Zur Datierung des Widmungsgedichts: Leitmeritz im Böhmischen, Verhandlungsort
zw. kaiserlichen und kursächs. Abgesandten vom 15. Juni bis zum 16. Juli 1634, danach
aufgrund des Herannahens schwed. Truppen unter dem Feldmarschall Johan Banér (FG
222), der am 21. 7. die Stadt einnehmen und damit die Friedensverhandlungen stören
konnte, Verhandlungen fortgesetzt in Pirna, abgeschlossen mit dem Prager Frieden vom
20./ 30. Mai 1635. Nach dem Elbe-Übergang der Schweden bei Melnik hatten sich sodann
am 26. Juli 1634, unter währenden ksl.-kursächs. Verhandlungen, die Heere Banérs und Hans Georg v. Arnims (FG 255) vor dem ksl. besetzten Prag vereinigt, nachdem
es Arnim gelungen war, die militärische und politische Expansion der im Mai heranziehenden
Schweden in Schlesien taktisch klug zu verhindern (vgl. 331223 K). Im Gegensatz
zu den schwed. Absichten wichen die kursächs. Truppen unter Arnim zu dieser
Zeit in Rücksichtnahme auf die Friedensverhandlungen entscheidenden Operationen in
Böhmen aus; wegen strategischer Unterlegenheit und aus Proviant-Knappheit wurde die
Stellung vor Prag bereits nach drei Tagen wieder aufgegeben. Arnim bezog bei Melnik
eine starke Stellung; Banér richtete sein Hauptquartier in Leitmeritz ein, von wo aus in
wochenlanger Untätigkeit das westliche Böhmen geplündert wurde, während sich im
Südwesten des Reiches die für Schweden und seine Verbündeten katastrophale Schlacht
bei Nördlingen vorbereitete. Damals hielt sich auch F. Friedrich v. Anhalt-Harzgerode
(FG 62) als Offizier in Banérs Armee auf. S. Christian: Tageb. XIV, Bl. 11v; Eintrag vom
5. 12. 1635. Nach dem Erhalt der Nachricht von dieser entscheidenden Wendung der mi- || [
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litär. und polit. Lage brach Banér am 22. 9. von Leitmeritz nach Weimar auf, um sich
dort mit dem Korps Hz. Wilhelms IV. v. Sachsen-Weimar (FG 5) zu vereinigen und feste
Quartiere in Thüringen zu beziehen. Arnim selbst, überzeugter Lutheraner und durchaus
reichspatriotisch friedensgesinnt, hatte vor einem kursächs. Separatfrieden mit dem Kaiser
(etwa in seinem Gutachten vom September 1634) gewarnt und wollte nicht nur alle
Reichsstände sowie Schweden und Frankreich einbegriffen, sondern in spezie auch die
Anhänger des reformierten Bekenntnisses nicht dem Kaiser preisgegeben sehen. Schon
die Pirnaer Friedenspräliminarien mit ihrem Ausschluß der ,böhmischen und pfälzischen
Händel‘ von der Amnestie stießen auf seine Mißbilligung und ließen ihn um Entlassung
aus seiner kurächs. Stellung als Generalleutnant nachsuchen. Der Bruch erfolgte vollends
mit dem Prager Frieden, an dessen Abschluß Arnim nicht mitgewirkt hatte. Die Pfalz,
das evangelische Süddeutschland und nicht zuletzt Schlesien, das seit dem Dresdener
Akkord von 1621 und der „schlesischen Conjunktion“ vom August 1633 (vgl. 331223 K
2) doch dem Schutz Kursachsens oblag, wurden faktisch dem Kaiser ausgespielt. Dies
und die unausweichliche Kriegsfortsetzung als Folge des einseitigen Friedensschlusses
vor Augen, verließ Arnim unverzüglich Sachsen und bat von Brandenburg aus um sofortige
Entlassung, die ihm am 29. 6. 1635 endlich bewilligt wurde. Mit gelegentlichen diplomatischen
Aufgaben, etwa für Kurbrandenburg, betraut, lebte Arnim die nächsten
Monate überwiegend als Privatmann auf seinen Gütern bei Wittstock und in Boitzenburg/
Uckermark. In diese Zeit des Jahres 1635 fällt auch seine Aufnahme in die FG,
über die keine Einzelheiten bekannt sind, der er sich aber gewiß mit seiner gesamtprotestantisch-
reichspatriotischen Haltung empfohlen hatte. Vgl.
AOSB FA XII, 207f., 260f.,
263ff., 295f., 299f., 350ff., 377ff., 406ff., 449f., 629ff., 782;
Conermann III, 281f.;
Ritter:
Deutsche Geschichte, 579f.; Gustaf Björlin: Johan Banér. 1. Tl. Stockholm 1908,
475ff.; Georg Irmer: Hans Georg von Arnim. Lebensbild eines protestant. Feldherrn u.
Staatsmannes aus der Zeit des 30j. Krieges. Leipzig 1894, 283f., 291ff., 307ff., 375f. —
Vom September 1634 liegt uns kein Brief von oder an Martin Opitz vor. Opitz war damals
(seit dem Mai 1634) Abgesandter seiner Dienstherren, der schlesischen Piastenherzöge Johann Christian und Georg Rudolph (FG 58) zu Liegnitz und Brieg beim schwed.
Feldmarschall Banér, dem er offenbar auch nach Leitmeritz folgte. Von hier aus wurde
er von dem argwöhnischen Banér regelmäßig mit Aufträgen nach Dresden geschickt;
auch im Oktober finden wir Opitz im Auftrag Banérs als Beobachter der Friedensverhandlungen
zw. Kursachsen und dem Kaiser am Dresdener Hof. Vgl. Opitz’ Briefe an
Hz. Georg Rudolph vom 24. 5./ 3. 6. 1634 (
Reifferscheid, 671f.;
Opitz-Brieferepertorium,
Nr. 205) und an Axel Oxenstierna (FG 232) vom Oktober 1634 (
Reifferscheid, 541;
Opitz-Brieferepertorium, Nr. 209);
Szyrocki (1956), 105;
Szyrocki (1974), 99f.; Björlin,
a. a. O., 475ff.; Irmer, a. a. O., 302f.
Nach der urspr. Bedeutung von recht („etwas
Krummes gerade machen“) Bezeichnung bestimmter Geräte wie Richteisen, -hammer,-stock; insbesondere solcher zur Bestimmung von Geradheit: „Richtscheit und Richtschnur“.
Paul: Wörterbuch, 695 (s. v. „richten“). Vgl.
DW VIII, 901f., „Richtscheit“: „ein langer, schmaler, genau abgezogener stab, wonach man die geradlinigkeit eines gegenstandes
prüft oder eine gerade linie abnimmt; auch übertragen, canon, gnomon, regula“,
d. h. „der kanon oder maszstab, nach welchem etwas beurtheilt wird“. Heute gewöhnlich Lineal. Vgl.
Baufeld, 193.
Das vorliegende Lobgedicht bezieht
sich auf Diederichs v. dem Werder (FG 31) eigene Versübersetzung ausgewählter
Buß-Psalmen: Die BuszPsalmen/| in Poesie gesetzt. | Sampt angehengtem TrawerLied
vber die | klägliche Zerstörung der Löblichen vnd Vhr- | alten Stadt Magdeburg. Leipzig
1632. HAB: 65. 6 Poetica (4);
Dünnhaupt: Handbuch, Art. Diederich v. dem Werder Nr.
4. Vgl. auch 310800. Ebenso beehrte Opitz Werder mit einem Widmungsgedicht in seiner
Schrift
Vber das Leiden vnd Sterben Vnseres Heilandes (Breslau: David Müller, Brieg
1628, s. 280000), einer Widmungsvorrede im zweiten Teil seiner
Weltlichen Poëmata,
Frankfurt a. M. 1644 (Ndr. Hg. Erich Trunz,
21975), S. 3f. (s. 371121). Umgekehrt hat || [
536] Werder auf Opitz’ geplante Hochzeit ein dt. Sonett verfaßt, welches er später aus Anlaß
seines Todes zu einem Epicedium umarbeitete, s.
Hille,
199f.;
Schottelius, 1174f.; erneut
in
Neumark: Palmbaum, 460f. S.
KL III, 129 (Auszug);
Dünnhaupt: Handbuch,
Art. Werder Nr. 17. 1 u. 2. Vgl. 371226A (u. 371208 I), ferner 280000 K 1. Zu Opitz’
hier wiedergegebenem Widmungsgedicht und zur sonstigen Wertschätzung Werders in
den zeitgenössischen Gelehrtenkreisen vgl. Achim Aurnhammer: Torquato Tasso im
deutschen Barock. Tübingen 1994, 229ff.
Den Zeitgenossen galt Diederich v. dem
Werder als Musterbeispiel der Verbindung von „ars“ und „Mars“, von Feder und
Schwert, Rittertum und Poesie. Er stand zu dieser Zeit (1631–1635) als Oberst in
schwed. Diensten. Vgl. Dieter Merzbacher: „O seltner Held/ Dem Mars und Febus
frönt“ — Diederich v. dem Werder, der hochrangige ,Reimmeister‘ der Fruchtbringenden
Gesellschaft. In: MVAL 3 (1994), 47–77. Der Titel greift ein Zitat von Johann Wilhelm
v. Stubenberg (FG 500) über Werder auf. Zum Topos vgl. auch August Buck: „Arma
et litterae“ — „Waffen und Bildung“. Zur Geschichte eines Topos. Stuttgart 1992.
Der Schlesier Opitz war im April 1633 in den Dienst der piastischen Herzöge Johann
Christian und Georg Rudolph (s. Anm. 0) getreten, die mit Wallensteins Kriegserfolg in
Schlesien von Oktober 1633 bis Mai 1634 ins kgl.-poln. Thorn exiliert waren. Dorthin
(nach Norden: „Nächtlich“) war auch Opitz im Februar 1634 nachgefolgt, um Bericht
über seine im Herbst 1633 angetretene Gesandtschaft zu Oxenstierna in Frankfurt a. M.
und zum Kurfürsten von Brandenburg zu erstatten. Im Mai 1634 wurde er von seinen
Dienstherren zum schwed. Feldmarschall Banér abgeordnet, in dessen Auftrag er wiederholt
nach Dresden reiste (nach Osten: „zue Morgen“), um die Lage zu sondieren.
Vgl. Anm. 0 und
Opitz-Brieferepertorium, S. 102ff.;
Szyrocki (1974), 97ff.
Wo als Adverb des Ortes: ubi, „item nonnunquam est conj. condit. si, quando, sin.“ (
Stieler,
2571f.). Aus dem relativischen Gebrauch des Adverbs ergab sich nicht nur dessen Stellvertreterfunktion
für das Relativpronomen, sondern auch die Verwendung als Konjunktion,
vorab in lokalem und zeitlichen Sinn („wo“, „als“), aber auch als Konjunktion der
Bedingung (wenn, falls, sofern), wie im vorliegenden Dokument. Vgl.
DW XIV.2,
916ff., mit fnhd. Nachweisen.