Beschreibung der Quelle
Q HM Köthen: V S 545, Bl. 60r–67v, 67v leer (am oberen
Seitenrand alte, wohl ursprüngliche Foliierung 1–8); Schreiberh. mit
Korrektureinträgen von F. Ludwigs H.
[Handschrift: [Bl. [60r]] — Zit. als
A. Diese
Korrekturen gehen zu einem beachtlichen Teil auf Verbesserungsvorschläge Buchners
zurück, die sich ebenfalls im Erzschrein erhalten haben und hier in Beilage II
veröffentlicht werden. —
A liegt der hier vorgelegten
Transkription zugrunde. Geringfügige Textverluste durch Papierausriß werden in
eckigen Klammern nach Maßgabe der anderen Überlieferungen ergänzt. Ebenso, allerdings
sparsam, wird bei fehlenden Satzzeichen verfahren, die zum leichteren Textverständnis
notwendig erscheinen.
Dass., Bl. 50r–59v, 59rv leer (alte, wohl ursprüngliche Paginierung 1–18; die
Seitenzahl 10 wurde irrtümlich zweimal vergeben: Bl. 55v = S. 12); andere Schreiberh.
mit größtenteils textidentischen Korrekturen wie in
A. Diese
Korrekturnachträge stammen von derselben Schreiberh. Einige weitere Verbesserungen
sind von F. Ludwig eigenhändig nachgetragen worden. — Zit. als
B. Zum Verhältnis der beiden Hss.
A u.
B s. unten u. Beil. II Q.
Drucküberlieferungen: [F. Ludwig v. Anhalt-Köthen:] Kurtze Anleitung | Zur Deutschen Poesi oder Reim-Kunst
| mit ihren unterschiedenen Arten und | Mustern Reimweise verfertiget | und
vorgestellet. | [Radierung der FG-Imprese „Die fruchtbringende Geselschafft“ —
Uferlandschaft mit Kokospalmen — und Wort „Alles zu Nutzen“] | Gedruckt zu Cöthen Jm
Fürstenthume Anhalt/ | [Linie] | Im Jahre 1640. S. Abb. S. 327. HAB: 49.6 Poet. (2),
|| [
325] auch in WDB; P 491 Helmst. 4° (2) und Um 40 (=das Ex. Hz. Anton Ulrichs v.
Braunschweig-Wolfenbüttel; FG 716: Auf der Titels. signiert „Anthon Vlrich hZBUL
1651“, am Schluß eingeklebt das „Kling-gedichte Auff die Fruchtbringende
Geselschafft“ u. die Impresa Tobias Hübners [FG 25] mit seinem Reimgesetz. Beide
entstammen
Hübner, Fürst Ludwig, Werder: Die Erste und Andere Woche
[1640]). — Zit. als
D. Weitere Exemplare: STB Berlin —
PK: 4° Yb 5211 u. 4° Xt 5698(2); ULB Halle: an Jd 3326 (2); SUB Göttingen: 8° P.
Germ. II, 5280; BL London: 11517.dd.22.(10); ÖNB Wien: 54.451-A. Das einstige Ex. der
BB Dessau ist verschollen. Vgl.
Kat. Dessau BB, Nr. 11679.
Vgl.
Bulling, 26;
Dünnhaupt: Handbuch,
1112.
Dieser Druck stimmt textlich mit den Handschriften
A u.
B überein, allerdings ergänzt um eine in den Handschriften
fehlende Vorrede an den Leser und um eine Übersicht der behandelten Versarten. Der
Druck stellt die von F. Ludwig autorisierte endgültige Fassung seiner Verspoetik dar.
Die Orthographie ist geglättet (s. u.).
Teilveröffentlichung:
KE, 219–227, mit einer knappen Auswahl
aus den Mustergedichten; nach
KE und um ein weiteres
Mustergedicht gekürzt in
KL III, 136–142. Vgl.
Stoll, 116–118 (die „Anleitung“ ohne den Anhang der
Mustergedichte). Die auch in
KE erschienenen Gedichte sind im
nachstehenden Text durch (*) markiert. Krause griff auf eine Handschrift zurück, in
der die „Verbesserungen Buchners vom Nährenden angenommen und benutzt“ worden waren
(
KE, 222), merkwürdigerweise erst ab den Mustergedichten,
obwohl doch auch schon die „Anleitung“ in
A u.
B verbessert worden war. Die ursprüngliche Textfassung gibt
KE in Fußnoten wieder. Die hier angegebenen Grundtexte F.
Ludwigs lassen darauf schließen, daß Krauses Veröffentlichung Hs.
A zugrundelag. Vgl. T I gc, gg u. hc. Wenn „vom Nährenden angenommen und
benutzt“ F. Ludwigs eigene Hand bei den Verbesserungsnachträgen bedeuten soll, wäre
dies ein weiterer Hinweis auf
A.
A u.
B gehen auf zwei Urtexte F.
Ludwigs zurück (1. der eigentlichen
Anleitung, 2. der
Mustergedichte), von denen jeweils eine Abschrift Buchner zur Korrektur übersandt
worden ist. Davon hat sich nichts erhalten. Die Abschriften
A
u.
B repräsentieren etwas jüngere Überlieferungszustände.
Einige der von Buchner angegebenen und von ihm dann verbesserten Textstellen (s.
Beil. II Q) erscheinen nämlich nicht im „Grundtext“ von
A u.
B, so daß diese keine direkten Textzeugen für die von
Buchner benutzte Abschrift des Urtextes sein können. In
A trug
F. Ludwig selbst nachträglich die von ihm gebilligten Verbesserungen Buchners ein. Es
scheint, daß F. Ludwig in die Abschrift
B die Verbesserungen
aus
A hat nachtragen lassen.
B müßte
auch deshalb jünger sein als
A, weil einige Verbesserungen,
die F. Ludwig in
A noch nachtrug, in
B
bereits in den Grundtext eingegangen sind, wo ansonsten die meisten Korrekturen aus
A textidentisch nachgetragen wurden. Beispiel:
Mustergedicht Nr. 1 in
A (Bl. 61r), Z. 4 u. 5: „Und [
von F. Ludwig gebessert aus Er] wiedrigs ihr zu thun gar [
von F. Ludwig gebessert aus dan] nit [...] | Er [
von F. Ludwig gebessert aus Und] thut mit unvernunfft an seine
sachen gehen“. Dasselbe in
B (Bl. 51r): „Und wiedrigs ihr zu
thun gar nit [...] | Er thut mit unvernunfft an seine sachen gehen“. Diese
Verbesserungen stammen von F. Ludwig und gehen nicht auf Buchner zurück, sind also
von F. Ludwig offenbar in
B noch vor Buchners Korrekturarbeit
aufgenommen worden. Vgl. auch etwa Mustergedicht Nr. 1, Z. 23 (Anm. T I am), in der
B eine weitere, über
A hinaus- und
auf Buchner zurückgehende Verbesserung zeigt, die in
D
aufgenommen wurde. Vgl. ebd., Z. 29 (Anm. T I ao), 54 (Anm. T I aq) oder das
Mustergedicht Nr. 3, 2. Gesang, Strophe 2, V. 6–8 (Anm. T I gc), ferner schon T I h,
l, af, ag, cb u. ö. Andererseits kommt
B an vier Stellen
Buchners Korrekturvorlage näher als
A (vgl. K II 25, 31, 32 u.
71), wodurch sich eine kaum zu durchdringende Überlieferungslage im Verhältnis von
verlorenem Urtext,
A u.
B ergibt. Man
wird in jedem Fall von verschiedenen Korrekturvorgängen auszugehen haben. Wir haben
uns dafür entschieden, die vermutlich älteste Überlieferung
A
aufgrund der eigenh. Verbesserungen F. Ludwigs zur Grundlage unserer Editi- || [
326] on zu
machen und die Varianten von
B u.
D im
Textapparat zu vermerken. Zum bequemeren Vergleich mit der Endfassung
D mag diese selbst herangezogen werden.
Die beiden Handschriften mit den 12 von F. Ludwig lehrsatzartig behandelten Versarten
(
A: Bl. 60rv bzw.
B: Bl. 50r–51r)
und die zugehörigen Beispiele oder „Muster“-gedichte sind von uns dem Brief 391119
zugeordnet worden. F. Ludwig schrieb nämlich im Brief 391028, er habe Buchners
Anregung folgend „die Muster ieder Reimart hinzu gesetzt“, und erbat auch deren
Durchsicht. (
KE läßt die „Anleitung zu der Deutschen
Reimekunst“ mit den Mustergedichten dem Brief 391028 folgen.) Da Buchner jedoch erst
in seinem Schreiben 391119 F. Ludwig seine Verbesserungsvorschläge zuschickt, können
die Handschriften
A und
B ihre letzte,
korrigierte Fassung erst nach 391119 erhalten haben. Auffällig ist, daß die
Mustergedichte Buchner nachgereicht wurden. Dennoch beginnt in beiden Hss.
A u.
B der Abschnitt der Mustertexte
nicht auf einer neuen Seite, sondern schließt sich von gleicher Hand fließend (ohne
Seitenumbruch) der „Anleitung“ an. Dies bestätigt, daß
A u.
B spätere Abschriften des Urtextes sind, bei dem
„Anleitung“ und Mustergedichte vermutlich physisch getrennt waren. Es sind jedenfalls
nicht die Texte, die Buchner zugesandt wurden. Auch kommen
A
und
B als unmittelbare Druckvorlage nicht in Frage. Vgl. das
Schema auf der Klapptafel.
Text
Weinige anleitung zu der Deutzschen
Reimekunst
| 1. |
| Wer eines guten reims weiß’, artt und maß will wißena |
| Inb unsrer deutzschen sprach’: Aufs erste sey befließen, |
| Zu schreiben drinnen klar, leicht ungezwungen rein, |
| An frembde sprachen sich und worte ja nicht binde, |
| Er geh’ auch in dem fall’ er folgen will gelinde,c |
| Biß er der seinen sich befind ein Meister sein.d |
| 2. |
Casus | | er nehm’ in acht Die Fäll’e und solche nit verkehre, |
| | Und wo verkehret sie ein beßers andern lehre, |
| | Nach wahrer eigenschafft der zung’ in unserm Land’, |
| | Da sie mitt reiner ziehrd’ und deutlich wird getriebenf |
Prosa | | Inb ungebundner red’, alß sie dang auch geschrieben |
Oratio ligata | | Gebunden werden soll, in wollgemeßnemh band. |
| 3. |
Mensura | | Das maß der Reim’ ich mein’ in dem’ alleine lieget |
| | Die schöne wißenschafft zusammen woll gefügett: |
| | Darbey dan das gehör’ am meisten wircken muß, |
Jambi | | Die Sylben kurtz und lang gleich aufeinander lauffen, |
Dactili | | Die kurtzen zwiefach sich zusammen nimmer hauffen, |
| | Sonst wird der falsche thon gebehren nur verdruß. |
|| [
327] || [
328]
| 4. |
Trochæi | | Es werden lang und kurtz die Sylben auch gesetzet |
| | In sondre reimenartt, die unsern sinn ergetzett, |
Odæ | | Wann sie gesanges weiß’ und artlich seind gestelt, |
| | Die reime nit zu lang in Sylben überhauffet, |
| | Dann ihre Kürtze fortt woll unterschieden lauffet, |
| | Und dan, so ausgemachtt[,] dem Leser wohlgefelt.i |
| 5. |
Terminatio | | Die endung unsrer Reim’ auch werden muß erklerett, |
| | Dieselb’ ist zweyerley, und also wird gelehrett: |
Masculina, accentus | | Die erste Mänlich ist, und mitt dem thone feltj |
Fœminina | | Die Weiblich’ in der Sylb’ ohn’ ein’ am letzten1 stehet |
| | Und in derselben lang gantz prächtig einher gehett |
| | der schluß von mannes artt stets doch den preis behelt.k |
| 6. |
vers communs | | Eilff und zehnsylbig seind, die man gemeine nennett, |
Cæsura | | Und in der Vierdten wird ihr abschnitt recht erkennet: |
Carmen Heroicum | | Der Sylben aber zwelff’ hat unser’ helden artt, |
| | Und dreyzehn die man darff mit dreyzehn auch anfangen, |
| | Mitt zweyen zeilenl fortt zu einen Reim gelangen, |
| | Und in der sechsten helt ihr abschnitt seine fahrt. |
[60v]
| 7. |
vers Alexandrins. | | die edelst’ artt ist Dieß, so unser Deutscher übetm |
| | Geht hurtig von der faust, und leichte reime giebett:n |
| | Die andre, vierde Sylb’, und sechste lang muß sein, |
| | Die achte, zehnd’, und zwelfft dermaßen sich auch zeigen, |
| | Weil unserm ohrenmaß es klinget und ist eigen, |
| | Ja mit der deutligkeit sie kömbt recht überein. |
| 8. |
Sonnets. | | Die Klinggedichte seind von vierzehn vollen zeilen, |
| | Die man dermaßen soll ausbutzen und befeilen, |
| | Wie euch ist vorgesagt: Jm anfang findet man |
| | Gesetze deren zwey gleich folgen in acht reyen, |
| | Darauf sich können wohl die sechse so verneuen, |
| | Wie man bloss nach der lust sie nur wil setzen an.o |
| 9. |
Stances. | | Gesetze dreyerley im schwange rummer gehen, |
Quadrain. | | Von vieren, sechs und acht der Zeilen sie bestehen: |
|| [
329]
Sixain. | | Die erst’ und vierdte mus in vieren enden gleich |
Huictain. | | In sechsenp werden noch zwey zeilen zugelegett |
| | Von achten das gesetz geschrencket dreymahl treget |
| | Den Reim, und einer giebt den schluß und letzten streich. |
| 10. |
Contractio | | Mann soll auch nie zu sehr ein wortt zusammen ziehen, |
| | Dergleichen zwang vielmehr nach mügligkeit stets fliehen, |
| | Der sprach’ art und Natur damit wird gantz verstelt, |
| | Ein Hart gezwungnes wird hingegen eingeführett,q |
| | Da ihre leufftigkeit man sonsten lieblich spüret |
| | Und wird des rechten Zwegs der anmuht so verfehlt. |
| 11. |
Elisio | | zu letzt wird auch das E zum öftern ausgelaßen,r |
Vocaliss | | Wann ein Selblauter folgt,t wie dan auch ebner maßen, |
Consonans | | Wann die mittlauter sich gleichförmig treffen an,u |
| | Der Selblaut e alsdennv zurück und außen bleibet, |
| | Er wird geschlucket ein, und gleichsam auf sich reibet, |
| | Wie man baßw durch gebrauchx diß alles lernen kan. |
| 12. |
| | Wiewohl sich finden nuny noch mehre reimenarten, |
| | Wie die in endung sich danz ineinander Charten2 |
| | In oberzehlte doch sie meistlich lauffen ein, |
| | Die angezogen seindt, ins deutzsche sich die schicken, |
| | Undt wan sie recht gesetzt, hertz und gemütt erquicken, |
| | Daraus zu nehmen ab, das diese kunst nicht klein. |
Folgen angefügett alle die Muster vorge-
meldeter Reimartten
[61r]
1
Die rechte Helden artt anfahende mitt weib-
licher endung von Dreyzehen und zwelff
Sylben: was Zorn undt Vollsaufferey
anrichtet.
| Der Zorn verhelt den Sinn, das er mit augen siehet |
| Nicht was warhafftig ist: Ab jeden menschen ziehett |
| Mit hitz’ und unverstand er von der Tugent weg’, |
| Undaa wiedrigs ihr zu thun garab nit ist faul und treg’, |
| Erac thut mit unvernunfft an seine sachen gehen, |
|| [
330]
| Ja keine freundtschafft wird darbey nicht angesehen, |
| Wie uns ein beyspiel giebt des Alexanders thatt, |
| Die an dem Clitoad er sehr frech verübet hatt. |
| Und dieser Clitus war im kriege lang gewesen |
10. | Vonae diesem großen held’, und was sein thun und wesen |
| Den besten grund er hett’, es war ihm’ alles kundt |
| Was er sann’ und gedacht, auch redet aus demaf mund: |
| Jn dem streit er offt warag mit ihme naus gezogen |
| der junge Fürst Jhm auch von hertzen warah gewogen, |
| Und sonderlich geneigt; Er nahm sein warnen anai |
| Und was nur Clitus that, das war sehr wol gethan.aj |
| Von seiner güttigkeit und löblich ausgerichtet,ak |
| Gieng etwas unrechts für,al mit glimpff’ er alles schlichtet, |
| Und hett die sittsamkeit gebunden fleißig ein |
20. | Dem jungen Fürstenblutt, den lastern feind zu sein |
| Erinnert er ihn stets: daher er zugenommen |
| Jn tugent hatte sehr und war so weit gekommen, |
| Das jeder fast ihn hielt’am für den geschicksten Mann, |
| Der auf der weltt vergnügt im glücke leben kan; |
| Als mit dem glücke doch die jhare sich vermehrett |
| Jn ihme ward der Mensch durch hoffarttan gantz verkehret, |
| Darzu der eigensinn kam mit volsäufferey, |
| Gleich alles was er wolt’ ihm’ offen stunde frey, |
30. | Und nitt was sich geziemt, darumb sich an er maßteao |
| Viel dings mitt übermutt, und sein gemütt nicht faßte |
| Wie die gebühr woll war, er folgte seinem sinn’, |
| Und wurde Clitus bald gerichtet von ihm’ hin. |
| Wie trug sichs aber zu? Als er nun eingeladen |
| Von seinem König’ ist, mit seinem großen schaden, |
| Zum gastmal, welches war sehr herrlich angestelt, |
| Viel rühmens bracht herfür, bezecht[,] der streitbar’ heldt |
| Von thaten die er hett’ in seiner zeit begangen, |
| Drin er der eitelkeit, verführet, nach thet hangen |
| Das auch beschwerlich war zu hören denen an |
40. | Die wusten eigentlich wie alles war gethan: |
[61v] | Die alten schwiegen stillap , biß das er unterdrücken |
| Des Vatern thaten wolt, das thet sich übel schicken, |
| Drauf prahlend’ er heraus, des sieges rühmte sich |
| Der Geroneer schlacht, dar unverantworttlich |
| Der Vater ihm die ehr’ aus mißgunst hett genommen, |
| Die er aus tapferkeit für sich nur überkommen, |
| Ia als entstanden wer’ ein aufruhr zanck und streit |
| Der Söldner Griechenlandts und tapfern Kriegesleutt’ |
| Aus Macedonia, verwund wer’ er gelegen |
50. | Gleich als ein todter mensch, und sich nitt wollen regen |
|| [
331]
| Umb sichrer nur zu sein: Da er mit seinem schildt’ |
| Erhalten seinen leib, im hertzen doch erfüllt |
| Mitt lauter freudigkeit, und wer ihn angefallen,aq |
| Den er getödtet hettar : Es hett der Vater stallen |
| Mit ihme nicht gewolt, der doch sein einzigs heill |
| Vom Sohne nur erlangt, das er auch alleweil’ |
| Erwiesen, als die Feind’ er in die flucht geschlagen |
| In der Jllyrer feldtas , da er es wollen wagen, |
| Ob schon sein Vater nicht der schlacht gewohnet bey,at |
60. | Hett’ er dieselbe doch ihm zugeschrieben freyau : |
| Die weren lobens wehrt, nitt die nur zugesehen, |
| Wie mit den Thracern man scharff pflegen umbzugehen, |
| Baldt, als man Asiam hatt müssen äschern ein,av |
| Undt auf dem lande dar verwüstet alles sein: |
| Das lob stünd denen zu,aw die in den grösten sachen |
| Auch über ihre treẅ’ aufs best’ es können machen. |
| Den Jungen diese red’ in allem wollgefiel, |
| Den alten aber nicht, dann solche hielten viel |
| Auf ihren alten Herrn Philippum, weil ihr leben |
70. | Sie mit ihm zugebrachtax , und Clitus (der ergeben |
| Dem kriege lange war, den König als der bloßay |
| Mitt seinem haupte stritt, damals fürnaz letzten stoß |
| Mitt seinemba starcken schildt gar treulich überdeckett: |
| Ja als Rhosaces auch sein’ handt’ hett ausgestrecketbb |
| Jhn aufzuopffern garbc , er die geschlagen ab |
| Beym fluße Granico, und ihme drumb der stab, |
| Den Artabazus hatt, ward geben zu regieren, |
| Dahin man ihn denn solt in kurtzen ein nun führen) |
| Auch selbstbd nicht nüchtern war, zu denen sich drauff wandt, |
80. | Die unter ihn gesetzt, sonst allen woll bekandt.be |
| Und aus Euripide her diese verß’ erzehlet |
| Wie das der Griechen volck darinnen weit gefehlett, |
| Das ihrer herrschaftbf sie gegeben diese macht, |
| Ihr nahme solt’ allein’ bey ihrer Siegespracht |
[62r] | Geschrieben werdenap an, da andern wurd die ehre |
| Gefangen auf, die sie erworben noch viel mehre |
| Mitt ihrem eignen blutt, als einer, dem’ allein |
| Nicht solte drumb der ruhm so zugeeignet sein. |
| Diß so geredet wardt, das man den laut nur hörett, |
90. | Undt nicht verstandt die wortt: Der König drob bethöret, |
| Argwönisch wardt, und ließ geschwinde fragen nach, |
| Was Clitus vorgebracht für eine neuebg sach’? |
| Als aber sie darobbh noch lenger stille schwiegen, |
| Und Clitus hett’ auch nicht an diesem spruch ein gnügen,bi |
| Brach weiter noch heraußbj , Philippi Krieg’ anführt, |
|| [
332]
| Wie seine thaten man doch überall gespürtt, |
| Sie ihrer vielen auch in dieser zeit vorgiengen,bk |
| Das die mit ihrem preiß’ an jenen vielmehr hiengen: |
| Drob untern jungen sich, und alten hubbl ein zanck |
100 | Beym trunck und gastereybm als noch voll war die banck: |
| Der König hefftiglich hierüber ward bewogenbn |
| Gleich als wer’ aller ruhm hierdurch ihm nun entzogen:bo |
| Dieweil er auch vermercktt, das Clitus nichts erließbp |
| was lauter unlust machtt und bringen kunt verdrieß,bq |
| Auch des Parmenions sich ietzundbr unterstunde |
| Mitt machtbs zu nehmen an, darzu mit vollem munde |
| Philippi siege zog, die zu Athen erlangt |
| Vor, der Thebaner fall’, und mit denselben prangtt, |
| Darzu ihn nicht allein des weines hitze triebe, |
110. | Es reitzet’ ihn noch mehr zu zancken eine liebe: |
| Weil dis sein fürsatzbt war zu führen aus die sach’ |
| Das ihme dochbu gerieht zu großem ungemach; |
| Zu letzte spricht er so: Wen man für dich muß sterben, |
| Der erste Clitus ist, der also muß verderben, |
| Die tragen mitt sich wegbv weit einen beßern lohn |
| Die aus deins Vatters thatt getrieben ihren hohn[.]bw |
| Der Sogdianer land wilst du mir untergeben, |
| Die nun zum öffternmal’ im aufruhr umbherbx schweben — |
| Ein recht unbändigs volck, das man nicht zäumen kan, |
120. | Noch zu gehorchen dir ie machen unterthan: |
| Du heißt Zu thieren nun, nicht menschen mich begeben,by |
| Die, wie ein wild dan pflegt, in stein und klippen leben,bz |
| Was aber mich betrifft, das geh’ ich gern vorbey, |
| Nur das Philippi ruhm in meinem munde sey;ca |
| Die leutte Du beschimpfst und alzu schlechtlich achtestcb |
| Waß Atharias alt’cc gethan gar nicht betrachtest: |
| Hett’ aber dieser nicht zurück geruffen baldcd |
| Die Jungen so verzagt durchgiengen mitt gewalttce |
| So würden wir gewiß uns ietzo noch aufhaltencf |
130 | Zu Halicarnasso: Hast Du ohn’ unß[,] den alten[,]cg |
[62v] | bezwungen Asiam und was du führest anch |
| Durch junge leutte nur, selbst auch noch jung gethan?ci |
| Weißt Du was jehner sagt: dein vatter hatt getroffencj |
| Auff männer voller hertz: du weiber die geloffenck |
| Und ausgerißen seind:cl Den König nichts nitt mehr |
| Beweget hatte nun, als das vermeßen er |
| Parmenions erwehnt, der schon war umbgekommen, |
| und deme man mit list das leben abgenommen: |
| Den schmertzen hielt’ er doch an sich und friedtlichcm war, |
140 | Befahl alleine nur Das Clituscn sich von darco |
|| [
333]
| Bald solte machen weg, und heim zu hause gehen,cp |
| Es möchte sonst vieleicht noch unlust mehr geschehen, |
| Wann er ihm würffe vor, das er in seiner handt |
| Sein leben ehcq gehabt und das er diesen standt |
| Jhm kaum nicht geben hett, als wie er offt gerühmetcr |
| Nach aller Prahler art, und mehr als ihm geziemett[.]cs |
| Man sparte keinen fleiß und mahnt ihn treulich an,ct |
| Das er doch gehen woltt,cu es were woll gethan, |
| Zu geben jetzo nachcv : Er aber laute sagett, |
150. | Das seinen gantzen leib er für ihn hett gewagett |
| Ja seinen rücken ihm mit seiner brust beschützt, |
| Und den der fallen woltt gleich als wie unterstützt,cw |
| Wer hatt’ den König dancx erhalten nun bey leben? |
| Weit einen andern danck man ihme solte geben,cy |
| Beclagte sich zugleichcz , das die vergangne zeitt |
| Aus dem gedächtnüs schreinda die guttthat würffe weit: |
| Des Attali mord auch ward wiedrig angezogen,db , |
| Und das seins Jovis red’ ihn meisterlich betrogen,dc |
| Als er ihm’ beygebracht, das er sein vatter sey,dd |
160 | Falsch doch. Er redte wahr und lüge nichts darbey.de |
| Der König ward mitt zorn dermaßen überfüllettdf |
| Das man ihn kümmerlich auch nüchtern hett gestillett[.]dg |
| [Er]grimmet durch und durch springt aus dem stull herfürdh |
| Als würd’ er auff gejagt, und reumet nach der thür’:di |
| Die Freunde werffen weg die becher und erschrecken, |
| Ein ieder ist voll fürcht was doch sich möcht’ entdecken,dj |
| Er aber reißt den spieß der Schildwacht aus der handtdk |
| Und will dem Clito zu[,] der fest und unverwandtdl |
| An seinem orte saß: Perdiccas doch ihm wehrettdm |
170 | Und Ptolomæus auch, daran sich weinig kehrettdn |
| Der hart’ und ernste Mann: Sie faßen mitten umbdo |
| Den König, der doch nicht ablaßen will darumb:dp |
| Jn des ihm andre zwey den spies aus händen windendq |
| Er spricht, Soll ich mich dan gleich als wie lassen bindendr |
| Und ein gefangner sein? Auff, Brüder, ins gewehr,ds |
| Rufft er der wache zu, und eilet zu mir her.dt |
| Will man dan auch mitt mir an ietzo so gebahrendu |
| Als dem Dario nur gar neulich wiederfharen.dv |
[63r] | Jndw die Trompeten will, das man nun stoßen soll, |
180. | So war der gantze hoff des tollen wesens voll. |
| Nun obgenante beyd’ ihm’ in den knien lagen, |
| Und mit bescheidenheit es wolten untersagen, |
| Er solte nicht im Zorn doch übereilen sich, |
| Man würd des andern tags der sachen billiglich |
| Jhr recht gehörig thun: Sein’ ohren zugeschloßen |
|| [
334]
| Für ihnen waren doch, er thet sie von sich stoßen, |
| Ergrimmett überauß, naus in den vorhoff laufft |
| Nimt einen andern spies mitt boßheit überhaufft, |
| Sich an den ausgang stelt, wo jederman hergehen |
190 | Auß dem Pallaste must, da bleibet er fest stehen |
| Und so des Cliti wartt: die andern waren naus |
| Der Clitus ohne liecht der letzte gieng nach hauß’: |
| Der König wer er wer’ ihn fast erschrecklich fragte, |
| Er das er Clitus wer’ erst da demütig sagte, |
| Begehrte nur nach hauß: der König Jhn durchstichtdx |
| Als er kaum ausgeredt, und diese worte spricht |
| Zeuch zum Philippo hin zum Attalo fortgehedy |
| Schau wo Parmenio dein freund sich rümmer drehe[.]dz |
| Mitt seinem blute wird der König gantz besprützt, |
200. | Der über diesen Mann so greulich war erhitzt: |
| Und ob es ihme woll hernach sehr thet gereuen, |
| Als er des weines loß und woltea des liechtes scheuen |
| Vergeblich und umbsonst es war iedoch gethaneb |
| drumb seh sich ieder für, eh dan der Zorn geh’ an,ec |
| Der nimmer pflegtt zu thun was gleich für Gott und eben,ed |
| Daher wir ihme nie nicht sollen sein ergeben: |
| Wann ihr erzürnett euch ob einer mißethatt, |
| Die sünde last darbey nicht finden raum und statt |
| Auch die volsäufferey uns fleißig laßet meiden, |
210 | Im reden und im thun sein sittsam und bescheiden: |
| Undt wan beym trunck’ es giebt zu zeitten einen straus, |
| Was dan geredet wird zum besten legett aus. |
| Es will ein voller mann auch nimmer sein gereitzett |
| Der zwinget blutt heraus der sich zu hartte schneutzett |
| Ein weiser man uns lehrtt: Wanns wiederwillen gibtt, |
| Das einer der auch woll vom andern ist geliebt |
| Ein wortt nimt übel auff, man feuer nicht zublase, |
| Noch das mehr rühren darff, sonst mitt der langen nase |
| Gewiß man ziehett ab: Der zorn so nicht vergeht, |
220 | Wann er zunimmet noch, er gleichsam feste steht |
| Jn erster hitz’ und glutt, man muß nitt mehr zustörenee |
| Besondern von dem thun zu reden auf nur hören, |
| Biß die gemüter sich gestillet und gesetztt, |
| Also kein Mensche wird nicht leichtlich sein verletzt: |
[63v] | Diß mercket zum beschlußef , und für den wein euch hüttet, |
| Den trinckt nicht übrig ein, den zorn auch auseg nicht schüttet |
| Mitt worten alsobaldt, ein wortt das andereh giebtt |
| Drob auch ein guter freundt verwirrt wird und betrübt, |
| Bedencket was zu thun biß an den andern morgen, |
230. | So dürfft ihr also dan von nichtes wegen sorgen[.]ei |
|| [
335]
| Die hastej ist nimmer gutt, das eilen schädtlich ist, |
| Jm zoren übereilt der Mensch sich leicht vergist. |
Helden artt Reime;
Anfahende mitt mänlicher endung von Zwölff,
und Dreyzehen sylben
| Das so geschwinde komtek , geschwinde baldt vergehtt, |
| Was in geschwinder eil’ erbautt nicht lange steht: |
| Der Thurn zu Babel ward gar hastig aufgerichtett, |
| Und in gar weinig zeitt zergiengel und wardem zernichtet |
| Von Gott dem höchsten Herrn, die sprachen er verwirrtt,en |
| Das jeder handwergsman verstört ward und verirrtt. |
| Des Alexandri Reich geschwinde war gestiegen |
| Gar baldt nach seinem tod’ hernieder thet es liegen |
| Jn aller eil’ es wurd zerrißen und zertrantteo , |
10 | Das man es für kein Reich eins Herren mehr erkantt. |
| Des Cæsars große macht geschwind’ ist aufgegangen, |
| Zum schnellen tode must’ Er grausamlich gelangen, |
| Wiewol sein Nachfhar sich bestettigt fest im Reich’, |
| Als jedernep nach gebühr das recht er theilte gleich: |
| Ein guttes theil der weltt hat Tamerlan3 durchlauffeneq |
| Jn gar geringer zeit mit vielen kriegeshauffen, |
| Darbey gehalten stets sehr gutte Kriegeszucht, |
| Jn welcher er für sich stets sonder’ ehr gesucht.er |
| Er hatt den Bajazet urplötzlich überwundenes |
20. | Und ihmet gantz Morgenland zu pflicht und dienst verbunden, |
| Nach seinem Tode doch baldt seine macht zergieng’, |
| Als unter brüdern sich ein streitt und Krieg anfing. |
| Jn den geschichten seind mehr beyspiel noch verhanden, |
| Das die geschwinden Reich’ auch lange nicht bestanden[.] |
| Eil’ und geschwindigkeit hat keinen festen grundt, |
| Wie die erfahrung das uns klärlich giebet kundt: |
| Ja was gewaltsam ist das kan nicht lange wehren, |
| Es kan gar leichtlich sich im augenblick’ umbkehren: |
| geschwinde gnug Ein dingeu geschehn ist und gethan, |
30 | Wann das mit gutem Rahtt’ ist woll gefangen an, |
| Bedachtsam fortgestelt und weißlich vollenzogen, |
| ein Herr der so gesinnt dem muß man sein gewogen.ev |
| Es wird sein Regiment auch mehr bestendig sein, |
| Als wan geschwinde Ränck’ er darbey führet ein. |
| Er muß seins volckes heil nur stets für augen haben,ew |
| So wird er friedtlich sich vergnüget können laben |
| Was mitt Jn deme bringtex die gleiche billigkeit |
| Darin bestehet dan recht mit gerechtigkeit. |
|| [
336]
| Ein Fürst kann beßer nicht im leben fortt auch kommen |
40. | Als wan die lehr’ er hatt genau in acht genommen, |
| Das wie er will das ihm’ es recht ergehen soll, |
| Er gegen andre sich bezeige gleich und woll. |
[64r]
2.
Gemeiner artt Reime
ey anfahende mitt weib-
licher endung von eilff und zehen Sylben.
| | Das schon vorlengst Die Poesie entsprungenez |
Mosis Lied nach | | Jst klar und kund.fa Hebraisch hat gesungen |
dem durchgange | | Auf sonder’ artt, der Moses als er war |
des Roten Meeres | | Mitt Gottes volck aus Pharaons gefahr, |
| | Das rote Meer für ihme durchgegangen |
| | Mitt trucknem fuß’, an thet’ er freudig fangen |
| | Den Lobgesang, und frölich den vollendt, |
| | Das dieser zug gebracht zum guten end’. |
Jacobsfb Testament | | Da Jacob solt von seinen kindern scheiden |
10 | | Aus dieser weltt, nichtfc ohne sonders leiden |
| | Das Sie befiellfd , er auf Poëtisch’ artt |
| | Sie redet an, und eh’ er zu der fahrtt |
| | Bereitet sich, sie erstlich wolte segnen, |
| | Und deuten an was iedem solt begegnen.fe |
| | Sehr kurtz und schön er alles aus woll drucktff , |
| | An seinem ortt’ ein jedes war geruckt, |
| | Was alles soltt’ hernacher zu sich tragen |
| | Wie ein Prophet er wolts vor ihnen sagen. |
Mosis segen über die | | Eh Mosen auch der herre zu sich nahm |
Stämme Israell. 20 | | Jsrael da den segen überkam |
| | Nach jedem stamm’ auf sich und die nachkommen, |
| | Den ebensfals er an sich hatt genommen, |
| | Nach solcher weiß’ als er beschrieben ist |
| | Jm letzten buch des Mosis, da mans ließtfg . |
| | Da Barack hett den Sißera geschlagen |
Deboræ Lobgesang | | Verbarg er sich bey Joel im nachjagen, |
| | Und die im Schlaff’ ihn schluge gar zu todt |
| | Debora lobt mit ihme drüber Gott |
| | Gesanges weiß’ in allerhöchsten freuden |
30. | | Das Kriegsvolck drumb zusammen war bescheiden. |
Hannæ Danckliedt | | Als Hanna ward vom Herren auch erhörtt, |
| | Da gnedig er zu ihr sich hett gekehrtt, |
| | Geschenckt den Sohn, ein schön lied sie thet dichten, |
| | Und ihr gebett zu Gott mit wolte richten, |
| | Zu dancken ihm’ auff die bezeigte gnad, |
|| [
337]
| | Das fruchtbar sie geworden in der thatt. |
Der Hebraischen | | Als Goliaht darnieder ward geschmießen |
weiber und Jungfrawen | | Vom Schleuderstein, und die Philister rießen |
gesang als Goliath | | So schrecklich aus, und David wieder kam |
gefellett. 40. | | Von dieser Schlacht, ihn Saul auch zu sich nahm’, |
| | Ein schönes liedt die freuleinfh wolten singen |
| | Zu ehren ihm’, und rein mit freuden springen |
| | Getrieben an, durch einen guten Geist |
| | Den, wer nur will, er fleißig unterweißt. |
Davidts Klagliedt | | Da König Saul und Jonathan gestritten |
über Saul und | | Mitt ihrem todt die niederlag’ erlitten |
Jonathan | | Sambt vielem volck hatt Davidt sie beklagt |
| | Mitt einem lied, das vor dem volck’ er sagt, |
| | Und lehren lest zu schießen mit dem bogen |
50. | | Den Kriegern, die seind Juda woll gewogen: |
| | Ein stadtlichs lob er ihnen beyden giebt, |
| | Umb Jonathan sich inniglich betrübtt. |
[64v] Das Buch Hiob | | Des Hiobs buch uns giebetfi schöne lehren4 , |
| | Die seind sehr hoch und dienen Gott zu ehren, |
| | Es steckt viel kunst in dieser weisen schrifft |
| | Die heidnisch’ artt sie gentzlich übertrifft. |
| | Was für gesäng’ hatt Davidt auch geschrieben |
| | Von mancher artt, die uns noch überblieben: |
Die Psalmen Davidts | | Der Psalmen5 man zwey schock und dreyßig findt, |
60. | | Die nach der rey’ in guter ordnung sindt, |
| | Und woll gesetzt: Ob gleich uns ist verborgen |
| | Jhr eigen’ artt, dafür wir nitt zu sorgen[,] |
| | Weil uns doch bleibt der rechte wortt verstandt, |
| | Der die gebett uns giebett an die handt. |
Sprüchwörter und | | Sprüchwörter sagt uns Salomon der weise6 |
Prediger Salomonis | | Er predigt’ uns zu Gottes lob’ und preise, |
| | Wie eitell wir er allen unterricht |
| | Getreulich giebt, auf das wir irren nicht. |
Das hohe Lied | | Das hohe lied was sonderlichs bedeutett, |
70. | | Wie zu der Kirch’ ihr Breutigam nun schreitett |
| | Sie redt ihnfj an, und er verliebt in sie |
| | Jn keuscher brunst auch sie verleßet nie. |
Alle die Propheten | | Was schöne weiß’ auch haben die Propheten, |
| | Die gehen vor ja billich den Poëten, |
| | Und haben doch an ihnen auch ein theill, |
| | Vergeßen nicht darneben unser heill. |
Die Klaglieder Je- | | Was anders seindt auch Jeremiæ Trehnen, |
remiæ | | Als nach dem dienst’ er Gottes sich thet sehnen, |
| | Der abgethan war zu Jerusalem, |
80. | | Und weggeführt die zwelff’ Jsraels Stämm’ |
|| [
338]
| | Es seind fürwar sehr schöne Klaggedichte |
| | Der Heyden fünd’ die machen sie zu nichte, |
| | Dann sie bestehn auf einenfk festen grundt |
| | Den Gottes gütt den seinen geben kundt. |
| | Den anfang drumb man den Hebreern gebe |
| | Von dieser Kunst, vorsichtiglich stets lebe |
| | Jn Gottesfurcht, werd drinnen wohlfl geübt |
| | Das man von Gott auch wieder sey geliebtt. |
Gemeiner artt Reime anfahende mitt
Männlicher endung von zehen und
eilff Sylben (*)
| | Der ist recht klug, den klug das ungelück |
| | Eins andern machtt: Es ist der besten stück’ |
| | Eins, drauf ein Mensch im leben hatt zu sehen, |
| | Wies andern pflegt in ihrem thun zu gehen, |
| | Das er daran sich selbsten spiegeln kan, |
| | Erkennen auch was übel ist gethan. |
| | Wir pflegen offt in unsern eignen sachen |
| | Gantz blindt zu sein und ander’ auszulachen, |
| | Wann sie bethört gelauffenfm gleich wie wir, |
| | Da wir uns erst selbst solten sehen für, |
| | Von andern nicht auch wieder uns urtheilen, |
| | Uns selbst Viel mehr behoblen und rab feilenfn |
| | was übel steht und zeucht von tugent ab,fo |
| | Das wir nicht gehn mit lastern in das grab. |
| | Wannfp aber du an andern nun erkennest |
| | Die schnöde lust, damit du selbsten brennest, |
| | Und merkest, das sie drinnen sehr verfehlt |
| | Vonn dir dan werd’ es beßer angesteltt: |
| | Dies ist der nutz den du daraus kanst ziehen |
20 | | Jm fall du wilst für spott und schaden fliehen:fq |
[65r] | | drumb laß dir dis gesagt sein allezeitt,fr |
| | Das du dich nicht verlauffest allzu weitt, |
| | Vernünfftig liebst zucht erbarkeit und tugent |
| | Jm alter, wie gelernt du in der Jugent. |
3.
Gesang anfahende mitt weiblicher endung
von acht und sieben Sylben. (*)
1.
Aller augen auf dich warten,
Jhnen giebst herr speise du,
Nicht vergißest
fs ihrer artten
|| [
339]
Legest ihnen segen zu
Das thut deine mildtreich’ handt
Du ersättigst jeden standt
Dran du hast ein wolgefallen
drumb mus Gott Dein lob erschallen.
ft 2.
Zu dir Rufft die zucht der raben,
fu
Wan der hunger nöttigt sie,
Atzung müßen sie dan haben,
Speiß’ und tranck da mangelt nie
Gottes große gütt’ ist das,
Die sich zeiget ohne maß.
Dran er hatt ein wohlgefallen
drumb auch muß Sein lob erschallen.
fv 3.
ihm gefelt Nicht
fw Roßes stercke,
Gottes furcht ist seine lust
Schnöde seind der Menschen wercke
Eitel ist ihr hertz’ und brust
Gott der muß sie richten zu
Das der fromme guttes thu’,
Jhme dan sie wohlgefallen,
Wan nach seinem wortt sie wallen.
Gesang anfahende mitt Männlicher endung
von sieben und acht sylben. (*)
1.
Adams fall uns hat verderbt
Eva macht ihn übertretten
Beyde haben angeerbt
Uns die sünde, draus zu retten
Kontt’ allein des weibes sahmen
Jesus Christ der herr mit nahmen
fx
Er der Schlangenkopf zertratt
Das sie keine macht mehr hatt.
2.
fy
Eva kam in schwere nott,
Das sie solte dienstbar leben
Über ihr der Mann gebott
Und sie muste kinder geben
Kinder das geschlecht zu mehren
Doch nicht ohne saure zehren
Dis hatt böse lust gemachtt,
Die sie in solch leid gebracht.
3.
Adam arbeit haben muß
Angstschweiß nott und todt außstehen
Alles giebt ihm nur verdruß,
Rückwarts seine sachen gehen,
Gottes bildt ist gantz verdorben,
Were Christus nicht gestorben,
Würde lauter angst und pein
Stets nur um und bey uns seyn.
fz 4 Heldenartt
Klinggedichte anfahende mitt weiblicher
endung von dreyzehen und zwelff
Sylben diega Zeilen (*)
Der weibesbilder zucht ihr ehr’ und keusches leben,
Das wohl geführet wird, ist steten ruhmes wehrt
|| [
340]
Von eiteln worten nit es werden kan verkehrt
Weil sie der tugent seind in allem gantz ergeben.
[65v] Wie solte man ihr lob
gb deswegen nicht erheben,
Da ihren wandel sie erhalten unversehrt,
Gefunden werden mag auch niemand so gelehrt,
Der sie in ihrer zucht nur solte machen beben,
Wans ist ihr rechter ernst, dan mit bescheidenheit
Sie alles lehnen ab, was ihnen könte schaden,
Solts
gc aber helffen nicht, mit rauhen worten auch,
Zertheilen sie alsbaldt den aufgetriebnen rauch,
Das mit unehre sie nit wollen sein beladen,
Und mit vorsichtigkeit gezieret jederzeitt.
Klinggedichte anfahende mitt männ-
licher endung von zwelff und drey-
zehen Sylben (*)
Die ehr’ und tugent seindt der sehlen schöne zier,
Der leib kan ohne sie doch nichtes sein geschätzett,
Drumb wir bewahren rein sie sollen unverletzett,
Und wiederstehen baldt, wan findett sich begihr,
Die ihnen wiedrig ist, dargegen suchen
gd für
Der Sittenlehre zucht, die das gemütt ergetzet,
Und reichlich im verstandt die sinn’ uns schärffer wetzet
Das in der erbarkeit zunehmen beßer wir.
Also wir wenden
ge ab das lose falsche schmehen,
Wann von dem rechten weg’ ab wir nicht irre gehen.
Derselb’ uns leitet fortt gleich zu dem höchsten gutt
Jn dem’ alleine wir ruh’ und erquickung finden
Und embsig wahren uns für schanden und für sünden,
Darzu uns Gott der Herr helt stetts in seiner hutt.
5.
Gemeiner artt
Klinggedichte anfahende mitt weiblicher
endung von eilff und zehen Sylben (*)
Wer Gott vertraut nicht werden kan zu schanden,
Sein’ hoffnung bleibt in ihme stet und fest.
Mitt seiner hülff’ ihn nimmer Gott verlest
Das höchste heil ihm kömmet
gf noch zu handen,
Und wer’ er schon in hafft und schweren banden,
Von jederman gemartert und geprest
Sein heiland ist von ihme nie gewest,
Jhm’ hat vielmehr getreulich beygestanden.
Halt festiglich ob
gg solcher zuversicht,
|| [
341]
Und trachtet nur Jn from sein zu zunehmen,
gh
All’ unser thun auf Gott nur sey
gi gericht,
Und seinem wortt’ uns eifrig zu bequemen,
gj
Thun wir es nun, so thun wir
gk unsre pflicht,
Und mögen dan
gl uns keiner trübsall schemen.
Klinggedichte anfahende mitt mänlicher
endung von zehen und eilff Sylben. (*)
Wann Gott der herr zur straff’ uns ziehen will,
Jn ungedult wir sollen nicht gerathen
Dann solches uns doch kommet nicht zu statten
Für uns soll sein gesteckt ein ander ziel
Jn demutt soll gefast sein unser will,
Das wir uns nur von Gotte laßen rathen,
Der uns treibt an zu allen guten thaten
Das
gm ruhig wir erzeigen uns und still.
gn
[66r] Umb linderung wir gar
go woll mögen bitten
Das sein zorn baldt auch
gp gegen uns auff
gq hör’
Und er uns woll’ hinwiederumb erquicken
An unserm ortt nach dem wir hartt
gr gelitten:
Wies uns ist nutz zu seines nahmens Ehr’
Er also woll’ es alles gnedig schicken.
6. Heldenartt
Vierzeiligegs gesetze, anfahende mitt weiblicher
endung von zwelff und dreyzehen Sylben Es wird der menschen lieb’ im ungelück’ erkennett,
Gleich wie des Rosses mutt im tieffen schweren weg’
In jeder trübsall muß darumb man nicht sein treg’
Ein hertz voll großen mutts in ehren hitze brennett.
Vierzeiliges gesetz’ anfahende mitt mänlicher en-
dung von zwelff und dreyzehen Sylben.
Viel unheils wendet Gott gar offtmals von uns ab,
Wann wir durch demutt bald vor seinem zorne kommen
gt ,
Die wohlverdiente straff’ alsdan wird weggenommen,
Dan gütig er sich zeigt mit seiner gnadengab’[.]
|| [
342]
7.
Gemeiner artt
Vierzeiliges gesetz’ anfahende mitt weiblicher
endung von eilff undt zehen Sylben.
Gott pflegett stets die eitelkeit zu haßen
Kein’ hoffart auch er von uns haben will,
Es soll für uns
gu diß sein das rechte ziel
Das in gedult und demutt wir uns faßen.
Vierzeiliges gesetz anfahende mitt mänlicher
endung von zehen undt eilff Sylben
An Gott’ allein’ all unser gutes henckt,
Unrecht zu thun ist unser’ artt und weise,
Und mögen wir ohn’ hochmutt, woll gar leise
Reingehn, weil er uns alles hatt geschenckt.
gv 8.
Heldenartt
Sechszeiliges gesetz’ anfahende mitt weiblicher
endung von dreyzehen und zwelff Sylben. (*)
Wer die gesetze giebt, der soll sie gleichsfals halten,
Es wirckt
gw ein beyspiel mehr, als nicht
gx thun viel gebott’,
Ein weiser frommer Fürst wird selbsten ihm zu spott
Bey ihme die gebühr auch laßen nicht erkalten.
Vornemlich wan er sich selbst recht erkennen thut
Und das von
gy Gott allein’ ihm kommett alles gutt.
Sechszeiliges gesetz’ anfahende mitt männlicher en-
dung von zwelff und dreyzehen Sylben.
Gnad’ und Barmhertzigkeit den Fürsten woll steht an,
Und sollen
gz sie zumall
ha derselben sich befleißen,
Weil sie dadurch aus nott gar manchen
hb können reißen
Und ihnen selbst hieraus groß lob erwachsen kan
hc
Zu gutt
hd - und gnedig sein nie laß und müde werden
he
Die straffen mildern auch macht groß und hoch auff erden.
hf || [
343]
[66v]
9.
Gemeiner artthg
Sechszeiliges gesetz’ anfahende mitt weiblicher en-
dung von eilff und zehen Sylben (*) Die freundligkeit gleich wie zu Lehne gehett
Vom Fürsten her, und ihnen ists ein Ehr’
Jm fall sie sich derselben mehr und mehr
hh
Gebrauchen thun: Recht
hi woll und fürstlich stehet
Geliebett sein: Die macht offt übel thutt
hj
Leutsehligkeit schafft nichtes als was gutt.
hk Sechszeiliges gesetz’ anfahende mitt mänlicher
endung von zehen und eilff Sylben
Je größer hertz’ und mutt ein Mensche hatt,
Je minder er der grausamkeit geneigett,
Großmütig sich ein solcher herr bezeigett,
Das loben man muß seine tapfre thatt.
Die demut man bey keinem soll verachten,
Und den der fleht mitleidentlich betrachten.
10.
Heldenartt
Achtzeiliges gesetz’ anfahende mitt weiblicher
endung, von dreyzehen und zwölff Sylben. (*)
Wann durch freygebigkeit die Fürsten freund’ erwerben,
So große treẅeẅ man bey denen dan nicht findt,
Als wann ihr guter ruff und tugent ohn’ entferben
Die Tugenthafften auch in ihre freundtschafft bindt.
Geschencke manche leutt’ in ihrem thun verderben,
Und die vergeltung offt in einem huy verschwindt;
Die einen zu dem glück’ alleine liebe
hl tragen,
Den andern die Person der tugent thut behagen.
Achtzeiliges gesetz’ anfahende mitt mänlicher endung
hm
von zwelff und dreyzehen Sylben.
Des menschen sinn und geist ist den Weinrancken gleich,
Wan die den nahen baum mitt ihrer leng’ ergreiffen,
Dan ziehen sie sich nan, und ob sie schon seind weich,
So wickeln sie sich doch rings umb mitt vielen schweiffen,
hn
Biß das von trauben sie sich sehen laßen reich,
Die man mit latten dann aufhalten mus und steiffen.
|| [
344]
Gleich so auch soll ein Mensch nachgehn
ho der wißenschafft,
Wohin sein eigner mutt ihm selbst giebt
hp lust und krafft.
11.
Gemeiner artt
Achtzeiliges gesetz’ anfahende mitt weiblicher
endung von eilff undt zehen Sylben
Wolredenheit wann die sich hatt gesellett
Zur Sittenlehr’, an sie steht mercklich woll
Dem jungen Mann’, und ihm geduldt zufellet,
Wan sein gemütt’ er machet tugent voll
Zu stehen aus, was ihme vor dan stellett
Das wiedrig glück, dem’ er nicht weichen soll,
Standthafftig sein in seinem gantzen leben
Den lastern auch gewaltig wiederstreben.
[67r]
Achtzeiliges gesetz’,
hq anfahend
hr mitt mänlicher
endung von zehen undt eilff Sylben (*)
Man liebe den, der unsre laster schilt,
Wer sie erhelt, den soll man alzeit meiden,
Das man mit ihm nicht werde gleichsfals wildt
Und müße dan der hellen quall drumb leiden:
Mitt wollust auch ein Mensch nitt werd’ erfültt
Jn seinem ampt er sey fromm und bescheiden.
hs
Von iederman’
ht wird stets
hu geliebet sein,
Den eigne lieb’ in keiner zeitt nimmt ein.
hv