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400122 Augustus Buchner an Fürst Ludwig
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400122

Augustus Buchner an Fürst Ludwig


Antwort auf 391216, beantwortet durch 400214. — Der Wittenberger Poesie- und Rhetorikprofessor Augustus Buchner (FG 362. 1641) kommt der Aufforderung F. Ludwigs nach und überschickt seine Anmerkungen zu der (von Christian Gueintz, FG 361. 1641, aufgesetzten) Deutschen Sprachlehre. Wie von F. Ludwig erbeten, habe er (den Wittenberger Theologieprofessor) Jacob Martini herbeigezogen und sich mit ihm über den Entwurf beraten. Dieser habe auch nach eingehender Lektüre des Textes Buchner in seiner Stellungnahme zugestimmt und nichts an kritischen Hinweisen zu ergänzen gewußt. Insbesondere teile er ausdrücklich Buchners Kritik an der, den antiken Grammatikern unbekannten, zu starken und diffizilen Zergliederung und Unterteilung des Textes, die sein Verständnis erschweren. || [417]

Beschreibung der Quelle


Q HM Köthen: V S 545, Bl. 84r–85v [A u. Empfangsvermerk: 85v]; eigenh.; Sig. Bl. 85 wurde am verschlissenen Blattrand zur Falz hin auf 86r aufgeklebt. [Handschrift: [Bl. [84r]]
Dass., Bl. 86r–87v [A: fehlt], 87v leer; Abschrift der vorgenannten Hs. (vgl. Anm. T j) von Schreiberh. mit eigenh. Randnoten von F. Ludwig. — Zit. als R.
D: KE, 233f.; KL III, 147f.; leicht gekürzt in Barthold, 306f. — BN: Bürger, S. 179 Nr. 12.

Anschrift


A Dem Durchläuchtigen Hochgebornen Fürsten und Herrn, Herrn Ludwigen, Fürsten zue Anhalt, Grafen zue Ascanien, Herrn zue Bernburgk und Zerbst etc. Meinem Gnädigen Fürsten und Herrn.
Darüber eigenh. Empfangsvermerk von F. Ludwig: Pres. 27. Jan. 1640.

Text


Durchläuchtiger Hochgeborner Fürst, Gnediger Herr,

E. Fürstl. Gnaden schick ich hierbey in schuldigster unterthenigkeit ein, waß Dero Gnädiger befehl mihr unlengst uffgetragen, und ich demselben unterthenig zugehorsamen bey überlesung der gnädig zugeschickten Deutschen Sprachlehre1 unvorgreifflich angemerckt, und zu pappier gebracht habe.2 Uber allen (wie E. Fürstl. Gn. mihr gnedig anbefohlen) ist Herr D. Jacob Martinj3 (der E. Fürstl. Gnaden seine andächtige gehorsame dienste unterthenig vermelden leßt) vernommen worden, Und hatt er Jhma diese meine gedancken allerdinges gefallen laßen, und nichtes darbey zuerinnern gehabt. Doch damit er absonderlichb auch noch einsten alles desto beßer erwegen möchte, hatt er das exemplar zurücke behaltenc , und fur sich durchlesen; bey wieder außandtwortung deßelbigen aber nur dieses angedeutet, er wißte fur seine person ferner hierbey nichtes zuthun, befinde aber gleichfallß, daß, wie ich bald anfangs, und bey unserer ersten zusammenkunfft, erinnert, dieses werck fast gar zu sehre zerlegt, und zu genaued vertheilet sey.4 Dann ob gleich an ihm selber der fleiß zuloben, und solches alles dahinn ziehlete , damit der vernunfftlehref 5 ihr recht geschehe, So were doch dergleichen allzu viel und genaueg abtheilung der Sachen, die bey einem thun vorfallen, und etwa zubedencken sein, allezeit nicht so gar nötig, könndte auch wol manchenh äckelen6 Leser verdrießlich sein, und darfur gehalten werden, ob würde hierdurch nur das werck schwerer gemacht, und daß es nicht so leichte [84v] gefaßt werden könne. Ich erinnere mich auch, Gnädiger Fürst und Herr, daß die alten Griechischen und Lateinischen Lehrmeister dergleichen art sich niemalß gebraucht, daß nötigst- und nüzlichste nur behalten, und also vorgelegt und erklert, damit der Leser nicht nur von der Sache sattsam und zur gnüge berichtet; Sondern bey etwas lust auch, die ihn stets reizet- und anfrischete, erhalten werden möchte. In welchem sie mit der vernunfft Lehre die Redekunst auch in etwas vermischt,i daß eine durchs andre genehme gemacht, und gleich allßj gewürzet und abgesüßt. Damit sie nicht allein denen, die bloß nur uff die Sachen selbst gehen, ein vergnüg theten, Sondern denselben auch zu willen weren, und an die hand giengen, die außer diesem mit guther anmuhtiger manier auch die Sach Jhnena vorgelegt wißen woltenk . Weill aber daß werck einmal so abgefaßt, und wir unß nicht zuziehmen eracht ohn deß Authorn vorbewust, und E. Fürstl. Gn. gnedigen befehl an frembde arbeit hand anzulegen, und selbige in andere form zugießen, Allß stellen E. Fürstl. Gn. zu Dero Hocherleuchtetenl urtheil wir unterthe- || [418] nig anheim, was diesfalls zu thun, und ob daß werck bey seiner art, wie es iezo gefaßt, verbleiben, oder in einem und andern, entweder von dem Auctor selbst, oder sonst iemande, doch mit beliebung deßelben, geendert werden soll. Es wird ingleichen nicht unnüzlichm sein, daßienige, waß E. F. Gn. gnädigen befehl nach von mihr in schuldigster unterthenigkeit uffgesezt, und iezo einkömmt, Jhm, dem Auctoren, zuzuschicken, und ihn darüber zuvernehmen, ob er dargegen waß einzuwenden habe, oder nach selbigem nunmehr eines und daß [85r] andere einrichten wolle. Wird E. Fürstl. G. mihr ferner etwas zubefhelenn gnädig geruhen, binn unterthenig ich selbeno zu gehorsamen bereit. Wolten ia die kräffte nicht allezeit zureichen, So wird es doch an gehorsamen willen nicht mangeln E. Fürstl. Gn. unterthenige uffwartung zuleisten. Jn welchem ich nimmer iemande etwas bevorgeben werde.
  E. Fürst. Gn. befehl ich der starcken huth und obacht deß Höchsten und mich zu Dero beharrlichen Gnade, verbleibende iederzeit,

  Gnädiger Fürst und Herr, E. Fürstl. Gnaden,p vntertheniger Gehorsamer Diener
  Augustus Buchner mpria.

Wittenbergk den 22 Januarij Ao. 1640.

I

Augustus Buchners Gutachten zu Christian Gueintz' Deutscher
Spachlehre
nebst den Anmerkungen Fürst Ludwigs

Beschreibung der Quelle


Q HM Köthen: V S 545, Bl. 113r–122v, 122v leer; ungez., undat., eigenh. Da Buchner, wenn er einzelne Buchstaben bespricht, diese uneinheitlich und inkonsequent hervorhebt, haben wir uns der besseren Verständlichkeit wegen entschlossen, diese immer im Fettdruck wiederzugeben. Ferner sind alle Kritikpunkte vom Herausgeber einheitlich mit neuem Zeilenbeginn herausgestellt worden.
A. a. O., Bl. 97r–112v, 111v u. 112rv leer; undat., ungez.; Abschrift von Schreiberh. mit Marginalien von F. Ludwigs H. [Handschrift: [Bl. [113r]] — Zit. als R. Stark gekürzt und vermutlich nach R zit. in KE, 234–236 Anm.
Buchners Gutachten bezieht sich auf eine handschriftliche Fassung von Gueintz’ Sprachlehre (vgl. K 1). Sie ist anscheinend nicht erhalten. Die Zitationen und Seitenverweise Buchners nebst seinen Verbesserungsvorschlägen lassen im Vergleich mit Gueintz’ Antwort (400301 I) auf Buchners und F. Ludwigs (400214 I) Stellungnahmen sowie der späteren Druckfassung Gueintz: Sprachlehre (1641) — zit. als D — Rückschlüsse auf die verschollene Vorlage zu (vgl. K I).
Die im LHA Sachsen-Anhalt/ Dessau unter der Signatur Abt. Köthen C 18 Nr. 55 erhaltene Handschrift scheidet schon aufgrund ihrer abweichenden Paginierung als mögliche Vorlage für Buchners kritische Annotationen aus. Es handelt sich um eine ungezeichnete, undatierte und zu Recht zu den „Ratichiana“ gezählte frühere Arbeit, „Die Deutsche Sprach-lehr zur Lehr-art <verfertiget>“. S. 391217 K 11 u. Djubo: Gueintz’ Grammatik. Sie besteht nach dem Titelblatt zunächst aus einer
— Inhaltsübersicht „ordnung Der Capittel“ (Bl. 1v; wohl von Gueintz’ H.). Eine Inhaltsübersicht fehlt im Druck D. Auch weicht die in der Übersicht repräsentierte Ord- || [419] nung des Stoffes von der in D ab. Die Inhaltsübersicht zeigt zwar wie der Druck von 1641 eine Gliederung in zwei Bücher weitgehend übereinstimmender Abfolge und Inhalte, untergliedert aber Buch I in 32 (Druck: 21) und Buch II in 19 (Druck: 17) Kapitel. Die Gliederung der Inhaltsübersicht gibt tatsächlich die Ordnung der Kapitel in der Handschrift der Sprachlehre (Bl. 11rff./ S. 1ff.) wieder. Sie stellt nach Djubo: Gueintz’ Grammatik eine genaue Übertragung der Kapitelordnung in [Nicolaus Pompeius:] COMPENDIUM GRAMMATICÆ LATINÆ: AD DIDACTICAM (Cothenis Anhaltinorum 1620) dar (HAB: 289.1 Quod. [7]; Alv.: Cc 344 [5]). Auch inhaltlich ist die Handschrift diesem Werk stark verpflichtet.
— Der Inhaltsübersicht folgen von nicht identifizierter Hand kritische Hinweise und Verbesserungsvorschläge unter genauer Angabe der Bezugsstelle (Buch, Kapitel, Seite), gelegentlich mit lateinischen und deutschen Rand-Annotationen, bei denen nicht immer die Hand F. Ludwigs zweifelsfrei zu identifizieren ist. Diese Blätter scheinen nachträglich der hsl. „Sprach-lehr“ (Bl. 11rff./ S. 1ff.) hinzugefügt worden zu sein, denn sie weisen eine jüngere Foliierung auf (Bl. 2r–10v). Die ältere Paginierung der eigentlichen „Sprach-lehr“ fehlt hier. Die Handschrift war also nicht die Vorlage des Korrektors, sondern ist eine spätere Abschrift, in die zudem jene Verbesserungsvorschläge zum großen Teil bereits eingearbeitet sind. Es wundert daher auch nicht, daß die Verweise des Korrektors auf die Seiten der Korrekturvorlage nicht die Paginierung dieser etwas späteren Abschrift der Sprachlehre trifft.
— Diese beginnt als neuer Text auf Bl. 11r (mit durchgehender älterer Paginierung, beginnend hier mit S. 1, fortgehend bis S. 171; die abschließende S. 172 ist eine zusätzliche Liste von Verbesserungen bzw. Hinweisen) und zeigt eine im Vergleich zum Druck D insgesamt kürzere Gestaltung. Stellenweise wurden im Druck aber auch Sätze, Abschnitte oder ganze Kapitel der Hs. getilgt bzw. verknappt (z. B. Hs., S. 18, Abschnitt Ziffer 6, S. 47ff.: „Von dem Uhrsprung“ oder die im Druck weitaus kürzer gehaltenen Beispiele im Buch II). Die Hs. weicht in der Terminologie gelegentlich, in den Formulierungen, ja sogar in Text und Textordnung z. T. erheblich vom Druck ab ( z. B. Hs., S. 17: „vielfältige Zahl“, Dr., S. 18: „übereintzige zahl“ für Plural; vgl. etwa auch den völlig unterschiedlich aufgebauten Abschnitt über die Konjugation der Verben, Hs., S. 57ff.; Dr., S. 68ff.). Zudem folgt die Handschrift jener Untergliederung in Buch I mit 32 und Buch II mit 19 Kapiteln, wie sie eingangs die Inhaltsübersicht „ordnung Der Capittel“ vornimmt. Beides, Kapitelordnung und Inhalte, weist unmittelbare Abhängigkeit von dem bereits genannten COMPENDIUM GRAMMATICÆ LATINÆ: AD DIDACTICAM von 1620 auf. Das dem Druck beigegebene lat.-dt. Glossar der technischen oder „Kunstwörter“ fehlt in der Handschrift ebenso, wie das gesamte Vorwerk mit Gueintz’ Widmungszuschreiben an Hz. August d. J. v. Braunschweig-Wolfenbüttel (FG 227) und F. Ludwig, d. d. Halle, 24. 3. 1641, nebst Zueignungsgedicht, den drei Widmungsgedichten von C. Werner und Augustus Buchner (FG 362) sowie Gueintz’ Vorrede „An den Leser“.
Die Hs. wurde wohl von einem Schreiber (oder mehreren?) niedergeschrieben, enthält aber auch Korrekturen und Ergänzungen von Gueintz’ H. sowie eigenhändige Verbesserungen und Randglossen von F. Ludwig, die allerdings, wenige Korrekturen ausgenommen, nicht in den Druck von 1641 eingingen. Es handelt sich demnach um eine frühere, in der Regel gröbere Fassung der deutschen Sprachlehre, die später dann von Grund auf überarbeitet und vervollständigt wurde. Gueintz: Sprachlehre (1641) stellt also weder eine spätere Variante dieser Handschrift, geschweige bloß „eine erweiterte und spezialisierte, im Ganzen allerdings kaum verbesserte Auflage“ von Wolfgang Ratkes Allgemeiner Sprachlehr: Nach Der Lehrart RATICHII (Cöthen 1619) dar (Ising I, 79). So bleibt beispielsweise das 4. Kapitel im 1. Buch (zur „Wortforschung“) ganz knapp, formal und unetymologisch, so macht etwa auch der Abschnitt über die Verben in der Hs. insgesamt einen relativ unausgearbeiteten Eindruck. Wie zu erwar- || [420] ten sind die Buchnerschen Anregungen nicht in ihr wiederzufinden, wie dies im Druck von 1641 vielfach der Fall ist (vgl. beispielsweise K I 35, 37, 39 u. ö.). Zudem stand die Kapitelgliederung der Sprachlehre, wie sie uns im Druck von 1641 begegnet, schon zur Zeit der hier wiedergegebenen Diskussionen um die Sprachlehre fest, wie Gueintz’ „Andwort auff die Erinnerungen“ (400301 I) zeigt (vgl. dort etwa K I 47). Gottlieb Krause: Wolfgang Ratichius oder Ratke im Lichte seiner und der Zeitgenossen Briefe und als Didacticus in Cöthen und Magdeburg, Leipzig 1872, 95 Anm., wies auf eine — wir nehmen an: die hier beschriebene — Hs. der Sprachlehre im Umfang von 171 Quartseiten hin. Das Inhaltsverzeichnis zeige die Handschrift von Gueintz, zahlreiche Verbesserungen rührten von Gueintz und F. Ludwig her. 1879 hingegen meldete Krause, es sei „an hiesigem Orte [Köthen] weder Manuscript, noch Abdruck mehr vorhanden“ (KL III, 169). Die Handschrift steht unzweifelhaft mit dem Köthener ratichianischen Reformprojekt um 1620 in Zusammenhang, sie ist als dessen deutsche Grammatik aufzufassen, wie Boris Djubo (s. o.) ermittelt hat. Von ihm wird eine kritische Edition von Gueintz: Sprachlehre (1641) unter sorgfältiger Einbeziehung dieser Hs. vorbereitet. Wir können an dieser Stelle die Hs. nur gelegentlich mit der Sigle H und unter Angabe der ursprünglichen Paginierung zitieren.

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Pag. 1. lin. 6. Rein Deutsch.) Es kann zwar dieses wol stehen bleiben, doch wolte ich lieber sezena , recht Deutsch &c. allß rein &c.b 1 Dann die reinligkeit der Sprache kann nicht durch und durch auß der Grammatica oder Sprachlehre erlernet werden, allß wie derselben richtigkeit. Dann diese bestehet uffc gewißen regeln und sazungen, iene aber nicht. Und ist ein anders den regeln und der Sprachlehre nachreden, ein anders, wie es die reinligkeit und eigene art der Sprache erfordert. Allß wann ich sagte, ein Pferd ernehren, da weren die wörter zwar alle Deutsch, Sie wehren richtig geordnet oder gefügt, und dennoch were die rede nicht rein-Deutsch. Dann der Deutsche sagt nicht, ein Pferd ernehren; sondern, ein Pferdt halten.d Darvon kann keine regel gemacht werden; Und darumb kann ich es auch nicht auß der Sprachlehre, so ferne sie uff regeln bestehet, lernen.
Pag. 4 l. 8 Also werden auch noch.)2 Ob [113v] Sie noch gefunden werden, stell ich dahinn, Daß Sie zu seiner zeitt gewesen, sagt Tacitus eigentlich nicht, Sondern nur, daß solches andere berichtet. Und scheinet, ob hette er daran gezweiffelt. Denn er sezt alsobalden darauff: quæ neque Confirmare argumentis, neque refellere in animo est, ex ingenio suo quisque demat, vel addat fidem.
Pag. 7 l. 14. Wiewol in allene der verstandt nicht der beste.)f Die red an ihr selbst auch ist offt nicht die beste und ziehrlichste.3 Theilß, weill sie öffters allzu frembd, theilß daß kein unterschied gehalten wird unter Poetischer art zu reden, und waß der gemeinen und ungebunden art ziehmet. Waß aber nicht ziehmet, daß ziehret auch nicht.
Pag. 14 lin. 4. Daß J &c.) Weill der theilung der Buchstaben noch zur zeit keine meldung geschehen, auch von dem U. welches ebenermaßen zu zeiten ein Selb- zu zeiten aber ein Mitlaut ist, hier nichts erwehnet wird,g So bedunckets mich beßer sein, [114r] wann dieses hienab gesezt würde, da die theilung der Buchstaben außgeführt, und des Us auch ingleichen gedacht wird.4 || [421]
Pag. 15. l. 23. Es wird auch &c.) Waß in Beylageh Nr. 25 vom V einem mitlaut, und U, einem Selblaut, erinnert, gehet mit den kleinen buchstaben wol an; Mit den großen aber (wie mann sie zwar biß anhero gehabt, da mehr nicht allß einerley art, die geschloßene nemlich, zu finden gewesen) will sich es dieses mangels wegen in etwas stoßen. Mann könndte aber leicht auch ein offenes finden und einführen, alß U, U, 𝔘i , oder dergleichen, darzu ein guther Schreiber zum besten rahten kann.6 Daß J belangend, kann bey den größern füglich- und leichter ein unterscheid, allß bey den kleinern gehalten werden, Durch auslaß- oder einschiebungj eines strichleins in der mitten.k Außgelaßen könndte es werden, wann es ein Selblautl (J)[,] eingeschoben (Ɉ)m wann es ein mitlaut were. Jn der kleinen schrifft aber, würde es mei-[114v]nemn wenigen ermeßen nach, die hand etwas seumen und uffhalten; dann die Schrifft selbst auch zum theile verstellen, wann es abwarts gezogen werden solte, daß es vorragte. Gewißlich leßet es sich nicht wol in einem zuge verrichten, und mit dem folgenden zusammen hengen. Derowegen, und weill auch bey den Lateinern nur einerley i im brauche, könndte mann es bey hergebrachter manier bewenden laßen, undo dieses so genau nicht nehmen.7
Pag 18. l. 3. Daß aber daß B und P. darzu gesezt.)8 Waß das wort frembd belanget, halt ich darfür, das daß b neingerücket sey, wegen deß allzu gelinden und weichen ds, dann es ohne zweiffel von fernn seinen ursprung hatt; Bey denen andern aber acht ich es auß einer ohngefehr undp außer grund entstandener gewonheit herkommen sein, das daß b oder p eingeschoben werde. Binn dero wegen der meinung, es sey viel rechter, wann mann von kömmet, kömmt, allß kömpt; von bestimmet, bestimmt, allß bestimpt; von [115r] versammelen, versammlen, allß versamblen, schreibet. Dann daß sichq die buchstaben ml, mt nicht fügen laßen wolten, kann ich uff meiner zunge zwar nicht befinden.
Lin. 19. So auff einen Punct folgen.) Jch halte darfür, daß diese worte hier wegk sein solten. Denn wann nun eine meinung in der rede zu ende gebracht, und das zu bezeugen ein punct gesetzt, So muß das folgende wort, weßener art es auch sey, mit einem großen buchstaben angesezt werden. Die eigenen Nennwörter [Substantive, Hg.] aber, und andere, welcher hier meldung geschicht, werden nicht allein nach dem punct, sondern auch mitten in der rede, und überall, wo mann sie braucht, anfangs mit einem großen buchstaben geschrieben.9 Würden also hier zwey Regeln von nöten sein, Derer die eine uff alle worter gerichtet were, die uff den punct folgen; Die andere uff die eigene Nenn- und andere dieses ortes benahmetes wörter, Sie stünden auch wo sie wolten.
Pag. 21. lin. 12. Wann ein wort.) Hiervon ist oben schon erinnerung gethan ad pag. 18. l. 3.10
lin. 17 Ablas.)11 Jch wolte lieber schreiben Ablaß, weill es von Laßen herkömmt; und es lautet gedoppelt auch für sich selbsten. [115v]
Pag 20. l. 21.) Obschon in beylage5 erinnert, das daß wt nur ein mittlaut, nicht aber ein Selblautender sey, und also kein doppellauter werden könne, So scheinet doch selbiges, nach dem es geschrieben wird, auß zweyen Uen, derer eines || [422] ein selblaut, und offen, daß andere aber ein mitlaut, und geschloßen, zusammen gesezet zu sein, Und daß es also zuweilen, wann es einem selblauter nachgesezt, deßen naturu annehmen, und solcher gestalt noch einen Doppellautenden geben könne. Halte auch diese art zu schreiben Lew, saw &c. alt,v und lengst herkommen zu sein, weill noch an etlichen orten diese wörter von dem gemeinen volcke so außgesprochen werden, allß ob daß w ein mitlaut12 were.w 13
Pag. 25. l. 22 Lieben.) Wird sollen Liebe heißen, denn von dem worte Liebe kömmt lieben her.14
Pag. 33. l. 20. Hauptmann.) Jch weiß nicht, ob es mit fleiß geschehen, daß dieses wort zweymal mit einem harten p, und leztens [116r] mit einem weichen b geschrieben worden, allß gielte es gleich viel, oder ob es der Schreiber versehen. Jch halte es darfür, mann solle schreiben Haubt, Haubtmann.x 15 Denn außer der aussprache, bekräfftiget solches auch daß wortt haube, item hauben; welches sonder zweiffel auß diesem ursprunge fleußt.16
Pag. 36. l. 10 Corn. Tacitus.) Daß Mannus des Tuiscons Sohn gewesen, und er hinwieder drey andere gezeugt, sezt obbemeldter Geschichtschreiber bald anfangs seines gutten büchleins von Deutschlandt, deßen Völckern, und Selbiger sitten. Daß aber die Sonna seine Gemahlin gewesen, hatt er nirgend gemeldet.17 Cæsar im 6. Buche von den französischen Kriegen im 21. Cap. berichtet ins gemein daß die Deutschen zuförderst dieq Sonn und denq Monden geehrt und für Göttery gehalten, Aber von dem Mannus und dieser heyraht erwehnet er nichts. Jch halte darfür, diese endung seyz bey den Deutschen nur weiblichen Geschlechts. Darumb wie ich sage, die Wonne, die Tonne, also sage ich auch die Sonne. Nur sagaa ich, der Brunne, welches mit ienenab ver-[116v]wandt. Hingegen ist daß wortt Mond mannlichen geschlechts, wie ich auch sage, der mund, der Schlund, der grund, der fundt &c., welche dergleichen sein.18
lin 21. Der Rodan.) Also auch der Jnn, der Neckar.19
Pag 37. lin 2. Daß Jnstrument.) Also, daß krumbhorn, daß hackebreth, daß Brumeisen. Welche aber alle zusammen gesezte wörter sein, solcher art, daß daß letztere allezeit des unbenannten geschlechts sey, Welches erinnert werden könndte.20
lin. 4. Der Schnuppe.) also auch der kalte brand, der Krebß, der Rieth (dann also ward bey den alten genennt, waß wir ietzt fieber heißen)21
Lin. 11. Die Lombardey.) also auch die Türckey, die Barbarey, die Walacheyac , die Moskau.22
Pag. 38. lin 1. Außgenommen.) item, der Sinn, der gewinn.23
lin. 14. Der gersten habe ich sonst nicht gehöret, allß neulich von einem Zerbster bürger, da es vielleicht gebräuchlich sein mag.24 [117r]
Pag 39. l. 8. Daß Pund.) wird sollen heißen daß Pfund.25
Pag. 45 l. 8. Deren, Denen, achte ich beßer, daß es ungeandert bleibe, damit der unterscheidt der beyden Zahlen [Singular und Plural, d. Hg.] erhalten, und nichtad der Schüler etwa geirret werde. Es ist gewiß, daß wie bey den Lateinern, also bey unß auch, die Articulj ursprünglichae Vornewörteraf [Pronomen, d. Hg.] sein.ag Wie nun bey ienen sie darumb nicht geendert werden, weill sie || [423] in etwas ihre natur zurücke setzen; waß wolte manns hier für ursache haben, und es für beßer achten, den, allß denen; der, allß derer, zu sagen,ah wie sonst die Vorneworteai in dieser zahl fallen, und geendert werden? Wird es dort nicht zu lang gedehnet, so hatt mann sich deßen hier auch nicht zu befahren. Jch gestehe gern, daß viel in denen überschrifften sich Den, für Denen gebrauchen. Es kömmt aber dieses auß der gemeinen rede her, da mann dergleichen verkürzung umb mehrer fertigkeit willen sich offt und gerne gebraucht; da doch im schreiben billich daß vollstendige [117v] gesaztaj werden solte.ak Doch straffe ich ienes durch und durch nicht, und halte darfür mann könne sich beyder gebrauchen, nach dem die wörter beschaffen, denen Sie vor, nach, oder zwischen welche sie gesezt und gestellet werden.al Fällt der Numerus (ich weiß nicht wie ich dieß recht und deutlich genug Deutsch geben soll, darumb ich daß Lateinische behalten)26 beßer, wann ich Den, seze, wolan soam brauche mann deßen sich; fället er aber nicht so wol, und lautet beßer, wann ich denen, seze, warumb wolte ich deßen mich allß dann enthalten? Gewißlich ist der numerus gleich allß die Seele einer rede. Seindt gleich die wörter nicht so ziehrlich und schön, So wird die rede doch lebhafft und genehme, wo sie nur so geordnet, daß alles unter einander wolklinget und fällt. Darumb dann die Lateiner und Griechen in einem und andern Jhnen so viel zugelaßen, daß sonst kaum [118r] zuentschuldigen, und wieder alle geseze der Sprachlehre lieffe, wie leicht erwiesen und außgeführt werden könndte, im fall es von nöten.27
Pag. 52 l. 21 Selbter, und Selbte.)an Jch stehe an, ob es ein Barbarismus zunennen. Selbter ist von Selber, und wird daß t neingeschoben, daß es desto mannlicher klinge und lautte.ao 28
Pag. 56. lin. 7. Waß hier in beylage N. 25 des ees halben erinnert, mit deme binn ich allerdinges eins. Es wird alles mit der zeit außgearbeitet; und hatt nichts zugleich seinen anfang, und ist volkommen. Darumb muß mann nicht nach den ältesten exempeln regeln machen, Sondern nach denen, die am besten geredet, und solches nun in schwanck gebracht. Bey denen alten Lateinern, so wol Poëten allß Redenern, ist viel zu finden, waß nach der zeit alles uffgehoben, weill mann waß beßers haben können. Vnd eben auß diesem sindt nachmals regeln gemacht,ap ienes aber alleine nur angemerckt worden, zur wißenschafft, doch nicht zur folge. Und habe ich hier-[118v]von in meiner weinigen Anleitunge zur Deutschen Poësie auch albereit etwas anführung gethan.29
Pag. 68. l. 10. Jch kunte.) mann sagt auch ich konndte, ich habe gekonndt etc. Wie dann unter den beyden buchstaben o und u, offt eine verwechslung sich zuträgt und ereigenet.30
Lin. 11. Jch tochte.) Dieses ist zwar fast gemeine. Rechter doch bedunckte mich sein, im fall mann sagte, er taugete nichts; er hatt gar nichtes getauget oder getaugt.31 Und ist dieses außer allen zweiffel daß rechte, ienes aber ein Dialectus, da o füraq au gesezt, und daß g in ein ch verwandelt wird, daß es nicht zu grob klinge.
Lin. 15. Jch bekannte.) hier ist wieder der Meißnischear Dialectus alleine gesezt. Solte billich hierbey erinnert werden, daß ordentlicher weiseas und vollstendig gesagt werden könnte, Jch bekennete &c.32 || [424]
Pag. 80. l. 8. Hieher gehören auch, bevorab, zumal.33 [119r]
Pag. 84. l. 18. Der heucheley.) Mann braucht zwar diese bewegwörter fast offt in an[g]edeutetenat Verstande, aber zugleich auch zur höhnerey, welches erinnert werden könndte. Und würde nicht schaden, wann mann exempel beyderley arten, umb mehrer erklerung willen, mit anfügte.34
Lin. 21 Pfuy dich, und Pfuy dich an, sindt mehr zusammengesezte (composita) allß zusammengefügte (contracta) daß sie deßwegen runter uffs 96 blat geruckt werden solten. Darumb wird ihrer hier mit beßeren rechte gedacht. Und findet mann dergleichen zusammen gesezte bewegwörter auch bey den Lateinern.35
Pag. 85. l. 3. Also sagt mann auch, halt, oder halt, halt; item gelt. Allß, Gelt, ich will dirs wieder einbringen. Halt, halt: ich will dich zu seiner zeit wol finden &c.36
Lin. 4. Die angeführten exempel werden auch im beklagen gebraucht; dahinn auch, leider, gehörtau , welches übergangen.37 [119v]
Lin. 11. Wortfügung.) Waß die Tischler eine fug, und fügen nennen, ist bekanndt. Wann mann nun dahinn sehen wolte, so würde fügen kaum etwas anders sein, allß zwey oder mehr stüc[ke]at also zusammen bringen, daß Sie wie eines würden. Allß wie mann zwey breter zusammen füget, daß eine tafel darauß wird. Hier aber wird nicht eine solche zusammenfügung verstanden, Sondern da die wörter also neben einander gestelltav werden, daß es eineaw richtige ordnung und zusammen stimmung gebe, Nicht aber eines das andereq gleich allß wie hindere oder verstelle, dahinn dann daß Griechische wort Σύνταξίς aller dings geht, welches von denen heer- und Schlachtordnungen hiehergenommenax und wie entlehnet ist. Jn betracht dieses, könndte mann daß Griechische Σύνταξίς, Eine Wortzusammenordnung, eine wortzusammenstellung,ay oder im fall dieses allzulang oder schwulstig [120r] scheinen wolte, Die zusammenstellung der worte, Die zusammenordnung der worte, nennen, dergleichen art sich die Griechen nicht allein, Sondern auch die Lateiner gebraucht haben, bey welchen iederzeit Syntaxis nominum, Syntaxis verborum etc. gesagt worden. Und weill die Griechen selbst auch, welche sichaz sonst der Zusammensezung der wörter nicht nur weit öffters, sondern auch kühner, allß die Lateiner, gebraucht, Dergleichen sich hier enthalten, und lieber einer rede allß einziges worts gebrauchen wollen, So würden wir umb so viel weinigerba zu tadeln sein, im falle wir ihnen hierinn nachfolgen wolten, allß unsern ältesten Meistern in aller dergleichen Lehrart.38
Pag. 86 l. 21. Waß auß dem Geßner39 alhier erinnert, daß nemlich der anfang deß Allgemeinen gebets, Vater unser,bb [120v] auch noch vor Luthers Zeiten im brauche gewesen, darzu könndte noch auch gesezt werden, daß dieses dennoch zu keiner nachfolg, oder entschuldigung dergleichen gestelleten reden angezogen werden könnte, noch solte.
Pag. 95. l. 25, an, und weg, wird denen zeitwörtern in unendiger weise40 allezeit vorgesezt: allß, ich binn oder war ankommen; ich will oder werdebc weggehen; und auffbd solche weise, ich binn oder war weggangen &c. wir musten anfahren, unßbe wegmachen &c. Und wolte ich auch in einer ge- || [425] bundenen rede hiervon nicht leichte abschreiten. Dann es geschehe gewißlich der Sprache gewalt. Darumb es anderswo noch weit unverandtwortlicher sein wird. Jn denen geendeten weisen41 aber, werden diese zwey Particulbf allezeit nach gesezt. Denn also sage ich, ich gehe weg, ich ging wegbg , gehe du weg &c. daß geld geht unter den händen [121r] weg; er stößt, er fährt an &c. Auß welchen diese regel in ihre richtigkeit gebracht werden kann. Eben also ist es mit denen beschaffen, die mit nach, und war zusammen gesezt; allß da sindt, warnehmen, nachgehen &c.42
Pag. 96 l. 24. Pfuy dich, ist wie ein wort, darvon auch droben albereit erinnert worden ist, an selbigem orte, dahinn es eigentlichbh gehöret. Unter diese Regel kann es auchq darumb nicht gebracht werden, weill es eine Klag- nicht aber Gebendung bey sich hatt.43 Wann ich aber sage, Pfuy den unflat, Pfuy den garstigen tropfen, daß gehöret zwar hieher, erfordert aber eine sonderbare Regel. Wie wol mann auch sagt, Pfuy deß unflats, &c.44
Pag. 106. l. 7. Wird bey den Deutschen nicht gebraucht.) Es könndte aber wol dahin gebracht werden. Dann dieses bey den Lateinern auch eine neulichere erfindung ist. Maßen mann in denen ältesten büchern, zumal die geschrieben, dergleichen nicht findet. Nun aber ist es wegen seines nuzes, umb mehrer richtigkeit willen, beliebet und angenommen worden. Dieses [121v] könndte und würde hier auch geschehen, wann nur ein anfang gemacht, bey welchen mann allezeit furchtsam ist. Weill alle neuerung viel urtheil außzustehenbi hatt, und inß gemein getadelt wird, wie gutt und nüzlich sie an ihr selbst seybj . Weill bey den meisten der wahn und die gewohnheit mehr thut, allß die gesunde vernunfft und gutte gründe. Darumb were ich in denen gedancken, mann solte in Gottes nahmen verfahren, und daß semicolon auch bey unß einführen, nach art der heutigenq Lateiner, also, daß ein strichlichbk mit einem punct (;) solches verrichte; und darauff dann ein kleiner buchstabe, wie dort,bl folge.45
Pag. 107. l. 18. Waß Buscherus erinnert, ist kaum in acht zu nehmen. Und daß angeführte exempel giebt nicht so gar eine förmlich- und wolgeordnete rede. Es solte billich also heißen: Der, so sich waß düncken leßt, ist nichts.46 Der Kunstwörter halbenbm ist in bey-[122r]lage Num. 2.5 wol und nüzlich erinnert, daß Sie, so viel derer sindt, außgezeichnet, zusammen gebracht, und die Latein- oder Griechischen wörter, die bey den Sprachlehren in brauch kommen, und hier ins Deutsche gebracht worden, Jhnen beygefügt werden solten, Mann könndte, außer derienigen art,bn welcher in der erwehneten beylage gedacht wird, dieselbige auch nach dem Alphabet ordnen,bo und zwar uff zweyerley wege. Einmal daß daß Deutsche vor, daß Lateinische aber nach, dann daß daß wiederspiel gehalten, und dieses vor, ienes aber hingegen nachgesezt würde.47 Daß man uff einen und dem andern fall daß, waß mann will, desto leichter und eher finden, und deßentwegen bericht und erkundigung einholen könne.
Lezlich ist dieses noch zu erinnern, daß waß in denen beylagen5 angeführt, und dieses orts nicht berüret, gebillicht und für erheblich erachtet worden. || [426]

Textapparat und Kommentar


Textapparat
T
a Lies: sich
b KE absondlich
c Gebessert aus gehalten
d R genau
e R ziehle
f In R Marginalnote am Rand von F. Ludwigs H.: Soll verstandlehre heissen Logica
g R genau
h Lies: manchem
i In R Marginalnote am Rand von F. Ludwigs H.:  Logicam et Rhetoricam  Darunter: Jch hielte dafür es solte bey dieser verfassung bleiben, wolte hernacher ein ander es etwas leichter machen, stünde es dahin, doch stehet zu bedencken, ob nicht uber alles erste und die erinnerung M. Balthasar Gualter auch mitt zuvernehmen.7
j Der Schreiber von R hat hier exakt eine Zeile des Buchnerschen Originalschreibens übersprungen und fährt fort mit: bloß nur vff die sachen selbst gehen, [...]
k KE wollen
l KE Hocherleuchten
m In R gebessert aus nützlich
n In R Abschreibfehler: befehlen
o Lies: selbem
p Darunter von späterer H. (Gottlieb Krause) der Bleistifteintrag: Facsimile zum Titelblatt von Abschnitt VI.8

T I
a Folgt <dieses orts>
b In R dazu Marginalnote von F. Ludwig: Könte vielleicht woll beydes stehen Recht und rein deutsch
c R, KE auff
d In R dazu Marginalnote von F. Ludwig: Man sagt ein Pferdt auff der streu, oder im futter halten.
e In R verbessert zu allem
f In R dazu Marginalnote von F. Ludwig: Der Salustius könte woll gar ausgelaßen werden.
g Dito: An fuglichen ort den unterscheidt des u Selblauts, und u Mittlauts zu setzen, er kan oder soll bey dem drucke alhier eingefhüret werden, wie bey dem Christlichen fürsten ein anfang gemacht. (Zur Praxis der u/U-v/V-Differenzierung in F. Christians II. v. Anhalt-Bernburg Übersetzung Vnterweisung Eines Christlichen Fürsten s. K I 6.)
h R beylagen
i Die drei U-Majuskeln sind von Buchner (ähnlich in R) sorgfältig in deutscher Frakturschrift, aber jeweils leicht variierend aufgezeichnet worden und stellen Vorschläge dar, wie der Vokal künftig (typo-)graphisch vom konsonantischen V abgesetzt werden könnte. Die beiden letzten Zeichen lassen sich in moderner Typographie nur schwer wiedergeben. S. Abbildung S. 434.
j R einschreibung
k In R dazu Marginalnote von F. Ludwig: Das stehet zu bedencken, und solte doch der erste vorschlag fast beßer sein, dan die j mittlautt gar woll können durch gezogen werden, unterwerts als beɉahen. Die j Selblautt bleiben kurtz: jm anfange gehett dieser vorschlag woll.
l Folgt <were>
m Die J-Majuskel erscheint hier mit einem kleinen waagerechten Strich durch die Mitte des Buchstabens. In moderner Typographie nicht abzubilden. S. Abbildung S. 434.
n R meinem
o Folgt <es hier>
p Folgt <ohne>
q Eingefügt.
r R wörter
s Unsichere Lesung.R benante
t Folgt <auch>
u Verlesung in R: naher
v Folgt <zu sein>
w In R dazu Marginalnote von F. Ludwig: Diese einsprache thutt mir nicht genug, es muß auff die natur der buchstaben, und ihre aus rede gesehen werden: Ein Vocalis und Consonans machen keinen Diphtongum ö ist der doppellautt und eu, nicht ew. Die doppele u oder vielmehr v, wan sie sich in den sprachen, wo sie gebreuchlich finden, seind sie beyde mittlautt als im Jtalianischen Avvicinare, Avvelenore, und dergleichen wirdt sich in dem Hebreischen auch aussprechen.
x Dito: Haubtman und haubt wird für recht gehalten
y Folgt <gleich>
z Folgt <de>
aa R sage
ab R ienem
ac Abschreibfehler in R: Walathey
ad Folgt <Se>
ae R urspringlich
af R vornenwörter
ag Folgt <waß>
ah In R dazu Marginalnote von F. Ludwig: Der gebrauch und gemeine ausrede giebet den ausschlag, also beydes bey einander zu setzen, inmassen man in andern sprachen auch thutt.
ai R vornenworte
aj In R gebessert aus gesagt
ak In R dazu Marginalnote von F. Ludwig: Man soll reden wie man schreibett, sonderlich auff Deutsch, ist es alzeit gleich zuthun, der redligkeitt zufolge, im brauche gewesen.
al Folgt unleserliche Streichung.
am Folgt <man>
an In R dazu Marginalnote von F. Ludwig: Dieses wird noch für ungewöhnlich gehalten.
ao Dito: Gezwungener zusatz.
ap Folgt <und>
aq Verlesung in R: par
ar Folgt <gemeine>
as ordentlicher weise eingefügt für gemeiner art [?]
at Textverlust im Falz durch zu straffe Einbindung. Konjektur in eckigen Klammern.
au Abschreibfehler in R: gehören
av Folgt <und geordnet>
aw In R Abschreibfehler: seine
ax In R Abschreibfehler: hergenommen
ay In R dazu || [427] Marginalnote von F. Ludwig: Wortt ordnung. Die andern seind zu lang, gehören mehr zu der erklerung.
az In R Abschreibfehler: sie
ba R weniger
bb In R dazu Marginalnote von F. Ludwig: Es solte fast besser sein man ließ das Exempell gantz aus dan es sonder zweiffel von dem Lateinischen hergeruhrett.
bc Eingefügt für durch Tintenfleck verunstaltetes werde
bd Folgt unleserliche Streichung.
be In R Abschreibfehler auß sinnentstellendverbessert zu uns aufn
bf Folgt <aber>
bg Gebessert aus wech [?]
bh Folgt <eigent>
bi Verschreibung in R: außzustehet
bj Dito: sein
bk R strichlein
bl Folgt <allezeit>
bm Folgt <waß>
bn Folgt <die>
bo In R dazu Marginalnote von F. Ludwig: Dieser vorschlag ist gutt.

Kommentar
1 Im November 1638 hatte Christian Gueintz (FG 361. 1641) im Auftrag F. Ludwigs einen Entwurf zu einer Deutschen Sprachlehre (Grammatik) vorgelegt. In der Folgezeit entspann sich darüber eine rege Diskussion, in die im Oktober 1639 auch Augustus Buchner (FG 362. 1641) und Jacob Martini einbezogen wurden. Vgl. 390114 K 13. Gueintz’ handschriftliche Vorlage (mit mindestens zwei Beilagen, vgl. K I 5) scheint sich nicht erhalten zu haben. Sie dürfte aber, wie sich aus Buchners Stellungnahme und anderen Gutachten ablesen läßt, der Druckfassung von 1641 schon recht nahe gekommen sein. Vgl. Beil. I Q.
2 S. hier Beilage I. Weiter unten im vorliegenden Brief empfiehlt Buchner F. Ludwig, sein Gutachten dem Verfasser der Sprachlehre zuzustellen. Tatsächlich wird F. Ludwig Gueintz Buchners und seine eigene Stellungnahme (400214 I) zuleiten, vgl. 400214. Gueintz reagiert darauf mit einer „Andwort“ 400301 I.
3 Jacob Martini (1570–1649), 1602 Prof. der Logik und Metaphysik an der U. Wittenberg, als solcher — wie Gueintz — enger Mitarbeiter an der ratichianischen Bildungsreform in Köthen und Weimar 1618–1622; seit 1623 Prof. der Theologie an der U. Wittenberg, 1627 Propst an der Schloßkirche und schließlich Konsistorialassistent daselbst. Vgl. Anm. 5, 270827 u. ö.
4 Bezieht sich auf die auch in der Druckfassung beibehaltene starke schematisch-dichotomische Untergliederung des Stoffes, die das Verständnis des Werkes beeinträchtigt. Vgl. zu dieser Kritik Gueintz’ Entgegnung in 400301. Durch das Fehlen einer Inhaltsübersicht wird die mangelnde Verständlichkeit noch verstärkt. Wie kompliziert Ordnung und Aufbau des Stoffes bei einer „Dichotomosierungstiefe“ bis in die 15. Ebene (Hundt, 149) sind, zeigt das nachträglich extrahierte Inhaltsverzeichnis der Deutschen Sprachlehre in Hundt, 142ff. Anlage des Werkes und dt. grammatische Terminologie offenbaren die Abhängigkeit v. a. von der auf Wolfgang Ratke zurückgehenden Allgemeinen Sprachlehr: Nach Der Lehrart Ratichii (Cöthen 1619, Ndr. in: Ising II, 23–48). Vgl. (Wolfgang Ratke:) GRAMMATICA UNIVERSALIS: Pro DIDACTICA RATICHII. (Köthen 1619) und nach dieser die Lateingrammatik von Nikolaus Pompejus: COMPENDIUM GRAMMATICAE LATINAE: AD DIDACTICAM (Köthen 1620; HAB: 289.1 Quod. [7]; vgl. Beil. I Q). Zur dt. grammatischen Terminologie bei Gueintz, die auch Schottelius aufgriff, vgl. Ising I, 71ff.; Robert L. Kyes: Grammar and grammars in seventeenth-century Germany: The case of Christian Gueintz. In: Insight in Germanic Linguistics I. Methodology in Transition. Ed. by Irmengard Rauch, Gerald F. Carr. Berlin, New York 1995, 185–202, hier v. a. 198. Gueintz’ Gesellschaftsname in der FG war daher treffend „der Ordnende“ und sein Sinnspruch „Jedes an seinen ort“. Vgl. Ising I, 31ff.; Conermann III, 415ff.; Conermann: Ludwig und Christian II. von Anhalt, 402; Hundt, 138ff.; Jellinek: Nhd. Grammatik I, 89ff. u. 121ff.; Moulin: Katalog, 34ff.; Moulin-Fankhänel: Bibliographie II, 78ff. u. 238ff.; Takada, 22f. Vgl. auch die Kritik von Justus Georg Schottelius (FG 397. 1642) in 400528 I. Schottelius: Sprachkunst (1641), 13 empfahl sich dagegen bewußt durch Beispiele und Erläuterungen. Wegen ihrer deduzierenden, ramistischen Anlage fand Gottsched Gueintz’ Sprachlehre „nach der damals üblichen Philosophie eingerichtet“, „denn der Verfasser läßt || [428] sich angelegen seyn, durch eine vielleicht gar zu sorgfältige Zergliederung einer Sache in viele kleine Untertheilungen alles deutlich zu machen, und also von einem auf das andere zu kommen, worinnen er, unserer Meynung nach, wohl ein wenig zu weit gegangen ist.“ Johann Christoph Gottsched: Beyträge zur Critischen Historie Der Deutschen Sprache. 15. Stück, Leipzig 1735, 380. Krass gesteigert das Urteil in Jellinek: Nhd. Grammatik I, 123, wonach in der Sprachlehre „die Dichotomie bis zum Wahnsinn getrieben“ sei, bei Padley I, 117, der geradezu „tortuous dichotomies“ am Werke sah, oder bei Peter v. Polenz, der der Sprachlehre eine „zwischen Spitzfindigkeit und Stumpfsinn schwankende Einteilungssucht als ein Werk der schlimmsten Pedanterie“ attestierte. P. v. P.: Geschichte der deutschen Sprache. 8., verb. Aufl. Berlin, New York 1972, 110. Ähnlichen „Exzeß“ sah zuletzt noch Ingeborg Dorchenas am Werke: Etymologie und Syntax der Konjunktion daß in der deutschen Grammatik von ihren Anfängen bis 1800 vor dem Hintergrund antiker und moderner daß-Forschung. Bonn 2005, 168.
5 „Verstandt-Lehr“ war im Ratichianismus die deutsche Übersetzung für Logik. Vgl. Jacob Martinis ratichianisches Lehrwerk, LOGICA: Pro DIDACTICA RATICHII (Cöthen 1619), und dessen ausführliche Version: Jacob Martini: Compendium logicae: Ad didacticam (Cöthen 1621). Die dt. Übersetzung stammte von Ludwig Lucius: Kurtzer Begriff Der Verstandt-Lehr/ Zu der Lehrart (Köthen 1621). Bei Wilhelm v. Kalcheim gen. Lohausen (FG 172) steht „verstandlehre“ für die Dialektik im Sinne von Logik. Vgl. 381028 III S. 679, ferner 381028 K II 13.
6 äckel, auch öckel, d. i. ekel, adj., bis ins 19. Jh. nicht nur für Ekel erregend, sondern auch für Ekel empfindend, hier also wählerisch, empfindlich. Vgl. auch 400301 K 1, ferner DW III, 396f.; Paul Wb., 266.
7 F. Ludwig erwägt hier, ob zu Buchners Kritik an Gueintz’ Sprachlehre in seinem Brief (das „erste“) und in seiner Stellungnahme („erinnerung“) auch die Meinung Balthasar Walthers (Gualterus) eingeholt werden könnte. Walther (1586–1640), einst Professor für griechische u. hebräische Sprache an der U. Jena, seit 1621 Superintendent in Gotha, seit 1636 Superintendent in Braunschweig, wirkte 1634 an der Schul- und Kirchenreform im schwedisch besetzten und Hz. Bernhard v. Sachsen-Weimar (FG 30) versprochenen „Herzogtum Franken“ (Bst.er Würzburg und Bamberg) mit. Auch Walther war seit 1619 ein enger Mitarbeiter der ratichianischen Schulreform in Köthen und Weimar gewesen. Vgl. im vorliegenden Band 391217 K 4 u. 400323.
8 Bezieht sich auf KE, 215: Zwischentitelblatt zu Abschnitt VI: „Schriftwechsel des Genossenen [Buchner] mit dem Nährenden.“ Es zeigt tatsächlich die faksimilierte Unterschrift Buchners im vorliegenden Brief, dazu sein Reimgesetz in der FG.
1 Während Christian Gueintz (FG 361. 1641) in seiner „Andwort“ 400301 I noch etwas vage bleibt, jedoch die Differenz von „recht“ und „rein“ anerkennt, wird er in seiner Sprachlehre (1641), S. 1 F. Ludwigs Kompromiß (s. T I a) aufnehmen: „Die Deutsche Sprachlehre ist eine dienstfertigkeit der zusammensetzlichen Deutschen wörter recht rein Deutsch zu reden.“ Ähnlich definierte auch Justus Georg Schottelius (FG 397. 1642) die deutsche Grammatik als „eine Wissenschafft/ oder eine Kunstmessige Fertigkeit/ recht und rein Teutsch zureden oder zuschreiben.“ Schottelius: Sprachkunst (1641), 180. Buchner entwickelt hier eine Konzeption von Reinheit, die sich keineswegs auf einen Fremdwortpurismus beschränkt. Der Begriff der Reinheit, der puritas war seit der Antike u. a. ein Prinzip der antiken Stillehre mit ihren drei (Aristoteles) bzw. vier (dessen Schüler und Nachfolger Theophrast) Stilqualitäten/ -normen oder virtutes dicendi: die perspicuitas als das Vermögen, die zur Rede stehende Sache deutlich, klar und verständlich zu versprachlichen, ihr oberstes Gebot war die claritas (Klarheit); das aptum und der ornatus als die inhalts-, adressaten- und anlaßorientierten Verpflichtungen zur Angemessenheit der Rede und ihres rhetorischen Schmuckes. Die puritas (ἑλληνίσμός, latinitas) stellte die am stärk- || [429] sten auf die Grammatik bezogene Stilnorm dar, ging allerdings nicht in der ars recte dicendi auf, sondern schloß die ars bene dicendi mit ein. Vgl. schon die ersten zwei Strophen in Fürst Ludwig:Kurtze Anleitung zur Deutschen Poesi (1640), s. 391119 I; ferner die Einführung zum vorliegenden Band; außerdem Wolfram Ax: Lexis und Logos. Studien zur antiken Grammatik und Rhetorik. Hg. Farouk Grewing. Stuttgart 2000, 78 u. 82; Joachim Dyck: Ticht-Kunst. Deutsche Barockpoetik und rhetorische Tradition. 3., erg. Aufl. Tübingen 1991, 68ff.; Manfred Fuhrmann: Die antike Rhetorik. Eine Einführung. München, Zürich 1984, 114ff.; Gerhard Härle: Reinheit der Sprache, des Herzens und des Leibes. Zur Wirkungsgeschichte des rhetorischen Begriffs puritas in Deutschland von der Reformation bis zur Aufklärung. Tübingen 1996, 6ff., 140ff. u. 167f.; Heinrich Lausberg: Handbuch der literarischen Rhetorik. Eine Grundlegung der Literaturwissenschaft. (2 Tl.bde.). München 1960, 254ff.; Art. „Purismus“ in: HWRh VII, 485–501. — Buchner als vorzüglicher Kenner der antiken Rhetorik spannt hier den Begriff der Sprach„reinheit“ ebenfalls weiter als es die spätere puristische Verengung auf die Löschung des fremdsprachigen Wortschatzes im Deutschen tat. Zum Sprachpurismus der sog. barocken deutschen Sprachgesellschaften, der keineswegs auf einen Fremdwortpurismus einzuschränken ist, sondern auf hochsprachliche Richtigkeit und „Reinheit“ auch gegen Varietäten des Sprachgebrauchs zielte, sei hier nur verwiesen auf Alan Kirkness: Das Phänomen des Purismus in der Geschichte des Deutschen. In: Sprachgeschichte. Handbuch2, 1. Tlbd., 407–415, hier 408f.
2 D, 4: „[...] Also werden auch noch in den grentzen Deutschlandes und den Graupünten etliche Grabschriften gefunden mit Griechischen buchstaben/ wie Tacitus solches bezeuget.“ Tatsächlich gab Tacitus nur Berichte über griech. Inschriften an Denkmälern und Grabschriften wieder, verbarg seine eigene Meinung hinter dem gebrauchten Konjunktiv und der von Buchner zitierten Einschränkung, die dem Leser die Wahl zwischen Glaubwürdigkeit oder Zweifel überließ. S. Tac. Germ., 3,3. Gueintz hat also Buchners Vorbehalt in seine gedruckte Sprachlehre nicht einfließen lassen, sondern es bei der älteren Textfassung — wie solche auch in H, 3f. — belassen. Vgl. schon sein Beharren in 400301 I (K I 2). Die Theorie, die Germanen hätten griechische Buchstaben gebraucht, geht auf Caesars De Bello Gallico I, 29, zurück. Dort wird gesagt, im Lager der Helvetier seien Tafeln in griechischer Schrift gefunden und Caesar vorgelegt worden. Dieser Hinweis wurde von Conrad Celtis, Andreas Althamer u. a. aufgegriffen und weitergeführt. Vgl. Joachim Knape: Humanismus, Reformation, deutscheSprache und Nation. In: Nation und Sprache. Die Diskussion ihres Verhältnisses in Geschichte und Gegenwart. Hg. Andreas Gardt. Berlin, New York 2000, 103–138, hier 124ff.
3 D, 7, nimmt Buchners Anregung auf: „[...] der Salustius Lohausens (wie wol der verstand und art zu reden in allen nicht der beste.)“ F. Ludwig wollte jeden Hinweis darauf am liebsten unterlassen. S. T I f. In H, 7, fehlt der Hinweis auf Wilhelm v. Kalcheim gen. Lohausen (FG 172), weil seine Sallust-Übertragung (vgl. dazu 300216) erst 1629 erschien.
4 S. Buchners folgende Einlassung und T I g, k u. Anm. 6, 7.
5 Die Formulierung — vgl. auch den letzten Satz in Buchners Gutachten — zeigt an, daß es sich um Beilagen zu Gueintz’ Sprachlehre gehandelt hat, nicht etwa Zusätze von Buchner zu seinem Gutachten. Die Beilagen scheinen sich, wie auch die Buchner eingereichte Handschrift der Sprachlehre, nicht erhalten zu haben.
6 In seiner „Andwort“ 400301 I (K I 4) schloß sich Gueintz den Vorschlägen Buchners an, bestand aber darauf, daß auf die vormalige Praxis, beide Laute, -u- wie -v-, durch das v/V wiederzugeben, hinzuweisen sei. F. Ludwigs Vorschlag war dem gegenüber einfach und konsequent — vgl. 400214 I (K I 2) — und ging in D ein, das typographisch eine klare und einheitliche Unterscheidung zwischen vokalischem u/U und konsonantischem v/V in der Klein- wie Großschreibung erkennen läßt und damit die phonemische Differenz auch in unterschiedlichen Graphemen widerspiegelt. Eine solche Regulierung finden wir allerdings in den früheren Köthener Drucken noch nicht. Im GB Kö. etwa fehlt die U-Majus- || [430] kel ganz, während der anlautende Vokal in der Kleinschreibung gelegentlich als u (und, underricht), häufiger aber als v [vnd, vns, vnbillich, vberal etc.] erscheint. Gleiches gilt für Fürst Ludwig: Tamerlan (1639) [unehr, uhrsachen, vnd, vnbekant etc.] oder für die Köthener Ausgabe der D. v. dem Werder: Friedensrede (1639) [s. 390904 I u. K I 0]. In Fürst Christian II.: Vnterweisung Eines Christlichen Fürsten (1639) [s. 390504 K 2] werden die Verstöße gegen die orthographische Differenz von u/U (Vokal) und v/V (Konsonant) erst im umfangreichen Druckfehlerverzeichnis zugunsten einer einheitlich differenzierenden Schreibweise korrigiert — unter Hinweis auf die alsbald erscheinende Sprachlehre von Gueintz. Diese Schreibweise begegnet uns dann bereits in F. Ludwigs Kurtzer Anleitung Zur Deutschen Poesi (Cöthen 1640; vgl. 391119 I). Für die Köthener Drucke bis 1639/40 läßt sich Buchners Feststellung, es gebe keine offene U-, sondern nur die geschlossene V-Majuskel, bestätigen. Erst mit D, 12, wird eine U-Majuskel unter die deutschen Buchstaben aufgenommen. Schottelius: Sprachkunst (1641), 182, kennt nur den Versal V; in ihrem Druckbild (s. Titelblatt) aber erscheint schon die U-Majuskel, wenn auch noch, wie bei den genannten Köthener Drucken, als Antiqua-Sonderling in Frakturschrift-Umgebung — ein Befund, der sich an vielen Drucken der Zeit beobachten läßt. Unter den von Schottelius aufgelisteten 24 deutschen Buchstaben erscheint eine offene U-Majuskel erst in der zweiten Ausgabe der Sprachkunst (1651), 329, und in der Ausführlichen Arbeit (1663), 184, und zwar anscheinend nachträglich und gegen die alphabetische Ordnung hinter das V gesetzt. S. Abb. S. 436f. Heute begegnet das /u/ für /v/ nur noch in der Kombination qu- (Quart, Quelle, quer usw.). Vgl. Norbert Richard Wolf: Phonetik und Phonologie, Graphetik und Graphemik des Frühneuhochdeutschen. In: Sprachgeschichte. Handbuch2, 2. Tlbd., 1527–1542, hier 1529f.
7 Buchner geht beim i/I und j/J gemäß der damaligen Situation von Kurrent- und Druckschrift von einer gemeinsamen Graphie für Vokal und Konsonant aus. Beim Kleinbuchstaben plädiert er dafür, die bisherige undifferenzierte Praxis bestehen zu lassen, da sich ihm keine praktikable Alternative eröffne. Beim Großbuchstaben ließe sich der Konsonant durch ein waagerechtes Strichlein in der Mitte des J markieren. Vgl. Abb. S. 434. F. Ludwig, s. T I k u. 400214 K I 3, hielt es dagegen für leicht, auch die Minuskel für das vokalische i vom konsonantischen j durch einen längeren Abwärtsstrich des letzteren abzusetzen. In der Praxis blieb das Problem einer fehlenden graphischen Differenzierung nur bei der Majuskel J für den Vokal I bzw. das konsonantische J bestehen. Vgl. auch H, 12. Das Druckbild der Sprachlehre von 1641 differenziert klar und einheitlich zwischen vokalischem i und konsonantischem j. Die Majuskel J aber steht mangels Alternative im Fraktursatz gleichermaßen für den I- wie J-Anlaut (Jhr, Jnnerlich, Jst; Jenes, Jetziger, Johannes usw.). Tatsächlich führt D, 12, bei den deutschen Großbuchstaben nur das J für die I- und J-Majuskel auf, wie auch Schottelius: Sprachkunst (1641), 182. D, 13, fügt hinzu: „Das J wird gefunden im anfange der wörter/ da auf dasselbe ein Selblautender (vocal) folget als Jahr/ Jach. Jn den vornenwörtern [d. i. Pronomina, d. Hg.]/ da es eine Person bedeutet/ ist da Jhm/ Jhr/ Jch: Jn Jenem ist ein Mitlautender/ in diesem ein Selblautender/ das J. sollte mit einem strichlein in der mitte sein/ ist aber [als Buchstabe/ Drucktype, d. Hg.] nicht verhanden.“ Gueintz schloß sich in seiner „Andwort“ 400301 I (K I 3) dem Vorschlag Buchners zu einer der Lautung folgenden graphischen I-J-Differenzierung an. Bei der Minuskel plädierte er für die heute übliche einfache Unterscheidung von i und j. Die Majuskel des konsonantischen J sollte durch einen kleinen Mittelstrich von der vokalischen Majuskel abgesetzt werden. F. Ludwigs Vorschlag war noch einfacher und konsequenter: Er sah auch beim Großbuchstaben wie heute I und J vor. Vgl. 400214 I (K I 3); Norbert Richard Wolf, a. a. O. (s. Anm. 6), 1529. — In früheren Köthener Drucken (s. die in Anm. 6 genannten Titel) kommt eine I-Majuskel tatsächlich nicht vor. — Doch nicht nur die vorgeschlagene Neuerung in der Schreibung der J-Majuskel für den Konsonanten scheiterte an praktischen (auch typographischen) Schwierigkeiten. So berichtete Philipp v. Zesen (FG 521. 1648) in einem undatiert überlieferten Brief von ähnlichen Problemen. Richtig || [431] war und sei, „von der gemeinen unrichtigen Schreibahrt“ abzugehen. Beispielsweise würde die Vokaldehnung widersprüchlich angezeigt: durch einfachen Vokal (Stab), Vokaldoppelung (Seele), Dehnungs-h (Stuhl) oder stummes e (Ziel). Nach verschiedenen, später verworfenen Lösungsvorschlägen habe er in seinem Rosen-mând (Hamburg 1651; Zesen SW XI, 79–273) „Tohnzeichen“ vorgeschlagen, deren Einführung aber am Mangel an Drucktypen scheiterte, so daß er weitgehend zur gewöhnlichen Schreibung zurückgekehrt sei. Als Adressat des Briefes wird Gueintz genannt, der aber schon im April 1650 starb, während der Rosen-mând erst 1651 erschien. Zit. n. Habichthorst, 14–22 (HAB: Ko 211).
8 Vgl. Gueintz’ hierin ebenfalls kritische „Andwort“ 400301 I (K I 8 u. 11). D, 16: „[...] daß aber das B und P [nach dem -m-, d. Hg.] von etzlichen darzu gesetzet wird/ ist wegen des wollautens. Dan sonst die buchstaben sich nicht wol zusammen fügen lassen/ als m l/ m d/ m t/ kann aber beydes ausgelassen werden.“ H, 15: „B und P nach dem M wird nicht gäntzlich ausgesprochen als: frembd, kömpt, bestimpt, versamblen.“ Vgl. 400214 I (K I 7).
9 D, 17, „Alle eigene Nenwörter [d. i. Substantive, d. Hg.]/ und die einen nachdruck haben/ die Tittel/ die Tauf- und Zunahmen/ die Nahmen der Länder/ der Städte/ der Dörffer/ der Völcker/ der Secten/ der Beambten/ der Künste/ der Tugenden/ der Laster/ der Festtage/ der Thiere/ wie auch die so auf einen Punct folgen/ werden im anfange mit einem grossen buchstaben geschrieben“. Knapper H, 16: „Alle eigene Nennwörter, und die einen nachtruck haben, werden im anfang mit einem versalbuchstaben geschrieben“ [F. Ludwig verbessert „Großen“ für versal]. Gueintz scheint in seiner „Andwort“ 400301 I (K I 6) Buchner zuzustimmen, was die Großschreibung der „nahmen“ nach einem Punkt betrifft.
10 D, 19: „Wan ein frembdes wort [...]“. Buchners Kritik bezieht sich hier lediglich auf die Schreibung frem-b-d, die Gueintz im Druck aber beibehielt, obwohl er in 400301 I (K I 8) meinte, das -b- könne auch ausgelassen werden. Schottelius war deutlich gegen den Verschluß des labialen Nasals /m/ durch das Plosiv /b/, s. 400214 K I 7.
11 Buchner hält fest, daß auch die Derivata/ Komposita in ihrem Wurzelwort wie ihre Primitiva geschrieben werden — ein gutes Beispiel, wie neben der phonematischen hier die morphematische Begründung für die richtige Schreibweise herangezogen wird. D, 20: „Diß s wird alzeit am ende der sylben klein geschrieben/ als Ablas.“ Auch hier ist das einfache s am Wortschluß entgegen Buchners Empfehlung stehen geblieben. Ebenso in H, 18. Schottelius war zwar grundsätzlich ein Gegner der „ungeschickten“, überflüssigen Auslautverhärtung s-z. S. Sprachkunst (1641), 186; Ausführliche Arbeit (1663), 188. Zur Schreibweise des /s/ aber heißt es in der Ausführlichen Arbeit: „1. Am Ende des Wortes sol allemahl das kleine s gebrauchet werden/ als Haus/ los/ und nicht [das Schaft-ſ, d. Hg.] Hauſ/ loſ etc. 2. Wan̅ das Stammwort sein endstehendes /s/ verdoppelt/ als wird es also /ß/ geschrieben/ als groß/ stoß/ bloß/ etc. hier muß ein doppeltes ß stehen/ weil man sagt großes/ stoßes/ erblaßen/ und nicht groſes/ stoſen/ erblaſen/ und gehört in allen solchen Wörtern der doppelte /ß/ zu den Stammletteren. [...] 3. Jm Anfang des Worts wird also/ S/ oder/ ſ/ geschrieben/ als Sonne/ ſtehen etc.“ (216f.)
12 Welche Lautung Buchner hier für „Lew“ oder „saw“ vernahm und wie er dabei den „mitlaut“ w hörte, bleibt unklar.
13 Gueintz’ „Andwort“ 400301 I (K I 7) und D, 19f., schwanken in dieser Frage. Die „Andwort“ will wegen der überkommenen Praxis („wegen der alten bücher“) aw/ ew nicht ganz als Diphtonge aufgeben, für die künftige Praxis aber den Bildungen mit /u/ den Vorzug geben. D, 19f., präferiert -au-/ -eu- in der Wortmitte, -aw/ -ew am Wortende, wobei die Argumentation mit der üblichen Sprachpraxis Widersprüche zeigt: „Au/ eu/ seind nicht am ende des wortes gebrauchet worden/ sondern an derselben stat aw/ ew. als Thaw/ Schaw/ Hew/ Wiewol die ietzigen Schreiber es nicht in acht nemen/ sondern wollen lieber das u. behalten: darin aber dem gebrauche zu folgen. Vornemlich weil sonsten ein frembder könnte leicht irren/ und das u absonderlich lesen am ende. Wan aber ein w dafür gesetzet || [432] wird/ schliest er leichtlich das es mus zu den vorigen genommen/ in dem es vor sich nicht kann ausgesprochen werden: doch scheinet es besser/ das es au/ und eu verbleibe zumal in der mitte/ wen andere buchstaben folgen. Ausgenommen in frembden wörtern/ als: Esau 1. Mos. 25/25.“ Auffällig ist, daß D „aw“ und „ew“ aus der Reihe der „eigentlichen doppeltlautenden“ ausgeschlossen hat, sie in H aber noch inbegriffen waren (S. 13). Ferner H, 18: „au, eu, werden nicht am ende des worts gebraucht, sondern an derselben stadt aw, ew, als: Thaw, Hew, Schaw, Lew. ausgenommen in frembden wörtern, als: Esau.“ F. Ludwig plädiert für umstandslosen Ersatz des mit w gebildeten Diphthongs durch u-Bildungen. Vgl. T I w u. 400214 I (K I 1 u. 4). Ebenso Schottelius 1663 (dem aber die Drucker seine Regeln immer wieder durchkreuzt haben): „Es muß das w in Teutschen Wörtern an stat u nicht gebrauchet werden/ dan̅ solches ohn einige Uhrsach und Grund geschiehet/ als baw/ traw/ frewen/ etc. Der Buchstab w ist ein mitlautender (Consonans,) u aber ein selblautender (Vocalis,) und kan ohn Misbrauch einer des anderen Stelle nicht einnehmen/ darum schreibt man recht/ bau/ trau/ freuen/ etc.“ Schottelius: Ausführliche Arbeit (1663), 220.
14 In seiner „Andwort“ (400301 I) überging Gueintz diesen Hinweis; im Druck wurde Buchners Richtigstellung anscheinend aufgenommen. D, 24: „Die urspringliche [wörter, Primitiva, d. Hg.] sind/ die von keinem andern herkommen/ als Mensch/ Liebe.“ A. a. O., 25: „Also liebe/ kan nicht ungereimt vom Hebräischen Leb [...] herkommen [...].“ Gegen diese Herleitung formulierte Schottelius deutlich Kritik, s. 400528 I (K I 4).
15 F. Ludwig stimmt in R (T I x) zu. In D, 33, dann tatsächlich eine einheitliche Schreibung: „Haubtman/ Haubtmänner Haubtleute“. H, 27, hatte noch „Heuptman, Heuptleute, Heuptmänner“. Schottelius:Ausführliche Arbeit (1663), 204, setzt „Haubt“ und verwirft „Haupt“ als Mißbrauch.
16 Hier ergänzen sich das phonologische und das etymologische Prinzip der Rechtschreibnormierung; beide konnten auch konkurrierend auseinandertreten. Vgl. T I ak.
17 Tac. Germ. 2,2: „celebrant carminibus antiquis, quod unum apud illos memoriae et annalium genus est, Tuistonem deum terra editum. ei filium Mannum, originem gentis conditoremque, Manno tres filios assignat, e quorum nominibus proximi Oceano Ingaevones, medii Herminones, ceteri Istaevones vocentur.“ Von einer „Sonna“ als Mannus’ Frau ist hier in der Tat nirgends die Rede.
18 In seiner „Andwort“ 400301 I (K I 12) wies Gueintz Buchners grammatische Erwägungen unmißverständlich zurück und gab als Gewährsmann für die Mannus-Gemahlin Sonna Aventinus an. Der Verweis auf Tacitus sei ein Versehen gewesen. Die entsprechende Passage in D, 36, ist Buchners Richtigstellung in diesem Punkt nachgekommen. Im Abschnitt über bestimmte männliche Substantive wird nicht mehr auf Tacitus verwiesen. (In H, 30f., kein Hinweis auf „Sonna“ und literarische Zeugen.) Die Passage lautet in D: „DJe Nenwörter der Männer/ der Monden/ der vier theile des Jahres/ der Winde/ der Edelgesteine/ der Müntze/ der Planeten/ sind Mänliches geschlechtes. Ausgenommen [...] Von den Planeten die Sonne/ weil Sonna des andern Königes/ wie Aventinus zeiget/ in Deutschland gemahl gewesen: Und der König Mannus/ Daher der Mond seinen nahmen: Und haben die Sonnen damals die Deutschen zu forderst geehret/ als den Mannum: Caesar von den Frantzösischen Kriegen im 6. Buche am 21. Cap. Ritter p. 21.“ S. Caes. Gall. 6, 21: „deorum numero eos solos ducunt, quos cernunt et quorum aperte opibus iuvantur: Solem et Vulcanum et Lunam, reliquos ne fama quidem acceperunt.“ Tatsächlich behauptet Aventinus nicht ausdrücklich, daß Sonna die Gemahlin jenes zweiten „Ertzkönig[s] in Germanien“, Tuiscons Sohn Man/ Mannus, gewesen sei. Aventinus schreibt nur, daß Mannus von den alten Deutschen zu einem Gott gemacht und nach ihm der Mond benannt worden sei. „Dergleichen haben sie ein Weib/ Fraw Sonnen/ in der Zahl der vntödlichen Götter geschrieben/ sie eine Königin des Himmels nach jhr den Tag/ Liecht/ vnd den ersten Tag genand.“ Johannis Aventini ... Chronica ... Anfenglich durch den Authorem in Latein verfertiget/ nachmals aber ... von ihm selber in gut gemein Hochteutsch gebracht ... Vnd ... durch ... Niclaus Cisner ... in Druck gegeben .... An jetzo aber von ne- || [433] wem durchsehen (Frankfurt a. M. 1622), 36 (HAB: Gm 4° 68). Deutlicher wird Stephan Ritter: GRAMMATICA GERMANIca Nova, USUI OMNIUM ALIARUM NATIONUM, HANC linguam affectantium inserviens, præcipuè verò ad Linguam Gallicam accomodata (Marburg 1616). HAB: 74 Gram. (2). Auch Ritter hält die Namen der Planeten meist für männlich: „Planetarium, ut der Juppiter/ der Mars. Excipe die Sonn/ Sol“ und erklärt: „Quod veteres Germani contra aliarum gentium morem Solem die Sonn/ generis femin. esse voluerunt: Lunam verò den Mon/ vel Mondt/ masculini statuerunt, ejus rei hanc rationem quidam in medium proferunt, quòd Germanorum post Tuisconem Secundus Rex (attestante Cornelio Tacito in tractatu de moribus Germanorum) fuerit appellatus Mannus, cui defuncto, & et inter divos relato, postmodum Lunam consecrarint, ac de nomine ejus den Man vocarint: cujus vocis litera a posterioribus seculis paulatim in o mutata fuerit: Hujus vero uxor dicta fuerit Sunn/ cui defunctæ sydus Solis dedicaverint, ac de ejus nomine die Sun appellaverint, cujus vocis litera u paulatim in o abierit.“ A. a. O., 22. Zu Ritter, Freund und Schüler des Ratke-Schülers Christoph Helwig, vgl. Ising, 98; Moulin-Fankhänel: Bibliographie II, 256ff. Auch Schottelius nahm den Wortauslaut als einen Hinweis auf das Geschlecht an und führte entsprechend geordnete Wörterlisten auf. S. Schottelius: Sprachkunst (1641), 254ff.; Ausführliche Arbeit (1663), 270ff., hier 271.
19 D, 37 (über das Genus femininum der deutschen Flußnamen und die Ausnahmen): „Der Jordan/ der Mayn/ der Rhein/ der Rodan/ der Jn/ der Necker/ der Phrat/ der Nil/ nach dem Lateinischen.“ Ebenso H, 31: „Von den flüßen sagt man der Rein, der Mayn, der Jordan, der Necker [am Rand ergänzt für <Rhodan>]“. Schottelius: Ausführliche Arbeit (1663), 265: „Die Nahmen der Weiber/ der weiblichen ämpter/ weiblichen Laster/ der Bäume/ der Baumfrüchte/ der Flüsse/ sind weibliches Geschlechtes“, wie „die Donau/ Elbe/ Weser/ Leine/ Elster/ Wipper/ Mulda/ Neise/ Mosel/ Schelde/ Okker/ Tiger/ Ar/ Temse/ Seine. (Ausgenommen der Rein/ der Pfrat/ der Jordan/ der Main/ der Rhodan/ der Poo.)“
20 Zum überwiegend weiblichen Geschlecht der deutschen Musikinstrumenten-Bezeichnungen gibt D, 37, als Ausnahmen an: „Der Zincke/ das Positiv/ das Clavicordion/ das Jnstrument/ das Pandor/ das Spinet.“ Die Hinweise Buchners wurden also nicht eingearbeitet. Der Hinweis von Gueintz in seiner „Andwort“ 400301 I (K I 13): „Von Krumbhorn vndt Hackebret ist schon errinnert“, ist also unzutreffend. „Unbenanntes geschlecht“ ist hier die deutsche Bezeichnung für das Genus neutrum. Vgl. H, 31.
21 D, 37, über das weibliche Geschlecht der deutschen Krankheitsbezeichnungen und deren Ausnahmen: „Der Huste/ das Grim̄en/ das Zipperlein/ das Fieber/ der Schnuppe/ der Krebs/ der Rieht/ das ist das Fieber/ der Krampf.“ Vgl. H, 31 u. 400301 I (K I 15).
22 D, 37, zum meist sächlichen Genus der Landschaften („das Düringen/ das Meissen“) und ihren Ausnahmen: „Die Schweitz/ die Schlesie/ die Lausnitz/ die Marck/ die Pfaltz/ die Moschkau/ die Lombardey/ und die andern so auf ein ey ausgehen.“ H, 32: „Von den Landschaften sagt man, die Schweitz, die Schlesie, die Lausnitz, die Marck, die Pfaltz, die Lombardey, die Tartarey.“ Schottelius: Ausführliche Arbeit (1663), 265f.: „Die Nahmen der Länder/ Stäte/ Flekken/ Dörffer [...] sind unbenamtes Geschlechtes“, wie „Frankreich“, „Engelland“, „Teutschland“, „Niederland“, „Spanien“, ausgenommen Bezeichnungen auf –schaft, die „allezeit weibliches Geschlechts“ sind.
23 D, 38: „Die Nenwörter auf ein in/ seind Mänliches geschlechtes/ als: der Sin/ der Gewin/ ausgenommen das Kin.“ Vgl. Schottelius: Ausführliche Arbeit (1663), 278f. (Geschlecht der Substantive, ausgehend auf –n).
24 Weder Buchner noch Gueintz in seiner „Andwort“ 400301 (K I 16) kennen die Gerste im männlichen Genus, wohl aber F. Ludwig in 400214 (K I 8). In D, 38 ist das Wort als Beispiel für die maskulinen Substantiva auf –e und –en offenbar getilgt. Genannt werden „der Galge/ der Galgen/ der Hauffe/ der Hauffen/ der Mage/ der Magen/ der Spate/ der Spaten.“ So auch H, 34. || [434] || [435] || [436] || [437] || [438]
25 Entsprechend korrigiert in D, 39; richtig auch in H, 35.
26 Dabei hatte Buchner den Fachterminus „Numerus“ soeben übersetzt: Zahl („beyden Zahlen“ für Singular und Plural). Vgl. Schottelius: Sprachkunst (1641), 267: „eintzele Zahl“ (Singular) und „mehrere Zahl“ (Plural).
27 Buchner plädiert in diesem Abschnitt, wie auch Gueintz, für die deutliche Numerus-Markierung der bestimmten Artikel im Genitiv bzw. Dativ Plural, d. h. zieht die pronominale Flexion vor, läßt aber die die Kasusendung verkürzende Gewohnheit auch gelten (Gen. deren/ derer > der; Dat. denen > den), die sich seit dem 16. Jahrhundert auch durchsetzte. F. Ludwig will die Beugung deren, derer eigentlich den Demonstrativ- [und Relativ]pronomina vorbehalten wissen (s. 400214 I u. K I 17), läßt beim Artikel aber dem Usus die Entscheidung, sodaß beides möglich bleibt. Vgl. auch T I ah. In seiner „Andwort“ will Gueintz die pronominalen Pluralformen des bestimmten Artikels beibehalten und die nötigen Erläuterungen im Abschnitt über die Pronomina anbringen, s. 400301 I (K I 23), vgl. auch H, 41ff. D, 45: „Geschlechtsendung [Genitiv, d. Hg.]/ Des tisches/ Derer tische. Oder gemeiner der tische/ Gebendung [Dativ, d. Hg.]/ Dem tische/ Denen tischen. Den tischen.“ Vgl. auch a. a. O., 46f. u. 57 (zu den Pronomen): „Man saget und schreibet auch in der über eintzigen zahl [Plural]/ der/ für derer/ den für denen/ ins gemein nur den/ als der Menschen schuld ist es/ für derer oder der: Aber wan es zeiget so ist besser derer und denen.“ Ebenso sah es Schottelius in seiner Sprachkunst (1641), 210, 213, 285f. u. 399, der aber in der Sprachkunst (1651), 380, 384, 479 u. 693f., und in seiner Ausführlichen Arbeit (1663), 536f., die erweiterte Form für die einzig zulässige halten sollte. Vgl. Takada, 179f.; Klaus Peter Wegera, Hans-Joachim Solms: Morphologie des Frühneuhochdeutschen. In: Sprachgeschichte. Handbuch2, 2. Tlbd., 1542–1554, hier 1551.
28 Auch F. Ludwig sah die Formen „Selbter“ und „Selbte“ für einen „Barbarismus“ an, s. 400214 I (K I 19), und Gueintz bestätigte dies in seiner „Andwort“ 400301 I (K I 26). D, 54: „Nach der gestalt wird zusammen gesetzet/ Jch/ Du/ Er/ mit selbst/ selber/ selbsten/ in allen geschlechten und endungen[;] Der/ mit selb/ ienige/ und selbige.“ Das -t- wurde also von Gueintz als überflüssig getilgt; so auch schon in H, 56. Die Schreibung ohne -t- auch in Schottelius: Sprachkunst (1641), 399f. u. 407f. und Schottelius: Ausführliche Arbeit (1663), 544 u. 537.
29 Die Beilage, auf die sich Buchner hier bezieht, ist verloren. Daß es wohl zunächst um die Kritik an willkürlicher Elision des /e/ gegangen ist, zeigt F. Ludwigs Anmerkung in 400214 I (K I 21). Bestimmte Ausnahmen, vor allem in Versen unter Kenntlichmachung der Elision durch Apostroph, sind aber zugelassen (s. ebd.). Auch Gueintz will in seiner „Andwort“ 400301 I (K I 27) die e-Elision keineswegs gänzlich verworfen wissen, eben weil sie gebräuchlich sei. Im Abschnitt über die Pronomen heißt es in D, 58: „Bißweilen wird das e in dem weiblichen geschlechte wie auch in der mehreren zahl ausgelassen/ so wol in Nenwörtern als Vornenwörtern/ wan ein selblaut nachfolget/ als: Er ist unser hülf und schild/ Psalm 33/26. Unser augen sehen nichts/ 4. Mos. 11/16. Doch ist es besser das es dabey stehe/ vornemlich in gemeinem schreiben. Euer versetzet bißweilen die buchstaben/ für eures/ euers/ für euern/ euren/ also auch unsre für unsere/ unser für unserer.“ Buchner selbst verteidigt den aktuellen Sprachgebrauch als sprachregulierenden Maßstab, wie auch F. Ludwig, a. a. O., wider Irrtümer der „alten ungegründeten gewonheitt“ und ebenso Gueintz in seiner „Andwort“, a. a. O. Schon in der Vorrede „An den Leser“ machte Gueintz deutlich, „daß der anfang nicht sey die volkommenheit“ (D, Bl. )(v v). Das gelte auch für die Sprachen (ausgenommen die adamitische des Paradieses). Vgl. die strikte Ablehnung grammatisch falscher e-Synkopierung im Gutachten von Justus Georg Schottelius, s. 400528 I (K I 21). — Buchners „Anleitung zur Deutschen Poësie“, auf die er oben verweist, kursierte damals nur in Abschriften unter seinen Schülern und auch unter Fruchtbringern, wie F. Ludwig und Diederich v. dem Werder (FG 31). Im Druck erschien sie erst postum 1661. Vgl. 390902 K 3. Die Relativierung althergebrachter Autorität betrifft vorab den Wortschatz, dessen ältere, aus dem Sprachgebrauch schwindende Prägun- || [439] gen allenfalls selten und mit Bedacht verwendet werden sollen, und die Stilistik, denn es „bestehet die Reinligkeit und Zierde einer hochdeutschen Rede zu foderst darauf/ daß man sich guter Meißnischer/ und itziger Zeit gebräuchlichen Wörter/ und Arten im Reden gebrauche“. (Maßgeblich ist das alte rhetorische Stilideal der puritas, die obscuritas und Barbarismen zu vermeiden hatte.) S. Augustus Buchners Anleitung Zur Deutschen Poeterey (Wittenberg 1665), 42, vgl. 42ff. Demgegenüber sah v. a. Schottelius bis hin zu seinem späten Sprachwerk des Horrendum Bellum Grammaticale (1673) Sprachusus und Sprachwandel als Verwirrung des ursprünglichen, idealen Regelwerks des Deutschen. Vgl. Markus Hundt: Die Instrumentalisierung der „Wortforschung“ im Sprachpatriotismus des 17. Jahrhunderts. In: Historische Wortbildung des Deutschen. Hg. Mechthild Habermann, Peter O. Müller, Horst Haider Munske. Tübingen 2002, 289–313, bes. 295 u. 299.
30 H, 70: „Kan, kunte, gekunt.“ Gueintz stimmte in seiner „Andwort“ 400301 I (K I 34) dem obigen Buchnerschen Vorschlag zu und ergänzte in D, 73, bei den Verben, die im Präsens-Wortstamm ein einfaches i haben, im Imperfekt („fast vergangene zeit“) und im Perfekt („vergangene zeit“) den Stammvokal auf „a/ o oder N“ (N Druckfehler für u) beugen und die Gueintz seiner dritten Konjugation zurechnet (vgl. Anm. 31). In dieser Gruppe erscheint auch „Jch kan/ ich kunte oder konte/ ich habe gekunt“. Schottelius: Sprachkunst (1641), 458: „Jch kan/ du kanst/ er kan/ wir können. Jch kunte oder könte/ du kuntest/ er kunte. gekunt/ unterweilen können.“
31 H, 70: „Tauge, tochte, getocht.“ Gueintz stimmte in seiner „Andwort“ 400301 I (K I 35) wiederum Buchners obiger Korrektur zu. In D, 73,wird in derselben Wortgruppe (wie in Anm. 30) auch angeführt: „Jch taug/ ich tochte/ ich habe getocht/ wird gesaget; Aber es ist besser daß e in der ersten [verenderung] bleibe/ Jch taugete/ und habe getauget.“ „Verenderung“ ist Gueintz’ deutscher Terminus für Konjugation, deren er vier unterscheidet. Die erste ist die Klasse der regelmäßigen oder schwachen Verben, die das Präteritum mit -t-Erweiterung bilden. S. a. a. O., 68ff. Schottelius: Sprachkunst (1641), 466: „Taug/ Taugen/ Tügen. Jch tauge/ du taugest/ er tauget/ wir tügen. ich tochte/ du tochtest/ getocht.“
32 H, 62: „ich bekenne, ich habe bekant“, und 71: „kenne, kennete und kante“. Gueintz geht in seiner „Andwort“ 400301 I auf den obigen Vorschlag Buchners nicht ein. D, 73, in der Gruppe der Verben im Präsens-Wortstamm auf „en“, die in Imperfekt und Perfekt auf Stammvokal a konjugieren (auch diese gehören in Gueintz’ dritte Konjugation): „Jch bekenne/ ich bekante/ ich habe bekant/ und dan auch in der ersten [„verenderung“]/ Jch bekennete/ ich habe bekennet“. Buchners Kritik wurde im Druck also als Alternativform berücksichtigt. Reserven gegenüber dem Hochdeutschen und Meißnischen, wenn auch aus einer Hochschätzung des Niederdeutschen heraus, läßt Schottelius erkennen: „Jch verstehe aber allhie [unter der deutschen Sprache, d. Hg.] die Hochteutsche Sprache/ oder die Mundart/ welche zwar die Hochteutschen/ sonderlich aber das Teutsche Reich selbst/ in den Abschieden/ in den Cantzeleyen und Trückereyen bißhero annoch gebraucht/ und vor langen Jahren her gebrauchet hat. Die NiederSächsische/ wie auch die Niederländische Mundart komt dem rechtē Grunde/ und uhrsprünglichem Wesen offt näher/ als das Hochteutsche/ ist auch fast an Wörterē reicher und nicht weniger lieblich. Aber weil die Hochteutsche Mundart communis Germaniæ Mercurius ist/ auch die beste Zier und meistbewegende Krafft hieselbst verhanden/ ja die Teutsche Natur jhre lieblichste vollenkommenheit darinn ersehen/ richten wir uns numehr in gantz Teutschland darnach.“ Eine lat. Anmerkung hält dazu fest, die Meißner sollten nicht glauben, nur in ihrem Dialekt bestünden die Wurzeln und die Reinheit der deutschen Sprache. Schottelius: Sprachkunst (1641), 177. Ähnlich kritisch auch die Ausführliche Arbeit (1663), 158f.
33 In seiner „Andwort“ 400301 I (K I 38) nahm Gueintz die Anregung Buchners, „bevorab“ und „zumal“ unter die Adverbien der „Absonderung“ aufzunehmen, an. D, 89, zu den Bey- oder Zuwörtern (Adverbien) der „absonderung“, „als: Sonderlich/ besonders/ beyseits/ einfach/ zweyfach/ dreyfach/ mancherley/ einfältig/ zweyfältig/ dreyfältig/ son- || [440] derbarlich/ anders/ allein/ nur/ insonderheit/ fürnemlich/ bevorab/ zumal.“ Vgl. H, 78, ohne Buchners Ergänzungen.
34 In seiner „Andwort“ 400301 I (K I 39) stimmte Gueintz Buchners Ergänzungsvorschlag zu und führte ihn in D aus. D, 95, zu den Bewegewörtern (Interjektionen) der „Heucheley/ als: Ey/ ey; So/ so/ so; Da/ da/ da: (welches man auch in dem verhöhnen braucht).“ H, 83: „Ey, ey, ey; so, so, so, <Da, da, da>“. Schottelius: Sprachkunst (1641), 514 u. 517f., subsumierte die „Zwischenworte“ (Interjektionen) unter die Adverbien. Die Sprachkunst (1651), 841, behandelte sie knapp in einem gemeinsamen Kapitel mit den Fügewörtern (Konjunktionen), während die Ausführliche Arbeit (1663), 666f., sie als selbständige Wortart anerkannte, ihnen ein eigenes Kapitel widmete und sie in verschiedene semantische Klassen gliederte, darunter die Klasse der „Deridendi, jemand auszuhöhnen/ äx, äx: Schab-ab/ o recht/ o da!“
35 Gueintz stimmte dem Versetzungsvorschlag Buchners in seiner „Andwort“ 400301 I (K I 40) zu und nahm die Fügungen „Pfuy dich“ etc. in das 2. Buch (über die Syntax, 13. Kap. „Von der unterschiedenen endannemung der Bewegewörter“, auf, s. Anm. 44. D, 95, zu den Interjektionen „Des Eckels/ als: Pfuy, pfuy.“ H, 83: „Pfui, pfy! brr.“ Vgl. Schottelius: Sprachkunst (1641), 514 u. 517f.; Sprachkunst (1651), 841; Ausführliche Arbeit (1663), 666, Interjektionen der Klasse „Abominantis, Abscheu und Ekkel andeutende/ als: Pfu/ pfui/ pfi/ tfi/ tfu/ ay/ ey/ päh/ bäh/ äh!“ Eine Syntax oder „kunstmessige Fügung“ des „Zwischenworts“ wird von Schottelius nirgendwo geboten.
36 Gueintz wollte in seiner „Andwort“ 400301 I (K I 41) die von Buchner für die Liste der Interjektionen des Drohens vorgeschlagenen Partikel „halt“ und „gelt“ nicht als Interjektionen akzeptieren, sondern sah in ihnen einen Imperativ des Verbums „halten“ und die dialektal geprägte 3. Pers. Sg. Indikativ („es gildt“) von „gelten“. D, 95, zu den Interjektionen des Drohens „als: Weh/ harr/ harre/ halt/ halt.“ H, 84: „Weh, Harre, harre.“ Vgl. Schottelius: Ausführliche Arbeit (1663), 667, Interjektionen der Klasse „Minantis, andröende/ weh dir! warte/ warte: ich wil dir! ich schenkes nicht/ nu!“
37 Buchners Ergänzungsvorschlag, „leider“ unter die Interjektionen des Beklagens aufzunehmen, akzeptiert Gueintz in seiner „Andwort“ 400301 I (K I 42). D, 95, zu den Interjektionen des Wünschens, „als: Ach/ o“. Ebd., zu den Interjektionen des Trauerns oder Klagens, „als: Ey/ ey/ ach/ auwe/ Zeter/ mordio/ leider.“ H, 84, hatte nur: „ey, ey, ach, awe, zeter, mordio.“ Schottelius: Ausführliche Arbeit (1663), 667, zu den Interjektionen der Klasse „Dolentis, beklagende/ o weh/ ach weh/ ach leider/ ach/ ach! zeter!“
38 Gueintz hielt an seiner Übersetzung des Terminus ,Syntax‘ fest und kam auch nicht auf F. Ludwigs Vorschlag „Wortt ordnung“ (s. T I ay) zurück. Vgl. 400301 I (K I 43). D, 96: „DJe Wortfügung ist ein theil der Sprachlehre/ von der wörter zusammenfügung. Man kan es auch nennen wortstellung.“ Vgl. auch das latein./ dt. Glossar der grammat. Fachausdrücke, ebd., 125: „Syntaxis, Die Wörterfügung oder wortstellung“. In H, 85, nur „Wortfügung“. Ebenso Schottelius: Sprachkunst (1641), 181: „Die Wortfügung ist eine kunstmessige Gewißheit/ die Wörter recht und wol zusammen zufügen/ umb/ eine gantze Meynung und versamlete Rede zu machen.“ Vgl. auch 553ff.
39 Gueintz übernahm Buchners Hinweis. Vgl. 400301 I (K I 44). D, 97f., zu den Adjektiven („beystendige Nenwörter“), die den Substantiven („selbständige Nenwörter“) vorangestellt werden, wie „Ein gelehrter Mann. Eine wichtige Sache. Verständige Reden“ usw. „Das man aber ins gemeine nach alter gewonheit saget Vater unser/ ist nach dem Hebräischen/ Griechischen und Lateinischen längst vor Lutheri zeiten gebreuchlich gewesen. Wie Gesnerus zeiget in Mithridate/ doch zu keiner nachfolge in andern [Fällen]. Sonsten in des Lutheri Deutschen Bibel stehets wie gebreuchlich/ Unser Vater. Matth. 6.9 Luc. 11. 2.“ Gueintz verweist auf Konrad Gesners kleine Sprachenzyklopädie, die die Verschiedenheit der Sprachen anhand des Vaterunsers und dabei auch die syntaktische Abhängigkeit der deutschen Übersetzung von der lateinischen Version „Pater noster qui es in coelis“ — in der Tat schon in der Nachstellung des Possessivpronomens „unser“ — de- || [441] monstrierte: Mithridates. De Differentiis Lingvarvm Tvm Vetervm tum quae hodie apud diuersas nationes in toto orbe terrarum in usu sunt (Zürich 1555; Neuausgabe Conrad Gessner: Mithridate. Mithridates [1555]. Introduction, texte latin, traduction française, annotation et index par Bernard Colombat et Manfred Peters. Geneve 2009). In der 2. Ausgabe erschienen als: Mithridates Gesneri, exprimens differentias linguarum, tum veterum, tum quae hodie, per totum terrarum orbem, in usu sunt/ Caspar Waserus recensuit et libello commentario illustravit (Zürich 1610). HAB: 53. 6 Gram. Der ganze „Vater unser“-Passus fehlt in H. Vgl. Jürgen Trabant: Mithridates im Paradies. Kleine Geschichte des Sprachdenkens. München 2003, 117ff. — Auch Schottelius plädiert für die einzig regelgerechte Voranstellung des Possessivpronomens. Schottelius: Sprachkunst (1641), 396 u. 594: „DAs Vornennwort muß mit seinem Nennworte gleiches Geschlechtes/ gleicher Zahl und Zahlendung seyn/ und allezeit vor demselben hergehen“ (594). Gleichfalls in Ausführliche Arbeit (1663), 730.
40 Infinite Verbform (Infinitive, Partizipien). Vgl. D, 67 u. 124.
41 Finite (flektierte) Verbform. Vgl. D, 66 u. 124.
42 Gueintz übernahm Buchners Ergänzung und fügte sie verkürzt seinen Ausführungen über die „Vorwörter“ (Präpositionen) und die von ihnen regierten Kasus an. D, 108f.: „Nach den Zeitwörtern [Verben, d. Hg.] wird in unendiger weise vorgesetzet An und Weg/ in der geendeten weise nach/ als: Er ist ankommen/ Er ist weg kommen.“ Vgl. 400301 I (K I 46); Schottelius: Sprachkunst (1641), 446 (zu den zusammengesetzten Verben) u. 631 (zur Syntax der Präpositionen) und Ausführliche Arbeit (1663), 747ff.
43 „Klagendung“ meint bei Buchner und Gueintz den Akkusativ, „Gebendung“ den Dativ, „Geschlechtsendung“ den Genitiv. Dieselben Termini auch bei Schottelius: Sprachkunst (1641), 210 u. ö. H, 39: „Besitzendung“ oder „-fall“ für Genitiv.
44 D, 115 (13. Kap. des 2. Buchs: „Von der unterschiedenen endannemung der Bewegewörter“): „Pfuy wird mit der geschlechts und klagendung gebraucht; Pfuy des unflats/ pfuy dich/ pfuy dem Menschen [sic!].“ Vgl. Anm. 35 u. 400301 I (K I 47). Im Glossar wird das „Kunstwort“ „endannemung“ nicht erklärt und auch im Text nicht erklärend eingeführt. Gemeint sind Ergänzungen (des Verbs, der Präposition, hier der Interjektion) mit Objekten, deren Kasus ein- oder mehrfach regiert wird, im vorliegenden Falle „Pfuy“: Ergänzung mit Genitiv- wie Dativobjekt. Jedoch beinhaltet der Begriff nicht nur die bloße Kasusrektion, sondern „ein umfassendes Regelbündel für das grammatisch-logische Gelingen eines Satzes“ einschließlich pragmatisch-kommunikativer Funktionen. S. Yoshihiko Nishimoto: Zum Begriff „endannemung“ in der Grammatik von Ch. Gueintz. In: Gesellschaft, Kommunikation und Sprache Deutschlands in der frühen Neuzeit. Studien des deutsch-japanischen Arbeitskreises für Frühneuhochdeutschforschung. Hg. Klaus J. Mattheier, Haruo Nitta u. Mitsuyo Ono. München 1997, 279–286, hier 286. Ein entsprechendes Kapitel zur syntaktischen Konstruktion von Interjektionen fehlt in Schottelius: Sprachkunst (1641), Sprachkunst (1651) und in der Ausführlichen Arbeit (1663).
45 D, 119f.: „in theilungen und gegensätzigen kan man das Semicolon/ ein strichlein und ein tiplein gebrauchen/ doch ist das noch nicht im gebrauche. Ein strichlein mit einem pünctlein ist bey den Deutschen nicht gebrauchet worden. Bey den Lateinischen wirds so (;) gemacht“. Im Deutschen könne man aber auch die Virgel („zwergstrichlein“) dafür verwenden, nach der in solchen Fällen allerdings ein Großbuchstabe zu folgen habe. Beispiel: „Also hatt Gott die Welt geliebet/ das alle/ die an ihn gleuben/ nicht sollen verloren werden/ Sondern das ewige leben haben.“ Das Semikolon könne aber sehr wohl im Deutschen eingeführt werden, v. a. zur Markierung von „theilungen und gegensetzigen“. H zeigt eine Erklärung, wie sie von Buchner verbessert wurde. H, 168: „Ein strichlein mit einem punct wird bey den deutschen nicht gebraucht. Bey den Lateinischen wirds so (;) gemacht. Man braucht aber bey den Deutschen an deßen stadt ein zwerchstrichlein (/), doch also das nach demselben ein großer buchstabe folge . [...] Selig sindt die friedfertigen/ Den sie werden Gottes kinder heissen. Matth. 5,9.“ Schottelius: Sprachkunst (1641), 525 u. 527f., kennt || [442] das „Strichpünctlein“ (Semikolon) in einer ähnlichen satzlogischen Verwendung zur Kennzeichnung einer größeren Unabhängigkeit des Folgesatzes als beim Komma; s. auch Ausführliche Arbeit (1663), 669: „Das Strichpünctlein/ Semicolon/ hat [...] seine Stelle in der Rede/ wenn der Sinn zwar noch nicht unvollkommen ist/ aber dennoch einen kleinen Jnhalt/ und mehrere Ruh/ als durch den Beystrich [d. i. Komma, d. Hg.] geschehen mag/ erfodert/ als: Wer nicht bezahlen wil/ was er mit recht schuldig ist; der muß hernach mit Recht bezahlen/ was er nicht schuldig ist“.
46 Gueintz übernahm Buchners kritischen Hinweis. D, 121 (im Abschnitt über Satzzeichen): „Buscherus gedencket auch eines Semicommatis, aber es gehöret zum Semicolo, damit ein Wort einer unvolkommenen ausrede/ das dem nechstfolgenden sol zugesetzet werden von den andern wird unterschieden/ als: Der/ so sich was düncken lesset/ ist nichts.“ Der Verweis auf Buscher und sein Semicomma fehlt in H. — Heinrich Buscher (1578–1660) unterschied in seiner GRAMMATICA LATINO-GERMANICA. Das ist/ Die Lateinische Sprachkunst mit Teutschen præceptis beschrieben (o. O. 1634), 279 (HAB: P 843. 8° Helmst.) acht Satz- oder Interpunktionszeichen: „Comma, Semicomma, Colon, Semicolon, Punctum: Nota Interrogationis, Nota Exclamationis, Parenthesis“. „Semicomma ist ein strichlein also [/] gezeichnet/ damit ein wort einer unvollkommenen außrede/ das dem nachfolgenden solle zugesetzet werden/ wird unterscheiden. [...] Est/ aliquid quisquis se putat esse, nihil. Der ist/ so sich etwas düncken läßt/ nichtes.“ Vgl. auch Jellinek: Nhd. Grammatik I, 126.
47 Buchner präzisiert hier den schon von Gueintz (in seiner verschollenen Beilage Nr. 2, vgl. hier Anm. 5) eingebrachten Vorschlag, die verdeutschten grammatischen Fachausdrücke mit ihren griech. oder latein. Ausgangstermini zusammenzustellen, im Sinne eines zweifachen alphabetischen Glossars. In D, 122–125, findet sich lediglich eine der Anlage des Werkes folgende, also nicht alphabetische, sondern systematische, dabei allerdings unvollständige Liste latein. Fachtermini mit ihren deutschen Übersetzungen. Eine systematische Ordnung der Fachwort-Liste hatte F. Ludwig vorgeschlagen, s. 400214 I (K I 30), vgl. 400301 I (K I 48). Schottelius verteidigt in seiner Sprachkunst (1641), 15, 17f. u. 281f. seine dt. grammatischen Fachtermini („Kunstwörter“), bringt aber erst in der Sprachkunst (1651) im Anhang, Bl. Rrr v v –Rrr viij v, eine ebenfalls systematisch geordnete Liste der dt.-lat. grammatischen Fachtermini. Vgl. auch das Grammatik-Stemma und das Fachwortglossar in der Ausführlichen Arbeit (1663), 1460ff.
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