Samstag♄ den 1. ⁄ 11. Aprill: 1637.
<Astrologisches Symbol für den Glückspunkt (Pars Fortunae) = glücklicher/erfolgreicher Tag⊕ Lucta Victrix.>
Meilenm. | |
Von Wischa nach Wien
Vndterwegens die Kayserlichen lusthaüser, Neẅbeẅ, vndt Eberßdorf besichtigett. Es hat in dem ersten, drey schöne gärten, viel thürne[!], vndt gänge alles mitt kupfer gedecktt, aber kein sonderlich <Stadtlich> wohnhauß, in dem andern aber ist das Pallatium schön gebawet, vndt es seindt viel zimmer, vndt gelaß, darinnen zu sehen, auch ein gärtlein darneben. Der Kaysera || [[Handschrift: 396v]] Der Kayser hat gar oft zu Eberßdorf sich pflegen aufzuhalten. Jst ein viereckitt pallatium. hat einen innern kleinen hof, vndt einen großen vorhof, an dißen beyden seitten, noch feine gebeẅde, am pallatio ange- henckt sein, vndt in allem, vber die hundert zimmer, allda haben soll, <vndt darüber.>wiewol mir daßelbige nit recht eyn will. Wjr haben auch Fünf gro Tatzbären allda gesehen, (wie man sie nennet,) im graben. Müßen alle tage, zehen große brodt haben, so Sie verzehren. |
4 |
Nach dem wir alles mitt guter weile,
vndt lust betrachtett, vndt auch das eine fasten-
mahlzeitt im wirttshause zu Eberßdorf gehalten,
seindt wir bey den gehöltzen vorüber
nacher Wien, gegen abendt angelangett,
vndt haben sehr viel hirsche vndt wildpret,
nach aller lust, gegen abendt<im holz vndt felde> gesehen. Zu E-
berßdorff, ist auch ein freyes vogelhauß am garten,
an stadt einer voliere, da hineyn die vögel auß:
vndt einfliegen können.
Der eine garten, zum Neẅen gebeẅ, ist ein
Bawmgarten, b die andern beyde seindt schöne
|| [[Handschrift: 397r]]
lustgärten. An dem einen stehen noch zween
gärtlein vbereinander, also daß drey garten
gleichsam in einem seindt. Es hat auch in den
compartementen Kayserliche vndt Oesterrejchische
wapen von buchsbawm hüpsch gemachtt, vndt
ein Jrrgarten. <Zu Neẅgebeẅ, hats auch ein Echo;
welches 8 mahl antworten soll, hat mir nur zweymal respondirt.> <wegen
des
starcken
windes,>
Man sagt vor gewiß, der Fürst in Siebenbürgen
Ragozj, habe allbereitt etzliche Fahnen wieder
den Türgken außgeben laßen. Allhier zu Wien,
ist gestern eine Türckische Bohtschafft ankommen.
Jch habe mich erfreẅet, daß ich gleichsam per
accidens, mitt einem stein drey würfe gethan,
in dem ich mitt einer rayse, nicht allein in
Vngern, gezogen, sondern auch die beyden schönen
örtter, Eberßdorf vndt Neẅgebeẅ besichtigett.
Gestern ist der Oberste Löbell, Stadtoberster
allhier zu Wien, in arrest genommen worden, pour n'avoir
pas bien mesnagè, les payes des soldats.
Die flagellanten haben sich am gesterigen Char-
Freytage sehr starck gegeißelt, vndter andern,
hat sich einer mitt einer wagenkette dermaßen
zugerichtett, daß er (wie leichtlich zu erachten)
darüber etzliche löcher sich selbst in lejb geschlagen,
vndt vermuhtlich sterben wirdt. heütte geißeln sie sjch wieder.
Sonntag☉ den 2. ⁄ 12. Aprill: böser/gefährlicher/schädlicher/unglücklicher/unglückseliger Tag (tatsächlich oder befürchtet)ꘉ böser/gefährlicher/schädlicher/unglücklicher/unglückseliger Tag (tatsächlich oder befürchtet)ꘉ böser/gefährlicher/schädlicher/unglücklicher/unglückseliger Tag (tatsächlich oder befürchtet)ꘉ
<Ostern nachm Neẅen kalender.>
<Ostern nachm Neẅen kalender.>
Alle Osternbesoldungen meines Regenspurger comitats,
seindt allhier, vndt zu Paßaw, richtig gemacht worden.
Es jst heütte am Kayserlichen hofe, alles voller devotion
gewesen. Jch habe in meinem losament, mich
inne gehalten, vndt (obiter) Ostern gefeyert.
Zeitung daß der hertzogk Bogislaus in Pommern,
Nota Bene der letzte seines Stammes, vndt Nahmens, mitt
Todt abgegangen. Jst eine zeittung von großer
consequentz, wegen besorglicher neẅer vnruhe,
vndt eingriffs der Schwedischen.
Der Chur Säxische geheime kammerdiener Löbzellter,
ist auch heütte auf der post ankommen, mitt
schreiben an Jhre Kayserliche Mayestät[.]
Jouè aux cartes, apres disner, apres les devotions
achevèes, <avec Nostiz, picquet.>
Nach verrichteter privatdevotion, habe ich einem
landtkuzscher auß Böhmen zugesehen, wie er
einen hanen, mitt federn, vndt flejsch, aufgefreßen,
auch ein par handtschuch, mitt peltz gefüttert,
mitt leder, franßen, vndt peltzwerck, biß ich
ihm nicht länger zusehen mögen.
Der allte Löben ist mein gast zu Mittage gewesen.
Apres disner, i'ay jouè aux cartes; puis suis allè
pourmener en carosse au Prater, voir les beaux
lieux de playsance, & tant de cerfs, <(>comme appri-
voysèz<)> en chemin.
Darnach hat mich der Meckelburgische Abgesandte,
Milde besuchtt.
Abermahliges <9<10>.> malum omen, daß der Kayßerliche
Obrist kammerer, Graf von Buchhaimb, (zu dem ich wegen
beförderung meiner<s> anbringens, herrn Loẅen geschicktt)
heütte durch absterben seines Töchterleins, sehr be-
trübet worden.
Zeitung das die Kayserliche armèe vom Banner aufs
haüpt geschlagen, vndt er recta auf Bayern
zu, gehe.
Jtem: daß herzogk Adolf von Mecklenburg den Kayserlichen
inhibitorialen nicht pariren will, sondern
das kindt von Güstero, hejmlich weggebracht, vndt
verschicktt habe.
Jtem: daß Arnheim von den Schwedischen in arrest
genommen seye, zur repressalie deß Graf Bran-
densteins arrests zu Dresen[!].
Jtem: daß herzog Franz Albrecht in gefahr, wegen
ezlicher correspondenzen.
Die Gräfin von Rivara (so in vnserm losament
logirt) hat mir zu vertreibung der zeitt,
eine visite offeriren laßen, ich müste aber,
die karten selber mittbringen. Alß
ich darauf höflich (iedoch etwas dilatorisch,
wegen eines schreibens, nohtwendig an <die> Kayse-
rinn, vndt anderer negocien halber, insonderheitt
daß ich vermeint alhier incognito zu sein,
vndt mir die zeitt nicht lang würde,
<wollte aber noch occasion suchen sie zu visitiren>)
geantwortett, jst Sie alsobaldt; hinweg
in die Stadt gefahren, vndt spähte wieder
heim kommen. Je n'ay donc pas bien comprins,
le jeu des cartes! <de ceste pütain, comme on sceust depuis.>
Nota Bene[:] Ein portitor zu hof hat berichtet, der Kayser
wüste nicht anders, alß daß ich wehre
auf der post hehr kommen, vndt auf der post
wieder darvon gezogen. Favor aulicus!
An die allte Kayserinn, ein condolentzschreiben
wegen tödtlichen hintritts weylandt Kayserlicher
Mayestät Meines Allergnädigisten herren, abgehen laßen,
durch Loẅen dieser tagen gebe gott zu insinuiren.
Die Grävin von Rivara jst ejne wittwe, auß
dem Fürstenthumb Troppa bürtig, eine Matzkin von geschlechtt.
Jhr herr war ein wellscher, <Graff.>
Vormittags, bey schönem wetter, in Prater
spatziren gegangen, weil er nicht weitt von
Meinem losament, (dem güldenen lämblein in
der vorstadt, an der Donaw) entlegen.
Der Meckelburgische abgesandte Milde hatt
mitt mir Mahlzeitt gehalten, vndt eben
schreiben bekommen, daß herzog Adolf von Mecklenburg
den insinuirten Kayserlichen inhibitorialen nicht
allein nicht pariren wollen, sondern auch noch
darzu in præsentz Meines brudern Fürst
Friederichen, herzog Jochem Ernsts von hollstein,
vndt anderer (welche darwieder solenniter pro-
testirt <an Stadt Meiner Schwester der wittiben>, coram Notario &cetera) das kindt von Güste-
row wegführen laßen, wie sehr es auch geschrien,
vndt sich gewehret, wie sehr auch Meine Schwester
die hertzoginn vndt Freẅlein Christina davor
gebehten, vndt obschon Freẅlein Christina mittzie-
hen wollen, hat man es ihr doch nicht verstatten
wollen. O nefanda barbaries, & Tyrannis
inaudita! <Nach Bützaw auff seiner eigenen haüser eines, hat er
es führen lassen.>
Nachmittags habe jch die Grävjn von Rjvara besuchtt.
Jn den feriis, pflegt der Kayser keine audienz zu geben.
Mittwoch☿ den 5. ⁄ 15. Aprill:
Die Thore seindt heütte zugesperret worden,
wegen eines begangenen Todtschlags.
Jch habe Bürgemeister[!] Mosers sejnen
schönen garten vormittags besehen.
Nachmittags vmb drey vhr, bey der itztregie-
renden Römischen Kayserlichen Mayestät Ferdinando IIIo.
durch introduction des Grafen von Puchhaimb
Obristen kammerers, audientz gehabtt. Jhre Mayestät
haben gar gnedigst meine condolentz,
vndt gratulation aufgenommen, auch
sich erkläret, mein gnädigister Kayser zu verblei-
ben wie dero herzliebster herrvatter Sehliger
gewesen, meine offerten auch sehr wol acceptirt,
vndt sehr human, vndt leühtsehlig gewesen.
Sie befahlen mir auch, meine ferrnere
Der
anliegen, schriftlich memorialsweise eingeben
zu laßen. <Erlaübten mir auch gar gern wieder nach hause[.]>
Jn der anticamera sprach mir auch zu, Graf Philjps
von Manßfeldt, vndt der allte Graf
Kysel, gewesener Obrister kammerer,
Jtem: der herr Poppel des herzogk Julij henrjchs von Saxen
Sein Schwager, welcher nach dem Grafen von Puchheimb,
|| [[Handschrift: 400r]]
bey wehrender indisposition des herrn von Remßthaler
der vornehmste <introductor> ist, vndt gar höflich sich anerbotten.
Jtem: der Reyne Mere auß Frankreich ihr agent1, etcetera[.]
Es waren gar wenig leütte in der anticamera
dieweil mir der Kayser gratificiren, vndt
gleichsam eine Privat audientz geben wollte.
Der Meckelburgische abgesandte, vndt herr Loẅ
fuhren mitt mir, vndt begleitteten mich zur
audientz. Nebenst meinen leütten, war
auch eine aufwärter vom Marggrafen von
Brandenburg geschicktt, welcher seines herren
kutzsche, mitt 6 pferden, vndt vndt lackayen,
mir zubrachte, vndt mir aufwarten half. Jch
muste weitt vmb, zum Kärner Thor, hjnein fahren,
dieweil alle Thor noch vmb des Mörders willen
verschloßen wahren. Pro malo omine,
im hinfahren zur audientz, fand ich ejnen Tod<t>en
Mann am wege liegen, welcher ertruncken war
im Stadtgraben, bey gesterigem wolleben.
Donnerstag♃ den 6. ⁄ 16. Aprill: <Vnser grüner donnerstag,
nach dem allten kalender.>
Nach Orange an herrn von Dona, benebenst Nostitzen, geschrieben.
Schenckringe vom Jubilirer Jacob Michael erkauft, etcetera[.]
Meine Memorialia, 1. Jn der Aßcanischen,
2. Meckelburgischen 3. vndt Wirtembergischen wittwensache,
4. wegen der salvaguardien vndt manutenentzschreiben,
Jtem: 5. in meinen hofkammer prætensionen, durch herrn
Grafen von Buchhaimb, dem Kayser insinuiren
laßen. Jhre Mayestät seindt aber heütte,
sehr occupat gewesen, weil eben der Pollnische
gesandte, diesen vormittag, vor seinen König,
von dem Kayser, vndt der Princeßin Cæci-
lia Renata, daß jawortt weggekriegt.
Der Kayser hat die Princeßin zu sich fordern
laßen, ihr zu gratuliren, vndt hatt
mitt ihr in seiner anticamera Tafel gehalten.
Den paß nacher hauß, zu vndt in hollstein
zu raysen, von Jhrer Mayestät vndterschrieben, in
optima forma, erhalten, auß der kriegscantzley,
Graf Schlick hat ihn auch vndterschrieben, vndt
ein Secretarius ex consilio bellico, wie braüchlich.
Nachmittags ist der herr Marggraf Christian Wilhelm,
gewesener Administrator zu Magdeburgk, zu mir
kommen, in mein losament, vndt hatt mich besuchtt,
da wir dann gar vertraẅlich mitteinander geredet.
Thomas Benckendorf abermals nach hoffe Nachmittags geschicktt, ob
etwan ein Kayßerlicher bescheidt zu erhalten.
Der Ertzhertzoginn kammerdiener Nauwach (de
mon ancienne connoissance) hat mich besuchtt, vndt
allerley gute sachen referirt.
Der Thäter, vmb deßen willen die Thor zuge-
sperret gewesen, ist ertapt worden, bey hörnalß.
Er soll des La<e>ßle lackay gewesen sein, vndt
allbereitt mehr Mordt begangen haben. Wjrdt
ihm ohne zweifel, sejn rechtt wiederfahren.
Zeitung daß der Banner vber die 800 flegken vndt
dörfer in den ländern, Meißen, vndt Düringen,
in die asche gelegt, vndt gewaltig grassire, auch
sich des fortheilß, des Elbpaßes zu Torgaw, ge-
waltig gebrauche.
Es hat heütte vom Kayser, wegen vieler occupa-
tionen, geheimen Rahts haltung, vndt anderm,
noch kein bescheidt auf meine Memorialspuncta erfolgen
wollen. Jl semble, que les modernes Grands,
soyent fort altiers, & difficiles.
Freitag♀ den 7. ⁄ 17den: Aprill:
Frayeur nocturne extraordinaire hier au soir arrivèe a
moy mesme & a trois de mes gens, en un jnstant,
un'heure environ, avant minuict.
Vormittags bin ich in des Stadtrichters garten spatzirt,
darnach in Kilemanns seinen schönen garten, vndt
artige lusthaüßer, darinnen allerhandt waßer-
werck, feine zimmer, vndt hüpsche gemählde zu
sehen. Der garten ist raümlich vndt wol disponirt.
Kilemann ist ein kaufmann gewesen, numehr
ein landtherr worden, nach dem er einen eisernen
brief vom Kayser bekommen, daß er seine creditores
nicht zahlen darff. Jn diesen garten, pflegt der
Kayser, vndt Kayserinn, ie zu weilen zu
spatziren.
Meilenm: | |
Nachmittags habe ich den herrn Marggrafen, (gewesenen
Administrator zu Magdeburg) besuchtt in Jhrer Liebden losa- ment, vndt also die visite wieder geben. Dar- nach bin ich mitt dero kuzschen nach Laxemburgk gefahren, daßelbe zu besichtigen. Jst ein Kayserliches lusthauß, auf drey meilen von Wien. Thut also hin vndt wieder |
6 |
Es seindt vber die hundert zimmer darinnen,
vndt allerley iägergemälde vom vorigen Kayser,
dann Jhre Mayestät sich oft daselbst zu recreiren
pflegten, insonderheitt mitt der Reigerbeitze.
Jst so schön vndt prächtig bey weittem nicht dispo-
nirt alß Eberßdorf, aber doch wol zu bewohnen.
hat auch einen feinen Thiergarten darneben
|| [[Handschrift: 402r]]
in welchem ein 300 dänle zu befinden, derer ezliche
30 diesen kalten wintter vber sollen erfroren sein.
Es hat auch einen Meyerhof, oder Fuhrwerck am
Schloße, darinnen die Kayserinn, Schweitzer vieh
gehalten. Vndter dem Thor des schloßes,
stehet, gar ein großer schwehrer eyserner Tolch,
Jtem: oben ist aufgehenget, eine riesenrippe oder
gebein, ein großes risenschwehrt, vndt Tolch darneben.
Der itzige Kayser, (welcher zwar, nicht so große
lust zum iagen hatt, alß der vorige, auch ezliche
Jäger abgeschafft hatt) wirdt Morgen wils Gott,
zum erstenmahl, sieder er Kayser ist, hinauß
nach Laxemburg, auf die Reyherbeiße.
Abends spähte wieder nach Wien kommen, vndt
Thomas Benckendorf zu hause funden, welcher meine expeditiones
promoviren sollen. Es hats zwar der Kayser be-
fohlen, aber die sachen stehen noch in dilatorischen
terminis bey den iehnigen, so Sie beobachten
sollen, alß herr von Strahlendorf, Graf Schligk,
vndt herr von Colobradt hofkammerpræsident. Jl
semble, que mes affaires jront a la longue, comme
de coustume. Dieu vueille, que j'aille, sur
un pied de plomb, & avec bon fondement.
Der bohte von Lintz ist wiederkommen, hat
mir vom herrn Caspar von Starhembergk, Presidenten2
allda, gar höfliche, aber dilatorische antwortt
mittgebrachtt.
Jch habe der Juden ceremonien in ihrer Synagoga
zugesehen. Sie ziehen ihre hüte nicht ab, wann sie
behten, knien auch nicht nieder, stehen nur auf, vndt
verneigen sich mitt dem leibe. Sie haben viel
gesungen vndt gebehtet. heülen erbärmlich,
schreyen vndt halten ihre ohren zu, vndt stellen
sich zimlich vngebärdig, an. Es wehrete wol
4 stunden, daß sie baldt sungen, oder vndtereinander
blerreten, baldt bähteten, alles auf hebreisch.
Darnach wurde eben eine beschneidung
gehalten, welcher ich gar eigentlich zusehen können,
wie zu Venedig. Sie schnitten mitt gar einem
schönen Meßer, (daran ein großer Stiel von
einem schmaragdt, mitt demanten vndt
rubinen sonst versezt, an in eingefaßtem
golde) dem knäblein am 8 tage, ein <gut> stück von
der vorhautt ab, reißen darnach die ander hautt,
mitt den spitzigen daumnägeln voneinander,
vndt saugen mitt dem Maul das blut auß.
|| [[Handschrift: 403r]]
Streẅen darnach ein heilpulver auß einem
schönen güldenen mitt edelgesteinen versetzten
schächtelein drauf, der<vndt> Trincken auß einem
becher wein das bl<drauf.> Blerren vndt singen
wieder darnach. Soll zum lobe Gottes, angesehen
sein. Die weiber stehen nicht vndter den
Männern, sondern absonderlich, auf der bohrkirche,
vndt vndter derselben, in vergitterten Stühlen.
Ein Medicus war auch bey der beschneidung. Sie
freẅeten sich sehr, daß wir Christen ihnen
zusahen, (wiewol Sie mich nur vor einen
Freyherren erkandten) vndt waren willig
vnß alles zu zeigen. Es hat keine bilder in ihrer
Synagoga, sondern nur angeschriebene hebr<äische> sprüche.
Jhr gesez halten sie sehr in ehren, nahmen
es zweymal herauß, küßeten es vndt
lasen darauß. Sie sprachen auch einen
segen, vor den Kayser Ferdinandum III.
auf hebräisch, vndt daß ihn Gott wieder seine
feinde obsiegen laßen wollte. &cetera
Es soll nur 106 eingeseßene Juden allhier haben,
geben dem Kayser iährlich ordinarie 10000 Gulden (florenus)f: ohne
die extraordinariis verehrungen zu solenniteten, Neu Jahr, raysen,
vndt dergleichen.
perge perge Jm sjngen, sperreten sie das maull weitt
<auf vndt> voneinander, zerretens, mitt vnförmblichem
Thon, einer sunge einen sehr tieffen baß,
als ich baldt einen gehört habe, vndt
sumsete bißweilen wie eine posaune,
bißweilen schnatterte er geschwinde
darzwischen, wie eine ganß. Zu weilen
fiengen sie alle zugleich an lautt zu
ruffen im singen, altt vndt iung. Zuweilen
blerrete einer allein. Vndterzeitten zwey oder,
drey. Nachmittags, wirdt einer predigen.
Es ist ein mittleyden, mitt den armen verblende-
ten leütten, zu haben, wiewol ihre verstockung so
<gar> verfinsterter hertzen, ejnen Christenmenschen
auch billich zu zorn bewegen sollte.
Sie sagen, sie knien nur dreymal im Jahr
nieder, offentlich in ihrem gebeht, ziehen aber
keinmal die hüte oder baretlein (wie Sie
allhier pflegen zu tragen) in der Synagoga abe[!],
weder vor Gott, noch einigem Menschen.
Wann sie ihrer glaubensgenoßen s einen
sehr ehren wollen, (wie in meiner præsentz
einem Juden, welcher gestern von Posen ankommen
wiederfahren) so lassen Sie ihn in der Synagoga das
|| [[Handschrift: 404r]]
gesetz kaüffen, welches fail außgeruffen wardt
vmb drittehalb biß in 3 Gulden (florenus)f: vndt wer am
meisten gibt, der machtt die Tafel auf darhin-
der wol ein 5 gesezbücher Mosj eingewickelt
stunden, auf Pergamen <gar schön> geschrieben, davor behten
sie. Das geldt aber kömbt ihren armen in ihrem
spittal zu, dann sie leyden keine bettler.
Also bestunde die ehrerbiehtung darinnen
daß er die Tafeln aufthun dorfte.
Sie hallten ihre Feyertage, Sabbather,
Neẅmonden, paßah, pfingsten, Neẅ Jahr[,]
lauberhütten, etcetera etcetera[.] An stadt der
opfer, weil Sie zu Jerusalem nicht opfern
können, haben sie gebeht gemachtt, vndt
seindt alle mitt weißer leinewandt, oder
atlaß, oder damaßke verkapt gewesen, die
in die Synagoga gegangen seindt. Es hat
gar reiche Juden allhier, vndt ezliche vndter ihnen,
seindt gar wol bekleidet gewesen, etzliche
auch gar schlechtt. Sie bähten alle zugleich,
vndt plappern es gar geschwinde aufeinander,
welches vns gar wenig devotion erwecken können.
Jch habe mich verwundert daß Sie es so geschwinde heraußer
werffen können, auch kleine kinder, von 6[,] 7 iahren.
Sonntag☉ den 9. ⁄ 19den: Aprill. <Alte Ostern.>
Der allte Loẅ ist bey mir gewesen, gar
mitt guten vertröstungen, wegen beförderung
meiner expeditionen.
Nauwach war mein gast zu Mittage.
Vorzeitten, war er Kayserlicher Cammer Musicus,
sei hernacher kammerdiener der Ertzhertzoginn,
itzundt wirdt er ihr Schatzmeister vndt
zahlmeister in Polen werden, wann Sie in
Polen Könjgjnn wirdt.
Zeitung daß die Schwedischen, noch im lande zu
Meißen, gewaltig grassiren, <vndt brennen.>
Nachmittags ist der Marggraf von Brandenburg wieder
zu mir in mein losament kommen, vndt hatt mitt
mir gesprachet, auch abschiedt genommen, vndt
ein schreiben an Seine gemahlin mir anvertrawet.
Darnach bin ich spatziren gefahren, vndt
habe ihn ohngefehr auch spatzir fahrende wieder
angetroffen, da seindt wir mitteinander
in den Pegelhof, allda favorita genandt,
gefahren, vndt haben der allten Kayserinn
schönen garten, vndt lusthauß allda besehen.
|| [[Handschrift: 405r]]
Es hat auch feine grotten daselbst, vndt
in eine schöne antiquiteten darinnen. Jn
einem gewölbe stehen viel kleine
pomerantzenbaẅme. Der Sahl im
lusthauß ist auch gar hüpsch, allda wir
vorm zwey Jahren, auf der ChurBayrischen
hochzeitt, dem Kayserlichen bancqueet zugesehen.
50 schritt lang, vndt 20 breitt, ist der
Sahl, ohne seülen, mitt Mahlereyen
gezieret, vndt zimlichb hoch. Es hat auch
sonsten noch zimmer im lusthauße.
Jm rückwege hat mich der gute
allte herr, der Marggrafe, mitt gewaltt,
biß in mein hauß begleittet, vndt
weil er zu abends nit zu eßen pfleget,
nicht bey der Mahlzeitt verbleiben
wollen.
Wir seindt im rückwege gantz
vollends, vmb die Stadt gefahren.
Milde a passè devant mon logis, & ne
m'a veu de quattre jours. et cetera
Die Türckische bohtschaft, habe ich heütte
bey meinem losament vorüber gehen sehen.
Es waren nur vier personen3, haben weder
pferde noch wagen bey sjch.
Der Meckelburgische gesandte Milde, hat mich
besuchtt, vndt sich excusirt.
Nauwach, jst bey mir gewesen. heütte
ist die Ertzhertzogjnn, vor eine Königjnn
in Polen, der hofstadt, publicirt worden.
Morgen gebe gott wirdt der Pollnische gesandte, <Maximilian>
Przeremßky, von hinnen, nacher Warßaw,
verraysen, vndt ein ander hergeschickt
werden, die Erzherzoginn abzuholen. Er ist
ein Senator Regnj Poloniæ vndt ein Castellanus,
auch vom vorigen Kayser, in andern legationen,
zum Graven gemacht worden.
Der allte herr Pettinger der Ertzhertzoginn
Obrist hofmeister, hat mir seine vndterthänige dienste
vermelden, vndt mir sagen laßen, er wollte
mitt mir, auß bewuster sache, vertraẅ-
lich reden, wann ichs Morgen gebe gott zwischen 6 vndt
7 vhr frühe leyden köndte.
Auff den abendt, bin ich also vnbekandter weyse,
in die Stadt, inß wirtzhauß zum weißen Schwanen
gefahren, in meynung den Türckischen Gesandten
eßen zu sehen. Es hat aber nicht sein können.
habe ihn aber doch also eben so wol gesehen,
vndt contempliret. Er ist alsobaldt aufge-
standen, wie wir inß gemach hinein kommen,
hatt mich zu sitzen gebehten, vndt gar höfliche
feine Sitten an sich gehabtt, auch gar ver-
nünftig dißcurrirt. Vndter andern sagte er
mir, es hieße der Türckische Kayser
<Sultan> Murath, wehre des Sultan Oßmanns,
vndt Sultan Mustafa (welcher noch lebte
aber in seinem gebeht zu Gott, ein heiliges leben führete)
ihr bruder, etwan ein Jahr ällter, alß vnser
itziger Römischer Kayser. Sein vatter wehre
Sultan Achmet gewesen. Wünschte den frieden,
wie sein Kayser, denn sie hetten eben so
wol arme leütte, in ihrem lande, alß wir
hetten, vber die es gemeiniglich in kriegen auß-
gienge, vndt wenn Gott ein landt strafen wollte,
|| [[Handschrift: 406v]]
"so schickte er krieg inß landt, es zu verderben. Ja
"so lange die wellt gestanden wehre, wehre alle-
zeitt krieg gewesen, auch also daß oftermalß
zween brüder wiedereinander gestritten hetten,
doch wehre es ein großes elendt. Sie die Türgken
sähen eben so wol gern friede alß wir Christen,
"vmb des armen volcks willen, dann wann
"alles verderbt wehre, wovon köndten sie selber
hernach leben oder sich erhalten, da sie doch auch
landtgühter zu ihrem vndterhalt hetten.
Führete also schöne vndt vernünftige, gar
nicht Barbarische dißcurß. War ein
langer schwarzer Mann, mitt einem
großen gesichtt, vndt guter mine, ganz
auf Türckisch bekleidett, auch mitt
dem weißen turban, vndt rohten haüblein
darinnen. Die andern 3 Türgken, so bey
ihm wahren, giengen auf vngrisch bekleidett,
Es zoge aber keiner von ihnen seine haube ab,
so wenig alß er seinen bundt. Verneigeten
sich aber sehr, mitt dem leibe, vndt der gesandte
that die handt küßen, vndt stellete sich
|| [[Handschrift: 407r]]
als wollte er mir die handt geben. Wir
machten es aber auf Spannisch, vndt ich ließ
auch meinen hut stehen, machte besolas manos
wie Sie. Er endtschuldigte sich anfangs,
wo er mich nicht nach Standes gebühr respec-
tirte, weil er mich nicht kennete, wüste
sonst wol, daß alle ehre vndt Respect allen
den iehnigen, so der Römischen Kayserlichen Mayestät
aufwarteten, oder von deroselben an ihn geschickt
würden gebührte. Jch satzte mich ein we-
nig wie er so starck drauf drang, weil
er sich aber nicht sazte stunde ich wieder auf,
endtlichen lange hernach, bahte ich ihn
wieder, nieder zu sitzen, so satzte er sich
auf einen Türkischen Teppich, auf der erden,
vndt ich mich auf einen Stul. Er trancke
mir eines zu, auß einer Flasche guten
weißen weins, Jch mochte ihm nicht bescheidt
thun, sagte, ich trüncke keinen wein,
ließe Nostitzen vor mich trincken. Er
wunschte mir viel glück von Gott dem All-
mächtigen, vndt ich ihm wieder auff seine rayse.
|| [[Handschrift: 407v]]
Es erschiene auß seinen dißcurßen, daß der
Türckische Kayser, müste krjeg, mitt dem
Persianer haben, dann wie ich ihn fragte,
da gab er mir dieselbige schlauhe vnver-
"fängliche antwortt, es wehre krieg gewesen,
so lange die weltt gestanden wehre, vndt
mitt den zween brüdern, wie vorgemeldett.
Daß Sultan Mustafac zu Florenz anno 1613
gewesen4, wollte er nicht gestehen.
Er heißt Aljaga, ist vom Bascha von Ofen,
hieher geschicktt im Nahmen des Türckischen
Kaysers, hatt aber nur, bey Graf Schljgken,
kriegspresjdenten nicht bey vnserm Kayser
selber, audientz gehabtt. Jch fragte
ihn auch, durch den dollmetzscher, ob eine
andere bohtschaft, würde hernacher kommen,
da sagte er, die beyden Kayser
"würden durch schreiben oder durch ab-
"schickung dahin trachten, wie gute
Freündtschaft vndt Nachbarschaft
möchte vndter ihnen erhalten werden.
Es war ein kluger verschlagener Mann, ich
|| [[Handschrift: 408r]]
hette gern mehr vndt länger mitt ihm geredet,
aber der dollmetzscher war voll vndt
nicht viel nütze, auch sehr verdroßen des
Türcken rede zu verdeützschen. Die
Türckische sprache lauttet sehr Mannlich,
wiewol Sie auch etwas rauh zu sein scheinet.
Dienstag♂ den 11. ⁄ 21. Aprill.
Der Erzhertzogjnn jhr Obrist hofmeister herr Pettinger, hat
sjch heütte frühe endtschuldigen laßen, daß er wegen
etzlicher audientzen, vndt anderer sachen, nicht sich
einstellen köndte, wollte aber sehen, Nachmittags,
oder Morgen frühe, wo ferrn ich allhier verbliebe,
oder zu hause anzutreffen wehre. Jch habe es
auf andere gestellet, daß ichs wol durch Johann Löw
wollte verrichten laßen.
Bin hernacher auf die Kayserliche reittschule
gegangen, vndt habe etzliche pferde reitten
sehen. Darnach in den Stall darinnen jch
auch vndter andern, einen grawen wallachen
gesehen, welchen der itzige Kayser in der Schlacht
vor Nördtlingen geritten.
Jm rückwege, habe ich einen armen Sünder,
<auf>hencken sehen.
Jn vertrawen habe ich erfahren, daß der
Kayser in kurtzem, mitt eingezogenem train
werde nacher Prag verraysen, sich daselbst mitt
ChurSaxen vndt ChurBrandenburg zu abbouchiren.
Risposta cortese, mà rifiuta<o> dal Principe d'Eg-
gemberghe, che sj scusa sopra glj grand<issimi>
dannj, che patisce, nella moneta.
Der allte Johann Löw ist bey mir gewesen, mitt
gar guten vertröstungen vom Kayserlichen hofe, wegen
der salvaguardien, vndt anderer sachen.
L'Empereur voyant que l'on abusoit de la
grande debonnairetè de Sa Majestè Jmpériale defuncte,
commence a se monstrer plus severe & avec tres-
bonne rayson. N'a gueres un Colonel
croyant se rendre aggreable par des rapports
de bonne nouvelle, & les contant a Sa Majestè[,]
elle en voulut voir les lettres escrites aux-
quelles le dit Colonel se rapportoit fort libre-
ment en tesmoignage de son dire. Or comme
il fallust monstrer les dites lettres, on ne
trouva pas dedans ce qu'il asseuroit. L'Empereur
luy fit dire qu'il ne devoit plus retourner
avec telles nouvelles, autrement il luy feroit
|| [[Handschrift: 409r]]
voir autre chose, luy pardonnant pour ceste fois.
Devant peu de jours, le Docteur Söldner Reichshofraht
fut accusè de quelqu'un a cause de ses
lenteurs (ordinaires) aux expeditions.
L'Empereur luy en fit donner une rude repri-
mande & correction, par le Vicechancellier
<Baron de> Strahlendorf. Depuis peu l'Empereur
(moderne aussy) fit la grace au Docteur Gebhardt
quj est mesmement Reichshofraht, de luy escrire
en son absence quelque mandement. Le
bon Docteur, quj croyoit, que c'estoit assèz,
de respondre de bouche a l'Empereur quand il vien-
droit en bref icy, en a tellement offencè Sa Majestè
que l'on craint qu'il sera degradè de sa charge.
Die Türckische bohtschaft ist heütte aufge-
brochen, vor vnserm losament <zum güldenen lämblein>, auf der Tho-
naw nacher Preßburgk,
Nachmittags hinauß in Prater, hernach vmb die Stadt
gefahren, allda ich eine vnversehene rencontre der
Kayserinn, (so sich im seßel tragen laßen) vndt
der Erzhertzoginn, (so nachgefahren) gehabtt. Die
Erzherzogin wirdt numehr vor eine Königin in Polen titulirt.
Passè le temps, contre mon jnclination & natu-
rel, au jeu des cartes, avec Nostitz, & le Secre-
taire Thomas Benckendorf[.]
Der Erzherzoginn Obrist hofmeister, herr Pettjnger,
hat mich besuchen wollen, vndt vmb ernennung
einer stunde gebehten. Jch habe ihn auf die
reittschule bescheiden[!], allda wir zusammen
kommen seindt, vndt vnß mitteinander vndter-
redet haben. Jch habe auch etwas nachrichtung
allda, wegen meiner rayse von einem Jtaliä-
ner bekommen.
Toutes mes expeditions, sont allèes au rebours
de ce que j'esperois hier.
Der Türckische abgesandte hatt gestern mitt
seinem Schiff nicht fortkommen können, dieweil
niemands die Schifleütte zahlen wollen. Er hat
sie also mitt vnmuht selber heütte zahlen
müßen, nach dem er die gantze Nachtt aufm
Schiffe geschlafen.
Der Pollnische Ambassador ist mitt großem
prachtt heütte auffgebrochen nacher Polen zu.
Donnerstag♃ den 13. ⁄ 23. Aprill.
Von Wien nacher Preßburgk, auf einem vn-
grischen postwagen spatzirt – – – – 10 [Meilen]
wiewol es nicht achte sein mögen,
werden von ezlichen vor 8 von andern
vor 9 gerechnett. Jm wilden
Mann eingekehrt.
Erst auf Schwechat, darnach auf die
Fischa, von dannen auf Regelsprunn
alda man gefüttert zukommen.
Nahe hierbey, seindt hindter vnß, von
neẅgeworbenen Crabahten, etzliche Juden ge-
plündert worden, vndt es ist an itzo gar vn-
sicher zwischen Wien vndt Preßburgk.
Wir seindt zwar, der Crabahten ansjchtig
worden, weil ich aber nur selb 5te. vndt darzu
nicht mitt röhren oder pistolen armirt gewesen,
habe ich mich auch der Juden eben nicht anzu-
nehmen gehabtt. Es seindt hernacher auch
zween Christen, ebener gestaltt, von ihnen ge-
plündert worden. Zu dem so liegen auf
den dörfern da herumb viel Crabahten,
welche es mitt ihnen halten mögen.
Freitag♀ den 14. ⁄ 24. Aprill.
Jch bin in der Stadt Preßburgk herümber
spatziren gegangen, die vornehmsten gaßen
besichtiget, auch kirchen vndt klöster.
Vormittags hörete ich der Evangelischen
predigt zu, vndt heütte ist eben die
Rahtswahl, da sie dann gewaltig vber
ihren Freyheitten wollen gehalten haben.
La Porta des Allten Johann Löw Schwiegersohn
ist nachmittags bey mir gewesen, hat mir vie-
lerley erzehlet, jnsonderheitt aber, wegen meiner
rayse durch Polen, (wo ferrn ich mich darzu re-
solviren möchte) etwas nachrichtt gegeben.
Samstag♄ den 15. ⁄ 25. Aprill.
Von Preßburgk wieder zurückd, nacher
Wien, Erst wieder vber die Thonaw,
(wie hinüber) darnach auf hajmburg
zu, von dannen auf Petronell ein
hüpsch hauß an Deützschen Altemburg
gelegen, gehöret alles dem herrn von Pol-
heimb zu. Es ist nahe darvor ein
|| [[Handschrift: 411r]]
berg, welchen des vngrischen Königs Matthiæ
seine soldaten, sollen vorzeitten allda logi-
rendt, in Sturmhauben zusammen getragen
haben. Vnferrne darvon siehet
man rudera einer allten Stadt, welche
vorzeitten soll Troja geheißen haben,
vndt sehr groß gewesen sein, endtlich
zerstöret worden.
Von Petronell kahmen wir wieder
auf Regelsbrunn zur Mittagsmahlzeitt,
vndt erfuhren, daß die vorgesterigen
raubende Crabahten, ertapt worden,
vndt drey von ihnen, nacher Vngrischen Alten-
burg gefangen geführt worden, ezliche
aber, wehren mitt etwas beütte wieder auß-
gerißen, <vndt darvon kommen.>
Die vngern lieben sehr ihre Freyheitt,
vben drey religionen, Päbstisch, lutrisch,
vndt die Reformirten. (Daß vnsere Reli-
gion nicht zu Preßburg ihr exercitium hatt,
daran ist vrsach daß Sie es in deützscher
sprache nicht begehren, weil wenjg, oder
gar keine allda vorhanden, sonst müste
|| [[Handschrift: 411v]]
man es ihnen verstatten. Zu Tirna haben Sie
es, vndt an vielen andern ortten im Vngerlandt.
Sie haben neẅlich daselbst, benebens den
luteranern, vndt Papisten, einen bischoff5
wundt geschlagen, weil er ihnen etwas
einziehen wollen, dörfte aber vbel ablauffen.
Die vngern seindt der hurerey sehr feindt
strafen dieselbe hartt, auch am leben
wie mir deßen vornehme exempel seindt
erzehlet worden. Leben sonst zimlich bestia-
lisch mitt sauffen vndt bancquetiren,
auch mitt harter tractation ihrer
diener, vndt dann theilß mitt rauben,
vndt Morden auf den Straßen, wie dann
neẅlich 7 edelleütte destwegen ge-
köpft, vndt hernacher aufs radt geleget
worden sein, weil sie gegen Tirna zu,
die straßen beraubett, auch gemordet
haben, da sie doch eines theils gar gutes
vermögens sollen gewesen sein. Sie
richten ihre speisen nicht viel beßer zu
als in Polen, vndt wundert mich, da Sie
in einem so hitzigen lande wohnen, auch
|| [[Handschrift: 412r]]
die starcken weine trincken, vndt viel
gewürtze auf ihre speisen streẅen, daß Sie
der fornication so wenig ergeben seyen.
Vielleicht haben sie eine sonderbahre com-
plexion oder die furcht der Strafe, vndt
große jalousie, so sie vber ihre weiber
tragen, mag etwas zurückee halten.
Daß vngrische recht ist gar streng. Ein
Mann mag vmb geringes verdachts
willen, seine Fraw nieder säbeln.
Auch die gemeine hurerey ist zu Preßburg
vndter ledigen personen, am leben ge-
straft worden. Die vngrischen herren,
(ob sie schon zum theil reich seindt)
fallen sehr zum Pabsthumb, vmb zeittlicher
ehre willen, die sie am Kayserlichen hof vermeinen
zu erlangen, der gemeine hauffe ist
viel eiferiger vndt bestendiger in Religions-
sachen.
Zu Wien, habe ich alle sachen, dilatorisch,
vndt jmperfect, wieder verhoffen, gefunden.
Sonntag☉ den 16. ⁄ 26. Aprill. böser/gefährlicher/schädlicher/unglücklicher/unglückseliger Tag (tatsächlich oder befürchtet)ꘉ [...]f
Zeitung daß der Duca dj Alcala, der Princeps
legationis Hispanicæ, so nacher Cölln depu-
tirt zu Villach in Cärndten, mitt Todt abgangen.
Jst ein böses omen zu den friedenstractaten.
Jtem: daß der Churfürst von Saxen mitt den Schweden
noch vollauf zu thun, vndt nicht allein alle
seine landtkinder (so dem feinde dienen,
vndt von den Kayßerlichen im felde gefangen
worden) iustificiren laße, sondern auch
ezliche suspecte personen, alß Grafen
von Brandenstein, Obristen Schliffen, Steffan
von Gerßdorf in arrest gehlingen nehmen
laßen. An den Böhmischen grentzen
schlagen die zusammengerottirte bawren
alles todt. Viaggio mal sicuro!
Jm darmbstädtischen ist die hungersnoht
so groß, daß katzen[,] maüse, hunde, ia daß
aaß gefreßen wirdt, ia die Mütter
eßen ihre kinder. <Schreckliche exempel.>
Der Duc de Rohan hat mitt den Grisons
so weitt gehandelt, daß sie geldt von Franckreich
genommen, vndt das Veltlin occupirt, auch
alliantz mitt Frankreich geschloßen.
Jn hollandt gibts alterationes zwischen
den Frießländern vndt Staden von hollandt,
wollen wißen, wo die vielen contributiones
hinkommen. Man vermuhtet in den Nieder-
landen einen frühen Feldtzug.
Die Frantzosen seindt von den Spannischen
auß der Jnsel Sardegna vndt andern
Jnseln, geiagt vndt geschlagen worden.
L'Empereur doit partir d'icy vers
Prague (pour s'abboucher avec les deux
Electeurs Protestants) le 18. de May, styli novi[.]
L'Jmperatrice Douairiere doibt
desloger d'icy vers Grätz, d'aujour-
d'huy en huict jours.
heütte habe ich schreiben, vom 28. Martij,
von Bernburg empfangen. Es gehet ihnen
Gott lob, noch paßlich, seindt zwar sehr
verderbet, vndt mitt contributionen, auß-
gemergelt, aber doch haben Sie Gott lob,
keine einquartirung erl lange erlitten.
Die Schwedischen grassiren meistentheilß,
vber der Elbe. Vetter Aribert hat des
Marschalcks Krosigk, elltiste Tochter geehlichet[.]
Ma femme a prins la licence, de differer
le baptesme de nostre fille, jusqu'au 16me. d'Avrjl,
ce quj sera aujourd'huy, & j'ay escrit a
tant de comperes principaulx, que ce devoit
estre le 28me de Fevrier & m'est une tres-
grande honte, desdaing, & affront.
Den Nachmittag, gegen abendt, zu der Grävin
von Rivara gegangen, dahjn auch der herr Muschofsky
gekommen, ejn Maltheser Ritter, auß Schlesien,
welcher vor diesem, des verstorbenen Kaysers
page gewesen. <Nous avons tenu des discours captieux.>
On a discourru de la liberalitè de l'Empereur
defunct exercèe envers les Jesuites & autres
Cavalliers aussy, & de la retenuë de l'Empereur
d'aujourd'huy. Entre autres exemples, Sa Majestè
Jmperiale defuncte, donna unefois a un Musicien
(quj osa demander pour recompense d'une <bonne> nouvelle
d'un change de quelques millions d'or, arrivè
d'Espaigne, 30 mille florins (Gulden)f:)[,] elle luy en donna donc 20 mille florins (Gulden)f[.]
Mais l'Empereur e a present, est retenu, en sembla-
bles donations, ayant donnè a un gentilhomme
depuis peu, 230 florins (Gulden)f: pour une grace extraordinaire
que l'Empereur defunct luy avoit promise. Mais
|| [[Handschrift: 414r]]
il me semble; que Sa Majestè en a rayson.
Estant Roy encores, lors qu'il faysoit pre-
sent a quelqu'un, de dix Ducats, l'Archiducq
en presentoit 30 pour monstrer sa liberalitè
plus grande. Les Jesuites, (que Sa Majestè
n'a pas visitè encores, durant son empire,
jusques icy,) prierent l'Empereur d'aujourd'huy,
de leur permettre de continuer leur college,
j & edifices jusqu'au chasteau, de Vienne,
<ce qui eust ruinè beaucoup de gens[.]>
L'Empereur leur fit <ceste> responce: Mes Peres, vous
avèz des Eglises & bastiments assèz, prièz
y Dieu diligemment, pour la paix de la Chrestientè[,]
vous aurèz assèz a faire, contentèz vous de
tant d'Eglises et edifices qu'avèz au monde.
J'ay beaucoup d'enfans povres & nuds a
nourrir en campagne, quj sont plus necessi-
teux que vous, & me servent tresbien,
quand on n'aura plus besoing de ceux la, &
que vous nous aurèz aydè a l'œuvre de la paix
tant desirèe par vos prieres, a lors vous me
pourrèz derechef aborder avec telles demandes.
Cela sent une magnanimitè, vrayement Jmpe- || [[Handschrift: 414v]]
rialle.
Es scheinet, daß die Schweden, den vnserigen
wollen vberlegen sein, vndt daß die vnsrigen, in
Meißen, dörften den kürtzern ziehen. Je
le juge par des discours apperceus.
Es soll des Kaysers prinzeßin vndt Tochter
mitt des Königs in hispanien elltisten
Printzen albereitt versprochen sejn.
J'ay aussy sceu aujourd'huy, que
l'acierhomme6 a veu le Pape, & luy a
baysè la pantouffle, <confessant sa religion.>
Obgedachte Grävin, sollicitirt, wegen ihres ver-
storbenen herren, ezliche donationes. Jst albereitt,
e zween iahr allhier vergebens gelegen. Beklaget
sich sehr, vber die Secretarien vndt Rähte,
Es leßet sich aber ansehen alß dörfte
sie wenig oder nichts erlangen. Solche anbrjngen
sejndt sehr odioß.
heütte hatt der Erzherzog den herrn von Täten-
bach, auch einen Ritter von Malta, gewesenen
Kayserlichen kammerherren zum Obersten kammerer an
seinem hoff, proprio motu ernennet vndt er-
kohren, welches ihn gar hoch verobligiret hatt.
Die Grävin sagte mir auch, es gebe die allte
Kayserinn vor ihrem verraysen nacher Gräz
niemanden keine audienz, waß Manns-
personen wehren. Nescio
On doibt porter le dueil pour l'Empereur de-
funct, un an entier, cela a estè notifiè
a tous ceux de la cour, il y a quelque temps.
Montag☽ den 17. ⁄ 27. Aprill.
Zeitung daß hertzogk Frantz Albrechtt, zwar zu Dresen[!]
ankommen, aber durch gute leütte gewarnet worden,
sich vor den Schwedischen vorzusehen, dieweil Sie
ihn im verdacht hetten, alß hette er zu einer
zeitt allhier am Kayserlichen hofe, etwaß wieder Sie
practizirt, wie Arnheim dergleichen zu Dresen[!]
gethan, vndt darumb, wehre in arrest genommen worden.
heütte habe ich gar andere discours als gestern von
den Schwedischen gehöret, vndt es scheinet, dieselben
dörften wol, den kürtzern ziehen.
Der allte Johann Löw ist mein gast zu Mjttage gewesen.
Meine expeditiones gehen noch auf Steltzen.
Der herr Moschofßky hat mich in meinem losament
besuchtt, vndt ist hernacher, mitt mir, in Prater,
auff seiner kuzsche, spatziren gefahren.
Diesen Morgen alß der Kayser hinauß nacher Laxem-
burgk eine halbe stunde schon hinweg gewesen,
ist die Kayserinn abermal eines iungen printzens
genesen. Können sich also Jhre Mayesteten
desto leidlicher vber den tödtlichen abgang des
verstorbenen Kaysers consoliren. Gott gebe zu glück.
On m'a contè aussy hier, que l'Empereur ne ne
casse pas seulement beaucoup de chasseurs, valets,
<pages,> & plusieurs gens jnutiles, mais aussy qu'il refor-
mera les chambellans, dont l'Empereur defunct,
en avoit 500 avec la clef d'or, & l'Empereur
d'aujourd'huy, n'en veut tenir d'ordinajre,
que 10 würckliche kammerherren.
Schreiben vom Aluigj Porta:
che tall'uno, ne fà due Tedeschj. || [[Handschrift: 416r]]
Der Nauwach ist Nachmittags bey mjr gewesen,
l'Empereur donne mitt abschiedt nehmen.
L'Empereur partira vers le Sammedy, pour ac-
compagner l'Jmperatrice Douairiere.
Der Meckelburgische gesandte, hatt sich heütte
nicht eingestellet, wieder zusage. J'ay par-
lè a l'escrivain de ma soeur, de ses
procedures. Jl despend luy 4me. par mois,
120 ReichsthalerRthlr: sans l'avoyne, s'a fait bien
habiller, & est fort importun aux Conseillers[.]
Jl a eu 2 mille ThalerThlr: au commencement & en
aura encores du Duc Franz Albrecht de Sachsen Lauenburg jusques
a 4 mille & plus. On se plaint, de son orgueil,
mauvayse langue, & importunitèz.
Die Grävin hat vnß viel anlaß
gegeben, kleinodien zu erhandeln, &
d'autres choses; <dont la veuë ne m'a rien coustè.>
Vor: vndt Nachmittags bin ich ein wenig hinauß
spatziren gegangen.
Mitt lesen, conversjren, vndt kleinodien
besehen, die zeitt zugebrachtt, <zu abends,
mitt spielen.>
Mittwoch☿ den 19. ⁄ 29. Aprill:
Meine expedition der salvaguardien
wegen hat sich abermals in der kriegs-
Cantzeley lanternirt, in dem durch ein seltza-
mes fatum, diese salvaguardie zum 3. mahl
hat müßen vmbgeschrieben werden,
theilß per incuriam der schreiber,
theilß per ignorantiam seu malitiam
anderer leütte. Dieses ominirt mir
nichts gutes, besorge, es werde mir
vielleicht solche salvaguardie wenig nutz
schaffen sollen.
Mitt Juden vndt Judinnen gehandelt,
j'ay acheptè<aydè a N ai acheter> une paire de brasselets
pesants 17 zecchins, puis une petite
bouette d'or, pour un zecchin,<avec> une paire de
pendants d'oreille, pour<d'opale> pour 3 pistoles.
Vne pistole d'Espagne vaut maintenant jcy,
cinq florins, & douze creützer. Vn zecchin
deux Thalers, & 6 a 8 creützer, selon les
|| [[Handschrift: 417r]]
personnes, quj en ont affaire. Pour les
brasselets un quidam a donnè 8 zecchins,
& moy i'y ay adjoustè 5 pistoles. Mais
en contant ces 5 & 3 Pistoles (spanische Goldmünze)pist: sur la table,
& oyant cacqueter deux femmes Juifues, de
leur marchandise, i'ay perdu devant mes
yeux une pistole, ne scachant ce qu'elle
est devenuë.
Beym herrn von Colobradt hofkammerpresidenten
Thomas Benckendorf gehabtt, er hat mir mitt complimen-
ten sagen laßen, es wehre schon ein decret
in der sache ergangen, man sollte nur bey
Secretario Wagener darumb anhalten, oder
es ihm wieder berichten, wann es nicht gehen
wollte. Mais cela sera suspensif.
Vn cas estrange, m'arrivè hier, & aujour-
d'huy, de la subite indisposition de Thobias Steffeck
que je pensois envoyer vers Piccolominj
quasj comme de Monsieur Durant en France (1626)[.]
C'est un grand cas, que de la resistance contj-
nuelle d'un si fort & puissant genie, en-
nemy perdurable de mes felicitèz!!!
Siamo andatj a spasso, alla riva del Danubio.
Meine expeditiones allhier, lanterniren, comme de
coustume, a ceste cour.
herr Johann Löw jst Nachmittags bey mir gewesen, lamentandosj
de ces langueurs, & longueurs.
Je me suis resolu de m'en aller en poste
d'icy, & de laisser en arriere, quoy que mal
volontiers, Thomas Benckendorf mon Secretaire.
habe derowegen noch Neẅe Memorialia; ad refrige-
randam memoriam, an den Kayser aufgesetztt,
die ich will vbergeben laßen, wo ferrn nicht
baldt, etwas weitters erfolget. habe es zwar
kurtz in eineß gefaßett, vndt nur in genere
mich beschwehret, daß ich keinen bescheidt erlangen
können, bevorab wegen der salvaguardien,
bey welcher zurückhaltung, mir summum peri-
culum in mora gelegen. Die Secretarien,
vndt Schreiber, haben sie vnrechtt geschrieben,
zum 3. mahl, an itzo, helt sie Graf Schlick
zurückej, weil er des Lamboy hochzeitt
visitiren muß, vndt einer schiebt es immer
auf den andern, gleichsam als ob ein Fürst,
(so in der Person vorhanden) nicht eher müste expedirt
werden, als ein Agent, oder andere Privatperson.
J'ay estè voir le navire de l'Empereur quj
a menè alors Sa Royalle Majestè de Ratisbonne.
Nachmittags gegen abendt ist der allte Marg-
graf noch zu mir kommen, mich zu besuchen.
Comme on a veu ma determinèe resolution,
de m'en aller d'icy, & de m'enplaindre
a l'Empereur le Comte de Schlick m'a fait
promettre la souscription des saulvegardes.
7Nota:
Waß seidthero biß in den Majum
hineyn aufgeschrieben, vndt waß ich vor
jnfortunia zwischen Wien vndt Prag, <Nota Bene Sonderlich mit einem gefährlichen
fall mit einem postpferde, in Böhmen,
da mir das pferdt, den Schenckel
mit einem bösen schlag, sehr verderbet,
aber Gott lob, noch glück darbey gehabt,>
Jtem zwischen Dresen[!], vndt Bernburgk <vnferrne von Weymar, von 60 Reüttern angegriffen vndt schändlich geplündert worden>
gehabtt, ist mir in der plünderung hindter
Weymar aufgezeichnett wegkommen.