2 Opitz’ Ausgabe des Annolieds,
Opitz:
Anno (1639), s. 390121A K 5. F. Ludwig hatte Augustus Buchner (FG 362.
1641) in 400214 versprochen, ihm sein Exemplar zu senden, || [
491] sobald er das an
Friedrich Hortleder (FG 343), wie der vorliegende Brief zeigt, verliehene Werk
zurückerlangt haben werde.
3 Johannes Freinsheim (1608‒1660), der Schwiegersohn des
Opitz-Freundes Matthias Bernegger, lebte damals in Straßburg. Er folgte 1642 als
Professor der Politik und Redekunst einem Ruf an die Universität Uppsala und
wirkte 1648‒1650 als schwed. Hofbibliothekar und Hofhistoriograph. Freinsheim war
Mitglied der Straßburger „Auffrichtigen Gesellschaft von der Tannen“:
[Titelkupfer:] Teutscher Tugentspiegel oder Gesang von dem Stam̄en
und Thaten deß Alten und Newen Teutschen Hercules. An den Durchleuchtigen
Hochgebornen Fürsten und Herren/ Herren Bernharden/ Hertzogen zu Sachsen Gülch
Cleve und Berg/
etc. Getruckt zu Strasburg, Jm Jar
M.DC.xxxix. 2° 32 Bl. HAB: 132.1 Quod. 2° (1); Lo 4° 44; 95.6 Quod. 2°(2). Vgl.
ADB VII, 348f.;
Reifferscheid,
960 u. ö.;
Bircher/ Palme I, 94 u. II, 324; Monika Bopp:
Die „Tannengesellschaft“: Studien zu einer Straßburger Sprachgesellschaft von 1633
bis um 1670. Frankfurt a. M. 1998, 329ff. u. 443. Das Titelkupfer der Lobschrift
stellt neben Herkules u. a. Arminius und Widukind als Schildhalter dar, bietet
auch eine Ansicht der Eroberung Breisachs. Vgl. 390800 K 1 u. K 6. Dem Lobgedicht
im Carmen Heroicum bzw. in der „Heldenartt“, das in „Vierzeilige gesetze“
(Quatrains) (s. 391119 I Str. 6) gegliedert und mit Marginalnoten versehen ist,
geht eine lat. Widmung an den (bald darauf gestorbenen) Hz. Bernhard v.
Sachsen-Weimar (FG 30) voraus. „Das mit reichen historischen Marginalien versehene
Werk dokumentiert die nationale Adaption humanistischer Formen u. die Rückwendung
zu ,altdeutscher’ Literatur (humanistische Tacitusexegese, Otfrid, Freidank).“
Wilhelm Kühlmann, Art. Freinsheim. In:
Literatur-Lexikon
III, 514f. Zum Einfluß von Otfrids Evangelienbuch auf Opitz’ Ausgabe des Annolieds
und zur im 16 Jh. einsetzenden neuartigen gelehrten dt. Philologie vgl. auch
Norbert Kössinger: Otfrids Evangelienbuch in der frühen Neuzeit. Studien zu den
Anfängen der deutschen Philologie. Tübingen 2009, insbes. 162, 171 u. 180.
Freinsheims Dichtung ist demnach neben die
Annolied-Ausgabe
von Opitz (s. Anm. 2) zu stellen, mit der sich damals F. Ludwig und Hortleder
beschäftigten. Das Gedicht, reich an historischen und geographischen Erklärungen,
feiert Bernhard als „rechten Musenfreund“ und Beschützer der „Teutschen Freyheit
Recht“ gegen die anmaßenden „Tyrannen“ (Bl. [L ii]r u. [C ii]r), lobt seine
Tapferkeit, Klugheit, Tugend und Friedensliebe und übt sich in antipäpstlicher
Pfaffenschelte (vgl. Bl. Kr f.). Die deutschen Fürsten, heißt es, seien ihren
Kaisern „allzeit trew“ gewesen, verlangt „Doch daß dem Teutschen Reich ein Kayser
auch so sey“ (Bl. K [i] v). Da dies in gegenwärtigen Zeiten leider vermißt werde,
sei König „LVDWIG der Gerechte“ zu preisen: „Er wirdt mit allem ernst die
vnderdruckte schützen/ | Er wirdt ein guter Freund deß Grossen BERNHARDS sein/ |
Vnd ein getrewer Hort der Teutschen in’s gemein/ | Vnd jhre gute sach’ auff’s
trewlichst vnderstützen.“ (Bl. [Jii]r). Auffällig sind Umfang und Intensität, mit
denen eine Heirat und Dynastiegründung Bernhards gewünscht und in Form einer
Prophezeiung der Calliope gegenüber Herkules ausgeführt werden (Bl. [L ii]r f.).
Erstaunlich für ein Mitglied der Tannengesellschaft ist aber auch die profranzös.
Haltung. Vgl. 390800: „Kurtze Lobsprechende Beschreibunge Vber den
ChristRühmlichen Hintritt Herren Herren Bernhardts Hertzogen zu Sachsen Obristen
Feldtherrens“ und die zwei dort folgenden Gedichte. Die „Lobsprechende
Berschreibunge“ ist auch in der Heldenart geschrieben, jedoch paarreimig wie in
391119 I Str. 6. Freinsheim dürfte nicht der Autor beider Dichtungen sein, da
seine Verse deutlich weniger gewandt als die des Anonymus in 390800 sind. Die
Alternation wirkt gelegentlich zurechtgebogen (Bl. [A ij] r: „Mit thewr-erworbnem
Lob’“); häufiger Metaplasmus widerspricht Opitz’ Prosodie (a. a. O.: „Hochgeborner
Fürst vnd Helde“; „ein solches liede“; [A iiij] r: „auß stoltz vnd freuelem
vertrawen“); mundartliche obd. bzw. elsäss. Flexion (A ii r: „ist kummen“, A iij
v: „gegunt“) ist bezeichnend, wenn auch selten bei Freinsheim. Dieser Befund stößt
auch in F. Ludwigs Brief an Hortleder auf Kritik.