Editionsbericht
Jörn Münkner
[Inhaltsverzeichnis]

Editionsbericht, mit den Editions- und Kodierungsrichtlinien für die digitale Edition der Korrespondenz zwischen Benedikt Bahnsen (Amsterdam) und Herzog August d.J. (Wolfenbüttel)

Die Edition erfolgte im Rahmen des Forschungsprojektes „Frühneuzeitliche Gelehrtenbibliotheken“ an der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel. Das Projekt ist Teil von „Autorenbibliotheken: Materialität – Wissensordnung – Performanz“ im Forschungsverbund MWW (Marbach Weimar Wolfenbüttel), es wurde vom BMBF gefördert.
HAB, Bibliotheksarchiv, BA II, 1, Nr. 16 - 36:
Bahnsen, Benedikt (19 Briefe an Hzg. August, 3 Briefe bzw. Briefentwürfe und Notate von Hzg. August)

1. Quellen und Sekundärliteratur

1.1 Die Briefe

Benedikt Bahnsen (1669 in Amsterdam gestorben) hat eine größere Anzahl an Briefen an Herzog August d. J. von Braunschweig-Wolfenbüttel (1579–1666) adressiert. Wie viele genau, wissen wir nicht, denn es dürften sich mehrere Schreiben nicht erhalten haben. Es liegen 19 Briefe von Bahnsen an den Herzog vor und drei Antwortschreiben bzw. kurze Notate von Herzog August an Bahnsen. Von den Schreiben Bahnsens enthalten fünf zum Teil umfangreiche Titellisten als Beilagen.
Herzog August Bibliothek, Signatur: Bibliotheksarchiv, BA II, 1, Nr. 16 – 36: Bahnsen, Benedikt. Digitalisate in der WDB: http://diglib.hab.de/mss/ba-2-1-16/start.htm bis http://diglib.hab.de/mss/ba-2-1-36/start.htm (von ba-2-1-16 bis ba-2-1-36: kursiv gestellte Zahl hier fortlaufend ).

1.2 Der Bücherradkatalog von Herzog August d.J.

Herzog August begann am 25. Februar 1625 seine Büchersammlung neu zu verzeichnen. Dazu entwickelte er ein Gestell für ein mehrbändiges Bücherverzeichnis. Sechs rotierende Ablagen boten bis zu zwölf Folianten Platz. Zwischen 1625 und 1719 wurden insgesamt sechs Folianten mit Titeleintragungen gefüllt, wobei der Herzog bis in das Jahr 1648 die Bände selbst verzeichnete, das heißt, bis zum vierten Folianten (bis pagina 3692 von insg. 7200 paginae; vgl. Maria von Katte 1972, S.174ff.). Der erste Band, an dem August zweieinhalb Jahre arbeitete, unterscheidet sich von den fünf Folgebänden dadurch, dass er ein Standortkatalog ist, die Titel sind hier nach zwanzig Wissensgruppen und diese wiederum nach Formaten geordnet. Die anderen Bände sind nur noch Zugangsverzeichnis, allerdings nicht im Sinne eines datumsgenauen Akzessionsjournals. Der Bücherradkatalog verschaffte August den Überblick über sein progressives Katalogwerk, von dem aus er Verweise herstellen und damit Zusammenhang stiften konnte (vgl. Wolfgang Milde 2006, S. 74-76; Alexander Nebrig 2018, S. 171-176).

1.3 Das alphabetische Register von Gottfried Wilhelm Leibniz (1646–1716)

Nachdem Leibniz 1691 sein Bibliothekariat in Wolfenbüttel angetreten hatte, ließ er ein alphabetisches Namensregister als Pendant zum Bücherradkatalog von Herzog August anfertigen. Ihm war schnell klar, dass man den als Signaturenkatalog konzipierten Bücherradkatalog nur eingeschränkt benutzen konnte. Herzog August hatte die Bücher und Handschriften, die er ab 1625 erwarb, beinahe ohne Systematik verzeichnet, und zwar so, wie sie als ‚libri varii‘ in Kisten und Fässern ins Haus geliefert wurden – um dann meist mit zeitlicher Verzögerung in die Sammlung eingearbeitet zu werden (vgl. von Katte; Milde). Im Bücherradkatalog gezielt oder auf die Schnelle einen Titel finden zu wollen, ist schwierig, wenn nicht unmöglich. Leibniz ließ deshalb die Werke der Autoren Seite für Seite aus dem Bücherradkatalog ziehen und mit Angabe der pagina unter dem Namen des Autors registrieren. So war eine Rückkoppelung mit dem Bücherradkatalog möglich, in dem die Titel ausführlicher erfasst waren. Der Autorenkatalog bzw. das alphabetische Register, das auf Leibniz‘ Initiative entstand, bildet zu Herzog Augusts Bücherradkatalog gleichsam den Schlüssel für eine pragmatische Benutzbarkeit.

1.4 Konkordanz von A-Signaturen, Bücherradkatalog und Eintragungsdatum

Da der Bücherradkatalog im Wesentlichen keine Datierungen der Bücherzugänge vornimmt, kann nur mit Hilfe einer Konkordanz festgestellt werden, in welchem Zeitraum Bücher- und Handschriftenexemplare in den Bücherradkatalog eingetragen wurden. Maria von Katte hat 1972 eine solche Konkordanz erarbeitet. Sie rekonstruiert für alle sechs Bände des Bücherradkatalogs die Zeiträume, in denen sie beschrieben wurden. So lassen sich gesuchte Titel, für die man zuvor dank Leibniz-Register die pagina herausgefunden hat, auf denen sie im Bücherradkatalog verzeichnet sind, zurückverfolgen, d.h. es lässt sich ein terminus post quem feststellen, der Rückschlüsse auf das Jahr der Eintragung des Titel erlaubt (von Katte, S. 177ff.).

1.5 Sekundärliteratur zur inhaltlichen Erschließung der Briefkorrespondenz

2. Editions- und Kodierungsrichtlinien

Die editorische Auszeichnung der Briefe erfolgt in XML/TEI-P5. Indiziert und mit Registereinträgen verknüpft sind die briefrelevanten Angaben »Adressat, Grußformel, Datum, Absender«, zudem »Personen/Körperschaften« und »Orte«. Die hauptsächlich von Bahnsen, aber auch von Herzog August gelisteten »Titel von Büchern, Schriften, Katalogen« werden - soweit identifizierbar - über die erschlossenen Normdaten (bibliographische Angaben) in einem Titel-Register verfügbar gemacht. Dazu ist jeder Titel mit einem Datensatz, der mehrteilig sein kann, in einem elektronischen Katalogsystem verlinkt (HAB OPAC, GBV, VD17, VD16, STCN, BVB).
Priorisiert sind Titelnachweise in der „Augusteer“-Aufstellung der Herzog August Bibliothek. Damit sind die Bestände aufgerufen, die im Wesentlichen auf die persönliche Sammlungsaktivität Herzog Augusts bis zu seinem Tod 1666 zurückgehen (vgl. Bestandsgeschichte der HAB). Die Signaturen der Augusteer-Abteilung beginnen mit dem Großbuchstaben »A« (Kennbuchstabe der Bestandsgruppe). Bei diesen Exemplaren besteht die Wahrscheinlichkeit, dass sie (sofern ihr Erscheinungsjahr vor oder zeitnah zum Datum des Briefes steht, in dem sie genannt sind) tatsächlich über Bahnsen in die Sammlung des Herzogs gelangt sind.
Wir haben uns bei den »A«-Signaturen bemüht, das tatsächliche Eingangsdatum der Titel in die Wolfenbütteler Sammlung festzustellen. Leider hat August kein Akzessionsjournal mit genauen Erwerbungsdaten und Herkunftsangaben geführt (s.o.). Wir mussten deshalb in einem Mehrschrittverfahren die Konsultation des Bücherradkatalogs, des Leibniz-Registers (Autorenregister) sowie der Konkordanz von Maria von Katte kombinieren. Diese Kombinationsrecherche ist die Voraussetzung für Aussagen darüber, welche von Bahnsen vorgeschlagenen oder angekündigten Titel der Herzog gekauft hat und welche auch tatsächlich Eingang in die herzogliche Bibliothek gefunden haben. Die Ergebnisse haben wir zudem mit der rekonstruierten privaten Bibliothek des nicht nur als Bücheragent, sondern auch als Verleger und Buchhändler tätigen Benedikt Bahnsen abgeglichen. Wir haben den Auktionskatalog der Bibliothek Bahnsen konsultiert und überprüft, ob die Titel mit A-Signaturen im Buchbestand und Sortiment Bahnsens nachweisbar sind. Die Ergebnisse dieses mehrstufigen Erschließungsvorgangs – nämlich Titelangaben in den Bahnsens Briefen, A-Signaturnachweise in der Bibliotheca Augusta und Nachweise der entsprechenden Titel im Auktionskatalog der Bahnsenschen Bibliothek – sind dokumentiert.
Finden sich keine Nachweise in der Augusteer-Abteilung (A-Signaturen), dafür aber in anderen Bestandsgruppen der Wolfenbütteler Bibliothek, führen wir diese an und verlinken sie mit den dazugehörigen bibliographischen Datensätzen. Lassen sich keine Titel in den Beständen der HAB nachweisen, dafür aber in anderen Verbundkatalogen, führen wir maximal drei Treffer an. Es steht jeweils der Treffer zuoberst, dessen Erscheinungsjahr dem Datum des Briefes am nächsten kommt. Neben deutschen sind internationale Nachweissysteme wie der STCN (Short Title Catalogue Netherlands) berücksichtigt.

3. Einleitung und Briefabstracts

Parallel zu den TEI-P5-Kodierungen und Referenzialisierungen bietet die Einleitung Kurzbiographien von Benedikt Bahnsen und Herzog August d. J. und skizziert den historischen Zusammenhang der Korrespondenz. Die Inhalte der Briefe sind kurz zusammengefasst.

4. Textgestalt

Die Transkriptionen der Briefe – bis auf Brief Nr. 36 – hat Dietrich Hakelberg (2015) anhand der Digitalisate und durch autoptischen Vergleich mit den Originalen besorgt. Brief Nr. 36 haben Katrin Schmidt, Jörn Münkner und Jaqueline Krone mit Unterstützung von Nikola Roßbach transkribiert. Die Briefe werden als Editionspaket in der Wolfenbütteler Digitalen Bibliothek (WDB) publiziert und können im Volltext durchsucht werden.
Bei der Textkonstitution kommt es auf die Reproduktion autographer, visueller und materieller Merkmale der epistolaren Originale an. Sie werden innerhalb von TEI-P5 durch Kodierungen bzw. Auszeichnungen umgesetzt. Die Briefe und die Handschrift gelten als historische Artefakte, damit als Informations- und Bedeutungsträger, weshalb auf Besonderheiten des Layouts, der Materialbeschaffenheit (Papierqualität) und Anmutungsqualität (Handschrift) eingegangen wird (Briefabstracts, s.o.). Herausgeberzusätze werden durch eckige Klammern [ ] markiert, unsichere Lesungen durch ein mit eckigen Klammern versehenes Fragezeichen [?], unlesbare oder verlorene Textteile (Papierschwund, Tintenschwund) durch Auslassungspunkte […] kenntlich gemacht. Schreibversehen und -fehler (z. B. versehentliche Wortwiederholungen) werden nicht korrigiert. Die Datierung folgt der Vorlage, d.h. entsprechend Gregorianischem Kalender. Die Datumsangaben werden wie folgt getaggt:
<date calendar="#gregor" when="1732-02-22">Feb. 22, 1732</date>. Die Seitenumbrüche sowie die originale Foliierung werden kodiert, sodass eine originalgetreue Wiedergabe der Briefeinheiten in der digitalen Edition erfolgen kann. Bestimmte textuelle Auszeichnungen (Einzüge, Abstände u. dgl., s. u.) werden vereinheitlicht. Sprachliche oder dialektale Eigenheiten werden nach Vorlage übernommen: z.B. `schlecht´ statt `schlägt´, `fleuch´ statt `flieh´ usw..
Bahnsen schreibt in der Kurrentschrift. Zur Hervorhebung von Buchtiteln, von Fremdwörtern und teilweise Namen/Körperschaften benutzte er die in lateinischen und romanischen Texten übliche Antiqua. Hinzu kommt Zierschrift für Anreden und Absenderinformationen, ferner finden sich prononcierte Initialen. Ein Schriftwechsel ist auch zwischen dem epistolaren Fließtext und den Büchertitellisten erkennbar. Die drei Schreibweisen bzw. Schriftarten, also die Kurrent, Antiqua und Zierschrift, inkl. der Initialen und anderer markanter Buchstabenvergrößerungen und Verkleinerungen, werden in der Edition entsprechend kodiert. Die Kurrent wird <hi rend=“kurrent“>Text</hi> kodiert; die Antiqua <hi rend=“antiqua“>Text</hi> und die Zierschrift als <hi rend=“zierschrift“>Text</hi>.
Die Kodierung strebt, wie erwähnt, eine Textwiedergabe entsprechend originaler Vorlage und Spezifik des verwendeten Code-Systems an. Der Nutzer bekommt die Möglichkeit, frei zwischen den Darstellungen zu wählen. Der Zeilenfall bzw. Zeilenumbruch des Originals kann entweder wiedergegeben oder entsprechend Ausgabegerät aufgelöst werden. Grundsätzlich lassen sich die transkribierten Texte in Parallelansicht an den Digitalisaten überprüfen.

4.1 Groß- und Klein-, Getrennt- und Zusammenschreibung

4.2 Grapheme und Diakritika

I, i, J, j, U, u, ů, ü, V, v, W, w, Y, y, ÿ werden nach Vorlage wiedergegeben.
Die Verwendung heute nicht mehr geläufiger Grapheme wie z.B. <B, b> für <W, w> wird stillschweigend aufgelöst.
Konsonantenhäufungen werden nach Vorlage übernommen, z.B. „unnd“ . Ligaturen wie ß, Æ, & werden nach Vorlage wiedergegeben.
Diakritika gemäß Vorlage, fehlende i- und j- Punkte werden stillschweigend ergänzt.

4.3 Trennungs- bzw. Bindestriche

gemäß Vorlage, z.B `=`.

4.4 Klammerformen

gemäß Vorlage, z.B. „/:“ bzw. „:/“.

4.5 Abbreviaturen, Sonderzeichen, Doppelungen

Abbreviaturen werden kodiert, sodass eine Darstellung wahlweise in originaler oder kursivierter und aufgelöster Form erfolgen kann. Diese Regel gilt im Einzelnen für sämtliche mit waagerechten Strichen oder einem der Tilde ähnlichen Zeichen angezeigten Kurzformen, für Kürzungen von „das“, bzw. „daß“ in Form eines „dz“ sowie von „was“ in Form eines „wz“, für Aufwärtsschleifen statt der Endung „-er“, für Abwärtsschleifen statt der Endungen „-em“ und „-en“, für Nasalstriche über Vokalen, für Verdopplungsstriche über den Nasalen „m“ und „n“ sowie für alle zeitgenössisch gebräuchlichen Kürzel der Silben „am“, „em“, „en“, „om“, „ous“, „per“, „prae“, „pro“, „qu“, „que“, „qui“, „um“, „us“, „v“ = „ver“, „sh“ = „sch“. Die Abkürzungszeichen der Vorlage entfallen.
Alle übrigen Abkürzungen, sämtliche Sonderzeichen (z.B. für alte Maßeinheiten und Aufzählungssymbole „o“ und „+“, verkürzte Schreibweise für Monatsnamen wie „Xbr:“ = „Dezember“), abgekürzte Personennamen (vgl. „E. Fürstl: durchl:“) und geographische Bezeichnungen (Berge, Gebirge, Gewässer, Landschaften, Orte, Territorien usw.) werden kodiert, sodass eine Ausgabe in der digitalen Edition in originaler oder kursivierter und aufgelöster Form erfolgen kann.
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