Text

300403 Fürst Christian II. von Anhalt-Bernburg an Fürst Ludwig
[Inhaltsverzeichnis]
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300403

Fürst Christian II. von Anhalt-Bernburg an Fürst Ludwig


F. Christian II. v. Anhalt-Bernburg (FG 51) dankt F. Ludwig für die Korrektur des von ihm verfaßten Gedichts zu einer Hochzeit (Curts v. der Trautenburg gen. v. Beyern, FG 167). — Er hofft, daß F. Ludwig bald genest und mit seiner Gemahlin (Fn. Sophia, AL 1629, TG 38) und dem Grafen (Otto V. v. Holstein-Schaumburg, FG ) zur Feier kommen kann. Er bittet um Benachrichtigung und erwartet den Furierzettel.

Beschreibung der Quelle


Q LA Oranienbaum: Abt. Köthen A 9a Nr. 30, Bl. 157r–158v [A: 158v], 157v u. 158r leer; eigenh.; Sig.

Anschrift und Text


A A Monseigneur & Treshonnorè Oncle, Monseigr. le prince Louys d’Anhalt, a Cöhten. Cito: Cito: Citissime:a
Monseigneur & Treshonnorè Oncle.

J’ay bien receu la gracieuse responce de V. A. & sa benigne correction de mes rimes ou chanson nuptiale.1 Je suis infiniement marry de l’indisposition de V. A. priant Dieu tres-devotement, de la remettre en santè , & de nous bienheurer de sa principalle presence, a nos nopces. Je supplie V. A. de se reguerir & de ne nous frustrer de sa benigne presence avec Madame2 , & Mr. le Conte3 , Nous en serons extremement resiouis, & obligèz a Vos AAses. leur baysans treshumblement les mains, a toutes deux, ma femme & moy, & nous recommendants a leur bonne grace, & eux a la garde Divine. Je demeure,
Monseigr
De V. A. Tresh. & tresaffnè . serviteur Ch. pr. d’Anhalt. etc.


Je supplie V. A. de se declarer benignement & nous envoyer cyb ioinct le billet du Fourrier.
de Ballenstedt, en haste, ce 3. d’Avril 1630. || [193]

I

Hochzeitsgedicht Fürst Christians II. von Anhalt-Bernburg mit eigenhändigen Korrekturen Fürst Ludwigs

Beschreibung der Quelle


Q LA Oranienbaum: Abt. Köthen A 9a Nr. 167, Bl. 26r–27v; eigenh. von F. Christian II., mit Korrekturen von F. Ludwigs H. Die Erstfassung des Gedichts in 300330 I.

1.a
Lieber Breuttigam erkohren,
Seydt vnß willkombb , zu der Zeitt,
Da wir doch sonst freẅde vorc verlohren,
Bringt vnß wieder fröligkeittd ,
Gönnt vnß einmal anzuschaẅen,
Eine von den schönsten Fraẅen.


2.
Eẅre Brautt, die thue ich meynen,
Eẅre Nymph, vndt guldne Zier,
Eẅre süße flamm, mitt weinen,
Vndt mitt Lachen, kömbt herfür,
Schaẅt die schöne waldtgöttinnee ,
Die erfreẅet hertz vndt Sinnef .

3.
Ach Du edles Bildt vong ehren,
vndth Jungfraẅen herrligkeitti ,
Womitt sollenj wir nur verehren?
Deinek pracht vndt zierligkeittl ?
Diesesm reymn zu Deinen händen,
wollen wiro Dir anfangs senden. [26v]


4.p
Zu bezeugung vnsrer wonne,
Die vnß Deine freẅde bringt,
Dein glantz, ô Du guldne Sonne,
Mitt der Venus schönheitt ringtt,
Vnsre augen müßen weichen,
Deinem schein, dem nichts zu gleichen.


5.
O Du schöne zartte Jugendt,
Deinesq Breutigamr eins freẅd,
Die Du voller Zucht vndt Tugendt,
Gehst den weg int herrligkeittu , || [194]
Theil vnß mittv , nachw Deinex gühte,
Ein fromb hertzy , vndt treẅz gemühte.


6.
Damitt wir nur spühren können,
Daß euch angenehme seyaa ,
Die Reimtichtung vnsrer Sinnen,
Die wir gutab gemeinet gutac ,
Solches wollen wir groß achten,
Vnsre arbeitt, nicht verachtenad . [27r]


7.p
Wie wirstu an itzo prangen,
Jn deimae hertzen, Breuttigam,
Da Dein sehnliches verlangen,
Nun einmal zum ende kahm,
Oaf glücksehligeag außbeutte,
Die Dir gönnen gute Leutte.


8.
Also kanstu wol zu frieden,
Einher tretten sicherlich
Nach Deimah wuntsch vndt Deim beliebenai ,
Jn ehr, auch ergetzen Dich,
Niemandt darf Dich drumb beneyden,
Vor Dein Lange pein vndt Leydenaj


9.
Du hast standtfest angehalten,
Numehr in das Sechste Jahr,
Deine Liebe nicht lahnak erkalten,
Drumbal wünscht Dir immerdar
Wer Dir gutam gönntan , Zu Lobao ehren,
Das Dein freẅd mög allzeitt wehren.ap [27v]


10.p
Also Lieben, ohne wancken,
Jst der rechten Tugendt pfadt,
Deinen sinn vndt allaq gedancken,
Deine Lieb erfahren hatt,
Das kanar sieas in solchen treẅen,
Jhr Lieb nicht hat lahnat gereẅen.

11.
Ein bestendig treẅ gemühte,
|| [195] wirdt allzeitt gepriesen sein,
Beyder pahrau , sinn, vndt geblühte,
Muß nun vnverwendtlich sein,av
Weil sie Zwey in so viel iahren,
Die bestendigkeitt erfahren.


12.
Nun glück zu, ihr edle Sinnen,
Seydt getrost vndt wolgemuth,
wer sollt’ sie außdencken künnen,
Eẅre freẅde, wie ihr thut?
Eẅre wonne, ewraw begehren,
woll’ euch Gott nach wuntsch gewehren.

II

Reinschrift des von Fürst Ludwig korrigierten Hochzeitsgedichts von F. Christian II. von Anhalt-Bernburg

Beschreibung der Quelle


Q LA Oranienbaum: Abt. Köthen A 9a Nr. 167, Bl. 28r–29v; eigenh. von F. Christian II.

Correctio F. Ludwigs.


1.
Lieber Breuttigam erkohren,
Seydt willkommen zu der Zeitt,
Da wir freẅde vor verlohren,
Bringt vnß wieder fröligkeitt.
Gönnt vnß einmal anzuschaẅen,
Eine von den schönsten Fraẅen.


2.
Eẅre brautt, die thue ich meynen,
Eẅre Nymph, vndt guldne Zier,
Eẅre süße flamm, mitt weinen,
vndt mitt Lachen kömbt herfür.
Schaẅt die schöne waldtgöttinnea ,
Die erfreẅet hertz vndt sinne.


3.
Ach Du edles bildt der ehren,
Der Jungfraẅen herrligkeitt,
Womitt sollen wir verehren?
Deine pracht, vndt Zierligkeitt? || [196]
Dieses Lied zu Deinen henden,
Wollen wir hiermitt, Dir senden. [28v]


4.b
Zu bezeugung vnsrer wonne,
Die vnß Deine freẅde bringt,
Dein glantz, ô Du guldne Sonne,
Mitt der Venus schönheitt ringt,
Vnsre augen müßen weichen,
Deinem schein, dem nichts zu gleichen.


5.
Ô Du schöne zarte Jugendt,
Deineß Liebsten höchste freẅd,
Die Du voller Zucht vndt Tugendt,
Gehst den weg in herrlichkeitt,
Nimb doch an durch deine gühte,
was wir wüntschen im gemühte.


6.
Damitt wir nur spühren können,
Daß euch nitt mißfallen thut,
Die Reimtichtung vnsrer Sinnen,
Die wir doch gemeinet guht,
Solches wollen wir groß achten,
Eẅer glück mitt Lust betrachten. [29r]


7.b
Wie wirstu an itzo prangen,
Jn dem herzen Breuttigam?
Da dein sehnliches verlangen,
Nun einmal zum ende kam,
Ô des glücks, vndt der außbeutte,
Die Dir gönnen gute Leutte.


8.
Also kanstu wol zu frieden,
Einher tretten sicherlich
Deinem wuntsch nach, vngeschieden,
Jn ehr auch ergezen Dich,
Niemandt darf Dich drumb beneyden,
Ob Du schon viel vor must Leyden.


9.
Du hast standtfest angehalten, || [197]
Numehr in das Sechste Jahr,
Deine Liebe nitt erkalten,
Lahn, drumb wünscht Dir immerdar,
wer Dir gut ist, Dir zu ehren,
Das Dein glück sich möge mehren. [29v]


10.b
Also Lieben, ohne wancken,
Jst der rechten Tugendt pfadt,
waß auch in meinen gedancken,
Deine Lieb erfahren hatt,
Das kan sie in solchen treẅen,
Auf der weltt, ia nitt gereẅen.



11.
Ein beständig treẅgemühte,
wirdt allzeitt gepriesen sein,
Eẅres pahrs sinn vndt geblühte,
Meidett allen falschen schein,
weil sie Zwey in so viel iahren,
Die bestendigkeitt erfahren.


12.
Nun glück zu, ihr edle sinnen,
Seydt getrost, vndt wolgemuth,
Wer sollt’ ie außdencken künnenc ?
Eẅre freẅde, wie ihr thut?
Eẅre wonne, vndt begehren,
Woll’ euch Gott, nach wuntsch gewehren.

Textapparat und Kommentar


Textapparat
a Ein C umfaßt links alle drei untereinander stehenden Wörter.
b cy ioinct eingefügt.

T I
a Diese Version weist Korrekturen von F. Ludwigs H. auf. Die Unterstreichungen scheinen ebenfalls von seiner Hand zu stammen und markieren Streichungsvorschläge.
b Darüber von F. Ludwigs H.: kommen
c Schluß-e von freẅde und vor eingefügt von F. Ludwig.
d Von F. Ludwig gebessert aus frölichkeitt
e Von F. Ludwig gebessert aus waldtgöttinn — Tintenklecks auf wa
f Von F. Ludwig gebessert aus Sinn
g Darüber von F. Ludwigs H.: der
h Darüber von F. Ludwigs H.: der
i Von F. Ludwig gebessert aus herrlichkeitt
j Von F. Ludwig gebessert aus solln
k Von F. Ludwig gebessert aus Deine〈n〉
l Von F. Ludwig gebessert aus zierlichkeitt
m Von F. Ludwig gebessert aus Diesen
n Darüber von F. Ludwigs H.: lied
o Von F. Ludwig eingefügt: hiermit
p Auch Kustode.
q Von F. Ludwig gebessert aus Deinem
r Darüber von F. Ludwigs H.: liebsten
s Darüber Ludwigs H.: höchste
t Von F. Ludwigs H. eingefügt für 〈der〉
u Von F. Ludwig gebessert aus herrlichkeitt
v Darüber von F. Ludwigs H.: Nimb doch an
w Darüber von F. Ludwigs H.: durch
x Von F. Ludwig gebessert aus Deine〈r〉
y Darüber von F. Ludwigs H.: Was wir wuntschen
z Darüber von F. Ludwigs H.: im
aa Darüber von F. Ludwigs H.: nitt mißfallen thutt
ab Darüber von F. || [198] Ludwigs H.: doch
ac Von F. Ludwig eingefügt für 〈frey〉
ad Darunter von F. Ludwigs H.: Euer glück mitt lust betrachten
ae Darüber von F. Ludwigs H.: dem
af Folgt eingefügt von F. Ludwigs H.: des
ag Darüber von F. Ludwigs H.: vnd der
ah Darüber von F. Ludwigs H.: Deinem
ai Darüber von F. Ludwigs H.: nach vngeschieden
aj Darüber von F. Ludwigs H.: 〈Wegen diesen〉. Darunter: Ob Du schon vill vor must leiden.
ak Darüber von F. Ludwigs H.: nitt
al Von F. Ludwig gebessert aus D〈a〉rumb. Davor am Rand von F. Ludwigs H.: lahn,
am Von F. Ludwig gebessert aus guts
an Darüber von F. Ludwig: ist
ao Darüber von F. Ludwig: Dir zu
ap Darunter von F. Ludwigs H.: Das Dein glück sich möge mehren.
aq Darüber von F. Ludwigs H.: Was 〈...?〉 in meinen
ar Das kan eingefügt von F. Ludwig für 〈Darumb〉
as Darüber von F. Ludwigs H. unleserliches gestrichenes Wort
at Darüber von F. Ludwigs H.: Auff der welt ja nitt
au Darüber von F. Ludwigs H.: Eures pahrs
av Darunter von F. Ludwigs H.: Meiden allen falschen schein
aw Darüber von F. Ludwigs H.: vnd

T II
a Gebessert aus waldtgöttinn
b Auch Kustode.
c Gebessert aus können

Kommentar
1 S. 300330. Daß hier in der Tat das Hochzeitsgedicht F. Christians II. v. Anhalt- Bernburg (FG 51) für Curt v. der Trautenburg gen. v. Beyern (FG 167) gemeint ist, ergibt sich aus der Formulierung „mes rimes ou chanson nuptiale“. In Strophe 3 des besagten Gedichts hatte F. Ludwig F. Christians II. Formulierung „diese reym“ in „dieses Lied“ geändert. S. Beilage I u. II.
2 F. Ludwigs Gemahlin, Fn. Sophia v. Anhalt-Köthen (AL 1629, TG 38).
3 Gf. Otto V. v. Holstein-Schaumburg (FG 198), s. 300330 K 7. Weder Otto noch sein Oheim Ludwig und seine Tante Sophia konnten der Hochzeitsfeier in Ballenstedt beiwohnen. Vgl. 300330 K 4 u. K 7.

K I–II Vgl. 300330 K I. — Auffällig ist, daß F. Ludwigs Korrekturen, die zahlreiche Regelverstöße und Fehler F. Christians II. ausräumen, etwa den inkonsequenten Versfuß (trochäisch-jambisch, gleich in den ersten zwei Zeilen der ersten Strophe) u. a., doch auch selbst noch gegen die Opitzschen, ja zum Teil sogar gegen eigene, allerdings erst später kodifizierte Versregeln verstoßen: so läßt er die kontrahierte Form „lahn“ (für lassen) stehen und begeht Kasusbeugung („waldtgöttinne“ [Schluß der Strophe 2]; F. Ludwig achtete mit seiner Verbesserung auf die hier anstellige weibliche Verskadenz), Hebungsprall (etwa in der dritten Zeile der vierten Strophe) und Auseinanderfall von metrischer und natürlicher Silbenbetonung (etwa in der zweiten Zeile der Strophe 3: Jungfraẅen). Vgl. 281021 (S. 370) und F. Ludwigs Anleitung Zu der Deutschen Reimekunst von 1639 in KL III, 136–142, 138. Auch gedruckt in KE, 219–227, 221.
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