K
Hermann Christian (v.) Stammer (FG 137); *13. 7. 1603 nach der LP; 7./ 17. 7. nach
Beckmann; †25. 3. 1636 nach der LP und dem hier vorliegenden Zeugnis seiner Gemahlin
Maria Magdalena; 24. 3. nach
Christian: Tageb. (s. K II 21); aus altem anhaltischen
Adelsgeschlecht (s.
Beckmann VII, 272–277). Eltern: Arnd v. Stammer zu Ballenstedt;
Anna, geb. v. Veltheim. Seit seinem 20. Lebensjahr in Diensten F. Christians II. v. Anhalt-
Bernburg (FG 51); zunächst mit diesem im Frühjahr 1623 als dessen Kammerjunker
Reisen von Flensburg (Exil F. Christians I. v. Anhalt-Bernburg, FG 26) an den ksl. Hof
nach Prag und anschließend nach Italien, wo er in das Gefolge von Christians II. Bruder
Ernst (FG 47) überwechselte. Bei ihm hielt er sich drei Jahre auf, schloß sich im Sommer
1625 in Rouen wieder F. Christian II. an und diente dann F. Christian I. in Bernburg.
Darauf war er erneut für zwei Jahre Begleiter F. Ernsts auf dessen Gesandtschaftsreisen
ins Reich, zur ksl. Armee und an fl. u. kurfl. Höfe. Als Ernst mit seinem Regiment nach
Italien zog (mantuanischer Erbfolgekrieg), blieb Stammer daheim und bewirtschaftete
sein Erbgut bei Ballenstedt. Zwischendurch übernahm er Aufgaben für die anhaltinische
Landesherrschaft. 1635 wurde er von F. Christian II. zu seinem Hof- und Stallmeister
bestellt. Er starb zwei Wochen nach seiner Verwundung in der Nacht vom 24. auf den
25. März ohne Erben. Seine Frau war Maria Magdalena (
Beckmann VII, 274 setzt irrtümlich
Marie Margarethe), geb. Schenck auf Bödenstel († 1644). Die Ehe war erst am
20. Dez. 1635 geschlossen worden und währte nur 13 Wochen. 1624 hatte F. Christian
II. Stammer seine Übersetzung von Mambrino Roseos da Fabriano (d. i. Collenuccio
Costo) Bearbeitung des
Reloj de prı́ncipes von Antonio de Guevara zwecks Vollendung
übergeben. Stammer konnte die Übersetzung aber nur unbedeutend fortführen, die
Christian schließlich 1639 herausgab: Die Vnterweisung eines Christlichen Fürsten/ Aus
dem Spanischen ins Jtaliänische erstlich übergesetzt/ Durch Mambrinum Roseum von
Fabriano, Vor Jahren verdeutschet durch ein Mitglied der Fruchtbringenden Geselschaft.
(Cöthen 1639). HAB: 218.4 Qu. (1); QuN 199 (2). Vgl. Christian: Tageb. XIV,
Bl. 23r;
Beckmann VII, 274;
Conermann III, 136f.; Lebenslauf in der LP (s. o.), Bl. E iij
r ff.;
Conermann: Ludwig und Christian II. von Anhalt, 481–484. — Stammers Imprese
in der FG, in die er 1627 aufgenommen worden war, lautete: „Der Erweckende — Frewden
— Borragen mit jhrer blüth“. (
GB 1628, s.
DA Köthen II.1, [108]). Weder die Leichenpredigt
noch eines der im Anhang derselben veröffentlichten Gedichte, Hübners
„Klag“ (s. Beil. III) eingeschlossen, kommen auf die Imprese oder Stammers FG-Mitgliedschaft
zu sprechen.
Zur Flucht der Bernburger Fürstenfamilie zunächst nach
Köthen, wo der kranke Stammer (und seine Frau) zurückgelassen wurden, und weiter
über Dessau und Zerbst nach Güstrow und Ahrensbök s. K II 21.
Nach Ausweis der
Leichenpredigt (s. I Q) wurde Stammers Leichnam wirklich am 11. Mai 1636, wie von
Maria Magdalena weiter unten angegeben, in der Stadtkirche zu Köthen bestattet.
K I
K I1 Hermann Christian (v.) Stammer (FG 137), s. K 1.
2 Zu der geschilderten Episode
aus dem Frühjahr des Jahres 1636 vgl. Beil. II, in deren Kommentar auch die folgends
genannten Personen aufzusuchen sind.
Beckmann V, 364 hielt dazu fest:
„Ao. 1636. den
14. Januar. haben die Schwedische Völcker die Stat Bernburg eingenommen/
und eine
Compagnie Sächsischer Völcker darin aufgehoben/ auch bald darauf den
16. Jan. auf
Ordre des Feldmarschalls
Baniers, so dem Fürstl. Hause Bernburg iederzeit
aufsetzig gewesen/ Sich des Schlosses bemächtiget/ die Soldaten hin und wieder in die
Gemächer einqvartieret/ S. Durchl. aber/ nebst Dero Fr. Gemahlin/ Fürstl. Kinder/
Geschwister und Bediente gleichsam als Gefangene gehalten; Welche jedoch den
11. || [
610]
Mart. durch den Sächs.
General Wilsdorf von dar wieder vertrieben worden [...]. S.
Durchl. aber und ietzgenannte Dero Angehörige sein hierbei nicht allein vor ihre Personen
in grosser Gefahr gewesen/ sondern auch alles bei Jhnen verhandenen Vorrahts an
Anspann und andern
Mobilien gäntzlich verlustig worden/ daher Sie mit etlichen Wägen
nach Köhten gebracht worden/ von dar Sie sich weiter begeben/ und die Fr. Gemahlin
nach Arenspoeck in Holstein [Ahrensbök, s. K II 21], in Sicherheit gebracht/ vor sich
aber wieder zurücke und mit einer kleinen
Svite nach Regensburg/ und weiter nach
Vilshoven
Jhr. Kais. Maj. entgegen gegangen/ allwo Sie dann von Jhnen mit aller Gnaden
und grosser
Compassion über jüngst erlittene Verödung der Fürstl.
Residence und Landes
empfangen [...] worden [...]. Sein hierauf Jhr Maj. nach Regenspurg gefolget/ und
den
3. Aug. mit einer Kais.
resolution nach damahliger Beschaffenheit der Zeiten abgefertiget
worden/ daß Jhr Kais. Maj. Jhnen als einem getreuen Fürsten und Reichs-Stande
wegen des erlittenen Schadens nach Mögligkeit recht schaffen wollten. Womit Sie Sich
wieder nach Dero Fürstenthum gewandt/ weil Sie aber alles daselbst verwüstet/ auch
Theurung und Peste starck zu
grassiren gefunden/ so haben Sie sich bald wieder zurükke
nach Regenspurg zu Jhrer Kais. Maj. gemachet/ und daselbst biß nach verrichteter
Wahl damahls Königs
Ferdinandi III. den
22. 12. Decembr. und darauf erfolgten Kröhnung
den
30. 20. Dec. verzogen.“ Ergänzende Mitteilungen in
Beckmann III, 125 und
136: „Sein [die Schweden] aber den 11. Mart. von den Sächsischen Völckern wieder vertrieben/
und das Schloß mit Stürmender Hand eingenommen worden/ wodurch die
Fürstl. Personen in grosse Gefahr gerahten/ indem so gar zwei Fürstl. Bediente ihnen
zur Seiten tödlich verwundet/ und die Fürstl. Gemahlin selbst gemüßiget worden zwei
scharf geladene Pistolen zu Händen zu nehmen/ umb dafern etwas Dero Fürstl. Hoheit
und Ehren zuwieder sollte vorgenommen werden/ solches in Hoher Person abzuwenden“
(a. a. O., 136). Vgl. den kurzen Bericht im
Theatrum europaeum, 3. Tl., 2. Aufl.
(1644), 637 (HAB: Ge 4° 54): „Den 11. Martij Abends vmb 10. Uhr hat der ChurSächsische
Gen.Major Wolckers-Dorff [s. K II 14] das Schloß Berenburg mit Sturm erobert/
geplündert/ vnd alles darinnen/ ausserhalb der zugehörigen Fürstlichen Hoffstatt/ niedergehawen/
der Commendant aber Capitäyn Samuel Müller/ ist gefänglich angenommen
worden/ man besorgte/ er würde herhalten/ vnd mit jhme ein Anfang/ dardurch
die
Avocatori Mandata wider die Ungehorsame vnd Halßstarrigen zu exequiren/ gemacht
werden. Besagtes Schloß hat deß Princkischen Regiments [Wilhelm v. Brincken (FG
270); seine Aufnahme in die FG i. J. 1636 verdankte er seinem besonnenen Verhalten als
Obrist im Anhaltischen. Vgl. zu einem ähnlichen Fall K II 9.] Oberster Leutenant Nawmann
mit seinen Tragonern besetzet/ vnd hat der Feind hernach zum höchsten sich unterstanden/
selbiges zu recuperiren/ aber vergeblich/ vnd mit grossem Verlust.“ — Vgl.
auch
KU III, 566–604, besonders F. Christians II. bittere Beschwerde an den Kurfürsten
von Sachsen über die erlittene Drangsal, d. d. Köthen, 13. 3. 1636 (576ff.); dessen
nichtssagende Reaktion vom 26. 3. (586f.) sowie Christians deshalb an den Kaiser gerichtete
Petition vom April 1636 (588–591). Nur knapp zur Erstürmung Schloß Bernburgs:
Hermann Wäschke: Anhaltische Geschichte. 3. Bd. Köthen 1913, 84f. Vgl. Beil.
II.
3 Rechtzeitig, pünktlich. S. auch 260520A K 4.
4 Kf. Johann Georg I. v. Sachsen
hielt damals Quartier in Halle a. d. S. F. Christian II. bediente sich Stammers als Parlamentär,
der sowohl zum schwed. Feldmarschall Johan Banér (FG 222) als auch zum
sächs. Kurfürsten und ins kursächs. Belagerungsquartier gesandt wurde. Auch F. Christian
selbst verhandelte dort mit dem kommandierenden General Sigmund v. Wolffersdorff
(s. K II 14), um einen Sturm auf das Schloß abzuwenden. Da der Kommandant der
schwed. Garnison, Müller (s. K II 16), eine friedliche Übergabe des Schlosses und Abzug
verweigerte, endeten die Verhandlungen seitens des Anhaltiners ohne Erfolg. Vgl. Anm.
2 und Beil. II sowie
Christian: Tageb. XIV, Bl. 78r ff. u.
KU III, 568ff.
5 Nur. S.
181023 K 4. || [
611]
K II
1 Die Vorgeschichte der von uns veröffentlichten Episode stellt sich nach
Christian:
Tageb. XIV, Bl. 79ff., ergänzt um Informationen aus
KU III, 566ff., wie folgt dar. Am
Mittag des 11. 3. 1636 rücken kursächs. (und ksl.) Truppen unter dem Befehl des Generalmajors
Sigmund v. Wolffersdorff (s. Anm. 14) vor das Schloß Bernburg und fordern
dessen Besatzung aus schwed. Truppen des Feldmarschalls Johan Banér (FG 222) unter
dem Kommando des Hauptmanns („Capitain“) Müller (s. Anm. 16) zur Übergabe auf.
F. Christian war es nicht mehr gelungen, sich und seine Familie rechtzeitig in Sicherheit
zu bringen. (Zu den Gründen dafür s.
KU III, 589f.) Auch F. August v. Anhalt-Plötzkau
[FG 46] war in ähnlicher Zwangslage und außerstande, sich „neben den vnserigen von
hinnen [d. i. Plötzkau] [zu] begeben“.
KU III, 578. Wolffersdorff bietet Müller zwar
den Abzug „mitt ober- vndt vndtergewehr, Sack vndt pack“ an, vorgeblich „mir [F. Christian]
vndt dem Fürstl. Frawenzim
mer zu ehren“ (79r). Eingeschüchtert aber vom
Durchhalte-Befehl Banérs verweigert Müller einen Übergabe-Akkord. Alle Bemühungen
F. Christians, den Kommandanten im Guten oder Bösen zum Abzug zu bewegen, scheitern
mehrfach. Allein unter der Bedingung, daß sich die Belagerer ein Stück („einen
Mußkeeten schuß weitt“) vom Schloß zurückziehen, ist er angesichts des bevorstehenden
Sturms auf das Schloß bereit, die fürstliche Familie „mitt wagen vndt pferden“ und
„bagage“ durch das Tor ausziehen zu lassen (79v). Darauf will sich wiederum der Generalmajor
nicht einlassen und gesteht der fl. Familie nur zu, sich zu Fuß zu retirieren,
räumt aber ein, daß dies angesichts ihres unsicheren weiteren Verbleibs auch nicht recht
„rahtsam“ sei (80r). Christians „lezte bitte“ nach Verschonung seiner Familie und Gemächer
wird wenigstens erhört, ohne daß Wolffersdorff Garantien für sein Kriegsvolk
übernehmen kann oder will. Letzte Ermahnungen an den Besatzungskommandanten,
daß Banérs Befehl tyrannisch sei, eine Zuwiderhandlung kriegsrechtlich überall entschuldigt
würde und daß er, Müller, „kein Schwede, sond
ern ein Deutzscher wehre“,
ein Christ zumal usw. — all dies verfängt nicht „bey dem vnsinnigen verstockten rasenden
capitain“. Christian verbietet den Seinigen die Schußwaffe oder den Gebrauch anderer
Gewaltmittel und zieht sich, als der Angriff beginnt, mit Frau, Kindern, Schwestern
und seinen Hofleuten in die Privatgemächer, am Ende in das einstige Gemach seines Vaters
zurück.
2 Von Petarde, eine an einem Brett befestigte Sprengkapsel, insbesondere
zum Aufsprengen von Mauern, Toren, Palisaden etc.
Ersch/ Gruber III.17, 339.
3 F.
Christian I. v. Anhalt-Bernburg (FG 26); s. 300509.
4 Fn. Eleonora Sophia v. Anhalt-Bernburg, geb. Hzn. v. Schleswig-Holstein-Sonderburg (TG 39).
5 Weder in
Christian:
Tageb., a. a. O., noch in den in
KU III veröffentlichten Dokumenten des hier behandelten
engeren Zeitraums werden die Kinder F. Christians II. und Fn. Eleonora Sophias
namentlich erwähnt. Es kommen nur in Frage die Prinzen Erdmann Gideon (1632–
1649) und Victor Amadeus (1634–1718; FG 589) sowie Pzn. Eleonora Hedwig (1635–
1685), spätere Kanonissin im Stift Gandersheim.
AD II, 34;
Beckmann V, 371f.
6 Zu
F. Christians Schwestern s. 340107 K 6. Namentlich genannt wird aus Christians Umgebung
in dessen damaligen Tagebucheinträgen nur Pzn. Anna Sophia (AL 1617[?], PA,
TG 19); Bl. 84r. Aus seinem Brief an F. Ludwig d. d. Bernburg, 9. 3. 1636 geht aber hervor,
daß auch Sibylla Elisabeth (AL 1617, TG 18) und Sophia Margaretha (AL 1631,
TG 33c) bei ihm waren;
KU III, 574. Vgl. auch Pzn. Sibylla Elisabeths angstgetriebenes
Bittschreiben aus Bernburg an F. Ludwig vom 12. 3. 1636, das ganz unter dem Eindruck
der Ereignisse vom Vortag steht (
KU III, 576). Die Schwester Loysa Amalia (AL 1617,
TG 20) war bereits im Oktober 1635 verstorben, s. 360703 K 35.
7 Hans Wolf Ernst
(v.) Röder oder dessen Bruder Hans Caspar, die F. Christian II. im März 1628 als Hofjunker
von Haus aus angestellt hatte; vgl. 300509 K 1.
8 Nicht ermittelt. Vgl. K I 2.
9 Ernst v. Zanthier (FG 267), kursächs. „Major des Ramßdorffischen Regiments“.
KU
III, 562, vgl. 563, 579f. Er wurde 1636 vermutlich zum Dank für seine in den kriegerischen
Auseinandersetzungen dieses Jahres in Anhalt geleisteten Hilfsdienste für die Anhaltiner
in die FG aufgenommen. Vgl. K I 2. Sein Gesellschaftsname und -wort lassen || [
612] diesen Hintergrund erkennen: „Der Notfeste — Rett sein Geschlecht.“
Conermann III,
296f.
10 Fn. Anna v. Anhalt-Bernburg, geb. Gfn. v. Bentheim (AL 1617, TG 16), s.
310108 nebst Beilagen.
11 Friedrich v. Berbisdorff (5. 2. 1608 – 29. 1. 1684), aus dem
gleichnamigen altadligen meißnischen Geschlecht mit Stammhaus B. bei Chemnitz.
Nach einem kurzen Studienaufenthalt in Straßburg (1625) trat Berbisdorff in den
Kriegsdienst, zunächst als ksl. Pikenier, als welcher er an der Plünderung von Mantua
(1630; vgl. 300410 K 18) und, unter Tilly, an der Eroberung Magdeburgs (1631) teilnahm.
Eine kursächs. Verordnung (,mandata avocatoria‘) untersagte allen Einheimischen
die Fortsetzung von Kriegsdiensten für auswärtige Mächte bei Strafe des Leheneinzugs,
und so wechselte Berbisdorff in kursächs. Dienste im Infanterie-Regiment des
Obristen Hans v. der Pforte; er überlebte die Schlachten von Breitenfeld (1631) und Lützen
(1632). Im Anschluß wurde er zum Leutnant, bald darauf zum Hauptmann befördert.
1636 befehligte er eine Kompanie zu Fuß unter dem Generalmajor (Dietrich?) v.
Taube und nahm an der Schlacht bei Wittstock (Okt. 1636) teil, in deren Verlauf er in
schwed. Gefangenschaft geriet, in der er fast ein Jahr lang seiner Auslösung harrte. Danach
quittierte er den Militärdienst und begab sich auf eine Bildungsreise in die span.
und die unierten Niederlande (Imm. U. Groningen). 1641 kehrte er nach Hause zurück,
wurde Domherr des Stifts Naumburg und 1648 kurfl.-sächs. Rat des Stifts Zeitz. 1651
wurde er zum Domdekan im Stift Naumburg erwählt und kurfürstlich bestätigt, 1662
zum Appellationsrat in Dresden und Landeshauptmann im Vogtländ. Kreis, 1681
schließlich zum Geheimen Rat in Naumburg ernannt. 1647 hatte er sich mit Rosina, geb.
Böhlen vermählt. Die Ehe blieb kinderlos. Sein Vater, Sebastian v. Berbisdorff (1572–
1638), war seit 1590 Domherr im Stift Merseburg, 1626 dort Dom-Dekan, 1629 Dom-
Probst. Er war verheiratet mit Maria, geb. Spiegel, und hinterließ zwei Söhne und vier
Töchter. Seine Leichenpredigt bezeichnet den Sohn Friedrich als „Dom-Herrn zu
Naumburg/ vnd dieser Zeit wolbestelleten Häuptmann vnter dem Pfortischen Regiment“.
Gothofredus Cundisius: EXEQVIÆ BERBISDORFFIANÆ Das ist/ Christliche
Leich-Predigt ... Bey ... Sepultur Des ... Herrn Sebastian von Berbisdorff (Leipzig
1638).
LP Stolberg 5990; SLB Dresden: 6 A 795, angeb. 2. Vgl.
Kneschke I, 317;
Zedler
III, 1203ff.;
König: Adels-Historie III, 53ff. u. 72.
12 F. Friedrich v. Anhalt-Harzgerode
(FG 62) diente 1634–1635 als Oberst im schwed. Heer Johan Banérs.
ConermannIII,
66.
13 Andreas v. Hawitz, kursächs. Obristwachtmeister.
KU III, 485f.
14 Sigmund
v. Wolffersdorf(f) („Wilstorf“, „Wilsdorf“, „Wülffsdorff“) (1588–1651) auf
Bornsdorf, Gleichau u. Gollnitz, aus altadligem Geschlecht in Meißen, der Lausitz und
Schlesien. Kursächs. Generalmajor und Oberst der Infanterie. Eltern: Gottfried v. W.
(1559–1625), Obersteuer-Einnehmer u. Landesältester der Mgft. Niederlausitz; Anna,
geb. v. Schlieben. Sigmunds Ehegattin war Hedwig Sibylla v. Zschirn, mit der er zwei
Kinder hatte: Peter Ernst (*1630) und Maria Magdalena.
KU III, 397ff., 560f. (Briefe
F. Ludwigs an W. d. d. Köthen, 12. u. 13. 3. 1636);
Kneschke IX, 598f.;
Zedler LVIII,
853f.;
König: Adels-Historie III, 1164 u. 1167.
15 Hier wohl: Du mögest (es nur) anführen. Vgl.
Faber/ Buchner, 325: „Inducere [...] Anführen. Est & judiciorum verbum.
Namque & testes & accusari, & cognitiones, &c. induci dicuntur.“ Diese juristische Formel
auch im Brief F. Christians an F. Ludwig, d. d. „Bernburg den 11. Martii in der
Nacht, Ao. 1636“, in dem er von der Erstürmung und Plünderung seines Schlosses berichtet
u. um Hilfe bittet: „Meine Pferde seindt alle weggenommen. Meine wagen, rüstwagen,
Kutzschen, vndt pferdt seindt alle inducas gangen, vndt weggenommen.“
KU
III, 576.
16 Samuel Müller, vom Regiment Lohausen [Obrist: Wilhelm v. Kalcheim
gen. Lohausen (FG 172)]. Er hielt das Schloß mit 110 Musketieren besetzt. Vgl.
KU III,
584; Die Erstürmung des Bernburger Schlosses im dreißigjährigen Kriege. In: 2. Beilage
zu Nr. 191 des Anhalt. Staats-Anzeigers (17. 8. 1889).
17 Ungefähr. S. 310224 K 41.
18 In einer anderen Quelle „Löben“ genannt.
KU III, 585.
19 Vermutlich Heinrich
Friedrich v. Einsiedel (FG 265).
Conermann III, 293f.
20 Am nächsten Tag (12. 3. || [
613] 1636) in der Frühe.
21 Zu dieser Zeit, nämlich schon am zeitigen Morgen des 12.
März, war die Hauptmacht der kursächs.-ksl. Belagerungstruppen abgezogen und nur
eine Besatzung von 400 Dragonern unter dem Obristlt. Naumann (s. Anm. 8) im Schloß
Bernburg zurückgeblieben. Schwed. Kriegsvolk aber hatte sich noch in der Stadt festgesetzt,
weitere schwed. Truppen zogen jenseits der Saale auf. Die Situation in Bernburg
und beiderseits der Saale war höchst unsicher, als F. Christian II. und die Seinen am 12.
3. unter Geleitschutz Zanthiers (s. Anm. 9) aus dem völlig ausgeplünderten Schloß aufbrachen
— „der gute Herr Ziehet ins elendt, vndt hat doch nicht ein eintzig pferdt damit
er fortkommen kan“, berichtete unter dem Datum des 14. 3. der Bernburger Regierungspra
̈sident Heinrich v. Börstel (FG 78);
KU III, 579. In der Tat hatte F. Ludwig etliche
Wagen geschickt, mit denen man fliehen konnte — zum Glück und in der größten Not,
denn schon näherten sich auf dem gegenüberliegenden Saale-Ufer neue schwed. Truppen,
die das nur spärlich besetzte Schloß gefährdeten und einen Gegenangriff befürchten
ließen (vgl.
KU III, 590 und oben K I 2). Die Flucht führte zunächst nach Köthen, wo
die Bernburger „mitt großer compassion, entpfangen, vndt angenom
men worden, vom
herrvetter F. Ludwig und Sr. gemahlin, vndt allen ehrlichen Leutten, so vnß kennen.“
Christian: Tageb. XIV, Bl. 85v. In Köthen erneuert man den Entschluß, ins Exil nach
Mecklenburg und Holstein zu gehen. Schon vor der Erstürmung des Bernburger Schlosses,
am 9. 3., hatte Christian F. Ludwig von seinem Plan zu diesem Fortzug unterrichtet:
„Weil schreiben auß Mecklenburg ankommen, daß Meines fr. lieben Schwagers des Hertzogs
Hans Albrechts Lbd. todt kranck sein sollen, vndt Meiner Schwester der Hertzogin
Lbd. ein paar von den andern Frewlein Schwestern begehren, auch Zu dero trost
gantz instendig darumb bitten, Alß habe ich ihnen Zu erlauben, ia vmb vielerlei vmbstände
willen, sie selber dahin zu begleiten, kein bedencken getragen.“
KU III, 574. Bei seiner
Ankunft in Güstrow findet Christian Hz. Johann Albrecht II. v. Mecklenburg-Güstrow (FG 158) [s. u.] schwerkrank vor. Er stirbt am 23. 4. 1636. „[...] ich habe einen
großen freundt vndt bruder an deroselben gehabtt. Gott wolle noch andere
fulcra & firmamenta
Ecclesiæ orthodoxæ [reformierte Kirche], deren eyfriger fautor Jhre Ld. Sehl. gewesen)
durch seine gnade vnß erwecken, vndt seiner kirche frieden verleyhen.“
Christian:
Tageb. XIV, 113v. Der verwundete Stammer (85v) wurde in Köthen zurückgelassen;
auch Pzn. Anna Sophia mußte in Köthen bleiben (86r); der weitere Reiseweg führte die
übrige Bernburger Fürstenfamilie erst einmal nach Dessau (13. 3.) und Zerbst (17. 3.);
dort einlaufende Nachrichten kündeten von der umfassenden Zerstörung der Städte und
Ämter Anhalts und besonders des Bernburger Landesteils, so daß der Senior des anhalt.
Fürstenhauses, F. August v. Anhalt-Plötzkau, zur gleichen Zeit klagen mußte: „Auff dem
Lande gehet alles drauff vnd ist nichts dan eine total ruin für augen“ (
KU III, 578).Über
Brandenburg ging die Reise ins Mecklenburgische. Noch in Berlin oder Cölln a. d. Spree
erhielt Christian am 28. 3. Nachricht aus Köthen, „daß der gute Herman Christian
Stam
mer, mein gewesener hoff- vndt Stallmeister, (aber nicht lange) den 24. h
uius todes
verblichen. Gott tröste seine Sehle, vndt die arme betrübte iunge wittwe vndt alle Trawrigen.“
(Bl. 104r). Am 6. 4. brach die Familie zu ihrer weiteren gefährlichen Reise nach
Güstrow, Sitz der ältesten Schwester Eleonora Maria (AL 1617, TG 17; vgl. 340107 K
16), auf, wo man am 13. 4. eintraf (Bl. 109v). Am 23. 4. erreichten Christian und seine
Frau (wohl mit den Kindern, vgl.
KU III, 585) das holsteinische Ahrensbök, damalige
Residenz des Bruders bzw. Schwagers des Fürstenpaares, Hz. Joachim Ernst v. Schleswig-
Holstein-Sonderburg-Plön (FG 101; vgl. 340107 K 4). Christians von dort an den
Kaiser gerichtete Petition vom April 1636 beklagt die dem Hause Anhalt und dem bernburg.
Land auch noch nach der Erstürmung widerfahrene restlose Ausplünderung und
Ruinierung. Christian fährt fort: „Mein Hoffmeister Herman Christian Stammer [...] Jst
an der vor meiner Gemahlin gemach empfangenen Wunde Todes verblichen und leßet es
sich überall mit dem meinigen also ansehen, daß des vnglücks vnd schadens nicht eher
ein Ende, Als biß das hauß Zum Steinhauffen, wie der anfang schon vorhanden, ge- || [
614]
macht, vnd nichts mehr übrig sein wirdt, Zu hoffen noch zu gewarten.“
KU III, 589.
Vgl. K 2. Im August wurde Christian persönlich beim Kaiser vorstellig, um seine Ansprüche auf Schadensersatz und „satisfaction“ zu betreiben;
KU III, 599.
K IIIK III Tobias Hübner (FG 25) widmet dem früh verstorbenen Bernburger Kollegen und
Mitgesellschafter in der FG, Hermann Christian (v.) Stammer (FG 137), ein „Klag“-Poem
im schlichten vierhebigen, z. T. unregelmäßigen trochäischen Liedvers, das im
poetischen Anhang der Leichenpredigt veröffentlicht wurde. Es sollte sein letztes Gedicht
bleiben. Zwei Monate später, am 5. Mai 1636, starb Hu¨ bner selbst in Dessau (s. 360600).
1 Mythologische Anspielung auf Narcissus, der alle Liebhaberinnen, die
Nymphe Echo eingeschlossen, verschmäht, sich in sein eigenes Spiegelbild verliebt, vor
Verlangen dahinschwindet; statt des Leichnams findet man eine Blume: die Narzisse.
Ov. met. 3, V. 341ff., insbes. 490ff.
Hederich, 1687: „[...] Allein, als er nachher sich
selbst in einem klaren Brunnen, aus welchem er trinken wollte, gewahr wurde, so verliebte
er sich dergestalt in sich selbst, daß er endlich auch vor Liebe vergieng und in eine
Bluhme seines Namens verwandelt wurde.“
3 Eine etwas undeutliche
mythologische Anspielung. Gemeint ist vermutlich Aphrodite/ Venus, deren Geliebter
Adonis von Ares/ Mars in Gestalt eines wilden Schweins aus Eifersucht umgebracht
wurde. Vergeblich eilte Venus, Adonis zu retten. Als sie zu spät kam, verwandelte sie ihn
in eine Anemone. Ov. met. 10, 503ff., insbes. 710ff. Vgl.
Hederich, 67. Vermutlich nicht
gemeint ist Atalante, die an der kalydonischen Eberjagd teilnahm und das monströse
Tier als erste der Jäger traf. Ov. met. 8, 271ff. Von einer Verletzung Atalantes weiß der
Mythos nichts, wohl aber von anderen Jägern, Enaesimus, Hippasus, Ancaeus u. a., die
dem rasenden Schwein zum Opfer fielen.
4 Kargen v., d. i. geizen (mit etwas), geizig,
unfreigebig, aber auch ängstlich, besorgt sein.
Stieler, 930, kennt auch positive Bedeutung
des Verbs: sich um das Seinige sorgen, es in guter Verwahrung halten etc. („bona
suis providere, prospicere, consulere“); gewöhnlicher aber sei die negative: „esse avarum,
avaritia fervere“ etc. Auch bei
Diefenbach, 688 die positive Wortbedeutung: schonend,
haushälterisch, sparsam umgehen mit etwas. Vgl.
DW V, 216;
Götze, 131;
Lexer:
Handwb. I, 1519;
Paul: Wörterbuch, 449.
6 Achilles, Sohn der
Nymphe Thetis und des Peleus, tötete den Trojaner Hektor, der seinen liebsten Freund,
den Patroklus, niedergestreckt hatte.
Hederich, 36.
7 Verschleuchen v., im Fnhd. nicht
nachgewiesen; vielleicht mundartlich für verschleichen: fortschleichen, langsam und/
oder heimlich davonziehen, dahingehen. „Die Zeiten verschleichen/
tempora labuntur“,
Stieler, 1836; vgl. 2644; ferner
Lexer: Handwb. III, 233 (,versleichen‘);
DW XII. 1,
1094 (,verschleichen‘).
8 Von ,vertreugen‘ v., vertrocknen.
Lexer: Handwb. III, 277;
Stieler, 2326;
DW XII. 1, 1998.
9 Verlassen v., im Mhd. und Fnhd. mit weitem Bedeutungsfeld;
hier gemeint die heute veraltete Bedeutung von ,hinterlassen‘. S. auch
,Verlassenschaft‘ = Hinterlassenschaft, Nachlaß. Vgl.
Baufeld, 83;
Diefenbach, 558;
DW XII. 1, 730f.;
Götze, 79;
Lexer: Handwb. III, 153f.;
Paul: Wörterbuch, 969;
Stieler,
1077; Kleines Lexikon untergegangener Wörter. Wortuntergang seit dem Ende des 18.
Jahrhunderts. Hg. Nabil Osman. 8., unveränd. Aufl. München 1994, 217 (,Verlassenschaft‘).
10 Lies: abgemäht. Vgl. 250110 K 1 19.
11 Die Saale, die nordwärts unterhalb
des Bernburger Schlosses vorbeifließt. Wegen des wichtigen Saaleübergangs war
Bernburg von den Kriegshandlungen des 30j. Krieges besonders stark betroffen.
12 Lies: quitt (ledig, frei).
13 Vermutlich Anspielung auf den Fluß- und Meeresgott Proteus,
der niemals mehr lachte und weinte, nachdem Herkules seine Söhne getötet hatte.
Zu seiner Ikonographie gehört ein gewundenes Horn in seiner Linken.
Hederich, 2107ff.