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390701 Fürst Ludwig an Graf Wolrad IV. von Waldeck-Eisenberg
[Inhaltsverzeichnis]
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390701

Fürst Ludwig an Graf Wolrad IV. von Waldeck-Eisenberg


Beantwortet durch 390712. — Am Vorabend seiner Heimreise sendet F. Ludwig Gf. Wolrad IV. v. Waldeck-Eisenberg (FG 114) die Mitteilung einer guten Nachricht mit Dank zurück. Einen ihm zugesandten französischen Alexander nimmt Ludwig dagegen mit nach Köthen, um die Möglichkeit einer Verdeutschung zu prüfen. — Ludwig schickt Wolrad ein ihm am Vortage zugegangenes lateinisches Distichon mit dessen Übersetzung korrigiert zurück. — Er grüßt die gfl. Familie.

Beschreibung der Quelle


Q STA Marburg: 115 Waldeck 2 Anhalt 2, 2 Bl. unfol. [A u. Eingangsvermerk: 2v], 1v u. 2r leer; eigenh.; Sig.

Anschrift


A A Monsieur Monsieur mon Cousin Le Conte de Waldeck, Pirmont et Culenbourg, seigneur de Tonne. A Arolzen És mains propres;
Eingangsvermerk von Schreiberh.: Fürst Ludwig von Anhalt. 1.a Juli 1639 || [173]

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Wollgeborner freundlicher lieber Ohemb und schwager, das El. mir so gutte nachricht1 anderweitt mitttheilen wollen, dafur sage ich ihr freundlichen großen danck, und uberschicke solche, nach verlesung, hier wieder beygefugtt: außer dem frantzösischen Alexandre2 , den ich mitt nehmen und dahin trachten will, ob er ins deutsche zusetzen; Als auch gestern bey dem Lateinischen vers ein irthum, wieb auch daher bey dem deutschen vorgangen, hatt derselbe verbeßert müßen ebenergestalt beygelegett werden. Morgen, geliebts Gott, werde ich meine reise naher hause3 wieder vornehmen; Jn deßen El., dero gemahlin4 und alle angehörige ichc in den schutz göttlicher Allmachtt hiemitt befhele, und verbleibe
   El. freundwilliger Ohemb und schwager.
   Ludwig fzu Anhalt

 Willungen den ersten Heumonats 1639.

I

Graf Wolrads IV. von Waldeck-Eisenberg Übersetzung
eines mittelalterlichen lateinischen Distichons in der Korrektur
durch Fürst Ludwig

Beschreibung der Quelle


Q A. a. O., lose beiliegendes Blatt; eigenh. von F. Ludwig.

Text


Sanguine fundata est Ecclesia, sanguine crevita
Sanguine succrevit, sanguine finis erit

Jn Christi blutt und todt die Kirche ward gegründet
   Von Gott in ewigkeitt: Jm blute wuchsb sie ran,
   Jm blute nahm sie zu: Hier nitt vergehen kan,
Bis wieder sie im blutt den wahren ausgang findet.
   Wie Christus lied’c im blutt, auch so mus leiden sie,
   Ohn blutigs leiden doch kan sie bestehen nie.

 Willungen den 1. Heumonats 1639.

Textapparat und Kommentar


Textapparat
T
a Unsichere Lesung.
a Eingefügt für <als>
b Eingefügt.

T I
a Vgl. damit das ursprüngliche cœpit  in 390630 I.
b Vgl. das ursprüngliche fieng in390630 I (wie dort im latein. Distichon coepit statt crevit).
c Lies: litt

Kommentar
K Der Brief wurde im Anschluß an einen Besuch F. Ludwigs bei Gf. Wolrad IV. v. Waldeck-Eisenberg (FG 114. Der Frühespate) während einer Badekur der fl. Familie in Wildungen geschrieben. Das Treffen (in Arolsen am 27. 6., s. 390630 K 1) bot Gelegenheit zu literarischen und religiösen Gesprächen. S. 390630 u. I. Auch Politisches mag verhandelt worden sein, da sich damals auch F. Friedrich v. Anhalt-Harzgerode (FG 62) und Pgf. Christian I. v. Bischweiler (FG 205) in Wildungen eingefunden hatten. S. Christian: Tageb. XV, Bl. 172r (1. 7. 1639).
1 Diese Nachricht ist unbekannt. Stand sie im Zusammenhang mit dem in Beil. I übersetzten Distichon?
2 Es handelte sich wahrscheinlich um eine Bearbeitung des spätantiken Romanstoffs auf der Grundlage des frz. mittelalterlichen Alexanderromans (Roman d’Alexandre, seit etwa 1130), der dem Alexandrinervers den Namen gab), denn F. Ludwig sprach in 400619 von einem „aus dem alt-frantzösischen verdeutschte[n] grosse[n] Alex mit dem Haupstücke“. Obwohl das Werk also offenbar übersetzt wurde, erschien es nicht im Druck und fand sich nach Ausweis des IP weder als frz. Original noch als dt. Übersetzung in F. Ludwigs hinterlassener Bibliothek. Vielleicht bezieht sich F. Ludwig auf das zwischen 1506–1587 in sieben Auflagen gedruckte Werk „L’histoire du noble et tres vaillant Roy Alexandre le Grand, jadis Roy et Seigneur de tout le monde, avec les grandes prouesces qu’il a faites en son tempes“. Der Druck scheint verloren gegangen zu sein. Vgl. Alfons Hilka: Der altfranzösische Prosa-Alexanderroman. Nach der Berliner Bilderhandschrift. Nebst dem lateinischen Original der Historia de preliis (Rezension J2). Halle 1920, S. II. Daß ein zeitgenössisches Interesse insbesondere in Frankreich am „Alexander“ unter der Regentschaft Kg. Heinrichs IV. u. Kg. Ludwigs XIII. bestand, belegen drei Werke des im fruchtbringerischen Kontext rezipierten Franzosen und produktiven Schriftstellers Jean Puget de La Serre (1595–1665), der Bibliothekar des Gaston d’Orléans und Hofmann der frz. Königinmutter Maria de’ Medici am Brüsseler Hof war, auch wenn die drei Werke keine neuen dichterischen Bearbeitungen des Alexanderstoffes darstellten, sondern heroische Geschichtsdarstellungen (z. T. im Stile Plutarchs). Puget schrieb eine „Nouvelle Histoire D’Alexandre Le Grand Dediée à son Excelence Monseigneur le Comte de Piccolomini, general des Armées de sa Majesté Imperiale Par le Sieur de la Serre, Historiographe de France“ (Bruxelles: Luc de Meerbeque 1637), HAB: 258.1.1 Hist. 2°, bzw. (Lyon: Jean Ayme Candy 1639). Zum anderen verfaßte er noch „Le portrait d’Alexandre le Grand“ (Paris: 1641, s. Arbour, Nr. 17548) und „L’Alexandre ou les parallèles de Monseigneur le Duc d’Anguien [d’Enghien, später: Pz. v. Condé] avec ce fameux Monarque, Epistre“ (Paris: Nicolas Talon 1645; 2. ed. Paris 1647: Parallèles et éloges historiques d’Alexandre le Grand et de Mgr [Monseigneur] le duc d’Anguien; beide Werke s. Cioranescu III, 1657). Eine dt. Übersetzung dieser Werke Pugets ist nicht bekannt. Zu Puget und der dt. Übersetzung seines L’entretien des bons esprits sur les vanités du monde durch Lgf. Wilhelm V. v. Hessen-Kassel (FG 65) s. 370422 I u. III Q. Vgl. auch Werner Ginzl: Puget de La Serre. Eine literarhistorische Charakterstudie. Ein Beitrag zur Geschichte der französischen Literatur im 17. Jahrhundert. Diss. Rostock 1936. Die Nouvelle Histoire u. L’Alexandre ou les parallèles werden dort im ausführlichen Verzeichnis der Werke Pugets, S. 40–45, nicht erwähnt. S. dagegen die detailreiche Darstellung (mit Abbn. aus L’Alexandre ou les parallèles) bei Mark Bannister: Heroic hierarchies: Classical models for panegyrics in seventeenth-century France. In: International Journal of Classical tradition 8 (2001) H. 1, 38–59, hier 47f. u. 53–58. Daß es sich bei dem Hinweis im vorliegenden Brief um die Ausgabe Puget de la Serres (NouvelleHistoire D’Alexandre) handelt, können wir nicht ausschließen, wenn dabei auch deren Widmungsempfänger, das spätere FG-Mitglied F. Octavio Piccolomini d’Aragona, Duca d’Amalfi (FG 356. 1641), noch nicht den Ausschlag gibt. Wir gehen jedoch, bedingt durch F. Ludwigs oben zitierte Formulierung aus 400619, eher von einer alten frz. Vorlage aus. Insgesamt ist auf Hartmut Kuglers Satz zu verweisen, wonach „die Überlieferungsgeschichte des Alexanderromans zu einem gewaltigen und fast undurchdringlichen Dickicht“ geworden ist. H. K.: Alexanders Greifenflug. In: IASL 12 (1987) 1–25, hier 5. — F. Ludwig hatte das frz. Manuskript — wie der vorliegende Brief nahelegt — von Gf. Wolrad IV. erhalten. S. auch Conermann III, 119. Ob F. Ludwigs Interesse auch durch den Alexanderbericht im Annolied angeregt wurde, ist nicht bekannt, s. VL (2. Aufl.) I, 369 u. V, 502. Die Würdigung des Hl. Anno wurde im engeren Fruchtbringer-Kreis diskutiert und das Annolied von Opitz 1639 herausgegeben und mit lat. Anmerkungen versehen: Opitz: Anno (1639), vgl. 390121A K 5. Im Dezember des gleichen Jahres || [175] bat F. Ludwig darum, ihm die altfrz. Ausgabe noch etwas länger zu überlassen, da er aus Zeitgründen bisher nicht zur Übersetzung gekommen sei. Der Korrespondenz nach sandte Diederich v. dem Werder (FG 31) bereits im Mai 1640 beide Werke, das frz. u. das deutsche Manuskript des „Alexander“, an F. Ludwig unbeanstandet zurück. Einen Monat später wiederum wandte sich F. Ludwig erneut an Werder, um eine sichere Zustellungsmöglichkeit an den „Frühespaten“ in Erfahrung zu bringen, da er diesem das Original und die Übersetzung gern zugestellt hätte. Werder konnte diese Bitte nicht erfüllen, da er den Angesprochenen nicht persönlich kannte und ihm sein Aufenthaltsort auch unbekannt war. Vgl. zu diesem Zusammenhang 390630, 391200, 400514, 400619 u. 400620.
3 Nach einer etwa einwöchigen Reise traf der Fürst mit seiner Gemahlin Sophia (AL 1629. TG 38) am 6. 7. 1639 in Köthen ein. S. 390630 K 0.
4 Gfn. Anna v. Waldeck-Eisenberg (1587–1649), geb. Mgfn. v. Baden-Durlach. S. 390630.
K I Zur Entstehung und Korrektur der von Gf. Wolrad stammenden dt. Übersetzung des mittelalterlichen latein. Distichons durch F. Ludwig vgl. T und 390630 I mit K I 1.
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