch des zweiten unveröffentlichten ,Kling-
gedichts‘ kommen konnte, zumal es der ihm bekannte Dichter im Zusammen-
hang mit dem Tode der in Anhalt prominenten Verstorbenen verfaßt hatte. An-
na Maria, geb. v. Peblis war die Gattin des Köthener Hofmeisters Friedrich v.
Schilling (FG 21). S. 310800.
S. 505. Das Gesellschaftsbuch der Fruchtbringenden Gesellschaft von 1629/30.
Schmuckeinband (Vorderdeckel) des einstigen persönlichen Exemplars von
Martin Opitz. Zu 331223 I.
[Strichrahmen] Der | Fruchtbringenden | Gesellschafft | Vorhaben/ | Nahmen/ |
Gemählde | Vnd | Wörter. | Nach jedweders einnahme | ordentlich | Jn kupffer
gestochen | mit | Vndergesetzten teutschen Reimen. O. O. u. J. [1629/30], Su-
pralibros,
vorderer Einbanddeckel.
Biblioteka Gdańska Polskiej Akademii NAUK: Dc 3415. 8°. Auf der Rückseite
des Titelblatts eingeklebtes Exlibris mit Wappen und Text: „Ex Bibliotheca Se-
natvs
Gedanensis“.
Foto: Agencja Foto-Studio Kołecki, Gdańsk.
Es handelt sich um das einstige persönliche Exemplar des GB 1629/30 von
Martin Opitz (FG 200), das ihm F. Ludwig in besonders schöner Bindung ge-
schenkt
hatte, wie der von Opitz selbst eingetragene Schenkungs-Vermerk auf
dem Titelblatt ausweist: „Ex dono Celsissimi Principis Anhaltini Ludovici. | M.
Opitius.“ — Vgl. Abb. S. 506 und 331223 I.
S. 506. Das Gesellschaftsbuch der Fruchtbringenden Gesellschaft von 1629/30.
Titelblatt des einstigen persönlichen Exemplars von Martin Opitz mit eigenhän-
digem
Schenkungsvermerk. Zu 331223 I.
[Strichrahmen]: Der | Fruchtbringenden | Gesellschafft | Vorhaben/ | Nahmen/
| Gemählde | Vnd | Wörter. | Nach jedweders einnahme | ordentlich | Jn kupffer
gestochen | mit | Vndergesetzten teutschen Reimen. O. O. u. J. [1629/30], Titel-
blatt.
Biblioteka Gdańska Polskiej Akademii NAUK: Dc 3415. 8°.
Es handelt sich um das einstige persönliche Exemplar des GB 1629/30 von
Martin Opitz (FG 200), das ihm F. Ludwig in besonders schöner Bindung ge-
schenkt
hatte, wie der von Opitz selbst eingetragene Schenkungs-Vermerk aus-
weist:
„Ex dono Celsissimi Principis Anhaltini Ludovici. | M. Opitius.“ — Vgl.
Abb. S. 505 und 331223 I.
|| [
130]
S. 526f. Freiherr Enno Wilhelm von Innhausen und Knyphausen an Friedrich von
Schilling. 340628.
S. 648. Christophs zu Dohna Auslegung des Hohen Lieds (Basel 1635), Titelblatt.
Zu 360630.
[Holzschnittrahmen]: Kurtze und einfältige | Betrachtungen vnd Auß- | legun-
gen
| Vber das Hohe | Lied Salomonis. | [Zierstück] | Getruckt zu Basel/ | Durch
Johann Jacob Genath/ | im Jahr Christi/ | 1635. Zentralbibliothek Zürich: C
186 und 2. Ex.: AB 6469.
4° 8 Bl. (Titelbl., „Vorrede“, ungez., undat.), 159, (1) S. — Druckermarke Ge-
naths:
Zwischen 2 Lilien ein Kerzenständer mit einer brennenden Kerze im
Strahlenkranz. Umschrift „CONSVMOR·INSERVIENDO“ (Im Dienst ver-
zehre
ich mich). Als Emblem mit ähnlicher Inscriptio (Aliorum absumor in
usus; Dienende teer ick ujt; Aliis in serviendo consumor) auch sonst gebräuch-
lich.
Emblemata, 1363. Johann Jacob Genath (1582–1654), der in Basel seit
1605 druckte, wurde 1615 Universitätsdrucker. s. Benzing: Buchdrucker2, 44f.
F. Christian II. v. Anhalt-Bernburg (FG 51) ließ das (heute sehr seltene) Buch
1638 nochmals auflegen und sich durch Franciscus Gericcius widmen: [Holz-
schnittrahmen:]
Kurtze vnd Einfältige | Betrachtungen vnd Auß- | legungen |
Vber das Hohe | Lied Salomonis. | [Vign.] | Gedruckt zu Zerbst/ | [Linie] |
Durch Andream Betzeln/ | Jm Jahr CHristi/ | 1638. Vgl. 360630 K 4.