Die hier vorgelegten Texte aus dem Vorwerk von F. Ludwigs Übersetzung des
Weisen
Alten von Goulart — nämlich die Widmungsvorrede F. Ludwigs an die Gesellschafter,
das Sonett des „weisen Alten“ an die Leser und schließlich Tobias Hübners (FG 25)
Übersetzung der „Stances“ des Originals — bündeln die fruchtbringerischen Aspekte des
Übersetzungswerkes, das als solches bereits genuin fruchtbringerischer Sprach- und Literaturförderung dient,
und demonstrieren in den Korrekturen F. Ludwigs die orthogra- || [
397] phische und grammatische Regulierung der deutschen Schriftsprache. Die Widmungsrede
des Nährenden verdeutlicht, in welchem Geist und mit welcher Absicht die Übersetzung
in eine sprachlich richtige, stilistisch elegante („zierliche“) und inhaltlich nützlicherbauliche
muttersprachliche Prosa erfolgt ist: Ausgangspunkt und privilegierter Adressat
des Werks ist die FG. Die Gedichte wiederum, die zentrale thematische Aspekte des
„weisen Alten“ hervorheben, zeugen in den ausgeführten Korrekturen an der Handschrift
von der prosodisch-metrischen Feinarbeit am deutschen Vers. Darüber hinaus
tritt mit Tobias Hübner und seinen übersetzten „Gesetzen Auf den weisen Alten des
Nutzbaren“ ein anderes bedeutsames Mitglied der frühen FG als Mitwirkender in Erscheinung.
Handschriftliche Überlieferung (
H) und Druckfassung (
D) des
Weisen Alten, zwischen
denen eine zeitliche Spanne von mehr als zehn Jahren liegt, weisen in der orthographischen
Gestaltung deutliche Unterschiede auf. Zwischen beiden Überlieferungen und ihren
Abweichungen in der Schreibweise, wie sie der Vergleich des Titelblattes (
T), der
Widmungsrede Fürst Ludwigs „An Alte und Junge der Fruchtbringenden Geselschaft“
(
W), des Sonetts (
S) und der „Gesetze Auf den weisen Alten des Nutzbaren“ (
G) beider
Fassungen sichtbar macht, plazieren sich Streichungen und Überschreibungen (
korr.),
die F. Ludwig eigenhändig in
H angebracht hat. In ihnen spiegeln sich die zeitgenössischen
Bestrebungen um eine stärkere Regulierung der deutschen Rechtschreibung, so
daß die drei Überlieferungen (Handschrift, darin deren Korrektur, Druckschrift) den
Prozeß der orthographischen Reform zu Beginn des 17. Jahrhunderts in Deutschland illustrieren.
Zu welchem genauen Zeitpunkt zwischen 1631 (
H) und 1643 (
D) die Überarbeitung
der Handschrift vorgenommen wurde, läßt sich zurzeit nicht zweifelsfrei bestimmen.
Einige der getroffenen neuen Schreibregelungen (etwa die Vereinfachung der
Doppelkonsonanz) sind konsequent erst seit Anfang der 40er Jahre im Umkreis des
sprachliebenden Fürsten zu beobachten und legen somit eine ungefähre Datierung der
Korrekturarbeit auf die späten 30er/ frühen 40er Jahre nahe. Da es in den Korrekturen
aber noch zu Abweichungen und Inkonsistenzen im Vergleich zur Drucküberlieferung
kommt, scheidet die vorliegende Handschrift als unmittelbare Druckvorlage aus (vgl.
Q).
Zur Orthographie der Überlieferungen — eine Übersicht.
Deutlich zu erkennen ist die häufige Streichung des Dehnungs-h. „Die Buchstaben/ das
sie in der aussprache lang sollen ausgesprochen werden/ mit dem h zu schreiben ist nicht
noͤtig/ ausser da es der unterscheid oder das stamwort erfodert“, so Christian Gueintz
(FG 361) in
Gueintz: Rechtschreibung, 12. Unter die handschriftlichen Korrekturen fällt
sehr häufig die Tilgung dieses Buchstabens — exemplarisch zu belegen an Wörtern wie
„vermanung“ (H korr.,
T), „gewonheit“, „genugsamen“ (H korr.,
W, Bl. [2]r), „einmal“
(H korr.,
W, Bl. [2]v), „schön“ (H korr.,
G, Z. 7), „belone“ (H korr.,
G, Z. 16), „crone“
(H korr.,
G, Z. 17) oder „Unerfarenheit“ (H korr.,
S, Z. 2). Zum Teil ist das Dehnungsh
erst in der Druckfassung weggefallen (vgl. etwa „nemen“ [D, T/ D,
W, Bl. A 2r], „heilsam“
[D,
W, Bl. A 3r] oder „gebür“ [
D,
S, Z. 4]), in zahlreichen anderen Fällen wiederum
bleibt es erhalten. Erwähnenswert ist die fast vollständige Streichung des Dehnungs h
vor dem t, das nur noch im Wortstamm „raht“ zurückbleibt (vgl. „Rahte“ [
D, T], „vorrahte“
[
D, W, Bl. A 2r], „vorraht“ [
D, W, Bl. A 2v], „raht“ [
D, G, Z. 15]). „Bluhtgirig“
(
H, G, Z. 1) hingegen wird in der Druckschrift zu „Blutgierig“ (
D, G, Z. 1) verbessert,
„guht“ bzw. „guhte“ schon in der Handschrift zu „gut“ bzw. „gute“ (
H korr., S, Z. 7 u.
8), desgleichen „gühte“ zu „güte“ (
H korr., G, Z. 21). Damit nähert sich die gedruckte
Version dem heutigen Stand der deutschen Rechtschreibung an, die ebensowenig ein einheitliches
Anzeigen der Vokallänge kennt und das Dehnungs-h nur noch vor die Konsonanten
l, m, n, und r setzt. Zudem wird die in der Handschrift noch variable Stellung
des Dehnungs-h im Druck einer einheitlichen Regelung unterworfen: hier ist es dem Vokal
fast immer nachgestellt. „Jhare“ (
H korr., T) wird zu „Jahre“ (
D, T) geändert, || [
398]
„Rhate“ (
H korr., T) zu „Rahte“ (
D, T), „werthe“ (
H, W, Bl. [2]r) zu „wehrte“ (
D, W,
Bl. A 2r) etc.
Aus der Druckfassung schwindet auch vollständig die archaisierende Endung „dt“.
Überlieferte Schreibweisen wie „undt“ (
H, T) oder „wirdt“ (
H, W, Bl. [2]v), bereits in
der Handschrift zu „und“ (
H korr., T) bzw. „wird“ (
H korr., W, Bl. [2]v) korrigiert, verlieren
so im Auslaut ihre doppelte Konsonantenfolge. Gleichfalls verbesserte Fälle wie
„tod“ (
H korr., T) oder „allerhand“ (
H korr., W, Bl. [2]r) kommen damit der um sich
greifenden Normierungsbestrebung nach, die Schreibung des Wortendes nach dem Plural
des Substantivs auszurichten: „Im schreiben der Endbuchstaben ist achtung auf den
Ursprung/ und die übereinzige Zahl [...] zu geben. Dan billich ein iedes Wort mit dem
Buchstaben geschrieben wird/ davon es herrüret. Als man schreibet ein Schwert mit dem
t. Dan man saget Schwerter [...]. Das Pferd mit einem d. Dan man saget die Pferde“
(
Gueintz: Rechtschreibung, 15).
Eine andere orthographische Reform zielt auf die Differenzierung von Konsonanten
und Vokalen, die mit unterschiedlichen Zeichen dargestellt werden sollen. Diese sich
nach und nach durchsetzende Schreibnorm zeichnet sich in beiden Textüberlieferungen
bereits ab. Wie „Jn“ (
H, T/ D, T), „Jhr“, „Jch“, „Jtalianische“ (
H, W, Bl. [1]r/
D, W,
Bl. A 2r) oder etwa „iederzeit“ (
D, W, A 3r) beispielhaft belegen, können die Buchstaben
i und j zwar noch in beiden Fassungen füreinander einstehen, das im Anlaut mitunter
als Vokal eingesetzte v aber wird in der Druckschrift konsequent zu u redigiert. Vorstufen
dazu finden sich bereits in der Handschrift, in der das v im Anlaut von „Unnd“,
„undt“ (
H korr., T), „uns“, „Unters“ (
H. korr., S, Z. 8 u. 10) mit dem äquivalenten
Selbstlaut überschrieben wird. Gleiches läßt sich für den vokalisch zu lesenden Konsonanten
w festhalten, der im Falle von „erfreuen“ (
H korr., S, Z. 7/
H korr., G, Z. 18)
oder „grau“ (
H korr., G, Z. 11) bereits in der Handschrift durch das u ersetzt wird.
Gueintz, der in seiner Arbeit
Gueintz: Sprachlehre, 19f., zu diesem orthographischen
Problem noch nicht klar Stellung bezieht, schließt sich vier Jahre später dieser neuen Regelung
an: „Au und Eu seind besser als Aw und Ew. Weil das w. ein mit= und nicht selblautender
für sich/ dieses aber ein duppellautender ist“, (
Gueintz: Rechtschreibung, 17).
Diese unverkennbare Tendenz zur Vereinfachung und Vereinheitlichung der Schreibweise
erfaßt auch die in der Handschrift noch zahlreich vertretenen Duplizierungen desselben
Konsonanten. Suffixe wie „schafft“ oder „keitt“, in einzelnen Fällen wie z. B.
„Tapferkeit“ (
H korr., G, Z. 4) schon in der Handschrift korrigiert, büßen in der Druckfassung
endgültig ihre Doppelkonsonanz ein. „Geselschaft“/ „Geselschafter“ (
D, W, Bl.
A 2r), „wissenschaft“ (
D, T) oder „erbarkeit“ (
D, G, Z. 21) etwa gehören zu jenen Wörtern,
die im Druck von der im Manuskript vorgegebenen Schreibweise abweichen. In
auffallender Häufung entfallen die doppelten Konsonanten zudem im Auslaut nach kurzen
Vokalen wie etwa bei „hat“ (
H korr., W, Bl. [2]r u. v/
H korr., G, Z. 18), „alt“ (
H
korr., S, Z. 9) oder „wil“ (
D, W, Bl. A 2v), aber auch nach Diphthongen in Wörtern wie
„auf“ (
H korr., W, Bl. [2]v) oder „zeit“ (
D, S, Z. 3) sowie im Anschluß an Umlaute wie
in „geschäften“ (
D, W, Bl. A 2r) oder „nottürftig“ (
D, W, Bl. A 2v). Diese orthographische
Neuregelung, deren Befolgung sich auch im übrigen Kreis der FG verstärkt ab
1640/1641 feststellen läßt (vgl.
DA Köthen I. 1, 76ff.), weicht deutlich von den damaligen
Schreibgewohnheiten ab: „Die Mitlautenden buchstaben pflegen die Deutschen in
kurtzen wörtern am ende gemeiniglich zu Doppliren/ als: all/ schall/ voll/ vaß/ auff.
Das l wird allezeit gedoppelt/ welche von will und all/ herkommen“ (
Gueintz: Sprachlehre,
19; vgl. auch
Gueintz: Rechtschreibung, 16). In der Wortmitte aber plädiert selbst
Gueintz für das Entfernen der „müssigen buchstaben“: wenn „der Verstand des wortes
klar ist/ und [...] keine zwiefache Deutung daraus zu nemen“ (ebd., 11), darf wie im
Falle von „götlich“ (
H korr., T) gekürzt werden. Ausgeschlossen von diesem nicht konsequent
durchgeführten Normierungsversuch sind zudem Schreibweisen, die durch
sprachliche Konvention übermittelt sind. Der Usus scribendi sieht auch weiterhin für || [
399]
Wörter wie „wan“ (
H korr., S, Z. 6), „dan“ (
H korr., S, Z. 11) oder das Adverb „wol“ (
H korr., S, Z. 3 u.
G, Z. 19) einen einzelnen Konsonanten im Auslaut vor (vgl.
Gueintz:
Sprachlehre, 19).
Der Wunsch nach einer einheitlichen Orthographie ist auch deutlich der Schreibung des
z anzumerken, das im Wortinnern und am Wortende durchgängig in ein tz verwandelt
wird: „blizen“ (
H, G, Z. 10) wird zu „blitzen“ (
H korr. ebd.), „erhizen“ (
H, G, Z. 11) zu
„erhitzen“ (
H korr. ebd.) verbessert. Aber selbst nach Konsonanten sieht die damalige
Regelung ein tz vor. Wenn es fehlt — wie zunächst im Falle von „eintzig“ (
H korr., S, Z.
7), „verkürtztest“ (
H korr., G, Z. 3) und „begrentzet“ (
H korr., G, Z. 20) —, wird es
nachträglich von F. Ludwig eingefügt. Unberücksichtigt von seinen handschriftlichen
Korrekturen bleibt allein das in zwei Varianten vorkommende „kurtz“/ „kurz“ (
H, T/
H, G, Z. 2), das erst auf der Stufe des Druckes in seiner Schreibweise vereinheitlicht
wird. Christian Gueintz stellt dazu die entsprechende Schreibnorm auf: während das tz
„niemals im Anfange eines Deutschen Worts geschrieben“ wird (
Gueintz: Rechtschreibung,
13), so kommt das z „in der mitten und am ende“ eines Wortes „fast niemals ohne
ein t“ aus (ebd., 18).
Das Bemühen um die Aufstellung von Schreibregeln zeigt sich ebenfalls in der Zusammen-
und Getrenntschreibung. Einfache Infinitivkonstruktionen mit „zu“, in der Handschrift
noch beliebig zu einem Wort gefügt oder auseinander geschrieben, werden in der
Druckfassung bis auf eine Ausnahme, die wahrscheinlich auf einen Druckfehler zurückzuführen ist (vgl.
D, G, Z. 12),
getrennt. Beim Wort „das“ fällt auf, daß der Druck — im
Unterschied zur Handschrift — durch das wahlweise Setzen eines ß zwischen Konjunktion
und Artikel/ Pronomen differenziert. Durch Gueintz sind beide Schreibvarianten
überliefert, da sich seine beiden o. g. Sprachwerke in diesem Punkt widersprechen. In
seiner
Sprachlehre stellt er die Forderung auf, beide Wortarten schon im Schriftbild zu
unterscheiden (vgl. ebd., 19). Diese von Nachfolgenden (Harsdörffer [FG 368]:
Poetischer
Trichter, 1647) wieder aufgegriffene Schreibregel, die sich bekanntlich durchsetzen
wird, revidiert Gueintz in der
Rechtschreibung allerdings wieder: „Das/ es mag ein vornenwort
[Artikel] oder fügewort [Konjunktion] sein/ sol allezeit mit einem kurtzen s geschrieben
seyn. Dan der Verstand in der rede an sich selbsten giebet/ was das Wort eigentlich
bedeutet/ man auch aus der rede es nicht vernehmen kan/ was für ein s sey“
(16). Damit fällt hier Gueintz bzw. die die Rechtschreibung überarbeitende Gruppe der
FG-Mitglieder, darin vor allem Fürst Ludwig, hinter eine grammatisch-funktional und
semantisch begründete Schreibungs-Differenzierung zurück, die sich seit Ende des 16.
Jahrhunderts angebahnt hatte und etwa bereits in Johann Rudolph Sattlers
Teutscher Orthographey
vnd Phraseologey (3. Aufl. Basel 1617, Ndr. 1975, 16) festgelegt war. Ansonsten
kennt die Druckfassung den Buchstaben ß nicht: am Wortende wird er zu einem einfachen
s, im Wortinneren zu ss korrigiert. Auch in anderer Hinsicht spiegelt der Druck
gegenüber der Handschrift den damals aktuellen Stand orthographischen Reformbestrebens:
gemäß der Regel von Gueintz, kein deutsches Wort auf i enden zu lassen (vgl.
Gueintz: Rechtschreibung, 17), werden Wörter wie „frei“ (
H, G, Z. 7) oder „bei“ (
H, S,
Z. 5) in der Druckfassung zu „frey“ (
D, G, Z. 7) und „bey“ (
H, S, Z. 5) geändert. Andere
Wörter wie „verstendlich“ (
H, W, Bl. [2]r) und „auslendisch“ (
H korr., W, Bl. [2]v) werden
im Druck auf ihre etymologische Wurzel zurückgeführt und zu „verständlich“ (
D,
W, Bl. A 2r) und „ausländisch“ (
D, W, Bl. A 2v) verbessert. Ob in solchen Änderungen
bereits das Stammworttheorem durchschlägt, läßt sich nicht mit Sicherheit sagen.
Die Groß- und Kleinschreibung läßt in beiden Überlieferungen keine Regelhaftigkeit erkennen,
weder im Sinne einer Wortklassenauszeichnung noch im Sinne einer syntaktisch
fundierten Markierung von Texteinheiten. Die diesbezüglichen Verbesserungen in der
Handschrift sind ebenfalls unsystematisch. Allenfalls die nomina propria, nomina sacra
und die eigennamenähnlichen Appellative (wie etwa Monatsnamen) weisen durchgehend
Majuskelgebrauch auf. Substantivgroßschreibung gehorcht in der Schreibpraxis bis um || [
400]
1700 generell pragmatischen und semantischen Kriterien, die etwa auch Adjektive betreffen
können; als einheitliche, normierte Wortklassenauszeichnung tritt sie uns erst in
der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts entgegen. Sprachgelehrte Fruchtbringer wie
Gueintz, Schottelius und Stieler verzichteten in der Großschreibungsfrage von vornherein
auf kategoriale Generalisierungen und begnügten sich mit einer Feststellung des
Schreibbrauchs. Dieser Befund kann für die Zeit bis um 1640 verallgemeinert werden:
Bis dahin bieten die Grammatiker zwar orthographische Einzelregeln, nicht jedoch systematische
Rechtschreibprinzipien.
Vgl. Rolf Bergmann: Zur Herausbildung der deutschen Substantivgroßschreibung. In:
Das Frühneuhochdeutsche als sprachgeschichtliche Epoche. Werner Besch zum 70. Geb.
Hg. Walter Hoffmann u. a. Frankfurt a. M. usw. 1999, 59–79; Rolf Bergmann, Dieter
Nerius u. a.: Die Entwicklung der Großschreibung im Deutschen von 1500 bis 1700. 2
Bde. Heidelberg 1998, passim u. 971ff. (Zusammenfassung); Petra Ewald/ Dieter Nerius:
Großschreibung der Substantive und
das/ daß-Differenzierung. Zur Annahme eines
„grammatischen Prinzips“ in der deutschen Orthographie. In: Rostocker Beiträge zur
Sprachwissenschaft 7 (1999), 165–186 (Festschr. f. Christa Baufeld. Hg. Irmtraud Rösler);
Utz Maas: Einige Grundannahmen zur Analyse der Groß- und Kleinschreibung im
Deutschen, insbes. zu ihrer Grammatikalisierung in der Frühen Neuzeit. In: Chronologische,
areale und situative Varietäten des Deutschen in der Sprachhistoriographie. Hg.
Gotthard Lerchner u. a. Festschr. f. Rudolf Große. Frankfurt a. M. 1995, 85–100; Wolfgang
Mentrup: Die Groß- und Kleinschreibung im Deutschen und ihre Regeln. Historische
Entwicklung und Vorschlag zur Neuregelung. Tübingen 1979; Claudine Moulin:
„Aber wo ist die Richtschnur?wo ist die Regel?“ Zur Suche nach den Prinzipien der
Rechtschreibung im 17. Jahrhundert. In: Studien zur Geschichte der deutschen Orthographie.
Hg. Dieter Nerius, Jürgen Scharnhorst. Hildesheim [u. a.] 1992 (Germanistische
Linguistik, 108/109 [1991]), 23–60; Horst Haider Munske:
das und
daß. Ein
exemplarischer Fall der Orthographiegeschichte und Orthographiereform. In: Ders.: Orthographie
als Sprachkultur. Frankfurt a. M. [u. a.] 1997, 207–219; Dieter Nerius u. a.:
Deutsche Orthographie. 2. durchges. Aufl. Leipzig 1989, 222ff. („Orthographiegeschichtlicher
Abriß“); Hermann Scheuringer: Geschichte der deutschen Rechtschreibung.
Ein Überblick. Mit einer Einführung zur Neuregelung ab 1998. Wien 1996; Hiroyuki
Takada: Orthographische Vorschrift und Praxis im Barock. Zum Anteil der
Grammatiker an der schriftsprachlichen Norm. In: Zs. f. dt. Philologie 116 (1997), 68–
89.
Anspielung auf Kapitel III von Goularts
Le Sage Vieillard,
dessen Überschrift „De l’arbre
de vie: item de l’arbre de science de bien et de mal“ F. Ludwig in der deutschen Übersetzung
wortgetreu mit der Formulierung „Vom baume des lebens/ ingleichem von dem
baume der wissenschaft gutes und böses“ wiedergegeben hat. Vgl. 1. Mose 2, 9.
„der leiber auferstehung, der seelen unsterbligkeitt“, Paraphrase der Schlußzeilen des Apostolischen
Glaubensbekenntnisses.
Der Genfer Prediger Simon Goulart d. Ä. (1543–
1628), der 1605 für drei Monate vorübergehend in Grenoble wirkte (vgl. die Datierung
seiner Widmungsrede, wiedergegeben in Anm. 7), 1607 zum Nachfolger des verstorbenen
Théodore de Bèze als Präsident der Genfer Geistlichkeit aufrückte und am Ende seines
langen Lebens ein umfangreiches schriftstellerisches OEuvre als Dichter, Übersetzer
und Herausgeber hinterließ, von der klassischen und Kirchenväter-Philologie über historische
Arbeiten bis hin zu religiösen und theologischen Werken. Sein Buch
Le Sage
Vieillard erschien zuerst 1605 in Lyon, sodann text- und druckgleich in Lyon 1606. Vgl.
Arbour I, Nr. 4256 und 4551 (mit Nachweis von Exemplaren);
Conermann: Ludwig und
Christian II. von Anhalt, 421ff.; Chaubard (s. Q). Welche Ausgabe F. Ludwig bei seiner
Korrekturarbeit vorlag, kann nicht eindeutig bestimmt werden, auch wenn er in seiner || [
401] Widmungsepistel explizit auf die Ausgabe von 1605 hinweist. Daß Goularts Todesjahr
mit 1627 falsch in der Vorrede angegeben ist, muß auf einen Irrtum des Kopisten zurückzuführen sein. — Mit Tobias Hübner (FG 25) verbindet Goulart das Interesse am literarischen
Werk des Guillaume de Saluste sieur Du Bartas, das er 1581/82 kommentiert
herausgab (zahlreiche weitere Ausgaben folgten). Vgl.
DBF XVI, 737f.; Biographie universelle
ancienne et moderne. Hg. Joseph François Michaud. Ed. nouvelle, XVII (Paris
1857; Ndr. Graz 1967), 238f.; Leonard Ch. Jones: Simon Goulart 1543–1628. Étude
biographique et bibliographique. Genève/ Paris 1917, bes. 181ff., 288f., 291ff., 303,
576ff. (Bibliographie der „Annotations de Du Bartas“).
„Vorgang“, n., nachgewiesen
als „muster, vorbild“ in
DW XII, 1057. Vgl. „vorwärtsgehen“, ebd., 1054, bzw.
„vorangehen vor andern“, ebd., 1055, übertragen auf die temporale Ebene, ebd., 1057.
Aus dieser Bedeutung des „zeitlichen Vorangehens“ der Alten vor den Jungen, ihres
„Vorgängertums“, leitet sich die lexikalische Bedeutungsnuance des normativen „Vorbildes“
ab.
„lauffig“, adj., d. i. hier eine fließende oder flüssige Rede; vgl.
Stieler, 513:
„Fliessende Rede/ oratio expedita, volubilis.“ Vgl.
Stieler, 1082: „Leufig/ Leuftig [...]
cursorius, curriculò, & cursim, celer, celeripes, & celeriter, agilis, agitabilis, & agiliter.
[...] Durch Reden wird die Zunge leufiger/ exercitatio dicendi lingvam acuit“; vgl. auch
Steinbach, 995: „Geläufig, volubilis. [...] eine geläufige Zunge, lingua exercitata.“
Dies soll wohl heißen, daß F. Ludwig bald nach seinem 50. Geburtstag (am Beginn seines
51. Lebensjahres) — er wurde am 17. 6. 1579 a. St. geboren — auf die Vorlage seiner
Übersetzungsarbeit stieß, also ein gutes Jahr vor deren Abschluß.
Erscheinungsdatum
der ersten Auflage des
Sage Vieillard. Daß in der deutschen Ausgabe Goularts Widmung
an Franc¸ ois de Bonne sieur de Lesdiguières auf den 15. 9. 1606 datiert ist, muß auf
einen Fehler bei der Übersetzung, Abschrift oder Drucklegung zurückzuführen sein.
Noch in der französischen Ausgabe von 1606, die vollkommen identisch mit der ersten
Auflage von 1605 ist (vgl. Chaubard [s. Q], 323), lautet diese auf Grenoble, den 15. 9.
1605. François de Bonne, „seigneur“, später duc de Lesdiguières (1543–1626), nahm an
allen religiösen Bürgerkriegen der Zeit teil und wurde zu einem der großen Häupter der
französischen Protestanten; unter Kg. Heinrich IV. 1591 Leutnant-General in der Dauphiné mit Wohnsitz in Grenoble, 1609 Maréchal de France, 1621 Feldmarschall und
oberster Befehlshaber aller königlichen Truppen; 1622 schwor er dem Protestantismus
ab und wurde Connétable de France. Vgl.
ABF I 654, 104–330; II 415, 171; Jones (s.
Anm. 3), 191 Anm. 1.
Nach dem Tod Caspars v. Teutleben (FG 1)
rückte F. Ludwig (FG 2) 1629 zum Gesellschaftsältesten innerhalb der FG auf.
Unbekannter Verfasser im französischen Original. Unter dem „SONNET | Aux Lecteurs du Sage vieillard“ die Initialen A. S. F.
landen. Nachweise bei
Lexer: Handwb., 1878 und
Paul: Wörterbuch, 505. Vgl.
Stieler, 1063: Landen/ terram cum navibus attingere [...] Anländen. Vgl. 280600 K 3 u. 350731 K I V. 112.
Der frz. Originalausgabe
des
Sage Vieillard zufolge ist der Verfasser der „Stances, En faueur du Sage vieillard“ ein
sonst unbekannter I. Charbonneau. Er dürfte der Kirchenälteste (oder dessen Verwandter)
sein, den die (reformierte) Kirche von Grenoble mit ihrem Schreiben d. d. 24. 2.
1611 an die Genfer Compagnie des Pasteurs mit ihrer Bitte um einen zusätzlichen Pastor
sandte. Vgl. Registres de la Compagnie des Pasteurs de Genève. Tome XI. 1610–1613.
Publiés ... par Gabriella Cahier u. a. Genève 1993, 54 Anm. 41; 221 u. 251f. Wohl derselben,
aus dem Dauphiné stammenden protestantischen Familie dieses Namens gedenken
Haag III, 343.
Das in der Handschrift zunächst für „Gesetze“ stehende Wort
„Stances“ ist dem frz. Original entnommen, bedeutet daher Strophen (hier sechszeilige
Alexandrinerstrophen, die dem Reimschema aabccb folgen) und nicht Ottaverime-Stanzen,
jene achtzeilige, abababcc gereimte Strophenform des ital. Versepos der Renaissance,
wie sie Diederich v. dem Werder (FG 31) in seiner Übersetzung von
Tassos La
Gerusalemme liberata nachgebildet hat. Vgl. Horst Joachim Frank: Handbuch der deutschen
Strophenformen. München/ Wien 1980, 519f., 560, 661ff., insbes. 676f.; Dieter || [
402] Janik: Geschichte der Ode und der „Stances“ von Ronsard bis Boileau. Bad Homburg v.
d. H./ Berlin/ Zürich 1968, 91ff. u. 231f. Daß Hübner in seiner Übersetzung den Terminus
„Stances“ beibehielt, mag seine Verwurzelung im frz. Renaissancevers anzeigen, dessen
freiere Rhythmisierung (anstelle der alternierenden Akzentuierung) bereits die erste
Zeile seiner Gedichtübersetzung anzeigt. Vgl. dazu 231203 K 2, 250110 K 9, 250500 K
1, 260617 K 9, 270925 (insbes. K II 1) und 310000; ferner
Wagenknecht, 15f., 20ff. u.
ö.; Französische Dichtung. 1. Bd.: Von Villon bis Théophile de Viau. Hg. Friedhelm
Kemp u. Werner v. Koppenfels. München 1991, 492ff., insbes. 494f. u. 496.
„Der
Nutzbare“, Gesellschaftsname Tobias Hübners in der FG. Mit dem nachträglichen Einfügen
des Gesellschaftsnamens in der Hs. (s. T ooo) weist F. Ludwig auf Hübners Rolle
bei der Übersetzung der „Gesetze Auf den weisen Alten“ hin. Wie er aber in seiner Vorrede
„An Alte und Junge der Fruchtbringenden Gesellschaft“ mitteilt, stammt die eigentliche
Übersetzungsarbeit am Buch nicht von Tobias Hübner, sondern von ihm selbst.
Vgl. die Argumentation in
Conermann:Ludwig und Christian II. von Anhalt, 424f. In
Unkenntnis der Handschrift und wegen des mißverstandenen Gedichttitels im Druck
fälschlich Hübner zugeschrieben noch in
Dünnhaupt: Handbuch, 2182f. F. Ludwigs Vorrede
spricht außerdem an sich und unabweisbar für seine Autorschaft schon lange vor
Hübners Tod (1636). Vgl. dagegen den richtigen Hinweis auf Hübners (offenbar ausschließliche)
Autorschaft der „Gesetze“ in
Merzbacher: Werder und Hübner, Anm. 20.
Griech. die „Unabwendbare“. Eine der drei Parzen bzw. Moiren, die für das Abschneiden
des Lebensfadens zuständig ist.