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360800 Paul Fleming auf Tobias Hübners Tod
[Inhaltsverzeichnis]
|| [658]

360800

Paul Fleming auf Tobias Hübners Tod


Zwei Gedichte Paul Flemings auf den am 5. Mai 1636 in Dessau verstorbenen Tobias Hübner (FG 25).

Beschreibung der Quelle


Q (1.) Lat. Gedicht aus: PAULI FLEMINGI Germani | Medic. Doct. & Poetæ Laur. Cæsar. | EPIGRAMMATA | LATINA | ante hac non edita. | AMSTELODAMI, | [Linie] | Apud JOHANNEM BLAEU | 1649, Bl. Gv. HAB: P 1471b Helmst. 8°; vom Hg. Adam Olearius (FG 543; 1651) in Schleswig am 15. 10. 1648 mit einer lat. Vorrede Paul v. Buchwald (FG 392; 1642) gewidmet; ediert in: Paul Flemings lateinische || [659] Gedichte. Hg. J. M. Lappenberg. Stuttgart 1863, 366 u. 572 (Bibliothek des Literarischen Vereins in Stuttgart, Bd. LXXIII), Epigrammatum Liber V, Animae, Nr. 45. (2.) Dt. Gedicht aus: [Kupfertitel:] D. Paul | Flemings | Teütsche | Poemata. | Lübeck | Jn Verlegung | Laurentz | Jauchen Buchh. [1646], S. 665 (Vierdtes Buch Der Sonnetten/ Auff Begräbnüsse. [Nr. ] JJJ.). HAB: 136.5 Poet. Zit. mit der Sigle J. — Vgl. Geist- und Weltliche | POËMATA, | Paull Flemmings | Med. D. & Poët. Laur. Cæs. | Jetzo | Auffs neue ausgefertiget/ | Jn | Verlegung Christian Forbergers sel. | Wittben in Naumburg. | [Linie] | Gedruckt in Jena | bey Georg Sengenwaldten. | Jm Jahr 1652, S. 665. HAB: 145.4 Poet. Zit. mit der Sigle F. — Vgl. Geist- und Weltliche | POËMATA, | Paull Flemmings | Med. D. & Poët. Laur. Cæs. | An itzo wieder | Auffs neue mit Churf. Sächs. Privi- | legio außgefertiget | Jn | Verlegung Martin Müllers Büchh. | in Naumburg. | [Linie] | JENA/ | Gedruckt bey Georg Sengenwalden/ | 1660, S. 671. HAB: QuN 673 (Ex. Hz. Ferdinand Albrechts v. Braunschweig-Wolfenbüttel-Bevern [FG 842; 1673] mit eigenh. Eintrag auf dem Titelbl. „FndAlbHZBVL Bewern d. 28 Julij. 1673 ☾). Zit. mit der Sigle M. — Ediert in: Paul Flemings deutsche Gedichte. Hg. J. M. Lappenberg. 2 Bde. Stuttgart 1865 (Bibliothek des Literarischen Vereins in Stuttgart, Bd. LXXXII); reprograf. Ndr. Darmstadt 1965, I, 456f.; Zweites Buch der Sonnetten, auf Begräbnüsse. Nr. 7.

FUNUS
TOBIÆ HUBNERI.1
CUrat honoratum divina poetica funus.
Ipsa gemit tantæ præfica Juno necis.
Phœbus it exequias, & totus Apollinis ordo,
Et Lepor, & niveo Gratia juncta Joco.
Thura Venus adolet; Paphyæ pro termite myrti
Busta cupressiferâ fronde sublimat Amor.
Ite procul, Vates, & quicquid ubiq; faventum est;
Justa parant socio Diı̂q́ue; Deæq́ue; suo.

Auff Herrn Tobias Hübners Ableben.

DEr Deutsche Helikon hatt’ einen schwartzen Flor
ümm sich gezogen her. Die trübe Hippokrene
floß durch den jungen Moßa 2 ein seufftzendesb Gethöne.
Melpomene die bließ in ihr betrübtes Rohr/
dem innig hörte zu Olympus gantzer Chor.
Zythere hing ihr Häupt/ und ihre jungen Söhne
verkehrten Flitz’ und Pfeil’c / und ihre schöne Schöned [.]3
mit dem thät Morfeus auffe das liechtef Sternen-Thor.
Die Augen wachten auffe/ das Hertze schlieff in Sorgeng .
Jch träumte wachend fort. Der zweifelhaffteh Morgen/i
verhieß ein trübes Liecht. Matuta4 war zu rothj
und Zynthius5 zu blaß. Da hört’ ich erst verlesen/
warümmk Parnassens Volck so traurig ist gewesen.
Ach allzuwahrer Traum/ sein Hübner der ist todt.

|| [660] Unterl Kassan6 in Zeremissen der Reussen/ im
Augustmonate/ m dc xxvjm .

I

Paul Fleming auf Diederich von dem Werder


Der Opitzianer Fleming rühmt in diesem Gedicht die, neben F. Ludwig und Tobias Hübner, dritte Zentralgestalt der frühen FG, Diederich v. dem Werder (FG 31), indem er dessen Tasso-Übertragung Gottfried von Bulljon, Oder Das Erlösete Jerusalem (1626) und Sonette Krieg vnd Sieg Christi (1631) hervorhebt und in Werder die Assimilation von Mars und Ars, von Ritter- und Gelehrtentum personifiziert sieht.

Beschreibung der Quelle


Q [Kupfertitel:] D. Paul | Flemings | Teütsche | Poemata. | Lübeck | Jn Verlegung | Laurentz | Jauchen Buchh. [1646], S. 595 (Anderes Buch Der Sonnetten/ Von allerhand Glückwünschungen. [Nr. ] LJJJ.). HAB: 136.5 Poet.; vgl. F (s. oben, Q), S. 595 und M (s. oben, Q), S. 595 sowie Paul Flemings deutsche Gedichte. Hg. J. M. Lappenberg, a. a. O. (s. oben, Q), I, 464f.

Dem Wolgebohrnen Herrn/
Herrn Dietrich von dem Werder.1
ES sagts Jerusalem/ es sagets Krieg vnd Sieg/2
uñ hundert anders mehr/ was werther Held dein dichten/
und dein verrichtena sey. Du giebest den Geschichten
Jhr Leben durch dein Thun. Machst daß dein Sieg und Krieg
sich kriegt und übersiegt/ den sonst die Zeit verschwieg
in einer langen Nacht. Du kanst dich dir verpflichten/
daß dich und deinen Rhum kein Todt nicht mag vernichten/b
Weil ritterliche Kunst ihn sieghafftc überstieg.
Jch lobe diese Faust/ die Leib und Nahmen schützt/
Selbst schreibt wasd sie selbst thut/ auff Krafft und Kunst ihr eigen/e
auff beyderley gelehrt/ was beyder Seiten nützt.
Jhr Röhmer/ tretetf auff; Jhr Griechen gebet zeugeng /
wirdh Agamemnon nun selbst sein Homerus nicht?
Eneas sein Virgil?wer ists/ ders wiederspricht?

II
Paul Fleming zur Fruchtbringenden Gesellschaft der Poeten zu rechnen


Der anonyme Verfasser der Vorrede in der 1646 postum erschienenen Ausgabe der Teütschen Poemata von Paul Fleming gibt zu erkennen, daß dieser zweifel- || [661] los unter die hervorragenden Dichter der Fruchtbringenden Gesellschaft zu zählen sei.

Beschreibung der Quelle


Q [Kupfertitel:] D. Paul | Flemings | Teütsche | Poemata. | Lübeck | Jn Verlegung | Laurentz | Jauchen Buchh. [1646], Bl. )( v r – [)( vij]v („Vorrede An alle Liebhabere der hochgestiegenen Poesy“), hier Bl. [)( vij]. HAB: 136.5 Poet.; inhaltsgleich F und M (s. oben, Q).

Damit demnach sothane herrliche monumenta1 von den Motten nicht verzehret/ vielmehr aber deß Autoris, der mit allen Ehren unter die berühmte Fruchtbringende Gesellschafft der trefflichen Poeten/ als Opitij/ Werders/ Buchners und dergleichen mit zurechnē/2 löbliche Propos ins Werck gesetzet/ zugleich auch vieler fürnehmer Leute desiderium erfüllet würde/ als hat der Ehrenveste/ Für- Achtbare und Wolfürnähme Herr Heinrich Niehausen/ der löblichen Gemeine und Bürgerschafft zu Revall Eltester und Handelsmann/3 seine dem Autori auch in der Gruben zugetragene Schwieger-väterliche Affection zu bezeugen und daneben seiner in dem/ vergangenen 1641. Jahrs außgelassenen Prodromo4 gethanen Zusage ein Genügen zu thun/ nunmehr alle deß Sel. D. Flemingij verhandene Deutsche Poemata, wie Sie/ derselbe ordentlich disponiret, und sothan gantzes Opus dem Durchläuchtigen/ Hochgebornen Fürsten und Herrn/ Herrn Friedrichen/ Erben zu Norwegen/ Hertzogen zu [Bl. [)( vij]v] Schleßwig/ Holstein/ Stormarn und der Ditmarschen Graffen zu Oldenburg und Delmenhorst/ &c.5 aus unterthäniger Devotion, und damit dieser sein Partus Principem literatissimum zum mächtigen Patronem haben möchte/ dediciret, heraus geben wollen/ zu allen auffrechten/ unpassionirten Liebhabern der Sinnreichen/ Ruhmwürdigen/ hochsteigenden Deutschen Poesy der guten Zuversicht lebende/ es werde ein jeder Jhme solches angenehm seyn/ diese Arbeit/ die Jhren Meister selbst lobet/ gefallen lassen/ und bald darauff die Lateinischen Poemata6 gleichfals erwarten[.]

Textapparat und Kommentar


Textapparat
T
Im deutschen Gedicht Auff Herrn Tobias Hübners Ableben beginnen die Zeilen 1–14 in M jeweils mit einem Großbuchstaben.Im deutschen Gedichtbeginnen die Zeilen 1–14 in M jeweils mit einem Großbuchstaben.
a F, M Mooß
b M seuffzen des
c F, M Flitz und Pfeil
d M Schöne/
e M auf
f F, M lichte
g M Sorgen/
h M zweiffelhaffte
i F, M: Virgel fehlt
j F roth/ M roth.
k M Warüm
l F Vnter
m F,M m. dc. xxxvj.

T I
Die Gedichtzeilen beginnen in M jeweils mit einem Großbuchstaben.Die Gedichtzeilen beginnen in M jeweils mit einem Großbuchstaben.
a M Verrichten
b J vernichten.
c F sieghaft
d F, M schreibt/ was
e F, M eigen.
f F, M Röhmer tretet
g F, M Zeugen
h F Wird

Kommentar

K
1 Tobias Hübner (FG 25), der 1619–1631 seine große Übersetzung der Sepmaines und anderer Dichtungen von Guillaume de Saluste sieur Du Bartas veröffentlicht und — in Konkurrenz zu Martin Opitz (FG 200) — den Vorrang bei der Entwicklung des regelmäßigen deutschen Alexandrinerverses beansprucht hatte (vgl. 250110, 250218A u. 310000), war in Dessau am 5. 5. 1636 gestorben (vgl. 360600 II). Zu Saluste sieur Du Bartas vgl. auch unten K I 2. Fleming stellt in seinem lateinischen Epigramm feierliche Exequien vor, welche die olympischen Götter dem Toten veranstalten. Wie schon Lappenberg in seiner Ausgabe der lateinischen Gedichte Flemings (s. Q) S. 572 hervorhob, || [662] bekam die Gesandtschaft Hz. Friedrichs III. v. Schleswig-Holstein-Gottorf (FG 388;1642) an den russischen Zaren und den persischen Schah (Safi, aus der Safawiden-Dynastie, regierte als Nachfolger des Schah Abbas I. von 1629–1642) bei Wassiligorod (d. i. Wasilsursk) an der Wolga am 5. August 1636 Briefe aus Moskau, welche im Mai in Deutschland abgesandt worden waren. Sie werden u. a. Hübners Tod gemeldet haben. Vgl. Adam Olearius: Vermehrte Newe Beschreibung Der Muscowitischen vnd Persischen Reyse. Schleswig 1656. Hg. Dieter Lohmeier. Tübingen 1971 (Deutsche Neudrucke, Reihe Barock, 21), 210. Es fällt auf, daß das vierte Buch der Sonette in der Ausgabe J als Gedichte auf Dichter allein Flemings Sonett auf Hübner und Flemings Grabschrift auf sich selbst enthält, daß dies auch noch in späteren Ausgaben (F , M) der Fall war, während Lappenberg in seinem zweiten Buch der deutschen Sonette auch Flemings Gedichte auf den Tod von Opitz aufnahm (Paul Flemings deutsche Gedichte. Hg. J. M. Lappenberg [s. oben, Q], I, 457–459, Nr. 9–12). Drei dieser Gedichte waren schon 1641 im Prodromus, Bl. D iij – [D iiij]r erschienen: „An Deutschlandt/ nach Vernehmung des Todesfallen Herrn Opitzens“; „Nach Herren Opitzen seinem Versterben“; „Auff eben desselben seinen Todt/ welcher jhm in der Nagaischen Tartarey kunt gethan ward.“ Zum Prodromus s. unten K II 4. Fleming hatte den von ihm sehr bewunderten Opitz auch persönlich im März und Juli 1630 getroffen. Vgl. Opitz’ Eintrag in Flemings Stammbuch am 31. 7. 1630, in: Paul Flemings deutsche Gedichte. Hg. J. M. Lappenberg (s. oben, Q), I, 571 u. 805 (fälschlich April); Conermann: Opitz auf der Dresdner Fürstenhochzeit, 612 Anm. 65. Außerdem stand Fleming in vielfältigem Kontakt zu Freunden und Nachahmern des Schlesiers, z. B. Augustus Buchner (FG 362; 1641), Gregor Gloger (1603– 1631) und Bernhard Wilhelm Nüßler. Vgl. dazu auch Buchners Brief an Fleming vom 11. 4. 1632 (HAB: Cod. Guelf. 234 Gud. lat., 133. Veröff. in: Paul Flemings deutsche Gedichte. Hg. J. M. Lappenberg (s. oben, Q), II, 577f. u. 806f.
2 Moos, n. Maskulinum bei Fleming, vgl. Paul Flemings deutsche Gedichte. Hg. J. M. Lappenberg (s. oben, Q), I, 102, v. 30; 297, v. 14; 499 (Nr. 17). Vgl. ferner DW VI, 2518–2521; Faber/ Buchner I, Sp. 1370 hat „das Moß“; Wachter, 1093 (s. v. Mos, keine Genus-Angabe). Götze, 162 unterscheidet zwischen „das mos“ (Moor) und „der moß“ (obd. Sumpfland), Stieler, 1294f. „das Mos“ (Moor). — Zum transitiven Gebrauch von fließen („floß“) vgl. Lexer: Taschenlex., 291 „vliezen tr. fliessen, sich ergiessen über; wegspülen; schmelzen“ u. Henisch I, 1153f. „flössen/ beflössen/ mit dem fluß vbergehn/ sich ergiessen/ außlaufen/ inundare/ exundare [...] Der kalte Schweiß floß oder ran jhm vber den gantzen Leib hinab“.
3 Die Schöne, n., d. i. Schönheit. Baufeld, 210; Götze, 194.
4 (Göttin der) Morgenröte.
5 Cynthius, Beiname des Phoebus Apollo, hier also: die Sonne.
6 Kasan, Rußland. Hauptstadt der Tatarischen Republik und des ehemaligen gleichnamigen tatar. Khanats. Vgl. Olearius: Reisebeschreibung (s. Anm. 1), 347–351 (mit Stadtansicht). Vor „Casan Tartarorum“ lag das Schiff der Gesandtschaft vom 13. – 15. 8. 1636. Die Bezeichnung „in Zeremissen“ meint offenbar ein viel größeres Gebiet (s. Wolga-Karte bei Olearius) als das Land der heute im Mari-Gebiet (links der Wolga und nördl. Kasan) konzentrierten Tscheremissen, eines ostfinnischen Volkes. Vgl. Paul Flemings lateinische Gedichte. Hg. J. M. Lappenberg (s. oben, Q), 300 (Epigr. lib. 1, Nr. 52) eine Oratio pro incolumitate, die Fleming auch Anfang August 1636 schrieb, „In Tartaria post factam absolutionem.“ Vgl. Prodromus (1642; s. K II 4), vor Bl. F: „Die Wilden Ceremissen seind Tärttern 150. Meil hinter der Muskaw/ den Großfürsten von Muskovienn vnterthan/ Jhre Hauptstadt Cassan vor Zeiten ein eigen Königreich/ ehe es von den Russen eröbert worden.“

K I
1 In unserem Zusammenhang interessiert vor allem, daß Fleming neben Tobias Hübner auch Diederich v. dem Werder (FG 31), einer anderen Leitfigur der frühen FG, seinen Tribut zollte. Er widmete ihm das vierte Buch seiner Sonette (Paul Flemings deutsche Gedichte. Hg. J. M. Lappenberg [s. oben, Q], I, 491) und gedachte seiner im No- || [663] vember 1634 in einem Abschiedsgedicht an einen Reisegenossen, den Nürnberger Patriziersohn Georg Wilhelm Pömer v. Diepoldsdorff (Johann Gottfried Biedermann: Geschlechtsregister des Hochadelichen Patriciats zu Nürnberg. Bayreuth 1748, T. DLXXXIII B): „Was Opitz hat geschrieben, | was unser Werder singt, das kanst du ohn’ Gefähr | und sagst es ohne Buch auf einen Nagel her.“ (a. a. O., 136). Als Fleming verfrüht aufgrund einer falschen Nachricht schon im Juni 1638 ein Sonett „Nach Herrn Opitzens seinem Versterben“ schrieb, begann er es mit der Verszeile „Um Werthern hats Gefahr, von Hübnern lebt sein Tod;“ (a. a. O., 459; Werthern = Werdern). Zu diesem Vers vermerkt der unten (K II 4) zit. Prodromus (1642), Bl. [F vj]v: „Werther ein Oberster vnd trefflicher Deutscher Poet/ wie auch Hubner/ ein Hoffmeister gewesen/ zu Anhalt bey den Fürsten. Buchner ein trefflicher Poet zu Wittenberg.“ Besonders merkwürdig ist das bisher nur ungenau datierbare Sonett Flemings auch deshalb, weil Fleming die Koexistenz (und Ambivalenz) von Rittertum und Gelehrtentum, welches u. a. Hübner in der Frühzeit der FG in ein Argument für seinen Ruhm verwandelt, thematisiert und für sich beansprucht hatte (vgl. DA  Köthen  I.1, 12ff.), nun als Grund für die Laudatio auf Diederich v. dem Werder heranzieht.
2 Der erste Vers erinnert an Werders Tasso-Übertragung Gottfried von Bulljon, Oder Das Erlösete Jerusalem (1626) und sein 100 eigene Sonette umfassendes Buch Krieg vnd Sieg Christi (1631). Die von Lappenberg (Paul Flemings deutsche Gedichte [s. oben, Q], I, 770) vermuteten weiteren Bezüge in Flemings Sonett auf Werders Werk erweisen sich aus chronologischen Gründen als gegenstandslos. Allerdings war Werders Rang eines schwed. Obristen (1631–1635) vielleicht nicht ohne Einfluß auf Flemings Argumentation. Wie genau Fleming Werders Tasso-Übertragung und Hübners Du Bartas-Übersetzung kannte, ist kaum abzuschätzen. Die zweite und dritte Strophe seiner Ode „Auf Herrn Timothei Poli Namenstag“ (Paul Flemings deutsche Gedichte. Hg. J. M. Lappenberg, I, 370–373, hier 371) läßt vermuten, daß Fleming auch Hübners und Werders Übersetzungen als Argument dafür ansah, daß die hochdeutsche (und die sprachlich eng verschwisterte niederländische) Dichtung im Wettstreit mit neuzeitlicher europäischer Literatur die Vorbilder vereinnahmt und übertroffen und sogar die Alten „verjüngt“, also gewissermaßen wiedergeboren hatte:
Vnser wird/ was andern war.
Tass/ Torquat/ Petrarche weichen.
Vnsern Deutschen mag nicht gleichen
Bartas/ Sidney/ Sannazar
Wenn Catz/ Heins/ vnd Opitz singen/
So wil gantz nichts frembdes klingen.
Auch das alte wird verjüngt.
Der Pelasger schönes Wesen/
Vnd was Rom zuvor gelesen/
Hört man/ wie mans bey vns singt.
Venus vnd jhr gantzer Orden
Jst nun kurtz auch Hochdeutsch worden.
Hier zit. nach Prodromus (1642; s. unten K II 4), Bl. Ev. Vgl. Paul Flemings lateinische Gedichte. Hg. J. M. Lappenberg (s. oben, Q), 347 und Klaus Garber: Paul Fleming in Riga. Die wiederentdeckten Gedichte aus der Sammlung Gadebusch, in: Chloë 7 (1988), 284. Die „Pelasger“ als älteste Bewohner Griechenlands hier synonym für Griechenland.

K II
1 Paul Flemings Dichtungen. Der Autor der Vorrede bleibt anonym. Nach Heinz Entner: Paul Fleming. Ein deutscher Dichter im Dreißigjährigen Krieg. Leipzig 1989, 533 ist kaum mehr an Adam Olearius (FG 543; 1651) zu denken.
2 Da die Formulierung leicht mißverstanden werden kan (oder nach Absicht des Anonymus vielleicht sogar mißverstanden werden soll), sei ausdrücklich festgestellt, daß Paul Fleming kein Mit- || [664] glied der FG war. Martin Opitz (FG 200; 1629), Diederich v. dem Werder (FG 31; 1620) und Augustus Buchner (FG 362; 1641) gehörten der FG auch wegen ihrer dichterischen Leistungen an, jedoch verstand sich die FG weder ausschließlich noch vornehmlich als eine Gesellschaft der Poeten.
3 Fleming hatte sich 1639 mit Heinrich Niehausens Tochter Anna verlobt. Er starb aber vor der Heirat. Vgl. Entner (s. Anm. 1).
4 D. Paul Flemings POetischer Gedichten So nach seinem Tode haben sollen herauß gegeben werden/ PRODROMUS. Hamburg. Gedruckt bey Hans Gutwasser/ in Verlegung Tobiæ Gundermans Buchhandhändlers [sic]/ ANNO M. DC. XLII. Yale University Library; Faber du Faur I, 82f. (Nr. 317), Mikrofilm. Mit einer Vorrede des Adam Olearius aus Reval, 10. 6. 1641. Druckvariante (lautgleicher Titel) des schon 1641 a. a. O. erschienenen Werks (SUB Göttingen). Dünnhaupt: Handbuch, 1492. Mit Lappenberg (Paul Flemings deutsche Gedichte [s. oben, Q], I, 847), Entner, 532f. und Dünnhaupt datieren wir trotz der hier naheliegenden Vermutung die Erscheinung der Sammlung Teütsche Poemata (J) nicht auf das Jahr 1642 (wie z. B. Faber du Faur I, 84, Nr. 318), sondern auf 1646. Vgl. Olearius in seiner 1648 datierten Vorrede zu Flemings Epigrammata latina, Bl. a 4r (s. o.): „Hinc ante bienniū, me urgente, publici juris fiebant opera ipsius germanica, quamvis vitio Typographi, valde mendosa; nunc jam prodeunt & latina, (an sorte feliciori, dubito.) Non quidem omnia simul, sed Epigrammatum tantum libri 12. quippe præter illos accepimus Sylvarum libros X. suo tempore secuturos.“
5 Während der Prodromus, die vorliegende Sammelausgabe J und spätere Ausgaben wie F und M Hz. Friedrich III. v. Schleswig-Holstein-Gottorf (FG 388; 1642), dem Auftraggeber der russisch- persischen Gesandtschaftsreise (1633–1639), als Ganzes dediziert sind, weisen die einzelnen Bücher des Werks Widmungen an andere Personen auf, darunter Diederich v. dem Werder und (nochmals) den erwähnten Herzog (Poet. Wälder I), Hz. August v. Sachsen-Weißenfels (FG 402; 1643; Poet. Wälder II), Hz. Hans v. Schleswig-Holstein-Gottorf, Bf. v. Lübeck (FG 286; 1636; Poet. Wälder, Neues Buch), Hans Christoph v. Uechtritz (FG 392; 1642; Oden I) und Ludwig V. v. der Asseburg („auff Schermicke/ Fürstl. Schleßwig-Holsteinischen Kammer-Juncker zu Gottorff“, 1611–1693; Poet. Wälder V). Es ist unklar, ob dieser oder der Obrist Ludwig IV. v. der Asseburg (1589–1669) in die FG (740; 1660) aufgenommen wurden. Dazu bzw. zur Teilnahme an der russ.- pers. Gesandtschaft schweigt Max Trippenbach: Asseburger Familiengeschichte. Hannover 1915, 261ff. (Ludwig IV.) u. 267ff. Vgl. dort auch S. 271 (Ludwig VI., 1652–1686) und 271f. Ludwig VII. (1622–1673). Die genannten Zuschriften und die Einteilung der Gedichtausgabe stammen noch von Paul Fleming. Zu den bis 1649 aufgenommenen Mitgliedern der FG vgl. Conermann III, zur literarischen und wissenschaftlichen Kultur am Hofe Hz. Friedrichs vor allem Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum: Gottorf im Glanz des Barock. Kunst und Kultur am Schleswiger Hof 1544–1713. Kataloge der Ausstellung. Hg. Heinz Spielmann u. Jan Drees. 4 Tle. Schleswig 1997.
6 Es erschienen nur 1649 die oben zitierten Epigrammata latina. S. oben, Q, vgl. Olearius in Anm. 4.
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