Text

391209 Christian Ernst Knoch an Fürst Ludwig
[Inhaltsverzeichnis]
|| [370]

391209

Christian Ernst Knoch an Fürst Ludwig


Christian Ernst (v.) Knoch (FG 268. Der Weichende) berichtet F. Ludwig, daß er am Vortage in Braunschweig eingetroffen sei, nun aber im Begriff stehe, nach Celle aufzubrechen. Da Hz. August d. J. v. Braunschweig-Wolfenbüttel (FG 227) gerade seinen neugeborenen Sohn (Christian Franz) verloren hatte, wollte er ihn nicht stören und ließ das Buch (Fürst Ludwig: Tamerlan) und den Brief F. Ludwigs (391203) Hz. August durch den Hofmarschall Franz Julius v. dem Knesebeck (FG 396. 1642) überreichen. Der Herzog ließ sich || [371] entschuldigen und bat, ihm durch Knesebeck vom Befinden F. Ludwigs und von Neuigkeiten Mitteilung machen zu lassen. Knoch möge ihn auch auf seiner Rückreise nach Anhalt besuchen. — Von Johan Strick herbeigeführte Truppen und zwei weitere angekündigte Regimenter sollen die kleine Armee des schwedischen Obristen Hans Christoph v. Königsmarck (FG 515. 1648) verstärken. Auf seinem Wege (nach Sachsen) hat sich Königsmarck wegen einer zu erwartenden Attacke des Caspar Colonna Herr v. Völs (FG 211) umgewendet. — Hans Georg v. Arnim (FG 255) hat sich auf der Durchreise nach Hamburg mit dem niedersächsischen Generallt. Johann Caspar v. Klitzing besprochen. — Bernd v. Hagen gen. Geist (FG 236) ist vorgestern zum König v. Dänemark aufgebrochen. Auf die Anerkennung der (vom niedersächs. Kreis) beanspruchten Neutralität sei nicht zu hoffen. — Der englische Theologe John Durie hat in Braunschweig erfolgreich gegen Georg Calixtus disputiert. Er soll über Anhalt gen Sachsen reisen, um Einigkeit zwischen den Reformierten und Lutheranern zu stiften. — Johann Friedrich v. Veltheim (FG 314) läßt F. Ludwig grüßen. Er ist neben 12 anderen Adligen von Juristen der Helmstedter Universität belangt worden.

Beschreibung der Quelle


Q LHA Sa.-Anh./ Dessau: Abt. Köthen A 9a Nr. 94, Bl. 46r–47v [A u. Empfangsvermerk: 47v]; eigenh.; Sig.

Anschrift


A A Monseigneur et tresillustre prince Monseigneur Louys prince d’Anhalt Conte d’Ascanie Seignieur de Zerbst et Bernburgk à Cötten
Eigenh. Empfangsvermerk von F. Ludwig: Pres. 31. Decemb. 1639.

Text


Durchleuchtiger Hochgeborner Gnediger Furst vndt Herr:
E. fl. gn. berichte ich vnterthenigk, daß ich gott lob gestern alhier angelanget, undt itzo diese Stunde in gottes nahmen aufbrechen und auf Zelle1 meinen Wegk vortstellen werde. Herzogk Aug. fl. gn. (weil Ih. fl. gn. vorgestern das Junge Herlein gestorben)2 habe ich in ihrer hochsten betrubnuß nicht beschwerlich sein mogen als wegen E. fl. gn. schreiben beneben dem bucha 3 Jh fl. gn. durch den Marschalck Knesebecke4 vbergeben laßen. Drauf Jh. fl. gn. obbemelten den von Knesebek zue mir herunter geschickt, mihr ihr großes hertzleidt drin sie der Allerhochste gesetzt, gn. zu wißen sagen laßen gunstigk darnebenst ersuchende Jhrer fl gn. ja nicht zuverargen, daß sie mich itzo nicht vor sich erfoderten, die sie vor großen schmerzen nicht wißen was sie thedten, so ich mochtb aber gerne E fl. gn zustandes auch was von neuem pahsirte berichtet sein, ersuchten mich gn. solch H. Marschalck vnbeschwert zuerofnen, auch auf der Rugkreyße5 (dazue sie mir dan viel gluck vndt gottes segen wuntschten) so nicht vorvberzuziehen besondern dieselbe anzusprechen. Jch habe drauf kurzlichen Jh fl. gn. den Zuestandt des Furstenthumbs beneben dem Neuen was man hieruber gehabt berichtet, vndt Jh fl. gn. auf Rugkwege vnterthenigk aufzuwarten gehorsamb verrichtet. Werden also E fl. gn. mir zue gnaden halten daß ich meinen vonc E. fl. gn mir gn. mit gegebenen befehl nicht besser verrichten konnen. Sonsten ist von neuem nichts alß daß Ob. Strick6 mitd 4000 knechten  efective von Gardelegen vorgestern inn begleitt 400 finnen zue Osc[h]ernleben dochb das mal durchgezogen ankommen [46v] undt sol solcher beneben h. brelebene vndt Meyers Regimentern sich zu Konigsmarcken begeben.7 Welche schon in dem heruntter ziehen begriffen gewesen, sol sich aber wieder gewendet vndt auf Bindfeldef , welches Fehlse8 angreiffen wollen, seinen wegk wieder zugenomen haben. Arnheimb9 ist alhier || [372] bei Klitzingen gewesen mitt einer starcken parthey vor 8 tagen von hier auf hamburgk begleittet worden. Ob. Berndt geist10 ist vorgestern fruhe von hier ab auf hildesheimb von dannen zum Konige in Denemarck verreiset. Eß durfte selbsten baldt in diesem Kriegke ein ander zuestandt werden. Muß entweder liegen oder berichten, dan man keine neutralitet zue hoffen. Sonst berichte ich E fl. gn. auch daß ein Doctor auß Engellandt mit nahm Dureus11 ankommen welcher mitt dem helmstedtischen  Theologen alhier disputirt, vndt mitt ihme gesprech gehalten. Wie es aber ablaufen wirdt kan man noch nicht wißen. Er sol wol beschlagen sein, vndt Calixten12 von Helmstedt fast nichts als geschmelett haben. Er wirdt von hier durchs furstenthumb Anhaldt in Meißen, sol ia verhoffen die einigkeitt vnserer vnd der luthrischen religion zue wege zue bringen. Gott verleihe seinen segen zue seinem gutten vorhaben. Dieses ich E fl. gn. auf gn. befehl vnterthenigk hinterbringen sollen befehle dieselbe beneben deroselben furstl. haupte gottes des algewaltigen schuze mich aber E fl. gn. beharlichen hohen furstlichen gnaden verbleibendt E fl. gn.

  Vntertheniger gehorsamer
  Der Weichende
Brunßwigk den 9 Christmonahts Jm Jhar 1639.

Der genesende13 kußet E fl. gn. vnterthenigk die Hende gehett ihm gar vbel, dan er von den subtilen leutten zue Helmstedt beneben 12 andern von adel in kummer genomen14 worden. Verhofe doch sie solten deßelben ehist wieder erlaßen werden dan heutte etzliche abgeordnete die sache zu verhorng von Jh. fl. gn. abgeschickt worden.

Textapparat und Kommentar


Textapparat
T
a Folgt <zue>
b Ersetzt unleserliches gestrichenes Wort.
c Folgen zwei gestrichene Buchstaben.
d Eingefügt bis efective
e Wortrest undeutlich.
f Wort undeutlich.
g Lies: verhören

Kommentar
1 Weiterreise nach Celle, wohl zu Hz. Friedrich v. Braunschweig-Harburg (1574‒1648). Aufgrund einer größeren Überlieferungslücke in der Korrespondenz zwischen Christian Ernst (v.) Knoch (FG 268. Der Weichende) und F. Ludwig sind wir über das Ziel und den weiteren Verlauf dieser Reise, deren Rückweg entgegen der ursprünglichen Planung nicht über Braunschweig führte, zumindest nicht zum Hof Hz. Augusts (s. 400203), nicht unterrichtet. Vgl. den Brief 391203, den F. Ludwig durch Knoch an Hz. August d. J. v. Braunschweig-Wolfenbüttel (FG 227) übergeben lassen wollte, der ihn jedoch wegen des im vorliegenden Brief genannten Todesfalls (s. Anm. 2) nur dem Hofmarschall Knesebeck (s. Anm. 4) aushändigen konnte.
2 Hz. August trauerte über den Tod seines am 1. 8. 1639 geborenen und bereits am 7. 12. wieder gestorbenen Prinzen Christian Franz. Vgl. 380320 K I 21 u. 391217 K 12; Monika Hueck: Gelegenheitsgedichte auf Herzog August von Braunschweig-Lüneburg und seine Familie (1579–1666). Wolfenbüttel 1982, 70f. Eine Sammlung von Trauerbriefen und -gedichten zum Tode des Prinzen erschien unter dem Titel: MONVMENTVM Epistolicum & Poëticum, Ævit. Memor. S. & beatis Manibus Illustriß. Principis ac Domini  D. CHRISTIANI FRANCISCI, SERENISSIMI ... DN. AVGVSTI, DVCIS BRVNSW. ET LVNÆBVRG. Ipsis Calendis Augusti ... Ex Diva Matre Illustrißima ... DN. SOPHIA ELISABETHA ... Nati: Dein ex Aquâ & Spiritu XXIX. 7bris ipsâ die Michaeli Ar- || [373] changeli solemni, solemni festiviate ... Renati: Patriæque damno perpetuo VII. Idus Decemb. Anno M. DC. XXXIX. Denati: Positum & expositum ... ab Obsequiosißimis, Officiosißimis & Subjectißimis. Brvnsvvigæ, Typis Balthasaris Grvberi, Anno (I) I) C XL. HAB (3 Ex.): Gn Kapsel 14 (2), 248. 6 Theol. (2) u. Da 581 (5). Unter den Beiträgern erscheint mit einem lat. Brief auch der im vorliegenden Brief noch genannte engl. Theologe John Durie (s. Anm. 11), d. d. „Brunsvvici ipsis Idib. Decembr. Anno M. DC. XXXIX.“, der auch Hz. Augusts „sancto Christianæ concordiæ studio“ rühmt (Bl. B v). Justus Georg Schottelius (FG 397. 1642) ist mit drei dt. Trostgedichten (Bl. J ii rff.) vertreten. Die Gedichte erneut, teilweise leicht überarbeitet, in: Arbustum vel Arboretum Augustæum, Æternitati ac domui Augustæ Selenianæ sacrum, Satum autem & educatum à MARTINO GOSKY (Wolfenbüttel 1650), Bl. 308v–344v. HAB: Gn 4° 766 und T 904.2° Helmst.
3 F. Ludwig hatte in seinem Brief Hz. August d. J. wegen einer Neuauflage des illustrierten Gesellschaftsbuchs angesprochen. S. 391203, vgl. dort K I 0. Bei dem Buchgeschenk ist zu denken an den 1639 erschienenen Druck: Fürst Ludwig: Tamerlan (1639), s. 390901 K 4 u. 391203 K 3. Einen anderen Köthener Druck schickte F. Ludwig Hz. August erst zusammen mit seinem Brief 391217: Fürst Christian II.: Vnterweisung Eines Christlichen Fürsten (1639), s. 390504 K 2. Zur Geschichte der Bücherbestände Hz. Augusts s. Maria v. Katte: Die Bibliotheca Augusta — Gestalt und Ursprung. In: Sammler Fürst Gelehrter, 287–293; dies.: Herzog August und die Kataloge seiner Bibliothek. In: Wolfenbütteler Beiträge 1 (1972), 168–199; auch Conermann:Fürst Ludwig und Christian II. von Anhalt, 460–469; Conermann: Fürstl. Offizin.
4 Franz Julius v. dem Knesebeck (FG 396. 1642), Hz. Augusts Hofmarschall.
5 Zu einem erneuten Besuch Knochs in Braunschweig kam es auf seiner Rückreise nicht, s. 400203. Im August 1640 hielt er sich aber im Zuge einer Reise erneut in Braunschweig auf, die ihn nach Magdeburg, Wolfenbüttel, im Anschluß nach Hildesheim und Kassel führte. S. 400810 K 0, 2 u. 7.
6 Der schwed. Oberst Johan (Hans) Strick (Strijk, Strigk). Im Rang eines Obristleutnants hatte er noch im September 1638 vor Wolgast gelegen und war, inzwischen zum Obristen befördert, wohl im Januar 1639 zur Sicherung der „correspondentzlini“ der nach Sachsen und Böhmen ziehenden schwed. Hauptstreitmacht mit seinem Regiment als Besatzung in Gardelegen zurückgelassen worden. Bis zum Januar 1640 blieb er in der Altmark. S. AOSB SA VI, 553, 591 u. 714; vgl. 845 u. SA IX, 304, 308 u. 320. Die auch gebräuchliche Ortsnamensform Gardeleben übersetzte die bis ins 19. Jh. konkurrierende nd. Form Gardeleve ins Hd. Falsch in AOSB SA VI, 591 „Garleben“.
7 Die schwed. Regimenter Breleben[?] u. Meyer auf dem Weg zu Hans Christoph v. Königsmarck (FG 515. 1648). Meyer (Mayer) hieß 1635 der Obrist eines schwed. Dragonerregiments. AOSB SA VI, 216 u. SA IX, 755. Er dürfte nicht zu verwechseln sein mit dem niedersächs. Obristen Anton Meier (Decken: Georg III, 158 Anm. u. 190 Anm.). Königsmarck, der 1639 in Westfalen, Franken und im Eichsfeld streifte (vgl. 390903 K 1, 390909 K 17, Theatrum europaeum, Tl. 4 [1643], 87f., 107f. u. 124) und zunächst nur über 3000 Reiter und 1500 Fußsoldaten verfügte, war Klitzing (s. Anm. 9), dem Generallt. der Welfenarmee, aus dem Wege gegangen, da der niedersächs. Oberbefehlshaber Hz. Georg v. Braunschweig-Calenberg (FG 231) noch seine bewaffnete Neutralität wahrte. Er neigte damals allerdings angesichts des erwarteten Vormarsches Hatzfelds und Octavio Piccolominis (FG 356. 1641) und aufgrund des ksl. Entzuges von Hildesheim der Idee eines Bündnisses mit Schweden zu, während Hz. August noch an der Neutralität festhalten wollte, zumal er in der beabsichtigten Vertreibung der Kaiserlichen aus seiner Residenz Wolfenbüttel nur eine Einladung an schwed. Besatzer zu sehen vermochte. Vgl. 391005 I u. Langenbeck, 12ff., 40ff. u. 48. Königsmarck und Klitzing trafen sich etwa Ende Oktober 1639, jedoch führte ihr Gespräch zu keinem Ergebnis. Decken: Georg III, 195. Königsmarck, aus Westfalen kommend, zielte mit der Verstärkung seiner Truppen auf eine Unterstützung Johan Banérs (FG 222) im Sächsischen und Böhmischen. AOSB SA VI, 714; || [374] vgl. 401212 K I 4; Ernst Samuel: Johann Baner als Ermattungsstratege in den Feldzügen 1634‒1639. Phil. Diss. Gießen 1921, 66.
8 Bindfelde im Magdeburgischen? Der Angreifer war vielleicht der ksl. Obrist Caspar Colonna Herr v. Völs (FG 211). Durch seine Familie in den böhm. Aufstand verwickelt, hatte sich Völs in Schlesien und Preußen niedergelassen und als Reiteroffizier unter Johan Banér gegen den Kaiser gekämpft. Vgl. Opitz: BW 340519 ep K 1 u. 341000 ep. Nach dem Prager Frieden unterwarf er sich Ks. Ferdinand II. Der Kaiser sandte Völs im Mai 1639 zur Übernahme geworbener Truppen nach Danzig. Conermann III, 220f.; AOSB SA VI, 635. In Documenta Bohemica VI, Nr. 429 u. 816 fälschlich „Karl Freiherr zu Fels“ genannt.
9 Im November kam Hans Georg v. Arnim (FG 255) zwecks Bildung einer antischwed. Koalition auch nach Braunschweig zu Hz. August d. J. v. Braunschweig-Wolfenbüttel. Vgl. 391113 K 8, auch 390903 K 2. Hz. Georg v. Braunschweig-Calenberg, der Befehlshaber der Welfenarmee und Kreisoberst des niedersächs. Kreises, der persönlich mit einem Übertritt zu den Schweden liebäugelte (s. Anm. 7), schickte seinen Generallt. Johann Caspar v. Klitzing (s. 390131 K 10) jedoch zu dem von den Schweden verfolgten Arnim. Als Arnim Hz. Georg von der Entrüstung Kf. Johann Georgs I. v. Sachsen über Georgs Intention berichtete, beauftragte dieser Klitzing, dem Kurfürsten seine Gründe schriftlich (am 27. 11. 1639) darzulegen. Der Kurfürst antwortete Klitzing etwas versöhnlicher am 24. 12. 1639. Nachdem Arnim nach Hamburg weitergereist war, vermittelte er dem schwed. Residenten Johan Adler Salvius den Eindruck, Hz. Georg werde sich sobald nicht mit Banér verbinden. „Arnim ginge stark damit um, in Deutschland eine dritte Partei zu Stande zu bringen, und hoffte, der Herzog Georg werde Theilnehmer seyn.“ Der Harburger Kanzler Johann Drebber reiste dennoch nach Stockholm, wurde dort jedoch für Gespräche an Salvius zurückverwiesen. Decken: Georg III, 197, 199‒201 u. 339‒342. Auf der Rückreise von Hamburg traf Arnim Diederich v. dem Werder (FG 31) zu Unterredungen in Wittenberg (um den 18. 1. 1640; KU IV.2, 42). Erwähnenswert sind die Briefe Hz. Georgs an Hz. August vom April 1640, in denen er August zu einer vertraulichen Unterredung in wichtigen Angelegenheiten nach Peine bittet bzw. feststellt, die Relation der schwed. Gesandten sei „viell zu weit gangen, vnnd wir vnnß gegen dieselbige zu keiner Conjunction erklehret, noch erklehren können“. Als das „Hauptwerck“ seiner und der welf. Politik betrachtete Georg damals offenbar noch immer die Verbindung mit Hessen-Kassel. HAB: Cod. Guelf. 3 Noviss. 2°, Bl. 3r–6v, Briefe vom 15. und 24. 4. 1640. Vgl. auch den Brief Hz. Augusts an Georg Calixt vom 23. 4. 1640, in dem er mitteilt, er sei gestern von Peine nach Braunschweig zurückgekehrt. HAB: Cod. Guelf. 84.9 Extrav., Bl. 86r–87v. Schon Anfang Mai aber kam es vor Erfurt zur Vereinigung der schwed. mit den französ.-weimar., hessen-kassel. und braunschweig-lüneburg. Truppen, vgl. 390929 K 9.
10 Bernd v. Hagen gen. Geist (FG 236), Amtshauptmann von Gröningen im Stift Halberstadt, Diplomat im Dienste Kg. Christians IV. v. Dänemark. Er war Anfang Oktober durch Plötzkau gekommen, ohne daß sich die Gelegenheit zu einem Austausch mit anhalt. Fürsten ergeben hätte. Vgl. Knochs Brief an F. Ludwig vom 3. 10. 1639, a. a. O., Bl. 41v. S. auch 390903 K 2 u. 391005; vgl. Conermann III, 257f.
11 John Durie (1596‒1680), der unermüdlich im protestant. Europa um Harmonisierung besonders der reformierten und lutherischen Lehren und Kirchen werbende Ireniker. Zu seinen Förderern gehörten auch F. Ludwig, die Herzöge v. Sachsen-Weimar und Hz. Augusts Vorgänger, Hz. Friedrich Ulrich v. Braunschweig-Wolfenbüttel (FG 38). S. die ausführliche Zusammenstellung von Duries Bemühungen und die Erwähnung seiner vielfältigen Kontakte zu Förderern, die auch der FG angehörten, in 330603 (K 0‒1); vgl. 330920. Zum intensiven Verkehr anhalt. Fürsten und Theologen mit Durie 1632/33 s. 330603 K 2. Hz. Wilhelm IV. v. Sachsen-Weimar (FG 5), getaufter Lutheraner und Mitstifter der FG, bat in 330920 die gelehrten Fürsten Ludwig und August (v. Anhalt-Plötzkau; FG 46) und F. Ludwigs Hofprediger Daniel Sachse ‒ allesamt Reformierte ‒ zu einem || [375] Religionsgespräch, da er gerade Theologen, darunter Calixtus, beisammen habe. 1638 aus Schweden ausgewiesen, reiste Durie nach Hamburg, Braunschweig und später ins lutherische Dänemark. Am 12. 12. 1639 (n. st.?) hatte sich Durie mit einem latein. Schreiben bei der Braunschweiger Stadtgeistlichkeit angemeldet, dem er den Abschied des evangelischen Bundeskonvents in Frankfurt vom 1. 9. 1634 beilegte. Der irenisch gesinnte damalige stadtbraunschweig. Superintendent Balthasar Walther (s. 391217 K 4) trug Duries Anliegen auch im Geistlichen Ministerium der Stadt vor, wo es zwar allgemeine Belobigung, aber keine weitergehende Unterstützung fand, da man sich auf (den Calvinisten) Durie nicht zu intensiv einlassen wollte. Vgl. Philipp Julius Rehtmeyer: HISTORIÆ ECCLESIASTICÆ INCLYTÆ URBIS BRUNSVIGÆ PARS IV. Oder: Der berühmten Stadt Braunschweig Kirchen-Historie Vierter Theil (Braunschweig 1715), 528 (HAB: Gn 9853: 3); Der zehnte Superintendens in Braunschweig M. Balthasar Walther von 1636–1640. In: Braunschweigische Anzeigen 1760, 82. Stück (11. Oktober), Sp. 1321–1324 (StA Braunschweig: H VIII A Nr. 1493). In den beiden Akten des StA Braunschweig B IV 11 Nr. 20 u. Nr. 164 mit Akten und Colloquia des Geistlichen Ministeriums der Stadt finden sich keine Aufzeichnungen und Dokumente aus dem Jahr 1639. Dennoch ist nachweisbar, daß am 5. 12. 1639 Hz. August d. J., Georg Calixtus (s. Anm. 12), Durie und zwei weitere hochrangige Geistliche Hz. Augusts zu dem von Knoch erwähnten Religionsgespräch in Braunschweig zusammenkamen. Durie wies zu seiner Kreditierung den Versammelten Briefe und Empfehlungen brit. und ir. Theologen vor, machte sodann Vorschläge zur Vorbereitung und beschrieb einen möglichen Prozeß zur friedlichen Musterung der Dogmen und der praktischen Vorgehensweisen in den Kirchen. Duries Unterscheidung der heilsnotwendigen Glaubenssätze von den nichtfundamentalen Artikeln fand schon wegen Calixts gleichgerichteter Vorgehensweise ebenso wie das Übrige (Gründung auf die Bibel und die altkirchliche Tradition) durchaus Anklang bei den Anwesenden. Man verständigte sich auf eine gemeinsame Beförderung der protestant. Einigung. Calixt (und die theolog. Fakultät der U. Helmstedt) hatte bereits seit 1633 regelmäßig Kontakt zu Durie. S. Calixts Brief an Hz. August vom 1. 8. 1640, in dem er erwähnt, daß Durie ihm in Sachen neuer theologischer Streitereien geschrieben habe. HAB: Cod. Guelf. 33 Noviss. 8°, Bl. 57rv; vgl. Cod. Guelf. 84.9 Extrav., Bl. 588rv (Brief von Durie an Calixt, Bremen 17./27. 6. 1643; abgedruckt in: Georg Calixtus’ Briefwechsel. In einer Auswahl aus Wolfenbüttelschen Handschriften. Hg. Ernst Ludwig Theodor Henke. Halle 1833, 68f.); NSTA Wolfenbüttel: 1 Alt 22 Nr. 197, Bl. 21r–37v; L Alt Abt. 37 Nr. 287; Christoph Böttigheimer: Zwischen Polemik und Irenik. Die Theologie der einen Kirche bei Georg Calixt. Münster 1996, 47f.; Martin Friedrich: Georg Calixt und die Leuenberger Konkordie. In: Theologie im Dialog. Georg Calixt als Wegbereiter der Ökumene. Beiträge eines Studientags zum 350. Todestag am 30. Oktober 2006 im Predigerseminar Braunschweig von Inge Mager, Wolfgang Sommer, Christoph Böttigheimer u. Martin Friedrich. Hg. Landeskirchenamt Wolfenbüttel. Wolfenbüttel 2007, 75–85, hier 77;Ernst L. Th. Henke: Georg Calixtus und seine Zeit. 3 Bde. in 2. Halle 1853‒1860. II.1, 107ff.; Inge Mager: Die Beziehungen Herzog Augusts von Braunschweig-Wolfenbüttel zu den Theologen Georg Calixt und Johann Valentin Andreae. In: Pietismus und Neuzeit 6 (1980), 76–98, hier 94; Hermann Schüssler: Georg Calixt, Theologie und Kirchenpolitik. Eine Studie zur Ökumenizität des Luthertums. Wiesbaden 1961, 95 (Veröffentlichungen des Instituts für europäische Geschichte Mainz, 25). Kurz nach den Braunschweiger Verhandlungen kam es bei Hz. Georg v. Braunschweig-Calenberg in Hildesheim zu einem ähnlich einvernehmlichen Religionsgespräch. S. Duries Brief („Jean Duré“) an Hz. Augusts Kanzler Philipp Bohn, d. d. Hildesheim 16. 1. 1640, in dem er von freundlichster Aufnahme dort durch Hz. Georg berichtet. NSTA Wolfenbüttel: 1 Alt 22 Nr. 197, Bl. 150r–151v.
12 Georg Calixt(us) (1586‒1656), Prof. der Theologie in Helmstedt, philippistisch geprägter Ireniker, der durch die Fundierung der Kirche auf die biblisch geoffenbarten Wahrheiten über Christus und auf die Dogmen der antiken Kirche (bis zum 5. Jh.) Frieden || [376] stiften wollte. Die luther. Orthodoxie zieh ihn des Synkretismus, Kryptopapismus bzw. Kryptocalvinismus. Vgl. Theologie im Dialog: Georg Calixt (1586–1656) als Wegbereiter der Ökumene (s. Anm. 11), sowie die am Ende der Anm. 11 aufgeführte Literatur.
13 Johann Friedrich v. Veltheim (FG 314. Der Genesende). Vgl. [Kupfertitel] Zwo Christliche Leichpredigten Die Erste Auf den 7. 8. vnd 9. v. des 116. Psal: Bei der Adelichen Sepultur des Weilandt WohlEdlen Gestrengen Vesten vnd Mannhafften, Johann Friedrichs von Velthem auff Harbke vndt Ostraw Erbsassen etc. Welcher den 19. Augusti Zu Hall im Herrn sanfft vnd seelig entshlaffen [sic] vnd hernacher den 19 Novemb: Zu Ostrau ... in sein ruhe Kammerlein versetzet. Gehalten ANNO 1641. HAB: Db 4893 (7). Der ersten Schrift ohne Drucktitel folgt eine zweite mit dem Drucktitel: Die Andere | Christliche Leichpredig[!] Frommer Gläubiger | Christen | ... Bey der angeordneten Leichbegängnüß | Des ... Johann Friederichen | von Velthem/ Burchardts von Vel- | them S. Sohns/ vff Harbke vnd | Ostraw/ &c. | Welcher den 29. Augusti zu Halle in Gott Seelig entschlaf- | fen/ vnd den 18. Novembris in die Kirche zu Ostraw zur | Ruhstete ist gesetzt worden/ ANNO M. DC. XLI. | Geschehen zu Harbke | Durch | M. Valentinum Mylium Pfarherrn | daselbst. &c. Beiden Funeralschriften ist angehängt mit eigenem Titelbl.: IN IMMATURUM OBITUM | Generosi Juvenis, | DN. | IOAN. FRIDERICI | Von Veltheimb. | BURCHARDI F. ACHATI N. | HÆreditarii In Ostraw | Et Harbke. | EPICEDIA. | DECESSIT XIV. K. SEPT. ANNO CHRISTI M DC XLI. | ÆTATIS XXVI. | [Zierstück] | Hallis Saxonum | Excudebat Petrus Faber Ty- | pographus. Enthält lat. Trauergedichte, an erster Stelle (Bl. K iij rv) jedoch ein dt. Gedicht seines Mitgesellschafters „Christianus Gueintzius. der Ordnende.“, inc.:
„DEß Adels RitterSiz; der Tugend wahrer Tempel;
Der Trewe alter Stam; der Redligkeit Exempel“.
Das Gedicht erwähnt allerdings nicht Veltheims Mitgliedschaft, Gesellschaftsnamen o. ä.,
sondern preist nur das adlige Geschlecht und Wappen, tröstet seine Mutter Helena von
der Asseburg, Witwe des Burchard v. Veltheim. Über deren Sohn heißt es:
„Ach schade daß Er ist in seiner besten Jugend
Genommen hin so bald/ im Wachsthumb aller Tugend/
  Jn Hoffnung größrer Ehr/ bey Jhm mit macht ergoß/
  Da sich Verstand vnd Witz in aller Mutter Schoß.“
Die Predigt wird der Mutter und den fünf Schwestern des Johann Friedrich gewidmet von den beiden Pastören des Patronatsherren, M. Valentinus Mylius S., Pastor zu Harbke, und M. Johannes Henne, Pastor in Ostrau. Nur die erste Leichenpredigt gibt unter „PERSONALIA“ Auskunft über den Lebenslauf des Verstorbenen (Bl. D iijr[E iv]v): Sein Vater hieß Burchard, Erbsasse auf Harbke und Ostrau. Der war der Sohn Achaz’ v. Veltheim, eines Landrats des Erzstifts Magdeburg. Johann Friedrichs Mutter war die Tochter des magdeburg. Landrats Ludwig v. der Asseburg, auf Schermbke, Wallhausen und Hinnenburg. Burchard starb ungefähr im 9. Jahre seines Sohns Johann Friedrich. Der Sohn lernte soviel Latein, „daß er mit grossen nutzen/ seinen begehren nach/ die Studia zu Continuiren, auff eine Universitet hette können verschicket werden.“ Allerdings durfte er sich der Kriegsumstände halber nicht von seinen Gütern entfernen. Mit 18 Jahren übernahm er in Ostrau die „Haußhaltung“. Er hatte noch einen Bruder. „Wie offt hat Er die gefährlichsten Reisen zu dieser vnd jener Armee auff sich genommen/ viel spesen vnd Vnkosten auffgewand/ vnd dadurch nicht wenig Einquartierung/ Durchzüge vnd Contributiones, wo nicht gantz abgewendet/ Jedoch dergestalt/ mit vieler verwunderung abgehandelt/ daß es den Armen nothleidenden Leuten/ nicht zu geringen Nutzen gedieen.“ Als er im Winter 1640/41 bei Wulffsdorff einer streifenden Partie nachjagte, wurde sein Pferd erschossen. Er erhielt einen Schuß durch den linken Arm. Veltheim las jeden Morgen und Abend in der Bibel, empfing auch regelmäßig das Sakrament des Nachtmahls. Er haßte das Fluchen. Am 12. 8. 1641 fand er sich schwach, begab sich zu Doktor Oheim nach Halle, ließ sich zur Ader nehmen, empfand dennoch „grosse Bangigkeit zum Hertzen/ vnd jnnerliche || [377] Hitze,“ und starb am 19. 8. 1641. Jene merkwürdige Helmstedter Strafsache wird nicht erwähnt.
14 Im Sinne von ,in Haftung nehmen’, in Beschlag nehmen; ,in Haft nehmen’; arretieren. S. DW V, 2593‒2596, vgl. Stieler, 1551 „Kummerrecht/ jus arrestorum“.
Seite drucken

XML: http://diglib.hab.de/edoc/ed000218/briefe/391209.xml
XSLT: http://diglib.hab.de/edoc/ed000218/tei-transcript.xsl