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390514 Fürst Ludwig an Martin Opitz
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390514

Fürst Ludwig an Martin Opitz


Antwort auf 390310, beantwortet durch 390807. — F. Ludwig (Der Nährende) kommt der in 390310 geäußerten Bitte Martin Opitz’ v. Boberfeld (FG 200. Der Gekrönte) nach und übersendet ihm ein handschriftliches Verzeichnis der nach Opitz aufgenommenen FG-Mitglieder mit deren Taufnamen. Das (mit Martin Opitz als 200. FG-Mitglied endende) GB 1629/30 wurde zwar hinsichtlich der Impresen und Reimgesetze der nachfolgenden Mitglieder fortgeführt, jedoch habe es bisher an der Gelegenheit gefehlt, diese auch stechen und drucken zu lassen. F. Ludwig verbindet mit der Sendung der Mitgliederliste die Bitte, sorgsam und diskret mit den Mitgliedernamen umzugehen. — Die Epigramme (Opitz: Florilegium I–II [1639]) sowie Opitz’ Ausgabe des vor 500 Jahren niedergeschriebenen Gedichts (Annolied) erwartet der Fürst mit Interesse. Er wird in Hamburg (wo die Schiffssendung von Danzig aus eintreffen soll) Nachricht einholen. Im Gegenzug hofft er, seine Hiob-Dichtung werde Opitz zugegangen sein, worüber ihm allerdings noch keine Meldung vorliege. — Als F. Ludwig Opitz seine Hiob-Dichtung zusandte, habe er auch die (von Christian Gueintz) aufgesetzte deutsche Grammatik erwähnt, die er ihm beiliegend mit etlichen Anmerkungen schickt. Opitz möge sie durchlesen, kritisch annotieren und verbessern und beides F. Ludwig wieder zustellen, damit es dem Autor der Grammatik zugeleitet und das Werk in den Druck gegeben werden könne. Opitz möge diese Arbeit zu Ehren der deutschen Landes- und Muttersprache unbeschwert auf sich nehmen.

Beschreibung der Quelle


Q HM Köthen: V S 544, Bl. 298rv, 298v leer; eigenh. Konzept. — D: KE, 136; KL III, 114f. [Handschrift: [Bl. [298r]]BN: Szyrocki: Opitz (1956), 205; Opitz-Brieferepertorium, Nr. 268; Bürger, S. 952 Nr. 99.

Anschrift


A Fehlt.

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Als der Gekrönte vom 10. des Mertzen instehenden Jhares an den Nehrenden1 begehret[,] er ihme den verfolg der fruchtbringenden gesellschaft nacha ihme mitt den Tauffnahmen bis auff gegenwertige zeit uberfertigen wolte, so geschieht solches hiemitt schriftlich, weill ein weiteres als er in henden nicht gedruckt noch in || [168] Kupffer gestochen, wiewoll die gemälde und achtzeilige erklerungen wie bey den ersten zweyhundert alle fertig, es aber bisher an gelegenheit solche stechen und drucken zu lassen gemangelt.2 Und wird der gekrönte sichb dieser verzeichnuss sonderlichc der tauffnahmen für sich und der gesellschaft angehöriged alleine auffs behutsamste zu gebrauchen haben.
   Diee Epigrammataf 3 als auch das alte Poetische gedicht4 so fur 500 Jharen gefertigett anietzog aber erst ausgangen wird der Nehrende gerne sehen, und will zuh Hamburg5 daraufi erkundigungen einziehenj . Jn dessen verhoffet er, es werde gekrönter des Jobs6 geschichte in Reime ubergesetzt bekommen haben, darvon ihme zwarj noch nicht nachricht eingelanget.
   Und weill beyk ubersendungl solches buchs einer deutschen auffgesetztenm sprachlehre7 erwehnet worden,n so wirdt solche dem Gekrönten hiermitt, nechst etzlichen erinnerungen zugeschickett mitt dem begehren er wolle zu mussiger zeitt vielleichto zu seiner erlustigung solche arbeitt durchlesenm durchsehen, seinem sinnreichen verstande und erfharenheitp nach erwegen, und also verbessern, dasq dieselbe danr mitts beyderseittt erinnerungenu dem verfasser von hinnenv dem ersten entwerffer und verfasser wiederw möchte zugeschicket, und ans tagelichtt durch den druck gebrachtt werden.
   Der Gekrönte wolle diese bemuhung, als ein werck zu ehrenx und fernerer ausbreitungy nach richtigkeitt unserer landt und Muttersprache gereichend unbeschwert auff sich nehmen,z und darbey seine liebe undaa gewogenheit zu erhebung derselben anderweitts auchab sie ferner spuren und vermerken lassen, darbey ihme der Nehrende alles selbst gewuntschtes wollergehen aus getrewem gemutte anwuntschenac thutt, und verbleibett

   des Gekrönten gantzwilliger
   der Nehrende

Cöthen den 14 May 1639.

Textapparat und Kommentar


Textapparat
T
KE und KL stets mit ü statt u in der Handschrift, wenn es modernem Sprachgebrauch entspricht, und ohne Doppel-T am Wortende.
a Am Rand ergänzt bis ihme
b Eingefügt für unleserliche Streichung.
c Am Rand ergänzt bis taufnahmen
d Am Rand ergänzt.
e Eingefügt für <Seiner>
f Aus Epigrammatum Folgt <wirdt>
g Am Rand ergänzt bis ausgangen
h Eingefügt für <nach>
i Eingefügt für <sich deren>
j Eingefügt.
k Am Rand ergänzt bis buchs für  <fur diesem>
l Folgt <eines>
m Am Rand ergänzt. Fehlt in KE und KL.
n Folgt <die zu>
o Am Rand ergänzt bis erlustigung
p KE und KL erfahrenheit
q Folgt <sie>
r Eingefügt für <möchte dan>
s Am Rand ergänzt bis erinnerungen
t KE und KL beyderseits
u Folgt <zuge>
v Am Rand ergänzt bis verfasser Fehlt in KE und KL.
w Eingefügt für <wieder zuge>
x Eingefügt bis zu gestrichenem <ausbreitung> für <ausbreitung>
y Am Rand ergänzt bis richtigkeitt für <ausbreitung>
z Folgt <und ihme selbsten>
aa Am Rand ergänzt bis gewogenheit
ab Eingefügt bis ferner Fehlt in KE und KL
ac KL erwüntschen

Kommentar
1 S. 390310, Martin Opitz (FG 200. Der Gekrönte) an F. Ludwig (Der Nährende).
2 Nach dem GB 1629/30 (s. Conermann I), das Opitz als 200. Mitglied führt und von dem ihm F. Ludwig ein prächtig gebundenes Exemplar geschenkt hatte (vgl. 331223 I u. Abb. von Einband u. Titelblatt in DA KöthenI.3, 505f.), sollte die nächste Edition eines || [169] GB der FG erst nach Opitz’ Tod erscheinen (GB 1641), allerdings ohne Impresenstiche. Pläne zu einer erweiterten illustrierten Ausgabe des GB gab es. S. 391203 K I 0. Ein handschriftliches Mitgliederverzeichnis war von F. Ludwig gelegentlich auf Anfrage ausgehändigt worden, immer aber mit der Mahnung um Diskretion. Vgl. etwa 371220. Zu Mitgliederlisten s. 390909 K I 0.
3 Opitz: FlorilegiumI–II (1639). Vgl. 381116 u. 390310 K 5, ferner 390807 (Übersendung des Buchs).
4 Opitz: Anno  (1639). Vgl. 390121A K 5.
5 Die Postlinie von Danzig führte meist über den Seeweg nach Hamburg, der neben Leipzig wichtigsten Drehscheibe im norddeutschen Postverkehr. S. 371127, 380402 u. 390310. Zu F. Ludwigs Verbindungen nach Hamburg vgl. im Personenregister bes. Miklos Fegly v. Hainshaim, Frh. Enno Wilhelm v. Innhausen u. Knyphausen und (Gebrüder) Silm.
6 F. Ludwigs anonym veröffentlichte biblische Dichtung Fürst Ludwig: Das Buch Hiob (1638). Vgl. 381007 K 7 u. 390110 K 1. Schon mit 381224 hatte F. Ludwig ein Exemplar an Opitz gesendet, das aber lange ausblieb (s. 390310) und von Opitz schließlich erst Anfang August 1639 empfangen wurde, s. 390807. Daher konnte Opitz die vom Fürsten erbetene Kritik über den Text vor seinem baldigen Tod im August nicht mehr aufsetzen.
7 Gueintz: Sprachlehre (1641). S. 381105 u. 390114 K 13. Tatsächlich hatte F. Ludwig Opitz gegenüber die Sprachlehre schon in 381218 erwähnt, seinen Hiob kurz darauf mit 381224 übersendet. In 390807 entschuldigte sich Opitz für das Ausbleiben des erwünschten Gutachtens zur Sprachlehre mit einer Reise an die schlesische Grenze. Sein früher, plötzlicher Tod am 20. 8. 1639 vereitelte dann seine Teilnahme an der von F. Ludwig angeregten, damals begonnenen Sprachdebatte über die Werke von Christian Gueintz (FG 361. 1641), Justus Georg Schottelius (FG 397. 1642), Georg Philip Harsdörffer (FG 368. 1642) und anderen Mitgliedern der FG.
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