Text

400314 Christian Gueintz an Fürst Ludwig
[Inhaltsverzeichnis]
|| [484]

400314

Christian Gueintz an Fürst Ludwig


Antwort auf 400313. — Christian Gueintz (FG 361. 1641) rühmt erneut die Sorgfalt, mit der F. Ludwig die Aufwertung der deutschen Sprache betreibe und erklärt seine Bereitschaft zur Mitarbeit, soweit es seine Amtsverpflichtungen zuließen. Demzufolge werde er baldmöglichst seine Anmerkungen in der Bibel F. Ludwig zusenden; sie könnten gesondert gedruckt werden. — Er habe dem Fürsten (Adam Puschmans Bericht über) die Meistergesänge nur geschickt, um die frühere Hochachtung der deutschen Sprache zu dokumentieren. Zur Reimkunst habe er etwas entworfen, das er seinem Brief an F. Ludwig ebenso beilege wie seinen geänderten Dialog, den der Fürst einer kritischen Durchsicht würdigen möge.

Beschreibung der Quelle


Q HM Köthen: V S 545, Bl. 137rv u. 153rv [A u. Empfangsvermerk: 153v], 137v u. 153r leer; Schreiberh. mit eigenh. Schlußkurialie u. Empfangsvermerk von F. Ludwigs H. [Handschrift: [Bl. [137r]] || [485] — D: Leicht gekürzt in KE, 245f. und danach in KL III, 156f. — BN: Bürger, S. 634 Nr. 3.

Anschrift


A Dem Durchläuchtigen hochgebornen Fürsten vndt herrn, herrn Ludwigen Fürsten zu Anhalt, Grafen zu Ascanien, herrn zu Bernburg vnndt Zerbst etc. Meinem gnedigsten Fürsten vndt Herrn.
Darunter Empfangsvermerk von F. Ludwig: Eingeben 16 Mertzen 1640.

Text


Durchläuchtiger, Hochgeborner Fürst, Gnädigster Herr.
E. F. Gn. Sorgfalt in Erhebung vnser deutschen Sprachen giebta wie andern verwunderung, also neben der, mir auch Anlaß meinen gehorsamen Fleiß, so viel alß von Ambtsgeschäfften Jch abbrechen kan, zueerweisen, vnndt in allen, wo möglich, dero Befehl nachzukommen. Deßwegen dann Jch auffs eheste was in der Bibell auffgemerckt vnterthänigst v̈berschicken will, könte zur Nachricht absonderlich gedruckt werden.1 Von den Meister Gesängen, so Jch in vnterthänigkeit v̈bergeben laßen,2 ist alles dahin gesehen, daß man vorzeiten auch die deutsche Sprach hochgehalten. Sonsten hab Jch was von der deutschen Reimkunst laßen auffsetzen, davon beyliegend ein entwurff,3 wie auch beygelegte Vnterredung4 von mir geändert. Wann E. F. Gn. die gnädigst durchsehen, vnndt Jhr hohes Guthachten mir zurück senden, wirdt es entweder verbeßern, oder verwerffen,

   E. F. Gn. unterthenigerb Christian Gueintzius

Hall den 14 Mertzens 1640.c

Textapparat und Kommentar


Textapparat
T
a Ergänze: mir
b Ab hier eigenhändig von Gueintz.
c Auf dieser Seitevon späterer H. (Gottlieb Krause) der Bleistifteintrag: Facsimile zum Titelblatt von Abschnitt VII.5

Kommentar
1 Nur im Entwurf hatte Christian Gueintz (FG 361. 1641) mit 400301 nicht näher kenntlich gemachte Anmerkungen „in der Bibel“ F. Ludwig zugesandt und eine Reinschrift derselben angekündigt, deren Erhalt F. Ludwig in 400313 erwartete. Vermutlich handelt es sich um eine Stellungnahme Gueintz’ zur sprachlichen Revision der Luther-Bibel durch Hz. August d. J. v. Braunschweig-Wolfenbüttel (FG 227). Vgl. 391217 u. I u. K I 0.
2 Die leise Rechtfertigung, mit der Gueintz die mit seinem Brief 400301 erfolgte Übersendung von Adam Puschmans Gründlichem Bericht des deutschen Meistergesangs (erstmals Görlitz 1571) begründet, ist als Reaktion auf F. Ludwigs kritische Einwände zur fehlerhaften Grammatik und Metrik der Meisterlieder in seinem Schreiben 400313 zu verstehen, dem das an Gueintz wieder zurückgesandte Werk beilag. Vgl. 400301 K 7.
3 Demnach könnte Gueintz, wie vor ihm schon Augustus Buchner (FG 362. 1641; vgl. 391119 u. II), kritische Anmerkungen zu F. Ludwigs gereimter Poetik Kurtze Anleitung Zur Deutschen Poesi oder Reim-Kunst (Köthen 1640), die ihm der Fürst anscheinend mit 400313 zugesandt hatte, vorgelegt haben. Allerdings läßt die Kürze der zur Beantwortung (und Durchsicht) verfügbaren Zeit (400313 > 400314) eher die Annahme zu, Gueintz habe bereits vordem verfertigte eigene Überlegungen zur Reimkunst bei dieser Gelegenheit überschickt. Dafür spricht auch, daß F. Ludwig Gueintz’ Poetik-Versuch an Diederich v. dem Werder sandte (vgl. 400506 u. 400514). Die Vermutung, daß Gueintz dem Fürsten eine eigene Poetik vorlegte, wird gestützt von F. Ludwigs späterer Aussage (1644/45?; HM Köthen: V S 545, Bl. 261r–266v; KE, 301ff.): „Sonsten wil dafür gehalten werden, das man in allerley art Versen, wie sie bey den Lateinern gebreuchlich auch in Deutsch, doch || [486] auf Reimen art schreiben könne, wie solches unterschiedene die von der Deutschen Poesi geschrieben, ausweisen, als Opitz, Buchner und Guenzius, die beyden letzten aber dürften noch nicht volkommen heraus sein“. KE, 304f. Vgl. 400313 K 4.
4 Es handelt sich um [Christian Gueintz:] ECLOGA | oder | Gespräch | zweyer Hirten/| nemlichen des Damons vnd Coridons/| Vom | Krieg vnd Friede. | Gehalten zwischen etlichen Eichen im Jahr | 1639. 4° 8 Bl. HAB: 171.42 Quod (27) u. 202.79 Quod (42); vgl. VD17; WDB. Der Verfasser zuerst identifiziert in Conermann III, 416. F. Ludwig muß den Dialog an Diederich v. dem Werder (FG 31. Der Vielgekörnte) weitergeleitet haben, denn der vermutet in seinem Schreiben 400502, Rudolf v. Dieskau (FG 155. Der Niedrige) sei der Verfasser „des gesprächs der beyden hirten“. Vgl. 380220 u. 390114 K I 0. In 400506 belehrt ihn F. Ludwig, das „gesprech des soldaten und hirten ist von dem Niedrigen nicht, als der Vielgekörnte gemutmassett sondern von dem jehnigen verfertigett, dessen auffgesetzte deutsche Poesi er noch in handen“. Mit 400514 wird Werder „Das Gespräch Damons vndt Corytons“ F. Ludwig wieder zurücksenden. — Eine stark überarbeitete, dabei auch gekürzte und in ihren sozialkritischen Spitzen deutlich zurückgenommene zweite Ausgabe: Krieges-Discours | Zweyer Schäffer | Damon vnd Corydon | Sambt angehengten | Friedens-Seufftzer auß dem 85. Psalm | Durch einen | Friedliebenden | Zum Druck befördert im Jahr | 1640. | [Linie] | Gedruckt bey Peter Schmieden. Württ. LB Stuttgart: HBK 502. 4° 6 Bl. Der angehängte „Friedens-Seufftzer“ nach Ps. 85 fehlt in der Erstausgabe und bestärkt die im Text ergehende Mahnung zu gottergebener Geduld durch die Anrufung von Gottes Gnade in der wohlverschuldeten Strafe, auf „Das reiche Gütigkeit entgegen geh der Trew;| Daß Fried vnd rechtes Recht sich immer freundlich küssen/| Das Warheit/ Lieb und Huld auff Erden blühen müssen/| Auff das Gerechtigkeit schaw von des Himmels Thron“. Biblia (Luther 1545), Ps. 85, V. 11f.: „Das Güte vnd Trewe einander begegen/ Gerechtigkeit vnd Friede sich küssen. Das Trewe auff der Erden wachse/ Vnd Gerechtigkeit vom Himel schawe.“ Eine Anlehnung daran auch in Hille, Bl. )( )( iij r. Bei Peter Schmied/ Petrus Faber in Halle a. d. S. ließ Gueintz in den 30er u. 40er Jahren des 17. Jhs. zahlreiche seiner Werke drucken.
5 Bezieht sich auf KE, 241: Zwischentitelblatt zu Abschnitt VII: „Schriftwechsel des Ordnenden [Gueintz] mit dem Nährenden.“ Es zeigt u. a. tatsächlich Gueintz’ Unterschrift des vorliegenden Briefes im Faksimile.
Seite drucken

XML: http://diglib.hab.de/edoc/ed000218/briefe/400314.xml
XSLT: http://diglib.hab.de/edoc/ed000218/tei-transcript.xsl