Text

400323 Fürst Ludwig an Herzog August d. J. von Braunschweig-Wolfenbüttel
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400323

Fürst Ludwig an Herzog August d. J. von Braunschweig-Wolfenbüttel


Wie in 400218 angekündigt, legt F. Ludwig Hz. August d. J. v. Braunschweig-Wolfenbüttel (FG 227) seinem Brief eine Reinschrift der (bereits in Wittenberg kritisch durchgesehenen) deutschen Sprachlehre (von Christian Gueintz, FG 361. 1641) mit dem Wunsch bei, Hz. Augusts Urteil darüber zu vernehmen. Es empfehle sich auch, eine Expertise des sprachkundigen und in grammatikalischer Arbeit erfahrenen Balthasar Walthers einzuholen. Der Druck der Sprachlehre werde auf jeden Fall bis zum Eintreffen der beiden Urteile aufgeschoben. — Desgleichen fügt F. Ludwig seine Kurtze Anleitung zur Deutschen Poesi (1640) bei. Der Alexandrinervers der Heldenart werde dort behandelt, nicht aber der daktylische und anapästische Vers. Wenn Hz. August es wünsche, werde ihm F. Ludwig auch || [495] gern seine Mustergedichte zur Anleitung in Abschrift übersenden. Auch zu dieser Arbeit wäre F. Ludwig an Hz. Augusts und Balthasar Walthers Urteil gelegen. — Hz. August möge sich noch zu F. Ludwigs Schreiben 400218 (wegen anteiliger Finanzierung eines neuen, mit Impresenstichen illustrierten Gesellschaftsbuches der FG) erklären, damit F. Ludwig dem Kupferstecher den von diesem mit Ungeduld erwarteten Auftrag erteilen könne.

Beschreibung der Quelle


Q HAB: Cod. Guelf. 3 Noviss. 2°, Bl. 63r–64v [A: 64v], 63v u. 64r leer; eigenh., rotes Lacksiegel. — BN: Giermann, 2.

Anschrift


A Dem Hochgebornen Fürsten, Herrn Augusten, Hertzogen zu Braunschweig vnd Lüneburgk &c. Vnserm freundlichen lieben Herrn Oheimb vnd Schwagern &c. Zu S. Ld. Handen.

Text


Hochgeborner fürst, freundlicher vielgeliebter herr Ohem und schwager, der vertröstung so ich EL. vom 18 abgewichenes monats in meinem schreiben gethan,1 zufolge, überschicke ich E.L. hiermitt die deutsche Sprachlehre, so ich wieder erlanget, ins reine abgeschrieben, und soll mir sehr lieb und angenehm sein, E.L. hochverstendiges urtheil darüber zuvernehmen.2 Wolte auch gebetten haben, wo ferne es EL nicht zu wieder, das h. Balthasar Walter drüber möchte vernommen werden, deme dan die beste aussprache und schreibens artt bekant, und er für diesem in dergleichen sachen nicht weinig mitt ruhm gearbeitett.3 Sie soll auch nicht ehe dem Drucke untergeben werden, bis diese bedencken wieder einkommen.
  Eine kurtze anleitung zu der deutschen Poesie oder Reimekunst habe El. ich zugleich beylegen wollen,4 darinnen die beste und nicht unbillich also genante Helden art mitt begriffen; die Dactilische und Anapestische art, wie sie genennet ist, und von etzlichen geübet wird, ist nicht darbey,5 Aber dieser unterschiedene Muster seind auch verfertiget, und können EL., da sie solche begehren, auch abschriftlich überfertige[t]a werden. Jch werde EL. hochvernunftiges urtheill gar gerne auch drüber vernehmen, und soll mir lie[b]a sein, das sie h. Walter auch sehen möge.
  E.L. wüntsche ich nechst allen den fürstlichen angehörigen Gottes täglichen beystandt, und alles ersprießliche wollergehen, erwarte ihre erklerung über obgemeldtes mein schreiben, angehende das Kupfferstechen, weil der meister umb gewisheitt anhelt,6 und sonsten anderswo arbeitt annehmen will, und verbleibe

  E.L.
  Stets gefliessener treuwilliger Ohem, schwager und diener
  Ludwig fzu Anhalt

Cöthen den 23. des Mertzen 1640.

Textapparat und Kommentar


Textapparat
T
a Papierausriß am Rand.

Kommentar
1 S. 400218.
2 Die Beilage und andere Abschriften des Manuskripts zu Gueintz: Sprachlehre(1641) aus diesem Zeitraum konnten nicht ermittelt werden. Vgl. zur Handschrift einer früheren || [496] Fassung einer deutschen Sprachlehre aus dem Kontext der ratichianischen Köthener Grammatiken 391217 K 11. Nachdem Augustus Buchner (FG 362. 1641) unter Beipflichtung seines Wittenberger Kollegen Jacob Martini sein Urteil über die ihm zur Durchsicht handschriftlich vorgelegte deutsche Sprachlehre von Christian Gueintz (FG 361. 1641) F. Ludwig mit 400122 eingereicht hatte, geht mit vorliegendem Brief eine von Gueintz nochmals überarbeitete Fassung der Sprachlehre (vgl. 400301 u. 400313) Hz. August d. J. v. Braunschweig-Wolfenbüttel (FG 227) zu, wiederum verbunden mit der Bitte um Kritik. In diese Durchsicht sollte nach dem Wunsch F. Ludwigs auch Balthasar Walther einbezogen werden. Dies scheint auch zumindest initiiert worden zu sein, wie Hz. August in einem verlorenen Schreiben an F. Ludwig vom 12. 4. 1640 angedeutet haben muß, s. 400605. Vgl. zuletzt 391217 K 10, 400122 Ti u. 400218, insgesamt 390114 K 13.
3 Zu Balthasar Walther, damals Superintendent der Stadt Braunschweig, ehemaliger Mitarbeiter an den ratichianischen Schulreformen in Köthen und Weimar in den Jahren 1618ff. s. Anm. 2 u. 391217 K 4.
4 Auch diese Beilage hat sich verloren. Es handelt sich um eine Abschrift der Poetik F. Ludwigs, Fürst Ludwig: Kurtze Anleitung zur Deutschen Poesi (1640), aber ohne die Mustergedichte, die freilich Ende Oktober 1639 schon vorlagen (s. 391028) und von Buchner nachfolgend korrigiert wurden (s. 391119 II). Vgl. zur FG-Diskussion der Anleitung 391119 K 1.
5 F. Ludwigs Kurtze Anleitung behandelt in der Tat nur den streng alternierenden Versfuß und übergeht die ,hüpfenden’ Metren des Daktylus (1 betonte, 2 unbetonte Silben) und seines Gegenstücks, des Anapästs (2 unbetonte, 1 betonte Silbe), s. 391119 I. F. Ludwigs anfänglich grundsätzlicher Ablehnung der beiden Versfüße folgte aber unter dem Einfluß der Buchnerschen Anregungen eine auf bestimmte Gattungen begrenzte Zulassung, vgl. 391028 K 3.
6 Der Kupferstecher ist unbekannt. Vgl. 400203, wo von einem Kupferstecher in Wittenberg die Rede ist, ferner 391217, 400218 u. 400605. Er sollte die Kupferstiche der Impresen für das geplante neue Gesellschaftsbuch der FG anfertigen, jedoch erschien nur eine nichtillustrierte Ausgabe des Gesellschaftsbuchs (GB 1641). Vgl. dazu 391203 K I 0.
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