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300924 Johann von Mario an Friedrich von Schilling
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300924

Johann von Mario an Friedrich von Schilling


Einen Tag, nachdem Johann v. Mario (FG 100) sein letztes Briefpaket (300921) an Friedrich v. Schilling (FG 21) abgesandt hatte, erreichte F. Friedrich Heinrich v. Oranien die Nachricht von einem Überfall Gf. Hendriks van den Bergh auf das schlecht befestigte Ruhrort. Dessen Kastell werde noch von Truppen Gf. Wilhelms v. Nassau-Siegen unter dem Obristen Rochelle verteidigt. Sie hätten sich dorthin unter großen Verlusten an Soldaten und Einwohnern Ruhrorts zurückgezogen. Der Fürst habe im Haag rasch Patente für 7000 Mann zu Fuß und 40 Kompanien Kavallerie ausgestellt, welche unter dem Generalleutnant Stakenbroek und den Obristen Willem Pynssen van der Aa, Gouverneur von Rees, und Otto van Gent Heer van Dieden, Gouverneur von Wesel, den Belagerten Hilfe leisten sollen. Dehne der Feind seine Angriffe auf andere staatische Garnisonen in den jülich-klevischen Erblanden aus und belagere auch Gf. Wilhelm in Duisburg, werde F. Friedrich Heinrich persönlich in die Region eilen; es könnte dann noch einen „Katzentanz“ und ein „Schafscheren“ geben. — Im Postskript trägt Mario Schilling auf, ihn seinen Bekannten (und Mitgliedern der FG) zu empfehlen und erbittet Nachricht, ob F. Christian II. v. Anhalt-Bernburg (FG 51. Der Unveränderliche) und sein Bruder, F. Friedrich v. Anhalt-Harzgerode (FG 62. Der Stetsgrünende) (auf dem Regensburger Kurfürstentag) etwas im Interesse F. Ludwigs und F. Augusts v. Anhalt- Plötzkau (FG 46. Der Sieghafte) sowie aller Anhänger („adhærenten“) haben bewirken können.

Beschreibung der Quelle


Q LA Oranienbaum: Abt. Köthen A 9a Nr. 87, Bl. 35r–36v [A: 36v]; 36r leer; eigenh.; 2 Sig.

A A, Monsieur, Monsieur, Friderich de Schilling etc.Conseillier et maistre d’hostel, de Monseigneur Le Prince Loys d’Anhalt etc. port à Cöthen. Cito Cito.

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Woll Edler Gestrenger vnd Manhaffter, Großverthrauther vill geliebter herr Bruder, wie ich den 1. dito1 meinem geEhrten herrn Brudern, mein Lesteß paget prieffen nach Ambsterdham an hrn. de latfoeur2 zuegesanden gehabt, so ist den 2. huius ein both von wesel mit schreibenß an den Prinzen hier arriuirt, darJnen an- || [282] gezeigt, daß Gr. Heinrich von dem Bergh3 in eygener perschon den 29. 7ptbr. mit 1500 FewerRohrß, noch 3000 zufueß vnd 19 Comp. Reutterß, deß morgenß vmb 7 vhren neben 6 Feltstueckhen von 6 ℔ Eysenß 4 zu Rohrorth 5 2 St. von Reinberg6 diseit deß Reinß bey Dusburg7 in voller Bataglie sie haben stehen Lassen vnd strackhß auf die Soldaten, so in den retrenchementen8 6 Fueß hoch vnd dickh, dan sunsten vmb den Fleckhen khein Bolwerck oder Mauern allein schlecht mit einem wasser Graben, für deß nachtß vberfallung bewehret gewest, er also balt mit den 6 Feltstuekhen, auf das retrenchement angefangen zu schiessen worauf vnder dem Schiessen der Canons, die 1500 FewerRohrß, Jeder mit holtz vnd Reißbuschen9 , den Graben zu villen10 , angeloffen, vnd die Soldaten mit sturmbter handt11 vberfallen, weliche sie12 etwas gewehrt, doch kheinen Secours zuuerwartten hatten, inß Castel13 so woll 9 fueß von Mawer dickh ist, mit 2 starckhe Thurm daran, mit 2 Eysernen stuekhen retirirt haben, was aber nit inß Castel khumen ist, haben sie alleß nidergeschossen vnd vmbracht auch die gueten Leuth, so aldar wohnhafft waren, nit verschonet, eß Ligen zwar nit mehr den 2 Comp. alß deß Obr. Rochelle14 seine, vnd noch eine von seinem Regement, sie sein von den New geworbenen Regementern, so geworben waren, in der belegerung von Hörtzogenbusch15 , vnd nun von den 8000 sein, so Graue Wilhelm von Nassau etc.16 under seinem Commando hat, alhier auf kheiner repartitie17 stehn, allein von der Contribution, deren Fürstenthumen, Gülich Cleue, vnd Bergh auch Grafschafft von der Marck, sie12 müessen bezalt machen, doch mit Rantion18 , wie wir hier begriffen sein, rantionirt khünen werden, weiln der  Prinz etwen deß morgenß mit der Gutsche war auf sein Lusthause Hontzelaerdick19 3 St. von hier gefahren war vnd das mittagmal dar einzunemen, haben Jhr F. G. ber der malzeit die schreiben Empfangen vnd darnach strackhs wider nach dem Haage gefahren, also balt auf 7000 mahn zu fueß, vnd 40 Compag. Reutterß patenten verferdigt, vnder dem Commando von dem General Leut. der gantzen Caualerie herre von stackhenbruch, Gouuerneur tot20 Graeff,21 das fueß volckh dem obr. vnd gouuerneur von Rees, Pynsen,22 vnd dan dem gouuerneur von Wesel herrn von Dieden23 zu commandiren, weliche in eyll mit pferth- vnd fueßvolckh nacht vnd dage sollen vort marcheren, vmb das Castel von Rohrorth [35v] zuentsetzen, den eß starckh von Mauren, vnd sie Ammunition vnd auch vivres24 noch einighe darJnen haben, vnd wan der feindt kheine andere Canons für bringt, sie sich noch woll biß secours khumbt halten khünen, wofehrn aber der feindt mehr volckhß solle zusamen bringen, vnd Gr.Wilhelm in Dusburg willenß zu belegeren, der bej sich hat 12 Comp. fueß volckh mit 3 Comp. Reutterß, weliche Ammunition, vnd vivres genueg haben, oder die andern Guarnisonen von Eschen25 , Dinschlagen26 , Rattingen27 , vnd andere orther aldar alß Sollingen28 , Burckhdorff29 , vnd dergleichen, weliche sich zum wenigsten Jedeß etliche dage khünen mainteniren, so ist Jhr F. G. strackhß resoluirt in perschon hinauf in eyll zu reisen, vnd Gr. Wilhelm noch die seinigen nit zuuerlassen, vnd alle mittel vnd wege für die hant nemen werde, per reputation vnserm volckh mit Gott zuhelffen, wo fehrn der Prinz hinauf solle khumen, möchte noch woll ein Khatzendantz vnd Schaffscheren in khurtzen sich zuetragen, Gott wolle vnß gnediglichen bejstandt thuen, diseß ist so ich mit diser ordinarj dem herrn Brudern || [283] weiß zu auihsiren, neben Jne sambt seiner hertzLiebsten dienst-freundtlicher Gruessung, vnß samentlichen dem Allerhöchsten Empfelichent Eyllent Haage den den [sic] 4. 8briß 1630 st. no.30

Sein wollgethrewer Freundt Bruder vnd Khnecht.

Goltgelbe Mpria.

p. s. Die andern recommentationen31 recommandir ich dem herrn Brudern, vnderthenig in optima forma zuuerrichten, möchte hertzlichen gehrn vernemen, ob der vnverEnderliche32 widerumben mit dem Stetsgrünenden33 zu Landt weren khumen, vnd ob sie etwas guetß aldar für das gemeine beste, deß a Nährenden34 , vnd Sieghafften,35 vnd aller adhærenten haben auß gerichtet, welicheß ich samentlichen von Jnigheit meiner Sellen von hertzen wuntschen thuet [sic], vnd mir der grossten freuden eine solle sein zuuernemen, die ich von Gott allmechtigen khunte begehren.

Textapparat
a Folgt  〈Naren〉.

Kommentar
1 1. 10. 1630 n. St., d. i. 300921 (a. St.).
2 Charles de Latfeur, Amsterdamer Bankier,s. 260106 K 16 u. ö., vgl. 300921 u. 301001.
3 Gf. Hendrik van den Bergh/ Heinrich vom Berg(e) (Bremen 1573 – Zutphen 1638), Feldherr der span. Niederlande, General der Kavallerie und seit 1626 der Artillerie, 1629 Nachfolger Spinolas und Carlo di Colombas als Oberkommandierender der span. Niederlande, Gouverneur der habsburg. Provinz Geldern 1618–1632, deren topographisch getrennter westlicher Teil allerdings den Vereinigten Provinzen der nördlichen Niederlande angehörte (Prov. Gelderland). Der Verlust von Wesel und ’s-Hertogenbosch 1629 ließ Gf. Hendrik in Brüssel in Ungnade fallen. Üble Nachrede und Verdächtigungen führten 1632 dazu, daß er zunächst heimlich die Fronten wechselte und gemeinsam mit René de Renesse Comte de Warfusée sowie anderen südniederländischen Adligen und in Absprache mit den Vereinigten Niederlanden und Frankreich die Südprovinzen zum Aufstand gegen Spanien aufrief, während staat. Truppen im Sommer 1632 ohne großen Widerstand das Maas-Tal und seine Festungen besetzten. Der Aufruf zur Revolte (Sendschreiben und Manifeste des Grafen aus Lüttich im Juni 1632) hatte indes nicht den gewünschten Erfolg; der Graf wurde in Abwesenheit vom obersten Rat Flanderns in Madrid des Landesverrats für schuldig erklärt und vom Hof zu Mechelen, dem höchsten Gerichtshof der span. Niederlande, zum Tode verurteilt. Seine politische Rolle war ausgespielt. Er erhielt von den Generalstaaten die Mgft. Bergen op Zoom. Vgl. Aitzema I, 1188–1198; BAB 53/ 399ff.; Israel, 515f.; Londorp IV, 287–291; BWN, 121f.; Kölner Nuntiaturberichte VII.1, 710; VII.2, 355; Nijhoffs, 76; I. Commelyn: Histoire de La Vie & Actes memorables de Frederic Henry de Nassau Prince d’Orange. 2 Tle. (Amsterdam 1656), I, 157, 177ff., 181f., 193ff., 221; Memoires de Frederic Henri Prince d’Orange [s. 300410 K 4] (Amsterdam 1733), 53, 71, 131ff.; [Jan Wagenaar:] Allgemeine Geschichte der Vereinigten Niederlande [s. 300410 K 10]. Tl. 5. Leipzig 1762, 74f.; Algemene Geschiedenis der Nederlanden in twaalf delen. Onder redactie van J. A. van Houtte [u. a.]. Deel VI. Haarlem 1979, 245f., 262ff., 297f.; P. J. Blok: Geschichte der Niederlande. 4. Bd.: Bis 1648. Gotha 1910, 362ff., 471ff.; Ders.: Frederik Hendrik Prins van Oranje. Amsterdam 1924, 107, 115 (Porträt des Grafen), 142ff., 149f.; Joseph Cuvelier/ Joseph Lefèvre: Correspondance de la Cour d’Espagne sur les Affaires des Pays-Bas. Tome VI: Supplement 1598– || [284] 1700. Brüssel 1937, 316f., 330, 332, 345, 349f., 352ff.; J. I. Israel: The Dutch Republic and the Hispanic World, 1606–1661, Oxford 1986, 184ff.; Geoffrey Parker: The Army of Flanders and the Spanish Road 1567–1659. The Logistics of Spanish Victory and Defeat in the Low Countries’ War. Cambridge 1972, 258.
4 Kugelgewicht. Eine Kanone des entsprechenden Kalibers (27) nannte eine deutsche Ausgabe des Werks des Antwerpener Artilleriekapitäns Diego Uffano 1630 eine Achtelskartaune. Das Geschütz selbst war 8 1/2 Schuh lang, wog 21 Zentner und schoß 640–3600 Schritt weit. Gustav Klemm: Die Werkzeuge und Waffen, ihre Entstehung und Ausbildung. Sondershausen 1858, 358.
5 Ruhrort bei Duisburg, Hzt. Kleve, seit dem frühen 15. Jh. Standort einer mächtigen befestigten Schloßanlage zur Sicherung des Zolls direkt an der Ruhr (Kastell). Der Ort selbst war wenig befestigt; nicht einmal die alte Ringmauer, die die damals kleine und unbedeutende Stadt umgab, war vollständig geschlossen. Vgl. Merian:Topographia Westphaliae, Stadtansicht vor S. 61. 1614 wurde Ruhrort von spanischen Truppen unter Spinola besetzt. Als die Spanier 1629 Wesel räumen mußten, gelang es ndl. Truppen, sich Ruhrorts zu bemächtigen. Es existierten wohl Pläne, die Stadt zu einer großen Festung auszubauen; ob die Stadt aber wirklich umfassend befestigt wurde, gilt als ungewiß. Johanns v. Mario (FG 100) Hinweise auf provisorische Schanzen (s. Anm. 8) scheinen Zweifel daran zu bestätigen. 1631 wird Ruhrort wie auch Duisburg von den Staaten geräumt (vgl. 310113, 310224, 310311). 1634 ziehen mit Schweden verbündete Truppen Hessen-Kassels ein, die 1635 wieder von staat. Truppen abgelöst werden. Um sich in den ungeschmälerten Besitz Ruhrorts (und des Hzts. Kleve überhaupt) zu bringen, verfügte Kurbrandenburg 1636 den Abriß des Kastells, das gegen einen ernsten Angriff ohnehin nicht zu halten war. 1640 waren die Abbrucharbeiten beendet. Vgl. die Stadtansicht in Joan Blaeu (Hg.): Tooneel der Steden van de Vereenighde Nederlanden, Met hare Beschrijvingen. O. O. u. J. [Amsterdam 1649] (HAB: Cb Gr.-2° 13). Vgl. Commelyn (s. Anm. 3), I, 115; Herbert Lehmann: Ruhrort im 18. Jahrhundert. Duisburg 1966 (Duisburger Forschungen, 8. Beiheft), T. 4 u. S. 11f., 20ff., v. a. S. 24. Vgl. ferner H. Averdunk: Geschichte der Stadt Duisburg. Neu bearb. v. W. Ring. 2. Aufl. Ratingen 1949, 403; H. v. Eicken: Zur Geschichte der Stadt Ruhrort. In: Zs. d. Bergischen Geschichtsvereins 17 (1881), 1–10, 8f.; (Kornelius Haarbeck:) Geschichte der Stadt Ruhrort nebst historischen Urkunden von einem alten Ruhrorter. Ruhrort 1882, 18ff., 213. — 1630 war es zu keinen größeren Kampfhandlungen zwischen der Republik und Spanien gekommen; es blieb bei einigen Überraschungsangriffen und Scharmützeln, zu denen auch die im folgenden von Mario berichtete Kriegsepisode gehört, die in den einschlägigen Chroniken und Geschichtswerken nicht eigens Erwähnung fand. Vgl. aber Commelyn (s. Anm. 3), I, 134f.
6 Das 2 Stunden von Ruhrort entfernte Rheinberg, stark befestigte Stadt im Ebst. Köln, an der Grenze zum Hzt. Kleve, seit 1606 von den Spaniern besetzt und nach dem Verlust Wesels 1629 neben Zandvliet und Breda zur stärksten span. Garnison der Niederrhein-Region ausgebaut. Im Juni 1633 von staat. Truppen unter F. Friedrich Heinrich v. Oranien erobert und bis 1672 als staat. Garnison gehalten. Vgl. Lexikon Geographie, 1007; Ute Geißler: Die Stadt Rheinberg am Niederrhein und ihre Befestigungsanlagen. Rheinberg 1995, 19, 65, 86f.; J. I. Israel: The Dutch Republic and the Hispanic World (s. Anm. 3), 181; Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz. 1. Bd., 3. Tl.: Kreis Moers. Hg. Paul Clemen. Düsseldorf 1892, 49ff.; Franz Petri: Im Zeitalter der Glaubenskämpfe (1500–1648). In: Rheinische Geschichte. 3 Bde. Hg. v. Franz Petri u. Georg Droege. Bd. 2: Neuzeit. Düsseldorf2 1976, 1–217, 96. Christian: Tageb. XII, Bl. 55r, hält am 25. 5. 1633 a. St. während einer Hollandreise des Fürsten die Nachricht fest, „Das Rheinbergk vber wehre. Hat es also der Printz von Vranien in wenig Zeitt belägert, vndt eingenommen.“ Am Abend des folgenden Tages beobachtet Christian in Delft die (im ganzen Lande abgebrannten) „frewdenfewer“ und hört das Glockengeläut aus Anlaß der Einnahme der wichtigen Festung. A. a. O., 56v, vgl. 59v (Siegesfeier in Amsterdam). Vgl. auch 360703.
7 Duisburg/ Hzt. Kleve.
8 Frz. „retranchement“. || [285] In der Sprache der Festungsbaukunst (Erd-)Schanze, Verschanzung, d. i. kleinere Befestigung mit Erdwall, Graben und Brustwehr zur Verteidigung eines begrenzten Abschnitts, zur Bedeckung einer lückenhaften Befestigung etc. Vgl. (Martin Eylend): Modus Artis fortificatoriæ Belgicus, Niederländisch Festung Bawen ... Zum andern mal in Druck gegeben/ an vielen orten Corrigirt/ vermehrt vnd verbessert (Dresden 1630), Bl. H 2vf. (HAB: 13. 1 Bell. [2]); Glossarium artis. Wörterbuch zur Kunst. Red.: Rudolf Huber u. Renate Rieth. Bd. 7: Festungen. Der Wehrbau nach Einführung der Feuerwaffen. Tübingen 1979, 146–148; ferner Georg Andreas Böckler: Manvale Architectvræ Militaris, Oder Hand-Büchlein vber die Fortification vnd Vestungs-Bawkunst. 3 Tle. Frankfurt a. M. 1645–1647, I, 19f., 161ff. Dazu auch Johann Rudolph Fäsch: Kriegs- Ingenieur- Artillerie- und See-Lexicon (Dresden/ Leipzig 1735), 714 (HAB: Jb 81): „eine Verschantzung mit einer starcken Brust-Wehr, und ziemlichen Graben, um ein Lager, Vorstädte, oder einen andern Ort, vor den [sic] Angriff des Feindes zu bedecken.“
9 Reisigbüsche; „die Büschelen Reißig welche der Feind braucht den Graben damit außzufüllen/ wo es sumpffige örter gibt/ heist man Saußiße [...]“ (Martin Eylend:) Modus Artis fortificatoriæ Belgicus (s. Anm. 8), Bl. B 2v, mit Abb.
10 füllen.
11 Vgl. nl. stormenderhand, mit stürmender Hand, d. i. der Ausdruck für eine gewaltsame Eroberung (im Gegensatz zu einer geregelten Übergabe mit entsprechender Vereinbarung/ „Accord“).
12 Gemeint: sich. Häufig auftretende Verwechslung Marios, vgl. etwa 300410 u. 301001.
13 Das alte Burgschloß Ruhrorts. Fäsch (s. Anm. 8), 160: Kastell: „ein nach alter Art, mit Mauren, Thürmen, Rondeelen, Zwinger und Gräben umgebener Ort oder Schloß. Es werden auch die kleinen Citadelle von vier Bollwercken bisweilen so genennet.“ Vgl. Glossarium artis. Wörterbuch zur Kunst. Red.: Rudolf Huber u. Renate Rieth. Bd. 7: Festungen (s. Anm. 8), 80.
14 Nicht ermittelt. Spätere Briefe Marios berichten von dessen tödlicher Verwundung. S. Anm. 30 u. 301001 K 4.
15 Die monatelang nach allen Regeln der Kriegskunst durchgeführte Belagerung und endliche Einnahme der Schlüsselfestung ’s-Hertogenbosch in Nordbrabant im Sommer 1629 begründete F. Friedrich Heinrichs v. Oranien außerordentlichen Ruhm als oberster Militärführer der Republik und „Städtebezwinger“ maßgeblich mit. Sie wurde in vielen Medaillen, Kupferstichen, Gemälden (etwa von Daniel Cletcher, Pauwels van Hillegaert, Hendrik Ambrosius Pacx, Isaac Isaacsz., Jan Breecker u. a.), Flugschriften und Geschichtsdarstellungen festgehalten und gefeiert. Vgl. Oranje Boom I, 102f.; Willem P. C. Knuttel: Catalogus van de Pamfletten-Verzameling berustende in de Koninklijke Bibliotheek. (8 Tle. in 10 Bdn.; Tl. 8 Supplement) ’s-Gravenhage 1890–1920, Ndr. Utrecht 1978, 1. Tl., 2. St. 1621–1648, Nr. 3880ff., 3990ff.; P. A. Tiele: Bibliotheek van nederlandsche Pamfletten. Eerste Afdeeling. Verzameling van Frederik Muller te Amsterdam. Eerste Deel: 1500–1648. Amsterdam 1858, Nr. 2274ff.; J. K. van der Wulp: Catalogus van de Tractaten, Pamfletten over de Geschiedenis van Nederland, aanwezig in de Bibliotheek van Isaac Meulman. 1. Tl. 1500–1648. Amsterdam 1866, Nr. 2059ff., 2101. — Von den deutschen Flugschriften seien nur genannt: Jacobus Prempart: Außführliche Beschreibung Der trefflichen vnd weytberühmbten Belägerung vnd Eroberung der vesten vnnd mächtigen Statt Hertzogenbusch (Amsterdam 1630), HAB: Xb 4° 353; Holländischer Triumpf, und erhaltener Sieg und Eroberung der beyden vornemen Städte und Festungen Wesel und Hertzogenbusch (O. O. 1629), HAB: 66. 7 Pol. [8]. Vgl. Newe Zeitungen. Relationen, Flugschriften, Flugblätter, Einblattdrucke von 1470 bis 1820. Einl. v. Adolf Dresler. Katalog 70 des Antiquariats J. Halle, München. (München) 1929, Nr. 1055f.; Paul Hohenemser: Flugschriftensammlung „Discursus politici“ des Johann Maximilian Zum Jungen. Hildesheim/ New York 1977, 108, 114f. — Vgl. ferner: Het Beleg von ’s-Hertogenbosch in 1629. [Ausstellungskatalog] Noordbrabants Museum ’s-Hertogenbosch. Den Haag 1979 (nach Krieg und Frieden I, 455); Krieg und Frieden I, 142f.; Michel P. van Maarseveen: Die Darstellung des Achtzigjährigen Krieges in der Malerei der nördlichen Niederlande des 17. Jahrhunderts: Belagerungsdarstellungen. In: Krieg und Frieden III, || [286] 469–475 sowie 300410 K 35.
16 Gf. Wilhelm v. Nassau-Siegen, damals Oberbefehlshaber der staat. Tuppen in Kleve, Berg und Mark. S. 300410 K 21 u. K I 15.
17 Nl. Repartitie: Repartition, Beteiligung, Ver- oder Aufteilung (von Kosten oder anderen Belastungen), Zuteilung, Zuweisung, Beitrag, Finanzbeitrag, besonders auch unter Bezug auf Militärtruppen. S. Matthias Kramer: Nieuw Woordenboek der Nederlandsche en Hoogduitsche Taal. ... overgezien ... vermerdeerd door Adam Abrahamsz van Moerbeek. Vierde Druk. Leipzig 1787, 381; WNT XII. 3, 2472ff. — Um die Besoldung der Truppen sicherzustellen, war 1589 die „Repartitie“ in der Union der Vereinigten Provinzen eingeführt worden: Jede Provinz hatte gewisse Kontingente auf ihre Rechnung aufzustellen und zu unterhalten und der Generalität anzubieten. Gelegentlich entzogen sich die Provinzen dieser Pflicht durch eigenmächtige Truppenabdankungen, so Friesland 1630. Vgl. Aitzema I, 1055; Robert Fruin: Geschiedenis der Staatsinstellingen in Nederland tot den Val der Republiek. Uitgegeven door H. T. Colenbrander. ’s-Gravenhage 1901, 186, 196. — Neben den regulären Repartitionstruppen verfügten die Generalstaaten auch über Hilfstruppen in ausländischem Sold, die etwa von englischen oder französischen Subsidien bezahlt wurden. Die Truppen, die z. T. einst in niedersächsisch-dänischem Sold gewesen waren und 1630 unter Gf. Wilhelm v. Nassau-Siegen in den jülichklevischen Erblanden standen, mußten Sold und Unterhalt aus den Kontributionen der Erblande beziehen. Vgl. 300410 K 21 und K I 15. Dementsprechend waren Pfalz-Neuburg und Kurbrandenburg als die Possedierenden der Erblande bestrebt, den Unterhalt dieser Truppen von ihren Territorien abzuwälzen bzw. die fremden Truppen aus dem Lande zu schaffen. Insbesondere Kurbrandenburg wurde von einem wachsenden Schuldenberg erdrückt, der aus dem Unterhalt staat. Truppen resultierte (u. a. die sog. Hofeysersche Schuld) und Anlaß zu langwierigen und konfliktreichen Verhandlungen gab. S. auch 310311 K 15. Vgl. Aitzema I, 1057, 1134ff.; Het Staatsche Leger III, 91f.; Jacob Hendrik Hora Siccama: Schets van de Diplomatieke Betrekkingen tusschen Nederland en Brandenburg 1596–1678. Utrecht 1867, 64f.; Kurbrandenburgs Staatsverträge von 1601 bis 1700. Nach den Originalen des Königl. Geh. Staats-Archivs bearb. v. Theodor v. Moerner. Berlin 1867, 79f., 93f., 101f., 109ff., 125f.
18 Lösegeld, s. 300921 K 3.
19 Honselersdijk oder eigentlich Honselaarsdijk, Dorf in der südholländ. Region Naaldwijk. An der Stelle eines alten Kastells der Herren von Naaldwijk, das er 1612 erworben hatte, ließ F. Friedrich Heinrich v. Oranien ein Palais erbauen, das 1635 in seinen wesentlichen Bauteilen abgeschlossen war. F. Friedrich Heinrichs Lustschlösser Honselaarsdijk und Huis ter Nieuborch bei Rijswijk (s. 310311) sind ungefähr zeitgleich mit dem Palais des Winterkönigs bei Rhenen (s. ebd.) um 1630 entstanden und gingen auf Entwürfe des Malers und Baumeisters Bartholomeus van Bassen (um 1590–1652) zurück. Sie gelten als frühe Manifestationen des klassizistischen Barock in den Niederlanden (Friedrich-Heinrich-Stil), haben sich aber sämtlich bis auf Grundrisse und Zeichnungen nicht erhalten. Vgl. Oranje Boom I, 132ff., 138ff., 144ff.; Konrad A. Ottenheym: Fürsten, Architekten und Lehrbücher. Wege der holländischen Baukunst nach Brandenburg im 17. Jahrhundert. In: Oranje Boom II, 287–298, 287ff.; Princely Display [s. 300410 K 4]. 1997, 111ff., 117f., 154–158; F. A. J. Vermeulen: Handboek tot de Geschiedenis der Nederlandsche Bouwkunst. 3. Tl.: Barok en Klassicisme. 2 Bde. ’s-Gravenhage 1941. Bd. 1: Tekst, 62f., 204ff.; Bd. 2: Platen, Nr. 734; Grote/ Winkler/ Prins IX, 548. Vgl. Marcus Zuerius Boxhornius: Tonneel, ofte Beschrijvinghe des Landts, ende Steden van Hollandt ende West-Vrieslandt (Leiden 1634), 165 (HAB: Gp 63): „een groot ende kostelijk Huys“. Zum Eindruck, den die oranischen Landhäuser um ’s-Gravenhage, das Huis ten Bosch, Rijswijk und das vornehmste, Honselaarsdijk, auf Besucher machten, vgl. C. D. van Strien: British Travellers in Holland during the Stuart Period. Edward Browne and John Locke as Tourists in the United Provinces. Leiden [u. a.] 1993, 151ff. Auch F. Christian II. v. Anhalt-Bernburg (FG 51) besuchte während seiner Reise nach Holland am 25. 5. 1633 a. St. beide Schlösser. Christian: Tageb. XII: „Mitt || [287] meinem bruder nach Rysewyck vndt Hundslerdyck zween schöne häuser des Printzen von Uranien, gefahren, das erste 1/2 m. das andere 2 meilen vom haag gelegen, auf einem wege. Ryßwick ist noch nicht außgebawet, kriegt aber 4 quartier, in iedem ein cabinet, guarderobbe, chambre vndt antichambre, die paviment seindt von Marmel, wie auch die camin damitt bekleidet, vndt hat im eingang 4 schöne prächtige Marmelseulen. Jst sonsten [54r] in einer facciata gebawet, auf Jtaliänisch, abgetheilet, vndt von quadersteinen aufgeführet, hat auch seine loggie gar zierlich. Ein großer lustgarten vndt zween küchengärten werden auch alda angerichtett. Jn den gemächern hats hüpsche Schildereyen, vndt andere zubehör. Von dannen nach Hundslerdyck welches ein sehr schönes prächtiges hauß hat einen sehr großen garten darvor, vndt auf dem hause drey seytten außgebawet von gebackenen Steinen, die 4te schleust eine hüpsche galleria. Es hat viel schöne saubere gemächer, schöne bette, Mahlereyen, vndt tapetzereyen, darinnen, daß es eine Lust zu sehen. Wir musten alle pantoffeln anziehen, als wir wollten hineyn gehen, vndt machte die Fraw so vns die gemächer aufsperrete sehr vnnütz auf mich daß ich einmal [54v] auf die erde außspiehe, es wehre nicht die manier in hollandt etc. Vmb das hauß hats einen waßergraben.“ (55r)
20 Nl. zu.
21 Thomas van Stakenbroek (Staeckenbroeck), General der staat. Kavallerie, Gouverneur von Grave, s. 300410 K 42.
22 Willem Pynssen van der Aa, Drost van Ijsselstein (†1637), wurde 1614 Hauptmann einer Kompanie Fußvolk, 1622 Oberst, 1626 Kommandeur eines eigenen Infanterieregiments; 1614–1637 Gouverneur von Rees, einer wichtigen, von 1614 bis 1672 gehaltenen staatischen Garnison im Hzt. Kleve; 1622–1637 Teilnahme an allen größeren Feldzügen unter den Fürsten Moritz und Friedrich Heinrich v. Oranien. Vgl. Aitzema I, 1129, 1188; II, 150; Het Staatsche Leger III, 32, 93, 170, 217; IV, 8, 17, 22, 96f., 218, 229, 231, 343 u. ö.; Commelyn (s. Anm. 3), I, 43; Memoires de Frederic Henri de Nassau (s. Anm. 3), 54, 136. — Der gedruckte Briefwechsel Constantijn Huygens’ enthält mehrere Briefe von und an Pynssen aus den Jahren 1630–1637. S. De Briefwisseling van Constantijn Huygens (1608–1687). (Hg.) J. A. Worp. I: 1608–1634. ’s-Gravenhage 1911, 296, 451, 453, 465f., 479; II: 1634–1639. ’s-Gravenhage 1913, 22, 24, 27, 29, 63, 115, 295. — Vgl. auch BA II. 9, 20f.; P. J. Blok: Frederik Hendrik (s. Anm. 3), 96, 104, 107, 111; J. J. Poelhekke: Frederik Hendrik Prins van Oranje. Een biografisch Drieluik. Zutphen 1978, 264. Vgl. zu Rees Petri (s. Anm. 6) II, 96.
23 Otto van Gent Heer van Dieden († Dezember 1640), seit 1625 Hauptmann der Garde F. Friedrich Heinrichs v. Oranien, als Oberst von 1626 bis zu seinem Tod Kommandeur des Utrechtschen Infanterie-Regiments, 1627 Gouverneur im 1614 niederländisch besetzten Emmerich/ Hzt. Kleve, dann in dem von ihm im August 1629 eroberten Wesel/ Hzt. Kleve, welche beide bis 1672 staat. Garnisonen blieben. S. 300921 K 3. Vgl. Het Staatsche Leger III, 137, 240; IV, 37f., 167, 221, 229, 234, 342 u. ö.; Andreas Dederich: Annalen der Stadt Emmerich. Emmerich 1867. Ndr. Düsseldorf 1971, 437; Herbert Kipp: Wesel unter niederländischer Besatzung (1629–1672). In: Geschichte der Stadt Wesel. 2 Bde. Hg. Jutta Prieur. 1. Bd. Düsseldorf 1991, 213–250, 213ff., 224ff. (Porträt auf S. 225); Volkmar Braun: Geschichtliches Wesel. Bd. 1: Stiche zu Ereignissen im 16., 17. und 18. Jahrhundert. Köln/ Bonn 1976, S. XIIf., 42ff.; P. Th. A. Gantesweiler: Chronik der Stadt Wesel. Wesel 1881, 343ff., 434ff.; Everhard Wassenberg: Embrica: Sive Urbis Embricensis Descriptio. Libri tres (Kleve 1667), 245ff. (HAB: Gm 4° 483)
24 Frz. Vivres, Lebensmittel, Proviant.
25 Essen war seit 1629 von den Niederländern besetzt. Hermann Rothert: Westfälische Geschichte. 3 Bde. Gütersloh 1949–1951, II, 156. Vgl. auch: Die Annalen des Propstes Georg Overham. In: Werdener Geschichtsquellen. Hg. Otto Schantz. Zweiter Teil III. Bonn 1919, 145.
26 Dinslaken/ Hzt. Kleve, zwischen Wesel und Duisburg gelegen, 1629 von staat. Truppen besetzt. Vgl. Rudolf Stampfuß/ Anneliese Triller: Geschichte der Stadt Dinslaken 1273–1973. Neustadt a. d. Aisch 1973, 172f.
27 Ratingen im Ft. Berg, nordöstl. v. Düsseldorf, 1629 von den Staaten besetzt. Vgl. Commelyn (s. Anm. 3), I, 115; Otto R. Redlich/ Arnold Dresen/ Johannes Petry: Geschichte der Stadt Ratingen || [288] von den Anfängen bis 1815. Ratingen 1926, 72f.; Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz. 3. Bd., 1. Tl.: Die Kunstdenkmäler der Stadt und des Kreises Düsseldorf. Hg. Paul Clemen. Düsseldorf 1894, 155ff.
28 Solingen/ Ft. Berg.
29 Vielleicht ist Burg an der Wupper/ Ft. Berg gemeint, 1614 von Pfalz-Neuburg eingenommen, dann abwechselnd von Spaniern, Holländern, Schweden, Hessen, Kaiserlichen besetzt. Vgl. Rheinisches Städtebuch. Hg. Erich Keyser. Stuttgart 1956 (Deutsches Städtebuch, III. 3), 86f.
30 Den vorliegenden Brief schrieb Mario am Morgen des 4. 10. 1630 n. St.; am Abend desselben Tages, datiert auf 9 Uhr, unterrichtete er Friedrich v. Schilling (FG 21) in einem weiteren Schreiben (a. a. O., Bl. 34r; A: 34v), daß es den Angreifern offenbar gelungen war, sich zwischenzeitlich in den Besitz des Kastells zu bringen: „Wie ich disen vormittagß das schreiben [300924] an herrn de latfoeur [s. Anm. 2] nach Ambsterdham habe zue gesandten, so haben Jhr F. G. von Orangien [F. Friedrich Heinrich] gegen abent vmb 6 vhren von Gr. wilhelm [v. Nassau-Siegen, s. Anm. 16] von Dusburg mit einem expressen schreibenß bekhumen, daß der Feindt, Rohrort das Castel, so er 3 daghen Jnen gehabt, wider verlassen, die 2 Eysene Stuckhen, vnd was sunsten in dem Castel vnd flekhen war, alleß geblundert, vnd Eyllentß seine retirata alß wan er geJacht wurde wider nach Reinberg genumen“ (Bl. 34r). Dort heißt es weiter, die staat. Truppen in den umliegenden Garnisonen hätten einstweilen auf eine gute Gelegenheit gewartet, dem Feind zuzusetzen: „der obrist Rochelle solle dötlichen verwundt sein worden, daß man nit vermeinet er das Leben behalten solle, ob es [das Castel] wider besetzet wirdt von vnserm volckh, schreibe ich mit Gott auf das erste“ (ebd.). Weiteres s. 301001.
31 Vgl. die in 300410 (Nachschrift) und I (Postskriptum) genannten Fruchtbringer, denen Schilling Marios Empfehlungen ausrichten sollte.
32 F. Christian II. v. Anhalt-Bernburg (FG 51); seine Reise nach Regensburg zum Kurfürstentag, der vom Juli bis Dezember 1630 tagte. Seine Anwesenheit dort dokumentiert eigens das Theatrum europaeum, Tl. 2, 3. Aufl. (1646), 224. Christian, der gerade die Regierungsnachfolge seines Vaters Christian I. (FG 26) im Teilft. Bernburg angetreten hatte (vgl. 300509), als er am 10. 6. 1630 in Begleitung seines Bruders Friedrich (FG 62, s. Anm. 33) nach Regensburg aufbrach, verhandelte u. a. über die ständigen Durchzüge und Einquartierungen ksl. Truppen und die Durchführung des ksl. Restitutionsedikts (von ksl. Einziehung bedroht u. a. das Stift Gernrode, das Amt Mönchenienburg, Groß Alsleben und selbst das anhaltische Stammhaus und die Nebenresidenz Ballenstedt), wobei es bereits zu diversen Übergriffen wirklicher oder selbsternannter ksl. Kommissare gekommen war. Ferner ging es Christian um eine aus der ksl. Hofkammer erwartete Pension. Christians Tagebuch hält die Klagen über die schleppende Behandlung seiner Angelegenheiten im Reichshofrat, die ständigen Vertröstungen und ein enervierendes Antichambrieren und Aufwarten fest. Vgl. Christian: Tageb. IX, Bl. 1ff. (Einträge ab 15. 7. 1630), etwa Bl. 19r (Eintrag vom 19. 7.), 26v (22. 7.) u. ö. In seiner Audienz beim Kaiser am 24. 7. 1630 bringt Christian vier Punkte vor: 1. Er erinnert Ferdinand II. daran, was dem Reichshofrat zur Behandlung übergeben worden sei, vorab in Sachen Restitution der geistlichen Güter. Bitte um Einstellung der gewaltsamen Sequestrierungsversuche zugunsten eines korrekten, formellen ksl. Rechtsentscheids. 2. Bitte um Restitution des unschuldigen Pgf. Ludwig Philipp v. Simmern (FG 97; Bruder des Winterkönigs) in seinen Landen. 3. Fürsprache für Burggf. u. Herr Christoph zu Dohna (FG 20; vgl. 300410 K 10), schrift- und mündlich. 4. Gratulation zur Eroberung der Stadt Mantua und Dank für die Gewährung der Audienz. Vgl. Christian: Tageb. IX, Bl. 31rf. (Eintrag vom 24. 7./ 3. 8. 1630). Trotz weiterer Audienzen beim einflußreichen ksl. Minister F. Johann Ulrich v. Eggenberg (vgl. 280724 K 5 u. ö.) und beim Kaiser erreicht Christian doch nur hinhaltende Bescheide, die das Restitutionsedikt in Abhängigkeit vom Passauer Vertrag von 1552 bestätigen: alle seitdem säkularisierten Güter sind zurückzugeben. Zutiefst enttäuscht und zudem alarmiert durch den Einfall der Schweden in Pommern reist er am 18. August aus Regensburg ab und trifft am 26. in Köthen ein, wo er mit F. Ludwig, tags darauf mit diesem, F. August v. || [289] Anhalt-Plötzkau (FG 46) und F. Johann Casimir v. Anhalt-Dessau (FG 10) über seine Reise und den desolaten Zustand im Anhaltischen konferiert. Vgl.Christian: Tageb. IX, Bl. 1–100; KU I, 701; Beckmann V, 363. Christians „Raysons de mon retour“ in Christian: Tageb. IX, Bl. 2. — Zum Verhältnis Marios zu Christian vgl. 300410 K 51 u. 310113.
33 F. Friedrich v. Anhalt-Harzgerode (FG 62), der auch nach Ausweis des Theatrum europaeum gemeinsam mit seinem Bruder Christian dem Regensburger Kollegialtag beiwohnte. Vgl. Theatrum europaeum, Tl. 2, 3. Aufl. (1646), 224; Christian: Tageb., a. a. O. (s. Anm. 32). Am 21. 7. hält Christian in seinem Tagebuch die Abreise seines Bruders Friedrich fest, der nach Prag aufgebrochen war und von dort über Dresden und die Elbe hinab wieder nach Anhalt zurückkehren wollte (IX, Bl. 22r).
34 F. Ludwig.
35 F.August v. Anhalt-Plötzkau, der seit dem Tod F. Christians I. v. Anhalt-Bernburg 1630 als Senior und Empfänger des Reichslehens das Gesamtfürstentum Anhalt vertrat. Vgl. Beckmann V, 449ff.
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