Text

400902 Drei Trauergedichte Fürst Christians II. von Anhalt-Bernburg auf seine verstorbene Schwester Anna Sophia
[Inhaltsverzeichnis]
|| [554]

400902

Drei Trauergedichte Fürst Christians II. von Anhalt-Bernburg auf seine verstorbene Schwester Anna Sophia


Am 1. 9. 1640 war Pzn. Anna Sophia v. Anhalt-Bernburg (AL 1617[?]. PA. TG 19) in Bernburg verstorben. Am 2. 9. schrieb ihr Bruder F. Christian II. v. Anhalt-Bernburg (FG 51. Der Unveränderliche) aus ihrem Gebetbuch auf Zetteln eingelegte Zeugnisse ihrer Frömmigkeit ab. Im Anschluß daran setzte er drei Gedichte auf, in die auch jene Zeugnisse eingearbeitet wurden und die die Tugend und Glaubensstärke der verstorbenen Lieblingsschwester rühmen. Dazu haben sich Verbesserungsvorschläge F. Ludwigs (Beil. I) und Diederichs v. dem Werder (FG 31. Der Vielgekörnte) (Beil. II) erhalten.

Beschreibung der Quelle


Q LHA Sa.-Anh./ Dessau: Abt. Bernburg A 6 Nr. 111, Bl. 7rv u. 10rv; eigenh.
Die zwei Akten des LHA Dessau zu Tod und Begräbnis Pzn. Anna Sophias v. Anhalt-Bernburg: Abt. Bernburg A 6 Nr. 111 und Nr. 112 enthalten unterschiedliche Schriftstücke zu diesem Trauerfall, Kondolenzschreiben, Gästelisten für das Leichenbegängnis, Kostenvoranschläge, Verpflegungsaufstellungen u. a. m. Die Dokumente zeigen auch die Sorge F. Christians II. v. Anhalt-Bernburg um die Finanzierung der Trauerfeier und um angemessene Teilnahme seitens fürstlicher und adliger Trauergäste (vgl. dazu auch Christian: Tageb. XV, Bl. 361v ff.). Die Akte Bernburg A 6 Nr. 111 birgt auf Bl. 1r–6v und 9r Abschriften F. Christians II. aus dem Gebetbuch Anna Sophias: „Schwester Anne Sofien güldene gedancken, so ich nach ihrem Sehligen hintritt [am 1. 9. 1640, d. Hg.], den 2. Septemb. 1640 auß ihrem behtbuch, zusammen colligirt, weil sie es auf vndterschiedenen Zetteln, aufgezeichnett, so sie in das buch, an vndterschiedliche örter geleget“. (Eine Abschrift auch in Christian: Tageb. XV, Bl. 355v–360v). Sie wären als interessante literarische Dokumente der Reflexionen eines Mitglieds der AL und TG andernorts zu behandeln. Es handelt sich bei diesen „güldenen gedancken“ um überwiegend undatierte eigene Gedichte, Prosameditationen sowie ausgewählte Sentenzen und Bibelzitate. Zum Gedicht Anna Sophias mit dem Datumsvermerk des 5. 10. 1627 vgl. 270810 K 1. Der jüngste Datierungsvermerk, den F. Christian mitteilt, lautet auf den 7. 7. 1637. A. a. O. Nr. 111, Bl. 2v. Bl. 7rv u. 10rv folgen die nachstehend veröffentlichten drei Trauergedichte F. Christians — ein längeres Klagegedicht und zwei Sonette —; auf Bl. 8rv eigenhändig niedergeschriebene Korrekturvorschläge dazu von F. Ludwig (Beilage I). Die drei Trauergedichte weisen eigenhändige Korrekturen von F. Christian und im ersten Gedicht auch einige von der Hand F. Ludwigs auf. Letztere werden im Textapparat als solche kenntlich gemacht. Die Akte Bernburg A 6 Nr. 112 enthält auf Bl. 33rv und 35rv Reinschriften der drei genannten Gedichte, wiederum von Christians H. (zit. Y), und auf Bl. 34r Korrekturvorschläge zu den drei Gedichten von der Hand Diederichs v. dem Werder (FG 31; Beil. II).
|| [555] Die Datierung der drei Gedichte auf den 2. September 1640 folgt dem oben zitierten Hinweis Christians: „Schwester Anne Sofien güldene gedancken, so ich nach ihrem Sehligen hintritt, den 2. Septemb. 1640 auß ihrem behtbuch, zusammen colligirt [...].“ LHA Sa.-Anh./ Dessau: Abt. Bernburg A 6 Nr 111, Bl. 1r. Vgl. Christian: Tageb. XV, Bl. 355v (4. 9. 1640): „Aus ihrem so lieb gehabten behtbuch, habe ich ihre güldene gedancken, nach ihrem sehligen hintritt, colligiret, vndt wahren mehrentheilß auf eingelegte Zettel geschrieben, mehrentheils von ihr Ld. selbst, theilß auch von andern.“ Alle drei Gedichte greifen Gedanken und „geberden“ der Prinzessin auf, das zweite Gedicht (d. i. das erste Sonett) geht direkt auf einen Text derselben ein. Die in den beiden Akten aufbewahrten Briefe (vgl. die beiden Schreiben F. Ludwigs an Christian vom 5. 9. und 6. 9. und Christians an Ludwig vom 2. 9. 1640; a. a. O. 111, Bl. 12r, a. a. O. 112, Bl. 1r-2v) geben keinen Hinweis auf mitgeschickte Gedichte bzw. Korrekturvorschläge, also auch keinen Aufschluß über den Tag der Abfassung dieser Texte.
Der Status der Überlieferungen ist nicht definitiv zu bestimmen. Die meisten der Verbesserungsvorschläge F. Ludwigs (s. Beil. I) zu Christians erstem Gedicht wurden bereits den ursprünglichen Textfassungen im Konzept überschrieben und erscheinen dann in der Reinschrift Y. Einige, wie die zu Zeilen 9, 10, 42, 51 u. ö., sind weder im Konzept noch in Y aufgegriffen worden. Die Korrekturvorschläge zu Zeilen 17 u. 26, sowie sämtliche zum ersten Klinggedicht erscheinen aber erst in Y. Dies trifft mit einer Ausnahme (zu Z. 7), die aber schon von F. Ludwig rückgängig gemacht wurde, auch auf F. Ludwigs Korrekturen zum zweiten Sonett zu. Werders Korrekturvorschläge wiederum (Beil. II) wurden teilweise schon in das Konzept übertragen und in Y übernommen, diejenigen zu Z. 55 u. 63 wurden aber nur im Konzept eingearbeitet, während jene zum ersten und zweiten Sonett von F. Christian weder im Konzept noch in Y berücksichtigt wurden. Man kann demnach zwar davon ausgehen, daß das Konzept oder eine diesem nahe kommende Version F. Ludwig und Werder zur Verbesserung zugesandt worden ist, aber ob die sicherlich jüngere Reinschrift Y aufgrund tw. fehlender Berücksichtigung bereits im Konzept nachgetragener Verbesserungen direkt auf dieses zurückgeht, darf bezweifelt, kann zumindest nicht definitiv behauptet werden. Aufgrund des Fehlens einer Leichenpredigt auf Anna Sophia oder anderer gedruckter Trauerschriften einschließlich der drei Gedichte Christians läßt sich eine Endfassung der Gedichte nicht dokumentieren. Wir haben uns für das Konzept als Leitüberlieferung der drei Gedichte entschieden, um den Korrekturprozeß anschaulicher werden zu lassen.

Text


[1.]
Des Vnverenderlichen Klage, vber seiner hertzgeliebtena Schwesterb tödtlichen hintritt.1

Des Menschen Leben ist, gleich einem schönen grase,2
Es grünet fein daher, vndt blühet gleicher maße,
Alß eine blum im feld’c , vndt grüner wüsteneyd
Man weiß dann nicht, wo sie zuvor gestanden sey:e
So baldt dief scharfeg lufft geschwindeh drüberi wehet,
Alßdannj sie felletk hin verdorret vndt vergehet.
Diß beyspiel gabt ihr mir, o Schwesterb die ichl liebt’,
vndm Dero scheidenn michb so hertzlich nuno betrübt,p
Jch kan ia eẅrer nun, (wie leichtlich zu ermeßen)q
10 alß eẅer treẅster freundtr , vndt bruder nicht vergeßens .
Diet blümeleinu diev ihr empfiengt aus meiner handtb3
|| [556]
euchw gabenx anzeig’ auch des kurtzen Lebens Tandty
Jhr nahmt Siez freẅdigaa an, Sieab sollten euch erquickenb
daß Matte haüpt vndt hertz, Jhr aber ließet blicken,
15daßac euchsad nicht warae zu thun, vmb blumen eytelkeitt,
Die auch vergänglich seindtaf ,ag gleich wie ein bundtes kleidt,p
Jhrah wolltet vns viel mehrai dadurch geschicklichaj lehren,
Wie vnsre sinne wir, von eitelm thun abkehren
vndt streben sollten fest, nach derak vollkommnenal zier,
20vermeiden allesam wasan vergenglich ist allhier.
Kein wunder ists, daß ihr so standthafft seidt gewesen,
Jn eẅrer; letzten Noht,4 da eẅer gantzes wesen,
Geberden, thun, vndt blick allein dahin gericht
wie durch euch iedermann, in Gott würd’ aufgerichttao
Weil so viel iahr zuvor, inap eẅermaq gantzenar Leben,
Eẅras fleihs dahin nur giengat , wie ihr zu Gott erheben,
[Bl. 7v]
Möchtau eẅren sinn vndt hertz, vndav fliehenaw eytelkeitt,
Allzeit in andacht sein, vndt sterben vor der Zeitt,p
Disax meineay meinung ist, ihr wahret abgestorben,az
30 Der Sünde welttba vndt todt, in Christo neẅ erworben,
des heilgen Geistes kräfft’, euch habenbb angeleitt
Auch eẅrerbc Kindtheitt iahr,az hin zurbd vollkommenheitt.
Die wercke thun es dar, so vnsern glauben zeugenb
Wie dann Jacobus sprichtt.5 Jn euchbe sich thetbf ereugen,az
35Die Zuchtt,bg gütebh Gottesfurchtt, keuschbi augen, herz vndt hend
Jabj tugendt,bk vndt verstandt, euchbl krönten biß ans end.
Jhrbm habt von Kindtheitt auff, der Demuht euchbn beflißen,
Stoltz hoffartbo vbermuht vndt Laster abgewiesen,
Auch eurebp Tugendt nur, zur ehre Gottsbq gerichtb
40Der weltt ruhm nicht begehrtbr , alsbs solchsbt hervor nunbu bricht
Auß eurenbv Schriften klahr,6 vndbw wer euchbx reden hören,
Mußby sagenbz euer Sinnca war Gottescb Lob zu mehren,az
Vndt darzuthun,az daß euchcc des Lebens gantze frist,
44vorcd euremce ende lang,az incf Gott,az gestorben ist:cg
Mein vorsatz ist hier nicht, ein gantzes buch zu schreiben,
Von dieser heldinn diech ,az mitt goldt wehr’ einzuschreiben,az
Jn den gedechtnüßschrein, der Kämpferinnen Schahr,az
Die weylandt als auchci itzt,az gemachet offenbahrcj ,
Das sie so wol als wir, gar Ritterlich gestritten,
50Jhr Kampff nicht weltlich ist, dann sie viel mehr gelitten,az
dieck trübsalcl creutz vndt angst, vielcm Kranckheit quahl vndtcn pein,co
den Christen aufferlegt;cp drinncq muß gelitten sein.
[Bl. 10r]
Willcr anders man zu Gott, ein reines hertzecs bringenct ,
der Kindtschaft zeichen nichtcu , voncv sich mitt fleißecw dringencx .
|| [557]
So segne sie dann Gott, die Edle Kämpferinn,az
die recht zu nennen wahrcy , des herrncz creutzträgerinn.
Davor er sie wol wirdt im himmel hoch belohnen,
Mitt tausendt tausendt freẅd, da Gott in ihr wirdt wohnen,
Als seinem Tempel nun, den er vorlengst bereitt,
60 Eh’ die weltt ward gegründt, dada die Dreyeinigkeitt,az
Gott vatter Sohn vndt Geist, die drey in einem wesen,az
der Außerwehlten Gottb von ewigkeitt gewesen,
Jn ewigkeitt wirdt sein, Achdb komb auch liebster Tag,
64An demdc ich gleichesfalsdd euch wiedersehen mag,
Da werdet ihr nicht mehr,az an Trawrigkeitt gedencken,
Da wirdt euch keine quahl, noch angst das hertze krencken,
Ô sehlig wirdt dann sein, wer in der Lebenszeitt,
Sich wolde bereittet hatt hierdf zurdg vnsterblichkeitt.


______________________

[2.]
Ebendh derselbe, auf ihre Gottsehlige gedancken,
V̈ber dendi güldenen Stuffen der Demuht.7

1Ô Fürstlichdj hertz,dk dasdl so schlecht vndt gering sein will,dj
Dasdm es von andern mehr als von sich selbst thutdn halten,
Niemandt veracht noch richtdo , besondern leßet wallten
Ein iederdp vor sich selbst, vndt bleibet in derdq still.
5Jadr fleucht die ehre doch, die ihr anfangs zufiel,
Alsds Sie zur weltt gebrachtt, vndt thut darob erkaltten,
Mitt trawren vndt mit leyd, das Sie den Standt mußdt hallten,dj
Derdu angeboren ihr, mitt nichten ist zu viel.
[Bl. 10vdv ]
Siedw sieht nur auf sich selbst, vndt thut gedultig leyden,
10verachtung hohn vndt spott, ia duldet es mitt freẅdendx
Geringen leutten sprichtdy sie gerne selber zu,
Jst in sich selbst geringdz , folgt willigea wie den großen,
Alseb ringsten auf der Erd, weil Gott niemandt verstoßen,
Erlangtec ins himmelsthron, den wahren Fried’ vndt ruh.



[3.]

Ein andered Klinggedichte.

|| [558]
Der weißheitt zier8 , vndt gnadenreicheee gaben,
Soef kröndten, eẅreneg Leib, vndt Seel zugleicheh ,
die Schönheitt, Zuchtt,dj vndt tugendtei führten euch,dj
Jn daß verwundrungsfeldt, dai Menschen haben,
5 Soej euch gekandt,dj mitt ruhmek vndt preiß erhaben,
Deß herren Machtt, der euch zu seinem Reich,dj
Bereittet hatt, vndt dargethan zugleich,dj
Daßel er an seinem werck thet wolgefallen haben,
die Schöneem Seel, dem schönen Leib zur zier,
10vndten sehligkeitt, der Schöpfer zugegeben
Jngleichemeo hatt, der reinen Seel allhier,
Denep keuschen Leib zur wohnstadt, gantz ergeben,
Durcheq solches bandt ist baldt geblickt herfür,
Daßer ihr mitt Leib vndt Seel verklähret auch werdtes leben.9

I

Fürst Ludwigs Korrekturvorschläge zu den drei
Trauergedichten Fürst Christians II.

Beschreibung der Quelle


Q LHA Sa.-Anh./ Dessau: Abt. Bernburg A 6 Nr. 111, Bl. 8rv, eigenh. und mit eigenh. Verbesserungen.

Text


Wolmeinende erinnerungen bey
den auffgesetzten reimen.
Bey den Ersten

L. 5. So bald die scharffe lufft geschwinde drüber wehet.
L. 7. ――――― O schwester die ich liebt’
L. 8. Und dero scheiden mich so hertzlich nun betrübt.
L. 9. Jch willa mein Lebetag eur nimmer nichtb vergeßen
L. 10. Treu euer Bruder bin ――――――――――――
L. 11. Die blümelein die ihr empfiengt aus meiner hand
L. 12. Euch gaben anzeig auch ――――――――――
L. 13. Jhr namt sie freudig an, sie solten euch erquicken
L. 15. Das euchs nicht war zu thun ――――――――
L. 16. Die auch vergänglich seind ―――――――――
L. 17. Vielmehr ihr woltet uns dadurch geschicklich lehren
L. 20. Vermeidenc alles was, vergenglichd ist allhiere .
L. 25. ――――― in eurem gantzen leben
L. 26. Eur fleiß gieng nur dahin ――――――――――――
L. 27. ――――― undf fliehn die eitelkeit.
L. 29. Dis meine meinung ist, ihr waret abgestorben
L. 31. ――――― euch haben angeleit
L. 32. Auch eurer Kindheit Jhar’ hin zur volkommenheit.
L. 34. ――――― in euch sich thet ereugen.
L. 36.g
L. 37. Jhrh habti von Kindheit auff der demutt euch befließen.
L. 39. Auch eure Tugend nur zur ehre Gotts gericht.
L. 40. ――――― Als solchs hervor nun bricht || [559]
L. 41. Aus euren schriften klar, und wer euch reden hören.
L. 42. Muß sagen das eur Sinn war Gottes Lob zu mehren.
L. 43. Und darzuthun, das euch ――――――――――
L. 44. Vor eurem ende lang’ in Gott gestorben ist.
L. 46. Von dieser heldin, die ――――――――――――
L. 48. Die weiland als auch ietzt gemachet offenbahr
L. 51. Die trubsahl kreutz und angst quahlj und Pein.
L. 52. ――――― drin muß gelitten sein.
L. 53. ――――― ein reines hertze bringen
L. 54. ――――― von sich mitt fleiße dringen.
L. 55. Sie segne drumb ok Gott ―――――――――――
L. 56. ――――― des herrn kreutzträgerin.
L. 64. Jn dem’ ich gleiches fals ――――――――――――
L. 68. Sich hier bereitet hatt woll zur unsterbligkeitt


[Bl. 8v]
Bey dem ersten Klinggedichte.

L. 1. O Fürstlichs’ hertz das drumb gering und schlecht sein will
L. 2. vonl andern alzeitm mehr als von sich selbst gehaltenn
L. 3. Verachtet richteto nit, besondern leßet walten
L. 4. Ein ieden vor sich selbst, und bleibet ruhig still.
L. 5. Und fleucht die ehre, die ihm’ anfangs zu auch fiel’
L. 6. Als auf die welt es kamp : die Sinne mir erkalten
L. 7. Mitt trawren und mitt leid das sie nit kan aushalten
L. 8. Noch lenger ihren Stand: O todt, es ist zuviell.
L. 9. Sie nur sah’q auff sich selbst, geduldig thette leiden
L. 11. Geringen leutten sprach ――――――――――
L. 12. Sich achtet selbst nit hoch ―――――――――
L. 13. So den geringsten auch, gott hatt sie nicht verstoßen
L. 14. Jhr nun ins himmelsthron den frieden gibt und ruh


Beym andern Klinggedichte.

L. 2. Die krönten euch den leib und Seele gleich
    Der abschnied muß in der vierdten Silbe hier sein1 -
L. 4. Jns wunder feld, darinr viell Menschen haben
L. 5. Die euch gekant ――――――――――――
L. 7. unds dargethan zugleich
L. 8. das ewig er will seinen Christen laben
L. 9. Die schönet Seel’, und ziehren ihren leib.
L. 10. Mitt höchster pracht, die ihme gott wird geben
L. 11. Jn sehligkeit, drin immer er verbleib’
L. 12. Und freudiglich hab’ ein vergnugtes leben.
L. 13. Jm aufferstehn wird blicken dan herfur NB
L. 14. Das euch verklärt Gott wird gewiß erheben.
|| [560]
Es wird hierneben dem Unverenderlichen anheimgestellet, wan ihme diese erinnerungen anstendig, ob er alle drey stucke will ins reine schreiben laßen, und dem Vielgekörnten auch noch einsten ubersehen laßen, weill viell augen mehr als zwey sehen, der Vielgekörnte auch der geubteste in dergleichen stellung ist.2

II

Diederichs von dem Werder Korrekturvorschläge

Beschreibung der Quelle


Q LHA Sa.-Anh./ Dessau: Abt. Bernburg A 6 Nr. 112, Bl. 34rv, 34v leer; eigenh.

Text

9. ich kan ja ewr̈re nuhn (wie leichtlich zuermessen)
10.Als ewer treustera Freundt vndt bruder nicht vergessen
17.jhr woltet vns vielmehr dardurch ―――――――――
35.Zucht güte Gottesfurcht, keusch’ augen hertz vndt händ
36. ja tugendt vndt verstandt ―――――――――――――
55.So segne sie dan Gott
63.―――――――――― : Ach komm’ auch liebster tag

Beym Ersten Klinggedichte
9. Sie sah’ auf sich nur selbst ―――――――――――――
12. Achtt selber sich nicht hoch ――――――――――――
14. Gibt ihr im himmelsthron nuhn friede freud’ vndt ruh.

Beym Zweyten Klinggedichte
2.Die krönten stets euch Seel vndt leib zugleich
14. wie Gott euch hatt verklärt mit höchster Zier.

III

Prinzessin Anna Sophias Kritik an Fürst Chrisitans II.
Du Bartas-Subskription

Beschreibung der Quelle


Q LHA Sa.-Anh./ Dessau: Abt. Bernburg A 10 Nr. 5a-1, Bl. 336r–337v, d. i. Brief Pzn. Anna Sophias v. Anhalt-Bernburg (AL 1617[?]. PA. TG 19) an ihren Bruder Christian (FG 51) vom 3. 8. 1640; eigenh. Postskript.

Text


Heutt früh hab ich EH. auch geschrieben des Bartas wegen wolt ich EH employirten das geldt an einen andern vndt Nottürftigern ort doch EH nichts forgeschrieben.

Textapparat und Kommentar



Textapparat
T
Die Vermutung liegt nahe, daß F. Christian II. die unterstrichenen Worte und Passagen, im Gegensatz zu den eindeutig durchgestrichenen, nicht gänzlich verwerfen und 560 Drei Trauergedichte Fürst Christians II. von Anhalt-Bernburg 400902 || [561] durch die Einfügungen und Überschreibungen ersetzen, sondern als Alternative stehen lassen wollte.
a Eingefügt. Y hertzvielgeliebten
b Y folgt Komma.
c Gebessert aus feldt das folgende Komma fehlt in Y. Dort blum’
d Von F. Ludwig überschrieben: auen steht Y awen steht,
e Zeile von F. Ludwig überschrieben: Und wie in einem blick’ ietzt lebet ietzt vergeht Diese Variante in Y, dort Punkt statt Doppelpunkt als Zeilenschluß.
f Eingefügt für 〈ein〉
g Eingefügt für 〈starcker〉
h Gebessert aus geschwindt
i Gebessert aus d〈a〉rüber
j Folgt 〈so〉
k Ursprüngliche Wortstellung fellet sie durch Bezifferung von F. Ludwig korrigiert fellet gebessert aus fellt Kommata in Y nach hin und verdorret
l die ich eingefügt über hochge〉liebt’
m Eingefügt.
n Folgt 〈itzo〉
o Eingefügt für 〈hat〉. Im Einschub folgt 〈macht〉
p Y Punkt statt Komma.
q Zeile eingefügt (überschrieben) für  Daß ich mein Lebetag, nicht will noch kan vergeßen,Y Jch kan mein Lebetag, eẅr nimmermehr vergeßen,
r treẅster freundt eingefügt für 〈bruder〉 holdtletzteres Wort nochmals überschrieben mit 〈treẅ〉
s vndt bruder nicht vergeßen eingefügt für  wie leichtlich zu ermeßendie ganze Zeile in Y: treẅ eẅr Bruder bin, wie leichtlich zu ermeßen.
t Folgt 〈garten〉
u Gebessert aus blümlein
v Bis meiner eingefügt für  so ich euch staltt in die
w Nach 〈Erinnerten〉
x Bis auch eingefügt über 〈frey〉.
y Y folgt Punkt.
z Jhr nahmt Sieeingefügt für 〈Wie〉
aa Folgt  nahmt ihrs
ab Bis euch eingefügt für  dem schein nach, zu
ac Folgt 〈es〉
ad Gebessert aus euch
ae Eingefügt.
af Eingefügt für 〈ist〉
ag Eingefügt für 〈ist〉
ah Bis vns eingefügt für Besondern
ai Folgt daß, ihr vns  Bis dahin Y Vielmehr ihr wolltet vns
aj Eingefügt für wollt
ak Gebessert aus dem
al Gestrichenes und wiederhergestelltes Wort, gebessert aus vollkommen Folgt 〈we〉 überschrieben mit 〈was vollkomb ist,〉
am Vermeiden alles eingefügt für  Endtfliehen dem
an Folgt 〈stets〉
ao Y folgt Seitenwechsel zu Bl. 33v.
ap Eingefügt für 〈ia〉
aq Gebessert aus eẅer Y eẅrem
ar Gebessert aus gantzes
as Bis gieng eingefügt für 〈Jhr nur dahin getracht〉
at Bis dahin Y: Eẅr fleiß dahin nur gieng ursprüngliche Wortstellung durch Bezifferung korrigiert.
au Kustode.
av Eingefügt.
aw Folgt 〈die〉 Y gebessert aus flieh〈n die〉
ax Gebessert aus Daß
ay Bis wahret eingefügt für  mein ich recht also, das ihr seidt
az Y fehlt Komma.
ba Y Kommata nach Sünde und wellt
bb Eingefügt für 〈bald hatt〉
bc Eingefügt für 〈in der〉
bd hin zur eingefügt für  zu der
be Jn euch eingefügt für 〈Nun hat〉
bf Eingefügt für 〈thun〉
bg Ursprüngliche Wortstellung von Zuchtt und Gottesfurchtt durch Bezifferung korrigiert. Das metrisch falsche Die wohl versehentlich stehen geblieben.
bh Eingefügt für 〈Die〉
bi Bis hend eingefügt für  die frommigkeitt vndt Tugendt  letzteres Wort überschrieben  behend  Die ganze Zeile in Y: Die Gottesfurcht, die Zuchtt, die Frömmigkeitt behend
bj Eingefügt für 〈Die〉 Y Die
bk Folgt 〈Sie〉 Komma fehlt in Y.
bl Eingefügt für 〈Sie〉
bm Bis von eingefügt für 〈Weil sie dan〉
bn Eingefügt für 〈sich〉
bo Y Kommata nach Stoltz und hoffarth
bp Eingefügt für 〈ihre〉
bq ehre Gotts eingefügt für 〈Gottes ehr〉
br Eingefügt für 〈geacht〉
bs Bis bricht eingefügt für 〈Wie〉 sollte man denn nicht,
bt Gebessert aus solches
bu In der Einfügung eingefügt.
bv Eingefügt für 〈ihren〉
bw Eingefügt.
bx Eingefügt für 〈sie nicht〉
by Bis euer eingefügt für  Da all ihr
bz Y folgt 〈daß〉
ca Folgt nur zielt,
cb war Gottes eingefügt für 〈deß herren〉
cc Eingefügt für 〈Sie〉
cd Nach 〈Lang〉
ce Bis lang eingefügt für 〈dem letzten end〈de
cf Eingefügt für 〈nach〉
cg Y Punkt statt Doppelpunkt.
ch Eingefügt für 〈so〉
ci als auch eingefügt für 〈vndt nun〉
cj gemachet offenbahr eingefügt für  der weltt gethan auch dar
ck Eingefügt. Am Zeilenanfang 〈Daß〉
cl Ursprüngliche Reihenfolge der Worte bis angst durch Bezifferung korrigiert.
cm Eingefügt.
cn quahl vndt eingefügt für 〈vndt was vor〈
co Y folgt Seitenwechsel zu Bl. 35r.
cp Y Komma statt Semikolon.
cq Eingefügt für 〈es〉
cr Kustode.
cs Gebessert aus hertz
ct Aus 〈mitt〉bringen
cu Eingefügt für 〈frey〉
cv Nach einem eingefügten, gestrichenen Wort (unleserlich).
cw Gebessert aus fleiß
cx Aus 〈weg〈dringen
cy Gebessert aus wehr
cz des herrn eingefügt für Christj
da Von F.Ludwig eigefügt für || [562]   〈vndt〉
db Bis tag eigenfügt für 〈ich sehn' mich nach dem Tag〉 Y mich sehn' ich nach dem Tag,
dc An dem eingefügt für 〈Da〉 Y dem'
dd Gebessert aus gleichsfalß folgt 〈also,〉
de Y wohl eingefügt für 〈hier〉
df Y eingefügt für 〈wol〉
dg hier zur eingefügt für zu der
dh Gebessert aus vber
di Gebessert aus der
dj Y Fürstlichs
dk Y Komma fehlt.
dl Y bis will, ersetzt durch das drumb gering vndt schlecht sein will
dm Zeile in Y: von andern allzeit mehr alß von sich selbst gehallten
dn Gebessert aus thet
do Zeile bis dahin in Y: verachtett, richtet nicht
dp Y ieden
dq Statt in der Y ruhig
dr Zeile in Y: Vndt fleucht die ehre die ihm anfangs zu auch fiel’
ds Zeile in Y: Alß auff die weltt es kahm: die Sinne mir erkallten
dt Statt den Standt muss Y nit kan auß
du Zeile in Y: Noch lenger ihren Standt: Ô todt es ist zu viell!
dv Y Seitenwechsel zu Bl. 35v.
dw Zeile in Y: Sie [Kustode] nur sah’ auf sich selbst, geduldig thete leyden,
dx Y folgt Komma.
dy Y sprach
dz Zeile bis hierhin in Y: Sich achtett selbst nit hoch
ea folgt willig eingefügt für 〈gehorcht so ge〉
eb Zeile in Y: So den geringsten auch, Gott hat sie nicht verstoßen
ec Zeile in Y: Jhr nun ins himmelsthron, den frieden gibt vndt ruh’.
ed Gebessert aus ander〈ß〉 Überschrift in Y: Ein ander Klinggedichte, eben deßelbigen
ee Eingefügt für 〈holdsehlige〉
ef Y Die eingefügt für 〈So〉. Komma nach kröndten fehlt.
eg Y euch den (eingefügt für 〈eẅren〉).
eh Y gebessert Seele (aus Seel) 〈zu〉gleich
ei Eingefügt für 〈sittsamkeitt〉
ej Y die
ek mitt ruhm eingefügt für 〈gepreiset〉
el Zeile in Y: daß ewig er, will seinen Christen laben
em die Schöne eingefügt für 〈der schönen〉 Y folgt Seel’ vndt ziehren ihren leib
en Zeile in Y: Mitt höchstem prachtt, die ihme Gott wirdt geben
eo Zeile in Y: Jn Sehligkett, drinn immer er verbleib'
ep Zeile in Y: vndt freẅdiglich hab’ ein vergnügtes leben,
eq Zeile in Y: Jm aufferstehn wirdt blicken dann herfür (herfür gestrichen und wiederhergestellt. Folgt 〈darneben〉)
er Zeile in Y: Daß euch verklärt Gott wirdt gewiß erheben.
es Unsichere Lesung durch mehrere Streichungen und Ergänzungen.

T I

a Eingefügt für 〈nicht〉 und das darunter eingefügte 〈kan〉
b nimmer nicht überschrieben über  will noch kan
c Bis was eingefügt für 〈Entfliehen deme stets〉
d Nach 〈so doch〉
e ist all eingefügt.
f Eingefügt für 〈zu〉
g 〈Dar Tugend dar verstandt euch krönten〉
h Nach 〈Weil〉
i Eingefügt.
j Bis Pein eingefügt für 〈bei Kranckheitt〉
k Eingefügt für 〈auch〉
l Nach 〈Damit〉
m Eingefügt.
n Gebessert aus 〈köndt [?]〉 halten
o Eingefügt für 〈nimmer〉
p Ursprünliche Wortstellung Als es [eingefügt für 〈sie〉] kam auf die welt durch Bezifferung korrigiert.
q nur sah’ eingefügt.
r Gebessert aus drin.
s Nach 〈Erwehlet hatt〉
t Darüber geschrieben: reine

T II
a Eingefügt für 〈trewer〉

Kommentar

Für die stets kränkliche Pzn. Anna Sophia v. Anhalt-Bernburg (AL 1617[?]. PA. TG 19) — „elle a estè fort martyrisèe de maladies, la pluspart, & le meilleur temps, de sa vie“ (Christian: Tageb. XV, Bl. 364r, vgl. auch 370517 K 2 u. K I u. 400312) —, die seit Jahren am Hofe ihres Onkels F. Ludwig in Köthen lebte, war schon länger eine Kur in Eger ins Auge gefaßt worden, die aber ebenso an knappen Finanzen scheiterte wie die Reise ihres Bruders F. Christian II. v. Anhalt-Bernburg (FG 51. Der Unveränderliche) nach Regensburg zum Reichstag und zum Kaiser. Vgl. Christian: Tageb. XV, Bl. 336r, 339rf. (7. 8. 1640) u. 340v (9. 8. 1640); Beckmann V, 366f.; LHA Sa.-Anh./ Dessau: Abt. Bernburg A 10 Nr. 5a-1, Bl. 319rv, 322rv, 325f., 329f., 336f., 340rf. u. ö. Darüber hatte sich Anna So- || [563] phia „sehr betrübet“ (Christian: Tageb. XV, Bl. 340v; dazu Anna Sophias Brief o. O. u. D., LHA Dessau, a. a. O., Bl. 357f. und die in der Akte folgenden Stücke) und ihrem Bruder vermutlich in einem Brief am 3. 8. 1640 einen Vorwurf gemacht (s. Beil. III). Sie konnte aber immerhin aus Eger herangeschafften Sauerbrunnen zu sich nehmen, nachdem sie am 21. 8. in Bernburg zu einem längeren Aufenthalt eingetroffen war. Freilich ließ die Qualität des Wassers zu wünschen übrig, „weil die meiste Kraft vndterwegens auß den Flaschen evaporiret ist“. Christian: Tageb. XV, Bl. 349r, vgl. 346r, 347v u. 349r. Danach verschlechterte sich Anna Sophias Zustand zusehends. „Meine liebe Schwester, Freẅlein Anna Sophia ist diese Nachtt sehr kranck gewesen, vndt hat große bangigkeitt zum hertzen gehabtt“ (351r, 31. 8. 1640). Einer Tagebuch-Eintragung Christians noch vom selben Tag ist zu entnehmen, daß man sich bereits auf das Schlimmste gefaßt machte. „Gott tröste, vndt stärgke das Gottsehlige, tugendtsahme, fromme Mensch, vndt lindere ihr dero schmertzen, dann Sie wol ein Spiegel aller Tugendt, sittsamkeitt, vndt Gottsehligen wandels gewesen. Ja es hat eine heroische Großmühtigkeitt, alle affecten, und eigene Liebe zu vberwinden inn vndt bey jhr gewohnet, vndt es wirdt wol ihres gleichen, inn- vndt außerhalb des Röm. Reichs, wenig zu finden sein.“ 351v. Ihr Tod trat schon am nächsten Tag, am 1. 9. 1640, ein: „Die gute Schwester, A. S. ist diese Nacht sehr schwach vndt kranck gewesen“ (ebd). Anscheinend lähmte ihr ein Schlaganfall die Sprache und den rechten Arm. Medizinische Hilfe erfuhr sie vom Bernburger Hof- und Stadtarzt Dr. Brandt und vom fürstlichen Leib- und Hofarzt zu Köthen, Dr. Matthias Engelhardt, geistlichen Beistand von dem nach Bernburg entsandten Köthener Superintendenten Daniel Sachse. Auch Fn. Sibylla v. Anhalt-Plötzkau (AL 1622. TG 23), der alte Bernburger Hofmarschall Burkhard v. Erlach (FG 52), dessen Frau Ursula und andere Vertraute Anna Sophias standen ihr in ihren letzten Stunden bei. „Nach dem der Schwester, Geistliche, vndt Leibliche Medicamenta, nach vermögen, gebrauchtt worden, vndt man hierinnen, vngerne, etwas verseumet, ist Sie vmb 5 Vhr, Nachmittages, sehliglich endtschlafen, vndt hat als eine wahre Kämpferinn Christj, ihren Lauff Ritterlich vollendet, darumb wir inniglich Gott angeruffen, vndt ihme hertzlich gedancket, daß er ihr endtlich die quahl dieses mühesehligen Jammerthals verkürtzet. So seye nun Gott ergeben, du Christliches auserwehltes kindt Gottes, derselbe bewahre dich als seinen theẅren schatz, in alle ewige ewigkeitt. Jch werde aber wol diesen großen riß fühlen, so lange ich lebe [...] vndt vnser haus Bernburgk, ist abermals zum Klaghaus gemacht worden.“ A. a. O., 353r, vgl. 351v ff. Wie heftig Christian diesen Verlust tatsächlich empfand, zeigen spätere Tagebucheinträge, die der „so hoch geliebten Schwester“ gedenken. Vgl. etwa a. a. O., 354v, 355r, 361r, 363vf., 364v, 391r u. ö. Sie habe ihr Ende bereits geahnt und gesehen, „daß ihre Egerische vorhabende rayse, nach Bernburg ins gewölbe der Kirchen gehen würde“ — „Solcher gestaltt, seindt ihr, als einem, durch den H. Geist, wiedergebornen Menschen, die affecten, vndt passiones, so andern Menschen anhengen, zu vberwinden, gar leichte worden“ (355r). Vgl. auch 401029, 401117 u. I, 401215 u. 401216.
1 Das Gedicht folgt den Abschriften, die F. Christian II. aus dem Gebetbuch seiner verstorbenen Schwester Anna Sophia genommen hatte (vgl. Q). Er schließt diese mit den Worten ab: „Huc usq. [bis hierher] Meiner Sehligen Schwester abschriften, so ich in ihrem behtbuch gefunden, vndt auf vndterschiedlichen eingelegten Zetteln geschrieben stunden, darauß zu ersehen, wie auch auß den schönen tröstlichen vbungen, des paradißgärtleins, alß auch der 12. andachten (so in obgedachtem behtbuch zusammen gebunden) wie schon von langen iahren hero, die sehlige Schwester mitt Sterbensgedancken vmbgegangen, vndt sich alß eine Kämpferinn Jesu Christj, der weltlichen Eytelkeitt begeben, standhaftig gestritten, vndt in ihrem Gott, ihre eintzige ruhe gefunden.“ (A. a.O., Bl. 6v.) Gemeint sind hier Johann Arndts Paradiß Gärtlein, voller Christlicher Tugenden, das seit 1612 in zahllosen Ausgaben und Auflagen erschienen ist (Ausg. Magdeburg 1612: HAB: Yv 950.8° Helmst.; verm. u. verb. Ausg. ebd. 1615: HAB: 815.4 Theol.; vgl. 371124 K I 0 u. K I 1) und Philipp Kegels Zwelff Geistreiche Andacht, Darinnen gar schöne Trostreiche Gebet || [564] begriffen, ebenfalls in verschiedenen Teilen und Ausgaben erschienen (Ausg. Hamburg 1593: HAB: Yv 587.8° Helmst.).
2 Biblia (Luther 1545), Ps 103, 15f.: „Ejn Mensch ist in seinem Leben wie Gras/ Er blüet wie eine Blume auff dem felde. Wenn der Wind darüber gehet/ so ist sie nimmer da/ Vnd jr stete kennet sie nicht mehr.“
3 Christian: Tageb. XV, Bl. 355r f. (4. 9. 1640): „Als ich ihr dinstags [1. 9., Anna Sophias Todestag, d. Hg.] (meines behaltts) kurtz vor der Mahlzeitt zu Mittage ein püschlein blumen, von Nelcken vndt Majoran præsentirt, nam sie es alsobaldt willig an, roche ein wenig dran, sahe mich sehnlich, von der seitte an, vndt warfs wieder dahin, aufs bette, vndt wiederholte daßelbige, als wollte sie sagen:
Des Menschen Leben, ist gleich einem grase,
Es grünt daher vndt blühet gleicher maße:
Als eine blum auff einer heyden breitt, etc. wie die wortt ferrner lautten.
Jn summa: ob sie schon fast zweene tage vndt Nacht sprachlos gelegen, so hat sie doch bey so hochbegabtem gutem verstande bis an ihren letzten seuftzer, sich beflißen alle ihre geberden dahin zu richten, daß sie vns, zur guten Lehre, vndt rühmlicher nachfolge dienen sollten.“ — Am 13. 9. kam Christian erneut auf diese Episode zurück: „[...] Sic floruj!Christian: Tageb. XV, Bl. 368r.
4 Pzn. Anna Sophia erlitt in der Nacht vom 31. 8. auf den 1. 9. 1640 einen Schlaganfall, der auch ihre Sprache lähmte und am Nachmittag des 1. 9. zu ihrem Tode führte. S. Anm. 1.
5 Jak 14ff. nach Biblia (Luther 1545): „WAs hilffts/ lieben Brüder/ so jemand sagt/ Er habe den Glauben/ vnd hat doch die Werck nicht? Kan auch der glaube jn selig machen? So aber ein Bruder oder Schwester blos were/ vnd mangel hette der teglichen Narunge/ vnd jemand vnter euch spreche zu jnen/ Gott berate euch/ wermet euch vnd settiget euch/ gebet jnen aber nichts/ was des Leibs notdurfft ist/ Was hülffe sie das? Also auch der glaube/ wenn er nicht werck hat/ ist er tod an jm selber. [...] durch die werck ist der glaube volkomen worden“ usw.
6 Pzn. Anna Sophias „güldene gedancken“, eingetragen in ihrem Gebetbuch, kreisten um „die rechte Sterbekunst“ (LHA Sa.-Anh./ Dessau: Abt. Bernburg A 6 Nr. 111, Bl. 2v) und immer wieder um das Streben nach Ruhe des Gemüts, Affekt- und Passionslosigkeit und Standhaftigkeit in allen Anfechtungen (vgl. etwa ebd., Bl. 5vff.). Wenn wir den z. T. gequälten Ausdruck dieser inneren Auseinandersetzung nicht nur als Repetition topischer Formeln und Bilder begreifen wollen, dann muß man den hohen Grad an Selbstdisziplinierung hervorheben, mit der diese intelligente junge Frau den Zwängen eines gefesselten Lebens in der Tat um den Preis eines ,Sterbens vor dem Tod‘ nachzukommen suchte. Sie scheint ihre Melancholie mit anderen Prinzessinen wie Eva Catharina v. Anhalt-Dessau (1613–1679) geteilt zu haben, die sich zu „nichts nutz auff der welt“ fühlte. LHA Sa.-Anh./ Dessau: Abt. Dessau A 10 Nr. 40, Bl. 7r (undat. Brief an den Bruder F. Johann Casimir [FG 10]). Belesen, „der wahren Gottesfurcht gantz ergeben“ wie jene sowie an Arzneikunde interessiert, hinterließ Eva Catharina eine eigene nützliche Bibliothek. Beckmann V, 233.
7 F. Christian notierte sich aus dem Gebetbuch seiner Schwester u. a. den nachstehenden Zettel-Eintrag (LHA Sa.-Anh./ Dessau: Abt. Bernburg A 6 Nr. 111, Bl. 3r; übereinstimmende Abschriften von Christians H. a. a. O., Bl. 9r sowie in Christian: Tageb. XV, Bl. 357r):
„Der Thron Salomon, bedeutett die 6 Stuffen der Demuht:
1. Sich im hertzen geringer hallten, als andere Leutte, vndt gerne gering sein.
2. Niemandt verachten, noch richten, sondern allezeitt, auff sich selbsten sehen.
3. Angebohrne ehre fliehen, vndt wann man die haben muß, darob trawren.
4. Verachtung gedultig leyden, Ja sich drob freẅen.
5. Mitt geringen Leutten, gerne umbgehen, vndt gerne gering sein.
|| [565] 6. Gerne willig vndt gehorsam sein, nicht allein den großen, sondern auch dem allergeringsten. [Bl. 9r ergänzt hier: (in gesundem h. verstande)]
Durch diese Stuffen, steigen wihr, biß zu der 7.bendten, in Thron des Himmlischen Salomons, welches ist, der wahre Friede.“
Zum Thron Salomons s. 1. Kö 10, 18–20 nach Biblia (Luther 1545): „Vnd der König macht einen grossen Stuel von Elffenbein/ vnd vberzog jn mit dem edelsten Golde. Vnd der Stuel hatte sechs stuffen/ vnd das heubt am Stuel war hinden rund/ Vnd waren Lehnen auff beiden seiten vmb das gesesse/ vnd zwo Lewin stunden an den Lehnen/ Vnd zwelff Lewen stunden auff den sechs stuffen auff beiden seiten/ Solchs ist nie gemacht in keinen Königreichen.“
Anna Sophia, „Celidée“ in der PA (vgl. 231206 u. 240301), „die Gehorsame“ in der AL (s. 310108 II) und „die Holdselige“ in der TG (s. 400917 I), war wie ihre Schwestern literarisch interessiert und tätig. Am 1. 1. 1618 widmete sie ihrem Vater, F. Christian I. v. Anhalt-Bernburg (FG 26), die Übersetzung eines im Original uns unbekannten Werkes Arsenal Spirituel Contre les intemperéz desirs tant de vivre que de mourir, die sich handschriftlich in einem Umfang von 18 Bll. in der Anhalt. Landesbücherei Dessau: BB 3334 erhalten hat. Vgl. dazu den Ausstellungskatalog: Ex Libris Christian I. und Christian II. von Anhalt-Bernburg. Aus den Beständen der Anhalt. Landesbücherei Dessau. Bearb. v. Ulrich Hecht mit e. Beitrag v. Hartmut Ross. Bernburg 1993, 19. Sie beteiligte sich an der zwischen 1622 und März 1624 von F. Ludwig, seinem Sohn Ludwig d. J. (FG 6) und sieben anhaltin. Prinzessinnen durchgeführten Übersetzung der Cento Novelle Antiche. Vgl. die Edition: Die Erzehlungen aus den mittleren Zeiten. Die erste deutsche Übersetzung des Novellino aus den Kreisen der Fruchtbringenden Gesellschaft und der Tugentlichen Gesellschaft. Mit e. reprogr. Abdruck der italien. Vorlage hg. u. erl. v. Ulrich Seelbach. Stuttgart 1985. 1626/27 wechselte Anna Sophia Gedichte mit ihrem Bruder F. Christian II., s. 260500 u. 270810 u. I), und übersetzte ein weiteres literarisches Werk, dessen Vorlage und Übertragung uns jedoch unbekannt blieben; s. 260703. Vgl. Conermann TG, 589ff. Vgl. auch Johann Rists (FG 467. 1647) Lobgedicht auf die hohe, universale Bildung Anna Sophias, angegeben in 370517 K I.
8 Weisheit als Instrument und Ziel christlicher Lebensführung begegnet uns leitmotivisch auch in Anna Sophias Gebetbuch-Notizen. So hielt sie, Christians Abschriften zufolge, zweimal die Bibelsentenz fest: „Proverb. 2 Wo dir die weißheitt zu hertzen gehet, daß du gerne lernest, So wirdt dich guter Raht bewahren, vndt verstandt wirdt dich behüten, das du nicht gerahtest auf den weg der bösen, noch vndter die verkehrten Schwätzer.“ LHA Sa.-Anh./ Dessau: Abt. Bernburg A 6 Nr. 111, Bl. 2r, vgl. Bl. 3r u. Christian: Tageb. XV, Bl. 357r. S. Spr 2, 10ff. Ebenso notierte sie „Job. 28 Gott sahe die weißheitt, vndt erzehlet sie, bereitet sie, vndt erfandt sie, vndt sprach zum Menschen, Siehe, die furchtt des herren, das ist weißheitt, vndt meidten daß böse, daß ist verstandt.“ LHA Sa.-Anh./ Dessau: Abt. Bernburg A 6 Nr. 111, Bl. 5v, Christian: Tageb. XV, Bl. 359r. S. Hi 28, 27f.
9 Am 2. und 3. 9. 1640 notierte F. Christian: „Die Leiche der sehligen Schwester Ld. ist gar schön heute gewesen.“ „Zu verwundern ists, daß bey solchen vorgangenen symptomatibus, der cörper der Sehligen Schwester so schön gewesen, vndt geblieben.“ Christian: Tageb. XV, Bl. 354r. — In den Schriftwechseln der oben genannten beiden Akten (LHA Sa.-Anh./ Dessau: Abt. Bernbg. A 10 Nr. 5a-1 bzw. A 6 Nr. 111 u. Nr. 112) und in Christian: Tageb. ist verschiedentlich von der beklemmenden Finanzlage die Rede, die ein angemessenes Begräbnis gefährdete: nichts sei heutzutage „schwerer“, so heißt es etwa im Brief Caspar Pfaus (FG 412. 1644) an Christian vom 12. 9. 1640, „denn einen vorschuß bey andern an gelde zu erlangen“ (LHA Sa.-Anh./ Dessau: Bernb. A 6 Nr. 111, Bl. 15r). Umso erleichterter ist Christian, als sich fl. Verwandte und eine „zimliche noblesse“ zu den Beisetzungsfeierlichkeiten am 24. 10. in Bernburg einfanden und „das Leichbegengnüß [...] Gott Lob, decenter“ und „mitt gewöhnlichen Ceremonien celebrirt“ wurde. Christian: Tageb. XV, Bl. 387rf.; vgl. auch Beckmann V, 348. Eine Liste der einzuladenden Personen im || [566] Brief von Daniel Sachse an F. Christians Sekretär Paulus Ludwig, d. d. Köthen 10. 10. 1640. LHA Sa.-Anh./ Dessau: Abt. Bernburg A 6 Nr. 112, Bl. 53r.

1 In F. Ludwigs Weiniger Anleitung zu der Deutschen Reimekunst (1640) erscheint „abschnitt“ als die deutsche Übersetzung für „Cæsura“, die im 10- oder 11silbigen „vers communs“ nach der vierten Silbe, im 12- oder 13silbigen Alexandriner nach der sechsten Silbe erfolge, s. 391119 I (6. Strophe). Tatsächlich bediente sich F. Christian II. v. Anhalt-Bernburg (FG 51. Der Unveränderliche) in seinem „Klage“-Gedicht und seinem ersten Trauersonett des Alexandriners, in seinem zweiten Trauersonett des „gemeinen Verses“. Auch Martin Opitz (FG 200) übersetzte den poetischen Terminus Caesur mit „Abschnitt“, wenn es z. B. über den Alexandriner heißt: „Es muß aber allezeit die sechste sylbe eine cæsur oder abschnitt haben“. M. O.: Buch von der Deutschen Poeterey (1624). Studienausg. Mit dem Aristarch (1617) und den Opitzschen Vorreden zu seinen Teutschen Poemata (1624 und 1625) sowie der Vorrede zu seiner Übersetzung der Trojanerinnen (1625). Hg. Herbert Jaumann. Stuttgart 2002, 53.
2 F. Ludwig leitete F. Christians Gedichte tatsächlich an Diederich v. dem Werder (FG 31. Der Vielgekörnte) weiter, s. 401029. Mit 401215 könnte Werder seine Durchsicht der Verse Christians F. Ludwig zugeschickt haben. Zu F. Ludwigs eigenem Trauersonett auf Anna Sophia s. 401117 K 2 u. I. Vielleicht hat auch Werder ein Trauergedicht beigesteuert, s. 401117 K 3.
In ihrem Brief vom 3. 8. 1640 an ihren Bruder F. Christian II. (FG 51) hatte Pzn. Anna Sophia v. Anhalt-Bernburg (AL 1617[?]. PA. TG 19) das zitierte Postskript hinzugesetzt. Die Vermutung bietet sich an, daß sie damit Christian den Vorwurf machte, der habe Geld für die Du Bartas-Subskription, nicht aber für ihre Kur und für andere wichtigere Zwecke. Das gemeinte Buch, dessen Druck nur durch Subskription finanziert werden konnte (vgl. zuletzt 400714 u. 400810), enthält die nach den Sepmaines des Guillaume de Saluste sieur Du Bartas von Tobias Hübner verdeutschte und von F. Ludwig und Diederich v. dem Werder revidierte Lehrdichtung Hübner, Fürst Ludwig, Werder: Die Erste und Andere Woche (1640). In dem erwähnten Brief hatte Anna Sophia ihrem Bruder von ihren wenig erfolgreichen Versuchen berichtet, durch Verkauf von Wein und Schmuck zur Finanzierung der Reise Christians nach Regensburg (vgl. oben K 0) beizutragen. Christian hatte ihr schon zuvor versprochen, den Sauerbrunnen für sie zu besorgen. Im eigentlichen Brief hatte sich Anna Sophia dafür auch bedankt: „[...] wirdt mir der sawerbrunnen zutraglich vndt nit schädtlich sein vndt sag ich EH. [336v] demüthigen dank für dero forsorge[.] ich bin solcher nit Werht Gott segne EH. dafür [...] sonst wüntsch ich in allem das EH. diese reiße ohne pediment thun mögen[.] EH. obligiren mich gewislich zu hoch sich gegen mir so brüderlich zu erweisen vndt das sie doch vmb meiner gesundtheit alles zurücksezen wollen. Vnser Herr Gott vergelt es EH. Ja 1000fältig[.] ich weis Gott wirdt es auch thun vndt ich begere EH. hinwider nach allem vermögen zu dienen[.]“. Dennoch siegte Anna Sophias Verzweiflung über ihre Bescheidenheit und sie bat Christian, sie doch auf seiner Reise nach Regensburg, wenn er sie eventuell doch unternehme, nach Eger mitzunehmen: „[...] ist ein grosser vnterscheidt wie EH. wissen wan man den brunnen an den ort selbst trincken kan als wan man ihn hollen läst[.]“
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