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390723 Diederich von dem Werder an Fürst Ludwig
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390723

Diederich von dem Werder an Fürst Ludwig


Diederich v. dem Werder (FG 31. Der Vielgekörnte) schickt den von F. Ludwig (Der Nährende) stammenden Entwurf des Reimgesetzes für den neuaufgenommenen Paris v. dem Werder (FG 339. Der Friedfertige), Sohn Diederichs, nach seiner Durchsicht wieder an F. Ludwig zurück und stellt alles weitere Vorgehen damit dem Fürsten anheim. Der Friedfertige verdiene zwar „gekrönet“ genannt zu werden, er sei jedoch nicht „im Siegspracht“, sondern als Verjagter aufgetreten.

Beschreibung der Quelle


Q HM Köthen:V S 544, Bl. 406rv [A: v], eigenh. [Handschrift: [Bl. [406r]]

Anschrift


A Dem Nehrenden zuhanden. Cöthen

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Dem Nehrenden wirdt hiermit wieder zurücke geschickt, wie er vermeine das des Friedtfertigen1 acht reime heissen sollen, Auch zu dessen beliebung gestellet wie vndt welcher massen sie in den Ertzschrein2 gefugt werden sollen. Dem Vielgekörnten bedünckt, der Friede sey nicht im Siegspracht3 , Sondern als ein verjagter, aufgetreten, bleibt aber doch allezeit, wegen seiner würde, gekrönet. Es wirdt alles der hohen erfahrung vndt bescheidenheit4 des Nehrenden anheimb geben. Dem dan allezeit aufs tieffeste verpflichtet verbleibet

   Der Vielgekörnte.

Reinsdorf den 23. HeuMonats jm jahr 1639

Textapparat und Kommentar

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Kommentar
1 Paris v. dem Werder (FG 339. 1639. Der Friedfertige). Von der Korrektur von Reimgesetzen durch Paris’ Vater Diederich v. dem Werder (FG 31. Der Vielgekörnte) ist schon im Brief 390712A die Rede.
2 Zur Bezeichnung „Erzschrein“ als Inbegriff der schriftlichen und bildlichen Zeugnisse der FG und ihrer Mitglieder (Gesellschaftsbuch, Werkmanuskripte, Korrespondenzen und Wappen- bzw. Impresenteppiche)vgl. 371110 K 11, Conermann II, 51 („Neben floralen und linearen Verzierungen weist das GB Kö. auf dem Vorderdeckel die Inschrift auf ,Jn den Ertzschrein 1629“).
3 Triumph. DW X.1, 329. DW XVI, 929: ,Siegespracht’; vgl. a. a. O., 946: ,Siegpracht’. Stieler, 1475: ,Siegespracht, pompa triumphalis, ovatio’; vgl. Campe Wb. IV, 434. Den ältesten Beleg für beide Formen fand DW bei Johannes Turmair gen. Aventinus, dessen Chronica („auf eim sigwagen und mit sigsprach, [‚triumphus’ im latein genant]“) in der Ausgabe von 1622 F. Ludwig und wohl auch Werder häufiger sprachlich inspirierte. S. 230819, 240109 K 12, 260619 u. DA Köthen I.1, 15. In D. v. dem Werder: Roland I, 75 (3. Gesang, 26. Strophe) finden sich die folgenden beiden Verse: „Den grossen Capitain/ Albertum/ || [179] hier betrachte/ | Der sich offt zieren wird/ mit manchem Siegesprachte/“. In der italien. Vorlage heißt es: „Vedi qui Alberto, invitto capitano | ch’ornerà di trofei tanti delubri“ (delubri = templi, lat.), s. Ludovico Ariosto: Orlando furioso e cinque canti. A cura di Remo Ceserani e Sergio Zatti. Vol. 1. Torino 1997 (Classici Italiani), 145.Die hier verwendete Formulierung des „im Siegspracht“ auftretenden Friedens weist vielleicht auf ein nicht mehr nachweisbares früheres Reimgesetz des Friedfertigen hin, das jedoch nicht zum Abdruck gekommen ist. Tatsächlich erscheint in keinem der Gesellschaftsbücher (GB 1629/30, GB 1641,GB 1641/44, GB 1646) der Friede „im Siegspracht“, auch nicht als „Verjagter“, eine Formulierung die aber auf die für Werders Friedensrede (s. 390904 I u. K I 0) zur Vorlage gewählte Querela pacis zurückgehen könnte, deren Anfang lautet: „Wenn sich die sterblichen Menschen von mir, obwohl ich es zwar nicht verdiene, abwendeten, mich verstießen und niederschlügen“. S. Erasmus von Rotterdam: Die Klage des Friedens. Übertragen u. hg. v. Kurt Steinmann. Frankfurt a. M., Leipzig 2001, 13; „Si me, licet immerentem, suo tamen commodo, sic aversarentur, ejicerent profligarentque mortales”. Vgl. auch ders.: Ein Klag des Frydens. Leo Juds Übersetzung der Querela Pacis von 1521 zusammen mit dem lateinischen Original. Hg. Alois M. Haas u. Urs Herzog. Zürich 1969, 15. Im GB Kö. lauten die hier in Rede stehenden Verse 3f.: „Vom Frieden wurd ich auch Zureden außerwehlt, | Vnd wie der gülden ist, gekrönet, dargestelt“. Im GB 1641 heißen die Verse 5f.: „Er bringt der Christenheit und aller welt gewin/ | Gekrönet billich seind drumb seine wehrte thaten“, wobei die von Diederich v. dem Werder vorgeschlagenen Änderungen aufgenommen wurden, die sich jedoch nicht auf die hier in Rede stehende Diskussion bezogen: „3. Vom Frieden redt’ ich wohl vndt nicht schlecht oben hin 4. des güldnen Friedens wort ging mir gar wohl von Statten 5. Er bringt der Christenheit vndt aller welt gewinn“ (s. 401215 Beil. I). In GB 1646 kehren diese Formulierungen wieder. Zu den Reimgesetzen der FG und den Verbesserungen Werders, Milagius’ u. F. Ludwigs vgl. 401223 K 6, Conermann II, 68–88, insbesondere S. 69 Anm. 69 u. Conermann III, 386–388, hier S. 388 Anm. 4, die auf den vorliegenden Brief verweist. Zur Verwendung des Begriffs ‚Siegesprachten’ vgl. F. Ludwigs Nachdichtung von Francesco Petrarcas ITrionfi: FRANCISCI PETRARCHÆ, | Des vornemen alten Florentinischen | Poeten/ | Sechs Triumphi oder | Siegesprachten/ | I. Der Liebe/ II. Der Keüschheit/ III. Des Todes/ IV. Des Gerüchtes/ V. Der Zeit/ und VI. Der Ewigkeit/ | Aus den Jtalianischen Eilfsylbigen | Jn | Deütsche zwölf und dreytzehensylbige Reime der Hel- | den art vor jahren übergesetzet: | Samt der erzelung seiner Krönung zum Poeten/ | seines lebens/ und sonderbaren erklerungen vieler | Nahmen und Geschichte: | Mit angehefteter eigentlicher Reimweise gefertigter kurtzer | Beschreibung des erdichteten Gottes der Liebe Cupidinis/ | und einem nützlichen verzeichnüs der vornemesten sachen in | diesem Wercklein begrieffen. | Von neüem übersehen/ mit beliebung und gutheissen der Frucht- | bringenden Geselschaft/ ietzo erst an den tag gegeben | und gedruckt | Zu Cöthen im Fürstentume Anhalt/ | [Linie] | Jm Jahre 1643.
4 DW I,1557: „peritia, scientia, discretio, erfahrenheit, einsicht, verstand“, nicht wie Stieler, 1749: modestia, moderatio, temperantia, pudor“.
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