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390807A Diederich von dem Werder an Fürst Ludwig
[Inhaltsverzeichnis]
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390807A

Diederich von dem Werder an Fürst Ludwig


Diederich v. dem Werder (FG 31. Der Vielgekörnte) übersendet F. Ludwig (Der Nährende) eine politische Stellungnahme F. Augusts v. Anhalt-Plötzkau (FG 46) und bittet ihn, ihm vor seiner für den nächsten Tag geplanten Gesandtschaftsreise nach Weimar auch noch Anweisungen zukommen zu lassen, insbesondere hinsichtlich der Ansprüche Hz. Wilhelms IV. v. Sachsen-Weimar (FG 5. Der Schmackhafte) an Frankreich nach dem Tode Hz. Bernhards v. Sachsen-Weimar (FG 30).

Beschreibung der Quelle


Q HM Köthen: V S 544, Bl. 409r–410v [A u. Empfangsvermerk: 410v], 409v u. 410r leer; eigenh.; Sig. [Handschrift: [Bl. [409r]]

Anschrift


A Dem Nehrenden zuhanden Cöthen
Darunter eigenh. Empfangsvermerk von F. Ludwig: Pres. 7. Aug. 1639.

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Dem Nehrenden werden hiermit die Plötzkawischen gedancken1 über bewuste wichtige Sache, dem verlas2 nach, zugeschickt: wan derselbe nuhn auch noch etwas darbey zuerrinnern, insonderheit, wie weit sich der schmackhafte3 dieses anspruchs zu seinem vortheil gegen franckreich, nocha etwas draus zuschneiden4 gebrauchen könte, vndt mich dessen, neben andern seinen gedancken, theilhaftig machen wolte, So geschehe dem Vielgekörnten eine sonderbare hohe gunst hierinnen. Man versiehet sich morgen der abfuhre5 , doch stehet es dahin. Gott mitt uns. Reinsdorf an des buchs nahmens tage6 , darüber die Knaben in den Schulen so ofte mit ruhten gestrichen werden, wie dem Vielgekörnten selbsten wiederfahren; Sonst den 7. AugustMonats. jm jahr 1639.
   Des Nehrenden allerdienstwilligster
   Der Vielgekörnte.
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I

Fürst Ludwigs Antwortzettel


F. Ludwig stimmt dem Plötzkauischen Bedenken zu und mahnt gleichermaßen zu Vorsicht wie Eile in Verfolgung der (vorsichtig umschriebenen) Angelegenheit. Bevor indes keine Kenntnis über noch bestehende Unklarheiten erlangt worden ist, sollten Beratungen hintangestellt werden. Gewiß verschaffe die Erbschaft (dem Erbberechtigten) private Vorteile, aber der öffentliche Nutzen, den der Verstorbene (Hz. Bernhard v. Sachsen-Weimar; FG 30) mit seinem Vorsatz so löblich befördere — wenn er tatsächlich so niedergeschrieben wurde — sei wert, allgemein bekanntgemacht und in seiner patriotischen Ausrichtung befolgt zu werden. Es erübrige sich für F. Ludwig, en détail Stellung zu nehmen, weil (von Weimar her) kein weiterer Rat erbeten worden sei. — Es folgen zwei Impresenentwürfe.

Beschreibung der Quelle


Q HM Köthen: V S 544, Bl. 428rv, 428v leer; undat. eigenh. Konzept. [Handschrift: [Bl. [428r]]

Anschrift


A Fehlt.

Text


Das Plötzkauische bedencken1 ist durchlesen, und so gestellt, das darbey ohne weitteren berichtt nichts zuerinnern; Alleine will doch in erkundigung und anstellung der sache, auch grosse behuttsamkeitt unda keine versäumnis zu gebrauchen sein, darvon nichts aber eher zu reden, und darin zu rahten, biss man von allen noch ermangelnden klare wissenschafft habe. Kein Eigennutzen kan daraus weiter gesuchtt werde[n], als was die erbschafft an sich selbst mitt sich bringett, den gemeinen2 betreffende ist gleichwoll der gutte fursatz des abgeleibten zu loben, derselbe iedermenniglich, wenb er wie geschrieben, richtig, kund zu thun, und was dan dem Vatterlande ersprösslich darbey in acht zu nehmen. Weill auch dieses ortsc sonsten kein Raht begehrett, ist nicht nöttig, sich deswegen ferner zu bemuhen

Der Richtigste3 Chinesischer JngwerDemd schwachen magen
oder Einrichtende
Der Ein[r]ichtendeLinenVerruckte glieder

Textapparat und Kommentar


Textapparat
T
a Eingefügt.

T I
a Bis versäumnis am Rand ergänzt, und keine eingefügt für <doch nicht>
b Lies: wenn
c Gebessert aus dieser orte
d Eingefügt über 2 gestrichenen Wörtern.

Kommentar

K
1 Die Plötzkauischen Gedanken müssen Überlegungen F. Augusts v. Anhalt-Plötzkau (FG 46), damaliger Senior des anhaltinischen Gesamthauses, bezeichnen. Die „bewuste wichtige Sache“ aber bezieht sich auf die reichspolitisch äußerst heikle Frage des territorialen und Kriegsstaats-Erbes des am 8. 7. 1639 bei Neuenburg a. Oberrhein verstorbenen Hz.s Bernhard v. Sachsen-Weimar (FG 30), der dem Prager Frieden seine Zustimmung verweigert hatte und folglich als Feind von Kaiser und Reich geächtet, jedenfalls nicht „reconciliiert“ war. Vgl. Anm. 3 u. Beil. I, ferner 370722 K 10 u. 390800 K 2. Von Bernhards Tod hatte man in Anhalt wohl um den 26. 7. erfahren, vgl. Christian: Tageb. XV, Bl. 182v, 183r, 187v u. 194v. Diederich v. dem Werder (FG 31. Der Vielgekörnte) reiste Ende Sep- || [206] tember 1639 tatsächlich auch mit einem sachsen-weimar. Verhandlungsmandat in Sachen des bernhardischen Erbes nach Dresden und zum schwed. Feldmarschall Johan Banér (FG 222). Geplant war auch eine Fahrt nach Wien bzw. Prag. Zuvor, im August und September, fand sich Werder mehrfach in Weimar ein, um die eigenen Pläne (Abwehr oder Minderung der Kontributionsforderungen Frh. August Adolfs v. Drandorff, des kursächs. Befehlshabers in Magdeburg) mit denen der Ernestiner u. a. zu koordinieren. S. 390903 K 2, vgl. 390906 K 2 u. 390826.
2 Hier Absprache oder Vereinbarung. S. 380321 K 7.
3 Hz. Wilhelm IV. v. Sachsen-Weimar (FG 5. Der Schmackhafte). Sein Anspruch auf Hz. Bernhards Erbe bezieht sich auf dessen Testament. An seinem Todestag (s. Anm. 1) hatte Bernhard u. a. diktiert: „was die eroberte land anlanget, weil vnß Gott dieselbe gonen [lies gönnen] wollen, und es hoch considerable land vnd plätze sein, so wollen Wir, daß solche bey dem Reich Teutscher Nation erhalten werden, vnd derowegen Verschaffen vnd vermachen Wir dieselbe hirmit einem vnserer freundlichen lieben Herren Brüdern, welcher dieselbe anzunemen begehren wirdt, vnd derselbe kan vnd wolle sich bey Jhro May. vnd Cron Schweden aufs beste alß immer möglich, insinuiren, Damit S. Lden bey gedachten Landen vmb so viel destomehr manteniret werden möge. Solte aber unserer Herrn Brüder keiner die Lande annemen wollen, so halten wir für billich, daß Jhro May. inn Franckreich inn allwege den Vorgang habe, Doch dergestalt, daß Jhro May. vnd vnsere garnisonen darinn gehalten, vnd wann es zu einem Universal Friden kommen wirdt, die Lande dem Reich restituirt werden sollen.“ Zit. n. Bernhard Röse: Herzog Bernhard der Große von Sachsen-Weimar. 2 Teile, Weimar 1828 u. 1829, II, 554f. Daß drei sachsen-weimar. Gesandte, darunter Heinrich Philibert v. Krosigk (FG 341. 1639), nach Breisach reisten, um mit den Direktoren der bernhardischen Armee (s. 390800 K 2) zu verhandeln, und daß Krosigk im Frühjahr 1640 sogar nach Paris zog, weil dort das entscheidende Wort über Hz. Bernhards politisch-militärischen Nachlaß gesprochen wurde, ist belegt. Immerhin prüften die Emissäre die Abrechnungen des ehemaligen Kanzlers Hz. Bernhards, Hans Ulrich Rehlingers v. Leder, so daß es vielleicht doch um mehr ging als jene „particuliere affairen“ oder „res privatas“, die Hugo Grotius in zwei Briefen vom 7. u. 9. 1. 1640 als Grund der weimar. Gesandtschaft in Breisach nannte. Grotius: Briefwisseling XI, 12 u. 14; vgl. Theatrum europaeum, Tl. 4 (1643), 36 u. 216. Christian: Tageb. XV, Bl. 208v (17. 9. 1639): Nachricht, daß sich „mittlerweile die Brisachischen tractaten mitt den Weymarischen“ verzögerten. In der Tat weckte das politisch-militärische Erbe Hz. Bernhards viele Begehrlichkeiten, Franzosen wie Schweden, der von England unterstützte Pgf. (seit 1648 Kf.) Karl Ludwig v. der Pfalz (der deshalb auf seiner Reise von England zur weimar. Armee kurzerhand in Frankreich festgesetzt wurde, vgl. 390929 K 7 u. 391113 K 10) und selbstverständlich der Kaiser machten ihre Interessen bzw. Rechte geltend. Hz. Wilhelm IV., lt. Bernhards Testament der vorrangig Berechtigte, wollte nicht die Armee, sondern nur Breisach und die von Hz. Bernhard am Oberrhein eroberten Gebiete. Er hoffte dabei auf die Zustimmung des Kaisers — weil sonst Frankreich unweigerlich das Erbe an sich zöge und es für das Reich verloren wäre — wie auch der Schweden, denen er vermutlich die weimarische Armee einzuräumen gedachte. Vgl. dazu die aufschlußreiche Andeutung in Banérs Bericht an Oxenstierna, d. d. 1. 12. 1639 in AOSB SA VI, 679, s. 390903 K 2. Um die Zustimmung von Kaiser und Schweden einzuholen, bat Hz. Wilhelm die vier Direktoren des bernhardischen Kriegsstaates um Verhandlungsfrist und schickte „den Obersten Werder an den Churfürsten zu Sachsen/ hernach an Banern/ und endlich an den Ertz-Hertzog [Leopold] Wilhelmen nach Prage“. Frankreich aber fragte nicht lange nach dem Testament, sondern ließ, so Pufendorf, Geld sprechen. Schon im September 1639 hatte es das Erbe an sich zu ziehen gewußt. Pufendorf: Kriegs-Geschichte, 11. Buch, 510; vgl. 390800 K 2 u. 390909 K 17. Die ksl. Regierung, der Kurfürstentag in Nürnberg Anfang 1640 oder auch andere wie der schwed. Feldmarschall Johan Banér hatten dies befürchtet. Banér war sich über die schwindenden Einflußmöglichkeiten Schwedens gegenüber den || [207] „Bernhardinern“ früh im Klaren. Er habe, so schreibt er im zuletzt erwähnten Brief vom 1. 12. 1639, auch von anderen vertrauenswürdigen Informanten erfahren, „dass die directorn und obersten derselben sich mit dem Könige in Franckreich sehr weit eingelassen, die besatzung in Brysach auch schon mit den Deutzschen durch Frantzösische guarnison halbiret, und die im felde des Königs offerten der bezahlung und continuation ihrer besoldung acceptiret, scheinet, dass von Ihr Königl. May:tt direction selbige armée durch die vorgangene practicken in so weit abgeleitet, dass sie wohl zu den Frantzosen willen verbleiben dürffte.“ AOSB SA VI, 679f. u. 677, vgl. 662. Aber auch Hz. Wilhelm traute der ewig mißtrauische Banér nicht über den Weg. Im Mai 1640 sah er Hz. Wilhelm zwar zu „actionen gegen den Keyser“ geneigt, wollte ihm aber „keine gelegenheit“ einräumen, „sich unter einigem schein und fürwandt gegen eine oder andere occasion considerabel zu machen“. AOSB SA VI, 746. Im Dezember 1640 argwöhnte er, die weimar. Offiziere könnten Hz. Wilhelm die Armee in die Hände spielen wollen. Vgl. AOSB SA VI, 807f.; insgesamt vgl. auch Bierther, 23 u. 69f., Brockhaus, 81ff. u. 164; Patze V.1.1, 171; 390800 K 2, 390826 K 1 u. 390903 K 2. Auf der anderen Seite war der Kaiser keineswegs gesonnen, die Verluste seiner vorderösterreich. Lande hinzunehmen und schloß vornehmlich aus diesem Grunde noch im September 1639 zu Ebersdorf ein Militärbündnis mit Spanien und Ehzn. Claudia v. Tirol zur Rückeroberung Vorderösterreichs. Vgl. Brockhaus, 50; Kampmann, 131; Theatrum europaeum, Tl. 4 (1643), 135ff. Auf dem Regensburger Reichstag bat der Kaiser den Kurfürstenrat am 29. 4. 1641, mögliche Ansprüche der Brüder Hz. Bernhards oder Frankreichs auf das Elsaß, die aus Bernhards Testament abgeleitet würden, für nichtig zu erklären. S. Bierther, 173.
4 DW XV, 1261f.: „aus dem gebrauch des verbums vom schneiden der früchte [...] entwickelt sich die bedeutung ‚einen vortheil, einen gewinn erlangen’, womit sich nicht selten der nebensinn des unrechtmäszigen, wucherischen verbindet [...] wenn man zu hofe ein handel auffscheubet [...] er wirdt hingelegt, und vergessen, offt nicht der herrn unnd fürsten halben, sondern dasz etliche von räthen wöllen finantzen darausz schneiden. Egenolff, sprichw.“.
5 Es ist unklar, ob Werder tatsächlich am nächsten Tag zu Sondierungen nach Weimar aufbrach. Daß er im August und September, noch vor seiner großen Gesandtschaftsreise zu Banér und nach Dresden, verschiedentlich zu Konsultationen in Weimar war, ist aber zweifelsfrei belegt. S. Anm. 1.
6 Am 7. 8. wird u. a. das Gedächtnis des hl. Donatus v. Arezzo gefeiert, eines Bischofs und Märtyrers aus der Mitte des 4. Jh.s, den Werder hier mit dem gleichzeitigen Aelius Donatus in Verbindung bringt, dem Lehrer des hl. Hieronymus und Verfasser einer mit seinem Namen metonymisch verknüpften lat. Grammatik. Der „Donat“ wurde über Jahrhunderte im schulischen Lateinunterricht eingesetzt.

1 Vgl. oben zu K 1. Das vorliegende Notat F. Ludwigs dürfte Diederich v. dem Werder (FG 31) abschriftlich noch am 7. 8. 1639 aus Köthen ins nahe Reinsdorf gebracht worden sein.
2 Gemeiner Nutzen. Diese Passage bezieht sich offenbar auf den Letzten Willen Hz. Bernhards v. Sachsen-Weimar (FG 30), der die von ihm eroberten oberrheinischen Territorien beim Reich erhalten wissen wollte und überhaupt sein Agieren gesamtpatriotisch begründete. S. o. K 3 u. 390800 u. I. Auch in 390814 lobte F. Ludwig „la tres bonne intention que ce Prince avoit, pour procurer une paix generale“. Wenn die Ernestiner sich etwas aus der Erbschaft erhoffen durften, dann nur, wenn sie Kursachsen und den Kaiser überzeugten, daß z. B. der Besitz Breisachs durch die Ernestiner im Interesse des Reichs war. Ludwig schärfte das offensichtlich hier Werder ein, um die Weimarer Neffen vor einem egoistischen, familiären, kurzsichtigen Anspruchdenken zu warnen. Vgl. oben K 3. Mit Vatterland ist hier sicher nicht Sachsen-Weimar, sondern ganz Deutschland/ das Reich ge- || [208] meint. Daß die Franzosen hieran wenig Interesse hatten, ist Ludwig klar. Und ebenso war bald unverkennbar, daß die Direktoren des weimarischen Kriegsstaats, v. a. Johann Ludwig v. Erlach, im Begriff waren, einem energisch zupackenden Frankreich die durch Bernhard eroberten oberrhein. Besitzungen in die Hände zu spielen. Vgl. oben K 3 u. 390903 K 2. Mit dieser Briefpassage, die die testamentarische Absicht Hz. Bernhards als patriotisch einstuft, sind wir inmitten einer Diskussion innerhalb der zeitgenössischen politischen Publizistik, die durchaus die Konfessions- und Parteigrenzen überschreiten und ein friedensgesinnt-patriotisches Gesamtinteresse verfolgen konnte, das nicht nur zum Kaiser, sondern auch zu den auswärtigen Kronen auf Distanz ging. Hz. Bernhards politisches und militärisches Erbe geriet dabei rasch auf den Prüfstand. Ganz lapidar statuiert Christian: Tageb. XV, Bl. 221v, d. d. 21. 10. 1639: die weimarische Armee „will deutzsch bleiben, ist aber doch frantzösisch“. Vgl. auch Bl. 202v (2. 9. 1639) u. 235v (3. 12. 1639). Berühmt ist jene mehrfach aufgelegte Flugschrift eines ungenannt bleibenden (fingierten?) weimarischen Offiziers geworden, die dem Verratsvorwurf begegnet, Hz. Bernhards patriotische Absichten verteidigt und Frankreichs erstarkenden Einfluß im Westen des Reichs mit Sorge und Ablehnung verfolgt: AbtruckSchreibens/ Von einem fürnehmen Officier vnter der von Hertzog Bernhardt Sachsen Weinmar/ hinterlassenen Armee/ wegen Einnehmung Frantzösischer Guarnison in Breysach/ an seinen vertrawten Brudern abgangen. Darauß zu ersehen was für Wetter an dem Himmel/ vnd weme am meisten zu wachen obgelegen sey ... Gedruckt im Jahr Christi M. DC. XXXIX. HAB: 202.79 Quod. (43); WDB. Vgl. auch die Ausgabe o. O. 1639, HAB: 57.12 Pol. (31) und den Nachtruck eines abgetruckten Schreibens, o. O. 1639, BSB München: Res 4 Eur. 364, 38 (VD17 12: 191015N). Der Überzeugung und dem Testament Bernhards, sich nicht zu sehr von ausländischen Potentaten abhängig zu machen, sei leider nicht nachgekommen worden, heißt es darin (Ausg. HAB: 202.79 Quod. [43]), obwohl wir „vnser selbst eygen/ vn̄ vorderist deß Vatterlands Libertet betrachten/ vnd niemal vnser Macht vnd Capital in frembde Discretion ergebē“ sollten (Bl. A 4r). „Wir Teutsche Officierer/ welche vns bey diesem Krieg der Evangelischen vnd mit allierten Parthey beypflichtig gemacht/ haben vnser intention niemals anderst wohin gehabt/ als vnsern Gegentheil zu einem billichen Frieden vnd Vergleich zu bringen. Dahin hat Hertzog Bernhard einigist gezielet/ vnd die Hoffnung guter massen gehabt/ mit der restitution Breysach möchten viel grosse dem gemeinen Frieden biß Dato verhinderliche Stück auß dem Weg geräumet werden/ nicht daß dieses oder eynig anders dem Römischen Reich zuständig Orth darvon/ wie mit Metz/ Thul vnd Verdun [die Bistümer Metz, Toul, Verdun, die aber faktisch schon unter frz. Oberhoheit standen und im Westfäl. Frieden auch offiziell an Frankreich fielen, d. Hg.] beschehen/ abgezwackt/ vnnd in frembder Potentaten Hand kommen solle.“ (Bl. A 4v). Hier geht die Drohung des „Servituts“ nicht mehr, wie in der antihabsburgischen Propaganda zu Beginn des 30jährigen Krieges, vorrangig von Spanien, sondern von Frankreich aus. Was werden, fragt jener patriotische Offizier, die „rechtgeschaffnen teutschen Hertzen“ von uns halten, da „wir dem Vatterland einen solchen gewaltigen Nachbarn auff den Halß setzen/ der die vhralt erworbne Teutsche Libertet in die eusseriste Gefahr bringt“? (Bl. B [i]r). Es breche ihm das Herz, „wann ich gedencke/ daß mit so langwürigen Kriegen/ allda ich mein beste Jugend/ neben allem Haab vnd Gut in höchster Mühsambkeit verzehrt/ allein der Hoffnung/ einigist einmal widerumb einen beständigen Frieden/ vnd vnser liebes Vatterland in dem Stand/ wie es vor Zeiten gewest/ zu sehen/ vielmehr ein contrarius effectus, vnd wie es leyder genugsam am Tag ist/ dieses erfolgt/ daß außländische Potentaten/ Völcker vnnd Nationes, nach dem sie vns Teutschen das Marck auß den Beynen gesogen/ noch darzu vber vns herrschen vnd Dominiren, (darzu wir mit vnserm eygnen Schweiß vnd Blut jhnen verblendter thumbsinniger weiß wie arme Schlaven helffen) das Römische Reich vnter sich theilen/ die Teutsche Libertet zu nicht machen/ vnd vns mit dem allerhöchsten/ vnd so lang Teutschlandt stehet/ vnerhörtem Spott das jugum seruitutis vberbinden sollen.“ (Bl. B ijr). Der Offizier legitimiert implizit, wie Hz. Bernhards Hofprediger Daniel Rücker (1605–1665) || [209] in seiner Leichenpredigt auf den Herzog explizit die fortgesetzte Kriegsführung und das patriotische Ziel eines allgemeinen, gerechten und beständigen Friedens u. a. mit dem „vermeynten Pragerischen Fried“ (Trawr-predigt, Basel 1639, HAB: 375.7 Theol. [6], S. 14; s. 390800 K 3). Zur politischen Publizistik dieser Zeit vgl. auch 390131 K 15.
3 F. Ludwig gab Werder Gesellschaftsangaben (Gesellschaftsname, Impresenbezeichnung und „Wort“) für die Aufnahme zweier neuer Mitglieder der FG mit auf den Weg nach Weimar: Hz. Johann Ernst v. Sachsen-Weimar (FG 342. 1639. Der Richtigste) und Friedrich Hortleder (FG 343. 1639. Der Einrichtende). Tatsächlich wurden noch zwei weitere weimarische Hofleute damals oder bei einer zweiten Reise Werders nach Weimar (vgl. 390903 K 2) aufgenommen. S. 390826. Zu den Gesellschaftsangaben vgl. Conermann III, 391‒393.
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