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321201 Gräfin Anna Sophia von Schwarzburg-Rudolstadt an Friherre Axel Oxenstierna
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Gräfin Anna Sophia von Schwarzburg-Rudolstadt an Friherre Axel Oxenstierna


Gfn. Anna Sophia v. Schwarzburg-Rudolstadt (TG 1), die am Abend des Vortags noch in Erfurt mit Kgn. Maria Eleonora v. Schweden und Herrn Hans Georg v. Wartenberg (FG 143) zusammengetroffen war, hat wegen der Geschäfte des schwedischen Reichskanzlers Axel Oxenstierna (FG 232) keine Audienz bei diesem erhalten können. Sie sei daher wegen eigener Verpflichtungen an ihren Hof (Kranichfeld) gereist und habe ihren Rat Georg Frantzke (FG 428; 1645) in Erfurt zurückgelassen. Auch ihr Bruder, F. Ludwig, habe ihr Hoffnung gemacht, nicht ungehört zu bleiben. Sie habe eine Schadensaufstellung eingereicht, weil sie der verstorbene Kg. Gustav II. Adolf v. Schweden und die Königin dazu ermutigt hätten. Näheres könne Oxenstierna vom schwedischen Residenten zu Erfurt [Alexander Erskein, FG 421; 1644] und von Frantzke erfahren. — Auch Wolfgang Ratke ist in Erwartung der ihm durch Oxenstierna versprochenen Unterredung in Erfurt zurückgeblieben. Anna Sophia erinnert den Reichskanzler daran, Ratke (?) in Augsburg zu empfehlen und bittet ihn auch, ihre Briefe an den König, ratichianische Schriftstücke sowie das Gustav Adolf im Beisein der Königin in Arnstadt überreichte gedruckte Buch Ratkes durch den Residenten zurückgeben zu lassen, da diese Materialien ohne zusätzliche mündliche Unterrichtung nichts nützen könnten. Die Königin habe ihr die Rückforderung erlaubt und ihr noch gestern versichert, alle Unterlagen dem König mit nach Erfurt gegeben zu haben. Philipp Sadler und Jacobus Fabricius wüßten möglicherweise um diese Dinge. — Frau Sabina v. Wartenberg (TG 37) und ihr Gatte Hans Georg werden Oxenstiernas Gunst empfohlen.

Beschreibung der Quelle


Q Riksarkivet Stockholm: Oxenstierna af Södermöre. Bref Till Rikskansleren Axel Oxenstierna E 717 B, Anna Sofia af Anhalt, g. m. Grefve Carl Günther af Schwarzburg. 2 Bl. [A: 2v]; eigenh.; Sig.

Anschrift


A Dem Hochwohlgebornen Vnserm besonders lieben Herrn vndt Freundt Axil Ochßenstirn Freyherre zue Kinito, Herrn zue Hicheholm vndt Tydoro Rittern, Königl. Mayt. zue Schweden vndt dero Reichs Rath, Canzlærn vndt Gouue[r]neur Generaln dero Rein: vndt Fränckischen Quartiren auch gevollmechtigten legato deroselben Armeen etc.
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יְ ה וָ ה


Hochwolgeborner Herr, mein in ehren vnd gebür besonderß lieber Herr Reichß Cantzler. Ewer Exelentz sol ich vnbericht niht lassen, daß ich nothwendiger gescheffte halben micha wieder anhero in meine Hoffstadt begeben müssen, vnd weil ich daß glück vnd die Ehre zu diesem mahl ferner niht haben können (in betrachtung deß Herrn ReichßCantzlerß nothwendigen geschefte) demselbigen zu zu sprechen, vnd verhoffendtliche genedige resolution zuerlangen, habe ich meinen Rath D. Georgium Franzki[um]b 1 zurück gelassen, demselbigen auffzuwartten, nicht zweifelnde Er werde gedachten meinen Diener mit annehmlicher andtwordt versehen, wie Euer Exelentz ich darumb freund gebürlichen wil gebeten haben, vnd auch mein bruder fürst ludtwig mir die Hoffnung gemacht, eß werde mein suchen niht gar vmbsonst sein sol auch dahin niht verstanden werden, alß hette ich die Liquitation2 deswegen auffgesetzet, oder vberreichen lassen, daß ichß vor eine schultigkeit woltte anziehen, solcheß zu erstatten sondern weil Ihr Kön. May. Seligeß andenckenß3 mir selbst[en]b [1v] So gnadigeste vertröstung gethan, mitleiden mit meinem vnglück gehabtt,4 vnd die liebste löbliche Königin5 in Jhr May. hohen betrübniß noch meinet, vnd nur zu deß Herrn ReichsCantzlerß ankunft verschoben, werde mir solche gnade von Jhr Kön. May. wegen zum bessern andencken erwiesen vnd inß werck gesetzet werden, wie den der herr Resident6 nebst meinem Rath Euer Exelentz weitter wird vorzutragen wissen, vnd ich mit dankbarem gemüth zu rühmen habe; Herrn Ratichium habe ich gleich[er]b gestalt zurück in Erfurth gelassen, weil Euer Exelentz sich erbotten mit Jhme etwaß zu conferiren, bitte gleichß falß mit gesuchter vorschrift naher Augspurg zu erscheinen,7 vnd weil auch eben in diesem seinen Christlichen vorhaben 2 oder 3 handt brieflein an Jhr Kön. May. so wol auch ein gedruckteß büchlein so ich in beysein der Königin, zu Arnstadt, dem löblichen Seligen König zu handen geliefert,8 auch andre geschrieben sachen, da[von]b die liebste Königin gestern noch selbsten bey dienstlichem genohmenen abschiedt gesaget, daß Sie alleß dem König geben [2r] vnd Jhr May. mit sich von Erfurth genohmen hetten,3 Alß bit[t]b ich zum höchsten wen die Königliche Cantzeley, oder Camer sachen möchten eröffnet werden, daß solcheß zurück (durch mittel deß residenten) mir möge verwarlichen zu kommen, dan ohne bericht diese sachen niemandt nutzen werden,9 vnd die Königin mir erlaubt solche abzuforderen, ob nuhn der geheime Secretarius Sattler10 oder Herr Dok. Fabrizius11 wissenschaft drumb hab[en]b mögen. Der Reichß Cantzler wird eß Seiner hohen discretion, vnd von Gott verliehenen verstandt nach, von mir alleß wolgemeindt verstehen, vnd auch meiner fl. muhme, der von Warttenberg neben Jhrem hl. herren12 niht vergessen, wie sich gl. dan gestrigeß abendß vber deß Herrn ReichsCantzlerß guthe vertröstung zum höchsten erfrewet, vnd gegen mir gerühmet haben, Gott schicke alleß zum besten, in dessen gewaltigen Schutz, vnd sichren geleidt ich den Herrn ReichßCantzler, vnd mich zu desselbigen guthen angedechtnüß, hirmit trewlich wil befohlen haben, verbleib[e]b || [456]
   Euer Exelentz in ehrengebür geneigte Freundin Anna Sophia gzuSchwarzb[urg]b

Datum Ober Ampt Cranichfelt den 1 Decembris 1632.

Textapparat
a Eingefügt.
b Unleserlich im Falz.

Kommentar

K: Kg. Gustav II. Adolf v. Schweden war im September 1631 in Erfurt auf Betreiben Gfn. Anna Sophias v. Schwarzburg-Rudolstadt (TG 1) auf Wolfgang Ratke (Ratichius) aufmerksam geworden. Auch Hz. Wilhelms IV. v. Sachsen-Weimar (FG 5) Kriegsrat Dr. Daniel Burckhard und der Erfurter Stadtkommandant Gf. Georg Ludwig v. Löwenstein-Scharfeneck (s. Anm. 8 u. 12) verwandten sich für Ratke. Vgl. 320416, 320715. Mit dem Tod des Monarchen am 6./ 16. 11. 1632 in der Schlacht bei Lützen änderte sich die Lage grundlegend, und Reichskanzler Axel Oxenstierna (FG 232) rückte zum Leiter der schwed. Politik in Deutschland auf. Er wurde damit auch Ziel und Ansprechpartner Gfn. Anna Sophias in ihrem Bemühen, Ratke und seine Reformdidaktik in den einflußreichen Kreisen des deutschen — und nun auch schwedischen — Protestantismus zu vermitteln. Den mangelhaften älteren Forschungsstand über Ratkes und Anna Sophias schwed. Aspirationen faßt zusammen Uwe Kordes: Wolfgang Ratke (Ratichius, 1571– 1635). Gesellschaft, Religiosität und Gelehrsamkeit im frühen 17. Jahrhundert. Heidelberg 1999, 101f. Vgl. noch 340421.
1 Georg Frantzke (FG 428; 1645), seit Februar 1629 Rat Gf. Carl Günthers v. Schwarzburg-Rudolstadt (FG 23), nach dessen Ableben er der Witwe Gfn. Anna Sophia bis zu deren Tod (1652) diente. Auch Frantzke sollte in Erfurt nicht zu Oxenstierna durchdringen. Vgl. Anna Sophias Brief an Oxenstierna vom 9. 3. 1633 (RA Stockholm: a. a. O., 2 Bl.). Seit 1632 und 1634 vertrat Frantzke als Rat von Haus aus auch die Sondershäuser Grafen Günther XXV. (1570–1643) und Anton Heinrich v. Schwarzburg (1571–1638) in Regentschafts- und Erbauseinandersetzungen mit ihrem Bruder Gf. Christian Günther I. (1578–1642). (Dies ist der in 270700 K 2 gemeinte Gf. Christian Günther, nicht dessen gleichnamiger Sohn Christian Günther II.) 1633 nahm Frantzke auch sachsen-weimarische Ratsbestallung an und wechselte 1641 in sachsen-gothaische Dienste. S. 340604 K 2; vgl. Conermann III, 513f. Von April bis September 1634 war er in Frankfurt a. M. an den Verhandlungen der evangel. Stände mit Oxenstierna beteiligt. Vom 31. 12. 1634 bis zum 5. 2. 1635 verhandelte er in Dresden über den Beitritt Sachsen-Weimars zu dem sich abzeichnenden Prager Frieden. Andreas Gnügius: CHRISTUM NOSSE ET AMARE [LP auf Georg Frantzke] (Gotha 1659: Reyher), Bl. G. HAB: LP Stolberg 8990.
2 Liquidation, d. i. Schuld-, Kostenberechnung, hier eine Aufstellung des erlittenen Schadens oder auch der Gfn. Anna Sophia von Kg. Gustav II. Adolf versprochenen Belohnung bzw. Vergütung, wovon in ihrer Korrespondenz mit Oxenstierna in dieser Zeit häufig die Rede ist. Vgl. Anm. 4. „Liquidation“ als Schadens- oder Kostenaufstellung auch in KL II, 170f. Vgl. Joh. Christ. Aug. Heyse’s allgemeines verdeutschendes und erklärendes Fremdwörterbuch. 13. Aufl. Hannover 1865, 522.
3 Am 31. 10. 1632 a. St. war Kg. Gustav II. Adolf v. Schweden von Erfurt aus mit seiner Armee in Richtung Leipzig aufgebrochen, den ksl. Truppen unter Wallenstein und seinem Tod in der Schlacht von Lützen am 6. 11. entgegen.
4 Im Brief an Oxenstierna vom 27. 11. 1632 (a. St.) (RA Stockholm: a. a. O., 2 Bl.) hatte Gfn. Anna Sophia über ihre „beschwerung vnd grossen erlitten schaden“ geklagt, was an materielle Verluste durch schwed. Durchzüge, Einquartierungen, Kontributionen u. dgl. denken läßt. Einige Wochen später ließ Anna Sophia anklingen, der König habe ihr als „recompens“ für ihre Einbußen Würzburger Wein versprochen. 50 Fuder davon oder die veranschlagte Ersatzsumme von 3000 Talern forderte die Gräfin fortan hartnäckig immer wieder ein und appellierte deshalb sogar an Kgn. Christina sowie an die sächsischen und an- || [457] haltischen Friedensgesandten in Münster, insbesondere Georg Achaz Heher (FG 590). Vgl. ihre Schreiben an Oxenstierna vom 9. 3. 1633, 11. 1. 1634, 13. 1. 1634, 7. 6. 1636, 13. 12. 1637, 17. 3. 1640, 7. 3. 1641, 13. 1. 1642, 30. 5. 1645, 13. 1. 1646 u. 13. 6. 1646 (RA Stockholm: a. a. O.). Oxenstierna hatte ihr übrigens am 5. 8. 1635 aus Magdeburg mitgeteilt, er sei jetzt „von den weinlanden vndt allen mitteln abgeschnitten undt mit der soldatesque in hiesigen stifftern dergestalt belästiget“, daß er nicht wisse, wie er sich dieser Bürde entledigen könne; sie möge sich daher bis auf eine bessere Gelegenheit gedulden (AOSB FA XIII, 455f.). Anna Sophias Klagen über ruinöse Belastungen setzen sich in der Korrespondenz mit Oxenstierna fort. So beteuert Anna Sophia am 7. 3. 1641, daß die schwed. Armee unter Johann Banér (FG 222) seit dem April letzten Jahres mehrfach durch ihr Land gezogen sei und ihre Vermögensverhältnisse so ruiniert seien, daß sie kaum das Brot „auff dem tisch“ habe. Bei so fortdauernder Existenznot könne sie ihren Hof nicht mehr unterhalten und sie müsse diesem sowie den Kirchen und Schulen, die zu fördern und auszubauen sie so große Anstrengungen unternommen habe, den Rücken kehren (RA Stockholm: a. a. O., 2 Bl.). Am 13. 6. 1646 hält sie Oxenstierna vor, ihn seit 13 Jahren vergeblich um Abstattung des versprochenen „Recompens“ gebeten zu haben. Ihre bescheidenen Ansprüche wögen mitnichten die ihr entstandenen Schäden auf. Allein in den letzten sieben Wochen hätten sie und ihre „arme Unterthanen“ erneut Einbußen von mindestens 12000 Talern hinnehmen müssen. Oxenstierna wisse schon, woher diese rührten. RA Stockholm: a. a. O., 2 Bl. Diese Angabe, ergänzt um den Hinweis, daß ihr Territorium noch von keinem schwed. Durchzug verschont worden sei, wiederholt sie auch in ihrem Brief an Kgn. Christina v. Schweden vom 26. 6. 1646 (RA Stockholm: a. a. O., 1 Bl.). Oxenstierna selbst wollte auf Klage Gf. Ludwig Günthers v. Schwarzburg-Rudolstadt (FG 29), des regierenden Schwagers Gfn. Anna Sophias, bereits im Februar 1634 die „allzuschwehre bürde“, die durch schwed. Einquartierungen auf den schwarzburg. Territorien lastete, erleichtern, zumal „die graffschaft Schwartzburg gleich andere Thüringische stände mit der cron Schweden schon eine geraume zeitt veraliirt und zu deroselben unnd dem gemeinen wesen zum bessten zu contribuiren und andere krigsbeschwehrden zu tragen übernommen und biss acto ohnwaigerlich gelaisstet“. AOSB FA XI, 218. Vgl. zu den Belastungen der Grafschaft die Aufzeichnungen des gfl.-rudolstädt. Landrichters und Steuerverwalters Michael Heubel (1605–1684): Thür. STA Rudolstadt: Geh. Archiv A VIII 1 c Nr. 2. Auszüge gedr. in: Johannes Heubel: Die Thüringer Heubel. Groitzsch 1938, 25–40 (nach Benigna v. Krusenstjern: Selbstzeugnisse der Zeit des Dreißigjährigen Krieges. Beschreibendes Verzeichnis. Berlin 1997, 118f.) Auch Anna Sophia ist in diesen späten Briefen jene große Ernüchterung anzumerken, die auf die geradezu heilsgeschichtliche Hoffnung folgte, die sie und andere mit dem Auftreten der Schweden und ihres Königs Gustav II. Adolf auf dem deutschen Kriegsschauplatz im Sommer 1630 verbunden hatten (vgl. 300320 II).
5 Kgn. Maria Eleonora v. Schweden, geb. Hzn. v. Brandenburg (1599–1655), Schwester Kf. Georg Wilhelms v. Brandenburg (FG 307), 1620 in Stockholm vermählt mit Kg. Gustav II. Adolf v. Schweden. Sie hielt sich seit der schwed. Einnahme Erfurts öfter in der Stadt auf, dem vorliegenden Brief zufolge auch Ende November/ Anfang Dezember 1632, nachdem sie am 20. 10. im Gefolge ihres Mannes von Kitzingen über Schweinfurt nach Thüringen aufgebrochen war. Vgl. 320416 u. 320715. Aus einem Schreiben Gfn. Anna Sophias an Oxenstierna vom 27. 11. 1632 (RA Stockholm: a. a. O., 2 Bl.) geht hervor, daß Anna Sophia hinsichtlich ihrer Anliegen von der verwitweten Königin an den schwed. Reichskanzler verwiesen worden war, der in Erfurt erwartet wurde. Im genannten Schreiben bat sie um eine kurze Audienz, zu der es nach Ausweis des vorliegenden Briefes jedoch nicht gekommen ist.
6 (Friherre) Alexander Erskein (FG 421; 1644), von Kg. Gustav II. Adolf am 20. 3. 1632 a. St. als schwed. Resident für die thüring. Quartiere in Erfurt, d. h. als eine Art Regierungsdirektor eingesetzt (vgl. 320416 K 2), um den dort recht eigenmächtig agierenden schwed. Statthalter für Thüringen, Hz. Wilhelm IV. v. Sachsen-Weimar, besser unter Kontrolle || [458] zu halten und in seiner Machtausübung zu beschränken. S. AOSB FA VII, 59ff. u. ö.; VIII, 235ff. u. ö. Vgl. auch die verschiedenen Anweisungen, Instruktionen und sonstigen Briefschaften, die Oxenstierna in den Folgejahren an ihn richtete. In: AOSB FA IX– XIV; vgl. ferner Patze V.1.1, 575; Sveriges Krig III, 99, 108; VI, 224; Bilagsbd. I, 314; Heinz-Joachim Schulze: Das Stader Reichsarchiv. Die Erskeinsche Aktensammlung im Niedersächsischen Staatsarchiv zu Stade. In: Die Bedeutung Norddeutschlands für die Großmacht Schweden im 17. Jahrhundert. Kolloquium schwedischer und deutscher Historiker in Stade am 25. 6. 1984. Bearb. v. Jürgen Bohmbach. Stade 1986 (Veröffentlichungen aus dem Stadtarchiv Stade, III), 87–95.
7 Bezieht sich wohl nicht auf die „Augspurgischen Acten“ (s. Anm. 9) über eine frühere Tätigkeit des Didaktikus in der Reichsstadt, sondern auf eine Empfehlung Oxenstiernas für Ratke bzw. das Konzept eines Schriftstücks des Reichskanzlers an den Rat zu Augsburg. Näheres ist u. W. noch nicht bekannt.
8 Es kann sich nicht um jenes „büchlein“ handeln, das dem König über Gf. Georg Ludwig v. Löwenstein-Scharfeneck zugestellt werden sollte und in welchem wir die (handschriftliche) Regenten Ampts-Lehre erblicken (s. 320416). Diese mag unter den im folgenden erwähnten „geschrieben sachen“ gewesen sein. Da recht eigentlich auch keine gedruckten Darstellungen der ratichianischen Lehrkunst durch andere (z. B. Christoph Helwig u. Joachim Jungius, s. Anm. 9) und keine der für den Köthener Lehrversuch veröffentlichten Bücher gemeint sein können — welche zwar gemäß Ratkes Methode und anfangs auch unter seiner Anleitung, dann aber nur von anderen Gelehrten und F. Ludwig verfaßt wurden [s. Vogt (Quellen);Dünnhaupt: Druckerei;Conermann: Fürstl. Offizin] — bleibt nur: [Holzschnittrahmen] Desiderata | METHODVS NOVA | RATICHIANA, | LINGVAS COM- | pendiosè & artificio- | sè discendi. | Ab Autore ipso Amicis com- | municata, | Nunc verò in gratiam studio- | sæ Iuventutis Iuris pu- | blici facta. | [Zierstück] | Halæ Saxonum, | Petrus Faber typis exscribebat, im- | pensis Ioachimi Krusicken/ | Anno 1615. SBPK Berlin: Ne 390. — In Arnstadt hatten sich Kg. Gustav II. Adolf und die schwed. Hauptarmee, aufgrund des Einfalls Wallensteins in Thüringen und Sachsen eilig von der Donau heranmarschiert, am 26. 10. 1632 a. St. mit der von Schweinfurt anrückenden Armee Hz. Bernhards v. Sachsen-Weimar (FG 30) vereinigt, der das Kommando für seinen fieberkranken Bruder Wilhelm IV. ausübte. Der König war persönlich bereits am 23. 10. in Arnstadt eingetroffen; auch Axel Oxenstierna wurde nach Arnstadt einbestellt, das er am 26. 10. wieder verließ, um nach Würzburg zurückzukehren. Gustav Adolf verbrachte einige Tage in Arnstadt — „vnd ist hernach zu Arnstadt mit der Armee ein wenig still gelegen/ daß sie sich erholen möchten/ von dannen ist er ferner ins Churfürstenthumb Sachsen gangen“, wie es knapp in Arma Suecica IV, 40 heißt. Arnstadt wurde zum Schauplatz wichtiger und intensiver Beratungen über die künftige Form der schwed.-protestant. Allianzen („corpus evangelicorum“), bis die vereinigte Armee am 28. 10. nach Erfurt aufbrach (s. Anm. 0 u. 3). Während des Aufenthaltes im schwarzburg. Arnstadt kam es zu dem erwähnten Zusammentreffen des Königs und der Königin mit Gfn. Anna Sophia. Vgl. den Brief Oxenstiernas an den schwed. Generalstatthalter des Fränkischen Kreises, Gf. Kraft v. Hohenlohe-Neuenstein, d. d. Schleusingen 28. 10. 1632 [a. St.]. In: AOSB FA VII, 598f.; vgl. ferner 601, 614f. und die Briefe und Instruktionen Gustavs II. Adolf aus Arnstadt vom 24. 10. 1632 (AOSB SA I, 857ff.); Sveriges Krig VI, 346f., 349, 362ff., 389ff. Vgl. auch Chemnitz I, 434ff. (HAB: 174.6 Hist. 2° [1]); Günter Barudio: Gustav Adolf — der Große. Eine politische Biographie. Frankfurt a. M. 1982, 593ff.; Marcus Junkelmann: Gustav Adolf (1594–1632). Schwedens Aufstieg zur Großmacht. Regensburg 1993, 403f., 447f.; Wolfgang Huschke: Herzog Wilhelm von Weimar als Statthalter Gustav Adolfs in Thüringen und schwedischer Generalleutnant 1631–1635. Jena 1936, 76ff. Ein früherer Aufenthalt des Königs in Arnstadt (Ende Sept. 1631) kommt nicht in Betracht, da die Königin damals noch nicht in Deutschland weilte. Sie traf dort erst im Januar 1632 mit ihrem Gatten zusammen, s. 320416 K 7. In Arnstadt hatte dieser 1631 „das Nachtlager beym Graffen von || [459] Schwartzburg auffm Schlosse“ genommen. Chemnitz I, 228; vgl. Barudio, a. a. O., 518; Junkelmann, a. a. O., 447.
9 Im Zusammenhang mit ihren Bemühungen um eine schwed. Förderung Ratkes dürfte auch jener Brief vom 31. 3. 1633 stehen, in dem Gfn. Anna Sophia ihren Bruder F. Ludwig um Übergabe verschiedener Unterlagen bat (LAO: Abt. Köthen C 18 Nr. 54, Bl. 10r–11v; Auszug gedruckt in KR, 181; danach zit. in Müller (1878), 612, und Vogt IV, 53 Anm. *). Bei den gewünschten Unterlagen handelte es sich u. a. um Ratkes Geburtsbrief (ausgestellt von Bürgermeister und Rat zu Wilster am 16. 5. 1603; abschriftlich in LAO: Abt. Köthen C 18 Nr. 54, Bl. 2r–3v; abgedruckt in KR, 1. Vgl. Vogt I, 3) und um „die Augspurgischen Acten“. In Augsburg hatte Ratke von Mitte Mai 1614 bis Mitte Juli, spätestens Anfang August 1615 gewirkt. An seinen Lehrerfolgen zweifelte niemand, allerdings überwarf er sich mit Mitarbeitern wie Christoph Helwig und Joachim Jungius, die in der Augsburger Zeit verschiedene ratichianische Schulwerke aufgesetzt hatten. Vgl. KR, 15ff.; Vogt I, 25ff. Ein Bericht des Abraham Ulrich für F. August v. Anhalt-Plötzkau (FG 46) vom 16. 6. 1615 legte Zeugnis ab über die in Augsburg geleisteten didaktisch-literarischen Arbeiten Ratkes und seiner ,Kollaboranten‘. S. Vogt I, 35f. Ferner wünschte Anna Sophia in ihrem o. g. Brief die testimonium vitae et religionis der Geistlichen augsburgischer Konfession zu Amsterdam vom 9. 7. 1610 (Abschrift in LAO: Abt. Köthen C 18 Nr. 54, Bl. 8r–9v; Auszug gedruckt in KR, 2). Zu den angeforderten Unterlagen gehörte auch Ratkes „Revers“: Nachdem F. Ludwig Ratke am 5. 10. 1619 festgenommen hatte, ließ er ihn erst frei, sobald der Didaktikus am 11. 6. 1620 in diesem Schriftstück erklärt hatte, er habe die fl. Herrschaft mit Undank und Schmähungen traktiert, große Unkosten verursacht und „ein mehrerß gelobet vndt versprochen“, als er „verstanden vndt ins Werck richten können“. LAO: Abt. Köthen C 18 Nr. 52, Bl. 117r–119v; abgedruckt in KR, 165f. Vgl. 191231, 200826, 270406 (K 14); Vogt II, 42. Trotz mehrerer Aufforderungen Gfn. Anna Sophias v. Schwarzburg-Rudolstadt gab F. Ludwig das brisante Originaldokument nicht heraus. Vgl. schon 270919 K 11, 290529 u. 290614 K 2. Die anderen erbetenen Unterlagen schickte F. Ludwig seiner Schwester am 14. 8. 1633. LA Oranienbaum: Abt. Köthen C 18 Nr. 54, Bl. 4rv, Abschrift v. Schreiberh. Auszug gedruckt in KR, 182 (d. d. 17. 4. 1633). Gfn. Anna Sophias Brief vom 31. 3. 1633 gesellte sich übrigens ein ähnliches Bittschreiben von Hz. Ernst I. v. Sachsen-Gotha (FG 19) an F. Ludwig vom 10. 4. 1633 hinzu (LAO: Abt. Köthen C 18 Nr. 54, Bl. 6r–7v, Abschrift v. Schreiberh. Auszug gedruckt in KR, 181f.; danach zit. in Müller (1878), 594 Anm. 3, und Vogt IV, 53 Anm. ***).
10 Philipp Sadler (Sattler) v. Salneck (1594–1641), aus vornehmem Geschlecht der Stadt Kempten, 1620 Sekretär Gf. Heinrich Matthias’ v. Thurn, mit dem er 1624 in schwed. Dienste trat, Geheimsekretär Kg. Gustavs II. Adolf v. Schweden und neben Lars Grubbe (1601–1642) der führende Kopf in der kgl. Kanzlei; einer der wichtigsten diplomatischen Agenten Gustavs II. Adolf in Deutschland: Sommer 1628 Bündnis mit Stralsund (vgl. 280726 K 5); Sept. 1629 in Dresden Verhandlungen mit Kursachsen; im Frühjahr 1630 vor dem schwed. Eingreifen im Reich große Gesandtschaftsreise nach Süddeutschland, in die Schweiz und nach Frankreich; 1630/31 Bündnisverhandlungen mit Hessen-Kassel und im Jan. 1632 mit den Welfenherzögen [Bündnisvertrag mit Hz. Friedrich Ulrich v. Braunschweig-Wolfenbüttel (FG 38) vom 5. 2. 1632]. Nach dem Tod des Königs setzte Sadler seine Dienste unter dem Reichskanzler Oxenstierna fort, wurde Kavallerieoberst, schließlich nach der Schlacht von Nördlingen Kriegsrat in Hz. Bernhards v. Sachsen-Weimar fränkischer Armee, 1636 in Pommern. 1635 erhielt er Haus, Amt und Kellerei Dürmstein (im Ebst. Worms) erb- und eigentümlich geschenkt; 1639 wurde er nach Schweden berufen, 1640 schwed. Hof- und Kriegsrat, als der er aber schon im Folgejahr in Stockholm verstarb. Vgl. ADB XXX, 413; DBA I, 1082, 118f.; Vogt IV, 52 Anm. ***; AOSB FA III, 362f., 367ff., 499ff., 505f., 543ff. u. ö.; FA IV, 1ff., 7f., 9ff., 147ff., 615ff., 646ff., 739 u. ö.; FA V, 72; FA VI, 258; FA VII, 290, 582; FA VIII, 773; FA IX, 84, 489; FA X, 349, 352, 667, 671; FA XI, 243 u. ö.; FA XII, 12f., 143 u. ö.; FA || [460] XIII, 106ff. u. ö.; FA XIV, 403f.; Sveriges Krig III, 82ff., 98f., 103f., 155, 170, 175ff., 466, 541; IV, 30, 51, 129; V, 28, 211, 213f., 222, 264, 272, 297; VI, 10, 379; Bilagsbd. I, 315; Günter Barudio: Der Teutsche Krieg. 1618–1648. Frankfurt a. M. 1988, 335ff.; Sigmund Goetze: Die Politik des schwedischen Reichskanzlers Axel Oxenstierna gegenüber Kaiser und Reich. Kiel 1971, 88f.; Michael Roberts: Gustavus Adolphus. A History of Sweden 1611–1632. Vol. 2: 1626–1632. London [u. a.] 1958, 364ff., 405ff., 666f., 671ff. u. ö.
11 Dr. Jacobus Fabricius/ Jakob Schmidt (1593–1654), aus Köslin gebürtig, Studium der Theologie in Rostock, 1616 Lehrer an der Stadtschule zu Köslin, 1619 Diakon daselbst, woher ihn Hz. Bogislaw XIV. v. Pommern 1621 zu seinem Hofprediger nach Rügenwalde, dann Stettin berief. Vom Januar 1631 an begleitete er Kg. Gustav II. Adolf v. Schweden auf dessen ausdrücklichen Wunsch als Beichtvater, Hofprediger und Superintendent über die schwed. Armee auf seinen Zügen durch Deutschland, nahm an der Schlacht von Lützen teil und soll durch das Absingen von Psalmen nach dem Tod des Königs die demoralisierten schwed. Soldaten bei den Fahnen zu halten geholfen haben. Nach dem Tod des Königs kehrte er in seine frühere Stettiner Stellung zurück und wurde 1634 Generalsuperintendent für Hinterpommern, der er auch nach Aussterben des Greifenhauses und unter schwed. Verwaltung bis zu seinem Tod blieb. Zur Überführung der Leiche des Königs nach Stockholm am 16. 6. 1633 hielt er in Wolgast die Leichenpredigt (gedruckt Nürnberg 1634). Vgl. ADB VI, 514f.; Arma Suecica IV, 66f.; DBA I, 303, 182ff.; AOSB FA VII, 223f., 297f.; AOSB SA IX, 707; SBL XIV, 722– 727; Sveriges Krig VI, 420, 429, 441f.; Deutsche Biographische Enzyklopädie III, 213; Peter Englund: Die Verwüstung Deutschlands. Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges. Aus d. Schwedischen v. Wolfgang Butt. Stuttgart 1998, 133; Junkelmann (s. Anm. 8), 455, 458; Roberts: Gustavus Adolphus (s. Anm. 10), 767, 769f. — Zum Zeitpunkt der Überführung der Leiche des Königs von Wolgast nach Schweden hielt sich übrigens Fn. Sibylla Elisabeth v. Anhalt-Bernburg (AL 1617, TG 18) mit ihren jüngeren Schwestern bei der ältesten Schwester, Eleonora Maria (AL 1617, TG 17), Gattin Hz. Johann Albrechts II. v. Mecklenburg-Güstrow (FG 158), in Mecklenburg auf (vgl. auch 340107). Ein interessantes Streiflicht auf die Verhältnisse werfen ihre beiden Briefe an F. Ludwig vom 7. 7. 1633 aus Güstrow (LAO: Abt. Kö. A 9a Nr. 31, Bl. 4r–5v) und vom 27. 7. 1633 aus Draguhn (a. a. O., Bl. 7r–8v). In ersterem kündigt sie an, daß sich ihre Rückkehr verzögern werde. Man habe sich mit Schwester und Schwager vor etwa drei Wochen sieben Tage lang in Wolgast aufgehalten und dabei auch die noch sehr betrübte Kgn. Maria Eleonora besucht, die sie „ganz freymütig vndt familier“ empfangen habe: „[...] JM. wollen sich so ganz nicht lassen abwendig machen, das sie so viel fältig die Königliche leiche besuchen thuen, sie soll sich sehr geändert haben, das es fast vnkändtlich vndt nunmehr gantz schwarz, auch gar ein starken geruch von sich geben soll, kunfftige woche wils Gott wirdt SL der herzog mit meiner Schwester vndt vns sämbtlichen wieder nach wolgast, vndt die königliche leiche bis ans Schiff begleitten, man helt für gewis das der Churfürst von Brandt. [Kf. Georg Wilhelm v. Brandenburg, s. Anm. 5] hinkommen wirdt, wie auch herzog Adolf mit SL gemahlin [Hz. Adolph Friedrich I. v. Mecklenburg-Schwerin (FG 175) und seine Gemahlin Anna Maria, geb. Hzn. v. Braunschweig-Dannenberg], die herzogin von braunschweig [Anna Sophia (TG 2b), geb. Mgfn. v. Brandenburg, Schwester der Königin und Gattin Hz. Friedrich Ulrichs v. Braunschweig-Wolfenbüttel] hat sich noch nicht gänzlich resolviret ob JL mit in Schweden ziehen wollen, oder nicht, der herzog vndt mein Schwester haben JL, (der königin wegen) vielfältig gebetten sie wolten doch die raise auf sich nehmen, wen sie richtigkeit in ihren ämptern haben könte, so wolten Jl die reise auf sich nehmen, vndt auch dahin bewegt, das Jl die herzogin versprochen, wan sie richtigkeit in ihren ämptern haben könte, so wolten JL die reise auf sich nehmen, haben auch desswegen boten ausgefertiget vndt der herzog alhier hat einen von adel so bey JL raht ist, nach braunschweig geschickt zu dem herzog von braunschweig, damit derselbe seine gemahlin mit vngelegenheit ver- || [461] schonen wolte.“ Man erwarte die Rückkunft des Boten, um zu entscheiden. Sibylla Elisabeth verspricht, nach neuerlicher Rückkehr aus Wolgast Bericht zu erstatten, „wie alles abgangen“. Dieser Bericht erfolgt denn auch am 27. Juli (a. a. O.): „[...] Es war ganz kläglich vndt mitleidentlich anzusehen, das vberaus grosse Lamentiren so JM die hochbetrübte Königin in wehrenden proceß führten, sonderlich da JM abschiedt von vns allerseits nahmen, vndt vermutlich nunmehr Deutschlandt ganz quittiren musten, JL die herzogin von braunschweig giengen mit JM zu Schiff werden aber nur so lange aldar verbleiben, bis die grossen Schiff aus Schweden ankommen, welcher verzug bey der procession groß vngelegenheit verursachet hat, den die krone wie auch andere zugehörige sachen, musten sie desswegen missen, da doch schon alles verfertiget vndt in Schweden zubereitet worden ist, aber weil die einladung [der Trauergäste] schon geschehen, vndt der Churfürst von brandenburg wie auch die Churfürstin [Elisabeth Charlotta, Schwester des ,Winterkönigs‘] dero herr Sohn [Friedrich Wilhelm, FG 401] vndt ältesten freulein tochter [Louisa Charlotta, *1617], ingleichen herzog Adolf mit SL gemahlin, SL mein herr Schwager der herzog alhier vndt mein hl. fraw Schwester mit vns sämbtliche, vndt dann die herzogin von Croy [vermutlich Anna, geb. Hzn. v. Pommern (1590–1660), Witwe Ernsts, Baron v. Fenestrage, Hz. v. Croy, F. zu Neugard und Massau in Pommern (†1620); ihr Sohn Ernst Bogislaw (1620–1684), 1624 3. Duc de Croy, dürfte ebenfalls an der Prozession teilgenommen haben, s. u. Vgl. EST XVIII, T. 107; Kneschke II, 370f.; Frank I, 205f.; Zedler VI, 1737], wie auch der Englische gesandter [Sir Robert Anstruther, FG 240], vndt andere mehr schon ankommen waren, muste diese procession für sich gehen, es wardt aber noch einen tag länger aufgeschoben als es [folgt 〈nicht〉] ausgeschrieben war, wir kamen allerseits den Sambstag nach wolgast da hernach den Dienstag die procession angienge, die Schwedischen reichsrähte vndt legaten von der Erbkönigin [Pzn. Christina], machten conpedentz des vorgehens halber, da sie pretentirten der leiche zu folgen vndt dem Churfürsten vorzugehen, aber weder der Churfürst noch die herzoge von Mekelburg wolten ihnen weichen, dan sie die vorstelle als reichsrähte begehrten zuhaben, desswegen gab es solch disputiren das es einen ganzen tag wie auch den andern tag bis vmb 3. vhr nachmitags sich verzog mit der procession, Endtlich wurden sie dahin vermocht, das sie JM die Königin führten, der Englische gesandter angstreuter blieb ganz aus der procession weil SL der Churfürst ihm ganz nicht cediren wolten, im vbrigen ist es Gott lob alles friedlich vollendet worden. Den Sontag zuvor lies der Churfürst dero hofPrediger D. Bergium eine Predigt thun im gemach, die Königin lies ebenmässig in JM gemach die gewöhnliche Predigt halten, es kamen viel Schwedische in vnsere predigt vnter andern General tot [Åke Henriksson Tott] vndt feltmarschalk frangel [Herman Wrangel] ein reichsraht, izt gleich bekommen wir die gewissheit das JM die Königin sich so lange wieder zu wolgast aufgehalten bis die Schiff ankommen sein welches nun geschehen ist, die königliche leiche ist auf der Galee [galée, frz., Galeere, Schiff; Nicot, 308 „gallée“] blieben, heute soll die Königin auf brechen, vndt nunmehr gänzlichen abschiedt nehmen.“ Die Berichte in Chemnitz II, 155f., 462 (HAB: 174.6 Hist. 2° [2]) und, noch ausführlicher, im Theatrum europaeum, 3. Tl., 2. Aufl. (1644), 94f. (HAB: Ge 4° 54) beschreiben die am 15. 7. 1633 erfolgte Überführung der königlichen Leiche in Wolgast auf das Schiff. Es sollte sie nach Nyköping bringen (Ankunft am 5. 8.), von wo aus sie am 15. 6. 1634 feierlich zur Bestattung nach Stockholm (Riddarholmskirche) gebracht wurde. Der Leichkondukt in Wolgast litt darunter, daß die abgesandte schwed. Flotte mit hundert Edelleuten, vielen Soldaten und den kgl. Regalien nicht mehr rechtzeitig, nämlich erst am 19. 7., dort eintraf. An der Prozession nahmen nach Angaben der genannten Berichte Kurfürst und Kurfürstin, Kurprinz und Prinzessin v. Brandenburg, die beiden Herzöge v. Mecklenburg und ihre Gemahlinnen, die Herzogin v. Braunschweig-Wolfenbüttel, die Herzogin und der junge Prinz v. Croy (s. o.), Katharina Wasa (1584–1638; Stiefschwester Kg. Gustavs II. Adolf u. Gemahlin Pgf. Johann Casimirs v. Zweibrücken zu Kleeburg), deren Tochter Pgfn. (Pzn.) Christi- || [462] na (Magdalena) (1616–1662; spätere Gemahlin Mgf. Friedrichs VI. v. Baden-Durlach und Schwester des 1654 auf den Thron gelangten Karl X. Gustav v. Schweden [FG 513; 1648]) und neben verschiedenen Reichsräten und anderen Vertretern Schwedens (Gabriel Gustavsson Oxenstierna, Matthias Soop, Herman Wrangel,Åke Henriksson Tott, Johan Banér, Steno Svantesson Bielke) und Repräsentanten anderer hoher Häuser auch zwei mecklenburgische und ,fünf Freulein von Anhalt‘ teil. Dies würde bedeuten, daß sich damals alle sechs bernburgischen Schwestern in Güstrow aufgehalten haben. Vgl. zur Überführung auch Junkelmann (s. Anm. 8), 462f., der aber die Ankunft in Nyköping unrichtig datiert.
12 Herr Hans Georg v. Wartenberg (FG 143) und seine Gemahlin Sabina (TG 37), geb. Pgfn. v. Sulzbach, die sich bei der schwed. Königin und am schwed. Hof für Ratke eingesetzt hatten. Vgl. 320715. Unmittelbar nach dem Tod Kg. Gustavs II. Adolf v. Schweden setzte Oxenstierna in Erfüllung des kgl. Willens am 4. 12. 1632 in Erfurt eine Donations-Urkunde auf, die Wartenberg zur Belohnung seiner „underthenigst getreuen dienste“ für die Krone Schweden (auf dem Papier) in Besitz des Klosters Ilmenstadt im Ebst. Mainz brachte. S. AOSB FA VII, 786. Im August 1634 folgte ein Schutzbrief (Salvaguardia) für seine böhm. Herrschaften und Schlösser Neuschloß, Böhmisch Leippa, Rohositz und Tuchomiersitz. S. AOSB FA XII, 256f. Die folgende Abkürzung „gl.“ meint Gf. Georg Ludwig v. Löwenstein-Scharfeneck, s. Anm. 0 u. 8.
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