K1 Einen Brief Hz. Augusts d. J. v.
Braunschweig-Wolfenbüttel (FG 227) an F. Ludwig vom 14. 12. 1639 konnten wir nicht
nachweisen. F. Ludwig hätte die Nachricht vom Tode || [
388] des Welfen-Prinzen auch aus
Christian Ernst (v.) Knochs (FG 268) Schreiben 391209 erfahren können, jedoch
erreichte dieses ihn erst am 31. 12. 1639. Pz. Christian Franz v.
Braunschweig-Wolfenbüttel, der jüngste, am 1. 8. 1639 geborene und schon am 7. 12.
desselben Jahres gestorbene Sohn Hz. Augusts und seiner dritten Gemahlin Sophia
Elisabeth, geb. Hzn. v. Mecklenburg-Güstrow (AL 1629. TG 42b). Vgl. Anm. 12 u.
391209 K 2, ferner die Akte 1 Alt 22 Nr. 161 im NSTA Wolfenbüttel. Sie enthält
keine Schreiben von dem oder an das Haus Anhalt, wohl aber Einladungen zu den
Tauffeierlichkeiten ab dem 29. 9. 1639 (s. Anm. 12), Beileidsbekundungen (u. a.
von der verwitweten Hzn. Eleonora Maria v. Mecklenburg-Güstrow, Bl. 160rv), jedoch
keine Leichenpredigt oder Epicedia, keine sonstigen Gelegenheitsdichtungen oder
Cartell-Texte.
2 Nicht erhaltene Abschrift aus Hz. Augusts Revision der
Lutherbibel, s. Beil. I, vgl. 391203 K 2. Interessanterweise hat F. Ludwig an den
Herzog auch einen Auszug aus seinen poetischen Bearbeitungen des Alten Testaments
geschickt, nämlich eben jene Lehrdichtung auf das 1. Buch Mose (1. Kapitel),
dessen revidierte Übersetzung Hz. August an F. Ludwig geschickt hatte. Im
Gegensatz zu anderen Stücken von F. Ludwigs Bibeldichtungen hatte sich für seine
Bearbeitung der fünf Bücher Mose bislang kein einziger Textzeuge nachweisen
lassen. Das genannte Stück wurde erst kürzlich im NSTA Wolfenbüttel aufgefunden,
Akte: 1 Alt 22 Nr. 226: „Allerlei Pasquille und dergl. Jeux d’esprit, die bei den
Zeitungen dem Herzoge August d. J. eingeschickt wurden, auch einige neuere“, Bl.
293r–295v (Schreiberh. mit einer eigenh. Korrektur F. Ludwigs). In ihrem Aufbau
folgt dieses Stück demselben Schema wie die anderen Bibeldichtungen Ludwigs,
Fürst Ludwig: Das Buch Hiob (1638) und seine Verse auf die
Psalmen und die Sprüche Salomonis (s.
Conermann: Ludwig und
Christian II. von Anhalt, 411ff.). Der Austausch und die Zusammenarbeit
der beiden Fürsten und Höfe war sicherlich viel intensiver als bislang
angenommen.
3 Die Beilage mit F. Ludwigs Stellungnahme zu Hz. Augusts
Probe seiner Bibelrevision liegt dem Brief nicht mehr bei.
4 Balthasar Walther (Gualtherus, 1. 5. 1586 – 15. 11. 1640).
Nach Schulbesuchen in Allendorf, Frankenhausen und Gotha (Gymnasium, 1603–1606) im
Februar 1606 Bezug der U. Jena, schon im September dort Magister der Philosophie.
1607 U. Gießen, 1608 wieder U. Jena, 1610 U. Wittenberg. Im Oktober 1610 Prof. der
griech., 1612 zusätzlich der hebräischen Sprache an der U. Jena. 1619 Mitarbeiter
an den ratichianischen Schulreformen in Köthen v. a. durch Unterricht des
Hebräischen. 1621 berief ihn Hz. Johann Casimir v. Sachsen-Coburg (1564–1633) zum
Pastor und Superintendenten von Stadt und Amt Gotha, das damals Sachsen-Coburg
zugehörte (vgl. 390112 K I 5 u. K I 9). Walther wurde Mitarbeiter an den Schul-
und Kirchenreformen im Hzt. Franken (um 1634) unter Hz. Ernst I. v. Sachsen-Gotha
(FG 19) und an der „Weimarer Bibel“. Vom 20. 7. 1636 (Datum der Berufung) bis zu
seinem Tod Superintendent der Stadt Braunschweig. Er war zweimal verheiratet, 1613
mit Barbara Hoffmann, die 1628 in Gotha starb, und 1629 mit Elisabeth Rupold, die
ihn mit zwei Söhnen und einer Tochter überlebte. Sein Sohn Johannes Christian,
Student der Theologie und Philosophie in Jena, starb am 18. 8. 1639. Vgl. EXEQVIÆ
IOAN-CHRISTIANI [GVALTHERI] JENENSIS Theol. & Phil. Stud. Præstantiss. QVI
Obiit Brunsvigæ medionoctij XIIX. Augusti A
nno M
essiæ (I) I) CXXXIX. Typis
DVNCKERIANIS. HAB: J 119. 4° Helmst. (60); Matthias Briccius: Lamentum Pijs
Manibus Juvenis quondam Præstantiß. & Literatiß. D
n. IOHAN-CHRISTIANI
GVALTHERI Jenensis Studiosi humaniorum eminentis, & Amici sui familiariss.
sacrum, quo præmaturam, attamen beatam ipsius ex hâc vitâ emigrationem ... ex
animo deflet ... TYPIS DUNCKERIANIS M. DC. XXXIX. HAB: J 119. 4° Helmst. (61);
C
onsolatio super O
bitu IOHAN-CHRISTIAN GVALTHERI JENENSIS THEOL. ET PHIL. Stud.
præstantiss. qui Obiit Brunsvigæ medionoctii 18. Aug. A
nno (I) I) CXXXIX. T
ypis
D
unckerianis A
nno (I) I) CXXXIX. HAB: N 8.2° Helmst. (24). Walther galt als
Ireniker, dessen Berufung von Georg Calixt dem Rat der Stadt Braunschweig
empfohlen und von der kleinen hzl. Partei, die dem in der Stadt herrschenden Geist
eines strengen Luthertums || [
389] abgeneigt war, gefördert wurde. Zur Verbindung mit
Calixt s. die zwischen 1624 und 1640 geschriebenen Briefe Walthers an denselben in
HAB: Cod. Guelf. 84.10 Extrav., Bl. 235r–258v. Am 9. 3. 1640 bat ihn sein aus
ratichianischen Reformtagen bekannter Freund Hieronymus Prätorius, den gerade vom
Gymnasium Schleusingen zum Rektor des Johanneums in Lüneburg berufenen Magister
Andreas Reyher zu unterstützen. HAB: Cod. Guelf. 84.11 Extrav., Bl. 108r–109v.
Walther war der erste „Calixtinianer“ im stadtbraunschweig. Superintendentenamt —
zumindest streitet er sich um diesen Titel mit Brandanus Daetrius (1607–1688) —,
wurde aber natürlich auf das städtische Corpus doctrinae verpflichtet, welches die
Konkordienformel einschloß, die in der Landeskirche des Hzt.s
Braunschweig-Wolfenbüttel nach Ausweis des von 1576 bis um 1700 gültigen Corpus
Doctrinae Julium nicht angenommen worden war. Vgl. zur Berufung Walthers die
beiden Akten im StA Braunschweig: B III 15 Nr. 18, Bl. 186–203 u. Nr. 19; ferner
Inge Mager: Das Corpus Doctrinae der Stadt Braunschweig im Gefüge der übrigen
niedersächsischen Lehrschriftensammlungen. In: Die Reformation in der Stadt
Braunschweig. Festschrift 1528–1978. Hg. Stadtkirchenverband Braunschweig.
Braunschweig 1978, 111–122 u. 139–143. Walther versuchte, sich vorsichtig aus den
konfessionellen Streitigkeiten herauszuhalten, woran auch eine ernsthafte
Unterstützung John Duries scheiterte (vgl. 391209 K 11). Er empfahl sich in den
Augen F. Ludwigs für eine Begutachtung der sprachlichen Revision von Luthers
Genesis-Übersetzung durch Hz. August, weil er 1620, im Zuge der ratichianischen
Schulreformen, selbst eine in Köthen gedruckte lat. Genesis-Übersetzung
veröffentlicht und darüber hinaus auch eine Ausgabe der Genesis im hebr. Urtext
erstellt hatte, die allerdings ungedruckt geblieben war. Vgl. 181023 K 8, 190324 K
1, 190424, 330920 K 3 u. 340604 K 2; ferner
Conermann: Fürstl.
Offizin, S. 131 u. 170 Anm. 128; Julius Lattmann: Ratichius und die
Ratichianer. Helwig, Fürst Ludwig und Walther, Kromayer, Evenius und Herzog Ernst;
auch Rhenius. Göttingen 1898, 98ff. Im Landeskirchlichen Archiv Wolfenbüttel hat
sich keine Überlieferung zu Walther erhalten. Da auch im StA Braunschweig nichts
aus dem privaten Nachlaß Walthers nachzuweisen ist, sind dort zu seiner von F.
Ludwig vorgeschlagenen Heranziehung zu Hz. Augusts Bibelarbeiten bzw. einer
Begutachtung von Gueintz’ Sprachlehre (s. Anm. 10) und
Fürst
Ludwig: Kurtze Anleitung zur Deutschen Poesi (1640; s. 400323)
erwartungsgemäß keine Briefe oder Quellen vorhanden; vgl. aber 400605. Balthasar
Walther starb in Braunschweig und wurde dort am 20. 11. zu St. Martini beigesetzt.
S. Der wunderschöne Himmels Wagen Auff welchem Simeon vnd alle trewe Knechte
Gottes gen Himmel fahren ... Bey Volckreicher Christlicher Leichbestattung ...
Herrn BALTHASARIS GVALTHERI, Vornehmen Theologi vnd Wolverdienten Superintendenten
der löblichen Stadt Braunschweig ... Erkläret Durch Jacobum Wellern/ der H.
Schrifft D. vnd Coadjutorem daselbsten. Braunschweig/ Bey Andreas Dunckern/ 1640.
HAB: S 334.4° Helmst. (2). S. dort den Lebenslauf Bl. K [i] rff. Die angefügten
Epicedia wie auch die Sammelschrift PIIS MANIBUS BALTHASARIS GVALTHERI, Theologi
& Eccles. Brvnsv. Superintendentis SACRUM (Braunschweig 1640; HAB: S 334.4°
Helmst. [3]) führen unter den Verfassern der Beiträge keinen Fruchtbringer und
auch keinen ehemaligen Kollegen der ratichianischen Unternehmung in Köthen auf.
Vgl. zu Walther Anm. 10, 400122 K 7, 400323, 401109 u. 410208 K 1; ferner Johannes
Beste: Album der evangelischen Geistlichen der Stadt Braunschweig. Braunschweig,
Leipzig 1900, 15f.; ders.: Geschichte der Braunschweigischen Landeskirche von der
Reformation bis auf unsere Tage. Wolfenbüttel 1889, 256f.; Braunschweiger
Prediger-Gedächtniß oder kurzes Verzeichniß Der Superintendenten, Coadjutoren,
Senioren und sämmtlicher Prediger in der Stadt Braunschweig, welche vom Anfange
der Reformation bis jetzt allhier gelehrt haben. Von August Stisser ... fortges.
v. Wilhelm Müller. Braunschweig 1852 (StA Braunschweig: H III 7 Nr. 4 [8°],
durchschossenes Ex. mit hsl. Nachträgen); Friedrich Wilhelm Freist (Bearb.): Die
Pastoren der Braunschweigischen Evangelisch-Lutherischen Landeskirche. Bd. 2,
Wolfenbüttel 1974, S. 335 Nr. 4277; Philipp Julius Rehtmeyer: HISTORIÆ
ECCLESIASTICÆ INCLYTÆ URBIS BRUNSVIGÆ PARS || [
390] IV. in Walthers. auch Aug. Beck: Ernst der Fromme II, S.289. Oder: Der berühmten Stadt
Braunschweig Kirchen-Historie Vierter Theil (Braunschweig 1715), 504ff., 528 u.
536ff. (HAB: Gn 9853: 3); Der zehnte Superintendens in Braunschweig M. Balthasar
Walther von 1636–1640. In: Braunschweigische Anzeigen 1760, 82. Stück (11.
Oktober), Sp. 1321–1324 (StA Braunschweig: H VIII A Nr. 1493).
5 Auch diese Beilage hat sich verloren. F. Ludwig schickte
eine Liste der Eigennamen der bisher aufgenommenen FG-Mitglieder mit der Bitte,
mit dieser Liste diskret umzugehen und sie keinen Nicht-Mitgliedern vorzulegen.
Die ersten 200 Namen gehören zum
GB 1629/30, von dem F.
Ludwig „jüngsten“ Hz. August ein Exemplar (oder vielleicht auch mehrere) gesandt
hatte. (Seltsamerweise hat sich im augusteischen Altbestand der HAB kein Ex. des
GB 1629/30 erhalten.) Von den weiteren Mitgliedern
sandte der Fürst nur eine Namenliste, die höchstens bis zum letzten 1639
aufgenommenen Mitglied (Erich v. Walthausen. FG 349) gereicht haben könnte. S.
Conermann III, 400f.
6 Hz. August beteiligte sich tatsächlich an den Verlagskosten
für das neue illustrierte Gesellschaftsbuch, s. bes. 391203 u. I u. K I 0, 400605
u. I sowie 400218 K 4.
7 Unbekannt. Vgl. 400203, wo von einem Kupferstecher in
Wittenberg die Rede ist, ferner 400218, 400323 u. 400605.
9 Fürst Christian II.: Vnterweisung Eines Christlichen Fürsten
(1639), s. 390504 K 2. Im Vorwort zum ausführlichen
Druckfehler-Verzeichnis (s. 391028 I) heißt es: „Für das dritte/ seind die
endungen oder fälle der Lateinischen und Griechischen Nahmen nach ihrer sprach
lehre (
Grammatica) des wollautens wegen gesetzet/ und
besser als wen̄ man sie in der Nennendung oder dem
Nennfalle (
Nominativo) allezeit stehen lassen.“ Vgl. 391028
K I 3. Hz. August scheint aber, allerdings nicht konsequent, eine Beugung
fremdsprachiger Namen nach der deutschen Grammatik vorgezogen zu haben, s. v. a.
Beil. II (K II 31, ferner K II 16, 29, 30 u. 32).
10 Gueintz: Sprachlehre (1641). S. 390114 K 13. Christian
Gueintz’ (FG 361. 1641) Grammatik zirkulierte seit Ende 1638 handschriftlich
inner- und außerhalb der FG. In Wittenberg wurden die Universitätsprofessoren
Augustus Buchner (FG 362. 1641) und Jacob Martini in die Korrekturarbeiten
einbezogen, s. 391028, 400301, 400313 u. 400323, in Danzig Martin Opitz (FG 200.
1629), s. 390514 u. 390807. Gueintz’ Reaktion in 400528 zeigt, daß das Gutachten
von Justus Georg Schottelius (FG 397. 1642), s. 400528 I, zwischen 400323 und
400528 erstellt und F. Ludwig zugesandt worden sein muß. Ob sich Balthasar Walther
zu Gueintz’ Sprachlehre geäußert hat, ist nicht bekannt. Lt. 400605 hat sie ihm
aber zumindest vorgelegen. Allerdings kamen ihm, ähnlich wie bei Opitz, Krankheit
und Tod zuvor: Walther starb im November 1640. Vgl. Anm. 4 u. 401109.
11 Im Manuskript erhalten: LHA Sa.-Anh./ Dessau: Abt. Köthen
C 18 Nr. 55; mit Verbesserungen F. Ludwigs und Zusätzen anderer Hände. S. schon
381105 K 5, wo uns jedoch der im vorliegenden Brief gemachte Hinweis auf die
frühere Arbeit an der Grammatik des Deutschen unbekannt war und wir die frühere
Arbeit an der Grammatik des Deutschen Gueintz zugeschrieben haben. Vgl. 400122 I Q
u. K I 1. Schon 1619/21 war lt. einer eigenhändigen Zusammenstellung von F.
Ludwigs Korrektor Johannes Clericus (Le Clerq), die F. Ludwig durchsah, u. a. eine
„Teutsche Sprachlehr“ (und ein „Deutsch Dictionarium“) für die Veröffentlichung
vorgesehen. LHA Sa.-Anh./ Dessau: Abt. Köthen C 48, Bl. 9r. Das alte Manuskript
„Die Deutsche | Sprach lehr | zur | Lehr art | <verfertiget>“ stellt nicht
die Vorlage für den kleinen, tatsächlich in Köthen gedruckten Abriß vor: [Wolfgang
Ratke: Grammatica universalis: Pro didactica Ratichii, hg. u. übers. v. Wolfgang
Ratke, Everwin (v.) Droste u. Abraham Ulrich]: Allgemeine Sprachlehr: Nach Der
Lehrart Ratichii (Cöthen 1619). Vgl.
Conermann: Fürstl.
Offizin, Anm. 35. Offenbar sollten etlichen der damals veröffentlichten
kleinen Partikulargrammatiken für das Lateinische, Deutsche, Französische,
Griechische und Italienische ausführliche Sprachlehren an die Seite gestellt
werden. Davon konnte allein die lat. Grammatik von Nicolaus Pompeius erscheinen:
COMPENDIUM | GRAMMATICAE | LATINAE: | AD | DIDACTICAM. | || [
391] [Holzschn.-Vign.] |
COTHENIS | ANHALTINORUM. | ANNO | [Linie] | M. DC. XX. 8°. HAB: 289.1 Qu. (7);
Alv: Cc 344 (5).
Conermann: Ludwig und Christian II. von
Anhalt, 398ff., bes. S. 402 Anm. 20. Vgl.
Djubo: Gueinz’
Grammatik, 102 über das Verhältnis der Handschrift (
Hs.) zu den Sprachlehren von Pompeius und Gueintz: „Die Hs. benutzte das
Compendium nicht nur als ein Schema und als Anfangsgrund für die
Grammatikdarlegung; Gueintz hielt sich auch bei der weiteren Arbeit an seiner
deutschen Sprachlehre an dasselbe.“ In diesem Aufsatz wird Gueintz mehrfach als
Autor auch der hsl. „Sprachlehr“ behandelt (z. B. S. 101 u. 103). Dies kann aber
zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht nachgewiesen werden, sondern bleibt
Vermutung.
12 „Standhalter“: der Ritter oder die Partei von Rittern, die
andere Ritter durch ein Kartell zum Kampf/ Wettstreit herausfordert. Erstere
erscheinen als „Maintenatoren“, „Manitenatoren“, „tenants“, „soutenants“,
„mantenedoros“, letztere als „Abenteurer“, „Avanturierer“, „aventuriers“,
„assaillants“ „aventureros“ usw. Vgl. 250218A K V 1 u. K VII 1f.; Lucien Clare: La
Quintaine, La Course de Bague et le Jeu des Têtes. Étude historique et
ethno-linguistique d’une famille de Jeux Équestres. Paris 1983, 73. Hz. August d.
J. hatte zu einem Ritterkampf im Braunschweiger Burgbezirk aus Anlaß der Taufe des
neugeborenen Prinzen Christian Franz (s. Anm. 1) am 29. 9. 1639 herausgefordert. —
In seinem Brief an Georg Calixt vom 15./ 25. 8. 1640 hatte Hz. August noch
gehofft: „Der Allmechtige der auß der Triangel ein quadratum vätterlich vermehrend
machen wollen, wolle die 4 ecksteine unserer Linien ferner feste und beständig
erhalten“. Cod. Guelf. 84.9 Extravagantes, Bl. 79r–80v. Mit der Triangel waren die
älteren Prinzen Rudolf August (FG 754. 1660), Anton Ulrich (FG 716. 1659) und
Ferdinand Albrecht (FG 842. 1673) gemeint. Vgl. 380320 K I 21. — In Hz. Augusts
Brief an seinen Augsburger Bücheragenten Philipp Hainhofer vom 12./22. 9. 1639
heißt es: „Anlangend die übersandte Carmina, dehnen das Cartell ohne Zweifel wird
gefolget seyn, so vernehmen wir gerne, daß ihm daranne zu gefallen geschehen:
haben einen kleinern Abtruck des Cartels hiebey übersenden wollen. Unser kleines
Söhnlein, haben wir Christian-Frantz nennen lassen: Die Carmina seynd vor dem
Tauffestin geschrieben: also haben sie den nahmen nicht ehe wissen mögen“. HAB:
Cod. Guelf. 95 Nov., Bl. 432r–433v, hier 432r. Zit. n.
Gobiet, 666. Die Carmina zu Geburt und Taufe des Prinzen sind wohl nur in
Martin Goskys großer Sammelausgabe erhalten geblieben: A
rbustum vel A
rboretum
A
ugustæum,
Æternitati ac domui Augustæ Selenianæ sacrum,
Satum autem & educatum à
MARTINO GOSKY (Wolfenbüttel
1650), Bl. 143v–158r (HAB: Gn 4° 766; T 904.2° Helmst.). Sie geben keinen Hinweis
auf das Ringelrennen, geschweige auf eine gedruckte Beschreibung desselben. Vgl.
auch Monika Hueck: Gelegenheitsgedichte auf Herzog August von
Braunschweig-Lüneburg und seine Familie (1579–1666). Ein bibliographisches
Verzeichnis der Drucke und Handschriften in der Herzog August Bibliothek.
Wolfenbüttel 1982, 70. — Das Cartell liegt in der HAB in einigen abweichenden
Einblattdrucken vor: ALs der DVrchläuchtiger/ HOchgeborner Fürst vnd Herr/ Herr
AUGUST, Hertzog zu Brunschwieg vnd Lüneburg/ &c. Vorhabens vnd entschlossen
ist/ dieser Fürstlichen/ Gräfflichen/ Rittermässigen/ vnd hochansehenlichen
Gesellschafft/ bey diesem Fürstlichen Kindtauffs-Feste/ zu sondern Ehren vnd
gebührlichem Gefallen/ am künfftigen Diengstage
[sic]/ am
1. Tage des Weinmonathes ... nach dem Mittage ein RJNGELRENNEN allhie in der
vhralten Fürstlichen Burg/ anzustellen/ vnd darauff sich freundlich vnd günstig
hiemit anerbieten thut/ der Verordnung die man jetzo ablesen wird/ gemäß/ mit
einem jeden Abentheurer/ der bey dieser Zusammenkunfft sich befinden/ vnd seinem
Stande nach (wie es von Alters hero/ biß auff diese Zeit löblich gehalten vnd
beobachtet) eigentlich zulässig seyn wird/ drey Ritte wie ein Standthalter nach
dem auffgehängeten Ringelein zu rennen: So haben S. F. G. wann etwa etliche vnter
dieser Gesellschafft/ darzu belieben tragen möchten/ dieselbigen hiemit
freund-dienstlich vnd günstig ersuchen wollen/ daß Sie bey dero HofMarschalcke
sich Morgen Montags/ frühe anmelden lassen/ vnd darauff folgenden Diengstag/ zu
obgedachter Zeit/ auff dem Burgkplatze in dieser S. F. G. Stadt Brunschwieg/
erscheinen vnd sich || [
392] verfügen möchten ([Braunschweig] 1639). HAB: G3:B1, d. i. VD17
23: 668697U (s. Abb. S. 382). (Der im Titel genannte Hofmarschall Hz. Augusts war
Franz Julius v. dem Knesebeck [FG 396. 1642].) Die Regeln dieses Ringrennens und
der dreifache Preis („drey Däncke“) werden dann aufgeführt. — Eine zweite, in Text
und Satzspiegel abweichende Druckversion „ANNO M. DC. XXXIX.“ HAB: G3:B2 (VD17).
Hier werden Fremdwörter gebraucht, wie „Octobris“ anstatt „Weinmonathes“,
„Cartell“ statt „Verordnung“, „Adventurierer“ statt „Abentheurer“, „Mantenitor“
statt „Standthalter“, „Randevous“ statt „Sammelplatz“, „Patrinen“ statt
„Auffführere“, „Course“ statt „Ritte“, „Judicierern“ statt „Richteren“ usw. Die
teilw. merkwürdigen Flexionen („der DVrchläuchtiger“, „Auffführere“ [Akk. Pl.],
„Richteren“ [Dat. Pl.]) folgen jenen Regeln grammatischer „Grundrichtigkeit“, die
Justus Georg Schottelius (FG 397. 1642) aufgestellt hatte, vgl. hier die Beilagen
I u. III‒IV, ferner 400528 I. Zwei weitere Einblattdrucke in je zwei, z. Tl.
schadhaften Exemplaren HAB: G3:B3/B4 (VD17) bzw. G3:B5/B6 (VD17). — Das
Nachlaßverzeichnis F. Ludwigs verzeichnet kein in Frage
kommendes Cartell, es mochte denn in den Konvoluten „Etliche deutsche Cartel“ bzw.
„Etliche Cartell“ (
IP, Bl. 261v u. 263v) inbegriffen
gewesen sein. Nur die Lebensdaten des Prinzen ohne Erwähnung der
Tauffestlichkeiten in Philipp Julius Rehtmeyer: Des Braunschweigischen und
Lüneburgischen CHRONICI III. TOMUS, in sich haltend Das Neue Haus
Braunschweig-Lüneburg samt dem Anhang oder Nachlese, und Register (Braunschweig
1772), 1411 (HAB: Gn 4° 328: 3). Tauffest und Kartell von 1639 verdienen auch
insofern Beachtung, als in Hz. Augusts Hofhaltung und Hofkultur Ritterspiele und
Turniere praktisch kaum eine Rolle spielten. Vgl. etwa das Digitalisierungswerk
„Festkultur online — Deutsche Drucke des 17. Jahrhunderts zur Festkultur des
Barock“, das für
Wolfenbüttel kein einziges Stück aufführt. Uns ist lediglich ein weiteres Kartell
zu einem Ringrennen im Wolfenbütteler Schloß am 21. 8. 1654 bekannt, zu dem Hz.
August aufgerufen hat und das in verschiedenen Einblattdrucken, mittlerweile auch
digitalisiert, in der HAB vorliegt: G1:B1–B4. Ritterspiele in Braunschweig/
Wolfenbüttel blieben unerwähnt in:
Sammler Fürst Gelehrter;
Jörg Jochen Berns (Hg.): Höfische Festkultur in Braunschweig-Wolfenbüttel
1590–1666. Amsterdam 1982 (Daphnis, 10.4); Thomas Rahn: Festbeschreibung. Funktion
und Topik einer Textsorte am Beispiel der Beschreibung höfischer Hochzeiten
(1568–1794). Tübingen 2006 (darin: Chronolog. Verzeichnis, S. 185ff.); Pierre
Béhar/ Helen Watanabe-O’Kelly: Spectacvlvm Evropaevm (1580–1750). Wiesbaden 1999
(Wolfenbütteler Arbeiten zur Barockforschung, 31); Sara Smart: Doppelte Freude der
Musen: Court festivities in Brunswick-Wolfenbüttel 1642–1700. Wiesbaden 1989
(Wolfenbütteler Arbeiten zur Barockforschung, 19); Helen Watanabe-O’Kelly:
Triumphall Shews. Tournaments at German-speaking Courts in their European Context
1560–1730. Berlin 1992.
K I Mit der hier vorgelegten Gegenüberstellung sowie der
Beilage II soll die sprachliche Revision der Lutherbibel durch Hz. August d. J. v.
Braunschweig-Wolfenbüttel (FG 227) exemplarisch dokumentiert werden. Vgl. dazu und
zu den von Beginn an heftigen Vorbehalten seitens lutherischer Theologen 380320 u.
I, 380417, 391203, 400218 u. 401111 u. I; ferner
Sammler Fürst
Gelehrter, 197ff.; Herzog August d. J. und die Revision der
Lutherübersetzung im 17. Jahrhundert. In: Christian Heitzmann: Ganze Bücher von
Geschichten. Bibeln aus Niedersachsen. Wolfenbüttel 2003 (Ausstellungskataloge der
Herzog August Bibliothek, 81), 119–136, hier S. 127 (Nr. 44); Wolf-Dieter Otte:
Herzog August und die Revision der deutschen Lutherbibel. In: Wolfenbütteler
Beiträge 5 (1982), 53–82; Heimo Reinitzer: Biblia deutsch. Luthers
Bibelübersetzung und ihre Tradition. Wolfenbüttel 1983 (Ausstellungskataloge der
Herzog August Bibliothek, 40), S. 280–304, hier v. a. Nr. 176 u. Abb. 183; Heimo
Reinitzer: Auch in Psalmis ex Bubonis ranas gemachet. Herzog August d. J. von
Braunschweig und Lüneburg und seine Revision der Lutherbibel. In: || [
393] Was Dolmetschen
fur Kunst und Erbeit sey. Beiträge zur Geschichte der deutschen Bibelübersetzung.
Hg. H. R. Hamburg 1982, 42–69 (Vestigia Bibliae, 4); Norbert Richard Wolf: Herzog
August d. J. von Braunschweig und Lüneburg und das Ende des Frühneuhochdeutschen.
In: Grammatica Ianua Artium. Festschr. f. Rolf Bergmann zum 60. Geb. Hg. Elvira
Glaser u. Michael Schlaefer u. Mitarb. v. Ludwig Rübekeil. Heidelberg 1997,
357–367. Ohne Hinweise auf Hz. Augusts Bibelarbeit: Virgil Moser: Zur Sprache der
Lutherbibel im 17. Jahrhundert. In: Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache
und Literatur 47 (1923), 384–398 (Vergleich der Wittenberger Lutherbibeln von 1545
und 1622); Stefan Sonderegger: Geschichte deutschsprachiger Bibelübersetzung in
Grundzügen; darin v. a. Abschnitt 6: Zu den neuhochdeutschen Bibelübersetzungen
des 17. bis 20. Jahrhunderts im Spannungsfeld von Traditionalismus, Revision und
Neuübersetzung. In:
Sprachgeschichte. Handbuch2, 1. Tlbd.,
229–284, hier 271ff.; Wolfgang Stammler: Sprachliche Beobachtungen an der
Luther-Bibel des 17. Jahrhunderts. In: Kleine Schriften zur Sprachgeschichte.
Berlin 1954, 36–47. Nicht eingesehen werden konnte R. Schoeps: Zur Geschichte der
Lutherischen Bibelsprache. Von der Ausgabe letzter Hand (1545) bis zum ersten
Texte Aug. Herm. Franckes (1713). In: Festschrift zur zweihundertjährigen
Jubelfeier der Franckeschen Stiftungen am 30. 6. u. 1. 7. 1898. Halle 1898,
81–103. — Bis heute liegt keine eingehendere Untersuchung oder wenigstens eine
Quellensichtung, -zusammenstellung und -auswertung zur Spracharbeit und
Religionspolitik Hz. Augusts vor. Auffällig ist dabei, daß er den grammatischen
Konzeptionen seines Hofmeisters und -rats Justus Georg Schottelius (FG 397. 1642)
auch dort folgte, wo das analogistische Prinzip grammatischer „Grundrichtigkeit“
dem Sprachgebrauch widersprach, s. K II 13, 14, 18, 23 u. 29; vgl. auch K 12. In
dem von uns hier dokumentierten Genesis-Abschnitt der revidierten Lutherbibel
sowie in den in Beilage II bzw. dem Kommentar dazu aufgeführten Korrekturen sind
besonders die Änderungen in der Syntax markant, die im späten 16. Jh. bei der
Modifikation der „Luthersprache“ im Gegensatz zu etlichen nachweisbaren
graphematischen Neuerungen noch keine Rolle spielten. Vgl. dazu Klaus Meiß: Streit
um die Lutherbibel. Sprachwissenschaftliche Untersuchungen zur neuhochdeutschen
Standardisierung (Schwerpunkt Graphematik) anhand Wittenberger und Frankfurter
Drucke. Frankfurt a. M. usw. 1994, insbes. 71ff. u. 103ff. Beispiele für Hz.
Augusts Änderungen in der Syntax liefern die prädikative Rahmenbildung der Sätze
durch das Auseinanderrücken mehrerer zusammengehöriger Glieder des Verbkomplexes
mit Endstellung der infiniten Formen (V. 15, V. 17 u. ö.), ebenso die stärkere
Beachtung der Wortmorphologie einschließlich der regelgeleiteten Flexion (z. B.
die konsequente Beachtung des e-Suffixes im Dat. Sg.), eine z. Tl.
überdeterminierende Artikel-Verwendung (s. etwa K II 9, 16 u. 30), eine stärkere
Verdeutlichung der Satzlogik durch differenzierteren Gebrauch von Konjunktionen
(s. etwa K II 3) oder die textlinguistische Vereinheitlichung des Erzähltempus
zugunsten des Präteritums (V. 21, V. 24). Vgl.
Hartweg/
Wegera, 175f.; Wolf (s. o.), 358f. u. 365f. — Bemerkenswert erscheint
außerdem, daß der links wiedergegebene Wortlaut der Lüneburger Bibel von 1634 noch
genau dem der kommentierten Lüneburger Bibel von 1650 entspricht, die weiterhin
den Text Luthers zugrundelegt, aber die Summarien und fortlaufenden Erklärungen
der lat. Bibel Lucas Osianders d. Ä. (Tübingen 1573‒1586), die David Förter
übersetzt hatte (1600‒1610), hinzufügt: [Drucktitel]: BIBLIA | Mit der Außlegung.
| Das ist: | [Zierleiste] | Die gantze heilige Schrifft/ | [Zierstück] | Altes und
Neues Testaments/ | Des | Hocherleuchten und theuren Mannes Gottes | D. Martini
Lutheri. | Mit einer kurtzen/ jedoch gründlichen Erklärung des Textes/ | Andeutung
aller gedenckwürdigen Sachen/ und der fürnehmsten Lehr-Puncten/ welche zu | mehrer
Nachrichtung/ und ümb bessern Verstands willen in solche zwey [ ] Zeichen
eingeschlossen/ auch mit | fürgesetzten verständlichen Summarien über alle Bücher
und Capitel/ | Aus | Des Wol-Ehrwürdigen und Hochgelahrten Herrn/ | D. LUCÆ
OSIANDRI, Senioris, | Weiland hochverdienten Würtembergischen Theologi,
Lateinischem | E
xemplar. | Auff vieler Gottsfürchtiger Hoher und NiederPersonen
sehnliches Begehren/ männiglich | zu grossem Nutz/ in die Hochdeut- || [
394] sche Sprache
(daran zehen gantzer Jahr gearbeitet) hiebevor | gebracht/ und in der Fürstlichen
Würtembergischen Hof- und Häuptstadt Stutgart / in Sieben Theilen/ auffs
treulichste verfertiget/ und an Tag geben/ | Durch | Den Ehrnvesten/ Hoch- und
wolgelahrten Herrn/ | M. DAVID FÖRTERN, Damals Fürstl. Durchl. zu Würtemb. Junger
| Herrschafft getreuen Præceptorn und Registratorn. | Anitzo aber hohen Würde
halben/ auff vielfältige/ sowol münd- als schrifftliche Nachfrage/ | Wündsch- und
Begehren/ mit Approbirung hochgelahrter Theologen, von neuem zu einem Bande
eingerichtet. Wobey auch auff der | Herren Theologen Gutachten ein hochnützlicher
Zusatz geschehen; Als nemlich: Der Text mit richtigen außgehenden Versickeln
unterschieden/ Die Randglößlein | Herrn Lutheri, sampt etlichen nohtwendigen
Concordantzien/ auch mit den gewöhnlichen/ itzo aber wolverbesserten Biblischen
Registern der Historien und Haupt- | Lehren/ so wol mit verschiedlichen
Land-Taffeln/ übrigen Büchern Esra und Maccabeorum/ mit gantz von neuen
eingerichteten drey außführlichen Registern | über die fürnehmsten Lehr-Puncten/
und andere gedenckwürdige Sachen/ durch Göttliche Verleyhung/ mit grosser Mühe und
| Kosten/ in dem Deutschen Frieden-Jahre/ glücklich zum Ersten mahle in gegenwär-
| tigem Format zu Ende gebracht. | Mit sonderlicher Chur-Fürstl. Sächsischer/
Fürstl. Braunschweig- und | Lüneburgischer Durchläuchtigkeiten PRIVILEGIIS. |
[Holzschn.-Vign.] | A
nno C
hristi M. DC. L. | Lüneburg/ | Gedruckt und verlegt
durch Johann und Heinrich/ die Sterne. HAB: Bibel-S. 2° 67: 1‒2; unvollst. 5.1
Theol. 2°.K II Die hier in Auszügen wiedergegebene Hs. ist Teil einer
umfassenden, viele hundert eng beschriebene, teilw. stark durchkorrigierte Seiten
starken Überlieferung, die die über Jahrzehnte geleistete minutiöse
Auseinandersetzung Hz. Augusts v. Braunschweig-Wolfenbüttel (FG 227) mit der Bibel
und ihrer Übersetzung ins Deutsche widerspiegelt, s. HAB: Cod. Guelf. 6 Noviss. 2°
u. 31–44 Noviss. 8°. Die Auszüge können und sollen in dieser Edition — zumal eine
Biographie Hz. Augusts bis heute schmerzlich vermißt wird — nicht mehr leisten,
als diese bibelphilologischen Anstrengungen beispielhaft zu dokumentieren, da in
ihnen theologische, sprachliche und sprachpolitische Absichten konvergieren, die
diese Studien und Arbeiten an die genuinen Ziele der FG heranrücken. Auch der
Briefwechsel der Jahre 1639 und 1640 behandelt regelmäßig dieses Thema, wobei
stilistische oftmals in übersetzungshermeneutische Fragen und Probleme übergehen.
Vgl. etwa den Brief Johann Sauberts d. Ä. an Hz. August vom 6. 6. 1639, in dem
Saubert die Luther-Übersetzung von Ps 118, 27 verteidigt. NSTA Wolfenbüttel: 1 Alt
22 Nr. 225, Bl. 133rv u. 137rv (Beilage dazu). Vgl. auch Sauberts Brief an den
Herzog vom 11. 1. 1639 (a. a. O., Bl. 138r–138a v, mit Randnoten Hz. Augusts), in
dem Saubert Luthers Übersetzung von Dan 9, 27 u. a. Stellen verbessert, oder seine
Hinweise von Anfang Januar 1639 zu Genesis- und anderen Bibel-Stellen, a. a. O.,
Bl. 134rv. — Die sprachlich verderbten Nachdrucke der Wittenberger Bibel gaben
schon zu Luthers Zeiten und nach seinem Tod Anlaß zu Streitschriften, etwa durch
den Wittenberger Korrektor im Druckhaus Lufft, Christoph Walther (ca. 1515–1574).
Bezeichnend genug, daß etliche der von Hz. August beanstandeten Wortformen sich
gar nicht im Text der Lutherschen Bibel letzter Hand, der Wittenberger Bibel von
1545 Biblia (Luther 1545) wiederfinden, s. etwa Anm. 3, 5,
8 u. ö., aber auch nur ausnahmsweise (s. etwa Anm. 11, 14) in der von Hz. August
systematisch durchgearbeiteten Lüneburger Cramer-Bibel von 1634, s. Beil. I Q
(diese Bibel nachstehend zitiert als Biblia [Cramer 1634]).
Diese Bibel weist häufig bereits die augusteischen Verbesserungen auf (vgl.
z. B. Anm. 1, 3, 5 u. ö.). Auch bei anderen Sprachbeflissenen dieser Zeit läßt
sich derartiges feststellen: Die sich explizit auf Luther berufende Teutsche Orthographi (Mühlhausen 1650) von Johann Girbert
etwa bezieht sich bereits auf ein späteres, angepaßtes, keineswegs originales
Lutherdeutsch. Vgl. Rolf Bergmann, Claudine Moulin: Luther als Gewährsmann der
Rechtschreibnorm? Zu Johann Girberts „Teutscher Orthographi“. In: Beiträge zur
Sprachwirkung Martin Luthers im 17./ 18. Jahrhundert. Hg. Manfred Lemmer. 2 Bde.
Halle a. d. S. 1987, 62–82 (Wissenschaftliche Beiträge der
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg 1987/10 [F 65]). Es bleibt also teilw.
unklar, woher der Herzog die beanstandeten Formen bezogen hat. Ein Vergleich mit
der Biblia (Cramer 1634) und den in dieser angebrachten
Korrekturen des Herzogs (im Ex. der HAB: 519.4.1 Theol. 2°; nachstehend zitiert
als Hz. August), mag immerhin Material für dessen
Bibelphilologie liefern. Die Befunde zeigen ansonsten ein ähnliches Bild wie in
Beil. I, vgl. K I.
1 Biblia (Luther 1545), Ps 18, 43: „Jch wil sie zestossen“;
Ps 44, 6: „Durch Dich wöllen wir vnser Feinde zestossen“.
Biblia
(Cramer 1634), Ps 18, 43: „Jch wil sie zerstossen“; Ps 44, 6: „Durch dich
wollen wir vnser Feinde zerstossen“.
Hz. August, Ps. 18,
43: blieb hier unkorrigiert; Ps. 44, 6: „Durch dich wollen wir vnsere Feinde
zerstossen“.
2 Biblia (Luther 1545), Ps 24, 5: „Der wird den Segen vom
Herrn empfahen/ Vnd Gerechtigkeit von dem Gott seines Heils.“
Biblia (Cramer 1634): „Der wird den Segen vom HERRN empfahen/ Vnd
Gerechtigkeit von dem Gott seines Heyls.“
Hz. August: „Der
ewiger wird den Segen vom HERRN Vnd die Gerechtigkeit von seines Heyls Gotte
empfangen.“
3 Biblia (Luther 1545), Ps 34, 7: „DA dieser Elender rieff/
höret der HERR“.
Biblia (Cramer 1634): „Da dieser Elender
rief/ höret der HERR“.
Hz. August: „Als dieser Elender
rief/ da hörete es der HERR“.
4 Biblia (Luther 1545), Ps 37, 10: „Es ist noch vmb ein
kleines“; Joh 16, 16: „V
ber ein kleines/ so werdet J
r mich nicht sehen/ vnd aber
vber ein kleines/ so werdet jr mich sehen“.
Biblia (Cramer
1634), Ps 37, 10: „Es ist noch vm̃ ein kleines”; Joh 16, 16:
„VBer ein kleines/ so werdet jhr mich nicht sehen/ vnd aber vber ein kleines/ so
werdet jhr mich sehen“.
Hz. August, Ps 37, 10: blieb hier
unkorrigiert; Joh 16, 16: „Eine geringe (Zeit ist es) und jhr werdet mich nicht
sehen/ vnd abermals Eine geringe (Zeit ist es) und jhr werdet mich sehen.“
5 Biblia (Luther 1545), Gen 2, 8: „VND Gott der HERR
pflantzet einen Garten in Eden/ gegen dem morgen“.
Biblia
(Cramer 1634): „VNd GOtt der HERR pflantzet einen Garten in Eden/ gegen
dem Morgen“.
Hz. August: „VNd GOtt der HERR pflantzete in
Eden einen Garten/ gegen dem Morgen“.
6 Biblia (Luther 1545), Ps 49, 8: „KAn doch ein Bruder
niemand erlösen/ Noch Gotte jemand versünen.“
Biblia (Cramer
1634): „Kan doch ein Bruder niemand erlösen/ Noch Gotte jemand versönen.“
Hz. August: „Kan doch ein Bruder keinen erlösen/ Noch
Gotte einen versöhnen.“ Vgl. K III 2.
7 Irrtümliche Belegstelle. Die Geschichte Potiphars und der
Verführung Josephs durch dessen Frau wird in Gen 39 erzählt.
8 Biblia (Luther 1545), Ps 55, 18: „Des abends/ morgens vnd
mittags wil ich klagen vnd heulen“; Ps 65, 9: „[...] Du machst frölich was da
webert beide des morgens vnd abends.“
Biblia (Cramer 1634),
Ps 55, 18: „Des Abends/ Morgens/ vnd Mittags wil ich klagen vnd heulen“; Ps 65, 9:
„[...] Du machest frölich was da webert/ beyde des Morgens vnd des Abends.“
Hz. August, Ps 55, 18: „Des Abendes/ Morgens/ vnd Mittages
wil ich klagen vnd heulen“; Ps 65, 9: „Du machest so wol des Morgens als des
Abendes alles frölich das webert.“
9 Biblia (Luther 1545), Ps 60, 3: „GO
tt/ der du vns
verstossen vnd zustrewet hast“; Ps 89, 11: „Du schlehest Rahab zu tod/ Du
zurstrewest deine Feinde mit deinem starcken Arm.“
Biblia
(Cramer 1634), Ps 60,3: „GOTT/ der du vns verstossen vnd zerstrewet hast“;
Ps. 89, 11: „Du schlegest Rahab zu todt/ Du zerstrewest deine Feinde mit deinem
starcken Arm.“
Hz. August, Ps 60,3: „Du GOTT/ der du vns
verstossen vnd zerstrewet hast“; Ps 89, 11: „Du schlägest das Rahab zu todte/ Du
zerstrewest deine Feinde mit deinem starcken Arme.“
10 Biblia (Luther 1545), Gen 4, 11: „Vnd nu verflucht seistu
auff der Erden“.
Biblia (Cramer 1634): „Vñ nu
verflucht seyestu auf der Erden”.
Hz. August: „Vñ nu seye verfluchet auf der Erden”. || [
396]
11 Biblia (Luther 1545), Ps 24, 2: „Denn er hat jn an die
Meere gegründet“.
Biblia (Cramer 1634): „Denn er hat jhn an
die Meer gegründet“.
Hz. August: „Denn er hat jhn an die
Meere gegründet.“
12 Biblia (Luther 1545), Dan 12, 45: „Vnd er wird das Gezelt
seines Pallasts auffschlahen zwisschen zweien Meeren“.
Biblia
(Cramer 1634): „Vñ er wird das Gezelt seines Pallasts
auffschlagen zwischen zweyen Meerē“.
Hz. August: „Vñ er wird das Gezelte seines Pallastes
zwischen zweyen Meerē [...] auffschlagen“. Die Form
Gezelte im Akk. Sg. widerspricht Schottelius’ Regel, wonach in der dritten
Deklination, d. h. der Deklination der Substantive sächl. Geschlechts, der
Akkusativ („Klagendung“) dem Nominativ („Nennendung“) gleich sei, Schottelius
„Geschlecht“ im Nom. Sg. aber immer ohne ein Endungs-e verwendet. Vgl.
Schottelius: Ausführliche Arbeit (1663), 312f., 261 u. ö.;
400528 I (K I 17).
13 Biblia (Luther 1545), Neh 9, 6: „HERR du bists allein/ du
hast gemacht den Himel vnd aller himel himel/ mit alle jrem Heer/ die Erden vnd
alles was drauff ist/ die Meere vnd alles was drinnen ist [...]“.
Biblia (Cramer 1634): „HErr/ du bists allein/ du hast
gemacht den Himmel vñ aller Himmel Himmel/ mit alle jhrem Heer/ die
Erde/ vnd alles was drauff ist/ die Meere/ vñ alles was drinnen
ist“.
Hz. August: „HErr/ du bist es allein/ du hast die
Himmele vñ aller Himmeln Himmele/ mit alle jhrem Heere/ die Erde/
vnd alles was darauff ist/ die Meere/ vñ alles was darinnen ist
gemachet“. Die auffällige Deklination des Wortes „Himmel“ bei Hz. August geht auf
Schottelius’ grammatische Vorschriften zurück, wonach Substantive auf -er und -el
im Plural „das E an sich nehmen/ als Bürger/ Bürgere [...] Himmel/ Himmele“ usw.
Schottelius: Ausführliche Arbeit (1663), 307, vgl. 305;
s. auch K III 3 u. 400528 I (K I 11).
14 Wohl gemeint:
Biblia (Luther 1545),
Ps 68, 9: „DA bebet die Erde/ vnd die Himel troffen/ fur diesem Gott in Sinai“; Ps
97, 6: „Die Himel verkündigen seine Gerechtigkeit“.
Biblia
(Cramer 1634), Ps 68, 9: „Da bebet die Erde/ vnd die Himmel troffen vor
diesem Gott in Sinai“; Ps 97, 6: „Die Himmel verkündigen seine Gerechtigkeit“.
Hz. August, Ps 68, 9: „Da bebete die Erde/ vnd die Himmele
troffen vor diesem Gotte in Sinai“; Ps 97, 6: „Die Himmele verkündigen seine
Gerechtigkeit“. Zu Hz. Augusts Form „Himmele“ vgl. Anm. 13 u. K III 3.
15 Biblia (Luther 1545), Ps 81, 2: „SJ
nget frölich G
otte/ der
vnser Stercke ist/ Jauchzet dem Gott Jacob.“ Mi 7, 17: „Sie sollen staub lecken/
wie die Schlangen/ vnd wie das Gewürm auff Erden erzittern in jren Löchern/ Sie
werden sich fürchten fur dem HERRN vnserm Gotte“.
Biblia (Cramer
1634), Ps 81,2: „SInget frölich Gotte/ der vnser Stärcke ist/ Jauchtzet
dem Gott Jacob.“ Mi 7, 17: „Sie sollen Staub leckē/ wie
die Schlangen/ vnd wie das Gewürm auff Erden erzittern in jhren Löchern/ sie
werden sich fürchten für dem HErrn vnserm GOtte“.
Hz.
August, Ps 81, 2: „SInget frölich Gotte/ der vnsere Stärcke ist/ Jauchtzet
dem Gotte in Jacob.“; Mi 7, 17: „Sie werden den Staub leckē/ wie die Schlangen/ vnd erzittern in jhren Löchern/ wie das Gewürme auff
der Erden/ sie werden sich fürchten für dem HErrn vnserm GOtte“. Für Hz. Augusts
Form „das Gewürme“ dürfte das Gleiche gelten wie für „das Geschlechte“, s. Anm.
12.
16 Biblia (Luther 1545), Ps 75, 1: „Ein Psalm vnd Lied
Assaph“.
Biblia (Cramer 1634): „Ein Psalm vnd Lied Assaph“.
Hz. August: „Ein Psalm vnd Lied des Assaphs“.
17 Biblia (Luther 1545), Ps 119, 109: „Jch trage meine Seele
jmer in meinen henden/ Vnd ich vergesse deines Gesetzes nicht.“ 112: „Jch neige
mein hertz/ Zu thun nach deinen Rechten jmer vnd ewiglich.“
Biblia (Cramer 1634), Ps 119, 109: „Jch trage meine Seele immer in meinen
Händen/ Vnd ich vergesse deines Gesetzes nicht.“ Ps 119, 112: „Jch neige mein
Hertz/ Zu thun nach deinen Rechten jmmer vnd ewiglich.“
Hz.
August, Ps. 119, 109: „Jch trage meine Seele immer in meinen Händen/ Vnd
vergesse deines Gesetzes nicht.“ Ps 119, 112: „Jch neige mein Hertz/ nach deinen
Rechten jmmer vnd ewiglich Zu thun.“
18 Biblia (Luther 1545), Ps 136, 5: „Der die Himel ordendlich
gemacht hat/ Denn seine güte weret ewiglich.“
Biblia (Cramer
1634): „Der die Himmel ordentlich gemachet hat/ || [
397] Denn seine Güte weret
ewiglich.“
Hz. August: „Der die Himmele ordentlich gemachet
hat/ Denn seine Güte währet ewiglich.“ Zu Hz. Augusts Form „Himmele“ vgl. Anm.
13.
19 Biblia (Luther 1545), Ps 136, 6: „Der die Erde auff wasser
ausgebreitet hat“.
Biblia (Cramer 1634): „Der die Erde
auffs Wasser außgebreitet hat“.
Hz. August: die Stelle
blieb unkorrigiert.
20 Biblia (Luther 1545), Apg 8, 16: „Denn er war noch auff
keinen gefallen/ Sondern waren allein getaufft in dem namen Christi Jhesu.“
Biblia (Cramer 1634): „(Denn er war noch auff keinen
gefallen/ sondern waren allein getaufft in dem Namen Christi JEsu.)“
Hz. August: „(Denn er war noch auff keinen unter ihnen
gefallen/ besondern sie waren nuhr in dem Namen JEsus getauffet.)“
21 Biblia (Luther 1545), Jes 41, 26: „Aber da ist kein
Verkündiger/ Keiner der etwas hören liesse/ Keiner der von euch ein wort hören
müge.“ Jer 44, 14: „Das aus den vbrigen Juda/ keiner sol entrinnen noch
vberbleiben/ [...] es sol keiner wider dahin komen/ on welche von hinnen fliehen.“
Biblia (Cramer 1634), Jes 41, 26: „Aber da ist kein
Verkündiger/ keiner der etwas hören liesse/ keiner der von euch ein Wort hören
möge.“ Jer. 44, 14: „Daß aus den vbrigen Juda keiner sol entrinnen noch
vberbleibē: [...] es sol keiner wieder dahin kommen/
ohn welche von hinnen fliehen.“
Hz. August, Jes 41, 26: „Es
ist aber kein Verkündiger alda, keiner der etwas hören liesse/ keiner der von euch
ein Wort hören möchte.“ Jer 44, 14: „Daß aus den vbrigen in Juda keiner entrinnen
noch verbleibē wird: [...] Es wird aber keiner wieder
dahin kommen/ ohne die, welche von hinnen fliehen.“
22 Biblia (Luther 1545), Spr 5, 5: „Jre füsse lauffen zum Tod
hinunter/ jre genge erlangen die Hell.“
Biblia (Cramer
1634): „Jhre Füsse lauffen zum Todt hinunter/ Jhre Gänge erlangen die
Helle.“
Hz. August: Jhre Füsse lauffen zum Tode hinunter/
Jhre Gänge erlangen die grübe.“
23 Biblia (Luther 1545), Jes 1, 26: „Vnd dir wider Richter
geben/ wie zuuor waren/ vnd Ratherrn wie im anfang.“ Spr 8, 22: „DER HERR hat mich
gehabt im anfang seiner wege/ Ehe er was machet/ war ich da.“
Biblia (Cramer 1634), Jes 1, 26: „Vñ dir wieder Richter
geben/ wie zuvor waren/ vnd Rahtherren/ wie im Anfang.“ Spr 8, 22: „DEr HErr hat
mich gehabt im Anfang seiner Wege/ Ehe er was machet/ war ich da.“
Hz. August, Jes 1, 26: „Vñ dir wieder Richtere
geben/ wie die vorigen waren/ vnd Rahtesherren/ wie im Anfange.“ Spr 8, 22: „DEr
HErr hat mich im Anfange seiner Wege gehabt/ Ich war alda ehe er was machete.“ Die
auffällige Deklination des Wortes „Richtere“ bei Hz. August geht auf Schottelius’
grammatische Vorschriften zurück, wonach Substantive auf -er und -el im Plural
„das E an sich nehmen/ als Bürger/ Bürgere [...] Himmel/ Himmele“ usw. S. Anm. 13,
vgl. Anm. 29, K III 3 u. 400528 I (K I 6). Vgl. auch die Verbesserung von „die
übeltähter“ in die „übeltähtere“ in der Liste der Corrigenda der zweiten Ausgabe
von Hz. Augusts Passionsharmonie
Historie und Geschichte Von Des
HErrn Jesu/ des *Gesalbten/ Leyden/ Sterben und Begräbniß (Lüneburg 1641),
Bl. [Kviij] r (s. 401111 I Q).
24 Biblia (Luther 1545), Spr 28, 18: „Wer from einher gehet/
wird genesen/ Wer aber verkerets weges ist/ wird auff ein mal zufallen.“
Biblia (Cramer 1634): „Wer from̃ einher geht/
wird genesen/ Wer aber verkehrtes weges ist/ wird auff ein mal zerfallen.“
Hz. August: „Wer from̃ einher gehet/ der wird
genesen/ Wer aber verkehrtes weges ist/ der wird auff ein mahl zerfallen.“
25 Biblia (Luther 1545), Lk 6, 18: unzutreffender Beleg; Lk 9,
27: „Jch sage euch aber warlich/ Das etliche sind von denen“.
Biblia (Cramer 1634): „Jch sage euch aber warlich/ daß etliche sind von
denen“.
Hz. August: „Jch sage euch aber warlich/ daß
etliche auß denen sind“.
26 Biblia (Luther 1545), Jes 1, 7: „Frembde verzeren ewer
ecker fur ewren augen/ vnd ist wüste/ als das/ so durch Frembde verheeret ist.“
Biblia (Cramer 1634): „Frembde verzehrē ewre Ecker für ewren Augen/ vñ ist wüste/ als das/ so
durch Frembde verheeret ist.“ Hz. August: „Frembde werden ewre Äcker vor ewren
Augen verzehrē/ vñ es wird so wüste
werden/ als das/ so durch die Frembde
[sic] verheeret ist.“ || [
398]
27 Biblia (Luther 1545), Jes 7, 7: „Denn also spricht der HErr
HERR/ Es sol nicht bestehen noch also gehen“.
Biblia (Cramer
1634): „Denn also spricht der HERR HERR/ Es sol nicht bestehen/ noch also
gehen“.
Hz. August: „Denn also spricht der HERR HERR/ Es
wird nicht bestehen/ noch also gehen“.
28 Biblia (Luther 1545), Hes 25, 7: „Darumb sihe/ Jch wil
meine Hand vber dich ausstrecken/ vnd dich den Heiden zur Beute geben/ vnd dich
aus den Völckern ausrotten/ vnd aus den Lendern vmbbringen/ vnd dich vertilgen/
Vnd solt erfaren/ das ich der HERR bin.“
Biblia (Cramer
1634): „Darum sihe/ Jch wil meine Hand vber dich außstrecken/ vnd dich den
Heyden zur Beute geben/ vnd dich aus den Völckern außrotten/ vñ aus
den Ländern vmbbringen/ vnd dich vertilgen/ Vnd solt erfahrē/ daß ich der HErr bin.“ Hz. August: „Darum sihe/ Jch wil meine Handt
vber dich außstrecken/ vnd dich den Heyden zur Beute geben/ vnd dich aus den
Völckern außrotten/ vñ aus den Ländern vmbbringen/ vnd dich
vertilgen/ Vnd du wirst erfahrē/ daß ich der HErr bin.“
29 Biblia (Luther 1545), Hes 37, 16: „Du Menschenkind/ Nim dir
ein Holtz/ vnd schreibe dar auff/ Des Juda vnd der kinder Jsrael sampt jren
Zugethanen.“
Biblia (Cramer 1634): „Du Menschenkind/ Nim
dir ein Holtz/ vnd schreibe darauff/ des Juda vnd der Kinder Jsrael/ sampt jhren
Zugethanen.“
Hz. August: „Du Menschenkindt/ nim dir ein
Holtz/ vnd schreibe darauff/ des Juda vnd der Jsraeliterer<er> mit jhren
Zugethanen.“ Die auffällige Deklination des Wortes „Jsraeliter“ im Gen. Pl. bei
Hz. August geht auf Schottelius’ grammatische Vorschriften zurück, wonach
Substantive auf -er und -el im Plural „das E an sich nehmen/ als Bürger/ Bürgere
[...] Himmel/ Himmele“, im Gen. Pl. entsprechend „Bürgerer“ usw.
Schottelius: Ausführliche Arbeit (1663), 307 u. 305; vgl. Anm. 23 u. K
III 3.
30 Biblia (Luther 1545), Hes 37, 16: „Vnd nim noch ein Holtz
vnd schreibe drauff/ des Joseph/ nemlich das holtz Ephraim/ vnd des gantzen hauses
Jsrael/ sampt jren Zugethanen.“
Biblia (Cramer 1634): „Vnd
nim noch ein Holtz/ vnd schreib darauff/ des Joseph/ nemblich/ das Holtz Ephraim/
vnd des gantzen Hauses Jsrael/ sampt jhren Zugethanen.“
Hz.
August: „Vnd nim noch ein Holtz/ vnd schreibe darauff/ des Josephs/
nemblich/ das Holtz des Ephraims/ vnd des gantzen Hauses des Jsraels/ mit jhren
Zugethanen.“
31 Biblia (Luther 1545), Apg 12, 14: „Vnd als sie Petrus
stimme erkandte/ that sie das thor nicht auff fur freuden“.
Biblia (Cramer 1634): „Vnd als sie Petrus Stimme erkandte/ that sie das
Thor nicht auff für Frewden“.
Hz. August: „Vnd als sie des
Petrus Stimme erkandte/ da that sie das Thor nicht auff wegen Frewde“.
32 Biblia (Luther 1545), Dan 9, 1: „JM
ersten J
ar D
ariusdes
sons A
hasueros/
aus der Meder stam“.
Biblia (Cramer 1634):
„JM ersten Jahr Darius des Sohns Ahasveros/ aus der Meder Stam̃“.
Hz. August: „JM ersten Jahre des Darius des Sohnes des
Ahasverus/ aus der Meder Stam̃en“.
K IIIK III Diese kleine Regel-Übersicht, wie auch die zugehörige
Beil. IV, findet sich in einer Akte Schotteliana „Allerhand Schreiben an Herzog
Augustum von Hof- und ConsistorialRath Dr. J. G. Schottelio“, 1643–1666
(Aktenumfang 298 Blatt). Die meisten der Schriftstücke, so auch dieses, sind
undatiert. Während sich die Schreiben Bl. 25ff. einigermaßen verläßlich in den
Zeitraum 1648–1666 einordnen lassen, sind die vorderen Stücke der Akte — Briefe,
Notizen, Zettel, Gedichte — nicht sicher zu datieren. Das vorliegende Stück und
die Beil. IV stehen aber gewiß mit Hz. Augusts Bibelrevision in Verbindung, wie
das Thema Sprache ohnehin in dieser Akte stark vertreten ist. Zudem scheint sich
Beil. IV unmittelbar auf Beil. III zu beziehen, behandelt sie doch die Markierung
der Vokaldehnung, die Beugung des Wortes „unterhalt“ usw. Hier und in Beil. IV
verweisen wir auf die weiterführenden Hinweise in K I und 400528 K I.
1 Schottelius: Ausführliche Arbeit(1663), 200‒202 unterscheidet zwischen einem nicht so
langen, kaum gehauchten Mittelhauchlaut („der Vermengte Hauchlaut“), der keine || [
399]
Verdoppelung des Vokals erfordert, sondern die Länge durch nachfolgendes -h
ausdrückt, und einem richtig langen, daher verdoppelten Selbstlaut oder Vokal.
Schon in
Schottelius: Sprachkunst (
1641),
200 ist vom „Mittelhauchlaut/ oder den vermengten Hauchlaut“
(Vokallänge durch folgendes –h bezeichnet) im Unterschied zum „Langlaut“
(Doppelvokal) die Rede (a. a. O., 201).
2 Schottelius: Sprachkunst(1641), 263 „Gott“; „Hertzoginn“ und andere weibl.
Hauptwörter auf –inn, a. a. O., 232f., 295 u. 322; „gleichniß“ u. a., a. a. O.,
334f.; „hoffnung“ u. a., a. a. O., 341ff. Die Regel lautet S. 295, daß „Die
abgeleiteten Wörter/ so Weibliches Geschlechtes sind [...] in der eintzelen Zahl
gantz unwandelbar sind/ in der mehreren Zahl aber nehmen sie nur en überall an
sich.“ Er setzt aber S. 296 hinzu: „nur ist von der Hauptendung niß ‒ ung/
zumercken/ daß man dabey durch den beliebten Gebrauch zuweilen ein e anhenge/ als
die Hoffnunge/ Erkäntnisse/ &c. aber nach dem Grund der Sprachen gehöret eß
nicht dabey [...].“ Zur Endung –inn bzw. –inne merkt Schottelius S. 322f. an:
„Diese Hauptendung inn/ wird zuweilen/ krafft deß beliebten Gebrauches/ inne oder
in geschrieben/ nach dem Grunde der Sprachen aber ist es nicht recht [...].“
3 Schottelius: Sprachkunst(1641), 399 gibt übereinstimmend ohne weitere Erklärung an
„Derselbe oder derselbige oder selbiger“. Vgl. a. a. O., 290: „Alle Nennwörter/
welche auf er und el außgehen/ müssen in der mehreren zahl das E an sich nehmen/
als Bürger/ Bürgere; Thäter/ Thätere [...] Vornemlich darumb/ weil sonst der
rechte Verstand bey uns verlohren wird/ als wenn Saxo in seiner Keyser Cronicen
sagt: die Könige und Keyser hattens beschlossen/ woselbst man ansteht/ ob er
Cæsarem oder Cæsares verstehe.“
4 Biblia (Luther 1545), Spr 16, 27: „Ein loser Mensch grebet
nach vnglück/ Vnd in seinem maul brennet fewr.“ S. aber
Schottelius: Sprachkunst(1641), 222f.: „Wenn das beystendige [erg. Nennwort,
Adjektiv] allein [als substantiviertes Adjektiv] wird gesetzt/ also daß die
Person oder das Ding darunter zugleich verstanden werde/ als:
„[...] Der Loser gräbt nach Unglücke; und in seinem Munde brennet Fewr. [...] Er
wird der unserer seyn. Luth.“
K IV S. oben K III 0.