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390114 Fürst Ludwig an Hans von Dieskau
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390114

Fürst Ludwig an Hans von Dieskau


Antwort auf 390112. — F. Ludwig (Der Nährende) bedankt sich für die Neujahrswünsche Hans’ v. Dieskau (FG 212. Der Tilgende) und die Übersendung der von Rudolf v. Dieskau (FG 155. Der Niedrige) verfaßten LEGATION oder Abschickung der Esell in Parnassum. Er moniert zwar dessen übermäßigen Fremdwortgebrauch, der den Intentionen der FG widerstreitet, billigt dies jedoch angesichts des behandelten forensischen Stoffes und erinnert daran, daß Rudolf v. Dieskau zur Zeit der Niederschrift ohnehin noch nicht Mitglied der FG war. Daß Martin Opitz (FG 200. Der Gekrönte) dreimal in Dieskaus Werk, Tobias Hübner (FG 25. Der Nutzbare) und Diederich v. dem Werder (FG 31. Der Vielgekörnte) jeweils aber nur einmal erwähnt werden, mißfällt Ludwig, zumal Opitz doch erst viel später als die beiden anderen Mitglied der Gesellschaft geworden ist. — Dem Brief ist ein kleines nach Köthen gelangtes Werk beigefügt, das Rudolf v. Dieskau zugesandt werden möge. Bei Interesse könne aber auch Hans v. Dieskau das Stück gern für sich selbst abschreiben lassen. — Hans v. Dieskau habe ferner ein von Opitz verfaßtes Weihnachtslied fälschlich Werder zugeschrieben. Mit der Übersendung des annotierten Druckes aus Preußen ist sicher bald zu rechnen. — Ludwig informiert Dieskau schließlich über die künftigen Termine der nach reformiertem Ritus in Köthen abgehaltenen Abendmahlsfeiern. Ansonsten sei seine Präsenz in Köthen erwünscht, um mit ihm über das Manuskript der (von Christian Gueintz [FG 361. 1641] verfaßten) Schrift Deutscher Sprachlehre Entwurf zu konferieren.

Beschreibung der Quelle


Q HM Köthen: V S 544, Bl. 25rv, eigenh. Konzept. [Handschrift: [Bl. [25r]]D: KE, 35f., gekürzt in KL III, 100f. u. in Opitz: BW 390114 rel; zit. in Conermann: Tiersatiren, 729. — BN: Bürger, S. 948 Nr. 26.

Anschrift


A Fehlt.

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Es hatt der Nehrende gestriges Sontages des Tilgenden antwortt vom 12. instehenden Jhares und monats mitt der gedruckten abschickung und gutten verrichtung der Esell bey dem Parnaso1 woll empfangen; Er bedanckett sich der ubersendung, furnemlich aber des gutten Neuen Jhar wuntsches, und hatt diese beschreibung mitt sonderer ergetzligkeitt gelesen; Des gekrönten2 dreymall, des Nutzbahrena 3 und viellgekörnten4 aber nur einmall darinnen wegen ihrer verdeutschten bücher gedachtt gefunden. Der Niedrige hatt darinnen seinen sinreichen Kopff genugsam herfür gethan, und in einer frembden ausländischen gerichtssache5 wiewoll gar füglich sich auch vieler undeutschen frembden doch sonderlich fur diesem hohen gerichte verstendtlicher und üblicher worte gebrauchett, welches sonsten der geselschaft nach nichtt allerdings verantwortlich gewesenb , wiewoll aus dem zuschreiben6 fast erblickett, das er zu der zeitt als dieser handell beschrieben, noch nicht in der fruchtbringendenc gesellschaft gewesen, || [123] der gekrönte aber erst nach ihme im Jhar 1629 hienein kommen: Also von des gekrönten nahmen schon ein7 sechs Jhar vord der einnehmung der Parnassus sonderlich aber Bacchus als weissagungsweise8 hette wißen müßen.
Aus Köln ist beygefügtes parnasische stücklein9 dieser örter durchgeflogen, auffgefangen [Handschrift: [Bl. [25v]] wordene und hatt mussen zur dancksagung dem Niedrigen durch den Tilgenden hiermittf zugeschicket werden, der es auch fur sich, do er es der wichtigkeitt, wie es fast das ansehen hatt, findett, kan lassen abschreiben, und andern, die es fähig seind, vertraulich mittheilen. Der Tilgende hatt einen irthum mitt dem weinachtlied10 eingenommen, dan solches nichtt vom vielgekörnten, sondern gekrönten verfertiget, und uberschickett worden, und von ihme auch gedrucktt mitt sonderlichen anmerckungen in kurtzen dürfte aus Preussen nechst andern sächleing überfertiget werden. Dash aber von deme auch in dem Parnaso hochberumbten weisen dichter eine melodey gemachtt werde,11 soll dem gekrönten zu wollverdienten ehren nicht unbillich gereichen. Also ist auch darinnen bey Tilgendeni ein irthum, das des Herren Abendtmall erst sontags den 27. dieses, und nicht den zwantzigsten als er vermeinet, alhierj in der stadt wirdt gehalten werden.12 Ja hinfüro kan er nicht fehlen, wan er allezeitt auff den Sontag nach dem neuen Monden, außer den dreyen hohen festen, Weinachten, Ostern und Pfingsten sein gewisses absehen darauffk hatt: Sonsten soll auch außer diesem des Tilgenden ankunft dieses orts dem Nehrenden ieder Zeidtl sehr angenehm sein, dan er wegen der deutschen auffgesetzten sprachlehre13 gerne mitt ihme nottwendige dienliche unterrede pflegen wolte. Hatt diesesm etwas weitleuftiger, als er gemeinet, fortgelauffen ihmen vermelden sollen, und verbleibett

  Des Tilgenden gantz williger gesellschafter
  Nehrende

Cöthen 14. tag des Jenners 1639.

I

Rudolf von Diskau über drei Mitglieder der
Fruchtbringenden Gesellschaft - 1638

Beschreibung der Quelle


Q [Dieskau, Rudolf v.:] LEGATION | Oder | Abschickung der Esell | in | Parnassum, | Gestellet vnd verfertiget | Durch | Randolphum van Duysburgk | Ao. | M. DC. XXXVIII. | Horat. de arte Poëticâ. | [Zitat] | [Holzschnitt: Zierstück] | [Zierleiste] | Leipzig | Gedruckt bey Gregorio Ritzschen/ Jm Jahr/ 1638, Bl. G v – G ij v. HAB: Xb 8493. VD17 12: 205848P. Eine weitere, z. T. druckgleiche Auflage erschien um 1640 in Leipzig: HAB: 34.6 Pol. (6); STB Berlin — PK: Yy 1562.8°; SLB Dresden: Jus. feud. 204, misc. 4; ULB Halle: AB 41 18/i, 25(2); UB Leipzig: BST 4° 110; BSB München; vgl. VD17 3: 309661G. Vier weitere Auflagen erschienen zwischen 1642 und 1658 im selben Verlag zu Leipzig, eine weitere ohne Ort 1648: (1642:) HAB: T 1166.4° Helmst. (52) u. P 523.4° Helmst. (21) (VD17 3: 303124A); (1647:) HAB: 43.6 Pol. (8) (VD17); (1648:) HAB: Xb 4550 (VD17); (1658:) HAAB Weimar; (o. O. 1648:) FB Gotha: Poes. 8° 02686/04 (02), UB Münster (VD17 39: 119970W).
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[...] Endlich gab Mnemosyne dem Gesandten/ Sileno vnd Ganymedi, gute Nacht/ baten/ sie wolten allenthalben vor lieb nehmen/ morgen wolte sie es verbessern/ vnd jhnen den gantzen Heliconem zeigen lassen/ welches auch zu früher Tages-Zeit geschahe/ vnd wurde jhnen vor allen Dingen gewiesen eine vberaus statliche Bibliothec von vielen tausend Büchern vnd voluminibus, gedruckt vnd geschrieben/ welche auch der Heydelbergischen/ (so aber numehr in diesem Kriege gantz verwüstet)1 ja auch der im Vaticano zu Rom weit für zu ziehen. Nachmals kamen sie in die Druckerey/ darinnen fast vnzählich Personen täglich arbeiteten. Deßgleichen besuchten sie die Drucker-Presse/ welche zu den Kupffer-Stücken gebrauchet wurde/ worbey denn etliche Gewölbe/ darinnen lauter Kunst- vnd Kupffer-Stücke eines grossen Schatzes werth behalten wurden. Vor andern aber waren da zu sehen die Hand des Peter Paul Rubens/ Sadlers/ Crispin von Paß/ Johann Theodori de Bry, Goltzens/ Merians/ Jselburgers/2 vnd sonst viel anderer/ so in dieser Kunst beruffen. Hierauff wurden sie in neun sehr schöne Säle geführet/ nach der Musen Zahl/ in welchen nachfolgende Sachen zu sehen. Jm ersten waren lauter historische Bücher von allerhand Sprachen/ alt vnd new/ beydes in Prosa vnd Versen beschrieben/ vnd lag der Tacitus3 sehr herrlich eingebunden vff einem gantz güldenen Tische alleine. Jm andern waren lauter Kleider vnd andere Bereitschafft Tragœdien zu spielen. Jm dritten lauter gedruckte Couranten/ Galiarden/ Volten/ Bromles/ Bergamasco, Alemanden/ vnd was sonsten bey Täntzen pfleget vffgespielet zu werden. Jm vierdten sahe man nichts denn schöne Geometrische vnd zur perspective gehörige Instrumenta, alle vergüldet/ neben einer grossen Menge Bücher/ so die Jtaliäner/ Spanier/ Frantzosen/ Teutsche vnd Niederländer/ von dieser Kunst geschrieben haben. Man wiese auch darin vberaus köstliche Drehe- vn̄ Drechsel-Banck mit dem darzu gehörigen Werckzeuge. Jm fünften waren nur Bücher von der Liebe vnd Liebes-Sachen/ Lieder-Bücher vnd allerhand Liebes-Gesänge/ ingleichē konte man alda auch allerley Musicalische Instrumenta, so man in der gantzen Welt finden mag/ zu sehen bekommen.
Der sechste enthielt in sich alle Poeten/ so von Anfang der Welt her in allerhand Sprachen beschrieben worden. Hier waren drey kleine Altare mit Lorbeer-Zweigen geschmücket/ vff dem einen lagen des Opitii opera, vff dem andern der Bartas4 , vnd vff dem dritten das erlösete Jerusalem/ in Teutsch gebracht/5 so alle drey erst newlich waren hinein geliefert worden.
Man wiese solche dem Gesandten als einem Teutschen sonderlich/ mit vermelden/ es hätte Apollo anbefohlen/ diese Schrifften in Ehren zu halten vnd wol zu verwahren/ weil deren authores die ersten gewesen/ so die hochteutsche Mutter-Sprache von den Pritschers-Reimen gesaubert vnd gewiesen hätten/ daß man auch im Teutschen könnte Verse machen. Jm siebenden sahe man vnzählich viel gedruckte Stücke vnd Gesänge/ so den Göttern zu Ehren errichtet vnd jhnen zu Lobe gesungen worden/ worbey ein vberaus schönes/ liebliches Orgelwerck mit vielen Registern nicht vergessen werden soll. Daselbst war auch zu befinden ein Catalogus aller kunstreichen Componisten/ darunter sonderlich Orlandus Haßler/ Prætorius, voraus aber drey S. als Herr Scheidt/ Herr Schein/ vnd Herr Schütz/6 bekant waren. || [125]

Textapparat und Kommentar


Textapparat
T
a Folgt <aber>
b Eingefügt für <were>
c Eingefügt.
d Aus <zu>vor
e Auch Kustode.
f Folgt <sollen>
g Folgt <durfte>
h Bis gereichen am Rand ergänzt.
i Eingefügt für <ihme>
j Bis stadt eingefügt.
k Am Rand ergänzt.
l ieder Zeidt eingefügt.
m Folgt <also>
n fortgelauffen ihme am Rand ergänzt.

Kommentar
K
1 F. Ludwig hatte mit 390112 von Hans v. Dieskau (FG 212. Der Tilgende) eine satirische Erzählung aus der Feder von dessen Vetter Rudolf (FG 155. Der Niedrige) erhalten: Dieskau: Legation (1638). S. hier Beil. I (u. K I 0).
2 Martin Opitz v. Boberfeld (FG 200. Der Gekrönte). Vgl. Beil. I.
3 Tobias Hübner (FG 25. Der Nutzbare). Vgl. Beil. I.
4 Diederich v. dem Werder (FG 31. Der Vielgekörnte). Vgl. Beil. I.
5 Vgl. Beil. I u. K I 0.
6 Widmungsvorrede an Kurpz. Johann Georg (II.) v. Sachsen, d. d. 10. 9. 1638, in der Dieskau verklausuliert folgende satirische Flugschrift aus dem Jahre 1623 als eine Art Vorbild erwähnt: Ein sonderliches Newes vnd Lesewürdiges Gesprech/ Welches gehalten ist worden für Königl. Mayt: APOLLINE in Parnasso Darinnen eingeführet werden: Graff Wilhelm von Nassaw Pater de Ney Vnd Pirr’ Antonio di Ferrara, Wegen vbergebung einer kläglichen Supplication der Pferde/ Vber jhre gar zu Tyrannische Bereiter/ vnd einem Gerichtlichem Abschied in der Sachen ... Jn der Heliconischen Druckerey. Anno M DC XXIII. HAB: 23.1 Bell. 2° (2); STB Berlin — PK: Yy 1251: 4° u. a., s. VD17, vgl. Conermann: Tiersatiren, 729 Anm. 17. Dieskau erklärt in der Widmungsrede zu seiner Satire: „Wie nun Graff Wilhelm in seinem Anliegen nichts anders gesuchet/ als die grosse Tyranney/ Mißbräuche vnd Fehler der Bereuter zu remonstriren: Also habe ich meines Theils vnter dem Namen der Esel so viel anführen wollen/ daß man das liebe armuth nicht allzusehr drücken/ oder mit vnnötigen Newerungen beschweren solle.“ (Bl. A ij r). Unter der Armut versteht er aber nicht die Bettler, denen man christlichem Gebote nach auch helfen solle, sondern „die jenigen/ so das Land bawen/ ackern/ pflügen/ seen/ Schoß/ Zinse/ Stewer vnd contribution geben/ Dienste leisten/ vnd in summa, fast alles thun müssen/ was man jhnen nur befiehlet.“ (A ij v). Dem schließt sich eine Klage gegen den unseligen Krieg und ein Lob des Friedens als Vater aller Wohlfahrt an.
7 Zahlwort, bedeutet hier ungefähr. S. 380110 K 6.
8 Rudolf v. Dieskau war 1628, Martin Opitz v. Boberfeld erst 1629 und nicht schon 1623 in die FG aufgenommen worden. Vgl. 290629 K 24. F. Ludwig gibt sich hier etwas erstaunt, da Dieskau in seiner Widmungsvorrede angab, seine Legation auch zeitlich in enger Anlehnung an die 1623 erschienene Supplication der Pferde (s. Anm. 6) verfaßt und erst viel später in seinen Unterlagen wiedergefunden, übersehen und zum Druck gebracht zu haben. In Dieskaus Legation tauchen Opitz’ Name und seine Leistung in der Tat nicht nur in dem als Beilage I zitierten Passus auf. Schon bei der ersten Audienz des Gesandten der Esel, Herrn Porto-Sacco, bei Apoll und den Musen spricht der Legat von Opitz als „vnserm Teutschen mit recht gekröneten Schwan“, der als einer der großen „Verehrer dieses göttliche[n] Collegium[s]“ gewürdigt wird (Bl. [D iv] v). Diese Anspielung auf den „Gekrönten“ müßte dann nachträglich von Dieskau ergänzt worden sein. Gegen Ende seines Aufenthalts am Parnass trinkt Bacchus bei einem Abschiedsessen auf die Gesundheit „aller redlichen Teutschen“ und rühmt Opitz als Übersetzer Heinsius’ für seinen Lobgesang auf ihn. S. DANIELIS HEINSII HYMNUS oder LOBGESANG BACCHI, darinnen der gebrauch vnd mißbrauch des Weines beschrieben wird. Aus dem Holländischen in Hochdeutsch gebracht Durch MARTINUM OPITIUM (Liegnitz 1622), in Opitz II.1, 11–43.
9 Für ein aus Köln stammendes, also dort gedrucktes oder von dort übersandtes „parnasisches stücklein“ ließ sich zeitnah kein unmittelbar plausibler Titelnachweis erbringen. In Betracht zu ziehen wären vielleicht: NagelNewe Relation Auß Parnasso einer Trage- || [126] dien Von dem Verrähter Sinon ... Auf itzige Hochgefährliche Zeitē/ dem noch kleinen restirenden Theil der Teutschen Freyheit und der lieben Posteritat zur Nachrichtung an den Tag gegeben. O. O. 1637. SLUB Dresden: Hist. Germ. C. 568,3 (VD17 14: 005774T); Johann Friedrich v. Omphal: Bedencken Wie bey wehrendem Teutschen Krieg das grewliche Verderben so vieler Landen/ Stätte vnd Flecken abzuwenden (Cöllen: Peter von Brachel 1639). ULB Halle: Pon Vc 4412 (VD17 1: 085341).
10 Opitz’ Übertragung des Weihnachtsgesangs A Solis ortus cardine, „Von Morgen da die Sonn’ entsteht“, s. 390110 K 4.
11 Hans v. Dieskau hatte in 390112 angekündigt, Opitz’ Weihnachtslied (Anm. 10) in Halle Samuel Scheidt zur Vertonung vorzulegen. F. Ludwig begrüßte das und verwies darauf, daß auch in Rudolfs v. Dieskau Legation Scheidt (unter den „drey S.“ ‒ Scheidt, Schein und Schütz ‒ an erster Stelle) gerühmt wird (s. Beil. I). S. 371222 I–III; vgl. 371124 u. K I 1, 371226A K I 1 u. ö.
12 Hans v. Dieskau pflegte das Abendmahl nach reformiertem Ritus in Köthen zu empfangen, vgl.380904 K 5 u. Conermann III, 222.
13 Im November 1638 lieferte Christian Gueintz (FG 361. 1641) auftragsgemäß seinen Entwurf einer Deutschen Sprachlehre handschriftlich der FG ein, s. 381105. In der Folge ließ F. Ludwig die Handschrift zwecks kritischer Verbesserung unter Mitgliedern der FG wie Hans v. Dieskau (FG 212), Martin Opitz (FG 200), Diederich v. dem Werder (FG 31) und unter externen Fachleuten wie Augustus Buchner (FG 362. 1641), Jacob Martini (Wittenberg), Justus Georg Schottelius (FG 397. 1642) und Balthasar Walther (Braunschweig) zirkulieren. Vgl. 381218; 390112 K I 10, 390115 K 1, 390514, 390807, 390814 K 10, 391028 u. I, 391119, 391216, 391217, 400113, 400122 u. I, 400214 u. I, 400218, 400301 u. I, 400313, 400314, 400323, 400528 u. I–II, 400605, 400731, 400810, 401109, 410208, 410314, 410714 u. ö. Vgl. jetzt auch Djubo: Gueintz’ Grammatik. Im Frühjahr 1641 erschien das revidierte Werk in Köthen im Druck: Christian Gueintzen/ | Deutscher | Sprachlehre | Entwurf. | [Holzschnitt-Vignette] | Gedruckt zu Cöthen im Fürsten- | thume Anhalt/ | [Linie] | Jm Jahre CHRisti 1641. HAB: Ko 209 (1); STB Berlin — PK: an: Ya 5941; UB Braunschweig: Li 2600; SLB Dresden: Ling. Germ. rec. 155, misc. 1; ULB Halle: Db 1571; TULB Jena: 8 Gl.IX,18; Württ. LB Stuttgart: Phil. oct. 4311; HAAB Weimar: 40, 6: 103. S. auch VD17. Vgl. IP, 331r u. 334v. Ndr. Hildesheim, New York 1978 (Documenta linguistica. Reihe 5) nach dem Ex. der Württ. LB Stuttgart.
Es handelt sich bei Dieskaus Werk um eine Satire in der Nachfolge der Ragguagli di Parnaso des Tacitisten und Spaniengegners Traiano Boccalini (1556–1613), in der die ausgebeutete und besonders durch die Soldateska gequälte Bauernschaft, welche in Anlehnung an die Tierepik und Fabel als Esel vorgestellt wird, einen der Ihren namens Portosacco mit einer Klage zu Apollo auf den Parnaß delegiert. Vgl. K 1 u. 6. Die Erzählung des Niedrigen, eines Hofmeisters des Kurprinzen Johann Georg (II.) v. Sachsen (FG 682. 1658), ist von Mitleid mit den Bauern geprägt, aber von einer realistischen Sicht auf die politische Welt am Hofe Apolls geleitet, gegen die sich die Satire richtet. Die beschriebene Bibliothek erinnert teilweise an eine fürstl. Kunstkammer, aus deren neun Sälen (entsprechend der Zahl der Musen) wir nur die ersten sieben zitieren. Im achten Saal werden Kostüme zu dramatischen und ritterlichen Aufführungen und im neunten technische Hilfsmittel wie Globen, Quadranten, Uhren usw. aufbewahrt. Zu Dieskaus Satire s. Conermann: Tiersatiren (bibliograph. Nachweise S. 721f.); vgl. Conermann III, 154ff.; 380220 K 1, ferner 390110, 390112, 390126A, 390126B, 390131 u. 400314 K 4. Sie ist komplementär zu einer gleichfalls von Dieskau verfaßten Prosaekloge: Frühlings-Gedichte/ Darinnen auch zugleich mit angeführet wird Wie Ein rechtschaffener/ wahrer Christlicher Hoffmann müsse beschaffen seyn (Altenburg 1637: Otto Michael). S. 380220 u. ö. Auch wenn seine Legation keinen Gegenentwurf zum überkommenen Parnass-Bild, keinen „Anti- || [127] Parnass“ etablieren will, so sind die Bezüge zu den Hofmannsspiegeln, jetzt aber im Sinne einer lebensweltlich-realistischen, entidealisierten Sicht auf die Verhältnisse der (höfischen) Gesellschaft unübersehbar. Vgl. Conermann; Hofmann; Bettina Bosold-DasGupta: Traiano Boccalini und der Anti-Parnass. Frühjournalistische Kommunikation als Metadiskurs. Amsterdam, New York 2005, 20 u. 128ff. Vgl. auch Paul Stötzner: Der Satiriker Trajano Boccalini und sein Einfluss auf die deutsche Litteratur. In: Archiv f. das Studium der Neueren Sprachen u. Litteraturen 103 (1899), 107–147; Luigi Firpo: Traduzioni dei „Ragguagli“ di Traiano Boccalini. Firenze 1965 (Biblioteca degli eruditi e dei bibliofili, 92); Dietrich Briesemeister: Zur Wirkung von Tommaso Campanella u. Traiano Boccalini im Deutschland des 17. Jahrhunderts. In: Italienische Studien 6 (1983), 33–45, hier 36ff.; August Buck: Traiano Boccalini (1556–1613) als Zeitkritiker. In: Das Ende der Renaissance: Europäische Kultur um 1600. Vorträge hg. v. A. B. u. Tibor Klaniczay. Wiesbaden 1987, 37–48. Übrigens hatte F. Christian II. v. Anhalt-Bernburg (FG 51) schon in einem Brief d. d. Amberg 4. 1. 1617 Boccalinis Werk gegenüber F. Ludwig überschwenglich gelobt. S. LHA Sa.-Anh./ Dessau: Abt. Köthen A 9a Nr. 30, Bl. 6rv u. 8rv.
1 Zur Erbeutung und Abführung der kurpfälz. Bibliothek (und den Schicksalen von Heidelberger Gelehrtenbibliotheken) s. bes. 310119 K 2 u. Opitz: BW 261120A ep K 6.
2 Genannt werden die noch heute berühmten, Dieskau wohl schon aus den kfl. Dresdner Sammlungen gut bekannten Künstler Peter Paul Rubens (1577–1640), Aegidius (?) Sadler (1570–1629) aus der berühmten Antwerpener Stecher- und Kunstverlegerfamilie, die gleichfalls als Stecher und Verleger großen Stils tätigen Crispijn de Passe (1564–1637) und Johann Theodor de Bry (1561–1623), der niederländische Maler und brillante Kupferstecher Hendrick Goltzius (1558–1616/17), Matthäus Merian d. Ä. (1593–1650) und Peter Isselburg (1568/1580–1630).
3 Für den besonders sprachlich-stilistisch und politisch motivierten Tacitismus der Zeit kennzeichnend ist diese Hervorhebung des römischen Historikers Publius Cornelius Tacitus.
4 Tobias Hübner (Der Nutzbare. FG 25. 1619), seit 1619 der Nachdichter der Sepmaines des Guillaume de Saluste sieur du Bartas. Vgl. 210729, 220824, 310000 u. ö. 1639/40 saßen F. Ludwig und Diederich v. dem Werder an der schon von Hübner begonnenen Überarbeitung der beiden ,Wochen’ des 1636 verstorbenen Nutzbaren, die — in Zusammenhang mit Opitz bemerkenswerterweise — dessen ursprünglich nach Art des Welschverses geschriebenen Alexandriner Opitz’ Prosodie und Metrik weiter anglichen. Zwar mag in F. Ludwigs Reaktion auf Dieskaus Hervorhebung von Opitz’ literarischer Bedeutung auch bei ihm noch die Animosität zwischen dem Nutzbaren und Gekrönten nachschwingen (s. 250110), jedoch hatte das Oberhaupt der Gesellschaft Opitz längst in die Akademie aufgenommen und ihn mit dem Gesellschaftsnamen spektakulär ausgezeichnet (s. K 8). Wahrscheinlich wollte er jedoch in der Gesellschaft, die soziale Rangstreitigkeiten unterdrückte, anderen Mitgliedern keinen Anlaß zu literarisch-wissenschaftlichem Präzedenzstreit liefern.
5 Diederichs v. dem Werder (FG 31. Der Vielgekörnte) Nachdichtung von Torquato Tassos La Gerusalemme liberata, d. i. D. v. dem Werder: Jerusalem. S. 250609 K 8, 251100, 260617, 260831u. ö.
6 Die bekannten Komponisten, Kapellmeister und Musiker Orlando di Lasso (um 1530–1594), Hans Leo Haßler (1564–1612), Michael Praetorius (1571–1621), Samuel Scheidt (1587–1654, vgl. oben K 11), Johann Hermann Schein (1586–1630) und Heinrich Schütz (1585–1672). || [128]
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