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390310 Martin Opitz an Fürst Ludwig
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390310

Martin Opitz an Fürst Ludwig


Beantwortet durch 390514. — Martin Opitz v. Boberfeld (FG 200. Der Gekrönte) erklärt, er habe einen Brief F. Ludwigs (Der Nährende) wegen seiner Abwesenheit und wegen der Arbeit an einem ihm von Ludwig aufgetragenen geistlichen Lied noch nicht beantwortet. Da er am nächsten Tag nochmals verreisen müsse, schreibt er zwischenzeitlich die vorliegende Antwort. — Opitz will dem Fürsten mit einem nach Hamburg auslaufenden Schiff sein Florilegium und seine Ausgabe des Annolieds schicken. Er erwartet F. Ludwigs biblische Dichtung Das Buch Hiob. ‒‒ Sollte das GB 1629/30, das Opitz besitze, fortgeführt worden sein, bittet er um ein Exemplar, desgleichen auch um eine abschriftliche Personennamenliste der Gesellschaftsmitglieder.

Beschreibung der Quelle


Q HM Köthen: V S 544, Bl. 296r–297v [A u. zwei Vermerke: 297v]; eigenh. [Handschrift: [Bl. [296r]]D: Friedrich W. Ebeling: Sechs ungedruckte Briefe von Martin Opitz. In: Weimarisches Jahrbuch für Deutsche Sprache, Literatur und Kunst 2 (1855), 193–210, hier 200f.; KE, 134f.; KL III, 113f.; Opitz: BW 390310 ep; auszugsweise in Ernst Hellgardt: Die Rezeption des Annoliedes bei Martin Opitz. In: Mittelalter-Rezeption. Hg. Peter Wapnewski. Stuttgart 1986 (Germanistische-Symposien-Berichtsbände, 6), 60–79, hier S. 76 Anm. 26. — BN: Szyrocki: Opitz (1956), 205; Opitz-Brieferepertorium, Nr. 264; Bürger, S. 1122 Nr. 183 u. 184.

Anschrift


A A Son Altesse LOVIS Prince d’ Anhalt. etc.
Eigenh. Empfangsvermerk von F. Ludwig: Pres. 31. Martij 1639 a Coethen. Am oberen Blattrand Vermerk von F. Ludwigs Hand: An den Polnischen Obristen Hensheim1 in Hamburg

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Daß auff des Nährenden2 schon vor etzlichen wochen eingeliefertes gnädiges schreiben der Gekrönte3 nicht alsobalde wie ihm gebühren wollen, geantwortet, ist theils seiner abwesenheit, theils dem gehorsamben willen zue zue schreiben, daß er zuegleich dem leutseligen begehren wegen auffsetzunga des geistlichen liedes4 auff diese fastenzeit ein genügen zue thun vorhabens gewesen.
   Nunmehr er aber v̈ber seinen fürsatz noch daran gehindert worden, auch morgendes tages auff ein par wochen verreisen muß, als hatt ihm obgelegen, dem Nährenden zum wenigsten mitt vnterthänigem schreiben auff zue warten, biß er auch daß v̈brige mitt Göttlicher verleihung geleisten möge. Seine Epigrammata5 sollen mitt ehister abschiffung der Hamburger auß diesem hafen folgen; sampt einem schönen geticht so ein deutscher Poët vor 500. jharen vndt drüber zue gedechtnuß des Cöllnischen Ertzbischoffs Anno auffgesetzt,6 bey welchem der Nährende viel wörter der alten Francken, Sachsen vndt in gemein gantz deutschlandes erkläret auß solchen schrifften vndt gedechtnißen, die in das gemein nicht || [155] bekandtb , auch theils niemals noch an das liecht kommen sindtc . Vndt wirdt hoffentlich [296v] der Nährende es sonderlich mitt gnädigen augen ansehen, alldieweil Jhm die art vndt lebhafftigkeit, welche in der Vorfahren büchern zue finden iedesmal gefallen vndt beliebet hatt. Des Geistreichen buches vom Job ist er der Gekrönte auch gewärtig, vndt wirdt solches mitt embsigkeit vndt ehrerbietung durchlesen;7 wie er dann hoffet, daß er allgemach beßere rhued allß bißhero durch die Göttliche verleihung vndt Königliche8 gnade erlangen wirdte .
   Dem Nährenden wündtschet er auch vom Höchsten glück das seinem stande gleich sey vndt so langes geruhiges leben als seine hohe erlauchte tugenden verdienen; wie er dann in des Nährenden beharrliche gnädige Zueneigung sich ingleichen hertzlich befiehlet als

   Desselbenf trewgehorsambster knecht
   Der Vnwürdig Gekrönte.

   Danzig den 10. Mertzenstag des 1639. Jhares.

Das buch der fruchtbringenden gesellschaft9 hatt der Gekrönte nur biß auff sein eigenes werckg vndt spruch: dofernen es weiter gefertigt ist, bittet er vmb den v̈brigen theil; ingleichen auch vmb die eigenen Namen aller gesellschafter, wann der Nährende solche bey seiner Cantzelley oder sonst abzueschreiben gnädig befehlen wil.

Textapparat und Kommentar


Textapparat
T
a Ebeling anschließung
b KE u. KL lebendt
c Ergänze findet
d KE u. KL ehre
e KE u. KL werde
f Fehlt bis Gekrönte in KE u. KL
g KE u. KL merck

Kommentar
1 Obrist Miklos Fegly v. Hainshaim, poln. Resident in Hamburg. Der Vermerk sollte den Schreiber wohl daran erinnern, den Residenten um Weitersendung des Briefs von Hamburg nach Danzig zu bitten. Vgl. 371208 K 3.
2 F. Ludwig (Der Nährende).
3 Martin Opitz v. Boberfeld (FG 200. Der Gekrönte). Das letzte uns bekannte Schreiben F. Ludwigs an Opitz ist 381224. Opitz hatte sich im Januar in Königsberg aufgehalten, s. 390126, weilte aber auch immer wieder, wie die Abfassungsorte der Briefe zeigen, in Danzig. Im Frühjahr 1639 reiste er zu seinem Vater ins poln. Lissa an die Grenze seiner schles. Heimat, vermutlich auch, um die militärische Lage zu erkunden. Vgl. Szyrocki: Opitz (1956), 127. Es kann sich dabei um die im vorliegenden Brief angesprochene längere Reise vom 11. 3. 1639 ab handeln. Am 1. 4. 1639 war er bereits nach Danzig zurückgekehrt, s. Opitz: BW 390401 ep u. 390626 ep, vgl. auch 390807.
4 F. Ludwig hatte Opitz in 380504 um die Zusammenfassung von dessen Prosahomilie Vber das Leiden vnd Sterben Vnseres Heilandes (1628) in Form eines ‚Lieds’ gebeten, und Opitz hatte das in 380625 zugesagt. Vgl. 380828 u. 381116. Das Passionslied ist nicht bekannt und vielleicht nicht geschrieben worden.
5 Gemeint ist hier der 1. Teil der 2-teiligen Sammlung: Martin Opitz: FLORILEGII | VARIORVM | EPIGRAMMATVM | LIBER VNVS. | MART. OPITIVS | ex vetustis ac recentioribus Poëtis | congessit, | & versibus Germanicis reddidit. | [Emblem] | CVM GRATIA & PRIVILEGIO | S. R. M. | GEDANI, | Typis ac sumptibus Andreæ Hünefeldii. | || [156] Anno M D C XXXIX (STB Berlin — PK: Yh 9271 = R) und FLORILEGII | VARIORVM | EPIGRAMMATVM | LIBER ALTER. | MART. OPITIVS | ex vetustis ac recentioribus Poëtis | congessit | & versibus Germanicis reddidit. | [Emblem] | CVM GRATIA & PRIVILEGIO | S. R. M. | GEDANI, | Typis ac sumptibus Andreæ Hünefeldii. | Anno M D C XXXIX. STB Berlin — PK: angebunden an Yh 9271 = R. S. 381116 K 7; 390514, 390807 (Übersendung des Buchs) u. 400214. Die Fortsetzung Liber alter erschien der Vorrede (d. d. VIII. Cal. Apri. M DC XXXIX) nach vielleicht noch im März, so daß hier Opitz das Buch dem Fürsten ebenfalls angekündigt haben könnte.
6 Opitz’ Ausgabe des Annolieds, Opitz: Anno (1639). S. 390121A K 5.
7 F. Ludwigs anonym veröffentlichte biblische Dichtung Fürst Ludwig:Das Buch Hiob (1638), die er Opitz bereits mit 381224 zugeschickt hatte. Vgl. 390110 K 1. Opitz erreichte diese Sendung aber erst Anfang August 1639, s. 390807. Der Bitte F. Ludwigs um Verbesserung seines Werks in 381218 u. 381224 scheint Opitz (vor seinem baldigen Tode) nicht (mehr) entsprochen zu haben.
8 Opitz’ Herr und Mäzen, Kg. Wladislaus IV. Sigismund v. Polen.
9 Opitz besaß eine Ausgabe des GB 1629/30, das mit seiner eigenen Imprese (FG 200) nebst Reimgesetz schloß. S. Conermann I, vgl. DA Köthen I.3, 505f.: Abb. des Einbands und Titelblatts von Opitz’ Exemplar mit seinem eigenh. Eintrag. Eine aktualisierte, jedoch nicht illustrierte Edition mit den Reimgesetzen von 353 Mitgliedern sollte erst 1641 erscheinen (GB 1641). F. Ludwig konnte Opitz aber eine handschriftliche Liste der Personennamen zusenden, s. 390514. Zu Mitgliederlisten in der fruchtbringerischen Korrespondenz s. 390909 K I 0.
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