K1 F. Ludwig hatte mit 390112 von Hans v. Dieskau (FG 212.
Der Tilgende) eine satirische Erzählung aus der Feder von dessen Vetter Rudolf (FG
155. Der Niedrige) erhalten:
Dieskau: Legation (1638). S.
hier Beil. I (u. K I 0).
2 Martin Opitz v. Boberfeld (FG 200. Der Gekrönte). Vgl.
Beil. I.
3 Tobias Hübner (FG 25. Der Nutzbare). Vgl. Beil. I.
4 Diederich v. dem Werder (FG 31. Der Vielgekörnte). Vgl.
Beil. I.
6 Widmungsvorrede an Kurpz. Johann Georg (II.) v. Sachsen,
d. d. 10. 9. 1638, in der Dieskau verklausuliert folgende satirische Flugschrift
aus dem Jahre 1623 als eine Art Vorbild erwähnt: Ein sonderliches Newes vnd
Lesewürdiges Gesprech/ Welches gehalten ist worden für Königl. Mayt: APOLLINE in
P
arnasso Darinnen eingeführet werden: Graff Wilhelm von Nassaw Pater de Ney Vnd
Pirr’ Antonio di Ferrara, Wegen vbergebung einer kläglichen Supplication der
Pferde/ Vber jhre gar zu Tyrannische Bereiter/ vnd einem Gerichtlichem Abschied in
der Sachen ... Jn der Heliconischen Druckerey. Anno M DC XXIII. HAB: 23.1 Bell. 2°
(2); STB Berlin — PK: Yy 1251: 4° u. a., s. VD17, vgl.
Conermann: Tiersatiren, 729 Anm. 17. Dieskau erklärt in der Widmungsrede
zu seiner Satire: „Wie nun Graff Wilhelm in seinem Anliegen nichts anders
gesuchet/ als die grosse Tyranney/ Mißbräuche vnd Fehler der Bereuter zu
remonstriren: Also habe ich meines Theils vnter dem Namen der Esel so viel
anführen wollen/ daß man das liebe armuth nicht allzusehr drücken/ oder mit
vnnötigen Newerungen beschweren solle.“ (Bl. A ij r). Unter der Armut versteht er
aber nicht die Bettler, denen man christlichem Gebote nach auch helfen solle,
sondern „die jenigen/ so das Land bawen/ ackern/ pflügen/ seen/ Schoß/ Zinse/
Stewer vnd contribution geben/ Dienste leisten/ vnd in summa, fast alles thun
müssen/ was man jhnen nur befiehlet.“ (A ij v). Dem schließt sich eine Klage gegen
den unseligen Krieg und ein Lob des Friedens als Vater aller Wohlfahrt an.
7 Zahlwort, bedeutet hier ungefähr. S. 380110 K 6.
8 Rudolf v. Dieskau war 1628, Martin Opitz v. Boberfeld erst
1629 und nicht schon 1623 in die FG aufgenommen worden. Vgl. 290629 K 24. F.
Ludwig gibt sich hier etwas erstaunt, da Dieskau in seiner Widmungsvorrede angab,
seine
Legation auch zeitlich in enger Anlehnung an die 1623
erschienene
Supplication der Pferde (s. Anm. 6) verfaßt und
erst viel später in seinen Unterlagen wiedergefunden, übersehen und zum Druck
gebracht zu haben. In Dieskaus
Legation tauchen Opitz’ Name
und seine Leistung in der Tat nicht nur in dem als Beilage I zitierten Passus auf.
Schon bei der ersten Audienz des Gesandten der Esel, Herrn Porto-Sacco, bei Apoll
und den Musen spricht der Legat von Opitz als „vnserm Teutschen mit recht
gekröneten Schwan“, der als einer der großen „Verehrer dieses göttliche[n]
Collegium[s]“ gewürdigt wird (Bl. [D iv] v). Diese Anspielung auf den „Gekrönten“
müßte dann nachträglich von Dieskau ergänzt worden sein. Gegen Ende seines
Aufenthalts am Parnass trinkt Bacchus bei einem Abschiedsessen auf die Gesundheit
„aller redlichen Teutschen“ und rühmt Opitz als Übersetzer Heinsius’ für seinen
Lobgesang auf ihn. S. DANIELIS HEINSII HYMNUS oder LOBGESANG BACCHI, darinnen der
gebrauch vnd mißbrauch des Weines beschrieben wird. Aus dem Holländischen in
Hochdeutsch gebracht Durch MARTINUM OPITIUM (Liegnitz 1622), in
Opitz II.1, 11–43.
9 Für ein aus Köln stammendes, also dort gedrucktes oder von
dort übersandtes „parnasisches stücklein“ ließ sich zeitnah kein unmittelbar
plausibler Titelnachweis erbringen. In Betracht zu ziehen wären vielleicht:
NagelNewe Relation Auß Parnasso einer Trage-
|| [
126] dien Von dem Verrähter Sinon ... Auf
itzige Hochgefährliche Zeitē/ dem noch kleinen restirenden Theil der Teutschen
Freyheit und der lieben Posteritat zur Nachrichtung an den Tag gegeben. O. O.
1637. SLUB Dresden: Hist. Germ. C. 568,3 (VD17 14: 005774T); Johann Friedrich v.
Omphal: Bedencken Wie bey wehrendem Teutschen Krieg das grewliche Verderben so
vieler Landen/ Stätte vnd Flecken abzuwenden (Cöllen: Peter von Brachel 1639). ULB
Halle: Pon Vc 4412 (VD17 1: 085341).
10 Opitz’ Übertragung des Weihnachtsgesangs
A Solis ortus cardine, „Von Morgen da die Sonn’ entsteht“,
s. 390110 K 4.
11 Hans v. Dieskau hatte in 390112 angekündigt, Opitz’
Weihnachtslied (Anm. 10) in Halle Samuel Scheidt zur Vertonung vorzulegen. F.
Ludwig begrüßte das und verwies darauf, daß auch in Rudolfs v. Dieskau
Legation Scheidt (unter den „drey S.“ ‒ Scheidt, Schein und
Schütz ‒ an erster Stelle) gerühmt wird (s. Beil. I). S. 371222 I–III; vgl. 371124
u. K I 1, 371226A K I 1 u. ö.
12 Hans v. Dieskau pflegte das Abendmahl nach reformiertem
Ritus in Köthen zu empfangen, vgl.
380904 K 5 u.
Conermann III, 222.
13 Im November 1638 lieferte Christian Gueintz (FG 361.
1641) auftragsgemäß seinen Entwurf einer
Deutschen
Sprachlehre handschriftlich der FG ein, s. 381105. In der Folge ließ F.
Ludwig die Handschrift zwecks kritischer Verbesserung unter Mitgliedern der FG wie
Hans v. Dieskau (FG 212), Martin Opitz (FG 200), Diederich v. dem Werder (FG 31)
und unter externen Fachleuten wie Augustus Buchner (FG 362. 1641), Jacob Martini
(Wittenberg), Justus Georg Schottelius (FG 397. 1642) und Balthasar Walther
(Braunschweig) zirkulieren. Vgl. 381218; 390112 K I 10, 390115 K 1, 390514,
390807, 390814 K 10, 391028 u. I, 391119, 391216, 391217, 400113, 400122 u. I,
400214 u. I, 400218, 400301 u. I, 400313, 400314, 400323, 400528 u. I–II, 400605,
400731, 400810, 401109, 410208, 410314, 410714 u. ö. Vgl. jetzt auch
Djubo: Gueintz’ Grammatik. Im Frühjahr 1641 erschien das
revidierte Werk in Köthen im Druck: Christian Gueintzen/ | Deutscher | Sprachlehre
| Entwurf. | [Holzschnitt-Vignette] | Gedruckt zu Cöthen im Fürsten- | thume
Anhalt/ | [Linie] | Jm Jahre CHRisti 1641. HAB: Ko 209 (1); STB Berlin — PK: an:
Ya 5941; UB Braunschweig: Li 2600; SLB Dresden: Ling. Germ. rec. 155, misc. 1; ULB
Halle: Db 1571; TULB Jena: 8 Gl.IX,18; Württ. LB Stuttgart: Phil. oct. 4311; HAAB
Weimar: 40, 6: 103. S. auch VD17. Vgl.
IP, 331r u. 334v.
Ndr. Hildesheim, New York 1978 (Documenta linguistica. Reihe 5) nach dem Ex. der
Württ. LB Stuttgart.
Es handelt sich bei Dieskaus Werk um eine Satire in der
Nachfolge der
Ragguagli di Parnaso des Tacitisten und
Spaniengegners Traiano Boccalini (1556–1613), in der die ausgebeutete und
besonders durch die Soldateska gequälte Bauernschaft, welche in Anlehnung an die
Tierepik und Fabel als Esel vorgestellt wird, einen der Ihren namens Portosacco
mit einer Klage zu Apollo auf den Parnaß delegiert. Vgl. K 1 u. 6. Die Erzählung
des Niedrigen, eines Hofmeisters des Kurprinzen Johann Georg (II.) v. Sachsen (FG
682. 1658), ist von Mitleid mit den Bauern geprägt, aber von einer realistischen
Sicht auf die politische Welt am Hofe Apolls geleitet, gegen die sich die Satire
richtet. Die beschriebene Bibliothek erinnert teilweise an eine fürstl.
Kunstkammer, aus deren neun Sälen (entsprechend der Zahl der Musen) wir nur die
ersten sieben zitieren. Im achten Saal werden Kostüme zu dramatischen und
ritterlichen Aufführungen und im neunten technische Hilfsmittel wie Globen,
Quadranten, Uhren usw. aufbewahrt. Zu Dieskaus Satire s.
Conermann: Tiersatiren (bibliograph. Nachweise S. 721f.); vgl.
Conermann III, 154ff.; 380220 K 1, ferner 390110, 390112,
390126A, 390126B, 390131 u. 400314 K 4. Sie ist komplementär zu einer gleichfalls
von Dieskau verfaßten Prosaekloge: Frühlings-Gedichte/ Darinnen auch zugleich mit
angeführet wird Wie Ein rechtschaffener/ wahrer Christlicher Hoffmann müsse
beschaffen seyn (Altenburg 1637: Otto Michael). S. 380220 u. ö. Auch wenn seine
Legation keinen Gegenentwurf zum überkommenen
Parnass-Bild, keinen „Anti-
|| [
127] Parnass“ etablieren will, so sind die Bezüge zu den
Hofmannsspiegeln, jetzt aber im Sinne einer lebensweltlich-realistischen,
entidealisierten Sicht auf die Verhältnisse der (höfischen) Gesellschaft
unübersehbar. Vgl.
Conermann; Hofmann; Bettina
Bosold-DasGupta: Traiano Boccalini und der Anti-Parnass. Frühjournalistische
Kommunikation als Metadiskurs. Amsterdam, New York 2005, 20 u. 128ff. Vgl. auch
Paul Stötzner: Der Satiriker Trajano Boccalini und sein Einfluss auf die deutsche
Litteratur. In: Archiv f. das Studium der Neueren Sprachen u. Litteraturen 103
(1899), 107–147; Luigi Firpo: Traduzioni dei „Ragguagli“ di Traiano Boccalini.
Firenze 1965 (Biblioteca degli eruditi e dei bibliofili, 92); Dietrich
Briesemeister: Zur Wirkung von Tommaso Campanella u. Traiano Boccalini im
Deutschland des 17. Jahrhunderts. In: Italienische Studien 6 (1983), 33–45, hier
36ff.; August Buck: Traiano Boccalini (1556–1613) als Zeitkritiker. In: Das Ende
der Renaissance: Europäische Kultur um 1600. Vorträge hg. v. A. B. u. Tibor
Klaniczay. Wiesbaden 1987, 37–48. Übrigens hatte F. Christian II. v.
Anhalt-Bernburg (FG 51) schon in einem Brief d. d. Amberg 4. 1. 1617 Boccalinis
Werk gegenüber F. Ludwig überschwenglich gelobt. S. LHA Sa.-Anh./ Dessau: Abt.
Köthen A 9a Nr. 30, Bl. 6rv u. 8rv.
1 Zur Erbeutung und Abführung der kurpfälz. Bibliothek (und
den Schicksalen von Heidelberger Gelehrtenbibliotheken) s. bes. 310119 K 2 u.
Opitz: BW 261120A
ep K 6.
2 Genannt werden die noch heute berühmten, Dieskau wohl schon
aus den kfl. Dresdner Sammlungen gut bekannten Künstler Peter Paul Rubens
(1577–1640), Aegidius (?) Sadler (1570–1629) aus der berühmten Antwerpener
Stecher- und Kunstverlegerfamilie, die gleichfalls als Stecher und Verleger großen
Stils tätigen Crispijn de Passe (1564–1637) und Johann Theodor de Bry (1561–1623),
der niederländische Maler und brillante Kupferstecher Hendrick Goltzius
(1558–1616/17), Matthäus Merian d. Ä. (1593–1650) und Peter Isselburg
(1568/1580–1630).
3 Für den besonders sprachlich-stilistisch und politisch
motivierten Tacitismus der Zeit kennzeichnend ist diese Hervorhebung des römischen
Historikers Publius Cornelius Tacitus.
4 Tobias Hübner (Der Nutzbare. FG 25. 1619), seit 1619 der
Nachdichter der
Sepmaines des Guillaume de Saluste sieur du
Bartas. Vgl. 210729, 220824, 310000 u. ö. 1639/40 saßen F. Ludwig und Diederich v.
dem Werder an der schon von Hübner begonnenen Überarbeitung der beiden ,Wochen’
des 1636 verstorbenen Nutzbaren, die — in Zusammenhang mit Opitz
bemerkenswerterweise — dessen ursprünglich nach Art des Welschverses geschriebenen
Alexandriner Opitz’ Prosodie und Metrik weiter anglichen. Zwar mag in F. Ludwigs
Reaktion auf Dieskaus Hervorhebung von Opitz’ literarischer Bedeutung auch bei ihm
noch die Animosität zwischen dem Nutzbaren und Gekrönten nachschwingen (s.
250110), jedoch hatte das Oberhaupt der Gesellschaft Opitz längst in die Akademie
aufgenommen und ihn mit dem Gesellschaftsnamen spektakulär ausgezeichnet (s. K 8).
Wahrscheinlich wollte er jedoch in der Gesellschaft, die soziale
Rangstreitigkeiten unterdrückte, anderen Mitgliedern keinen Anlaß zu
literarisch-wissenschaftlichem Präzedenzstreit liefern.
5 Diederichs v. dem Werder (FG 31. Der Vielgekörnte)
Nachdichtung von Torquato Tassos
La Gerusalemme liberata,
d. i.
D. v. dem Werder: Jerusalem. S. 250609 K 8, 251100,
260617, 260831
u. ö.
6 Die bekannten Komponisten, Kapellmeister und Musiker
Orlando di Lasso (um 1530–1594), Hans Leo Haßler (1564–1612), Michael Praetorius
(1571–1621), Samuel Scheidt (1587–1654, vgl. oben K 11), Johann Hermann Schein
(1586–1630) und Heinrich Schütz (1585–1672). || [
128]