Text

390800 Trauergedichte auf den verstorbenen Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar
[Inhaltsverzeichnis]
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390800

Trauergedichte auf den verstorbenen Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar


Beschreibung der Quelle


Q Hs.: HM Köthen: V S 449c, Bl. 34r–35v, 35v leer; Schreiberh.
D1: Kurtze | Lobsprechende Beschreibung/ | Vber den Christrühmlichen Hintritt/ | Herrn/ | Herrn Bernhardts/ | Hertzogen zu Sachsen/ | Obristen Feldherrns/ &c. | [Linie] | ANNO M. DC. XXXIX. LHA Sa.-Anh./ Dessau: Abt. Köthen A9a Nr. 167, Bl. 133r–136v, 136v leer (im Druck gezeichneter Quartbogen „A“ [i], ij, iij, [iv]). Kein weiteres Druckexemplar nachgewiesen. Der Druck hat Virgeln statt Kommata (wie die Hs.) und im Anlaut oft die v- statt der u-Minuskel (vnd/ und etc.), dafür verzichtet er häufig auf die in der Hs. fast durchgängige Auslautverdopplung -tt bzw. -dt. Abweichungen in der Rechtschreibung — D1 ist darin einheitlicher und das Substantiv fast immer großgeschrieben — und Zeichensetzung werden nur bei Sinnrelevanz und Differenz des Lautstandes angegeben.
D2: Kurtze Lobsprechende | Beschreibung vber dem Christ= | rühmlichen hintritt Herrn/ Herrn | Bernharts/ | Hertzogen zu Sachsen Obristen | Feld=Herrns. (O. O. u. J.). SLB Dresden: Hist. Sax. B. 180,26 (VD17 14: 011626F). S. Abb. S. 197. Hinweise auf den Verfasser gibt auch dieser Druck nicht. Über die Provenienz läßt sich nur so viel sagen, || [182] daß der Band zwischen 1806 und 1917 in die Vorgängereinrichtung der SLB gelangt ist (freundliche Auskunft von Frank Aurich, SLB Dresden). Auch dieser Druck ersetzt die Kommata durch Virgeln, spart an Zeichensetzung und zeigt eine uneinheitliche Orthographie.
Weitere Drucküberlieferung (unzweifelhaft nach der Hs.): KL III, 33–35 (nur das erste der drei Gedichte).

Text

Kurtze Lobsprechende Beschreibunge
Vber den ChristRühmlichen Hintritt Herren
Herren Bernhardts Hertzogen zu Sachsen
Obristen Feldtherrens.1

Herr Bernhardt2 von geblütt ein Fürst der alten Sachsen
Den Gott hat laßen groß, zu einem Heldt, erwachsen,
   Dasa für das Vaterlandt und reinen glaubens lehr’
   Er Kriege führen solt’: Ô wie offt hat das Heer
Undt waffen seiner feind’ er in die flucht geschlagen?
Ja mit berühmter handt den sieg darvon getragen?b
   Du Meißen weist es wohl, dir Francken, dir Burgundt,
   Dir Schwaben, Elsaß auch ist es satt worden kundt.
Als er nun über Rhein das Lager wolte bringen
Mitt wohlbewehrtenc arm’, als vormals, zubezwingen3
   Des Feindes großen Zeug4 , und starck-gerüsted macht,
   So er auffs neẅe hatt’ zu felde wieder bracht;
Do kömbte von oben gleich in vollgestirntemf Kleide
Ein abgesandter rab, und redt, mit dem bescheide
   Den Hertzog also an5 : Allhier hier alsobaldt
   Soll dein fuß stille stehn, hier soll er machen halt,
Dein wohlstaffirtes volck soltug numehrh verlaßen,
Der, so des Himmels zeltt kan mit der spanne faßen,
   Es dir so anbefiehlt: Dein nahm und großer Ruhmb6
   Sagt er, sey auf dem rundt der welt nuni umb und umb
Genugsam ausgebreitt, und könn nicht größer werden;
Drumb will er von dem bandt und kercker dieser erden
   Jetzundtj erlösen dich, Er will dich alsoforttk
   Versetzen in die höh’ in seinen freuden ortt;
Er wirdt dich aber nicht durch die gewalt der waffen
Nein: Sondern durch ein Süß’ und angenehmes schlaffen,
   Von hinnen nehmen weg: Ermahne deine Seel’
   Undt folge wohlgemuht und willig dem befehl
Deßelben, dem wir doch gehorchen alle müßen
Darzu kan anders was dir nicht zuml nutz ersprießen.
   Des Heeres hertzog sagt darauff stracks: Sieh ich bin
   Bereit zu gehn, wo mich der Schluß des Herren hin
Erfordert ungesäumt: Doch will ich ordnung geben
|| [183]
Noch erstlich meinem volck, auf dasa bey meinem leben
   Es wiße, was zu thun, nach meinem tode, sey;
   Deswegen fängt er an zu reden frisch und frey,
Spricht mit behertzter brust, und unerschrocknem munde,
Dem Chor der Helden zu, das bey und ümbm ihn stunde: [34v]
   Jhr wißet, mit was pflicht, mit was für hohem eydt,
   Und welchem bündtnüsn ihr, mit mihr verknüpfet seidt:
Wir haben ja den Feindt nicht träg’ anher bestritten,
So mus auch ferner sein gestritten und gelitten,
   Nach Ritterlicher artt; Jch aber werde gleich
   Beruffen weg zu gehn, von euch zum Obern Reich,
Also dasa, wie bieshero treẅeyffrigp ist geschehen,
Jch diesem Unserm Heer’ hinfortt nicht für kan stehen.
   Darumb empfehl ich es in eẅreq feste treẅ’
   Auf dasa esr ja beraubt nicht eẅrers hülffe sey.
Seidt wach und fleißig stets mit raht, mit tapfern händen
Zu schützen diesen Zeug, und von ihm’ abzuwenden
   Die einfäll’ eẅrer feind’, als euch dan auch gebührt
   Die ihr den nahmen recht Streitbahrer männer führt;
Jhr helden, die ihr gläntzt von lauter ertz und eisen,
Gehtt gleich mit dieser macht denselben weg zu reisen
   Den Jch, Jch eẅer häuptt , ietztu selber ziehen wollt’:
   Undt da Gott Zebaoth euch auch einst geben soltt,
Den feindt in eẅre handt, das ihr auch wäll’v einnehmett
Baldt heute diesen Sieg, baldt morgen den, bekähmett,
   So schont der frommen doch, Ja schonet meiner freundt,
   Tilgt aber und bekriegt nur eẅren stoltzen feindt.
Jch eẅer Feldtherr hab’ insonderheit genommen
Jn obacht diß gesetz; wirdt künfftig nachgekommen
   Vonn euch auch dergestalt derselben Regell: Nuhn
   So wirdt glückselig sein undt fortgehn eẅer thun.
Wünsch hertzlich auch hierzu des höchsten hülff’ und Segen:
Dis hab ich erstlich noch bey euch ab wollen legen,
   Jhr meine Rittersleutt; Ach merckt dis alles an,
   Was ich gesagt, dan es euch noch viel nutzenw kan.
Alß dis geschehn, so baldt ermatten alle gliederx ,
Es fallen händ’ und häupty hin auff das küßen nieder,
   Biß er gantz krafftloß wirdt, die zung’ hengt ihmz am gaum
   Die stimm’ ist heiseraa schon, kan diese worte kaum
Undt zwar mit großer müh’ab auß seinem munde bringen:
Es liegt mihr nunmehrac ob all-allen andern dingen,
   Die Erd und Jrrdisch seinad , mich gäntzlich zu entziehn
   Und mich zum Gottesdienst allein zu wenden hin.
So trettet dan nun ab, Jhr meine Kriegsgesellen,7
Mein will ist euch bekandt; Muß meine rede stellen
|| [184]
   Mitt Gott für dißmahl an, zu suchen seine gunst;8
   Nach Jhrem abtritt hebt er an, mitt heißer brunst
Des hertzen und gemütts, mit eingeschloßnenae händen,
Zum herren diß gebett gen himmel nauff zu senden: [35r]
   O Dreygeeinter Gott, den meine mißethattaf
   Auff unzehlbare weiß, so hoch verletzet hatt,
Ach ach sey gnedig mir: Ach ach mich selig mache,
Und bringe meinen geist zu deinem himmels tacheag ,
   Laß meine Seel’ alda in des in ruhe sein,
   Wan wärm’ah und athem wirdt verlaßen mein gebein.
Hiermitt hat dieser Fürst den geist gleich aufgegeben,
Der Cörper ist im sarck, die Seel im Obern leben.
   Sein lob, Nahm, Ehre, Ruhm, und hohe tapfre thatt,
   Wirdt aber auf der weltt stets finden raumai und statt,
Unsterblichaj werden sie und ungetilgett bleiben,
So lange hertz, mundt, handt, wirdt dencken, reden, schreiben,
   So lang als menschen man wirdt auf der erden sehn,
   Wirdt im gedechtnüs Er, auch red’ und schrifften stehn.
Der Feinde eigenesak Lob über die Tugen-
den dieses Hertzogsal

   Jm felde dieser Fürst ein Göttlichs leben trieb
   War meßigam , wach, es war der Gottesdienst ihm lieb
An muht und Tugent kundt der Fürst gantz keinem weichen
Es konte keiner sich ihm in der weißheit gleichen,
   Er war beredt und streng, auch von standthafftem sinn’
   Er kont’ ertragen viel, war vieles unglücks inn’
Er hatt ein offen hertz, war mildtreich von gemüte,
Friedfertigs geistes auch, gantz voller lieb’ und güte,
   Vermeßen nicht, nicht auch begierig nach gewin,
   Nicht zärttlich, grausam nicht, nicht Störrischan nicht zu kün’,
Er war voll erbarkeit, von tapferm hohen wesen,
Ja hat man jemals auch von Fürsten wen gelesen,
   Der lobens würdig sey, so ist es dieser Fürst,
   Den nimmermehr nach blutt und rache hatt gedürst.
Gericht und warheit war wohl seine wonn’ und leben
Er kont zuao rechter zeitt raht fragen, Raht auch geben.

   Du kanst der andern Ruhm, o Fürst, entbehren wohl,
   Weil Feindes mundt, von dir, ist solches lobes voll.9
Menschliches Lebenap

   Des Menschen leben ist ein garteaq voller gänge
   Die krum und irrig sindt, wir gehen durch die enge
|| [185]
   Des Mutterleibes drein, und gehen durch den Todt,
   Einst wiederumb heraus, doch gehtar aus dieser noht
   Der völliglich allein, den Christus selbst geleitett
   Zum ortt, da stete ruh’ ist ihm und uns bereitett.10

I

Herzog Wilhelm IV. von Sachsen-Weimar Trauerlied zum Tode seines Bruders Bernhard

Beschreibung der Quelle


Q [Einblattdruck im Zierrahmen:] Ein Lied/ | Hertzog Wilhelms | zu Sachsen/ | Welches nach der Predig in der SchloßKirchen zu | Weymar/ Sontags den 4. Augusti Anno 1639. von den Musicanten | daselbsten gesungen/ als der Christlichen Gemein der frühzeitig/ aber doch | Selige Tod/ dessen vielgeliebten Herrn Bruders/ Hertzog Bernharden zu | Sachsen/ &c. öffentlich angedeutet worden/ | Jm Thon: | An Wasserflüssen Babylon. | Gedruckt zu Coburgk in der Fürstlichen Truckerey/ durch Johann Eyrich/ Jm Jahr 1639.1
BSB München: Einbl. III, 67 (VD17 12: 667067N). S. Abb. S. 198. Beschreibung und Digitalisat abrufbar unter der Einblattdruck-Datenbank der BSB: http://www.bsb-muenchen.de/Einblattdrucke.178.0.html

Text

1.
ACh Bernhard liebster Bruder mein/
Wie kräncket michs im Hertzen/
Daß wir hie solln gescheyden sein/
Welchs ich erfahrn mit schmertzen
Liebster Bruder vergeß ich dein/
Ach nein du bleibst im Gdächtnuß [sic] mein/
Bist deim GOTT trew geblieben/
Wie du erlangt die EhrenCron/
Die dir auffsetzet Gottes Sohn/
Daß soll mir auch belieben.

2. Ach Gott erbarms daß jhr geschwind/
Geend das kurtze Leben/
Jch newe Klag im Hertzen find/
Schrecken thut mich vmbgeben.
Liebster Bruder vergeß ich dein/
Ach nein du bleibst im Gdächtnuß mein/
Bist deim Gott trew geblieben/
Wie du erlangt die EhrenCron/
Die dir auffsetzet Gottes Sohn/
Das soll mir auch belieben.

3. Der plötzlich doch selige Fall/
Manchem zu Hertzen gehet/
Mann wird jhn spühren vberall/
Deß Herren Will geschihet.
Liebster Bruder vergeß ich dein/
Ach nein du bleibst im Gdächtnuß mein/
Bist deim Gott trew geblieben/
Wie du erlangt die EhrenCron/
Die dir auffsetzet Gottes Sohn/
Das soll mir auch belieben.

4. Dein Will Herr Gott der bleibt gerecht
Vernunfft kans nicht ertragen/
Wir bleiben allzeit deine Knecht/
Jn Frewd vnd trawrign Tagen.
Liebster Bruder/ &c.

5. Herr Gott ich dacht/ nun hett ein End/
Mein Trawren vnd mein Gremen/
Weil du mein Söhnlein nahmbst behend2 /
Thust jetzt den BRVDER nehmen.
Liebster Bruder/ &c.

6. Mein Söhnlein ich dir gerne ließ/
Dacht du solst mit beschliessen/
Warumb thustu O GOTT den Rieß/
Der sich deins Worts beflissen.
Liebster Bruder/ &c.
|| [186]
7. Der Fall mich nicht allein versehrt/
Doch kräncket michs im Hertzen/
Sondern dein arme kleine Herd/
Empfind solchs auch mit Schmertzen.
Liebster Bruder/ &c.

8. Ach Gott ich hofft/ ich würd erquickt/
Du werdst mich wieder Laben/
Für Frewd hastu mir zugeschickt/
Ein newes Creutz erhaben.
Liebster Bruder/ &c.

9. O Bruder Bernhard Euch zu sehn/
Het ich grosses Verlangen/
Mit Ewer Liebden vmbzugehn/
BRVDERLICH zu vmbfangen.
Liebster Bruder/ &c.

10. Aber ach Gott das gschicht hier nicht/
Hie Zeitlich ists geschehen/
Der Todt hat Euch nun hingericht/
Dort will ich Euch schon sehen.
Liebster Bruder/ &c.

11. Nun Herr/ was soll ich weiter sagn/
Dein Will der ist der beste/
Ob du mich zwar hast hart geschlagn/
An dir hang ich auch feste.
Liebster Bruder/ &c.

12. Dein Gericht seyn vnerforschlich weit
Wir könnens nicht erreichen/
Wir leben hie in Angst vnd Streit/
Dir ist nichts zuvergleichen.
Liebster Bruder/ &c.

13. Du gibst vnd nimbst O trewer Gott/
Du bist der Herr der Ehren/
Bleib mein Schutz/ Schild in aller Noth/
Wirst mir auch Trost gewehren.
Liebster Bruder/ &c.

14. Mein fleisch van̄ blut ist zimlich schwach
Stärck es in meinem Leyden/
Wenn mein Zeit kompt/ hilff mir hernach/
Christlich von hier zu scheyden.
Liebster Bruder/ &c.

15. Jch laß nicht nach/ die EhrenCron/
Von meinem GOTT zu erlangen/
Auff daß ich vor seim höchsten Thron/
Darinnen möge prangen/
Wie du hertzliebster Bruder mein/
Dafür wir wollen Danckbar sein/
Vnd preisen Christi Namen/
Der geb mir hie vff dieser Welt/
Mein End/ wann/ wo/ wies jhm gefellt/
Das wird geschehen/ Amen.

Textapparat und Kommentar


Textapparat
T
a D1 Daß
b D1 getragen.
c D1 wolbewehrtem D2 wol bewehrtem
d D2 starck gerüste
e D2 Da kompt
f D2 vollgestirmtem
g D1 solt du
h D1 nunmehr D2 nuhmehr
i D1 nu
j D2 Jtzund
k D2 also fort
l D2 zu
m D1, D2 vmb
n D2 bündtnuß
o D2 bißher
p D2 trew eyffrich
q D2 ewere
r Eingefügt.
s D1 ewer
t D1 Haupt
u D2 jtzt
v D2 Druckfehler: woll’
w D1 nützen
x D2 Druckfehler: gilder
y D2 Haupt
z D2 jhn
aa D1 heischer
ab D2 muh’
ac D1 numehr D2 nuhmehr
ad D1 seynd
ae D2 eingeschlossen
af In D1 sind diese und die folgenden 5 Zeilen größer gesetzt.
ag D1 Dache
ah D2 warm’
ai D2 Druckfehler: rum
aj D2 Druckfehler: Vnbsterlich
ak D2 eignes
al D1 Hertzogen
am D2 mässig
an D2 Störig
ao D2 zur
ap Das Gedicht steht in D1 am Anfang (Bl. [A i] v).
aq D1 Garten
ar D2 gehet

Kommentar
1 Die drei anonymen Gedichte haben sich handschriftlich (und auch in dem im LHA Dessau nachgewiesenen Druckexemplar) „in den Acten der fruchtbringenden Gesellschaft, ohne Zweifel von einem Mitgliede herrührend“, erhalten, so 1879 der mit der Ordnung des hzl.-anhalt. Hofarchivs befaßte Gottlieb Krause (KL III, 33). Eine handschriftliche oder gedruckte Überlieferung außer den in Q genannten Textzeugen läßt sich nicht nachweisen, weder im ThHSTA Weimar (vgl. die Bestände: Fl. Haus A 972 u. 972a zum Tode Hz. Bernhards; Großhzl. Hausarchiv HA A VIII, Nr. 1,2,3; Sammlungsbestand „Historische Schriften und Drucke“ F 42, 43 u. 47–53; freundliche Auskunft von Volker || [187] Graupner), noch in der HAAB Weimar (starke Verluste durch den Brand im September 2004; freundliche Auskunft von Ingrid Arnhold), der FB Gotha (Teilnachlaß Hz. Bernhards: Chart. A 1174–1183 u. Chart. A 721–734; freundliche Auskunft von Cornelia Hopf) und dem ThSTA Gotha (reiche Bestände v. a. zur Rückführung der Leiche nach Weimar und den Beisetzungsfeierlichkeiten 1655, dem Jubeljahr des Augsburgischen Religionsfriedens: Geheimes Archiv E VI Nr. 5–14; Kammer Immediate Nr. 1584; ferner Geheimes Archiv E VI 5 Nr. 13; freundliche Auskunft von Rosemarie Barthel). Vgl. auch 390807A. — Denkt man wegen Hz. Bernhards Wirkungskreis/ Sterbeort und wegen des altdeutschen Kults an eine Entstehung im Straßburger Kreis oder speziell in der 1633 dort gegründeten Aufrichtigen Tannengesellschaft (TaG), kämen vielleicht auch Jesaias Rompler v. Löwenhalt (TaG) oder Johann Matthias Schneuber (TaG; FG 498. 1648) als Verfasser in Frage. Zu erinnern ist hier an den aufschlußreichen Umstand, daß Hz. Bernhard noch kurz vor seinem Tod Matthias Berneggers und Johannes Freinsheims (s. u.) Tacitus-Arbeiten mit 100 span. Dublonen unterstützt hatte. S. Edmund Kelter: Der Briefwechsel zwischen Matthias Bernegger und Johann Freinsheim (1629, 1633–1636). Ein Beitrag zur Kulturgeschichte der Zeit des Grossen Krieges. Hamburg 1905, 60; vgl. dazu Carl Bünger: Matthias Bernegger. Ein Bild aus dem geistigen Leben Strassburgs zur Zeit des Dreissigjährigen Krieges. Strassburg 1893, 330f. Romplers Verse allerdings erscheinen ausgefeilter als die drei hier von uns veröffentlichten, mit neuartigen Wortbildungen und eigener Orthographie, aber nicht ohne Dialektformen. Vgl. 370900. Ähnliches, wenn auch vermindert, gilt damals für Schneuber. In 470122 (KE, 379) kritisiert F. Ludwig Schneubers grammatische Fehler und dessen Einmischung von Daktylen in jambischen Versen. Die Alexandriner des Anonymus sind in der Regel gewandt, nicht ohne stilistische Kunst (Verdoppelung „Allhier hier“, „ob all-allen andern dingen“; Parallelismus „So lange hertz, mundt, handt, wirdt dencken, reden, schreiben“), aber sie verstoßen nicht gegen die Prosodie und Metrik von Opitz, entsprechen in Lexik und Grammatik wohl meistens auch den Erwartungen des strengen Fürsten. — Das imposanteste literarische Denkmal setzte dem Eroberer Breisachs Johannes Freinsheim (TaG) 1639, noch vor Bernhards Tod, in Teutscher Tugentspiegel Oder Gesang von dem Stam̄en und Thaten deß Alten und Newen Teutschen Hercules. Zur Prosodie und Grammatik des Straßburgers Freinsheim vgl. 400319. Unter den publizistischen Reaktionen auf die Einnahme Breisachs ragt ferner hervor das Gedicht Kaspar van Baerles (1584–1648): CASPARIS BARLÆI BRISACVM CAPTA, sive PANEGYRIS dicta Seren.mo Invict.moque Principi, BERNHARDO, Saxoniæ ... Duci (Amstelodami: Jo. & Corn. Blaeu 1639). HAB: 95.6 Quod. 2° (3). Die Gegenposition vertrat Jacob Balde S. J. (1603–1668) „AVCTORIS MELANCHOLIA. Quum è campis redux, audiret Brisacum à Duce Vinmario occupatum. In: JACOBI BALDE E SOCIETATE JESV LYRICORVM LIBER PRIMVS. O. O. u. J. (München 1643; HAB: Li 198), Ode XXXVI. Ndr. in: Jacob Balde: Opera Poetica Omnia. Bd. I. Neudr. der Ausgabe München 1729. Hrsg. u. eingel. v. Wilhelm Kühlmann u. Hermann Wiegand. Frankfurt a. M. 1990, Liber I, Ode XXXVI (S. 45f.). Vgl. dazu Krieg und Frieden I, 174. — Zum älteren Panegyricus Heinrichs v. Friesen d. J. (FG 683. 1658) auf Hz. Bernhard aus dem Jahr 1634 s. 330918 K 7. Hinsichtlich der Trauerdichtungen auf Hz. Bernhard sind die beiden Klagegedichte des Latein- und Poesielehrers am Straßburger Gymnasium, Samuel Gloner (1598–1642), zu erwähnen. Er war ksl. gekrönter Poet und ein in neulat. und dt. Gelegenheitsdichtung produktiver, nach seinem Tode vom Straßburger Rat aufgrund religiöser Intrigen damnierter, später weitgehend vergessener Autor. Gloner war befreundet mit Matthias Bernegger, Schneuber, Johann Valentin Andreae (FG 464. 1646) u. Johann Michael Moscherosch (FG 436. 1645). Dieser bat ihn in zwei Briefen vom 6. 4. und 23. 10. 1640 (Thomasarchiv Straßburg: Ms. 164) um Hilfe bei der Korrekturdurchsicht der Druckfahnen seiner Quevedo-Bearbeitung Wunderbahre Satyrische gesichte Verteutscht durch Philanders von Sittewald (Straßburg 1640), zu der Gloner dann auch ein deutsches Alexandrinergedicht beisteuerte. Vgl. Walter Ernst Schäfer: Eine Freundschaft im Zeichen || [188] „deutscher Spracharbeit“: Moscherosch und Harsdörffer. In: Daphnis 34 (2005), 137–183, hier 139ff.; Helmut Thomke: Josua Wetter und sein Straßburger Kostherr Samuel Gloner. In: Wolfenbütteler Beiträge 4 (1981), 205–233, hier 213f. Vgl. die Gedächtnisschrift auf den verstorbenen Gloner: Sanctis Manibus Eximii Literatißimique Viri DN. M. SAMUELIS GLONERI P. L. C. Latinitatis in celeberrimo Argentoratensium Gymnasio Præceptoris fidelissimi, de arte poëtica præclare meriti ... Hoc ... monumentum Consecravit Fautorum, Collegarum, & amicorum Pietas (Straßburg 1642), HAB: 48.7 Poet. (75); ferner DBA I, 397/ 269 u. 271; Faber du Faur II, 39; Literatur-Lexikon IV, 176f.; Monika Bopp: Die „Tannengesellschaft“: Studien zu einer Straßburger Sprachgesellschaft von 1633 bis um 1670. Frankfurt a. M. 1998, 123ff. (mit weiterer Literatur); Wilhelm Kühlmann u. Walter E. Schäfer: Frühbarocke Stadtkultur am Oberrhein. Studien zum literarischen Werdegang J. M. Moscheroschs (1601–1669). Berlin 1983, 26, 37, 41 u. ö.; Dieselben: Literatur im Elsaß von Fischart bis Moscherosch. Gesammelte Studien. Tübingen 2001, mit häufigen Verweisen auf Gloners Briefwechsel, s. bes. S. 128f., 203 u. 217; Rudolf Reuss: M. Samuel Gloner, ein Strassburger Lehrerbild aus den Zeiten des 30jährigen Krieges. In: Festschrift zur Feier des 350jährigen Bestehens des protestantischen Gymnasiums zu Strassburg. Hrsg. v. der Lehrerschaft desselben. 2 Tle. Strassburg 1888, I, 143–226, hier v. a. 214f. Die zwei Klagschriften Gloners zum Tode Hz. Bernhards sind: LESSUS IN BEATUM OBITUM SERENISS. ... DOMINI BERNHARDI SAXONIAE ... DUCIS ... REGNORUM CONFOED. ORDINUMQUE EVANGELIC. GENERALISSIMI ... SCRIPTUS ... à M. SAMUELE GLONERO, P. L. [o. O. 1640], mit einem allegorischen Porträt Hz. Bernhards (Frontispiz). HAB 48.7 Poet. (27) u. 202.67 Quod. (1); Klagschrifft Vber den hochbetrawrlichen frühezeitigen todtfall ... Herren BERNHARDEN/ Hertzogen zu Sachsen ... der Confœderirten Königreichen vnd Evangelischen Ständt GENERALISSIMI; Welcher zu Newenburg am Rhein sanfft vnnd seelig im Herren entschlaffen/ Den 8. Julij im jahr Christi M. DC. XXXIX. ... geschriben von Samuel Glonern. Gedrukt im Jahr/ 1640. HAB: 48.7 Pol. (28) u. 202.67 Quod. (2). Gloner geht ins militärische Detail, schildert die Etappen von Bernhards Aufstieg, exponiert aber auch sehr entschieden die Versatzstücke antihabsburg. und evangel. Propaganda. Hz. Bernhard erscheint als Verteidiger der reinen Glaubenslehre und „der alten freyheit“ (S. 20). Er „Solt der erretter sein vnd friedens widerbringer/ | Wir meinten daß er solt befreyen gantz vnd gar | Vom joch der dienstbarkeit vnd noth die Teutsche schar“, indem er das „harte hertz“ des Feindes „Zu lang gewünschtem frid“ bewegen wollte (S. 6 u. 19). — Von Georg Rodolf Weckherlin stammen nicht nur ein Gedicht auf Hz. Bernhards langjährigen Geheimen Rat und Chefunterhändler Tobias v. Ponickau (FG 206), sondern auch fünf Gedichte auf den siegreichen und eine „Grabschrifft“ auf den verstorbenen Feldherrn. Letztere lautet: „STeh/ Leser/ seufz vnd wein. Der welcher keine müh | Gespahret/ des Reichs Recht vnd Freyheit hand zu haben, | Bernhard/ des Teutschlands Held/ vnd mit ihm ist alhie | Die Teutsche Redlichkeit vnd Dapferkeit begraben.“ Das Gedicht auf Ponickau und die Grabschrift auf Hz. Bernhard in Weckherlins Sammlung Gaistliche vnd Weltliche Gedichte (Amsterdam: Jan Jansson 1648), 555–560 u. 635, vgl. auch das Druckfehlerverzeichnis am Ende des Bandes (Faber du Faur II, Nr. 164a, Microfilm-Edition. HAB: Microfilm 1: 39). Ndr. in: Georg Rudolf Weckherlins Gedichte hrsg. v. Hermann Fischer. 2. Bd., Tübingen 1895 (Bibliothek des Literarischen Vereins in Stuttgart, CC), 245ff. (Nr. [282]) und 298 (Nr. [291]). Die übrigen Gedichte auf Bernhard stehen schon in Weckherlins früherer Ausgabe Gaistliche und Weltliche Gedichte (Amsterdam: Iohan Iansson 1641; HAB: 110.3 Poet. [1]), 161–165 (in der o. g. Ausgabe Amsterdam 1648: S. 654–658). Ndr. in: Georg Rudolf Weckherlins Gedichte hrsg. v. Hermann Fischer. I, 427ff. (Nr. [150–154]) u. jüngst in Schmid: Quellen, 127ff. Zu weiteren Trauerdichtungen s. Emil Weller: Annalen der Poetischen National-Literatur der Deutschen im XVI. und XVII. Jahrhundert. 2 Bde. Freiburg i. Br. 1862 u. 1864, I, Abt. 1, Nr. 914, 916, 917, 919 u. 1085. — Von den übrigen Trauerschriften auf Hz. Bernhard sind zu nennen: zunächst der illustrierte Einblattdruck Christ- || [189] liche kurtze Trawer=Klag über den vnverhofften tödlichen Abgang | Deß Weiland Durchleuchtigsten/ Hochgebornen Fürsten vnd Herrns/ | Herrn Bernhards/ Hertzogs zu Sachsen ... der vereinigten Cronen vnd Evangelischen Stände Generalissimi, | welcher den 8. Julij deß 1639. Jahrs/ in der Stadt Newenburg am Rhein/ sanfft vnd selig in Christo Jesu entschlaffen/ vnd darauff den 19. Julij zu Breisach im Münster | in hochansehlicher Versamblung mit herrlichen Solenniteten beygesetzt worden. o. O. u. J. (1639). Darunter Kupferstich: Herzog Bernhard auf dem Totenbett. Darunter ein ungez., undat. dt. Gedicht von 3 Strophen à 4 Zeilen. FB Gotha: Biogr. gr. 2° 593/2, Bl. 137v. Druckvariante in BSB München: Einbl. V,8 mn. Beide Blätter in Paas VII, P-2070f. — Ob der kurz nach 1612 in Weimar als Erzieher Pz. Bernhards tätige, dann im Zuge der ratichianischen Schulreform in Köthen und Weimar 1618 mehrfach genannte Barthold Nihus(ius) (s. 390901 K 16) als Verfasser der Gedichte in Frage kommt, ist aufgrund seiner Konversion zum Katholizismus 1622 und seiner in den 30er, vollends in den 40er Jahren demonstrierten Streitlust v. a. gegen seinen einstigen Helmstedter Lehrer Cornelius Martini und den Helmstedter Theologen Georg Calixt, aber auch gegen die „Weimarer Bibel“, unwahrscheinlich. Immerhin widmete er seinem einstigen Zögling ein anerkennendes Epigramm:
In obitum Illustrißimi BERNARDI, Saxoniæ Ducis Vinariensis,
Principis bellicosi, mei quondam domini.

Qui tumulant te, non tumulant; nisi, quicquid in orbe
Bernardum norit, contumulent pariter.“

(D. i.: Die Dich begraben, begraben Dich nicht, es sei denn, sie könnten das, was Dich in der Welt bekannt gemacht hat, zugleich mitbegraben.) BARTOLDI NIHVSII DISTICHA. LIBRI QVATVOR. Accedit ejusdem  EPIGRAMMATVM VARIORVM LIBER SINGVLARIS. COLONIÆ AGRIPPINÆ Apud IOHANNEM KINCKIVM. M DC XLII, S. 36. HAB: Li 6685. Vgl. auch seine eigene Sammlung Epigrammatum Libri duo, Köln 1641 (FB Gotha, StB Nürnberg; VD17 547: 664221P) und die Sammelausgabe Epigrammata Disticha Poetarum Latinorum, Veterum et Recentum, Köln 1642 (FB Gotha; VD17 547: 664056L), in denen sich das Distichon aber nicht befindet (wir danken Wolfgang Schlosser, UB Erfurt, für freundliche Auskunft). Vgl. ADB XXIII, 699f.; zur Kontroverse Nihus(ius) und Calixt auch Christoph Böttigheimer: Zwischen Polemik und Irenik. Die Theologie der einen Kirche bei Georg Calixt. Münster 1996, 50f.
2 Es ist hier nicht der Ort, Hz. Bernhards v. Sachsen-Weimar (FG 30) Leben und seine historische Bedeutung ausgiebig darzustellen. Das Bild des Glaubenshelden und Freiheitskämpfers wird in der jüngeren Forschung in seiner Ambivalenz gesehen und zurückhaltend beurteilt. In der FG hat er kaum eine nachweisbare Rolle gespielt: Kein einziger Gesellschaftsbrief an oder von F. Ludwig ist überliefert, keine der hier veröffentlichten bzw. genannten Lob- und Trauerschriften auf Bernhard erwähnt seine Mitgliedschaft. Immerhin erscheint „der Austrucknende“ auf dem Isselburg-Stich, der ein frühes FG-Gesellschaftertreffen zeigt (um 1622, abgebildet in DA Köthen I.1, S. 86); auch war er als „Aristander“ Mitglied der PA (vgl. 240112, 240301 u. ö.). Mit Ausnahme des Juli und September 1624, als Hz. Bernhard den Dessauer Hof besuchte, begegnet er in den FG-Korrespondenzen allenfalls am Rande und nur im Hinblick auf seine politischen und militärischen Funktionen. Was ihn mit der FG verband, ist ein stark protestantisch getragener, sich in der FG immer auch und zunehmend seit 1635 überkonfessionell-säkular verstehender Reichs- und Kulturpatriotismus. Hz. Bernhard, seit 1622 in evangel. Heeren kämpfend, hatte sich für die Fortsetzung des Krieges gegen Habsburg entschieden und trat daher nicht (wie seine Brüder) dem Prager Frieden bei, ließ sich von diesen auch nicht 1638 zu einem Beitritt bewegen. Hier war nicht zuletzt das Druckmittel der ksl. Belehnung maßgeblich, die die Weimarer Herzöge nicht verspielen wollten und zu einer Gesandtschaft an den Bruder veranlaßte. Am 3. 8. 1638 stellte der Kaiser die Lehensurkunde aus, allerdings war Bernhard darin nicht eingeschlossen. Vgl. Patze V.1.1, 169f.; Gustav Droysen: Bernhard von Weimar. 2 Bde. Leipzig 1885, II, 549. Bernhard agierte seit 1634 formal || [190] selbständig als Oberbefehlshaber der Truppen des (zerfallenen) Heilbronner Bundes (Bestallungsurkunde in Bernhard Röse: Herzog Bernhard der Große von Sachsen-Weimar. 2 Teile, Weimar 1828 u. 1829, II, 457–461; vgl. BSB München: Clm 10404, Bl. 93r–95v), seit der vertraglichen Allianz mit Frankreich (St. Germain, 27. 10. 1635, in Röse II, 469–476) faktisch aber abhängig nicht nur von Subsidien, sondern auch von Direktiven der französ. Regierung — eine Abhängigkeit, die er zwar zu umgehen hoffte, jedoch nicht abschütteln konnte. So bedingte er sich die Lgft. Elsaß als souveränes Fürstentum, nicht als französ. Lehen aus; ebenso lehnte er den persönlichen Eid auf den frz. König ab oder verwarf kategorisch die Vertretung seiner Interessen auf dem Kölner Friedenskongress durch die frz. Gesandten. Desgleichen schloß er allein in eigenem Namen den Übergabe-Akkord von Breisach und bestellte dort eigene Kommandanten und Statthalter. In seiner unmittelbar vor seinem Tod, in der Frühe des 8. 7. 1639 diktierten testamentarischen Verfügung (Röse II, 554–556) bekräftigte Bernhard seinen Wunsch, daß die von ihm eroberten Plätze „bey dem Reich Teutscher Nation erhalten werden“ und seinen Brüdern, allenfalls bei deren Weigerung interimsweise, bis „zu einem Universal Friden“, Frankreich zufallen sollten (zit. n. Röse II, 555). Vgl. 390807A K 3; zu Hz. Bernhard vgl. auch die Korrespondenz zwischen Frh. Enno Wilhelm v. Innhausen u. Knyphausen (FG 238) u. F. Ludwig 390814, 390909, 390929, 391113 K 8, 391125 K 10; s. auch AOSB SA VII, 325f.; Theatrum europaeum, Tl. 4 (1643), 13ff. u. 132. Vgl. zur Reaktion der weimar. Brüder 390807A K 3. Bekanntlich fielen Bernhards Truppen, Eroberungen und Besitzungen am Oberrhein einschließlich Breisachs und der Lgft. Elsaß nach seinem Tod an Frankreich (Vergleich von Colmar, 29. 9. 1639, Vertrag von Breisach, 9. 12. 1639, zw. der Krone Frankreich und den vier Direktoren im Militärstab und Hofstaat Hz. Bernhards um Johann Ludwig v. Erlach mit den Obristen Reinhold v. Rosa/Rosen, Gf. Wilhelm Otto v. Nassau-Siegen, Johann Bernhard v. Ehm/Öhm). Vgl. 390903 K 2 u. 390909 K 17; AOSB SA VI, 662, 677, 679f. u. ö.; Engelsüß (HAB: 441.19 Hist. [1]), 131ff.; Guthrie II, 92f.; Pufendorf: Kriegs-Geschichte, 11. Buch, 505–513; Theatrum europaeum, Tl. 4 (1643), 9f., 11ff., 33ff. 132, 193, 214ff.; Wedgwood, 369ff. Vgl. insgesamt zu Hz. Bernhard ADB II, 439ff.; Conermann III, 33; DBE I, 466; Findeisen, 286ff.; Krieg und Frieden I, 104f.; NDB II, 113ff.; Parker, 234f., 245, 248 u. 286; Droysen (s. o.); Johann Czerny: Über den Tod des Herzogs Bernhard von Weimar. In: Programm des K. K. Staats-Ober-Gymnasiums zu Wiener-Neustadt. 2 Tle., Wien 1905/06; Günther Franz: Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar. In: Forschungen zur thüringischen Landesgeschichte. Friedrich Schneider zum 70. Geburtstag. Weimar 1958, 43–54; Ariane Jendre: Diplomatie und Feldherrnkunst im Dreißigjährigen Krieg. Herzog Bernhard von Weimar im Spannungsfeld der französischen Reichspolitik 1633–1639. Berlin 1998 (Masch.schr./ Mikrofilm), v. a. 161ff.; Bernhard Röse: Herzog Bernhard der Große von Sachsen-Weimar. 2 Teile, Weimar 1828 u. 1829, II, v. a. 290 u. 311ff.; A. Scherlen: Der dreißigjährige Krieg im Elsaß (1618–1648). Fortsetzung des Geschichtswerkes von J. B. Ellerbach. 3. Bd.: 1633–1648. Mülhausen/ Oberelsaß 1928, 341ff.; Georg Schmidt: „Absolutes Dominat“ oder „deutsche Freiheit“. Der Kampf um die Reichsverfassung zwischen Prager und Westfälischem Frieden. In: Widerstandsrecht in der frühen Neuzeit. Erträge und Perspektiven der Forschung im deutsch-britischen Vergleich. Hg. Robert v. Friedeburg. Berlin 2001, 265–284, hier 279; ders. [Rezension]: Christoph Kampmann: Europa und das Reich im Dreißigjährigen Krieg. Geschichte eines europäischen Konflikts. Stuttgart usw. 2008. In: sehepunkte 8 (2008), Nr. 7 (15. 7. 2008), URL: http://www.sehepunkte.de/2008/07/11170.html.; Wilhelm Ernst Tentzel: Saxonia Numismatica oder Medaillen-Cabinet ... der Ernestinischen Linie ... Reprint der Ausg. von 1714, Berlin 1982, 3 Bde., II, 532–556 u. III, T. 38–40.
3 Nach bedeutenden Eroberungen in der Franche Comté im Winter 1638/39 und in Hochburgund (Frühjahr 1639), konnte Bernhard den Sommerfeldzug seiner Truppen, die im Juli 1639 bei Neuenburg über den Oberrhein setzten, schon nicht mehr begleiten. Er starb dort am 8. 7. und wurde im Breisacher Münster St. Stephan beerdigt (1655 holten || [191] seine beiden überlebenden Brüder Wilhelm [FG 5] und Ernst [FG 19] die Leiche heim, um sie in der Weimarer Stadtkirche triumphal beizusetzen). Sein Tod wurde in Leichenpredigten, öffentlichen Bekundungen und Epicedien betrauert. Vgl. Engelsüß, 107–121; die Akte „Herzog Bernhards Lebenslauf“, ThSTA Gotha: Geheimes Archiv E XVI Nr. 26. Vielfach aufgelegt wurde Daniel Rückers Trauerpredigt, von der sich im ThSTA Gotha eine Handschrift erhalten hat (in: Geheimes Archiv E VI 5 Nr. 13) und die lt. VD17 in mindestens 13 Ausgaben und Druckvarianten in Colmar, Basel, Hamburg und möglicherweise weiteren ungenannten Druckorten erschien: Christliche Trawr-Predigt/ Uber den hochbetrawrlichen tödlichen Fall ... Herrn Bernharden/ Hertzogs zu Sachsen ... der vereinigten Cronen/ vnd Evangelischen Stände Generalissimi. Welcher den 8. Julij dises 1639. Jahrs/ in der Stadt Newenburg am Rhein/ sanfft vnd selig in Christo JEsu entschlaffen/ Vnd Den 19. diß Monats zu Breisach im Münster ... beygesetzet worden. Gehalten im Münster daselbsten/ vnd auff Begehren in Druck verfertiget Durch Danielem Rückerum ... Erstlich gedruckt zu Colmar (1639). ULB Halle: Pon. Wc 126a, QK (VD17 3: 630893E). In dieser Ausgabe befindet sich als Frontispiz ein Kupferstich, das den Verstorbenen auf dem Totenbett mit daruntergesetztem deutschen Gedicht zeigt, bei dem am Schluß durch Blattbeschnitt (mind.) eine Zeile fehlt. Dasselbe ohne Frontispiz in ULB Halle: an Nv 4403 (6) (VD17 3: 606367E). Ausgaben und Druckvarianten ohne Angabe von Druckort und -jahr, aber ebenfalls mit dem Hinweis „Erstlich gedruckt zu Colmar“ u. a. in: HAB: 302.3 Theol. (20); ULB Halle: Pon. Wc 126b, QK; STB Berlin — PK: Ee 710-143; ferner in der HAB: Yv 418.8° Helmst. (7) u. RB Zwickau: 20.9.8. (25). Den beiden zuletzt genannten Drucken ist die fehlerhafte Verfasserangabe „Danielem Rvckrerum“ gemein. Schließlich mit dem Hinweis „Erstlich gedrnckt [sic] zu Colmar“ eine Ausgabe in STB Berlin — PK: Ee 710-209. Von den durch Georg Decker besorgten Basler Ausgaben nennen wir hier: Christliche Trawr-predigt/ vber den hochbetrawrlichen tödlichen Fall ... Herren Bernharden/ Hertzogs zu Sachsen ... Der vereinigten Cronen/ vnd Evangelischen Ständen Generalissimi ... Gehalten ... vnd ... verfertiget/ Durch Danielem Rückerum ... Gedruckt zu Basel/ bey Georg Decker (1639). HAB: 375.7 Theol. (6) u. Gm 4131. Weitere Baseler Ausgaben: HAB: QuN 236 (2); ULB Halle: an Pon. Wc 122, QK (1); STB Berlin — PK: Ee 710-121; RB Zwickau: 49.3.6. (10). Vgl. schließlich noch die Ausgabe „Erstlich gedruckt zu Basel/ bey Georg Decker“, FB Gotha: Theol. 4° 00888/04 und die von Tobias Gundermann verlegte und von Hans Gutwasser gedruckte Hamburger Ausgabe, HAB: 393.3 Theol. (6) u. J 110.4° Helmst. (17).
4 Stieler, 2626: Zeug, der, pl. die Zeuge; „materia rerum, ex qvâ, & in qvâ omnia sunt, [...] etiam est, ipse exercitus, copiae militares“, s. auch Rüstzeug, Zeughaus (Waffenhaus), Feldzeugmeister („praefectus officio tormentario“) usw.; also sowohl die gesamte Ausrüstung eines Kriegers oder eines Heeres mit Waffen, Munition, Rüstung, Saumzeug usw., wie auch der gerüstete Zug selbst, wie im vorliegenden Falle. Vgl. auch unten „Zu schützen diesen Zeug“, ebenfalls Adelung Wb. IV, 1695ff.; DW XV, 831f.
5 Diese poetische Erfindung geht wohl auf Daniel Rückers Trawr-predigt zurück, Ausg. Basel (1639), S. 24 (HAB: 375.7 Theol. [6]; s. Anm. 3): „Es hat Jhn Gott gleichsam mit diesen Worten/ als Er jhn abgefordert/ angeredt: Ey du getrewer Knecht/ du bist mir getrew gewest/ du hast das deine gethan/ du hast dem Evangelischen Wesen widerumb einen guten Grund gelegt/ niemand wills erken̄en/ niemand will darauff achten/ niemand will sein Leben bessern/ darumb gehe eyn in deines HERREN Frewde/ du bist groß gnug/ dein Name ist groß gnug/ deine Thaten sind groß gnug.“ Eine in Coburg, der damaligen Residenz Hz. Ernsts v. Sachsen-Gotha, vielleicht auf dessen Anordnung geprägte Gedächtnismünze zeigt auf dem Revers den im Harnisch knieend betenden Herzog, den eine Hand aus den Wolken mit einem Lorbeerkranz krönt, dabei das Wort „EVGE Serve Bone“ („Ey du frommer Knecht“). Tentzel (s. Anm. 0), II, 551ff. u. III, T. 40, Nr. 2.
6 1638 war es Hz. Bernhard v. Sachsen-Weimar gelungen, seine Armee wieder auf das rechte Rheinufer zu führen, um im Inneren des Reiches in das Kriegsgeschehen einzugrei- || [192] fen. Im Frühjahr 1638 wurden die vier österreich. „Waldstädte“ am Hochrhein, Säckingen, Laufenburg, Waldshut (Januar/ Februar) und Rheinfelden (12./ 22. 3.) erobert, wobei der bayer. Feldmarschalleutnant Frh. Jan v. Werth gefangen genommen werden konnte. Bald darauf erfolgte die Einnahme Freiburgs i. Br. (1./ 11. 4.). Am 30. 7./ 9. 8. schlug Bernhard das vereinigte ksl.-bayer. Heer des Duca di Savelli und des Gf.en Götz’ bei Wittenweier. Im August wurde die Belagerung der als uneinnehmbar geltenden Festung Breisach begonnen, die zugleich Sitz der vorderösterreich. Regierung und Verwaltung war. Alle zum Entsatz der Stadt herbeieilenden ksl. Korps wurden geschlagen, so daß sich die ausgehungerte Stadt am 7./ 17. 12. ergab. Vgl. AOSB SA VII, 315ff.; Engelsüß, 77–104; Krieg und Frieden I, 385; Pufendorf: Kriegs-Geschichte, 10. Buch, 449–460; Ritter: Deutsche Geschichte, 603f. u. 606f.; Theatrum europaeum, Tl. 3 (1644), 1021ff. u. Tl. 4 (1643), 7; Wedgwood, 364ff.; Droysen (s. Anm. 2) II, 483ff.; Günther Haselier: Geschichte der Stadt Breisach am Rhein. 1. Halbbd.: Von den Anfängen bis 1700. Breisach 1969, 352ff.; Scherlen (s. Anm. 2), 310ff. Das Wolfenbütteler Exemplar der Flugschrift Warhafftige/ Vnparteyische Erzehlung was sich von dem 14/ 24 Octobr. biß den 23 Octobr./ 2 Novembr. an. 1638. vor: vnd vmb die Vestung Brysach begeben vnd zugetragen/ vnnd wie es nunmehr mit derselben auffs eusserste kommen (o. O. 1638; HAB: 57.12 Pol. [43]) war wohl durch Matthias Bernegger an Hz. August d. J. v. Braunschweig-Wolfenbüttel (FG 227) gelangt. Vgl. Berneggers Brief an August, d. d. Straßburg 21. 11. 1638. NSTA Wolfenbüttel: 1 Alt 22 Nr. 169, Bl. 9rv (überschickt zwei Exemplare der „Brysachischen belegerung“). Am 10. 12. 1638 drückt Bernegger Hz. August gegenüber dann die Freude aus, Breisach sei eingenommen, der Rheinpaß stehe offen. Ebd., 10rv. Für den Frieden aber war damit nicht viel gewonnen. Bernegger am 8. 2. 1639: Hz. Bernhard sei mit seinem Heer nach Burgund gezogen; „Jederman seuffzet nach dem edlen frieden“. Ebd., 13rv. — Die Einnahme Breisachs war nicht nur eine schwere Niederlage Habsburgs, die zum dauerhaften Verlust seiner oberrhein. Territorien führte, er schwächte auch nachhaltig die militärischen Optionen Spaniens und des Kaisers an der „Spanischen Straße“ bzw. im Westen des Reichs. Vgl. das Original der Kapitulationsurkunde im Nachlaß Hz. Bernhards in der FB Gotha: Chart. A 730, Bl. 408–410. Vgl. auch die Flugschriften: Warhaffter Bericht/ Vnd Beschreibung: Was? Nach deme ... der fast vnüberwindliche Platz/ Prysach/ in dem OberRheinStrom gelegen/ von J. F. G. Hertzog Bernhard von Sachsen Weinmar/ etc. den 7. Decemb. Anno 1638 eingenommen ... Anno 1639. HAB: 57.12 Pol. (39); dass., anderer Druck HAB: 57.12 Pol. (41); Zeitungen Von Brysach/ Wie solche vornehme Festung/ nach langer Blocquir= vnd Belagerung endlich den 9. Decembr. mit Accord vbergangen/ vnd also aus den H. Römischen Reichs Händen/ in Frantzösische Gewalt gerahten. Darbey die Accords-Puncten (o. O. 1639). ULB Halle: Pon. Vc 4401, QK; ACCORDS-Puncten/ zwischen Jhr. Fürstlichen Gnaden Herrn Bernharden/ Hertzogen zu Sachsen ... Vnd dem Herrn General Feldzeugmeistern/ Freyherrn von Reinach/ als Gouverneur zu Brysach/ wegen Vbergab derselben Stadt und Vestung/ etc. O. O. (1638). HAB: 57.12 Pol. (40); Brysachische Accords=Puncten. zwischen Dem Durchleuchtigen/ Hochgebornen Fürsten vnd Herrn ... Bernharden/ Hertzogen zu Sachsen ... Vnd dann Herrn General FeldZeugmeister/ Freyherrn von Rheinach/ als Gubernatorn der Stadt vnd Festung Brysach. Neben einer kurtzen Relation des von den Keyserischen beschehenen Außzugs/ vnd der in Brysach gewesenen Hungersnoth. Den 9. 19. Decembr. 1638 (o. O. u. J.). HAB: T 645.4° Helmst. (10), ULB Halle: Pon. Vc 4397, QK; Druckvariante ULB Halle: Pon. Vc 4397a, QK. Weitere Drucke u. Druckvarianten der Übergabe-Vereinbarungen in SLB Dresden: Hist. Germ. C 569, 39 und SLB Dresden: Hist. Germ. C 569, 42. Vgl. auch die im Stile der Flugblätter verfaßten Zwey schöne HochzeitLieder/ Vber der Vestung Brysach/ Wie J. F. Gn. Hertzog Bernhard von Weymar nach Jhr lange Zeit gefreyet/ vnd endlich Sie zur Braut bekommen (Frankfurt 1640). HAB: QuN 564a (7); Ein hüpsch new Lied/ Von der Belägerung vnnd Eroberung der Statt Breysach/ im Elsaß gelegen: Durch ... Hertzog Bernharden von Sachsen Weinmar/ deß Evangelischen Bunds Generalissimum... Gedruckt im || [193] Jahr Christi/ 1639. STB Berlin — PK: Ye 6901 = R; schließlich den illustrierten Einblattdruck: Preisachischer Accordts Puncten Extract So zwischen der Röm. Kais. Majest. Herrn General FeldZeugmeistern Freyherrn von Reinach/ vnd Hertzog Bernhardts von Weimar Fürstl. Gn. den 18 (28) Decembr. 1638. vorgangen und beschlossen worden/ darauff folgenden Tags der Außzug geschehen (o. O. 1638). STB Berlin — PK: Einbl. YA 7485m. Vgl. Paas VII, P-2060f. Auch ließ Hz. Bernhard seinen Hofprediger Daniel Rücker (1605–1665) umgehend eine Dankpredigt im Breisacher Münster halten: Christliche Danck- Vnd Erste Evangelische Predigt/ Jn der vornehmen vnd weitberümbten Vestung Breysach/ alß selbige Dem Durchleuchtigsten ... Fürsten vnd Herrn/ Herrn Bernhardt/ Hertzogen zu Sachsen ... der alliirten Cronen vnnd Evangelischen Ständen Generalissimo ... den 7. Decemb. 1638. vbergeben worden. ... Auff Christliche Anordnung Hochgedachter Jhrer Fürstl. Gn. den darauff folgenden 16. Tag ermeldten Monats gehalten/ durch DANIELEM RÜCKERUM, Fürstlichen Sächsischen HoffPredigern/ vnd deß Feld-Consistorij Præsidem. Gedruckt zu Colmar/ Durch Georg Friderich Spannseil/ Jm Jahr 1639. FB Gotha: Hist. 8° 06540-6541 (43); ULB Halle: Pon. Wc 122a, QK. Eine weitere Ausgabe erschien ebd. („erstlich Gedruckt zu Colmar/ Durch Georg Friderich Spannseil/ 1638 [sic]“): HAB: 375.7 Theol. (5) u. 502.13 Theol. (17); eine weitere ohne Angabe von Ort, Verlag und Drucker „im Jahr 1639“, ULB Halle: Pon. Wc 122b, QK. Der schwed. Kommandant in Erfurt, Oberst Heinrich v. der Goltz (1600–1643), tat es Hz. Bernhard nach und ließ am 27. 12. 1638 einen Dankgottesdienst abhalten: Tripudium Gera-Svedicum, Das ist: Christliches Frewden= vnd DanckFest. Der Schwedischen vnd aller rechtgläubigen Christen. Für die vnterschiedenen herrlichen Victorien/ die im abgewichenen 1638. Jahr/ der allmächtige Gott ... Herrn Bernharden/ Hertzogen zu Sachsen ... verliehen hat. ... Von Joachimo Sturmio ... Gedruckt zu Erffurdt (1638). SLB Dresden. Hist. Sax. B. 180, 24. Die zahlreichen die Belagerung, Einnahme und Hz. Bernhard selbst betreffenden Gerüchte und Nachrichten haben auch in Christian: Tageb. ihren Niederschlag gefunden, vgl. Bd. XV, Bl. 36v, 38r, 40r, 44v, 60r u. 75r. Bl. 57v (in Wien, 10. 11. 1638): „Man sagt allhier, die gewaltige festung Brisach seye eingenommen [...]. Jch kan es aber noch nicht glauben.“ 80v (in Prag, 8. 12. 1638): „Man sagt: Breysach seye vber, mais je ne ce croy pas encors“. Am Vortage nach Bernburg zurückgekehrt, ereilte F. Christian II. am 22. 12. 1638 die Nachricht von der Übergabe der Stadt (88r, vgl. 88v u. 89v).
7 Aus der Testamentsbeglaubigung des Kanzlers Hans Ulrich Rehlingers v. Leder, Breisach, 25. 9. 1639, dem Hz. Bernhard sein Testament diktiert hatte: „[...] haben Jhro Fürstl. Gn. geantwortet, Ja, Sie hätten noch viel zu befehlen; aber die Zeit wolte Jhnen zu kurz werden“. Er habe Rehlinger nach Abschluß des Diktats zur sauberen Niederschrift hinausgeschickt, „damit Jhre Fürstl. Gn. Zeit hätten, sich zu Gott zu schicken, weil das Ende nun mehr vorhanden wäre.“ Zuletzt habe er auch andere Anwesende aus seinem Gemach gewiesen: „Jhr Brüder gehet hinauß, Jhr machet mich sonst irre, Jch habe genug mit euch geredt, Jch muß nun mit Gott reden.“ Zit. n. Röse (s. Anm. 2) II, 558, vgl. 326f. Auch Rücker berichtet in seiner Trawr-predigt von den letzten Stunden Hz. Bernhards, in denen er ihm beigestanden habe. Kurz vor dem Ende habe Bernhard gebeten: „Jhr Brüder/ gehet hinauß/ jhr hindert mich/ dann ich hab jetzund mit Gott zu reden.“ Ausg. Basel (1639), S. 42 (HAB: 375.7 Theol. [6]). Vgl. Droysen (s. Anm. 2), II, 573f.
8 Die Frömmigkeit Hz. Bernhards auch während seiner Kriegszüge wird immer wieder betont, vgl. etwa Freinsheim: Teutscher Tugentspiegel (1639; s. Anm. 1 u. 400319 K 3), Bl. Q [i]v f.; Engelsüß, 83, 88, 99: Bernhard als „Exempel eines frommen Fürstens vnd Gottsförchtigen Feldhauptmans“; vgl. auch Röse (s. Anm. 2) II, 221.
9 Es gab lt. Röse (s. Anm. 2), II, 328, Schmähschriften des Grafen Virgilio Malvezzi und des Mönches Fossati, die Bernhards Qualitäten dennoch anerkennen mußten. Schon Engelsüß, 97, kolportierte das herrliche „Judicium“ der Feinde über Hz. Bernhard.
10 Die drei hier veröffentlichten Gedichte aus dem Erzschrein [sowie das Lied Herzog Wilhelms IV. v. Sachsen-Weimar (FG 5) (Beil. I)] sind — im Vergleich zu den oben ge- || [194] nannten Leichenpredigten und Epicedien — in ihrer auffälligen propagandistischen Zurückhaltung doch bemerkenswert: Weder werden die konfessionelle Karte wie etwa in den Predigten Daniel Rückers oder bei Georg Engelsüß und Samuel Gloner emphatisch ausgespielt, noch militärische Karriere und Erfolge Bernhards en detail nachgezeichnet wie bei Freinsheim, noch auch das Testament des Herzogs politisch-patriotisch ausgewertet und gegenüber der erstarkenden französ. Position am Oberrhein verteidigt, wie bei Rücker oder im Falle des ungenannt bleibenden weimar. Offiziers (vgl. 390807A K I 2). Die theologische Legitimation, die etwa Bernhard zum „Heerführer“ Gottes erhob, der die Kinder der wahren Kirche aus der typologischen ägyptischen „Dienstbarkeit“ errettet habe, oder die „den gerechten GOtt auff vnserer Seiten“ verortete (Rücker in seiner Breisacher Danck-Predigt von 1638/39, Bl. A ijr, B ijv u. [C iv]v (HAB: 375.7 Theol. [5], s. Anm. 6), bleibt hier relativ unausgeführt und auf einen Satz zu Eingang des ersten Gedichtes beschränkt, so daß es den Anschein hat, die sonst gefeierte Größe als Glaubensstreiter und Kriegsheld werde für das Bild des moralischen Heiligen stark zurückgenommen, so daß auch der patriotische „Verfechter der Freyheit“, der mit „Tugend/ Trew vnnd Redlichkeit das gemeine Wesen“ gefördert habe und mit dem „gefallen [ist] das teutsche Wesen/ die teutsche Freyheit/ der Teutschen Zuflucht vnd Trost“ (Rücker über Bernhard in seiner Trawr-predigt, Basel 1639, S. 6, 20 u. 7; HAB: 375.7 Theol. [6]), eher verhalten bezeugt wird. Ob sich hier eine im Vergleich zu den Genannten mangelnde Kenntnis der Situation, fehlende unmittelbare Betroffenheit oder eine politische Tendenz niedergeschlagen hat, die entweder den ernestinischen Brüdern noch Verhandlungsspielräume mit dem Kaiser freihalten, oder womöglich die militärische Option und die konfessionelle Frontstellung bereits aufgegeben hat, wird nicht ersichtlich, verdiente aber eine genauere Untersuchung. Denkbar ist, daß Bernhard als Tugend-„Held“ den weiteren politisch-militärischen Konflikten, die sich um seine und die Rolle seiner Armee entspinnen sollten, ein Stück weit entrückt und der für seine Parteigänger, Anhänger und die Ernestiner darin verborgene Zündstoff entschärft werden sollte, was für einen Verfasser aus dem Umkreis des Hauses Weimar sprechen könnte. Da v. a. das erste Gedicht in Erfindung, Disposition und elokutiver Raffinesse zwar nicht ohne Kunstgriffe (s. Anm. 1), insgesamt aber doch einfach und schlicht erscheint, dürfte der Verfasser kein professioneller „virtuoso“, sondern eher ein Laiendichter gewesen sein, wie sie im fruchtbringerischen Hof- und Adelsmilieu zu finden waren. Das gattungsgemäß einfache und metrisch obendrein holperige Lied (s. etwa Anfang der 3. Strophe) Hz. Wilhelms (Beil. I) läßt sich dieser Einschätzung mühelos anschließen.
1 Das im Titel des Lieddrucks erwähnte Kirchenlied „An Wasserflüssen Babylon“ ging auf Ps. 137 zurück und stammte in Text und Melodie von dem Straßburger Organisten und Musiklehrer Wolfgang Dachstein (1487–1553). Es war erstmalig erschienen in „Der dritt theil Straßburger kirchen ampt“, Straßburg 1525, dann weit verbreitet und lange in Geltung, so in allen Straßburger und vielen anderen Gesangbüchern des 16. Jahrhunderts (Nürnberg 1531 etc., Magdeburg 1540 etc., Zürich 1540, Pfalz-Neuburg 1557 usw.). Martin Luther nahm Text und Weise — die bis heute als wunderbares „Melodiegebilde“ gerühmt wird — 1545 in das Babstsche Gesangbuch (Leipzig 1545) auf. Vgl. das Babstsche Gesangbuch von 1545. Faks.dr. mit e. Geleitwort hg. v. Konrad Ameln. Kassel usw. 1966, in den „Psalmen vnd Geistlichen Liedern“ als Nr. 1 unter dem Titel: „Der hundert vnd sieben vnd dreissigst Psalm. Super flumina Babylonis“; Handbuch zum Evangelischen Kirchengesangbuch. Bd. III.1: Liederkunde. 1. Teil: Lied 1 bis 175. Von Eberhard Weismann u. a. Göttingen 1970, 289–293, hier 293. Auch im 17. u. 18. Jh. war das Lied in evangelischen Gesangbüchern noch populär. Vgl. etwa GEsangbüchlein DOCT. MART. LUTH. mit etlichen D. Philippi Nicolai, vnd D. Cornel. Beckers/ Item mit anderen Teütschen/ vnd Lateinischen newen Gesängen erweitert ... Durch Gottlieb Vom Hagen (Jena: Er- || [195] hard Berger 1654), 262f. (HAB: Tl 294); CANTIONAL, Oder Gesang=Buch Augspurgischer Confession/ Jn welchem des Herrn D. Martini Lutheri, vnd anderer from̄en Christen/ auch des Autoris eigene Lieder vnd Psalmen ... So in Chur= vnd Fürstenthümen Sachsen/ insonderheit aber ... allhier zu Leipzig bräuchlich. Verfertiget/ vnd ... componiret Von JOHAN-HERMANO Schein/ Grünhain. Director der Music daselbsten. Zum andern mal gedruckt/ vnd ... vermehret (Leipzig: Jacob Schuster 1645: Timotheus Ritzsch), Lied Nr. CLXXXIII (mit Noten) (HAB: Tl 543); Neuvermehrtes Weimarisches Gesangbuch, bestehend aus 1185 alten und neuen geistlichen Liedern zum nützlichen Gebrauch in Kirchen und Schulen, der sämtl. Hochfürstl. Weimarischen Lande ... Jetzo neu übersehen, mit einem Anhange und einer Vorrede begleitet von Johann Gottfried Herder. Weimar 1784, Nr. 727 (HAB: Tl 660). Paul Gerhardt (1607–1676) dichtete zu der Dachsteinschen Melodie 1647 sein Passionslied „Ein Lämmlein geht und trägt die Schuld“, das bis heute im Evangelischen Gesangbuch zu finden ist. S. Evangelisches Gesangbuch. Ausgabe für die Evangelisch-Lutherischen Kirchen in Niedersachsen und für die Bremische Evangelische Kirche. Hannover 1994, Nr. 83. Gerhardts Lied wurde neu zu einem geistlichen Konzert vertont von Johann Hermann Schein: An Wasserflüssen Babylon: [oder Ein Lämmlein geht und trägt die Schuld: geistliches Konzert für 2 Soprane, Instrumentalbass (ad. lib.) und Continuo]. Hg. Paul Horn. Stuttgart-Hohenheim 1962 (Das geistliche Konzert, 115). Siehe auch Johann Sebastian Bachs Choral, BWV 653, 653a u. b. Vgl. Jörg Erb: Dichter und Sänger des Kirchenliedes. Bd. 1. Lahr-Dinglingen 21970, 73f.; Albert Friedrich Wilhelm Fischer: Kirchenlieder-Lexicon. Hymnologisch-literarische Nachweisungen über ca. 4500 der wichtigsten und verbreitetsten Kirchenlieder aller Zeiten in alphabetischer Folge nebst einer Übersicht der Liederdichter. 1. Hälfte, Gotha 1878, 44; 2. Hälfte, Gotha 1879, 434, und Supplement, Gotha 1886, 12; Handbuch zum Evangelischen Kirchengesangbuch. Bd. II.1: Lebensbilder der Liederdichter und Melodisten. Bearb. v. Wilhelm Lueken. Göttingen 1957, 65f.; Handbuch zum Evangelischen Gesangbuch. Bd. 2: Komponisten und Liederdichter des Evangelischen Gesangbuchs. Hg. Wolfgang Herbst. Göttingen 1999, 70f.; dass., Bd. 3: Liederkunde zum Evangelischen Gesangbuch. Hg. Gerhard Hahn u. Jürgen Henkys. Heft 5, Göttingen 2002, 60–69; Philipp Wackernagel: Das deutsche Kirchenlied von der ältesten Zeit bis zu Anfang des XVII. Jahrhunderts. 3. Bd., Leipzig 1870, 98 (Text); Johannes Zahn: Die Melodien der deutschen evangelischen Kirchenlieder, aus den Quellen geschöpft und mitgeteilt. 4. Bd., Gütersloh 1891, 508f. (Nr. 7663) (Text und Melodie); Das deutsche Kirchenlied. Kritische Gesamtausgabe der Melodien. Abt. III, Bd. 1: Die Melodien bis 1570. Teil 2: Melodien aus mehrstimmigen Sammelwerken, Agenden und Gesangbüchern I. Vorgelegt von Joachim Stalmann, bearb. v. Daniela Garbe u. a. Notenband. Kassel usw. 1996, 123; dass., Textband. Kassel usw. 1997, 128ff.; dass., Abt. III, Bd. 2: Die Melodien 1571–1580. Vorgelegt von Joachim Stalmann, bearb. v. Rainer H. Jung u. a. Textband. Kassel usw. 2002, 303f.
2 Der im Mai 1639 verstorbene Prinz Johann Wilhelm v. Sachsen-Weimar (Weimar, 16. 8. 1630 – Weimar, 16. 5. 1639). S. AD I, 406; EST I.1, T. 155; Otto Posse: Die Wettiner. Genealogie des Gesamthauses Wettin ernestinischer und albertinischer Linie. Leipzig u. Berlin 1897, T. 10. || [196] || [197] || [198]
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