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390121 Fürst Ludwig an Hans Ludwig Knoch
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390121

Fürst Ludwig an Hans Ludwig Knoch


Antwort auf 390119. — Am heutigen Vormittag hat F. Ludwig die beiden an Hans Ludwig (v.) Knoch (FG 252. Der Platte) entliehenen und von diesem zurückgesandten Bücher erhalten: Die Geschichte des spanischen Ritters Don Quijote de la Mancha nebst der Übersetzung von dessen erstem Kapitel durch Knoch und ein anderes, nicht erfunden-weltlich-ergötzliches, sondern im Gegenteil erbaulich-gottesfürchtiges Werk (den Combat Chrestien von Pierre Du Moulin d.Ä.). Die Übersetzung des ersteren beurteilt F. Ludwig als so flüssig und gefällig, daß Knoch darin später fortfahren sollte. Da Knoch selbst aber der Übersetzung des (ebenfalls von Du Moulin verfaßten) Buches Von der Erkenntnis Gottes — neben der des Combat Chrestien — Priorität eingeräumt hat, schickt ihm F. Ludwig dieses erneut zurück. Knoch möge sich bei seiner Übersetzung in erster Linie an die lateinische Originalversion halten und die französische Übersetzung nur nebenbei heranziehen, auch dabei die Eigenart der deutschen Sprache beachten. Den ergötzlichen Ritterroman, der auch seinen Nutzen habe, werde F. Ludwig mitsamt dem Anfang von Knochs Übersetzung so lange bei sich verwahren, bis dieser die Übersetzung des ‚Erbaulichsten’ fertiggestellt habe und frei für die Fortsetzung der Romanübersetzung sei. Habe Knoch davon schon mehr als überschickt übertragen, solle er es dem Fürsten senden, damit der es ins reine schreiben lassen und aufbewahren könne. Knoch werde sich mit seinen Übersetzungen Verdienste um die deutsche Mutter- und Landessprache erwerben und zugleich die Satzungen der Fruchtbringenden Gesellschaft in gebührender Weise befolgen.

Beschreibung der Quelle


Q HM Köthen: V S 544, Bl. 28rv; eigenh. Konzept. [Handschrift: [Bl. [28r]]D: Gekürzt und mit einigen Lesefehlern in KE, 36f. u. KL III, 101f. — BN:Bürger, S. 951 Nr. 82.

Anschrift


A Fehlt.

Text


Des Platten1 schreiben mitt der uberschickten ubersetzung des ersten Capittels der erfundenen geschichte des weittberuffenena Spanischen weltlichenb Ritters Don Quixote de la Manche2 , und einem andern deme zuentgegenc Gottesfurchtigen büchlein3 ist dem Nehrenden diesen vormittag woll eingehendigett worden; die ubersetzung oder verdeutschung des ersten hatt der Nehrende woll läuffig undc wertt befunden, das billich darinnen fortzufharen inskunftiged . Weill aber das andere buchlein von der erkäntnus gottes4 , fure allen Dingen vorgehet, und der Platte ihmef solches nechst dem Christlichen streitt5 zu verdeutschen erwehlett, als wirdt es hiermitt wieder zuruck geschicktt, und dag es der Scribenth in latein6 aufgeschrieben, daßelbe auchi mittj gutter anleitung nutzlich darzu gedruckt, als zweiffeltt der Nehrende nicht, es werdek sich der Platte mehr nach dem hauptbuchleinl als dem frantzösischen ubergesetzten6 richten, doch darbey die angeborne Deutschheitt7 wißen in acht zunehmen: Zu welchem ende er solches hiermitt wieder ubersendettm : Den Spanischen Ritter aber willn der Nehrende mitt dem anfang der verdeutschung so lange bey sich behalteno , bis das erbaulichstep verrichtett, da dan das ergetzliche, so seinen nutzen zwar auch mitt sich zeucht, folgigq kan in acht genommen werden: Solte auch in dieser ergetzung etwas mehrers verdeutschett sein, begehrett der Nehrende davon unbeschwertt fernerer mittheilung, es bey sich [28v] so lange mitt dems ietzo zugefertigten zum ausschreiben zugeben, und bis ein weiteres folgett zu verwahren: Der Platte || [135] wirdt sich umb seine und unsere algemeine Mutter- und landtsprache hierint desto verdienter und beruhmter machen, unserer gesellschaft rechten8 geschicht hierdurch eine gebuhr[en]deu folge und genugen, und es verbleibett des Platten
   gantz williger der Nehrende.
   Cöthen am Agnestage den 21 des Jenners9
   [im] Jhar 1639.

Textapparat und Kommentar


Textapparat
T
a Gebessert aus unleserlichem Wort. KE u. KL: weiland
b Am Rand ergänzt.
c Am Rand ergänzt und gebessert aus demezugegen [?]
d Am Rand eingefügt für <were, auch inskunftig könne fortgefharen werden>
e fur allen Dingen eingefügt für <billich>
f Lies: sich
g da es eingefügt für <weil>
h Folgt <es>
i Folgt <hierzu>
j Bis anleittung am Rand ergänzt.
k Eingefügt.
l Aus rückgängig gemachter Verbesserung zu hauptstucke
m Gebessert aus vberschickett
n Bis Nehrende am Rand ergänzt für Einfügung <wolte>.
o Präfix be- eingefügt; folgt <will>.
p Folgt <zu>
q Am Rand ergänzt für <auch> und eingefügtes <anderw[?]>
r fernere mittheilung eingefügt für <die abschrift>.
s Bis zugefertigten eingefügt für <diesem zu verwahren, und>
t Gebessert aus hiermitt
u Silbe unleserlich im Falz. Konjektur in eckigen Klammern.

Kommentar
1 Der fl. anhalt-bernburgische Hofmeister Hans Ludwig (v.) Knoch (FG 252). Vgl. 390119.
2 Knoch hatte den ihm zu Übersetzungszwecken von F. Ludwig entliehenen Roman Don Quijote des Miguel de Cervantes Saavedra nebst seiner Übersetzungsprobe mit 390119 an den Fürsten zurückgesandt. Vgl. 390119 (K 1).
3 Da hier — etwas versteckt — ein Kontrast („zuentgegen“) zwischen den weltlichen Ritteraventuren des Don Quijote und einem anderen, nämlich gottesfürchtigen Buch aufgebaut wird, der gegen Schluß des Briefes zwischen „ergetzlich“ und „erbaulich“ nochmals variiert wird, dürfte der „Christliche streitt“ (Combat Chrestien ou, des Afflictions) gemeint sein, der beständige Widerstand der Christen gegen Anfechtungen und böse Widersacher, den Pierre Du Moulin d. Ä. zum Thema eines seiner Werke gemacht hatte. S. Anm. 5.
4 Pierre Du Moulins d. Ä. (1568–1658) Abhandlung De Cognitione Dei war erstmals 1624 in London erschienen, 1625 folgte in Sedan die erste Übersetzung ins Französische. Die erste lateinisch-französische Parallelausgabe kam im Haag 1631 heraus, s. 390119 K 3. Diese Ausgabe war es wohl auch, die in F. Ludwigs nachgelassenem Bücherbestand gefunden wurde, s. IP, Bl. 273r, und die F. Ludwig Knoch als Übersetzungsvorlage zur Verfügung gestellt hatte, denn im vorliegenden Brief ist unmißverständlich von einer zweisprachigen Ausgabe die Rede. — 1631 war in Breslau bereits eine deutsche Übersetzung von Christophorus Colerus (1602–1658) erschienen. Ob F. Ludwig und Knoch diese Übersetzung bekannt war, und welche Zwecke ggf. mit einer Neuübersetzung verbunden wurden, entzieht sich unserer Kenntnis. Vgl. 390119 K 3.
5 Pierre Du Moulins d. Ä. Abhandlung Dv Combat Chrestien ov, des Afflictions war erstmals 1622 in Sedan erschienen; sie fand zahlreiche, auch verbesserte u. vermehrte Neuauflagen. Bis 1639 lagen bereits zwei Übersetzungen ins Deutsche vor. S. 390119 K 2. Wie im Falle der zuvor erwähnten Du Moulin-Übertragungen wissen wir nicht, ob F. Ludwig und Knoch Kenntnis von diesen Übersetzungen hatten.
6 S. 390119 K 3.
7 Dieser Hinweis kann wohl nur als Mahnung F. Ludwigs verstanden werden, in der Übersetzung nicht wortgetreu, sondern sinngemäß und idiomatisch zu verfahren nach Maßgabe der Sprachnatur des Deutschen.
8 Gemeint: Gesetzen, Satzungen. Vgl. dazu den erstmals 1622 in Köthen veröffentlich- || [136] ten Kurtzen Bericht der Fruchtbringenden Gesellschaft Zweck und Vorhaben, in: DA Köthen II.1, [7]–[10].
9 Am 21. Januar wurde der Feiertag der römischen Heiligen und Märtyrerin Agnes begangen, die um 250 n. Chr. bei den Christenverfolgungen des Kaisers Decius umgekommen war. Vgl. Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon I (1990), 56; Grotefend I, S. 4, T. 80; II.2, S. 57.
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