K: Dieser Brief sollte in unmittelbarem Zusammenhang mit 330920 gelesen werden, da
dieses Schreiben durch den vorliegenden Brief in einen weiterreichenden europäischen
Kontext gestellt wird. Geht es in 330920 um ein von Hz. Wilhelm IV. v. Sachsen-Weimar
(FG 5) initiiertes Religionsgespräch im kleineren Kreise führender Gründungsmitglieder
der FG mit dem Ziel der konfessionellen Annäherung und einer friedfertigeren Gestaltung
des Verhältnisses zwischen Reformierten und Lutheranern, so ordnet sich der vorliegende
Brief in die noch weiter ausgreifenden Bemühungen John Duries (s. Anm. 1)
und seiner Förderer um konfessionellen Ausgleich zwischen den evangelischen Bekenntnissen
und Kirchen Deutschlands und Europas ein. Die Unterstützung von Duries langjährigen
Bemühungen um eine harmonia confessionum oder doch wenigstens eine tolerantia
mutua der Protestanten durch so zahlreiche FG-Mitglieder legt beredt Zeugnis vom
Irenismus dieser Gesellschaft ab, welcher sie auch mit den Friedensbestrebungen der herausragendsten
Geistesgrößen Europas verband. Vgl. W. Hoffmann, Art. „Irenik“ in
TRE XVI, 268–273. Duries Lebenswerk erscheint zugleich in struktureller Analogie zu
dem lebenslangen Bemühen Wolfgang Ratkes um eine grundlegende Bildungsreform,
die er ebenfalls als ein großes Werk der Vereinigung verstand. Diese Reform gründete
sich freilich auf die Muttersprache, überstieg prinzipiell den Rahmen des Protestantismus
und zielte auf eine ,wahre Harmonie des Glaubens, der Natur und der Sprachen‘
(vgl. 270827).
John Durie/ Dury/ Johann Duraeus/ Duräus (1596–1680), gebürtig
aus Edinburgh, in den Niederlanden aufgewachsen, studierte in Sedan und Leiden, wo
er sein theologisches Examen ablegte; wie sein Vater Robert D. Anhänger einer presbyterianisch-synodalen
Kirchenverfassung, schloß er sich jedoch später dem Anglikanismus,
den Independents und wiederum dem Presbyterianismus an. Er widmete sein ganzes
Leben einer Union der Protestanten. Durie versah das Predigtamt in den Niederlanden,
England und Deutschland, seit 1626 in der presbyterianischen schottisch-englischen
Gemeinde in Elbing (vgl. zur dort ansässigen engl. Eastland Company 291005 K
1), das damals in der Hand Kg. Gustavs II. Adolf v. Schweden war. Hier kam Durie mit
protestantischen Einheitsbestrebungen in Berührung und beschäftigte sich mit der
Abendmahlslehre. Aus dieser Zeit datieren auch bereits die Kontakte zu dem engl.
Staatsmann und Gesandten Sir Thomas Roe (ca. 1581–1644), der Durie mit Friherre
Axel Oxenstierna (FG 232; 1634) bekannt machte. Vgl. Letters relating to the mission of
Sir Tomas Roe to Gustavus Adolphus, 1629–30. Edited by S. R. Gardiner. London 1847.
1630 reiste Durie nach England zurück, ohne dort die offizielle Unterstützung von König
und Hof für sein Unternehmen einholen zu können. Der reformierte kurbrandenburg.
Hofprediger und Konsistorialrat Johann Bergius sandte Durie einen Bericht über
das Leipziger Religionsgespräch zwischen kurbrandenburgischen, kursächsischen und
hessen-kasselschen Theologen reformierter und lutherischer Konfession vom 3. – 23. 3.
1631 (s. 330920 K 0) zu. Im Juli 1631 gelangte Durie wieder nach Deutschland; es begann
sein rastloses Bemühen um Fortsetzung des mit dem Leipziger Religionsgespräch
begonnenen innerprotestantischen Ausgleichswerks. Bis Ende 1633 reiste er in Deutschland
umher, wo er zwar Empfehlungen des Thomas Roe sowie des Ebfs. George Abbot
von Canterbury (1562–1633) und weiterer engl. Bischöfe (wie Joseph Hall in Exeter,
Thomas Morton in Durham und John Davenant in Salisbury) und Theologen vorweisen
konnte, keineswegs aber eine offizielle Empfehlung der anglikanischen Kirche oder gar || [
472] des Königs. Kg. Gustav II. Adolf v. Schweden empfing ihn im November 1631 in Würzburg
und ließ ihm durch seinen Sekretär Philipp Sadler (s. 321201) ein offenes Empfehlungsschreiben
an die evangel. Fürsten Deutschlands ausstellen. Durie versäumte es abzuholen,
da er sich zuvor erst mit den deutschen Theologen einig wissen wollte. Ein Jahr
später war der König bei Lützen gefallen und auch Oxenstiernas Unterschrift unter ein
förmliches Empfehlungsschreiben, trotz aller Bitten des Schotten, nicht mehr zu haben.
Schon in Würzburg war es auch zu Unterredungen zwischen Durie und Gustav Adolfs
Hofpredigern Jacobus Fabricius (s. 321201) und Johannes Matthiae (†1670) gekommen.
Mit Matthiae (1629 Hofprediger, 1632 Lehrer Pzn. Christinas, 1643 Bf. v. Strengnaes
bis zu seiner Absetzung als Krypto-Calvinist) blieb Durie dauerhaft freundschaftlich
verbunden. Vgl.
REThK [1896] XVIII, 30 [Art. „Schweden“]; Hjalmar Holmquist: D.
Johannes Matthiae Gothus. Upsala 1903; [Henri Wilhelm Nath.] Tollin: Johann Duraeus.
In: Geschichts-Blätter für Stadt und Land Magdeburg. 32 (1897), 227–285 (Lebensbeschreibung)
u. 33 (1898), 26–81 (zu Duries Magdeburger Zeit 1669; Bibliographie),
hier 32, 235f. Im Februar 1632 traf Durie in Frankfurt mit Axel Oxenstierna zusammen,
der ihm Unterstützung beim Unionswerk zusagte; Gespräche mit dem jüngst
nach Deutschland gelangten lutherischen Bf. Johannes Botwedsson (Botvidi/ Bothvidius/
Botvidus, s. 320416 K 7) blieben hingegen erfolglos. Vgl. Gunnar Westin: Negotiations
about Church Unity 1628–1634. John Durie, Gustavus Adolphus, Axel Oxenstierna.
Uppsala 1932. Im Anschluß daran nahm Durie seine Unterhandlungen bei den reformierten
Theologen Hanaus, der Pfalz, Hessens, der Wetterau, Nassaus, von Solms,
Bremens und Anhalts auf. Er traf Paulus Tossanus (s. Anm. 2 u. 7), der ihn den hessenkasselschen
Theologen empfahl. Duries Initiativen (v. a. die nach allen Seiten ausgehenden
Aufforderungen zu konfessionsübergreifenden Synoden der Protestanten) wurden
freilich nur von wenigen Lutheranern, wie etwa der Theologischen Fakultät der U.
Helmstedt, begrüßt; meistens stieß er, etwa in Jena oder Leipzig, auf Distanz oder offene
Ablehnung. Seit dem Sommer 1632 versuchte Durie von den reformierten Kirchenführern
Briefe an Ebf. George Abbot v. Canterbury und den Bischof v. London (William
Laud, späterer Ebf. v. Canterbury) zu erhalten, damit diese sich selbst vermittelnd einschalteten
bzw. König Karl I. für eine solche Rolle gewinnen mochten. Dies geht sehr
deutlich auch aus den in Anm. 2 genannten anhaltischen Quellen hervor. Duries ungelöstes
Problem blieb indes die Verweigerungshaltung der dt. lutheranischen Geistlichkeit.
Als Durie im April 1633 die Gründungsversammlung des Heilbronner Bundes mit dem
sein Anliegen unterstützenden engl. Sondergesandten Sir Robert Anstruther (FG 240)
besuchte, erhoben sich immerhin auch Stimmen einiger lutherischer Repräsentanten für
ihn. Doch selbst Oxenstierna mochte, angesichts der komplizierten politischen Lage und
des allerorten herrschenden Mißtrauens, nicht eindeutig Partei für Durie (und gegen die
Lutheraner) beziehen. Er verwies Durie an den ehemals kurbrandenburg., nun schwed.
Hofrat Christoph Ludwig (v.) Rasche (FG 242), der aber auch nicht den Weg zu konkreten
Fortschritten zu ebnen vermochte (Westin, a. a. O., 142). Ende September 1633
kehrte Durie aus Anlaß des Todes von George Abbot über Holland nach England zurück,
in seinem Gepäck 25 Briefe und Dokumente von Repräsentanten verschiedener
Landeskirchen, ein Drittel davon an den Erzbischof v. Canterbury und andere engl.
Theologen gerichtet (Westin, a. a. O., 155). Bereits im Mai 1634 reiste Durie auf das
Festland zurück, um mit den engl. Gesandten Roe und Anstruther im Juni an dem Frankfurter
Konvent der evangel. Stände teilzunehmen, zu dem auch Lgf. Wilhelm V. v. Hessen-
Kassel (FG 65) eingeladen hatte. Von fl.-anhaltischer und hzl.-mecklenburgischer
Seite nahmen Curt v. Börstel (FG 324) bzw. Martin Milagius (FG 315) als Gesandte teil.
Der Versammlung legte Durie eine Denkschrift vor („Ecclesiastis Britanni, Christiana et
submissa petitio“): „Ad illustrißimos, Nobilißimos, atq. Magnificentißimos Dominos,
Dominos Evangelici foederis ordines, atq. ordinum delegatos in Comitiis Francofurti ad
Moenum congregatos“. o. O. u. Datum. 8 Bl. unfol. [A: 8v, dabei Eingangsvermerk: || [
473]
„Francfurt 6. [?] Julij 1634.“; Abschrift [BJ Kraków: Ehem. Autographensammlung der
Preuß. STB Berlin: Slg. Radowitz 6442. 96]). Deren Anliegen — kirchliche Friedensverhandlungen
der Protestanten — wurde dank der Unterstützung Roes und Oxenstiernas
am 14. 9. 1634 wenigstens in einem allgemeinen Sinne gutgeheißen. Bei dieser Gelegenheit
nahm Durie freundschaftliche Verbindung zu Hugo Grotius auf, dem universellsten
und „bedeutendsten Vertreter des Unionsgedankens“ unter den (arminian.) Reformierten
(Schüssler [s. u.], 88). Die Niederlage von Nördlingen am 6. 9. 1634 trieb den Konvent
auseinander und Durie zunächst in die Niederlande, im Februar 1635 zurück nach
England. Er begab sich im Juli 1635 erneut in die Niederlande, hielt sich auf Einladung
Johann Matthiaes 1636–1638 in Schweden auf, wo seine Verhandlungen mit einem Ausweisungsdekret
Kgn. Christinas vom 7. 2. 1638 endeten. Nach Stationen in Hamburg,
wo er sich mit Joachim Jungius und Johann Rist (FG 467) befreundete, und in Bremen
reiste er in die welfischen Herzogtümer, wo er sich dank der Vermittlung Georg Calixts
(s. 330920) der Unterstützung der Herzöge August d. J. (FG 227), dessen Bibliothek er
bewunderte, und Georg (FG 231) zu versichern wußte. Auch Hz. Friedrich Ulrich v.
Braunschweig-Wolfenbüttel (FG 38) hatte 1633/34 die evangel. Unionstheologie und
ihr Pazifizierungsprogramm unterstützt. Am 5. 12. 1639 kam es in Braunschweig zu einer
persönlichen Zusammenkunft zwischen Hz. August d. J., Calixt, Durie und anderen
Kirchenleuten, bei der beschlossen wurde, gemeinsam die Einigung aller Protestanten zu
betreiben. (Ähnliches scheint Hz. Georg kurz darauf in Hildesheim ins Werk gesetzt zu
haben. Auch ist Korrespondenz zwischen Durie und Johann Valentin Andreae [FG 464]
belegt.) Danach reiste Durie nach Dänemark, doch machten auch hier, wie zuvor in
Schweden, die Lutheraner ihre Mitarbeit davon abhängig, daß die Reformierten vorher
ihre ,Irrtümer‘ widerriefen und ihre ,Angriffe‘ einstellten. Von Dezember 1640 bis Juli
1641 hielt sich Durie erneut in den Niederlanden auf, um die Freundschaft von André
Rivet, Daniel Heinsius, Claude de Saumaise, Gerardus Ioannes Vossius, Anna Maria
van Schurman und René Descartes und die Unterstützung der kurpfälz. Witwe Elisabeth
(Stuart) und ihrer Söhne Karl Ludwig und Rupert zu gewinnen. Danach kehrte er erneut
nach England zurück, wo ihn in London Johann Amos Comenius besuchte (der ihn im
Juni 1642 nach Holland begleiten sollte) und wo er mit Mitgliedern des „invisible college“,
also Initiatoren der späteren
Royal Society of London for Improving Natural Knowledge,
wie etwa Samuel Hartlib, verkehrte. Später verband er sich in Freundschaft mit
Robert Boyle und Henry (Heinrich) Oldenburg. Es ist hier nicht der Ort, Duries weiteres
Leben und Wirken, insbesondere seine Rolle als Covenanter im engl. Bürgerkrieg zu
verfolgen. Nicht zu übergehen sind indes seine drei Schulschriften, die von Samuel Hartlib
herausgegeben und 1650 in London gedruckt wurden. Sie sind das Ergebnis enger
Zusammenarbeit von Durie und Hartlib, darunter
The Reformed Librarie-Keeper, worin
u. a. eine Beschreibung der Bibliothek Herzog Augusts d. J. zu finden ist:
The description
of one of the chiefest Libraries which is in Germanie, erected and ordered by one of the most
Learned Princes in Europe — so der engl. Titel des latein. Textes (HAB: 22. 4° 105, vgl.
den Ndr., Introd. by R. H. Popkin and Th. F. Wright, Los Angeles/ Cal. 1983; ferner
Tollin, a. a. O., 32, 256f.). Zum Puritaner und Parteigänger Cromwells geworden, standen
Duries weitere Missionen auf dem Kontinent (1654–57), insbesondere in Deutschland,
im Geruch des Königsmords. (Nur die Schweiz bildete hierin eine Ausnahme.)
Dennoch wurden seine Vorschläge von vielen protestantischen Fürsten, Geistlichen und
Synoden mit Wohlwollen aufgenommen, so in Braunschweig, Hessen, Weimar, Gotha,
Hanau und seit 1661 auch in Brandenburg, wo Kf. Friedrich Wilhelm (FG 401) in Toleranzedikten
(seit 1662) die Schmähung des jeweils anderen evangel. Bekenntnisses unter
Strafe stellte. Ebenso hatten Fn. Eleonora Sophia (TG 39), Witwe F. Christians II. v. Anhalt-
Bernburg (FG 51) und entschiedene Anhängerin der protestantischen Union, und
ihr mit Durie korrespondierender Schwager, F. Friedrich v. Anhalt-Harzgerode (FG
62), 1660 in ihren Territorien Initiativen gegen die Verunglimpfungspraxis unter den || [
474]
Evangelischen ergriffen (Tollin, 33, 38f.). Die Fürstin wandte sich mit diesem Anliegen
auch an die Stadt Magdeburg: Wie sie den Lutheranern in der Stadt Bernburg das freie
„exercitium religionis“ eingeräumt habe, so sollte auch der Magistrat Magdeburgs, an
den sie am 20. 11. 1660 schrieb, der alltäglichen Diskriminierung der Reformierten ein
Ende setzen. Mit einer gewundenen Kompromißformel erklärte sich dieser zu Konzessionen
bereit. Es paßt schließlich auch ins Bild, daß F. Johann Georg II. v. Anhalt-Dessau
(FG 322) in den Jahren 1655 (mit seinen Vettern F. Christian II. v. Anhalt-Bernburg
und F. Lebrecht v. Anhalt-Köthen, FG 321) und 1669/70 in Kontakt und Korrespondenz
mit Durie stand. Johann Georg sollte später auch Gottfried Wilhelm Leibniz’ Bemühungen
um eine christliche Universalunion der Katholiken und Protestanten unterstützen.
— Durie, der England wegen der Wiedereinführung der Monarchie 1661 auf
immer verlassen hatte, beschloß sein Leben am 28. 9. 1680 in Kassel. Hier lebte er seit
1670 unter dem Schutz der Lgfn. Hedwig Sophia, Witwe Lgf. Wilhelms VI. (FG 694).
Der Landgraf hatte Durie schon im Januar 1655 aufgenommen und 1661 — erfolglos —
das Kasseler Religionsgespräch zwischen gelehrten Lutheranern (aus Rinteln) und Reformierten
(aus Marburg) auf den Weg gebracht. Vgl. Historia Joannis Duraei, qua ea
inprimis, quae P. Baelius et G. Arnoldus tradiderunt/ diligentius investigantur et explicantur
praeside Jo. Christophoro Colero ... publica excussa a Georgio Henrico Arnoldo.
(Wittenberg: Creusigius 1716) HAB: Db 1168; Art. „Duräus“ in
REThK (1896) V, 92–
95; Art. „Durie, John“ in
DNB XVI, 261–263 (mit Bibliographie); Art. „Durie“ in
RGG
II, 292f.; C. H. W. van den Berg, Art. „Durie“ in
TRE IX, 242–245; Art. „Durie“ in Biographisch-
Bibliographisches Kirchenlexikon. Begr. u. hg. F. W. Bautz†, fortgef. T.
Bautz. Bd. 1 (Hamm 1975), 1433f.; Tollin, a. a. O. Vgl. ferner Handbuch der Dogmenund
Theologiegeschichte. Hg. Carl Andresen. Bd. 3: Die Lehrentwicklung im Rahmen
der Ökumenizität. Göttingen 1984, 86ff.; August Beck: Ernst der Fromme, Herzog zu
Sachsen-Gotha und Altenburg. Ein Beitrag zur Geschichte des 17. Jahrhunderts. 2 Tle.
Weimar 1865, I, 641; Gustav Adolf Benrath: Irenik und Zweite Reformation. In: Die reformierte
Konfessionalisierung in Deutschland — Das Problem der „Zweiten Reformation“.
Hg. Heinz Schilling. Gütersloh 1986, 349–358 (allg.); Jill Bepler: Duke August and
the Hartlib Circle. In: A Treasure House of Books. The Library of Duke August of
Brunswick-Wolfenbüttel. Ed. by H. Schmidt-Glintzer in collaboration with W. Arnold
[u. a.]. Wiesbaden 1998, 165–172, 167ff.; Christoph Böttigheimer: Zwischen Polemik
und Irenik. Die Theologie der einen Kirche bei Georg Calixt. Münster 1996, 44ff.; Karl
Brauer: Die Unionstätigkeit John Duries unter dem Protektorat Cromwells. Ein Beitrag
zur Kirchengeschichte des 17. Jahrhunderts. Marburg 1907; Ernst Ludwig Theodor
Henke: Georg Calixtus und seine Zeit. 2 Bde. Halle 1853 u. 1856, I, 500ff.; II, 107ff.;
Hans Leube: Kalvinismus und Luthertum im Zeitalter der Orthodoxie. 1. Bd.: Der
Kampf um die Herrschaft im protestantischen Deutschland. Leipzig 1928, 204ff.; Inge
Mager: Die Beziehung Hz. Augusts v. Braunschweig-Wolfenbüttel zu den Theologen
Georg Calixt und Johann Valentin Andreae. In: Pietismus u. Neuzeit VI (1980), 76–98,
93f.; J. Minton Batten: John Dury: advocate of Christian reunion. Chicago 1944; Richard
H. Popkin: The End of the Career of a Great 17th Century Millenarian: John Dury.
In: Pietismus und Neuzeit 14 (1988), 203–220; Thomas H. H. Rae: John Dury, reformer
of education. Marburg a. d. L. 1970 (2. Aufl. Hildesh. 1972); ders.: John Dury and
the Royal Road to Piety. Frankfurt a. M. [u. a.] 1998, 60; Michael Rohrschneider: Johann
Georg II. v. Anhalt-Dessau (1627–1693). Eine politische Biographie. Berlin 1998,
424; Hermann Schüssler: Georg Calixt. Theologie und Kirchenpolitik. Wiesbaden 1961,
89ff.; G. H. Turnbull: Hartlib, Dury and Comenius. Gleanings from Hartlib’s papers.
Liverpool/ London 1947 (erneut London 1968), 132ff., 323ff. (ungemein faktenreich);
Gunnar Westin, a. a. O., insbes. 118–154 (zu Duries erster Kampagne in Deutschland
1631–1633).
Über die Annäherung Duries an die anhalt. Kirche in den 30er und
50er Jahren unterrichten u. a. zwei Aktenbestände im LAO: Abt. Bernburg C 17 Nr. 65 || [
475] und Abt. Dessau C 17 V Nr. 4 sowie
Beckmann VI, 152ff. Demnach hat Durie am 25.
10. 1632 aus Frankfurt a. M. an den Zerbster Superintendenten Christian Beckmann (s.
Anm. 6) geschrieben und ihn um ein Gutachten der anhalt. Theologen hinsichtlich der
von ihm vorgeschlagenen Frieden und Eintracht stiftenden Mittel und Verhandlungs-
„Modi“ gebeten. Das Schreiben im Original in LAO: Abt. Bernburg C 17 Nr. 65, Bl. 4r–
5v; von
Beckmann im Wortlaut veröffentlicht a. a. O., 152–154. Es heißt darin, Christian
Beckmann sei Durie besonders empfohlen worden, und es sei die Natur und die Pflicht
Gleichgesinnter, sich zu verständigen und zum guten Zweck zusammenzuwirken. Unter
Hinweis auf das Leipziger Religionsgespräch „inter plures utriusq. partis Theologos“
(März 1631, s. Anm. 1) lobt Durie den guten Willen, „in hoc concordiæ religiosæ conatu
vires coniungendi, & conferendi cum ijs, qui in hac causa communia studia tractabunt,
sicut ex ipsa instrumenti forma [
ergänzt bei Beckmann, 153: ac] scopo consiliorum liquere
potest.“ (4rf.). Beckmann, von Gott mit gutem Talent versehen, möge sich in „pij com
mercij
societatem“ begeben. Zwar sei schon oft „hoc unitatis studium“ versucht, oft es
begonnen worden, niemals zuvor aber sei es historisch so nötig und von der Anlage so
universal mit gutem Ausgang zu erhoffen gewesen wie heute. Bislang habe es höchstens
private Anstrengungen in irgendwelchen Kirchen („inter privatas aliquas Ecclesias“) gegeben.
Jetzt sei in stiller Vereinbarung vorzubereiten, was zum gemeinen Besten zu gegebener
Zeit vorzulegen sei: „hoc enim quod initio quærimus nihil est aliud, quam sanctæ
communicationis inter pie doctos pactum; ut illi collatis secreto sententijs inter se; præparent
omnia in antecessum, quæ [
ergänzt bei Beckmann, 153: suo] tempore publico bono
inseruire poterunt. istud iam pactum, atque foedus (ut sic dicam) consultationis Theologicæ;
pepegerunt cum nostris Theologis, Palatini, & Hanouici, & qui sub comitibus in
Wetterauico tractu degunt, aut iam id sanciverunt[,] quales sunt Jsenburgici, aut Sancire
promiserunt quales sunt Nassouici & Solmenses. quod ad Cassellanos, Brandenburgicos
& Saxonicos attinet, Acta Colloquij superiori tempore initi, illos obstringunt ad istas cogitationes,
a quibus no
n facile recessuros speramus.“ (4v). In der Zwischenzeit hätten
die Kasseler ihre Bereitschaft zur Mitarbeit zugesagt. Mit der Zeit würden sich gewiß
alle reformierten Kirchen, ganz gleich ob in Deutschland, der Schweiz, Frankreich, den
Niederlanden oder Polen, dieser Aufgabe nicht entziehen, „per viros Pacis inter illas studiosos;
ut rebus omnibus quæ [
ergänzt bei Beckmann, 153: tanti] operis præparationi requisitæ
sunt, communi consensu causæ aptatis, caput aliquod consiliorum excitetur & inveniatur,
quod omnium nomine alterius partis principibus hoc Reformatorum generale
votum atq. propositum aperire possit.“ (4v). Als dieses ,Haupt‘ oder Vermittler wird der
englische König vorgeschlagen, der sich einem an ihn ergehenden allgemeinen Votum
der deutschen Reformierten („communi [...] voto Reformatorum in Germania“, 5r) sicher
nicht verweigern würde. Auch könnten die in einer beiliegenden Liste genannten
englischen Theologen angeschrieben werden und mit diesen Schreiben in Händen den
König dafür kräftiger zu gewinnen suchen. (In der Tat liegt eine solche Liste der genannten
Akte bei, a. a. O., Bl. 14 u. 15; vgl. ferner die Abschrift „Theologorum ac Ministrorum
quorundam sententia de Capitibus quibusdam ad deliberandum propositis“, ungez.,
o. O. u. Datum; a. a. O., Bl. 10rv.) Wenn den Anhaltern, so der Brief Duries weiter, die
vorgeschlagene Einrichtung („hoc institutum“) gefalle, mögen sie an die schreiben, die
ihnen den Vorschlag unterbreiten („ad eos qui vos hic prouocant“), oder an den Erzbischof
(von Canterbury), dessen Einverständnis vorliege. Als Beispiel kommuniziere er,
Durie, ihnen den Brief eines herausragenden Theologen des seligen Königs [Friedrich
I.] v. Böhmen, „ut planius Scopum nostrum intelligeretis, & videretis alios Vobis præeuntes
quibus facile vos comites[,] ut spero[,] præstabitis.“ (5r; s. u.). Dieser Theologe ist
Paulus Tossanus (s. u. und Anm. 7). Beiliegende handschriftliche und gedruckte Beiträge
mögen sie hoffentlich gern zwecks weiterer Information konsultieren. Obwohl ihnen
persönlich unbekannt, empfehle ihn doch sein gutes Gewissen vor Gott, etc. — Das
Schreiben Duries an Beckmann wurde von diesem an die fl.-vormundschaftliche Regie- || [
476] rung zu Zerbst weitergeleitet und dann von deren Kanzler Johann Sturm (1587–1636;
1628 von Fürst August v. Anhalt-Plötzkau [FG 46] in Vormundschaft für F. Johann v.
Anhalt-Zerbst [FG 398] zum Kanzler in Zerbst berufen) F. August v. Anhalt-Plötzkau
zugesandt. Sturms Schreiben an den Senior des Fürstenhauses vom 12. 4. 1633 war offenbar
nicht nur der Brief Duries an Beckmann hinzugefügt, sondern auch dessen Beilagen,
die sich im Anschluß an Sturms Brief noch in der Akte befinden (a. a. O., Bl. 3–15),
darunter auch der in Duries Schreiben genannte Brief eines hohen kgl.-böhmischen
Theologen, d. i. Paulus Tossanus (Thossanus/ Paul Toussain, s. Anm. 7), „Senator Ecclesiasticus
in inferiori Palatinatu suo et aliis Theolog. Palatinorum no
mine ex mandato
Sereniss. Regis Bohemiæ“, an „Dn. Georgium Archiepiscopum Cantuariensem [d. i. Ebf.
George Abbot v. Canterbury] primatum totius Angliæ et Metropolitanum“, d. d. „Hannoviæ
[Hanau], 8 Nov. Ao. 1632.“ (Bl. 3rv; Adressathinweis auf ungez. Bl.; Abschrift),
sowie weiteres, Beckmann späterhin zugegangenes Material wie ein Empfehlungsschreiben
aus Nürnberg d. d. 21. 3. 1633 an Beckmann (a. a. O., Bl. 13rv; eigenh.), in dem Durie
als „vir vere pius, olim collega dilectissimus“ und sein ehrenwertes und nützliches
Vorhaben empfohlen werden. Sturm übersandte nun also am 12. 4. 1633 verbunden mit
einem eigenen Anschreiben (a. a. O., Bl. 1r–2v; eigenh.; abgedruckt in
Beckmann VI,
154), „was ein Engellandischer
Theologus Johannes
Duræus aus Franckfurth am Mayn
an alhiesigen Superintendenten Hrn. Christian
Beckmannum wegen
composition und
tranquillirung des langwirigen, vnd hochschedlichen Religionsstreits
inter Lutheranos et
Reformatos in schriefften gelangen laßen, was darin vor
media pacis et concordiæ, auch
was vor ein
modus tractandi vorgeschlagen, vnd was disfals an die gesambte kirchen des
Furstenthumbs Anhalt gesonnen worden, das haben E. F. G. aus den
original beylagen
wie vns die vom Herrn Superintendenten eingehandet worden, mit mehrerm gnedig
zuuernehmen.“ (1r). Grundsätzlich pflichtet Sturm dem Anliegen und den Vorschlägen
des Schotten bei und empfiehlt, das Unternehmen tatkräftig und auf jede mögliche Weise
zu fördern. Da die Angelegenheit aber noch in der Vorbereitung befindlich sei und
der Gefahr gesteuert werden müsse, daß sich die anhalt. Kirche von den anderen reformierten
Kirchen durch Voreiligkeit isolieren oder separieren könnte, so habe er für gut
befunden, die Angelegenheit „als eine algemeine sache an E. F. G. als
Oberdirectorem in
vndterthenigkeit billig zuebringen, Zumaln weil die
Requirenten in Engellant selbst in allem
dahin zielen das alles mit wißen, willen, vnd vf beuehl iedes orts hoher Landes Obrigkeit
vorgehen vnd gehandelt werden solle.“ Er schlägt daher vor, F. August möge sich
mit seinem Bruder F. Ludwig und den fürstlichen Vettern darüber beraten, „auch etwa
der vornehmbsten
Theologen des gesambten Furstenthumbs gedencken vnd guthachten
darob vornehmen, beuorab aber nur [2r] Chur Brandenburgk vnd Heßen daraus zue
communiciren ihro gnedig belieben laßen wollen, vnd ob nicht der Superintendent inmittelst
eine solche vorantwort von sich solte kommen laßen, darin er von seiner guten
affection
vnd
studijs zue solchen heilsamen wercke
contestirte vnd sich dahin vernehmen ließe,
Er hofte was andere
reformirte kirchen in Deutschland bey diesen Christlichen wercke
thun würden, damit würde sich Anhalt auch gerne
conformiren, vnd
pro posse cooperiren
helffen.“ — Tatsächlich scheint es im Anschluß zu Konsultationen mit kurbrandenburg.
Theologen und Politikern gekommen zu sein, denn am 15. 5. 1633 schrieb Johann Sturm
erneut aus Zerbst an F. August (a. a. O., Bl. 20rv; A: ungez. Bl.; eigenh.; zit. in
Beckmann
VI, 154), er habe das, was F. August „nach gepflogener
communication mit den Chur
Brandenburgischen sowohl
politicis, als
Theologis“ in Sachen „
pacificandæ Religionis, wegen
beanttwortung des Engelländischen
Theologi Johannis Duræi“ dem Kanzler gegenüber
als ratsam disponiert habe, dem Superintendenten Beckmann mitgeteilt: „das nemblich
1. die Christliche vnd friedfertige
jntention zue loben, 2. Er Superintendent sich zue
erbitten seiner gnedigen herschafft es vntterthenig zue hinterbringen, die er den zum
frieden gantz geneigt wüste. 3. Dieweil aber der gegenpartey
jntention in acht zunehmen,
so müste man der
occasion wahrnehmen, so sich nicht zwingen ließe. 4.
Jnterim hette er || [
477] sich zue solcher
correspondentz zueerbitten, vmb fernere
communication was vorgehet,
oder vorgehen möchte, zue bitten; vnd wie man 5. dieses orts darfür hielte das man
absq.
synodo, aus der sache nicht kommen würde, also würden 6. die Anhaltischen
Ecclesiæ
sich von andern
reformirten kirchen Deutschlandes nicht
separiren sondern in solchem
frietfertigen Christlichen
scopo mit denselben gerne
conformiren vnd
cooperiren helffen“.
Dieser Anordnung sei Beckmann gefolgt und habe die beigefügte „vorantwort“ (Konzept/
Entwurf) verfaßt und gestern eingeschickt. Sie ginge zwar in einigen Einzelheiten
über F. Augusts insinuierte Antwort hinaus, doch stelle Beckmann seinen Entwurf der
Zensur und Korrektur F. Augusts anheim. Noch in der Akte folgt dem Brief Sturms in
der Tat Beckmanns Entwurf einer Antwort auf Durie, d. d. Zerbst 15. 5. 1633 (a. a. O.,
Bl. 21r–24r, eigenh.; abgedruckt in
Beckmann VI, 155; eine Abschrift hat sich in den
Hartlib-Papieren erhalten, s. Turnbull [s. Anm. 1], S. 147 Anm. 2). Beckmann lobt Duries
Vorhaben und hält dafür, „hoc opus extra controversiam censetur merjtò : Ita ab omnibus,
qui verè nomen Christianum profitentur, omnibus votis expeti, omnib
us etiam
modis promoverj debet.“ In den letzten Jahren habe es Überlegungen gegeben, wie die
Spaltung der evangel. Kirchen in Deutschland aufgehoben und ein zuträglicherer Friede
konstituiert werden könnte („qua ratione nocentissimum illud schisma inter evangelicos
per Germaniam tolli, aut quodam modo leniri, & sedatis animis, pax commodior possit
constitui“). Ein Kolloquium habe es aber nicht gegeben („passim colloquia non semel habita“),
stattdessen eine große Zahl polemischer Schriften. Bei alle dem sei nichts oder
wenig herausgekommen. Danach schließt sich Beckmann, den guten Willen der anhalt.
Fürsten und ihrer Geistlichkeit herausstreichend, sogar dem Wunsch nach einer europaweiten
Generalsynode der Evangelischen an: „Equidem hoc planè affirmare tibi ausim:
quod illustrissimi Principes Anhaltini, opus illud ejrenicum magnopere comprobent, immò
etiam una cum aliis, quantum in se, juvare & provehere velint: quod itidem omnes
Theologi & pastores ecclesiæ in Anhaltinam eo ipso nihil prius, nihil antiquius ducant.
Vtinam maturè fieri possit, quod publica vtilitas adeoq. necessitas pro tempore iubet,
hoc est, synodus evangelicorum Europæ congregari: in qua omnia in timore Domini ponderentur,
nonnullorum doctorum placita ad regulam sacræ scripturæ exigantur, & omnibus
piè discussis, accedente magnorum Regum ac Principum autoritate, pax & concordia
Deo gratissima, inter evangelicos post liminio restituatur, et illibata conservetur.“
(21vf.). Die Reformierten („Orthodoxos“) seien bereit, die Gründe ihres Glaubens offen
zu legen und zur Debatte zu stellen, wann immer es die Zeit verlangt, „sed Lutheranorum
animi ante omnia & quidem datâ commodissima occasione explorandi videntur ab
iis, qui probissimè norunt“ (22r). Schließlich gibt Beckmann zu bedenken, „an non consultum
sit, si Serenissimus rex Angliæ Carolus, Regem Daniæ, Electorem Saxoniæ,
Brandenburgicum & alios, quam primum fieri possit, ad vtilissimum eiusmodi pacis constituendæ,
aut saltem tentandæ negotium invitet; vel durante hoc gravissimo in Germaniâ
bello, quod Evangelicorum animos & vires subinde magis magisque vnitas flagitat.“ Usw.
—D. d. Köthen, 16. 4. 1633 hatten auch bereits die Köthener Geistlichen Daniel Angelocrator
und Daniel Sachse ein knapper gehaltenes, aber im Grundsätzlichen ebenso positives
Gutachten aufgesetzt (nicht in den zitierten beiden Akten des LAO; abgedruckt in
Beckmann VI, 156). — Am 18. 5. 1633 — F. Christian II. v. Anhalt-Bernburg (FG 51)
kam am Vorabend gerade per Schiff vor Amsterdam an, wohin er am 2. Mai von Ballenstedt
aus aufgebrochen war (
Christian: Tageb. XII, 49r) — schaltete sich nun auch der
Bernburger Regierungspräsident Heinrich v. Börstel (FG 78) ein und schrieb F. August
(LAO: Abt. Dessau C 17 V Nr. 4, Bl. 7r; Schreiberh.), er habe Beckmanns entwurfsweise
Antwort gelesen, weil aber „die sache von solcher wichtiger importantz, das Concept
auch nicht in terminis einer vorantwortt verblieben, sondern denselben ezliche vorschläge
inserirt, welche ich zwar meines theils inprobire, aber doch dafür halte, daß solche in
etwas werden zu verbeßeren, auch nebst des Königs in Dennemark, ChurSachsen vnd
Brandenburgk, des ChurPfälzischen administratoris [Pgf. Ludwig Philipp v. Simmern || [
478]
(FG 97)] mit zugedencken sein“. Dem nachfolgends geäußerten Vorschlag, die Angelegenheit
dem Bruder F. Ludwig und den Dessauer Neffen vorzulegen und ihre Meinung
einzuholen, kommt F. August am Folgetag 19. 5. 1633 nach (a. a. O., Bl. 6r; Schreiberh.)
und sendet F. Ludwig sowie den Fürsten Johann Casimir und Georg Aribert v. Anhalt-Dessau (FG 24),
„was vnser Canzler vnd Räthe zue Zerbst an vns nebenst darbeygefügtem
Concept deß Superintendenten zue Zerbst vor antwortt an den Engellendischen
Theologum Ehren
Duræum vnterthenige gelangen laßen“. Er, August, habe sich darüber
mit dem Präsidenten [Heinrich v. Börstel] beraten; sie beide seien der Ansicht, „das die
inserierte vorschläge vffs genaweste verbeßert vnd noch zur zeit nicht zu weit gegangen
werde“; so möchten die Adressaten das Konzept sorgfältig lesen, prüfen und verbessern.
— F. Ludwig reagierte prompt und sandte den Dessauer Neffen seinerseits am 20. 5.
1633 (a. a. O., Bl. 8r; Schreiberh. mit F. Ludwigs eigenh. Unterschrift; 2.Überlieferung:
Konzept von Schreiberh. in: LAO: Abt. Bernburg C 17 Nr. 65, Bl. 16r), was ihnen „allerseits“
aus Plötzkau in Sachen „des Englischen
Theologi Johannis
Duræi, vorhabende
Composition im Religionswesen“ zugesandt worden sei. Die Antwort des Zerbster Superintendenten
sei zwar im Grundsatz nicht zu beanstanden, doch zweifele er, ob Beckmann
schon „ezliche hohe herrschafften benennen vnd vorschlagen möge“; sollte ihm
das gestattet werden, so sei „die ChurPfalz mit einzuverleiben“. Auffälligerweise fällt
weder hier, noch an anderer Stelle der Name „Schweden“. Ludwig bat die Dessauer Neffen
um ihre Meinung und erhielt diese am 22. 5. 1633 (LAO: Abt. Bernburg C 17 Nr. 65,
Bl. 17r–18v; Konzept v. Schreiberh., und LAO: Abt. Dessau C 17 V Nr. 4, Bl. 11r–12v.
Ein wohl improvisiertes früheres Konzept wesentlich gleichen Inhalts auf einem Zettel in
LAO: Abt. Dessau C 17 V Nr. 4, Bl. 10r). Sie priesen das nützliche und fromme, aber
sehr schwierige Werk und räumten ein, daß es „nicht alleine von verstendigen vnd erfahrnen
Theologis, besondern auch
Politicis, wie füglich zu solchem werck zugelangen,
wohl vberlegt, vnd bedacht sein“ wolle. Da die Zeit nicht eile, ergehe der Vorschlag,
„diese sache etlichen vnsern
Theologis aus iedem fürstl. ahnthein [
Verschreibung für antheil],
darunter wir neben Hrn
Beckmanno aus dem Zerbster ahntheill, auß E. L. vnd
Gnd. ihren, dero Superintendenten Hrn Mag. Daniel Sachsen, dan auß vnserm ahntheil
Hrn Johan Hoffmeister benebenst dem Jenigen, so man aus dem Bernburgischen ahntheil,
dazu am bequemlichsten vnd qualificirtesten erachten, vnd deputiren möchte, ohnmaßgeblich
vohrschlagen, dergestalt zu committiren vnd aufzutragen, daß sie förderlichst
zusammen kohmen, diese sache der gebühr consilirten vnd berahtschlagten vnd
nachmaln derselben vntertheniges schriftliches bedencken, vns zu vnserer revision vnd
entlichen guttachten vbergeben hetten vnd würde man alßdan verhoffentlich, vmb so viel
desto sicherer sich des
modj halber, dabey wir dan vnd warum es bey des herren
Beccmanni
itzigen entwurff verbleiben, oder aber ChurPfaltz mit hinein geruckt werden solle,
allerhandt difficulteten befinden in diß fals desto baß Hrn
Beccmanno an die handt gehen,
vndt sich deroselben alßdan verhoffentlich vmb so viel deutlicher vnd behuttsahmer
erkleren können. Wir stellen aber alles zu E. vnd anderer vnserer herren vettern Liebden
vnd gnaden reiflicherm vnd beßern nachsinnen, vnd verbleiben deroselben
etc.“. — In
seinem Schreiben an F. August vom 25. 5. 1633 (LAO: Abt. Bernburg C 17 Nr. 65, Bl.
19rv [A: unfol. Bl.]; Schreiberh. mit eigenh. Unterschrift) fand F. Ludwig eine „weitleuftige
conferentz der Geistlichen darunter noch zur zeit nicht sonders nötig“; auf keinen
Fall aber sei es „thunlich oder verantwordtlich, das die ChurPfalz in gedachter antwordt
außgelaßen werde, vnd wollen viel lieber, wan die beantworttung etwas anstand haben
kan, wie wir dafür halten, mit E. Ld. vnd den Bernburgischen Räthen, ia auch dem [Dessauer]
Hofmeister [Tobias] Hübner [FG 25], da er fort kan, etwa bey nechster gelegenheit
daraus mündliche vnterred halten.“ Am 28. 5. bat F. August seinen Bruder Ludwig
um Bestätigung einer empfohlenen Konferenz am 3. 6., an der auch der bernburgische
Regierungspräsident Börstel (s. o.) teilnehmen solle. August dankte am 30. 5. für die eingegangene
Bestätigung F. Ludwigs, der Ort und Zeit festgelegt hatte („
Conferentz kom- || [
479] menden Montags den 3. Junii vmb 1 Uhr Zu Krücheln“) und setzte auch die zu beschließende
Reaktion „wegen Herrn Duraei“ auf die Tagesordnung (
KU II, 560f., vgl. Anm.
10). — Da der Brief 330603 eine Art Summe dieser ersten Annäherung Duries an die anhalt.
Fürsten und Geistlichen darstellt, ist er von uns als Repräsentant des ganzen Vorgangs
ausgewählt und eigens hier vorgelegt worden. In seiner Antwort an die Fürsten
August und Ludwig vom 5. 6. 1633 (LAO: Abt. Dessau C 17 V Nr. 4, 15r–16r; Konzept
v. Schreiberh.) unterstützt F. Johann Casimir die Taktik seiner Oheime. In der Tat stelle
sich eine allgemeine Synode der Protestanten als äußerst schwierig dar. Für dieses Mal
komme es darauf an, den engl. Theologen auf ihr christliches und wohlgemeintes Ersuchen
befriedigende Antwort zu geben und ihnen an die Hand zu gehen. Das „hochwichtige
werck“ sei nicht nur an den engl. König zu verweisen; insbesondere gehe es darum,
„
quo modo vnd mit was
manir solches, sonderlich bey den
Lutheranis, alß bey denen es
am meisten hafften wirdt, nicht aber bey vnsern Religionsverwandten bey denen es ganz
keine difficulteten, wann nurt die andere Parthey dazu verstendig gemacht werd
en kan,
Jndem sie so oft vnd vielmalß, aber ganz vergebens,
tentiret vnd versuchet, geben wirdt,
füglich vnterzubauen, vnd zu
præpariren, vnd wie sie die Englische
Theologen, etwas beßer
vnd deutlicher, alß in dem abgefasten schreiben, Jedoch aufs aller kürzeste vnd eingezogenste
zu
informiren, So haben wir dannenhero vnd damit dieses recht bedacht, vnd
berathschlaget, auch mann der sach
en nicht zu viel od
er zu wenig thete, dem vnlengst
angedeutten weg, wohlmeinentlich vorschlag
en wollen, vnd seindt wir erbötig, vnß hirunter
hirnegst vnd do [sofern, s. 310000 K 16] es begehret, eigentlich mit vnsern vnmaßgebigen
wenig
en gedancken heraußer zulaßen, vnsern Rath, Hoffmeister, vnd lieben
Getreuen, Thobias Hübner wie auch vnsern
Diaconum [d. i. Johann Hofmeister] beuorstehenden
12. huius nacher Plözkau abzufertigen [...]“. In der Tat erwartete F. Ludwig
seine Dessauer Neffen Johann Casimir und Georg Aribert mit ihrem Rat Tobias Hübner
abends bei sich in Köthen. Es wäre gut, so F. Ludwig in seinem Brief an August vom 11.
6. 1633, wenn sich dieser zur morgigen vertraulichen Unterredung rechtzeitig einfände
(
KU 561f.). — Mit zwei weiteren Schreiben endet der erste Kontakt zu Durie in den Jahren
1632 und 1633. Zunächst dankte er selbst am 17. 9. 1633 in einem aus Frankfurt a.
M. gesandten Brief an Christian Beckmann (LAO: Abt. Bernburg C 17 Nr. 65, Bl. 28rv;
A: ungez. Bl.) für die Nachrichten und die erfahrene Unterstützung aus Anhalt. Leider
„apud Lutheranos tot sunt animorum adversus nos in huius negotij tractatione præiudicia,
ut nihil fieri aut cum fructu tentari possit nisi ijs sublatis.“ Daran, daß eines Tages
auch die widerstrebende Partei (der Lutheraner) „velit sese obligare ad consiliorum in
hoc negotio com
mercium suscipiendum“, zweifelt er nicht und bestärkt sich und die seinem
Anliegen Wohlwollenden angesichts der auftretenden Meinungsverschiedenheiten
damit, daß sie der Ehre und dem Wohlgefallen Gottes dienlich und dem eigenen guten
Gewissen zuträglich seien. Die Briefe, die an den Erzbischof v. Canterbury oder andere
engl. Theologen geschrieben worden sind, seien weitergeleitet worden. Auch aus Frankreich
und der Schweiz seien Briefe dieser Art bei ihm eingegangen. Sie würden den großen
Zweck einer Generalsynode zu erreichen helfen. Ausstehende Briefe an den Erzbischof
sollten an Duries Frankfurter Anschrift gerichtet werden. Dieser Aufforderung
mochte sich Christian Beckmann offenbar nicht verschließen, wie uns ein Brief des
Kanzlers und der Räte aus Zerbst (d. d. 15. 10. 1633) an F. August verrät (LAO: Abt.
Bernburg C 17 Nr. 65, Bl. 29rv; A: ungez. Bl.; Unterschrift fehlt [abgeschnitten?]). Ihm
entnehmen wir, daß als Beilagen der Brief Beckmanns an Durie vom 15. 5. 1633 (s. o.)
und dessen Antwort vom 17. 9. 1633 beigeschlossen waren, und daß „diese sachen an
den Archiepiscopum Cantuar. möchten gebracht werden, für guth befunden“ wurde. Die
Fürsten August, Ludwig und ihre Vettern mögen darüber zu einem Schluß kommen. Eile
sei freilich nicht vonnöten, von überstürzten Reaktionen wird abgeraten, da man abwarten
könne und sollte, „wie sich die andere
reformirte kirchen in Teutschland hierinnen
vorhielten[;] von denen hette man sich dan nicht zue separiren, Solte man iezo alsobalt || [
480]
præcipitiren vnd das werck möchte alsdan in stecken gerathen, dörffte man bey einen
vnd andern stant allerhant vorweis zuegewarten haben“. Damit endet, soweit uns bekannt,
die archivalische Überlieferung zu Duries anhaltischer Kommunikation in den
Jahren 1632/1633. Die Dokumente in diesen und anderen Oranienbaumer Akten, die
Duries späteres Auftreten im Anhaltischen (1655) bezeugen, können und sollen an dieser
Stelle nicht näher behandelt werden. Vgl.
Beckmann VI, 156–161. Erwähnt sei, daß F.
Christian II. v. Anhalt-Bernburg „die Engelländische religionseinigungsvorschläge deß
Duraj“ am 1. 11. 1633 auch „bekom̄en vndt gelesen.“ (
Christian: Tageb. XII, Bl. 174v).