Text

Christlich Bedenken auf das Interim (1548)
bearbeitet von Hans-Otto Schneider
[Inhaltsverzeichnis]

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Einleitung

1. Historische Einleitung

In der Schlacht bei Mühlberg,1 auf der Lochauer Heide, war Kurfürst Johann Friedrich I. von Sachsen am 24. April 1547 gefangengenommen worden. Zunächst hatte der Kaiser ihm sogar mit Hinrichtung gedroht, alsbald aber die Strafe für den angeblichen Landfriedensbrecher in Gefängnis von unbestimmter Dauer und Verlust der Kurwürde umgewandelt. Mit der Wittenberger Kapitulation vom 19. Mai 1547 verlor Johann Friedrich, über den Kurkreis Wittenberg hinaus, die Ämter östlich der Saale und alle Rechte auf die Burggrafschaft Magdeburg, auf die Stifte Magdeburg, Halberstadt, Naumburg-Zeitz und Meißen sowie auf die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen an seinen albertinischen Vetter Moritz von Sachsen, dem der Kaiser zum Dank für die Unterstützung im Kampf gegen den Schmalkaldischen Bund die sächsische Kurwürde übertrug. Johann Friedrich I. und seinen Räten gelang es immerhin, einen Gutteil seines ursprünglichen Territoriums mit Schwerpunkt um Weimar und Eisenach für sich und seine Erben zu bewahren. Der „geborene Kurfürst“ und nunmehrige Herzog blieb allerdings in Haft bis zum 28. August 1552. Nach dem „geharnischten Reichstag“ von Augsburg, der am 30. Juni 1548 endete, verlangte der Kaiser von Johann Friedrich ebenso wie vom hessischen Landgrafen Philipp, der gleichfalls als Landfriedensbrecher inhaftiert war, die alsbaldige Umsetzung des Interims in ihren jeweiligen Gebieten, Johann Friedrich beugte sich aber dieser Forderung des Kaisers nicht, ebensowenig wie seine Söhne, die Herzöge Johann Friedrich II. der Mittlere (*1529), Johann Wilhelm I. (*1530) und Johann Friedrich III. der Jüngere (*1538), die das verbliebene Territorium für die Dauer der Abwesenheit ihres Vaters verwalteten. Die – zunächst nicht vorgesehene2 – Veröffentlichung des Gutachtens der führenden Theologen des Landes diente der öffentlichen Begründung der ablehnenden Haltung gegenüber dem Interim.

2. Die Autoren

Der Text ist von einer Theologengruppe unterzeichnet und verantwortet, deren Mitglieder zumeist mit verantwortungsvollen Aufgaben innerhalb der Kirche des ernestinischen Sachsen betraut waren.3 Auf Anforderung der Söhne ihres inhaftierten Landesherrn haben sie über das kaiserliche Interim ein Gutachten verfasst, datiert vom 28. Juli 1548. Die kurze Einleitung des Texts schildert das Zustandekommen: Die Theologen haben in einer gemein

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schaftlichen Sitzung die einzelnen Artikel des Interims verlesen, durchdacht, und wichtige Anmerkungen in dem Gutachten zusammengetragen. Zwar tritt kein einzelner als verantwortlicher Verfasser auf, man darf aber vermuten, dass den Voten von Nikolaus von Amsdorf und Justus Menius als besonders angesehenen Lutherschülern in dem Kreis ein besonderes Gewicht beigemessen wurde, was sich auch darin widerspiegeln dürfte, dass sie als erste unterzeichnet haben.4 Dies ist insofern bemerkenswert, als Amsdorf zu jener Zeit kein Amt bekleidete,5 sondern als vertriebener ehemaliger evangelischer Bischof von Naumburg-Zeitz in Weimar Zuflucht gesucht hatte. Amsdorf veröffentlichte beinahe gleichzeitig mit der Abfassung des Gutachtens noch ein Privatbekenntnis zum Interim, das er insbesondere an seine frühere Magdeburger Gemeinde richtete, abgeschlossen am 31. Juli, Vorwort datiert 1. August 1548.6

3. Inhalt

Die Schrift behandelt der Reihe nach die sechsundzwanzig Artikel des Augsburger Interims. Mit Ausnahme der ersten drei werden alle mehr oder weniger deutlich verworfen, ein Schwerpunkt liegt auf der Sakramentenlehre und dem Kirchenverständnis.

4. Ausgaben

Der Text kann in drei Druckausgaben nachgewiesen werden: A: Der Prediger der || Jungen Herrn / Johans Fride= || richen Hertzogen zu Sachssen || etc. Snen / Christlich Be= || dencken auff das || INTERIM ♦ || Esaias. 54. || Aller zeuge der wider dich / zugerichtet wird / || dem sol nicht gelingen / Vnd alle zunge so || sich widder dich setzt / Solt du im ge= || richt verdammen / das ist das Er= || be der Knechte des HERrn / || vber das / das ich sie gerecht || mache spricht der || HERR. || 1548. [Magdeburg: Michael Lotter] [11] Blatt 4° (VD 16 P 4740) Vorhanden: Berlin, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz: Dg 4488; Yh 1896 b, Nr. 22 EBD Dresden, Sächsische Landes- und Universitätsbibliothek: 3.A.6186, angeb.16

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Göttingen, Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek: 11 an: 8 J GERM II, 6436 Halle, Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt: AB 155 587(5); AB 36 18/k,25; AB 44 19/i,13(4); Ii 3891(2); Vg 1142,QK Jena, Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek: 4 Bud.Hist.eccl.271(8); 4 Bud.Theol.179(4); 8 MS 25 860(23) Kiel, Universitätsbibliothek: Cb 6169 München, Bayerische Staatsbibliothek: 4 H.ref. 80 München, Bibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität: 4 H.eccl. 3419 (2:2) New York, Union Theological Seminary: D 548 Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibliothek: 40,3:14(n.7.); B 2140(25) Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek: L 482.4 Helmst.(14); S 206.4 Helmst.(7); Yv 1767.8 Helmst; Yv 1806.8 Helmst B: Der Prediger der || Jungen Herrn / Johans Fride= || richen Hertzogen zu Sachssen || etc. Snen / Christlich Be= || dencken auff das || INTERIM ♦ || Esaias. 54. || Aller zeuge der wider dich / zu gerichtet wird / || dem sol nicht gelingen / Vnd alle zunge so || sich widder dich setzt / Solt du im ge= || richt verdammen / das ist das Er= || be der Knechte des HERrn / || vber das / das ich sie gerecht || mache spricht der || HERR. || 1549. [Magdeburg: Michael Lotter] (VD 16 P 4741) Vorhanden: Berlin, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz: 24 in: Dg 8 R; 5 an: Bt 18600a R; Dg 4489; Dg 4490/1 Coburg, Landesbibliothek: Sche A 1:12 Göttingen, Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek: 8 TH IREN 60/50 Halle, Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt: AB 153 941(7); If 3603(11); Vg 1142a,QK Jena, Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek: 8 MS 24 000(8); 8 MS 30 968(30) Leipzig, DNB, Deutsches Schrift- und Buchmuseum: III:58,3 g Lutherstadt Wittenberg, Lutherhalle: Kn A 251/1560 München, Bayerische Staatsbibliothek: 4 H.ref. 81 Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek: 140.14 Theol.(2); 231.96 Theol.(14); Alv Ef 103(3); J 609.4 Helmst.(8) C: — Der Prediger der || Jungen Herrn / Johans Fride= || richen Hertzogen zu Sachssen || etc. Snen / Christlich Be= || dencken auff das || INTERIM || Esaias. LIIII. || Aller zeuge der wider dich / zu gerichtet wird / dem || sol nicht gelingen / Vnd alle zunge so sich widder || dich setzt / Solt du im gericht verdammen / das || ist das Erbe der Knechte des HERRN / || vber das / das ich sie gerecht mache || spricht der HERR. || M.D.XLIX. [Magdeburg, Christian Rödinger d. Ä. 1549] (VD 16 P 4742) Vorhanden: Aschaffenburg, Stiftsbibliothek: P-442/6 Berlin, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz: Dg 4490 Gotha, Forschungsbibliothek: Th 713/129(1)R Jena, Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek: 4 Theol.XLI,7(15) München, Bayerische Staatsbibliothek: 4 H.ref. 82 Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek: 513.24 Theol.(10); A 115b.4 Helmst.(7); Gb 356(14); Li Sammelbd.19(18); S 320b.4 Helmst.(3); Ts 412(11) Die Edition folgt Ausgabe A als der ersten; die Textabweichungen in B und C sind sehr gering und werden mit Ausnahme einiger weniger eindeutiger Satzfehler im textkritischen Apparat verzeichnet. B ist ein Neusatz von A, beide Ausgaben stammen höchstwahrscheinlich aus der Magdeburger Offizin von Michael Lotter,7 C weicht in der Anordnung des Satzes von A und B deutlich ab und erschien 1549 vermutlich ebenfalls in Magdeburg, allerdings bei Christian Rödinger d. Ä.8 Der Text wurde abgedruckt bei Schmidt, Menius II, 48-57, und ist auch bei Reichert, Amsdorff, B 48-66 (Nr. V) zu finden.

Kommentar
1  Zum folgenden vgl. Günther Wartenberg, Art. Johann Friedrich von Sachsen, in: TRE 17 (1988), 97–103; Johann Friedrich I. – der lutherische Kurfürst.
2  Vgl. Kolb, Amsdorf, 114, Anm. 7.
3  Zu den Lebensdaten der einzelnen Unterzeichner vgl. die Anmerkungen Nr. 92–105.
4Schmidt, Menius II, 57, Anm. 1, verweist auf die Niederschrift des Gutachtens in der Handschrift des Justus Menius, die sich 1867 im Comm[unal]-Arch[iv] Weimar befand. Schmidt referiert aus Schlegel, Leben Aquilae, 410, dass Amsdorf, Menius und Caspar Aquila der größte Anteil am Text des Gutachtens zukomme.
5  Vgl. auch die Unterschrift Amsdorfs auf Bl. C 3r, unsere Ausgabe S. 200.
6  Vgl. unsere Ausgabe Nr. 7: Antwort, Glaub und Bekenntnis (1548), S. 213–236.
7  Vgl. Reske, 580.
8  Vgl. Reske, 581.
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