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350731 Tobias Hübner an Augustus Buchner
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Tobias Hübner an Augustus Buchner


Tobias Hübner (FG 25) entschuldigt seine kürzer als angemessen ausfallende Antwort auf Buchners (FG 362; 1641) jüngsten Brief mit seiner Podagra und Chiragra. Er dankt Buchner — und Martin Opitz (FG 200) — für die Linderungsmittel, die ihm Buchners Rede über Galba, außerdem die wohl von Buchner stammenden Psalmen-Verdeutschungen und Opitz’ Judith verschafft haben. — Er will die Wohltat vergelten und schickt ihm einstweilen — sozusagen als Zwischenzins und um den Brief an Buchner nicht ohne Inhalt zu senden — sein unter Schmerzen vor rund drei Jahren entstandenes deutsches Gedicht [Nachfolg deß Guevarræ], welches ein Freund jüngst einem Drucker zu Halle a. d. Saale übergeben habe. — Hübner hat F. Ludwig und Diederich v. dem Werder (FG 31) in Bernburg Exemplare von Buchners Rede und Psalmen übergeben. Beide haben ihm aufgetragen, Buchner Dank und Grüße auszurichten.

Beschreibung der Quelle


Q  Buchner (1707) III, 717f., Nr. XXXIV (zit. Bu 1707; HAB: Li 1022); Buchner (1720) III, 727f., Nr. XXXIX (zit. Bu 1720; HAB: Li 1023). Fälschlich Friedrich v. Metzsch zugeschrieben in Estermann I, 223 u. 828. || [544]
Inhaltsangabe in Bu 1707 und Bu 1720: Podagricis doloribus excusat brevitatem responsionis; illos tamen leniri ait, cum Buchneriana & Opitiana legat. Grati animi testandi causa mittit poëma quoddam. Ab amicis gratias ac salutem nuntiat, & amore cum perpetuo plura promittit.

Anschrift


A Fehlt.

Text


[digitales Faksimile: 718]
Clarissime & Charissime Domine BUCHNERE,

POdagræ simul & Chirargræ doloribus iterum distentus, brevioribus tibi respondere cogor, quam aut benevolentia tua, nuperrimis tuis literis mihi probata, requirebat, aut officium meum postulat.1 Quamdiu Orationem tuam de Galba2 , cum Psalmis Germanice a te, ut arbitror, redditis3 , item Celeberrimi Opitii Juditham4 legere mihi per dolores licuit, tamdiu lenimentum aliquod eorum sentire mihi visus sum, atque idcirco majores tibi gratias eo nomine habeo, relaturus etiam, si quid te dignum invenero. Quod dum ab aliis expecto, interusurii quasi loco tibi mitto poëma Germanicum, quod in Tusculano5 meo ante tres circiter annos, inter podagræ dolores composui, & quidam ex amicis meis cui id legendum tradideram, praeteritis diebus typographo Halensi imprimendum dedit6 ; ne prorsus vacuæ hæ ad te per-[728]venirent. Illustrissimo Principi Ludovico7 & Generosissimo Werdero8 tradidi Bernburgi Orationis & Psalmorum tuorum exemplaria. Ab utroque gratias cum salute tibi propterea hisce rescribendas, accepi. Vale, & una cum amore in te meo perpetuo plura & meliora, ubi Deus nobis meliora otia faciet, expecta & redde. Dab. Dessæ d. XXXI. Julii M DC XXXV.

I
Tobias Hübners Dichtung Nachfolg deß Guevarræ

Beschreibung der Quelle


Q HAB: Lk Sammelbd. 3 (2). 4° Titelblatt, Rücks. leer; Gedicht in 628 Alexandrinerversen, 9 Bll. sign. A ij r – [C ij]v; gebunden hinter den Einzelausgaben von Diederichs v. dem Werder (FG 31) Übersetzungen von Ludovico Ariostos Orlando furioso: Die Historia Vom Rasenden Roland/ Wie solche von dem hochberühmbten Poeten Ludovico Ariosto in Welscher Sprache/ sampt vielen vnd schier vnzehnlich schönen Geschichten/ stattlich beschrieben/ Jn Teutsche Poesi vbergesetzt. Leipzig/ Jn Verlegung Eliæ Rehefelds/ Gedruckt bey Henning Kölern/ Anno 1636. [Gesang 1–3; die anderen Gesänge unter anderen Titeln beigebunden.] Anderes Expl. HAB: K 349. 4° Helmst. (77). — Hübners Dichtung verzeichnet ohne Kenntnis des Übersetzers Christoph E. Schweitzer: Antonio de Guevara in Deutschland. Eine kritische Bibliographie. In: Romanistisches Jahrbuch 11 (1960), 328–375, hier 370. — Druck schlägt allgemein schwach von der vorderen/ hinteren Seite her durch. Etwas verblaßter Druck auf Bl. A ij v – A iij r. Leichte Braunflecken in Vers 95/130, 165/198– 199, 224/259, 305/339, 375/408–409, 445.

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Textapparat und Kommentar


Kommentar

|| [564] K Der Verfasser des Briefs wird im Gegensatz zum Empfänger in den beiden Ausgaben des Buchner-Briefwechsels von 1707 und 1720 — die an dieser Stelle inhalts- und satzgleich sind — nicht identifiziert. Das Schreiben ist in beiden Auflagen jeweils von zwei chronologisch unmittelbar vorhergehenden bzw. folgenden Briefen Buchners umgeben, welche an Friedrich v. Metzsch (1579–1655) gerichtet sind, einen kursächs. Geheimen Rat und Oberkonsistorialpräsidenten, auch ksl. Rat. Deshalb hat Estermann (s. Q) den Brief Hübners Metzsch zugeschrieben. Metzsch dichtete u. W. nicht, vielleicht von Kasualgedichten abgesehen, und kommt schon deshalb nicht als Autor des Briefs in Frage. Der Ausstellungsort Dessau, vor allem der literarische Inhalt bzw. die im Brief genannten Personen und Werke (s. die folgenden Anmerkungen) sowie die in Anhang I häufig durchscheinenden Bezüge auf Hübners Saluste- Übertragung lassen wohl keinen Zweifel daran, daß Tobias Hübner Verfasser des vorliegenden Schreibens war.
1 Der Brief Augustus Buchners (FG 362; 1641) ist unbekannt. Zu den Krankheiten Tobias Hübners (FG 25), des Dessauer Geheimen Kammerrats und Hofmeisters, Mitglieds der frühen FG und Saluste-Übersetzers, vgl. seine Lebensbeschreibung in 360600 II. Danach litt er oft unter Stein, Podagra und dem Malum Hypochondriacum, 1628 auch unter einem lebensgefährlichen „Magenwehe/ Vndawligkeit vnd Eckel“, Bl. [L iij] v – [Liiij]r. Im Herbst 1635 erkrankte Hübner auch wieder auf den Tod.
2 AUGUSTI BUCHNERI | ORATIO | de Principatu Galbæ. | habita | cum in I. Histor. C. C. TACITI | eam partem absolvisset. | [Vignette] | WITTEBERGÆ. | Typis Johannis Röhneri. | [Linie] | ANNO M. DC. XXXV. HAB: T 596. 4° Helmst. (20). Friedrich v. Metzsch gewidmet. Neuveröffentlicht u. d. T. „Oratio de Principatu Galbæ Habita cum in 1. Histor. C. C. Taciti eam partem absolvisset.“ In: Buchner: Dissertationes, Nr. DCCVIII, 1004–1008.
3 Eine deutsche Psalmendichtung oder -übertragung Buchners ist aus dieser Zeit nicht belegbar. Borcherdt, 116 suchte auch vergeblich danach. Bekannt sind dagegen zwei poetische Paraphrasen in Augusti Buchneri Weynacht Gedancken [Wittenberg 1628] (Borcherdt, 106ff.) und Buchners König Davids vornembster Danck-Psalm/ der CIII. (Altenburg in Meissen 1642: Otto Michael), s. Borcherdt, 116. Vgl. aber die in dieser Zeit erschienenen Nachdichtungen von Martin Opitz v. Boberfeld (FG 200), s. Dünnhaupt: Handbuch, 877ff. und 3055ff. Eine Beilage etwa von Opitz’ Paraphrase Der Achte/ Drey vndt zwanzigste Hundert vndt Acht vndt zwanzigste Psalm/ Auff anderer Psalmen gewöhnliche weisen gesetzt von Martin Opitzen [Breslau: Georg Baumann d. J. 1635; Widmungsdatum 24. 5. 1635] oder einer anderen seiner vier von 1633–1635 erschienenen Ausgaben von deutschen Psalmen (vgl. 340912) würde gut zu Buchners Sendung passen, jedoch identifizierte jedes Titelblatt Opitz als Dichter. Ließ es der schmerzgeplagte Hübner an Aufmerksamkeit fehlen, gab es uns unbekannte anonyme Psalmenveröffentlichungen Buchners, Opitz’ oder eines Dritten oder hatte Buchner Hübner eine Abschrift von Psalmendichtungen ohne den Namen des Verfassers gesandt?
4 Martin Opitzen Judith. Zu Breßlaw druckts vnd vorlegts Georg Baumann/ 1635. HAB: Xb 4699. (Widmung d. d. Breslau 13. 2. 1635 an Margaretha v. Kolowrath, geb. Frf. v. Redern). Kein Bibeldrama im engeren Sinne, sondern die Bearbeitung eines italienischen Opernlibrettos des Florentiner Hofdichters Andrea Salvadori (1591–1635). Der Widmungsbrief ist eine programmatische Vorrede über die Poesie im Allgemeinen, das Schauspiel im besonderen. Diese Kunst sei heute fast ganz erloschen: In lateinischer Sprache werde wenig, in deutscher Sprache gar nichts Wertvolles geschaffen. Das Buch Judith, obwohl Apokryph, biete genug Stoff für nützliche Belehrung.
5 Landgut Ciceros. Ob Hübner damit eines seiner ererbten Güter in Reupzig oder Bräsen meint, läßt sich nicht entscheiden.
6 Eine 1635 erschienene Dichtung Hübners war bisher unbekannt. Vgl. z. B. Dünnhaupt: Handbuch, 2182. Zu Hübner s. zuletzt Merzbacher: Werder und Hübner (mit Lit.). Die im vorliegenden Brief erwähnte deutsche Dichtung Hübners muß als das einzige 1635 selbständig in Halle a. d. S. erschienene deutschsprachige Gedicht identifiziert werden. Es gelangt unten als Beilage I erstmalig zur Veröffentlichung und Kommentierung. Auch || [565] aus letzterer ergeben sich signifikante Hinweise auf eine Verfasserschaft Hübners (s. K I 0).
7 F. Ludwig, das Oberhaupt der FG.
8 Diederich v. dem Werder (FG 31). F. Ludwig, Hübner und Werder bildeten das Dreigestirn der im Ft. Anhalt lebenden Dichter und maßgeblichen frühen Mitglieder der FG.
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