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390911 Augustus Buchner an Fürst Ludwig
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390911

Augustus Buchner an Fürst Ludwig


Beantwortet (und datiert) durch 391028. — Augustus Buchner (FG 362. 1641) ist über F. Ludwigs Kammermeister Peter Knaudt und vom Fürsten selbst, beglaubigt durch dessen Unterschrift, aufgefordert worden, die „Anleitung zur Deutschen Reimkunst“ einer kritischen Beurteilung zu unterziehen. Ohne sich ein Urteil anmaßen zu wollen, attestiert ihr Buchner Kürze, Vollständigkeit, Klarheit und kunstvolle Ausführung. Sie unterrichte den Leser und gebe selbst ein nützliches Beispiel für das, was sie lehre. Sie vermittle dem Neuling verständlich alles und mit den zugehörigen Lehren, was dieser benötigt. Was ihm in der Lehre anfangs dunkel erscheinen möge, erhelle und präge die Übung ein. — Buchner dankt für etliche zugesagte Werke F. Ludwigs, die er lieben und hochhalten werde. — In der Ausarbeitung und Rühmung der deutschen Sprache traue der Fürst Buchner mehr zu, als der vermöge, zumal seine Lebensumstände und der Zustand der Wittenberger Universität kümmerlich seien. Die Gunst und Gnade F. Ludwigs aber werde ihn anspornen, etwas zu leisten.

Beschreibung der Quelle


Q HM Köthen: V S 545, Bl. 49rv, eigenh.; Briefschluß fehlt. [Handschrift: [Bl. [49r]]D: Nur als Fragment in KE, 217f. u. KL III, 134f. — BN: Bürger, S. 179 Nr. 8.

Anschrift


A Fehlt.

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Durchlauchtiger Hochgeborner Fürst,

Gnediger Herr,


E. Fürstl. Gn. wird gnedig vermercken, daß deme in schuldigster unterthenigkeit Jch mich nicht hinterziehen wollen, worzu Derselbten Gnediger Befehl mich angehalten, Vnd hette Jch gleich mich hierunter eines mehrern erkühnt, allß ich gesolt, So getröste Jch doch mich E. Fürstl. Gn. großen Güthe und Leutsehligkeit, Jn welcher Sie nicht allein vielen anderen Jhres Standes weit vorgehet, Sondern auch gleich wie Sich Selbst übertroffen hatt.
  E. Fürstl. Gn. hatt nicht allein Durch Dero Cammermeister, Peter Knaudten mihr gnedig andeuten laßen, Sondern durch Dero eigenhändige Vnterzeichnung Selbst auch in gnaden befohlen1 , über eingeschickte Anleitung zur Deutschen || [293] Reimkunst2 , mein wenig unvorgreiffliches Vrthel in unterthenigkeit einzuschicken. Jch binn zu wenig, Gnediger Fürste und Herr[,] mich eines solchen zu unternehmen, vnd trauet E. Fürst. Gn. meinem unvermögen mehr zu, allß es zu wercke richten kann. Würde aber gleichwol in mich gedrungen, meine wenige meinung von mihr zugeben, könndte ich anders nicht sagen, allß daß obbemeldete Anleitung, nicht allein kurz, rundt, und deutlich, Sondern auch art- und zierlich abgefaßet sey, vnd solcher gestalt zugleich lehren und unterrichten, dann auch ein statlich exempel selbst sein könne deßelbten, worzu Sie nüzliche anführung thuet. Es ist mit aller Anweisung und denen dahinn ziehlenden Regeln, wie E. Fürstl. Gn. ohn deßen bekandt, ins gemein also beschaffen, daß Sie denen, so erst nur darzukommen, und noch der Sache unbe- [49v] richtet, in etwas dunckel und unverstendlich scheinen, wie klar und hell Sie auch sonst immer sein mögen, Greiffen Sie aber daß werck nun an, und es wird mit der Lehre die übunge selbsten gleich allso vermischt, So werden durch Selbste die Regeln gleich allso erklert, Die übunge aber durch beygebrachte Lehre und unterricht, gleich also befestiget und gegründet,
  Jm übrigen thue wegen E. Fürstl. Gn. ich mich in schuldigster unterthenigkeit bedancken, daß Selbte mich etlicher Schönen wercke, So E. Fürstl. Gn. mit Dero unsterblichen nahmen vnd vieler nuze zu Liechte befördert, gnedig theilhafftig machen wollen.3 Sie werden gewißlich iederzeit meine liebe und hochstgeschäzete Bücher sein, so wol in ansehen ihrer verdienst und nuzbarkeit, allß daß Sie von Jhr. Fürstl. Gn. gnedig- und Hochgeehrtester hand herkommen.
  Meine wenige Person sonst anlangend, wird bey derselbten mehr guthen willens unsere Deutsche Sprach außzuarbeiten vnd zuerheben, allß Kräffte und Vermögen anzutreffen sein. Aniezo zumal, da es mit unß und dieser Academia leider dahinn gerahten, daß kaum noch mittel zuleben übrig sein, schweige dann fuga 4 und gelegenheit etwas redliches zuschreiben. Wird aber gleichwol E. Fürstl. Gn. mich dero gnediger gunst auch in daß künfftige nicht unwürdig schäzen, vnd mit dero Fürstl. Gn. mihr beygethan sein, So werde ich hierdurch nicht wenig gereizt und angefrischt werden, mich iezuweillenb wieder den grimm dieser zeiten allso auffzulegen, und in geschöpffeter vnterthenigen hoffnung E. Fürstl. Gn. in etwas zugefallen, mich eines mehrern zuunterwindenc , allß sonsten vor mich allein ich zu werckd

Textapparat und Kommentar


Textapparat
T
a Bis gelegenheit am Rand ergänzt.
b Folgt <mich>
c KE bricht hier ab.In KL folgt hier: &c. Withenberg, 11. Herbstmonats 1639.
d Die Fortsetzung des Briefes fehlt.

Kommentar

K Der Datierungszusatz in KL (s. Anm. c) stammt sicher von G. Krause selbst, der ihn aus 391028 erschlossen haben muß. Im Erzschrein folgen dem vorliegenden Brief Abschriften von F. Ludwigs Anleitung zu der Deutschen Reimekunst (s. 391119 I) sowie Augustus Buchners (FG 362. 1641) Anmerkungen „Zu der Anleitunge“ (s. 391119 II). Alle diese Dokumente sind nicht datiert. Dann folgt 391028, mit dem F. Ludwig auf einen Brief Buchners vom 11. 9. 1639 antwortet, womit nur der vorliegende Brief gemeint sein kann.
1 Dieser Brief hat sich nicht erhalten.
2 F. Ludwigs knappe Poetik in Versen, der ein Apparat von Mustergedichten angehängt wurde (s. 391028), Fürst Ludwig: Kurtze Anleitung zur Deutschen Poesi (1640), s. 391119 I || [294] Q und K 1. Sie zirkulierte 1639 handschriftlich wohl inner- und außerhalb der FG. Wir wissen zumindest, daß F. Ludwig seine Poetik nicht nur an Augustus Buchner als Professor der Poesie und Redekunst, sondern wohl auch an Christian Gueintz (FG 361. 1641, s. 400313) und sicher an Hz. August d. J. v. Braunschweig-Wolfenbüttel (FG 227, s. 400323) zur Begutachtung gesandt hat. Opitz’ Beteiligung am kritischen Prozeß hat nur sein früher Tod vereitelt, s. 391028. Buchners Verbesserungsvorschläge zur Anleitung stehen in 391119 II. Außerhalb der Korrespondenz mit F. Ludwig spricht Buchner in seinen überlieferten Briefen der Jahre 1639/40 die Verspoetik und seine eigene Korrekturarbeit daran nicht an. S. Buchner (1720), I, 103ff; II, 352f.; III, 736ff. Erwähnenswert aber ist, daß F. Ludwig schon im November 1638 Buchners eigene Poetik abschriftlich vorlag und er sie auch an Diederich v. dem Werder (FG 31) weiterreichte. Vgl. 390902 K 3.
3 Fürst Ludwig scheint Buchner eigene Werke angekündigt zu haben. Da die vorangegangene Sendung F. Ludwigs, auf die sich Buchner hier bezieht, verloren ging, kann nur vermutet werden, daß es sich um Exemplare jüngst erschienener Übersetzungen und Dichtungen handelte: Fürst Ludwig: Tamerlan (1639), vgl. 390901 K 4; Fürst Ludwig: Das Buch Hiob (1638), vgl. 390110 K 1. Buchner wurde erst 1641 in die FG aufgenommen, so daß das GB1629/30 nicht im Bücherpaket gewesen sein wird, wohl aber Erzeugnisse der Köthener Presse, an deren Duchsicht F. Ludwig beteiligt gewesen war, z. B. Fürst Christian II.: Vnterweisung Eines Christlichen Fürsten (1639).
4 Fug, m., hier wohl gemeint: Gelegenheit, Anlaß, Möglichkeit. In der historischen Lexik sonst auch Angemessenheit, Schicklichkeit, Berechtigung, Macht, Vermögen, Fähigkeit. Wachter, 500 („FUG“): „(1.) [...] Inde fug decus, unfug dedecus, indecentia. (2.) opportunitatem. [...] (3.) quadraturam juris. Inde formula mit allem fug optimo jure“. Adelung Wb. II, 338f., kennt „Der Fug“ u. a. bereits veraltet als bequeme Zeit, gute Gelegenheit. Vgl. DW IV.1.1, 372ff.; Götze, 91; Paul Wb., 357; Stieler, 577.
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