Text
Einganga | unter
b des
c Edelen
d Knabens eigener | Person
e |
Jn̄f dieser
Durch- | läuchtigesten
g / Hochadelichen/ Tapfferen
h / Man- | hafften
i / sehr
Gelehrten
j / Heiligen
k / Tugendhafften
l und
m | Volckreichen Versamlung
n öffentlich
o
aufzutretten
p und
m behertzt
q | zu reden
r ist
s in warheit kein geringes/ und
t zwar
also zu reden
r| das
u nichts unnützes
v / nichts vergebliches
w / nichts gemeines
x / son-
| dern was fürtreffliches
y / anmutiges
z und
aa wichtiges
ab / nemlich
ac | von
ad dem
hochbegehrten
ae allerliebsten Frieden/ etwas nach | gravitätischer
af art
ag herfür
gebracht
ah und
ai vernom- | men
aj werden möge. |
Vom Frieden sage ich;ak | || [
242]
NJcht
al von dem/ wie er wol
am ehemals
an auf
ao seinem Throne
ap sitzende mit höchster
triumphirender
aq glückseligkeit
ar in diesem unseren
as Vaterlande
at geherschet
au /
sondern
av wie er von uns bekrieget
aw / verjaget
ax / und
ai ins Elend/ in die weite/
ferne
ay / und
az zwar auf
ba eine lange zeit
bb ohne ziel
bc / itzo
bd verwiesen und
az
verbannet ist.
Wann man nun
be die wichtigkeit
bf dieser Materi
bg samt
bh allen gegenwertigen
bi
ümbständen
bj bedencket/ So
bk hettet jhr euch mit mir nicht unbillich
bl zu
verwundern
bm / woher ich mich eines solchen hohen vorhabens
bn unterwinden
bo dörffte.
Jch/
bp der ich unter
bq allen anwesenden schier der jüngeste
br an jahren
bs ; Jch: der
ich der freyen künste
bt noch zur [2]
zeit der unwissendeste. Jch: der ich wegen angebohrenen langsamen Geistes und
verstandes
bu der unlehrsamste. Jch: der ich im reden der aller ungeübteste und
darzu (welches dannoch das fürnemste ist) von heischer stimme/ von schwerer Zunge
bv /
unfertigen Lippen/ unverständtlicher und verdrießlicher ausrede bin.
Also das in betrachtung dessen mein gemüht leicht erschrecken/ die Sinne erstarren/
der Mund verstummen/ und wol gar ursache
bw haben könte/ den Fuß aus dem Kreyse dieser
herrlichen und Hocherleuchteten
bx vorgaderunge
by wieder zu rücke
bz zu ziehen/ einen
geschicktern an meine statt herfür tretten zulassen/ und ich mich zu den Füssen des
geringesten dieser Gesellschaft/ zuzuhören/ setzen möchte.
Aber ich bin aufgetretten auf geheiß dessen/ der über mich alles vermag
ca / von deme
ich nechst Gott/ mein Leben empfangen/ und den
cb ich über alle menschen zu lieben und
hoch zu halten/ ja biß auf den letzten blutstropffen meines leibes zu gehorsamen/
schuldig bin.
Auf deßen wehrten befehl stehe ich allhier/ meinen Mund zu öffnen/ euch einen fürtrag
nicht in Lateinischer oder anderer frembden Sprache/ (welches wol vielleicht auf eine
andere Zeit/ auch einmal geschehen kan) sondern Teutsch zu thun. Teutsch: Darumb weil
diese Sache Teutschland am meisten itzo betrifft. Teutsch: darmit darzuthun und zu
beweisen/ daß darinnen eben so kräfftige und herrliche fürträge aufs zierlichste und
Majestätischeste/ als in einiger Zungen unter der Sonnē geschehen/ und abgeleget
werden können; zugeschweigen das solches in unserer tapfferen Muttersprache selten
und vielleicht gar nie geschiehet. [3]
Am allerfürnemesten aber thue ich Eüerent
cc des hochlöblichsten/ löblichsten/
gelobten und geliebten Frauenzimmers wegen diese meine rede Teutsch/ in deme ich nach
anleitung eueres tieffesten verehrers/ meines
cd wolgedachten hochgeehreten vorgängers
und höchsten gebieters/ ich alles mein thun und lassen/ mein Sinnen und dichten
ce /
meine Wercke
cf und vorhaben: Vnter anderen auch insonderheit zu euerer behägeligkeit
cg /
erbauelicher begnügung und wolgefallen/ als Eüer auch junger angehender eigener
getreuer und ehrliebender Diener/ gerne mit richten und anwenden wolte.
Wann nun jhr allesamt dieses hochansehnlichsten ümbsasses
ch 1 / und darunter
insonderheit jhr theüren und unschätzbaren Frauen/ Freulein und Jungfreulein/ mich
mit gnädigen und liebreichen augen ansehet/ wann jhr mir Euer gnädigestes/
geneigetes
ci und gütigstes Ohr verleihet/ wann jhr eure holdselige hertzen || [
243] zu mir
neiget/ so wird meine heischere stimme einen hellen klang geben/ meine zunge und
lippen werden euch fertig anscheinen/ meine schwehre Aussprache wird euch lauter
Wolredenheit düncken/ meine
cj Gestalt/ und nicht eben so gar förmliche Sitten und
Geberden werden euch zierlich und anmutig fürkommen. Summa alle meine Fehler werden
durch euere
ck Gnade
cl / und Liebe zugedecket und unvermercket
cm bleiben.
Wolan/ so stehe ich dann allhier/ meine Lippen aufzuthun/ die Hoheit/ die
Fürtreffligkeit/ daß Recht und den überschwenglichen nutzen des Friedens Euch zu
erklären; Jch stehe allhier/ des Friedens stelle zu vertretten/ sein wort zu
sprechen/ und sein Recht zu behäupten. [4]
Oder ich wil klagen und reden in der Person des Friedens:
cn Ja bildet Euch ein/ ja gläubt es vielmehr/ der gekröhnete Friede habe selber
seine Wohnung in mir/ er herberge in meinem Hertzen/ in allen meinen Adern und in den
innersten meiner Seelen/ Er besitze alle meine Sinne und Gliedmassen und rede/
seufftze und wehklage durch meinen Mund also:
Rede des Friedens.
Höret jhr Potentaten der gantzen Christenheit/ höret aber fürnehmlich jhr Häupter und
Glieder Teudschenlandes
co / mercket auf meine rede/ und lasset keine meiner thränen
unaufgefangen/ auch keines meiner worte ungehöret
cp auf die Erde fallen.
cq Wenn
cr jhr mich den güldenen Frieden:
cs cqWenn
cr jhr mich den güldenen Frieden gleich unverschuldeter
ct weise/
cscqWenn
cr jhr mich den güldenen Frieden gleich unverschuldeter
ct weise/ jedoch mit
euerem
cu nutzen angefeindet/ geschlagen und von euch verjaget
cv hettet/ so wolte ich
nur über meine zugefügete schmach und euere
cw unbilligkeit
cx mich beklagen: Nun jhr
aber den Brunnquellen aller menschlichen glückseligkeit mit mir zugleich von euch
vertreibet/ und hergegen ein Meer aller Trübseligkeiten zu euch einleitet und an euch
ziehet/ so lieget mir ob/ euern
cy elenden Zustand/ mehr als meine Schmach
cz zu
beweinen/
da und mit denen/ da ich vermeinete
db mit zu zörnen
dc / ein schmertzliches
mitleiden
dd zu tragen. [5]
Einen liebhabenden von sich verstossen
de / ist unmenschlich: Einen wolverdieneten
df
hassen/ ist grosser undanck: Seinen Vater und Schutzherren
dg beleidigen/ ist mehr als
gottloß. Aber alle die herrliche bequemligkeit[e]n/ so ich mit mir führe/ nicht
achten/ und hergegen einen abscheulichen
dh hauffen alles greuels
di und unheils mit
gewalt an sich zu locken/ ist wol die euserste thorheit so erdacht
dj werden kan.
Auf boßhaffte und verschelmete
dk Leute sol man billich zörnen/ aber was kan man über
euch gantz unsinnige und wütende Teudschen anders thun/ als thränen
dl vergiessen.
Darzu
dm so seit
dn jhr auch ümb keiner anderen
do Ursache willen mehr zu beweinen/ alß das
jhr euch nicht selber beweinet/ auch in dem am aller unglückseligsten/ daß jhr euer
dp
unglück nicht erkennet: dann die größe seiner kranckheit recht erkennen/ ist keine
geringe stafel zu
dq der genesung. || [
244]
Der itzige
dr deutsche
ds Krieg: ist der gleichsam ein Oceanisches Meer alles übels/ so
hin und her in der gantzen Natur gefunden werden mag? Muß durch dessen untugend die
blüht
dt verwelcken/ das gesamlete zerrinnen/ das gestützete
du zerfallen/ das
wolgebauete
dv zergehen/ daß süsse verbittern? Jst nichts so heilig/ heer
dw und
gottselig/ so nicht durch den Krieg vergräuelt
dx und zerschändet wird? Jst nichts
unter der Sonnen den Menschen schädlicher und den Engelen
dy wiedriger
dz ?
Hergegen ich von Göttlicher und Menschenstimme gelobeter Friede/ Eine Quelle/ Ein
Vater/ ein Ernehrer/ Ein vermehrer/ Ein beschützer aller heilsamen [6]
dinge/ so der Himmel beschliessen
ea und die Erde tragen mag.
Jst und bestehet ohne mich nirgend nichts blühendes/ nichts sicheres/ nichts reines/
nichts heiliges? Jst den Menschen nichts liebers/ noch den Engelen etwas
angenehmeres/ als der wehrte Friede?
Hilff ô unsterblicher Gott! wer kan euch Teudschen dann für Menschen halten/ wer kan
denn
eb glauben/ das einiges krühmelein gesunden verstandes euch beywohne
ec / die jhr
mich eine solche edele und theure gabe verachtet/ und mit so mächtigen kosten/ mit
solchem unsäglichen fleisse/ mit solchen sorgen/ mit solchen anschlägen/ mit so
vieler gefahr euch bemühet/ mich zu verfolgen/ auszujagen und hinweg zu treiben/ und
dargegen ein solches überschwenckliches übel/ einen solchen grausamen greuel
2 so hoch
und theuer euch zuerkauffen
ed gedencket.
ee Wann mich die wilden Thiere dergestalt verachteten/ wolte ich
ef es
eg leichter
ertragen/ und es jhrer unwissenheit zurechnen/ Sintemal die Natur jhnen die kräffte
des Gemühtes verneinet hat/ mit welchen man alleine meine hochgeschätzete gaben
durchschauen kan.
Aber ô des erschrecklichen wunders/ die Natur hat nur ein leibliches geschöpff herfür
gebracht/ das mit vernunfft begabet und göttlichen gemühtes fehig ist/ auch zur
freundligkeit und eintracht geneiget sein kan und sol/ und unter dessen ist gleichwol
bey allen
eh wildem Vieh und tummen Thieren/ sie mögen namen haben/ wie sie wollen/
viel ehe platz und raum/ als bey den Menschen/ für mich zu finden. [7]
Schauet an die menge der Himmelischen kreise/ ob jhre bewegungen
ei gleich
unterschiedlich/ auch jhre kräffte nicht einerley/ so bestehen dennoch jhre
Bündnüsse
ej durch so viel tausent Jahr hero fast
ek 3 und unverruckt.
Schauet an! wie die unter sich streittende eigenschafften der Elemente
el / dennoch
einen stetswehrenden Frieden durch ein gleichmäßiges gegengewicht erhalten.
Wie ist doch unter den gliedmassen des leibes/ ob sie einander wol gantz nicht
gleichförmig seind/ dennoch eine
em solche getreue einhelligkeit/ wie fertig und
geschwinde seind sie eines das ander zu beschützen
en .
Was kan einander unähnlicher sein als Leib und Seele? Mit was dichter nohtwendigkeit
die Natur jedoch diese beyde miteinander verknüpffet habe/ erscheinet eigentlich in
der stunde am klärlichsten/ wann sie von einander getrennet werden sollen.
Sehet das unvernünfftige Viehe lebet jedes nach seiner ahrt in bürgerlicher einigkeit
miteinander. Die Elephanten gehen in hauffen beysammen/ die Schafe werden in Heerden
geweidet/ die Kraniche
eo fliegen Mandel und stiegenweise
ep mit || [
245] einander/ die Störche
halten jhre
eq Kräyß- und Reichstäge/ auch ist der Bienen und Ameissen einträchtige
Policey genugsam bekant.
Was rede ich aber von diesen? welche ob sie wol ohne vernunft seind/ so haben sie
doch sinne und empfindligkeit.
An Bäumen und Kräutern/ so ohne Sinne und fühlung seind/ stehet auch friede und
eintracht zu erkennen.
Etzliche seind unfruchtbar/ es werde jhnen dann jhr [8]
Männlein beygepflantzet/ den Vlmen ümbfehet der Weinstock/ den
er Weinstock der
Pfirsickbaum/ Also das die/ so sonsten Sinn- und fühlloß
es seind dennoch den Frieden
lieben und fühlen.
Was kan tummer und unempfindlicher sein als Steine/ und dennoch haben dieselben
et auch
jhre neigungen
eu zu fried’ und freundschaft: Der Magnet zeucht eisen an sich/ und helt
das angezogene feste.
Wie? kommen doch die aller wütensten und reißensten wilden Thiere mit einander wol
über ein. Der Löwen grausamkeit streittet nicht mit einander/ Ein hauendes Schwein
wetzet sein gewehr nicht gegen ein anders: Der Luchs heget mit dem Luchse frieden/
der Drache wütet nicht wieder den Drachen/ Auch ist der Wölffe einträchtigkeit durch
ein Sprichwort berühmet worden.
Dieses wil ich noch als das aller wundersameste hinzu setzen: Die hellischen Geister/
(durch welcher boßheit der Engel und Menschen friede und eintracht am ersten ist
zerrissen und verstöret worden/ und noch
ev tägelich verstöret und zerrissen wird)
haben dennoch jhr starckes bündnüß unter sich/ und beschützen mit zusammen gesetzten
Sinnen und einmütigkeit jhre Tyranney/ Es mag auch nun dieselbe so groß sein/ als sie
immer wolle.
Die Menschen nur alleine kan weder die Natur (die sonst in anderen dingen doch so
kräfftiglich
ew und mächtig ist) noch die gutten
ex unterweisungen/ noch die aus dem
Frieden entspringende nutzbarkeit zum Frieden bewegen/ noch das unzehliche aus den
Unfrieden herquellendes übel und unheil zur gegenliebe unter einander antreiben. Da
doch kein Geschöpff unter der Sonnen zu finden/ [9]
welchem die einmühtigkeit besser anstünde/ noch derselben mehr von nöhten hette.
Der Mensch hat von Natur für allen anderen Thieren die gnade/ daß er verstehen/ reden
und antworten kan/ Er hat den Saamen der Zucht und Tugend in sich/ ist eines
sittsamen und zur Eintracht geneigten gemühtes/ hat einen erbittlichen Sinn/ und kan
thränen vergiessen/ damit er wegen zugefügeter beleidigung desto leichter wieder
außgesöhnet werden könne.
Andere Thiere bringen jhr gewehr mit auf die welt/ der Mensch alleine wird Wehr und
Waffenloß gebohren.
Schauet/ durch so viel und noch tausenterley mehr gaben hat die Natur dem Menschen
den Frieden und Eintracht beybringen/ und jhn mit unzehlichen süssen anreitzungen zur
freundschafft laden und locken wollen.
Die vereinigete und doch Kriegende Niederteudschen verstehen dieses wol/ gebrauchen
mich zu jhrem Häupt- und Heerspruche/ und prägen meinen Ruhm auf jhre silberne und
güldene Müntzen/ setzende.
|| [
246]
Durch Eintracht blühen auf und wachsen
kleine sachen/
Die Zwietracht aber pflegt die großen klein
zu machen.
Was für ein arger
ey wütender Geist hat dann so kräfftig bey den Menschen sein
können/ die alle diese heylsame Friedens gaben dergestalt zerrissen/ vernichtet und
ez
zersteubet/ und hergegen die unersättliche wüttende [10]
Kriegsbegierde jhme in die Brust geseet und eingeimpfet hat.
Nun dem sey also/ das die Natur bey dem Menschen in diesem Passe nichts vermöge/
dieweil sie bey denen/ die ohne Vernunfft/ ohne fühlung und empfindligkeit seind/
vermögend ist.
Wie? sol aber auch CHRistus bey den Christen nicht gelten?
Wo die lehren der Natur nicht durch können/ da wird ja die Lehre CHRisti
durchdringen/ welche nichts mehr/ als mich den wehrten Frieden treibet/ lehret und
erinnert.
Wann ich den namen Mensch nennen höre/ also bald lauffe ich zu/ und vermeine/
dieselbe Creatur sey mir zu gutem/ und zu meiner ruhe gebohren. Höre ich aber den
Tittel der Christen/ so komme ich noch eilender und gar herzu geflogen/
fa der
hoffnung alda zu herschen und meine bottmäßigkeit zu üben.
Aber alhier auch schäme ich mich/ und verdreust mich die Warheit zu sagen.
Jn Städten und Flecken/ in Königlichen und Fürstlichen Höfen/ auf Rahthäusern und
Cantzeleyen/ in Schulen und Kirchen sauset und brauset es bey den Christen von Zanck
und uneinigkeit mehr als bey Heyden.
Komme ich in eine Stadt/ und vermeine alda ruhe zu finden/ dieweil die Einwohner in
einer Mauer beschlossen und von einerley gesetzen regieret werden. Aber ô ich elender
Friede! ich erblicke alles dergestalt von Zanck [11]
und Zwietracht geschändet/ daß auch kaum ein Haus dari[n]nen
fb anzutreffen/ in
welchem ich wenige tage nur eine bleibende stette haben köndte.
Darumb lasse ich auch den Pöbel fahren/ der ohne das von ungestümigkeit/ wie die
Meereswellen hingerissen und ümbgetrieben wird/ und wil mich an großer Herren Höfe/
als in einen
fc stillen Port
fd begeben/ dann die wissen ja mehr als der gemeine Mann/
Sie seind des Volckes auge/ zu deme ist jhnen der Friede theuer anbefohlen. Es felt
auch anfanges ein trefflicher schein des Friedens mir alda in die augen/ dann
daselbsten sehe ich viel höffliches begrüssens/ anmuhtigen ümbfahens/ fröliche
Gastereyen/ und allerley dienste der freundligkeit.
Aber ô des verkehrten betruges alda! Also das auch nicht einst der schatten des
wahren Friedens an dem orte zu schauen.
Es ist alda alles geschmincket und ertichtet/ alles ist mit öffentlichen und
heimlichen Practicken und falschen verstellungen erfüllet und verderbet/ das man auch
alhier ehe den Brunquellen des Krieges als einen Sitz für mich den Frieden finden
solte.
Aber was? Könige und Fürsten seind mehr in ansehen/ weil sie hohes Standes/ als das
Sie gelehrt sein solten/ lassen sich auch in gemein mehr von jhren begierden/ als von
gesundem
fe Urtheil leiten und führen/ darumb wil ich meine zuflucht zu den Gelehrten
nehmen. || [
247]
Alhier wird mir ja nach so langes ümbherschweiffen einmal zu ruhen vergönnet werden?
[12]
Aber ach leyder
ff Nein! Schauet alhier ist eine andere art zu kriegen/ zwar nicht
so blutig/ aber eben so toll
fg und unsinnig/ als jehne.
Schulen streitten mit Schulen/ der Weltweise mit dem Rechtsgelehrten/ der Redener mit
dem Meister der freyen Künste/ und zancken darzu offtermals über etwas/ das nicht
eines Kohlblates/ oder einiger Ziegenhaare wehrt ist/ Erhitzen sich auch biß auffs
hefftigeste/ schmähen und schelten gegen einander. Und ob sie gleich nicht Wehr und
Lantzen brauchen/ so durchstechen und verletzen sie einander doch mit scharffen
schrifften.
Mache
fh ich mich aber nun unter die Helden/ unter Rittermäßige Leute/ welchen der
Degen jhr Gewehr
fi / jhr Acker und Pflug ist/ was meinet jhr wol/ wie ichs alda
fj
beschaffen find? Diese/ wenn sie nicht gelegenheit haben im Felde die Waffen zu
tragen/ so ermorden Sie sich in friedens zeiten wol gar ohne ursache. Mann gegen
Mann/ unter einander selbst/ suchen einen absonderlichen Ruhm und grossen Namen jhnen
zu machen/ wann sie viel in dergleichen zwierkampff ümbgebracht haben. Geben aber
darmit zuverstehen/ das Sie jhr leben (das Gott gleichwol durch seine unerforschliche
und aller weiseste Allmacht als ein grosses Werck erschaffen hat) für gar eine
kleinwürdige Sache halten/ dieweil Sie es so wolfeyl und für nichts dahin geben. Also
das sie es höher und für mehr ehre achten einen Menschen ümbzubringen/ als einen
zeugen und zur Welt gebähren.
O weh weh der boßhafften Eitelkeit! O ich unglückseliger Friede! [13]
Wo sol ich mich dann nun hinwenden nach dem ich vielmahls so vergeblich und
schimpfflich ümbgetrieben worden bin?
Was ist dann noch mehr übrig/ als der einige feste Ancker der heilige Gottesdienst?
Dieser ob er wol allen Christen gemein ist/ so lieget er doch denen
fk fürnehmlich ob/
die demselben
fl vermöge jhres Tittels eigentlich abwarten/ und Prediger und Diener
Göttliches worts genant werden.
Wann ich dieselben nun von ferne anschaue/ so bekomme ich hoffnung/ wie mir mein Port
und Haven bey jhnen bereitet sey.
Sie gehen Erbar und einträchtig gekleidet/ tretten sittsam und demühtig herein/
nennen sich untereinander Brüder/ begegnen einander mit dem gruße des Friedens/
predigen jhren Zuhörern immer von mir/ führen meinen namen immer im Munde/ mit dem
fm
Frieden werden jhre Predigten angefangen/ mit dem
c Frieden werden sie beschlossen/
wer solte gleuben das alhier nicht statt und raum für mich sein solte.
Aber ô des ärgerlichen Wesens!Wo ist mehr Hader
fn und Zanck/ wo ist mehr streit und uneinigkeit/ wo ist mehr Haß und
Neid/ als eben bey den Herren Geistlichen? Jst doch keine art Leute unter der Sonnen
(der mancherley mißhälligkeiten und unterschieds der Religionen
fo zugeschweigen) die
vergrelletere und verdamlichere Schrifften gegen einander ausgehen lassen/ als eben
unsere geistliche
fp Lehrer/ das man schier [14]
dafür
fq halten muß/ der Satan führe jhnen die vergifftete Feder/ und gebrauche || [
248]
hellische Tinte darzu. Zu dem findet man selten drey oder vier Prediger in einer
Stadt/ unter welchen nicht einige Mißgunst/ Neid/ Haß und Zwietracht fürgehen und
geheget werden solte.
Was bedüncket euch aber ümb unsere Stadthalter Christi/ ümb unsere Cardinäle/
Ertzbischoffe und Prælaten/ welche selber Kriegesheere
fr werben und richten/ welche
fs
selber
ft die
fu Feldtherrens stelle vertretten und gantze Schlachtordenungen zum würgen
und ermorden
fv anführen?
Das lasset mir jünger und nachfolger Christi/ ja/ meine ich/ des Beeltzebubs sein.
Darumb kan ich sie nicht einsten unter die zahl der vorigen setzen/ sondern lasse sie
fahren/ wil auch jhren namen in meinem munde nicht füren.
Drauf wante ich mich zum Ehestande/ weil mich einige hoffnung des Friedens im
fw selben
anlachte.
Den Eheleuten ist jhr Haus und wohnung gemein/ das Bette ist gemein/ die Narunge ist
gemein/ die Kinder sind gemein/ und ihr recht und gegenrecht über jhre beyderseits
leiber ist gemein. Vnd dennoch hat sich der boßhaffte Zanckgeist auch bey jhnen
mehrertheils
fx eingeschlichen/ jhr starckes band des Friedens mit unzehlichen
wiederwillen zerrissen/ und jhr Ehebette/ an statt holdseliger liebe mit überdruß und
Eckel erfüllet.
Endlich
fy nam ich mir für mich ümbzusehen/ ob denn auch wol in einigem
fz Christen
hertzen allein irgend eine Herberge noch
ga für mich zu finden were. [15]
Er wehlte darumb für allen anderen diesen Edelen Knaben/ durch dessen mund ich meine
klage itzo fürbringe/ weil derselbe insonderheit eines friedfertigen und gütigen
gemühts/ auch zur sanftmuht und geduld für andern fleißig angewiesen wird.
Befinde mich aber eben so wol betrogen/ dann seine Brust ist auch voller
gb streit
gc
und kampfs.
Es streitet in diesem Knaben begierde mit begierden/ der Geist mit dem fleische/ die
Tugend mit den lastern/ die Lehrsamkeit
gd mit der unachtsamkeit/ Ein anders wil die
Welt/ Ein anders die Gottesfurcht/ hier locket jhn die wollust und dort die
vernunfft/ also/ daß ich kaum eine halbe stunde
ge bei jhme zu verharren gedencke/
sondern so bald ich meine klage durch jhn außgeschüttet/ und mich seiner als eines
Werckzeuges hierzu gebraucht haben werde/ so wil und muß ich auch wieder von jhme
außziehen und jhn seinem innerlichen Kriege und streitte überlassen und anheim geben.
Wolan/ seind sie dann alle dergleichen eines schlages? wie scheüen sie sich dann
nicht/ sich
gf Christen zu nennen/ da sie doch keines weges mit deme übereinkommen/ was
Christo eigentlich das fürnemeste ist?
Beschauet Christi gantzes leben/ was ist dasselbe anders/ als eine Lehre der
Eintracht und hertzlichen gegenliebe? Was treiben seine Regeln/ Vermahnungen und
gleichnüsse
gg anders/ als untereinander abgewechselten Frieden und guten gegenwillen?
Der fürtreffliche
gh und erste unter den vier grossen Propheten/ als er aus
Himmelischer erleuchtung den [16]
künfftigen versöhner aller dinge verkündigte/ verhieß er das mal einen Feldober- || [
249] sten?
einen Kriegesman? einen Triumphierer? einen Stadt zerstöhrer? einen Land verderber?
Mit nichten: was denn
gi ?
Er verhieß den Fürsten des Friedens/ denn
a in dem er den besten Fürsten aller Fürsten
verstanden haben wolte/ so gab er jhme
gj einen namen von deme
gk / was er das beste zu
sein erachtete/ nemlich vom frieden.
Die
gl grösten Herren der Welt der Aßyrier und Meder Könige/ so die Erkäntnüß
gm Gottes
nicht hatten/ wusten jhren Vnterthanen nichts angenehmers zu
gn wünschen/ als Frieden.
Drumb setzen
go sie allezeit
gp zum Eingang jhrer außschreiben:
GOtt gebe euch viel Friede.Hat doch ein Heydnischer Poet von mir geschrieben:
Der Fried ist doch das best’ im gantzen leben/ So die Natur dem Menschen hat gegeben.Hier
gq stimmet der große und Königliche Harffenist mit ein/ wann er spielet und
singet:
Seht/ wie es doch so lieblich scheint/ Wann Brüder eins und freunde seint.gr Vnd an einem anderen orte saget
gs er geheimnüß
gt weise unter der Person des HErren
gu
Christi:
Mein Ort kan nur allein Jn dir dem Frieden sein. Jm Frieden saget
k er/ nicht in Gezelten/ nicht in Festungen/ nicht in Feldlägern.
Nein nein: Jm Frieden: [17]
Er ist ein Fürst des Friedens/ Er liebet den Frieden und wird durch den Krieg
beleidiget.
Mit diesem helt es auch der/ der auß einem schnaubenden Saul ein sittsamer Paul/ und
Lehrer des Friedens ward/ in dem er die liebe und den Frieden allen gaben des
geheimen Geistes vorzeucht.
Mit was für liebreichen hertzen/ mit was schöner beredtsamkeit weis er mein Lob bey
den Corinthiern
gv groß zu machen.
Warumb solte ich mich nicht rühmen und gut düncken lassen von einem solchen berühmten
Manne gerühmet
gw zu sein?
Bald nennet er mich den Frieden Gottes/ bald nennet er Gott den Gott des Friedens/
darmit andeutende
gx / das wir beyde in einander hangen/ und das kein Friede sein
könne/ wo Gott nicht sey/ und das Gott nicht sein könne/ wo kein Friede sey/ Also kan
man auch durch den Engel des Friedens/ die Engel des Krieges und der uneinigkeit
unterscheiden.
Höret jhr gestrengen
gy Kriegesleute
gz / sehet unter wessen zeichen jhr Krieget/ nemlich
dessen/ der zu aller erst die uneinigkeit zwischen Gott und Menschen geseet hat.
Was für elend und jammer nun alle sterblichen empfinden/ das haben sie alles dieser
uneinigkeit
ha und zwietracht zu dancken.
Gar liederlich aber ist zu hören/ daß etzliche fürgeben Gott werde in heiliger
hb
Schrifft ein Gott der Kriegesheere/ ein Gott der Rache genennet.
Wolan laß
hc jhn einen Gott der Heere sein/ verstehe aber ein Heer der tugenden/ durch
deren Schlachtorde-
hd [18] || [
250]
nung und angriff
he die laster zertrennet und geschlagen werden. Also sey er auch
ein Gott der Rache/ so ferne du die Rache nimmest für die straffe der sünden.
Damit ich aber zu meinem vorhaben wider komme/ so sage ich/ das so offte
hf die
Göttliche Schrifft eine volkommene glückseligkeit andeuten wil/ so nennet sie
dieselbe mit dem namen des Friedens.
Mein Volck/ sagt sie/ wird in schönheit des Friedens sitzen/ vnd in stoltzer ruhe
wohnen. Vnd an einem andern orte: Friede sey über Jsrael.
Esaias verwundert sich über die füsse deren/ die den Frieden verkündigen/ die das
gute verkündigen.
Wer Christum verkündiget/ der verkündiget den Frieden/ wer Krieg und auffruhr
prediget/ der prediget/ was Christo am aller unähnlichsten ist.
Mein! was ist doch die ursache
hg / die Christum vom Himmel herab gezogen? Jst es wol
eine andere/ als daß er die Welt mit dem Vatter wieder versöhnete/ und
hh alle menschen
jhme zu freunden machete?
hi hj Ey so ist dann Christus meinet wegen
hk gesandter gewesen/ So ist er denn
hl mir zu
ehren hernieden
hm erschienen/ so hat er denn
h mein
hn werck/ und mein geschäffte allhier
auf Erden getrieben!
Dannenhero
ho hat Salomon sein fürbild tragen und der Friedfertige genant werden
müssen.
Ob David gleich groß in den Augen Gottes/ jedoch weil er ein Kriegesman
hp war/ und
viel bluts vergossen/ so dorffte er das Haus des Herren nicht bauen/ noch in diesem
Paße des Friedens/ Christi fürbildt tragen. Unter dessen bedencke doch du Krieges
begieriger. Machen [19]
einen die Kriege unwehrt/ die auff Göttlichen
hq geheiß angefangen und geführet
worden
hr / was werden dann die thun/ die aus ehrgeitz/ aus hoffahrt/ aus zorn und aus
begierde zu herschen erhoben werden?
Hat den gottseligen König das blut der Heyden verunreiniget und beflecket/ was wird
dann wol bey euch die mächtige menge vergossenen Christen blutes thun/ und
ausrichten?
Jch bitte euch jhr Christliche Fürsten/ wann jhr anders
hs in warheit Christliche
Fürsten seid/ Beschauet und betrachtet das Bildnüß eueres Fürsten/ schauet wie er
sein Reich angefangen/ wie er drinnen
ht fortgefahren/ und wie er von hinnen
geschieden/ so werdet jhr bald verstehen/ wie er von euch haben wil/ das friede und
einigkeit euere
hu höchste Sorge sein solte.
Haben die Engel bey der Geburt eueres Fürsten Jesu Christi die Krieges posaune hören
lassen? haben sie die Trompette zum treffen geblasen?
Mit Nichten:
Was dann?
Den Frieden/ den Frieden haben sie verkündiget/ nicht den
hv jenigen/ die von
hw Krieg
und todschlag schnaubeten/ sondern den
hx Menschen des wolgefallens zur Eintracht.
Als Christus älter worden/ was hat er anders geredet als Friede/ friede. Mit dem
wundsch des friedens grüsset Er die seinen und saget:
Friede sey mit euch. [20]
|| [
251]
Vnd diese art zu grüssen befihlet er den seinigen. Dannenhero sind auch die Aposteln
des Gebottes eingedenck/ und fangen alle jhre Episteln mit dem gruße des friedens an/
und wündschen allen denen/ die sie lieben/ den lieben Frieden.
Dergleichen ist eben seine
hy fürgeschriebene art zu betten: Er saget; Unser
Vatter: Dieses ist eine
hz und zwar eine allgemeine Bitte/ jhr seid gleichsam alle ein
Haus/ einerley Haußgesinde/ und erkennet alle einen Vatter und Hausvatter: Wie
schicket sich denn das/ daß jhr alle hauffen weise mit Kriegen in einander fallet?
Mit was für einem hertzen und munde kanstu der Christen GOtt deinen Vatter nennen/
wann du dein Eisen in dem Gedärme deines Brudern
ia ümbzuwenden gedenckest.
Schauet diesen Frieden/ den euer Heyland so vielfaltig in seinem gantzen leben
getrieben/ mit was fleiße und sorgfalt er jhn/ als er bald sterben wolte/ anbefohlen.
Liebet euch/ saget er/ unter einander/ wie Jch euch geliebet habe. Und abermal:
Meinen Frieden gebe Jch euch/ Meinen Frieden lasse Jch euch.
Höret jhr/ was er den seinigen verläst? Seind es Pferde? Seind es Trabanten? Seind es
Königreiche?
Seind es Waffen?
Nein nichts der gleichen: Frieden gibt er: Frieden verläst er Frieden mit freünden. Frieden mit Feinden. [21]
Wann letzlichen
ib / je etwas hoch theuer und heilig in eueren augen sein kan/ so
solte euch das hoch theuer und heilig sein/ was er kurtz für seinem tode/ als er von
hinnen scheiden wolte/ bey auffrichtung seines Testamentes befohlen/ und begehret/
daß es euch nie aus dem Gedächtnüs kommen solte; Was hat er anders allda gelehret/
befohlen und gebotten
ic / als daß jhr euch untereinander lieben soltet?
id Was wil er mit der Gemeinschafft des heiligen Brots und gesegneten Kelchs anders/
als ein neues unauflößliches band der liebe und einigkeit stifften.
Aller Christen bücher wie auch Altes und Neuen Testamentes geben einen lautern
einhälligen schall von Friede und Eintracht: Vnd das gantze leben der Christen
handelt nichts als von Kriege und zwietracht?
ie Was ist dann das für ein wüstes wildes wesen/ das mit nichts kan gewonnen noch
gemindert werden?
Jhr müsset entweder aufhören euch des Christlichen Namens zu rühmen/ oder müsset
Christi Lehre im wercke und in der that durch ein friedfertiges
if leben erweisen; Wie
lange sol der name mit euerem leben nicht übereinkommen?
Etzliche wenige tropffen aus einem Becher gekosteten Bluts kan die wilden Seythen
dergestalt in freundschaft mit einander verbinden/ daß einer für den andern in
ig tod
zu gehen sich nicht scheuen darff. Euch Christen aber kan weder das blut Christi mit
welchem jhr in der Tauffe von eueren Sünden abgewaschen/ noch mit welchem jhr
vermittels des gesegneten Kelchs im Abendmale geträncket werdet/ bey friede und
freundschafft erhalten? [22]
Darff sich dann wol einer unterstehen
ih zu diesem heiligen Tische/ zu diesem || [
252] Mahle
des Friedens zu gehen/ der einen Krieg gegen Christum zu erheben beschlossen hat? und
der da gedencket die ümbzubringen/ für deren erhaltung Christus gestorben ist? deren
Blut zu sauffen/ für welche Christus sein Blut vergossen hat.
O mehr als steinerne und Demantische
hertzen!ii Das weder die Natur noch euer Erlöser Christus mit seinen Exempeln/ mit so vielen
Gebotten/ mit so vielen geheimnüßen und Sacramenten bey euch etwas vermag/ noch
außrichten kan.
Jhr seid von der wahnsinnigkeit gleichsam
ij besessen. Es werden alle Bande der Natur/
alle bündnüsse Christi von euch getrennet/ zerschnitten/ zerrissen. Jhr erwürget euch
hin und her/ hin und wieder untereinander mit fleiß und fürsatz/ und zwar ohne masse/
ohne ende.
Jch wil itzt nicht der traurigen Beyspiele
ik der alten zeiten gedencken/ lasset uns
nur ansehen/ was binnen zwantzig Jahren hero geschehen.
An welchem orte hat man nicht in Deutschland aufs aller grausameste zu Wasser und
Lande gestritten? Welche Provintz
il / welches
im Fürstenthum ist nicht von Christen blut
überschwemmet? Welcher Strom/ welches Meer ist nicht von Menschensafft gefärbet?
welche Dörffer liegen nicht wüste oder gar in der Asche
in ? welche Städte sind nicht
verarmet/ verödet/ oder gar zerstöret? Welche äcker liegen nicht öde
io und ungebauet?
welche gegend ist jhrer Einwohner durchs Schwerdt/ durch Pestilentz/ durch [23]
Hunger/ durch Frost
ip und andere/ dannenhero entstehende Kranckheiten nicht
beraubet und entblösset werden?
iq O der unerhörten Schande!
Jhr streitet und krieget Völcker mit Völckern/ Reiche mit Reichen/ Städte mit
Städten/ Fürsten mit Fürsten/ und das thut ihr mit mehr grausamkeit unter einander/
als die Jüden mit den
ir Heyden.
Und an statt daß
is jhr mit den Lastern kriegen soltet/ so machet jhr mit denselben
it /
wie auch mit dem Türcken Friede
iu / und krieget Christen mit Christen/ Catholische mit
Catholischen/ Evangelische mit Evangelischen/ Lutherische mit Lutherischen/
Reformirte
iv mit Reformirten
iw .
Und wann dieses nur
ix darzu der gemeine Pöbel thäte/ so könte es etzlicher massen mit
deren unverstande bescheinigt
iy werden; thäten es Jünglinge/ so gebe man es ihrer
unerfahrenheit schuld; thäten es nur gottlose Weltkinder/ so würde der zustand ihrer
Personen in etwas die grausamkeit dieser unthaten erleichtern können.
Nun aber sehen wir/ daß aller saamen
iz des Krieges häubt sächtlich und am aller
fürnemesten von denen entstehet und aufwächset/ durch deren raht und regierung der
Völcker aufruhr und schlägereyen gestillet und beygeleget werden solten.
Vnd was noch mehr ist/ so muß man sich schämen/ wann man der liederlichen ursachen
gedencket/ die ihr Christliche Fürsten fürwendet/ worumb
ja ihr mit eueren Waffen die
gantze Welt beunruhiget/ Sie seind in warheit des anhörens nicht würdig. || [
253]
Bald ist es Euch ümb einen blossen Tittel zu thun/ o des elenden Nebels!
Bald ümb einige Würde und Hoheit/ O des vergänglichen Rauches! [24]
Bald ist es dir ümb eine nahe wolgelegene
jb und fruchtbare Provintz zu thun/ O des
unersättlichen Geitzes! Als wenn eben so viel daran gelegen were/ daß du dieselbe
beherschetest/ als daß dem gemeinen wesen wol gerahten und fürgestanden würde/ hast
darzu ohne das mehr Länder und Königreiche unter deinem Scepter/ als du selber
besehen/ geschweige gebührlich versehen und jhnen mit gerechtigkeit vorstehen kanst.
Etzliche/ die in Friedenszeiten dem allgemeinen wesen keine dienste thun können/
geben für
jc der Monarchen hoheit werde durch der unterthanen Eintracht geschwächet/
und müssen sie sich durch Krieg bey ansehen und jhrer macht erhalten/ O der
Tyrannischen mittel! O der Teufflischen anschläge! Und eben die jenigen/ so das thun/
werden noch darzu für Christen gehalten/ und kommen noch mit Menschenblute überal
besudelt in die Gemeine des
HERREN zum heiligen Gottesdienste/ da sie doch vielmehr
würdig weren/ in die aller weit entlegneste
jd und ferneste Jnseln
je verwiesen und
verbannet zu werden.
jf Seit jhr alle Glieder eines Christlichen leibes?
Warumb erfreuet sich dann nicht
jg einer des andern Ruhe und wolfahrt? Warumb wünschet
einer dem andern nicht viel mehr glück darzu?
Aber es wird diesen aller
jh Gottlosesten thaten der aller Gottseligste Tittel auch
gegeben und angeklebet; Auf diese weise/ sagen sie
ji auf beyden seiten/
h werde der Weg
gemacht/ das Reich Christi fort zupflantzen/ die Apostolische Kirche
jj zu erweitern/
die Religion
jk und öffentlichen Gottesdienst hand zu haben. Dürffen sich auch
unverschämet unterstehen/ jhre offenbare unsinnigkeit mit der Väter Gesetzen
jl / mit
Gottseliger Leute Sprüchen und mit der heiligen Schrifft fälschlich hier zu
gezwungenen und verdreheten wörtern zu bementeln. [25]
Ey des schönen fürgebens!
Eben als wann das Wort Gottes und die
jm Christliche Kirche durch Mord und Blut
erhalten und fort gepflantzet werden müste.
Es sagt zwar der Gottselige Poet:
Der Kirchen Grund muß erst von jhrem blute fliessen/
Jhr anfang blutig war/ Sie wuchs mit Blutvergiessen:
Also muß Sie zu letzt mit blut auch noch beschliessen.
Ja/ aber
jn mit was für blute? nicht mit deme/ das die Kirche machet aus anderer Leute
leibern sprützen/ sondern das sie aus jhrem eigenen
jo leibe/ leidender weise/
verschüttet und hingeust.
Darumb jhr Fürsten/ betriegen euch Euere Lehrer/ die euch Blutvergiessen rahten und
predigen/ gleubets jhnen nicht/ Saget viel mehr: hebe dich von mir Satan/ du bist mir
ärgerlich.
Ebener gestalt irren und fehlen auch alle
b die jenigen des rechten weges zum Frieden/
welche Beweiß und Schutzschrifften in öffentlichen Druck ausgehen lassen/ in welchen
sie bemühet seind/ der einen oder andern Parthey
jp vermeintes Recht und befügnüs zu
behäupten.
Diese seind in Warheit keine Frieden stiffter/ sondern Lärmen bläser/ dann dieweil
Sie fleiß anwenden/ wo und wie sie Gründe und Beweißthüme
jq einführen
|| [
254]
mögen/ daß der
jr
eine oder der andere theil auf einen
js gerechten Fuß seines Krieges stehe/ so
verleiten sie damit den
jt einen kriegenden theil/ daß er auf keinen Frieden/ sondern
auf fortsetzung des Krieges/ seinen vorgenommenen
ju Zweck zu erreichen/ bedacht ist.
Sie solten hergegen schreiben und schreyen/ wie sie vielmehr/ zu
jv erlangung des
Friedens/ von jhrem Rechte etwas ab
jw / als feste darauf bestehen solten. [26]
Aber diese Schreiber sehen nur auf die irr- und spaltungen/ so alleine zwischen den
kriegenden theilen im schwange gehen/ und alhier kan und mag ich wol gestehen/ daß
irgend des einen fürwenden/ ursache und recht besser sein mag/ als des andern.
Das ist aber meine Häubtfrage nicht/ ob der eine Theil ein besseres
jx Recht habe/
als irgend sein Gegentheil? Nein/ das ist meine Frage nicht.
Jch der Edele und warhaffte Friede lege meine Frage anders auf/ Jch trage eine
nachdrücklichere
jy Frage und heilsamere
jz Sache für:
Meine Frage ist diese:
Ob
ka der eine oder andere Theil ein solches Recht und fug habe/ daß er
kb ohne
verletzung seines für Gott geltenden/ unbefleckten gewissens/ nicht alleine einen
solchen blutstürtzenden Krieg unangefangen/ sondern auch denselben so lange und viel
Jahr hero/ nicht aus eigenen
kc Mitteln/ sondern alleine auf des armen Land
kd und
Stadmans kosten/ verderb und gentzlichem
ke untergange/ welche doch der Krieg so viel
als nichts angehet/ unfortgesetzet sein lassen könne?
Oder ich frage:
Ob dein Recht und deine Sache also beschaffen sey/ daß kein Blutvergiessen der
Christen/ und keine verheerunge so vieler Länder/ kein todt/ verderben
kf und untergang
so vieler Christen Völcker/ so mit deiner Sache nichts zu thun haben/ in einiges
absehen und obacht kommen und gezogen werden sol?
Alhier ist die Jnsel Rhodus/ hier tantze
kg :
Alhier gürte deine Lenden/ du Tinten Mann/ und komme her mit mir zu rechtfertigen/
ich weiß du solst mir auf tausent nicht eines antworten. [27]
Das ist ja
kh genugsam bekant/ wann zween uneins seind/ daß dann der eine etwas
besser recht haben kan als der andere/ wiewol sie gemeiniglich
ki beyde unrecht haben/
muß aber ihre uneinigkeit also bald auf Blut/ Mord und Todtschlag/ und wol gar auf
einen gantz unschuldigen Nachbarn/ deme
kj jhre streittigkeit nicht angehet/
auslauffen?
Summa/ keines Sache kan so gerecht sein/ daß der Unschüldige wieder seinen willen
drüber leiden/ und es heubtsächlich entgelten müsse.
Diese Euere vermaledeyete Kriege seind blutig/ es ist wahr/ aber doch bey weitem
nicht so blutig unter Euch kriegenden theilen/ als Sie blutig seind über den
unschüldigen armen Unterthanen/ der/ in Euere Kriege sich zu verwickelen/ ein
kk
abscheu träget. Es kommen gewiß hundert/ ich wolte schier sagen/ tausent unschüldige
arme Unterthanen/ durch unzehliche zufälle des Krieges/ ümb Haab und Gut/ ümb Leib
und Leben/ da kaum ein Krieger von seinem gegentheile mit den Waffen erleget und
ümbgebracht
kl wird.
Also führet jhr Kriegende Partheien
km dan nicht so sehr und hefftig gegen euch
selbest/ als gegen die unschuldige
kn arme Unterthanen euere kriege. || [
255]
Dieses ist nun meine des Friedens Häubtfrage/ diese löse man mir auf.
Aber die boßhafften Schulfüchse machen eine Sophistische Frage aus der meinen/ und
begehen die List einer falschen/ an statt der rechten/ Ursache/ Nur damit sie mich
den heilsamen Frieden noch länger/ zu euerem eusersten schaden/ aus euerem Vaterlande
im Elende verbannet halten mögen.
Es ist aber leider so weit numehr
ko mit mir kommen/ daß der für närrisch und gottloß
gehalten wird/ wer mit einem worte dem [28]
Kriege wiederspricht/ und das lobet/ was des
HERREN Christi
kp allerheiligster Mund
selber so hoch gepriesen
kq und gelobet hat. Unter
kr dessen kan ich doch mit Warheit
sagen/ daß der ohne einiges Füncklein der Christlichen Liebe/ und weder Feuers noch
Wassers wehrt ist/ der innerliche Kriege lieb hat/ auch solche erhelt/ heget und
befördert.
Damit auch
ks diese übele Kranckheit desto unheilbarer sey/ so pflegen sie dieses
heyllose
kt wesen mit der gestalt der Heiligkeit zu schmücken: Sie bringen die Predigt
des Wortes Gottes/ die heiligen
ku Sacramente/ das Gebett
kv / die Beichte und
loßsprechung von Sünden mit in den Krieg/ und führen zum zeichen/ daß sie Christen
sein/ das Creutze in jhren Fahnen und Cornetten.
Was hastu Gottloser Soldat mit dem
Creutze zu thun?
Jch rede allhier die Soldaten nicht alle in gemein und ohne unterscheid
kw an/ und
insonderheit die nicht / die bey tragung der Waffen
kx dennoch
GOtt den
HERREN fürchten
und für augen haben/ die mitten unter aller im schwange gehenden ungerechtigkeit
dennoch der Gerechtigkeit und erbaren Sitten nachstreben/ die niemande
ky begeren
gewalt und unrecht zu thun/ und jhre ehre höher als alle zeitliche güter achten.
Nein: Diese redliche
kz Soldaten rede ich hier nicht an/ dann der Soldaten Stand im
rechten gebrauche ist eben so wol ein löblicher von GOTT eingesetzter undl
gebillichter Stand/ ja
la besser/ als andere immer sein können/ sondern die
ungerechten/ die
lb ruchlosen/ die hoffertigen und gewalt übenden Krieger und
lc
Kriegesherren rede ich an/ und sage nochmals:
Was hastu Gottloser Soldat mit dem
Creutze zu thun? [29}
Du wilst deinem
ld Nechsten und Mitbruder auf die Schlachtbanck bringen/ und lest
das zeichen des Creutzes für dir her tragen.
Der jenige/ dem das Zeichen eigen sein sol/ hat nicht mit würgen/ betriegen
le und todt
schlagen/ sondern durch leiden/ selbst sterben/ und durch seinen eigenen todt
überwunden.
Du führest das gewöhnliche
lf Kennzeichen des Heyls/ deinem Christlichen Mitbruder zum
untergange/ und ermordest den mit dem Creutze/ der durch das Creutze erhalten worden.
Du eilest und leuffest
lg mit denen dingen und sachen/ die da Zeichen des Friedens und
lh
der Eintracht sein solten/ in den Krieg/ den blossen Degen in der Hand
li / jhn in
deines MitChristen eingeweide herumb zu drehen. Was für ein angenehmerer Schauspiel
kanst du doch den bösen geistern darstellen/ als dieses? Du
lj machest auch deinen
Heyland
JEsum Christum zum anschauer deiner unthaten/ im fall er dich des anschauens
würdig achtet. || [
256]
Und was noch das aller abscheulicheste ist/ so blincket
lk in beyderley Heeren
ll und
Feldlägern das zeichen des Creutzes an allen Enden herfür.
Hilf ewiger
GOTT/ welch ein ungeheuer Wunder ist das?
lm Streitet nun daß Creutz gegen
das creutz? Führet nun
CHRistus Krieg gegen Christum? lieget nun
CHRistus gegen
Christum zu Felde? Mit diesem Zeichen pflegte
ln man ehemals die feinde Christliches
Namens zu schrecken
lo / itzo
lp wird das bestritten/ welches man/ abgöttischer weise/
sonsten verehret und anbetet.
Mein lasset uns doch hören/ was der Krieger für ein Gebett thut;
Er bittet: Unser
lq Vater.
O du dir selbst wiedriger Mund! du unterstehest dich/ Gott [30]
einen allgemeinen Vatter zu nennen/ und begerest unter dessen deinem Bruder die Kehle
abzuschneiden?
Dein Name werde geheiliget;
Wie kanst du aber den Namen Gottes mehr entheiligen/ als durch solchen tumult und
aufruhr?
Siehe so betest du/ und begerest unter dessen mit so vieler Menschen blute deine
Tyranney zu befestigen.
Dein Wille geschehe;
GOTT wil Frieden/ und du wilst und strebest nach Kriegen.
Gib uns unser täglich Brodt;
Du bittest vom Vater Brodt/ und plünderst
ls und beraubest unter dessen deinen Bruder/
und brennest jhme sein eingeärndetes ab/ Wilst auch lieber/ daß dir es selbst zum
schaden ümbkommen
lt / ehe daß er nur etwas darvon geniessen möge.
Mit was Munde
lu redest du nun das?
Vergib uns unsere Schuld
lv / als
lw wir vergeben
unsern schüldenern
lx ;
Der du unter dessen zum Brudermord eilest?
Du bittest gegen die gefahr der Ver-
suchung;
Und zeuchst unter dessen mit deiner eigenen gefahr deinen Bruder in gefahr.
Du begehrest vom Bösen erlöset
zu sein;
Der du durch anstifftung des Bösen so unzehlich viel böses deinem Bruder auf den kopf
zu bringen gedenckest.
Man pfleget ja offtermals mit Freunden und Blutsverwanten ein ding nicht so gar genau
zu nehmen/ man helt [31]
irgendt einem freunde etwas zu gute/ und zwar wol die höchste schmach/ vnd das
grösseste unrecht/ ehe man es zum erwürgen und umbbringen kommen lest/ dieweil er
irgend ein Schwäher/ ein Eydam/ ein Vetter ist. Vnd
ly von deme
lz / der ein glaubens
genosse ist/ wil man nichts vertragen. Man verzeihet einem viel/ weil er eines
ma
geschlechte mit Schwägerschafft zugethan ist/ Aber dem jenigen/ der einem
mb im glauben
und der Göttlichen lehre beschwägert ist/ wird nichts zu gute gehalten; Es
mc solte ja/
wie ich vermeine/ kein Bandt fester anziehen vnd verknüpffen/ als das Bandt der
Gesellschafft Christi. || [
257]
Vermöge der Heydenischen gesetze ward ein Bruder mörder/ im Sacke eingenehet/ ins
Wasser geworffen
md . Jst dann nun die verwandnüß/ damit uns Christus verknüpffet hat/
nicht grösser/ als die freundschaft des Geblühtes/ und doch träget der Bruder mörder
noch wol Ehre nnd
[sic] danck darvon. Ja
me jhr Christen achtet
jehne Freundschaft so wenig alß diese/ und diese so wenig alß jehne: jhr sehet weder
die gemeinschaft des geblüts/ noch die verwandnüs des glaubens an/ es kan euch weder
die Kette der Blutfreundschaft/ noch das Band des Gottesdienstes zur Einigkeit
anstrengen und verbinden.
O des Elenden glücks der itzigen
mf Krieger! Wer da überwindet/ wird zum Bruder mörder/
und der überwunden wird
mg , wolte auch gerne ein Brudermörder werden/ kömmet aber
drüber umb leib und leben.
Drumb gehet mein vortrag auch nuhr
mh euch an/ die jhr Christen gegen Christen
streitet/ und nicht die jenigen/ so mit einem redlichen und Gottseligen vorsatze der
Heyden und
mi ungläubigen gewalt und einfälle abzutreiben und zu [32]
hindern bemühet sein/ und mit gefahr jhres leibes und lebens die Allgemeine ruhe und
sicherheit unseres Vaterlandes beschützen und verteidigen helffen. Nein/ diese seind
eines ewigen ruhms und lobes würdig.
Unangesehen alles dessen dörffet ihr noch
mj wol die Türcken vermaledeyen/ alß
Gottlose und frembde von Christo: Ja eben als wann jhr/ in dem jhr solches thut/
selber Christen wehret? Oder dem Türcken ein besser Schauspiel
mk machen köntet?
Du sagest/ die Türcken opffern den Teufeln: Aber was für ein lieberers
ml opffer kan
den Teüffeln und Türcken wiederfahren/ alß wann ein Christ den andern schlachtet?
Siehestu nicht das die bösen Geister eines zweifachen
mm opfers hierunter geniessen?
Dann der/ so da er würget/ und der/ so erwürget wird/ werden jhnen beyderseits zum
opfer.
Wer nun dem Türcken günstig ist/ wer der Teufel freund sein wil/ der bringe und
schlachte oftmahls dergleichen opffer.
Man wendet aber zu behauptung dieses langwirigen blutigen Krieges auch für: Man wolte
wol gerne des Krieges geübrigt sein/ wann es die nohtdurft des gemeinen
mn / wesens/
des algemeinen Vaterlandes wolfart/ und der unterthanen heil nicht erforderte.
Aber mein Was gehet doch die unterthanen deine
mo ursache des Krieges an? Sie seind
dessen unfähig. Mein! wie wird aber doch auch die wolfart des Vaterlandes/ und das
heyl der unterthanen/ durch deinen heillosen Krieg befördert? Dann du führest deinen
leydigen Krieg also/ das der grösseste theil/ ja die gantze
mp last alles übels über
die [33]
Köpfe der unschüldigen armen Ackerleute und gemeinen Mannes geschüttet und geleget
werden muß/ welche doch mit dem Kriege nichts im gerinsten
mq zuthun haben
mr / auch
gantz und gar keine ursache darzu geben/ und eben mit deinen
ms Kriegen stürtzestu
deine arme
mt uunterthanen
[sic] in das eüsserste verderben/ mit
deinen Waffen wirffestu eben des Vatelandes
[sic] wolfart über
einen hauffen/ durch dein mächtiges unordentliches Kriegesheer wird das gantze
Römische Reich zu grund und zu boden gerichtet/ daß in wenig zeiten keine Leute mehr
werden zu finden sein/ und alles/ ein geäschert/ verwüstet und öde liegen/ auch
entlich
mu wol gar dem Türcken zum raube
mv werden müssen. || [
258]
Ey du schöne wolfart des Vaterlandes/ Ey du schönes heyl der unterthanen/ Ey das laß
mir einer ein gedeyen und schönes aufnehmen des Allgemeinen wesens sein; Pfuy der
schande
mw ! Jst doch dergestalt kein friede so ungerecht zu finden/ der nicht dem aller
gerechtesten Kriege fürzu ziehen were.
Lasset mich frey reden zu euch jhr Christliche Fürsten. Jst das wahr/ daß jhr des
Krieges überdrüßig und seiner gerne geübriget weret/ so wil ich euch einen guten raht
geben/ wie und welcher gestalt jhr mich den frieden unter euch wieder wohnen machen
könnet.
Jch der Friede bestehe nicht eben in bündnüssen und Schwägerschaften. Nein: Daraus
pflegen gemeiniglich die Kriege zu entspringen. Nein den quellen den ursprung dieses
Krieges brunnens müsset jhr verstopffen.
Getreue Christliche Lehrer/ so das geheimnüs des Evangelij mit freudigkeit kund
machen/ sehen diese Kriege/ wie eine Vätterliche züchtigung und gerechte straffe des
[34]
allerhöchsten/ wegen in gemein begangener Sünden/ an/ ermahnen derowegen jhre
Zuhöhrer zur busse und besserung des lebens/ und hieran thun sie nicht unrecht/ ja
ich erinnere sie/ alß meine redliche Friedens diener/ mit dergleichen bußpredigten
treulich
mx fort zu fahren/ sonsten wird der gerechte GOtt alle
my dis vergossene
Blut von jhren Händen fordern.
Jch der Friede aber schiesse näher zum zweck: Sie betrachten den Krieg wie er/
bedingeter weise/ oder auf gewisse maße/ und so ferne er von Gott entspringet/ noch
irgend gut sein kan/ holen auch nur eine allgemeine (jedoch warhaffte) ursache von
weitem
mz / nemlich die Sünde/ darzu her.
Jch
na aber der behertzete und unerschrockene Friede trette dem Hauptwercke näher/ alle
Frieden seind in
nb anderer völcker sprachen Weiberart/ Jch der deutsche Friede allein
bin mänliches geschlechts/ ich
nc greiffe der sachen ans Hertze/ ich bringe eine nähere
engere und absonderlichere ursache dieses krieges herfür
nd ; Jch sehe diesen Krieg an/
nicht wie er zufälliger weise gut/ sondern wie er für und an sich selbst
ne sünde ist/
und die aller grösseste missethat/ so itzo in der welt im schwange gehet: Jch sehe
jhn an wie meinen abgesagten Feind und einen wiedersacher Gottes.
Jch der Edle Friede gehe einher in der krafft des
HERRN/ HErren/ und trette euch gar
nf
grossen Herren wolgemuht unter augen/ bey euch finde ich die nähesten
ng / engesten/
absonderlichsten und stärckesten ursachen dieses Krieges/ und nicht bey allen Herren
in gemein; Jn euch lieget der vornemeste
nh quell alles übels verborgen/ Euch alleine/
und nicht dem
ni geringern/ viel weniger aber [35]
dem gemeinen armen hauffen/ messe ich die näheste schult alles dieses erschrecklichen
unheils bey; dann diese
nj machten die erste stunde Friede/ wann es bey jhnen
bestünde.
Nein jhr grossen/ jhr grossen seid alleine die rechtschüldige und straff würdig von
mir erfundene
nk / könnet auch
nl / mit oberwehntem heiligen
nm Gerichte und der Hand Gottes
vorbedachtem Rahte/ euch eben so wenig bey diesem
nn blutstürtzenden Kriegen/ als die
Schrifftgelehrten und Phariseer/ wegen der Creutzigung CHRisti/ sich entschüldigen.
Sage darauff kurtz rein und rund heraus. || [
259]
Euere und der eurigen böse begierden/ Euere eigene schädliche neigungen/ eurer
no
Rahtgeber/ lasterhaffte gemühter und verführische hertzen seind die ursache
np alles
tumults und unwesens: und in dem ein jeder seinen unziemlichen neigungen nachhänget/
so wird die allgemeine wolfahrt
nq beleidiget/ und gehet alles drüber zu grund und
nr
bodē.
Jhr Fürsten sollet ja weise sein/ aber euerem Volcke und nicht euch/ darumb wann jhr
recht weise sein wollet/ so suchet euers Volckes heil.
Euerer unterthanen wolfart sey euere hoheit/ jhr aufnehmen sey euere herrligkeit/ jhr
reichthum sey euere Majestät/ Euer glantz bestehe in der glückseligkeit deren/ die
euch zu gebotte
ns stehen: und wisset/ das sie weit mehr seind als jhr/ Sie seind nicht
euernt halben
nt (wie jhr euch
nu fälschlich einbildet) sondern jhr seidt jhrentwegen
erschaffen und verordnet.
Es ist kein einiger unter
nv jhnen der nicht eben so hoch und viel gilt für dem
Angesichte eueres Schöpffers/ als jhr/ und noch vielleicht wol mehr. [36]
Es begnüge sich ein jeder
nw Christlicher Potentat mit deme/ was jhm Gott gegeben
hat/ und an statt daß er seine grentzen
nx zu erweitern gedencken
ny wil/ so gedencke er
viel mehr/ wie er das/ so er hat/ innerlich durch ordentliche
nz mittel und gutte
Policey zieren/ besseren und reicher machen möge.
Wann aber je nohtwendig Krieg sein müsse/ so sey er mit dem Türcken/ gegen den
oa
wendet euere waffen/ gegen den
e hin
ob kehret euch mit zusammen gesetzter macht
oc .
Alda und nicht unter euch selbst lasset euere Kräfte/ euren muht und grosse Stärcke
spüren.
Alda habt jhr ein weites
od Feldt euere berühmte hohe tapferkeit zu
oe zeigen und sehen
zu lassen/ auch
of zuversuchen/ den Wahren Gottesdienst in
og Constantinopel und in
oh
gantz Morgenland wieder zu pflantzen. Wie wol es auch besser were/ man brächte
dieselben
oi viel mehr mit der lehre/ mit wolthaten und heiligem Exemplarischen
oj leben/
alß durch die Waffen/ zum Christlichen glauben.
An jetzo werden die Sieg zeichen
ok / so mit dem Blute derer besprenget seind/ für
welche Christus sein blut vergossen hat/ in die Kirchen angehenget
ol / und gleichsam
unter die gedächtnüsse
om der Apostel
on und Märtyrer mit gestellet/ eben alß wann es
künfftig ein Gottseliges
oo werck sein solte/ nicht Märtyrer zu werden/ sondern
Märtyrer zu machen. Vnd wird also der wahre Gottesdienst nach des Teuffels betrug
op
und eingeben von
oq euch gantz und gar verkehret umbgewandt/
or und auß dem Hause
Guttes
[sic]/ das ein bethaus sein solte/ eine Mörder grube
gemacht.
Ach ach! warumb seid jhr doch weiser zu euren
os verderben und untergange/ alß zu
euerem nutzen/ und auffnehmen? Warumb seid jhr doch scharfsichtiger auff euern [37]
schaden und nachtheil/ alß auf eueren frommen und auf euer bestes.
Wann
ot ihr ansehet/ was der Krieg und was ich der Friede für eine sache sey/ so
ist es unmüglich/ daß jhr mich gegen Jhnen
ou vertauschen soltet
ov . Daß
ow aber diese
unmügligkeit von euch zur mügligkeit gemacht wird/ entstehet daher/ daß jhr
Kriegesherren oder jhr Herren der Krieges-Heere nicht sehet
ox und wisset/ und nicht
erkennet/ was für ein grosses elend/ was für ein unerträglicher jammer
|| [
260]
und schmertzen
das sey/ was der gemeine Mann bey diesen euren Kriegen ausstehen und erleiden muß:
Soltet jhr dan eueren eigenen Personen/ an euern eigenen leibern nuhr zweene tage
erdulden und fühlen/ was die armen unterthanen/ so wol Edel alß unedel nun zwantzig
und mehr jahre her an jhnen erfahren/
oy ich weis jhr würdet die erste stunde Friede
machen. Weil jhr aber solche allerschmertzlichste gemühts und leibes noht nicht
selber empfindet/
oz / von den eurigen darvon auch nicht recht berichtet werdet/ so
wisset jhr auch den unterscheid
pa des Krieges und des Friedens nicht zu machen:
Welches wol die allergrösseste und schädlichste unwissenheit ist/ so man wissen kan.
Einem
pb jeden unter euch düncket/ seine sache sey die beste: Aber bilde dir ein/ und
dem sey also/ daß deine sache die gerechteste sey/ und daß deines Krieges Außgang
also fallen werde/ wie du jhn haben wilst/ und mache dann darauff die rechnung/ und
überschlage es gegen einander/ so wirstu dennoch befinden/ daß der unkoste den gewin
bey weitten
pc übertrifft/ zugeschweigen/ was deine Länder für
pd schaden an der Haabe/
und verlust an gutten Sitten und gebräuchen erlitten/ und dann wie gefehrlich es umb
den Sieg
pe gestanden/ daß er auf deines gegentheils Seite
pf hette [38]
außschlagen mögen; Aber deine Sache bey itzigen kriegen sey auch so gerecht als sie
immer wolle/ so taug sie doch/ oberwehnter gegenwertigen ümbstände wegen/ im grunde
nichts/ und kan und vermag für dem Gerichte unseres Gottes nicht zu gelten.
Es gilt auch hier nicht/ jhr Christliche Potentaten/ daß jhr alle und ein jeder
insonderheit unter euch eyfferig fürgebet; Jhr begehret und wündschet ja nichts
liebers/ als den lieben Frieden/ vermöge aller
pg euerer Vorträge und erbieten; Jch
gleube
ph es auch: Aber was für einen Frieden wollet jhr?
Ein jeder unter euch wil nicht einen Frieden/ wie er gleich wichtig/ und thunlich
pi /
sondern wie er jhme denselbē nach seiner bequemligkeit aussinnet und erdencket. Ein
jeder wil einen Frieden/ wie derselbe zu seinen höchsten ehren/ unschätzbaren gewin
und rache/ hergegen seinem gegentheile zu höchster beschimpffung/ unwiederbringlichen
schaden und nachtheil gelangen und ausschlagen möge. Sehet einen solchen Frieden wolt
jhr/ und das ist kein Friede/ sondern Krieg.
Einen eintzigen unter euch Christlichen
pj Königen nehme ich aus/ einer allein unter
euch ist mein von hertzen treuer und aufrichtiger Freund/ und dasselbe nicht auß
Einfalt/ auß zagheit/ oder mangel der sache. Nein/ Nein: Er hat den höchsten
verstand/ er kan den unterscheid zwischen Krieg und Frieden wol erwegen/ er hat mehr
erfahrung in Krieges sachen als keiner/ Er hat von jugendt auff die Waffen getragen/
er ist so mannichmal mit sieghaffter hand und triumphirendem Häupte Persönlich aus
schlach-[39]
ten und belagerungen wiederkommen/ Er hat auch vielleicht eine gerechtere Sache/ als
euer keiner.
Noch dennoch machet er Frieden mit gläubigen und ungläubigen/ und wo er wegen gar zu
grosser wichtigkeit der Sachen keinen ewigen Frieden auffrichten kan/ so machet er
doch einen auf viel Jahr und weit hinaus gesetzten an- und stilstand der Waffen und
des Krieges/ Nur damit er Christlichem blutvergiessen
|| [
261]
und dem untergänglichem
pk
verderben so vieler unschüldigen menschen zuvor kommen/ steuern/ wehren/ und mich als
einen
pl aller verträglichsten seßhafften Freund in seinem Königlichen Pallaste und
gantzem Reiche bey jhme haben und behalten möge.
O du mein einiger König/ du bist mein König/ und zwar ein König des Friedens:
JEsus
CHRistus dein Fürbild der grosse Friedens könig wird dir auch die unvergängliche
Krone der ewigkeit in jenem Reiche/ als seinem getreuen Nachfolger/ für diese deine
Liebe zum Frieden/ aus gnaden auffsetzen.
Nun jhr andern Könige/ jhr kennet jhn wol/ Er ist euer naher blutsverwanter/ euer
Vetter/ und Schwager/ wann jhr woltet/
pm so köntet jhr leichtlich in seine Fußstapffen
tretten.
Aber jhr seidt alle mit einander verblendet/ Es ist euer keinem von hertzen ernst
Friede zu machen; Euer Reich ist nur von dieser welt/ Ein jeder unter euch siehet auf
sich/ auf seiner Person hoheit/ auf fortrückung
pn seiner Grentzen/ auff seinen
absonderlichen vortheil/ und das ist nicht nur einem theile/ sondern allen Parteyen
po /
wie jhr itzo in euerem verfluchten Kriege gegen einander begrif-[40]
fen seid/ gemein/ und eigen. Ein jeder wil in diesen trüben
pp zeiten in
Teudschlande Fischen/ ein ieder wil und gedencket bey diesen schwebenden Kriegen im
Römischen Reich Meister zu werden/ sich zu bereichern
pq und ein stück Landes zu
erschnappen/ oder es wol gantz und gar unter die Füsse zutreten und es ohne bedingung
unter die gewalt seines Zepters zu bringen.
Mein! Was ist doch die ursache/ das jhr bey itzigen Tractaten
pr nicht zum Frieden
schreitet? Jch höre jhr könnet über den Geleitsbriefen nicht einst einig werden/ ob
jhr wol albereits drey Jahr und mehr darüber gehandelt/ ehe einer unter euch sich
eines Buchstabens seiner vermeineten und frembd- und übelgenanten
ps Reputation
pt
begeben solte! ehe muß die gantze Christenheit zu scheitern gehen? O der gottes
vergessenen hoffahrt! O der hoffertigen Gottes vergessenheit!
Verzeihet mir ihr Christliche
pu Fürsten wenn jhr anders dieses Nahmens würdig seid/
ich wil euch allen über einen hauffen/ so wol auff einer/ als anderer seiten/ die
warheit sagen:
Wann der grosse und gestrenge Richter euch einst
pv fragen wird/ warumb hast du/ du /
und du/ so unzehlich viel Millionen Menschen blut vergiessen/ und noch zehenmahl mehr
in solch eüsserstes/ und erbärmliches elend/ jammer und gar den Todt setzen und
stürtzen lassen/ da du es doch durch Friede wol hettest ändern können/ du auch deine
Heerde in Friede und ruhe zu weiden und zu regieren schuldig warest? [41]
Mein! was werdet jhr fürwenden/ was wird wol euer
pw Haupt entschüldigung sein? Jhr
werdet sagen:
Meiner Königlichen Reputation
px / meiner Krohnen hoheit/ meines Fürstlichen Hauses
nutzen und auffnehmens wegen/ habe
py ichs nicht ändern/ noch einigen frieden eingehen
können.
Bekennet aber die Warheit/ oder dencket jhme nach jhr grossen Herren/ vermeinet jhr
wol/ daß jhr mit dieser
pz entschüldigung für den aller gerechtesten und aller
weisesten Augen eueres Gotteß bestehen werdet? Wird er auch
qa diese ursache
gutheissen? Nein: Er wird sagen: || [
262]
Verdamt seist du mit deiner hoheit/ ich wil dich mit deiner Reputation
(41)b/ mit deinem
nutzen und auffnehmen ins ewige Feuer werffen:
Sol das hoheit/ sol das Reputation
(41)b sein? Deine kahle vermaledeyete würde/ ein
Fußbreit Landes und ein Handt voll nichtiger ehre höher achten/ als das leben der
Christen/ als die wolfahrt deines anvertraueten volckes?
Wie? wird Gott sagen/ seind doch aller Welt jrdische gütter zusammen nicht so hoch in
meinen Augen gehalten/ als eines einigen Menschen heyl und leben/ und du kömmest mir
mit deiner ehre/ mit deiner Hoheit/ mit deiner Reputation
(41)b auffgezogen/ pfuy mit
deinem stinckenden Rauche: Pfuy mit deinem schmierichten Staube/ Pfuy mit deinem
unflätigen Kohte. [42]
Sol das ehre sein? Sol das hoheit sein?Schande ist es/ schimpff ist es/ Sünde ist es/ ja eine verdamliche und
qb des
Hellischen Feuers würdige bosheit ist alles euer fürwenden/ es kan und mag für der
Heiligkeit meiner aller billichsten Augen nicht bestehen.
Jch wil euch aber sagen/ wodurch jhr euere hoheit/ ehre und ruhm ergrössern und
erhöhen könnet/ auch zu ergrössern und zuerhöhen schuldig seid.
Vmb
qc so eines grossen werckes willen/ die wolfahrt nemlich der Christenheit zu
befördern/ derselben ruhe zu wege zubringen/ und den Frieden wieder unter jhnen
auffzurichten/ soltet jhr euch nicht nur ein wenig euerer vermeinten hoheit begeben/
Auch von euerem gutten rechte und befugnüssen, so jhr deren etwas habt/ ein wenig zu
rücke tretten/ auch gar etwas anspruches an land und Leuten euch verzeihen/ sondern
jhr seid schuldig/ Euer leib und leben auff zu opffern und/ euer Blut drüber zu
vergiessen.
Jch sage es euch noch einmahl/ wird Gott sagen/ jhr Häupter/ jhr Könige/ und Fürsten
der Christenheit/ jhr seid schüldig euer eigenes Blut williglich zu vergiessen/ der
Christen wolfahrt darmit zubefördern/ Friede und ruhe: wieder unter sie zupflantzen.
Vnd sie vom Tode und jhrem erschrecklichen ungemache zu erretten/ soltet jhr
qd eueren
eigenen leib/ und euer eigenes leben auff opffern.
Welcher das unter euch thäte/ der hette einen warhaften und von mir und von den
Engeln und allen Menschen hochgeschätzeten und
qe gepriesenen ruhm erlanget/ seine
belohnung würde auch ewig und unaussprechlich sein. [43]
Aber dafür wisset jhr
qf grossen Herren und euere Stubenrähte euch wol zu hüten/
Euer eigenes blut wisset jhr wolzu spahren und euere leiber zu verzärtelen.
Damit auch solches desto besser geschehen könne/ so müssen euere arme unschuldige
Heerden täglich durchs Schwerd/ durch noht/ durch Prenckeln/ und durch Hunger/
verschmachten und sich schlachten lassen/ ich aber wil es euch wol zu rechter zeit
unter Augen zu stellen/ und euch mit der ewigen verdamnüs abzulohnen wissen. Dan es
bey meinem gerechten schlusse doch wol bleiben wird/ daß alle diejenigen/ so die
unruhe dieser Welt so hoch lieben/ zu meiner ewigen Ruhe nicht kommen und
qg gelangen
sollen.
Sehet das wird des gerechten Gottes meinung über euer kahles fürwenden und nichts
würdige entschuldigungen sein.*
Wer nun Weltverstand/ Machiavellische weisheit/ eigene hoheit/ ehre/ nutzen/ und
Reputationqh mehr/ als die zeügnüsse des
HErren/ für seine Rahts-Leute || [
263] helt/ der ist
nicht wehrt/ das er über eine Sau/ geschweige
qi über so
qj viel Millionen
qk Heerden der
Christen herschen sol.
Darumb so beschwehre ich euch/ jhr Fürsten/ allesamt/ in deren Hand der sterblichen
sachen beruhen/ die jhr Christi eueres Fürsten bildnüs traget/ ja Jch ermahne euch/
erkennet doch die stimme eueres Königes/ der euch zum Frieden ruffet.
Es ist ja einmahl genug Christen Bluts vergossen/ wenn Menschen Blut zu wenig ist! Es
ist ein mahl genug
ql gewütet/ und in das elend des Armen Volckes hinein gestürmet! Es
ist einmahl genug geraubet/ geplündert/ [44]
geprenckelt/ gebrandt und eingeäschert/ Man hat ja einmahl genug mit heraußpressung
der Kriegessteuern/ die armen Leute gequelet/ und biß aufs marck außgesogen/ Man hat
ja einmal genug/ dem Satan zu gefallen/ gekrieget/ Man hat ja einmal genugsam dem
Türcken die Augen geweidet/ und ihme seine lust mit diesem Schauspiel erfüllet.
Es habe die
qm Tragædie
qn einmal ein ende. Lasset euch doch
das elend so vieler tausend Millionen
qo Menschen und Christen zu hertzen gehen.
Der Krieg bittet selbst/
qp — er flehet euch selber an/ jhn nach so vieler arbeit/ auch
qq
so vielem ungemach auch einmal ruhen und rasten zu lassen.
Die Sache des Friedens ist zu wichtig/ Mein geschäffte ist
qr zu hoch und
nachdrücklich/ daß es/ ümb so liederlicher
qs ursachen willen/ verschoben/ gehemmet und
aufgehalten werden sol.
Sehet der Todt ist allen schon über dem Nacken/ Euch Königen so wol/ als dem gemeinen
Manne.
Jhr die Jhr jtzo so grosse Tumulte
qt und Purlamente in der Welt anrichtet/ werdet bald
in die Erde verscharret werden/ und als dann seind verlohren alle euere anschläge.
Sehet
qu der abgelebte Simeon weiß sich meiner recht zu gebrauchen/
HERR/ saget er/ Nun
lessestu deinen Diener im Friede fahren. Frey bekennende/ daß er ohne mich nicht
Selig sterben kondte/ und
i wer
qv Selig sterben wolle/ müsse in
qw Frieden sterben. Wie
könnet jhr Krie-[45]
gende Könige aber in Frieden sterben/ die jhr die gantze zeit euerer Wallfart in
unfrieden lebet. Auf ein unfriedliches leben kan
qx schwerlich ein friedsamer
qy Todt
erfolgen.
qz Ach was fanget jhr doch ümb so etwas schattichtes und vergängliches ein solches
mächtiges unwesen an? Eben
ra wann diß leben immerwehrend und unsterblich were.
Darumb sage/ und klage/ und ruffe Jch noch einmal:
Liebet Friederb /
Begehret Frieden/
Machet Frieden. Thut es/ weil es der Natur gemäß ist.
Thut es/ weil euch die Himlischen
rc Kräyse und Elemente solches zeigen.
Thut es/ weil euch die unvernünfftigen und
rd wilde reissende Thiere mit jhrem Exempel
fürgehen.
Thut es/ weil es nützlich und ersprießlich ist. || [
264]
Thut es/ weil jhr Menschen/ ja thut es weil jhr Christen seid.
Thut es euerem
HERREN und Fürbilde Christo Jesu zur nachfolge.
Thut es auf seine vermahnungen
re und geheiß.
Thut es eueren armen Vnterthanen zur wolfahrt.
Thut es zur abwendung dieses unaussprechlichen verderbens
rf . [46]
Thut es dem Erbfeinde zum schrecken.
Thut es/ weil mich
rg euer mitKönig/ euer bekandter Vetter und Verwandter ein solch
herrlich und niemals
rh genugsam gepriesenes beyspiel unter seiner Königlichen Person
darstellet.
Ja thut es ümb euerer
ri ewigen belohnunge
rj willen.
Bringet die Christenheit und Teutschland insonderheit wieder zur
rk ruhe und frieden.
Jhr habet mit allen eueren kosten/ mühe und kriegen bißher doch nichts ausgerichtet
rl /
Es hat doch keiner seinen Zweck erreichen können/ versucht es auff eine andere weise/
versucht es/ was versönligkeit/ was freundschafft/ was Friede und Hulde thun und
außrichten können.
Es entstehet immer ein Krieg aus dem andern/ Es zeucht immer eine Rache die andere
rm
nach sich. Nunmehr
rn gebähre und zeuge eine liebe die andere/ Eine gnade die andere/
eine gunst die andere/ eine wolfahrt die andere/ Ein jeder setze das allgemeine
beste
ro seinem eigenen und absonderlichem
rp nutzen und vortheile für/ Ein jeder weiche
was
rq von seinem
rr rechte/ ist ein wenig nicht genug/ so weiche er viel/ und wer am
meisten weichet
rs / wer am meisten von seinem rechte abstehet/ der sol dessen die
grösseste ehre haben/ und für den tapfferesten
rt und großmütigesten von mir und
männiglich gehalten und gepriesen/ wie auch mit dem Ruhme des allerhöchsten Sieges
und unsterblichsten
ru Namens beleget und gekrönet werden, dann
rv solches nicht aus
kleinmuht/ sondern aus Edelem
rw und Manhafften hertzen von jhme beschiehet
rx / in dem er
sich seines nutzens [47]
freywillig begiebet/ seine begierden und sich selber der allgemeinen wolfart der
Christenheit zum besten bestreitet und überwindet.
Euere vorige blutige und auf menschen fleiß gegründete handelungen haben nicht
glücken wollen/ diese Freund- und friedliche bezeigungen
ry werden einen gesegneten
ausgang gewinnen.
JEsus Christus der grosse und
rz Ertzfriedefürst/ der die Himmel in einigkeit
gepflantzet/ und die Erde auf einen friedlichen grund gesetzet hat/ wird selber diese
heilsame und Gottselige rahtschläge benedeyen/ Er selber wird willig und freudig
zugegen sein/ und dieses euer allerlöblichstes und lieblichstes vorhaben segenen/ und
mit Himlischem glücke überschatten
sa / darumb sage ich nochmals: Bringet die
Christenheit und Deutschland insonderheit wieder zur
sb ruhe und frieden.
Bringet durchaus keine entschuldigung/ weder zum auffschube/ noch zur zerschlagung
des Friedens für: Es mag allhier keine entschüldigung gelten/ dieweil nichts itzo in
der Welt so groß/ nichts so wichtig sein und erdacht werden kan/ das würdig were den
Frieden auffzuhalten.
Der Friede.
Der Friede.
|| [
265]
Jch der Friede bin das wichtigeste/ das herrlichste/ das höchste und das
allerwertheste. Drümb lasset/ lasset
sc mein ansehen und
sd meine Würde/ und meine
nohtwendigkeit bey euch alleine gelten/ stat finden und durchdringen/ alles andere
müsse weichen/ und zu rücke ste-[48]
hen/ es habe namen wie es wölle/ ja verflucht und vermaledeyet sey hiermit auch alles
das
se / so künfftig dargegen erdacht und eingewendet werden mag.
Jch der Friede/ der wolberedte Friede hette noch vielmehr zu sagen/ aber die
blödigkeit dieses Knabens ist nicht fähig mehr herfür zu bringen. Eines wil ich noch
hinterlassen.
Jhr Fürsten und Häupter der Christenheit auf allen seiten/ insonderheit aber
Deutschen
sf Landes!
Werdet Jhr euch meine des Friedens Rede nicht
sg zu Hertzen gehen lassen/ werdet jhr
nicht angesichts nach Frieden trachten/ mit hindansetzung alles absehens/ aller
eigenen ehre/ alles eigenen ruhmes/ alles eigen
sh nutzens/ So sage Jch/ der Friede/
der ich mit der warheit in liebe und freundschafft stehe/ der ich mich mit derselben
hertze und küße/ und in enger
si verständnüß mit jhr verknüpffet bin.
Das alle die flüche/ das alle die zeitliche straffen über euch kommen sollen/ die der
HERR Zebaoth in seinem grossen Zeughause in
sj vorraht liegen hat. Eine wil ich euch
nur nennen/ daraus könnet
sk jhr
sl der anderen schärffe
sm leichtlich urtheilen.
Ihr sollet mit der straffe beleget werden/ da euere Soldaten/ so unter euerem Gebiete
streitten/ selber sich mit zu belegen und zu bestraffen angefangen haben/ in dem ein
Krieger den andern/ ein Mensch den andern/ Ein Christ den andern gefressen/ und jhre
Magen und Gedärme
sn mit Menschen und Christen blute/ und fleische gesättiget und
erfüllet. [49]
O des abscheulichen/ unerhörten und schier in keinen Geschichten/ ausser den
Belägerungen/ gedachten greüels.
Bey den wilden alleine/ so jhre Füsse gegen uns kehren/ mag es bekandt und üblich
sein.
so Pfuy pfuy mich eckelt und grauset daran zu gedencken/ geschweige darvon zu reden.
Noch dennoch sage ich/ sol dieser Greuel über euch Könige auch kommen/ wo jhr nicht
angesichts und also bald
sp einen redlichen Frieden stifftet. Jhr Könige und Regenten
der Königreiche sollet euch noch selber in euere leiber mit den Zähnen fallen und
euch fressen.
Und wann jhr je
sq meinen soltet/ daß es mit euch deßwegen keine noht hette/ solche
zeitliche straffe würde euere
sr Personen nicht berühren/ so solt jhr wissen/ daß der
hellische Menschenfresser seinen Rachen aufsperren/ euch mit Leib und Seele
verschlingen/ und seinen Bauch und eingeweide
ss mit euch ewiglich weiden und sättigen
wird/ welches dann noch viel tausent mal mehr und ärger ist.
Uber euch anwesende aber/ wie auch über euch alle/ die jhr
st des Friedens begierig/
und meine Liebhaber und Liebhaberinnen seid/ über euch sol der Friede kommen/ Mitten
unter allen stürmenden Kriegen wil ich dennoch über eueren Häuptern schweben/ Friede
sol sein in eueren Wohnungen/ Friede an euerem Tische/ Friede auf euerem Lager/
Friede auf euerem Felde/ Friede in euerem walde/ Friede sol sein in euerem Gemühte/
Friede in euerer Seelen/ || [
266]
Friede in euerem
su hertzen/ und der Gott des Friedens wird euch mit dem ewigen Frieden
befriedigen.
sv Jch der Friede habe es geklagt undsw gesagt: [50] Beschlus/ abermals
unter des Edlen Knabens eigener
Person.
DJeweil dann nun der Friede seine klage durch mich volbracht hat/ und jhr anwesenden
seiner rede durch meinen Mund so gedüldig zugehöret habet. Was wird mir dann nun zu
thun gebühren/ wie sol ich mich hierauf weiter bezeigen?
sx Wann ich in gegenwart aller deren
sy Häupter und Könige/ so itzo die Waffen in Händen
haben/ und Meister Regierer und erhalter des itzigen Krieges seind/ diesen Vortrag
gethan hette/ so wüste ich wol/ was mir zu thun sein würde.
sz „Sehet hier! Jch wolte mich auf die Knie niederlassen/ wolte meine Brust entblössen/
wolte meinen jungen Hals darstrecken/ und des Streiches des Scharfrichters mit
freuden gewertig sein. ta Mit freuden wolte ich mein zartes Leben dahin geben/ mich
tröstendetb und begnügende/ daß ich der Christenheit das wort geredet/ und meinem
Vaterlande zum besten/ so jung Jch auch bin/ die Warheit heraus gesaget hette/ weil
jhnen doch keiner/ Er sey so hohes Alters und Standes als er wolle/ noch zur zeit die
helle [51] warheit untertc augen gestellet hatt/ Also das wan̄ ich schweige/ so
werden die Steine schreyen vermögetd des Gottlichen Ausspruches meines
[a]llerliebreichestente Heylandes/ welcher auch ehemals der aller holdseligste Knabe
meines Alters und meiner Jahre/ jedoch ohne Sünde gewesen/ und itzo dieses Lob aus
meinem unmündigentf Munde jhme zu ehren zubereittet hatt.“tg Nun Jch aber Euch alle in dieser löblichsten und löblichen Geselschaft eines
friedfertigen Sinnes und ruheliebenden hertzens weiß/ So habe ich mich ein anders
gegen euch zubezeigen/ auch hingegen ein anders von euch zu hoffen.
Jch meines orts bedancke mich gegen Euch allen in tieffester Demuht/ und insonderheit
gegen euch/ jhr holdselige Damen/ mit getreuer bewegung meines hertzens/ daß Ihr mit
so gnädigen Ohren und geneigten
th hertzen in der stille und Andacht meine worte
ti
auffgemercket/ wil euch auch wieder unverdrossen/ biß in mein Grab/ zu redlichsten
diensten stehen.
Was ich aber hingegen von Euch gewertig bin/ ist nichts anders/ als das Jhr meiner
Jugend und schwachheit übersehen/ und euch meine gethane Rede angenehm sein lassen
wollet. Und wann dem also/ so bitte ich ümb ein zwiefaches zeichen. [52]
Hat euch mein Vortrag in Worten und Sitten gefallen/ So sehet mich erstlich alle noch
einmal mit gnädigen und wol gewogenen Augen an/ und thut zum andern/ zum zeichen
euers behagens/ gegen mich eine kleine neigunge
tj mit eueren häuptern. || [
267]
Nun also bin ich reichlichtk belohnet/
und
Also habe ich auch meine Rede vollendet.tl
[Vignette]