K:
Kg. Gustav II. Adolf v. Schweden war im September 1631 in Erfurt auf Betreiben Gfn.
Anna Sophias v. Schwarzburg-Rudolstadt (TG 1) auf Wolfgang Ratke (Ratichius) aufmerksam
geworden. Auch Hz. Wilhelms IV. v. Sachsen-Weimar (FG 5) Kriegsrat Dr.
Daniel Burckhard und der Erfurter Stadtkommandant Gf. Georg Ludwig v. Löwenstein-Scharfeneck
(s. Anm. 8 u. 12) verwandten sich für Ratke. Vgl. 320416, 320715. Mit dem
Tod des Monarchen am 6./ 16. 11. 1632 in der Schlacht bei Lützen änderte sich die Lage
grundlegend, und Reichskanzler Axel Oxenstierna (FG 232) rückte zum Leiter der
schwed. Politik in Deutschland auf. Er wurde damit auch Ziel und Ansprechpartner
Gfn. Anna Sophias in ihrem Bemühen, Ratke und seine Reformdidaktik in den einflußreichen
Kreisen des deutschen — und nun auch schwedischen — Protestantismus zu vermitteln.
Den mangelhaften älteren Forschungsstand über Ratkes und Anna Sophias
schwed. Aspirationen faßt zusammen Uwe Kordes: Wolfgang Ratke (Ratichius, 1571–
1635). Gesellschaft, Religiosität und Gelehrsamkeit im frühen 17. Jahrhundert. Heidelberg
1999, 101f. Vgl. noch 340421.
Georg Frantzke (FG 428; 1645), seit Februar
1629 Rat Gf. Carl Günthers v. Schwarzburg-Rudolstadt (FG 23), nach dessen Ableben
er der Witwe Gfn. Anna Sophia bis zu deren Tod (1652) diente. Auch Frantzke sollte in
Erfurt nicht zu Oxenstierna durchdringen. Vgl. Anna Sophias Brief an Oxenstierna vom
9. 3. 1633 (RA Stockholm: a. a. O., 2 Bl.). Seit 1632 und 1634 vertrat Frantzke als Rat
von Haus aus auch die Sondershäuser Grafen Günther XXV. (1570–1643) und Anton
Heinrich v. Schwarzburg (1571–1638) in Regentschafts- und Erbauseinandersetzungen
mit ihrem Bruder Gf. Christian Günther I. (1578–1642). (Dies ist der in 270700 K 2 gemeinte
Gf. Christian Günther, nicht dessen gleichnamiger Sohn Christian Günther II.)
1633 nahm Frantzke auch sachsen-weimarische Ratsbestallung an und wechselte 1641 in
sachsen-gothaische Dienste. S. 340604 K 2; vgl.
Conermann III, 513f. Von April bis September
1634 war er in Frankfurt a. M. an den Verhandlungen der evangel. Stände mit
Oxenstierna beteiligt. Vom 31. 12. 1634 bis zum 5. 2. 1635 verhandelte er in Dresden
über den Beitritt Sachsen-Weimars zu dem sich abzeichnenden Prager Frieden. Andreas
Gnügius: CHRISTUM NOSSE ET AMARE [LP auf Georg Frantzke] (Gotha 1659:
Reyher), Bl. G. HAB: LP Stolberg 8990.
Liquidation, d. i. Schuld-, Kostenberechnung,
hier eine Aufstellung des erlittenen Schadens oder auch der Gfn. Anna Sophia von
Kg. Gustav II. Adolf versprochenen Belohnung bzw. Vergütung, wovon in ihrer Korrespondenz
mit Oxenstierna in dieser Zeit häufig die Rede ist. Vgl. Anm. 4. „Liquidation“
als Schadens- oder Kostenaufstellung auch in
KL II, 170f. Vgl. Joh. Christ. Aug. Heyse’s
allgemeines verdeutschendes und erklärendes Fremdwörterbuch. 13. Aufl. Hannover
1865, 522.
Am 31. 10. 1632 a. St. war Kg. Gustav II. Adolf v. Schweden von Erfurt
aus mit seiner Armee in Richtung Leipzig aufgebrochen, den ksl. Truppen unter Wallenstein
und seinem Tod in der Schlacht von Lützen am 6. 11. entgegen.
Im Brief an
Oxenstierna vom 27. 11. 1632 (a. St.) (RA Stockholm: a. a. O., 2 Bl.) hatte Gfn. Anna Sophia
über ihre „beschwerung vnd grossen erlitten schaden“ geklagt, was an materielle
Verluste durch schwed. Durchzüge, Einquartierungen, Kontributionen u. dgl. denken
läßt. Einige Wochen später ließ Anna Sophia anklingen, der König habe ihr als „recompens“
für ihre Einbußen Würzburger Wein versprochen. 50 Fuder davon oder die veranschlagte
Ersatzsumme von 3000 Talern forderte die Gräfin fortan hartnäckig immer wieder
ein und appellierte deshalb sogar an Kgn. Christina sowie an die sächsischen und an- || [
457] haltischen Friedensgesandten in Münster, insbesondere Georg Achaz Heher (FG 590).
Vgl. ihre Schreiben an Oxenstierna vom 9. 3. 1633, 11. 1. 1634, 13. 1. 1634, 7. 6. 1636,
13. 12. 1637, 17. 3. 1640, 7. 3. 1641, 13. 1. 1642, 30. 5. 1645, 13. 1. 1646 u. 13. 6. 1646
(RA Stockholm: a. a. O.). Oxenstierna hatte ihr übrigens am 5. 8. 1635 aus Magdeburg
mitgeteilt, er sei jetzt „von den weinlanden vndt allen mitteln abgeschnitten undt mit der
soldatesque in hiesigen stifftern dergestalt belästiget“, daß er nicht wisse, wie er sich dieser
Bürde entledigen könne; sie möge sich daher bis auf eine bessere Gelegenheit gedulden
(
AOSB FA XIII, 455f.). Anna Sophias Klagen über ruinöse Belastungen setzen sich
in der Korrespondenz mit Oxenstierna fort. So beteuert Anna Sophia am 7. 3. 1641, daß
die schwed. Armee unter Johann Banér (FG 222) seit dem April letzten Jahres mehrfach
durch ihr Land gezogen sei und ihre Vermögensverhältnisse so ruiniert seien, daß sie
kaum das Brot „auff dem tisch“ habe. Bei so fortdauernder Existenznot könne sie ihren
Hof nicht mehr unterhalten und sie müsse diesem sowie den Kirchen und Schulen, die
zu fördern und auszubauen sie so große Anstrengungen unternommen habe, den Rücken
kehren (RA Stockholm: a. a. O., 2 Bl.). Am 13. 6. 1646 hält sie Oxenstierna vor, ihn seit
13 Jahren vergeblich um Abstattung des versprochenen „Recompens“ gebeten zu haben.
Ihre bescheidenen Ansprüche wögen mitnichten die ihr entstandenen Schäden auf. Allein
in den letzten sieben Wochen hätten sie und ihre „arme Unterthanen“ erneut Einbußen
von mindestens 12000 Talern hinnehmen müssen. Oxenstierna wisse schon, woher diese
rührten. RA Stockholm: a. a. O., 2 Bl. Diese Angabe, ergänzt um den Hinweis, daß ihr
Territorium noch von keinem schwed. Durchzug verschont worden sei, wiederholt sie
auch in ihrem Brief an Kgn. Christina v. Schweden vom 26. 6. 1646 (RA Stockholm: a. a.
O., 1 Bl.). Oxenstierna selbst wollte auf Klage Gf. Ludwig Günthers v. Schwarzburg-Rudolstadt
(FG 29), des regierenden Schwagers Gfn. Anna Sophias, bereits im Februar
1634 die „allzuschwehre bürde“, die durch schwed. Einquartierungen auf den schwarzburg.
Territorien lastete, erleichtern, zumal „die graffschaft Schwartzburg gleich andere
Thüringische stände mit der cron Schweden schon eine geraume zeitt veraliirt und zu deroselben
unnd dem gemeinen wesen zum bessten zu contribuiren und andere krigsbeschwehrden
zu tragen übernommen und biss acto ohnwaigerlich gelaisstet“.
AOSB FA
XI, 218. Vgl. zu den Belastungen der Grafschaft die Aufzeichnungen des gfl.-rudolstädt.
Landrichters und Steuerverwalters Michael Heubel (1605–1684): Thür. STA Rudolstadt:
Geh. Archiv A VIII 1 c Nr. 2. Auszüge gedr. in: Johannes Heubel: Die Thüringer Heubel.
Groitzsch 1938, 25–40 (nach Benigna v. Krusenstjern: Selbstzeugnisse der Zeit des Dreißigjährigen Krieges.
Beschreibendes Verzeichnis. Berlin 1997, 118f.) Auch Anna Sophia
ist in diesen späten Briefen jene große Ernüchterung anzumerken, die auf die geradezu
heilsgeschichtliche Hoffnung folgte, die sie und andere mit dem Auftreten der Schweden
und ihres Königs Gustav II. Adolf auf dem deutschen Kriegsschauplatz im Sommer 1630
verbunden hatten (vgl. 300320 II).
Kgn. Maria Eleonora v. Schweden, geb. Hzn. v.
Brandenburg (1599–1655), Schwester Kf. Georg Wilhelms v. Brandenburg (FG 307),
1620 in Stockholm vermählt mit Kg. Gustav II. Adolf v. Schweden. Sie hielt sich seit der
schwed. Einnahme Erfurts öfter in der Stadt auf, dem vorliegenden Brief zufolge auch
Ende November/ Anfang Dezember 1632, nachdem sie am 20. 10. im Gefolge ihres
Mannes von Kitzingen über Schweinfurt nach Thüringen aufgebrochen war. Vgl. 320416
u. 320715. Aus einem Schreiben Gfn. Anna Sophias an Oxenstierna vom 27. 11. 1632
(RA Stockholm: a. a. O., 2 Bl.) geht hervor, daß Anna Sophia hinsichtlich ihrer Anliegen
von der verwitweten Königin an den schwed. Reichskanzler verwiesen worden war, der
in Erfurt erwartet wurde. Im genannten Schreiben bat sie um eine kurze Audienz, zu der
es nach Ausweis des vorliegenden Briefes jedoch nicht gekommen ist.
(Friherre) Alexander
Erskein (FG 421; 1644), von Kg. Gustav II. Adolf am 20. 3. 1632 a. St. als
schwed. Resident für die thüring. Quartiere in Erfurt, d. h. als eine Art Regierungsdirektor
eingesetzt (vgl. 320416 K 2), um den dort recht eigenmächtig agierenden schwed.
Statthalter für Thüringen, Hz. Wilhelm IV. v. Sachsen-Weimar, besser unter Kontrolle || [
458]
zu halten und in seiner Machtausübung zu beschränken. S.
AOSB FA VII, 59ff. u. ö.;
VIII, 235ff. u. ö. Vgl. auch die verschiedenen Anweisungen, Instruktionen und sonstigen
Briefschaften, die Oxenstierna in den Folgejahren an ihn richtete. In:
AOSB FA IX–
XIV; vgl. ferner
Patze V.1.1, 575;
Sveriges Krig III, 99, 108; VI, 224; Bilagsbd. I, 314;
Heinz-Joachim Schulze: Das Stader Reichsarchiv. Die Erskeinsche Aktensammlung im
Niedersächsischen Staatsarchiv zu Stade. In: Die Bedeutung Norddeutschlands für die
Großmacht Schweden im 17. Jahrhundert. Kolloquium schwedischer und deutscher Historiker
in Stade am 25. 6. 1984. Bearb. v. Jürgen Bohmbach. Stade 1986 (Veröffentlichungen
aus dem Stadtarchiv Stade, III), 87–95.
Bezieht sich wohl nicht auf die
„Augspurgischen Acten“ (s. Anm. 9) über eine frühere Tätigkeit des Didaktikus in der
Reichsstadt, sondern auf eine Empfehlung Oxenstiernas für Ratke bzw. das Konzept eines
Schriftstücks des Reichskanzlers an den Rat zu Augsburg. Näheres ist u. W. noch
nicht bekannt.
Es kann sich nicht um jenes „büchlein“ handeln, das dem König über
Gf. Georg Ludwig v. Löwenstein-Scharfeneck zugestellt werden sollte und in welchem
wir die (handschriftliche)
Regenten Ampts-Lehre erblicken (s. 320416). Diese mag unter
den im folgenden erwähnten „geschrieben sachen“ gewesen sein. Da recht eigentlich
auch keine gedruckten Darstellungen der ratichianischen Lehrkunst durch andere (z. B.
Christoph Helwig u. Joachim Jungius, s. Anm. 9) und keine der für den Köthener Lehrversuch
veröffentlichten Bücher gemeint sein können — welche zwar gemäß Ratkes Methode
und anfangs auch unter seiner Anleitung, dann aber nur von anderen Gelehrten
und F. Ludwig verfaßt wurden [s.
Vogt (Quellen);Dünnhaupt: Druckerei;Conermann: Fürstl. Offizin] — bleibt nur: [Holzschnittrahmen] Desiderata | METHODVS NOVA |
RATICHIANA, | LINGVAS COM- | pendiosè & artificio- | sè discendi. | Ab Autore ipso
Amicis com- | municata, | Nunc verò in gratiam studio- | sæ Iuventutis Iuris pu- | blici facta.
| [Zierstück] | Halæ Saxonum, | Petrus Faber typis exscribebat, im- | pensis Ioachimi
Krusicken/ | Anno 1615. SBPK Berlin: Ne 390. — In Arnstadt hatten sich Kg. Gustav II.
Adolf und die schwed. Hauptarmee, aufgrund des Einfalls Wallensteins in Thüringen
und Sachsen eilig von der Donau heranmarschiert, am 26. 10. 1632 a. St. mit der von
Schweinfurt anrückenden Armee Hz. Bernhards v. Sachsen-Weimar (FG 30) vereinigt,
der das Kommando für seinen fieberkranken Bruder Wilhelm IV. ausübte. Der König
war persönlich bereits am 23. 10. in Arnstadt eingetroffen; auch Axel Oxenstierna wurde
nach Arnstadt einbestellt, das er am 26. 10. wieder verließ, um nach Würzburg zurückzukehren.
Gustav Adolf verbrachte einige Tage in Arnstadt — „vnd ist hernach zu Arnstadt
mit der Armee ein wenig still gelegen/ daß sie sich erholen möchten/ von dannen
ist er ferner ins Churfürstenthumb Sachsen gangen“, wie es knapp in
Arma Suecica IV,
40 heißt. Arnstadt wurde zum Schauplatz wichtiger und intensiver Beratungen über die
künftige Form der schwed.-protestant. Allianzen („corpus evangelicorum“), bis die vereinigte
Armee am 28. 10. nach Erfurt aufbrach (s. Anm. 0 u. 3). Während des Aufenthaltes
im schwarzburg. Arnstadt kam es zu dem erwähnten Zusammentreffen des Königs und
der Königin mit Gfn. Anna Sophia. Vgl. den Brief Oxenstiernas an den schwed. Generalstatthalter
des Fränkischen Kreises, Gf. Kraft v. Hohenlohe-Neuenstein, d. d. Schleusingen
28. 10. 1632 [a. St.]. In:
AOSB FA VII, 598f.; vgl. ferner 601, 614f. und die Briefe
und Instruktionen Gustavs II. Adolf aus Arnstadt vom 24. 10. 1632 (
AOSB SA I,
857ff.);
Sveriges Krig VI, 346f., 349, 362ff., 389ff. Vgl. auch
Chemnitz I, 434ff. (HAB:
174.6 Hist. 2° [1]); Günter Barudio: Gustav Adolf — der Große. Eine politische Biographie.
Frankfurt a. M. 1982, 593ff.; Marcus Junkelmann: Gustav Adolf (1594–1632).
Schwedens Aufstieg zur Großmacht. Regensburg 1993, 403f., 447f.; Wolfgang Huschke:
Herzog Wilhelm von Weimar als Statthalter Gustav Adolfs in Thüringen und schwedischer
Generalleutnant 1631–1635. Jena 1936, 76ff. Ein früherer Aufenthalt des Königs
in Arnstadt (Ende Sept. 1631) kommt nicht in Betracht, da die Königin damals noch
nicht in Deutschland weilte. Sie traf dort erst im Januar 1632 mit ihrem Gatten zusammen,
s. 320416 K 7. In Arnstadt hatte dieser 1631 „das Nachtlager beym
Graffen von || [
459] Schwartzburg auffm Schlosse“ genommen.
Chemnitz I, 228; vgl. Barudio, a. a. O., 518;
Junkelmann, a. a. O., 447.
Im Zusammenhang mit ihren Bemühungen um eine
schwed. Förderung Ratkes dürfte auch jener Brief vom 31. 3. 1633 stehen, in dem Gfn.
Anna Sophia ihren Bruder F. Ludwig um Übergabe verschiedener Unterlagen bat (LAO:
Abt. Köthen C 18 Nr. 54, Bl. 10r–11v; Auszug gedruckt in
KR, 181; danach zit. in
Müller
(1878), 612, und
Vogt IV, 53 Anm. *). Bei den gewünschten Unterlagen handelte es
sich u. a. um Ratkes Geburtsbrief (ausgestellt von Bürgermeister und Rat zu Wilster am
16. 5. 1603; abschriftlich in LAO: Abt. Köthen C 18 Nr. 54, Bl. 2r–3v; abgedruckt in
KR, 1. Vgl.
Vogt I, 3) und um „die Augspurgischen Acten“. In Augsburg hatte Ratke
von Mitte Mai 1614 bis Mitte Juli, spätestens Anfang August 1615 gewirkt. An seinen
Lehrerfolgen zweifelte niemand, allerdings überwarf er sich mit Mitarbeitern wie Christoph
Helwig und Joachim Jungius, die in der Augsburger Zeit verschiedene ratichianische
Schulwerke aufgesetzt hatten. Vgl.
KR, 15ff.;
Vogt I, 25ff. Ein Bericht des Abraham
Ulrich für F. August v. Anhalt-Plötzkau (FG 46) vom 16. 6. 1615 legte Zeugnis ab
über die in Augsburg geleisteten didaktisch-literarischen Arbeiten Ratkes und seiner
,Kollaboranten‘. S.
Vogt I, 35f. Ferner wünschte Anna Sophia in ihrem o. g. Brief die
testimonium
vitae et religionis der Geistlichen augsburgischer Konfession zu Amsterdam
vom 9. 7. 1610 (Abschrift in LAO: Abt. Köthen C 18 Nr. 54, Bl. 8r–9v; Auszug gedruckt
in
KR, 2). Zu den angeforderten Unterlagen gehörte auch Ratkes „Revers“: Nachdem F.
Ludwig Ratke am 5. 10. 1619 festgenommen hatte, ließ er ihn erst frei, sobald der Didaktikus
am 11. 6. 1620 in diesem Schriftstück erklärt hatte, er habe die fl. Herrschaft
mit Undank und Schmähungen traktiert, große Unkosten verursacht und „ein mehrerß
gelobet vndt versprochen“, als er „verstanden vndt ins Werck richten können“. LAO:
Abt. Köthen C 18 Nr. 52, Bl. 117r–119v; abgedruckt in
KR, 165f. Vgl. 191231, 200826,
270406 (K 14);
Vogt II, 42. Trotz mehrerer Aufforderungen Gfn. Anna Sophias v.
Schwarzburg-Rudolstadt gab F. Ludwig das brisante Originaldokument nicht heraus.
Vgl. schon 270919 K 11, 290529 u. 290614 K 2. Die anderen erbetenen Unterlagen
schickte F. Ludwig seiner Schwester am 14. 8. 1633. LA Oranienbaum: Abt. Köthen C 18
Nr. 54, Bl. 4rv, Abschrift v. Schreiberh. Auszug gedruckt in
KR, 182 (d. d. 17. 4. 1633).
Gfn. Anna Sophias Brief vom 31. 3. 1633 gesellte sich übrigens ein ähnliches Bittschreiben
von Hz. Ernst I. v. Sachsen-Gotha (FG 19) an F. Ludwig vom 10. 4. 1633 hinzu
(LAO: Abt. Köthen C 18 Nr. 54, Bl. 6r–7v, Abschrift v. Schreiberh. Auszug gedruckt in
KR, 181f.; danach zit. in
Müller (1878), 594 Anm. 3, und
Vogt IV, 53 Anm. ***).
Philipp Sadler (Sattler) v. Salneck (1594–1641), aus vornehmem Geschlecht der Stadt
Kempten, 1620 Sekretär Gf. Heinrich Matthias’ v. Thurn, mit dem er 1624 in schwed.
Dienste trat, Geheimsekretär Kg. Gustavs II. Adolf v. Schweden und neben Lars Grubbe
(1601–1642) der führende Kopf in der kgl. Kanzlei; einer der wichtigsten diplomatischen
Agenten Gustavs II. Adolf in Deutschland: Sommer 1628 Bündnis mit Stralsund
(vgl. 280726 K 5); Sept. 1629 in Dresden Verhandlungen mit Kursachsen; im Frühjahr
1630 vor dem schwed. Eingreifen im Reich große Gesandtschaftsreise nach Süddeutschland,
in die Schweiz und nach Frankreich; 1630/31 Bündnisverhandlungen mit Hessen-Kassel
und im Jan. 1632 mit den Welfenherzögen [Bündnisvertrag mit Hz. Friedrich Ulrich
v. Braunschweig-Wolfenbüttel (FG 38) vom 5. 2. 1632]. Nach dem Tod des Königs
setzte Sadler seine Dienste unter dem Reichskanzler Oxenstierna fort, wurde Kavallerieoberst,
schließlich nach der Schlacht von Nördlingen Kriegsrat in Hz. Bernhards v.
Sachsen-Weimar fränkischer Armee, 1636 in Pommern. 1635 erhielt er Haus, Amt und
Kellerei Dürmstein (im Ebst. Worms) erb- und eigentümlich geschenkt; 1639 wurde er
nach Schweden berufen, 1640 schwed. Hof- und Kriegsrat, als der er aber schon im Folgejahr
in Stockholm verstarb. Vgl.
ADB XXX, 413;
DBA I, 1082, 118f.;
Vogt IV, 52
Anm. ***;
AOSB FA III, 362f., 367ff., 499ff., 505f., 543ff. u. ö.; FA IV, 1ff., 7f., 9ff.,
147ff., 615ff., 646ff., 739 u. ö.; FA V, 72; FA VI, 258; FA VII, 290, 582; FA VIII, 773;
FA IX, 84, 489; FA X, 349, 352, 667, 671; FA XI, 243 u. ö.; FA XII, 12f., 143 u. ö.; FA || [
460] XIII,
106ff. u. ö.; FA XIV, 403f.;
Sveriges Krig III, 82ff., 98f., 103f., 155, 170, 175ff.,
466, 541; IV, 30, 51, 129; V, 28, 211, 213f., 222, 264, 272, 297; VI, 10, 379; Bilagsbd.
I, 315; Günter Barudio: Der Teutsche Krieg. 1618–1648. Frankfurt a. M. 1988, 335ff.;
Sigmund Goetze: Die Politik des schwedischen Reichskanzlers Axel Oxenstierna gegenüber
Kaiser und Reich. Kiel 1971, 88f.; Michael Roberts: Gustavus Adolphus. A History
of Sweden 1611–1632. Vol. 2: 1626–1632. London [u. a.] 1958, 364ff., 405ff., 666f.,
671ff. u. ö.
Dr. Jacobus Fabricius/ Jakob Schmidt (1593–1654), aus Köslin gebürtig,
Studium der Theologie in Rostock, 1616 Lehrer an der Stadtschule zu Köslin, 1619
Diakon daselbst, woher ihn Hz. Bogislaw XIV. v. Pommern 1621 zu seinem Hofprediger
nach Rügenwalde, dann Stettin berief. Vom Januar 1631 an begleitete er Kg. Gustav
II. Adolf v. Schweden auf dessen ausdrücklichen Wunsch als Beichtvater, Hofprediger
und Superintendent über die schwed. Armee auf seinen Zügen durch Deutschland, nahm
an der Schlacht von Lützen teil und soll durch das Absingen von Psalmen nach dem Tod
des Königs die demoralisierten schwed. Soldaten bei den Fahnen zu halten geholfen haben.
Nach dem Tod des Königs kehrte er in seine frühere Stettiner Stellung zurück und
wurde 1634 Generalsuperintendent für Hinterpommern, der er auch nach Aussterben
des Greifenhauses und unter schwed. Verwaltung bis zu seinem Tod blieb. Zur Überführung
der Leiche des Königs nach Stockholm am 16. 6. 1633 hielt er in Wolgast die Leichenpredigt
(gedruckt Nürnberg 1634). Vgl.
ADB VI, 514f.;
Arma Suecica IV, 66f.;
DBA I, 303, 182ff.;
AOSB FA VII, 223f., 297f.;
AOSB SA IX, 707;
SBL XIV, 722–
727;
Sveriges Krig VI, 420, 429, 441f.; Deutsche Biographische Enzyklopädie III, 213;
Peter Englund: Die Verwüstung Deutschlands. Eine Geschichte des Dreißigjährigen
Krieges. Aus d. Schwedischen v. Wolfgang Butt. Stuttgart 1998, 133; Junkelmann (s.
Anm. 8), 455, 458; Roberts: Gustavus Adolphus (s. Anm. 10), 767, 769f. — Zum Zeitpunkt
der Überführung der Leiche des Königs von Wolgast nach Schweden hielt sich
übrigens Fn. Sibylla Elisabeth v. Anhalt-Bernburg (AL 1617, TG 18) mit ihren jüngeren
Schwestern bei der ältesten Schwester, Eleonora Maria (AL 1617, TG 17), Gattin Hz.
Johann Albrechts II. v. Mecklenburg-Güstrow (FG 158), in Mecklenburg auf (vgl. auch
340107). Ein interessantes Streiflicht auf die Verhältnisse werfen ihre beiden Briefe an F.
Ludwig vom 7. 7. 1633 aus Güstrow (LAO: Abt. Kö. A 9a Nr. 31, Bl. 4r–5v) und vom 27.
7. 1633 aus Draguhn (a. a. O., Bl. 7r–8v). In ersterem kündigt sie an, daß sich ihre Rückkehr
verzögern werde. Man habe sich mit Schwester und Schwager vor etwa drei Wochen
sieben Tage lang in Wolgast aufgehalten und dabei auch die noch sehr betrübte
Kgn. Maria Eleonora besucht, die sie „ganz freymütig vndt
familier“ empfangen habe:
„[...] JM. wollen sich so ganz nicht lassen abwendig machen, das sie so viel fältig die
Königliche leiche besuchen thuen, sie soll sich sehr geändert haben, das es fast vnkändtlich
vndt nunmehr gantz schwarz, auch gar ein starken geruch von sich geben soll,
kunfftige woche wils Gott wirdt SL der herzog mit meiner Schwester vndt vns sämbtlichen
wieder nach wolgast, vndt die königliche leiche bis ans Schiff begleitten, man helt
für gewis das der Churfürst von Brandt. [Kf. Georg Wilhelm v. Brandenburg, s. Anm. 5]
hinkommen wirdt, wie auch herzog Adolf mit SL gemahlin [Hz. Adolph Friedrich I. v.
Mecklenburg-Schwerin (FG 175) und seine Gemahlin Anna Maria, geb. Hzn. v. Braunschweig-Dannenberg], die herzogin von braunschweig [Anna Sophia (TG 2b), geb.
Mgfn. v. Brandenburg, Schwester der Königin und Gattin Hz. Friedrich Ulrichs v.
Braunschweig-Wolfenbüttel] hat sich noch nicht gänzlich
resolviret ob JL mit in Schweden
ziehen wollen, oder nicht, der herzog vndt mein Schwester haben JL, (der königin
wegen) vielfältig gebetten sie wolten doch die raise auf sich nehmen, wen sie richtigkeit
in ihren ämptern haben könte, so wolten Jl die reise auf sich nehmen, vndt auch dahin
bewegt, das Jl die herzogin versprochen, wan sie richtigkeit in ihren ämptern haben
könte, so wolten JL die reise auf sich nehmen, haben auch desswegen boten ausgefertiget
vndt der herzog alhier hat einen von adel so bey JL raht ist, nach braunschweig geschickt
zu dem herzog von braunschweig, damit derselbe seine gemahlin mit vngelegenheit ver- || [
461] schonen wolte.“ Man erwarte die Rückkunft des Boten, um zu entscheiden. Sibylla Elisabeth
verspricht, nach neuerlicher Rückkehr aus Wolgast Bericht zu erstatten, „wie alles
abgangen“. Dieser Bericht erfolgt denn auch am 27. Juli (a. a. O.): „[...] Es war ganz
kläglich vndt mitleidentlich anzusehen, das vberaus grosse
Lamentiren so JM die hochbetrübte
Königin in wehrenden
proceß führten, sonderlich da JM abschiedt von vns allerseits
nahmen, vndt vermutlich nunmehr Deutschlandt ganz
quittiren musten, JL die herzogin
von braunschweig giengen mit JM zu Schiff werden aber nur so lange aldar verbleiben,
bis die grossen Schiff aus Schweden ankommen, welcher verzug bey der
procession
groß vngelegenheit verursachet hat, den die krone wie auch andere zugehörige sachen,
musten sie desswegen missen, da doch schon alles verfertiget vndt in Schweden zubereitet
worden ist, aber weil die einladung [der Trauergäste] schon geschehen, vndt der
Churfürst von brandenburg wie auch die Churfürstin [Elisabeth Charlotta, Schwester
des ,Winterkönigs‘] dero herr Sohn [Friedrich Wilhelm, FG 401] vndt ältesten freulein
tochter [Louisa Charlotta, *1617], ingleichen herzog Adolf mit SL gemahlin, SL mein
herr Schwager der herzog alhier vndt mein hl. fraw Schwester mit vns sämbtliche, vndt
dann die herzogin von Croy [vermutlich Anna, geb. Hzn. v. Pommern (1590–1660),
Witwe Ernsts, Baron v. Fenestrage, Hz. v. Croy, F. zu Neugard und Massau in Pommern
(†1620); ihr Sohn Ernst Bogislaw (1620–1684), 1624 3. Duc de Croy, dürfte ebenfalls
an der Prozession teilgenommen haben, s. u. Vgl.
EST XVIII, T. 107;
Kneschke II,
370f.;
Frank I, 205f.;
Zedler VI, 1737], wie auch der Englische gesandter [Sir Robert
Anstruther, FG 240], vndt andere mehr schon ankommen waren, muste diese
procession
für sich gehen, es wardt aber noch einen tag länger aufgeschoben als es [
folgt 〈nicht〉]
ausgeschrieben war, wir kamen allerseits den Sambstag nach wolgast da hernach den
Dienstag die
procession angienge, die Schwedischen reichsrähte vndt
legaten von der
Erbkönigin [Pzn. Christina], machten
conpedentz des vorgehens halber, da sie
pretentirten
der leiche zu folgen vndt dem Churfürsten vorzugehen, aber weder der Churfürst
noch die herzoge von Mekelburg wolten ihnen weichen, dan sie die vorstelle als reichsrähte begehrten zuhaben, desswegen gab es solch
disputiren
das es einen ganzen tag wie
auch den andern tag bis vmb 3. vhr nachmitags sich verzog mit der
procession, Endtlich
wurden sie dahin vermocht, das sie JM die Königin führten, der Englische gesandter
angstreuter blieb ganz aus der
procession weil SL der Churfürst ihm ganz nicht cediren
wolten, im vbrigen ist es Gott lob alles friedlich vollendet worden. Den Sontag zuvor lies
der Churfürst dero hofPrediger D.
Bergium eine Predigt thun im gemach, die Königin
lies ebenmässig in JM gemach die gewöhnliche Predigt halten, es kamen viel Schwedische
in vnsere predigt vnter andern General tot [Åke Henriksson Tott] vndt feltmarschalk
frangel [Herman Wrangel] ein reichsraht, izt gleich bekommen wir die gewissheit
das JM die Königin sich so lange wieder zu wolgast aufgehalten bis die Schiff ankommen
sein welches nun geschehen ist, die königliche leiche ist auf der
Galee [galée, frz., Galeere,
Schiff;
Nicot, 308 „gallée“] blieben, heute soll die Königin auf brechen, vndt nunmehr
gänzlichen abschiedt nehmen.“ Die Berichte in
Chemnitz II, 155f., 462 (HAB:
174.6 Hist. 2° [2]) und, noch ausführlicher, im
Theatrum europaeum, 3. Tl., 2. Aufl.
(1644), 94f. (HAB: Ge 4° 54) beschreiben die am 15. 7. 1633 erfolgte Überführung der
königlichen Leiche in Wolgast auf das Schiff. Es sollte sie nach Nyköping bringen (Ankunft
am 5. 8.), von wo aus sie am 15. 6. 1634 feierlich zur Bestattung nach Stockholm
(Riddarholmskirche) gebracht wurde. Der Leichkondukt in Wolgast litt darunter, daß
die abgesandte schwed. Flotte mit hundert Edelleuten, vielen Soldaten und den kgl. Regalien
nicht mehr rechtzeitig, nämlich erst am 19. 7., dort eintraf. An der Prozession
nahmen nach Angaben der genannten Berichte Kurfürst und Kurfürstin, Kurprinz und
Prinzessin v. Brandenburg, die beiden Herzöge v. Mecklenburg und ihre Gemahlinnen,
die Herzogin v. Braunschweig-Wolfenbüttel, die Herzogin und der junge Prinz v. Croy
(s. o.), Katharina Wasa (1584–1638; Stiefschwester Kg. Gustavs II. Adolf u. Gemahlin
Pgf. Johann Casimirs v. Zweibrücken zu Kleeburg), deren Tochter Pgfn. (Pzn.) Christi- || [
462] na
(Magdalena) (1616–1662; spätere Gemahlin Mgf. Friedrichs VI. v. Baden-Durlach
und Schwester des 1654 auf den Thron gelangten Karl X. Gustav v. Schweden [FG 513;
1648]) und neben verschiedenen Reichsräten und anderen Vertretern Schwedens (Gabriel
Gustavsson Oxenstierna, Matthias Soop, Herman Wrangel,Åke Henriksson Tott,
Johan Banér, Steno Svantesson Bielke) und Repräsentanten anderer hoher Häuser auch
zwei mecklenburgische und ,fünf Freulein von Anhalt‘ teil. Dies würde bedeuten, daß
sich damals alle sechs bernburgischen Schwestern in Güstrow aufgehalten haben. Vgl.
zur Überführung auch Junkelmann (s. Anm. 8), 462f., der aber die Ankunft in Nyköping
unrichtig datiert.
Herr Hans Georg v. Wartenberg (FG 143) und seine Gemahlin
Sabina (TG 37), geb. Pgfn. v. Sulzbach, die sich bei der schwed. Königin und am
schwed. Hof für Ratke eingesetzt hatten. Vgl. 320715. Unmittelbar nach dem Tod Kg.
Gustavs II. Adolf v. Schweden setzte Oxenstierna in Erfüllung des kgl. Willens am 4. 12.
1632 in Erfurt eine Donations-Urkunde auf, die Wartenberg zur Belohnung seiner „underthenigst
getreuen dienste“ für die Krone Schweden (auf dem Papier) in Besitz des
Klosters Ilmenstadt im Ebst. Mainz brachte. S.
AOSB FA VII, 786. Im August 1634
folgte ein Schutzbrief (Salvaguardia) für seine böhm. Herrschaften und Schlösser Neuschloß,
Böhmisch Leippa, Rohositz und Tuchomiersitz. S.
AOSB FA XII, 256f. Die folgende
Abkürzung „gl.“ meint Gf. Georg Ludwig v. Löwenstein-Scharfeneck, s. Anm. 0 u. 8.