04 - Einleitung(kursiv), Flacius Gallus Bedencken
verfasst von AUTOR NACHTRAGEN
[Inhaltsverzeichnis]

Einleitung


1. Historische Einleitung


Das Ergebnis zäher Verhandlungen zwischen evangelischen Theologen, alt-
gläubigen Bischöfen und kurfürstlichen Räten, die im Laufe mehrerer Mona--
(5)te an unterschiedlichen Tagungsorten stattgefunden hatten,1 wurde den über
Weihnachten 1548/49 in Leipzig versammelten Landständen des albertini-
schen Sachsen2 im Auftrag ihres Landesherrn, des Kurfürsten Moritz, zur
Annahme vorgelegt:3 der Entwurf einer neuen Kirchenordnung. Sie sollte
der kaiserlichen Forderung nach weitgehender Wiederherstellung des vor--
(10)reformatorischen Kultus in den protestantischen Territorien des Reichs Ge-
nüge tun, wie sie im sogenannten Augsburger Interim vom 15. Mai 1548 er-
hoben wurde,4 und sie sollte dennoch zugleich das evangelische Bekenntnis
unangetastet bewahren. Dies suchten die Verfasser der Landtagsvorlage zu
erreichen durch die Unterscheidung zwischen einem unaufgebbaren Kernbe--
(15)stand evangelischer Glaubenslehre und einem weiten Bereich von neutralen
Mitteldingen oder Adiaphora, deren konkrete Ausgestaltung ohne Bedeutung
für die ewige Seligkeit sei. Die Vertreter der Landstände machten allerdings
zu etlichen Punkten Einwände geltend und nahmen den Entwurf nicht an. Er
erlangte auch später keine Rechtskraft. Kurfürst Moritz versuchte die von den
(20) Gegnern polemisch „Leipziger Interim“ genannte Ordnung dennoch durchzu-
setzen, indem er von Georg III. von Anhalt eine neue Agende erarbeiten ließ,5
die zusammen mit einem Auszug aus dem Landtagsentwurf („kleines Inte-
rim“) im Land verteilt werden sollte. Die Agende wurde im April 1549 fertig,
insbesondere der massive Einspruch Gabriel Zwillings verhinderte aber ihre
(25) Annahme durch die Ständevertreter bei einem Tag in Torgau;6 bei Beratun-
gen in Grimma7 wurde die Agende schließlich von den anwesenden Theolo-
gen akzeptiert, eine Veröffentlichung unterblieb jedoch. Der Auszug aus dem
Leipziger Landtagsentwurf wurde im Juli 1549 gedruckt,8 aber der Kurfürst

|| [358]

zögerte mit der Verteilung an die Superintendenten und Amtleute bis in den
späten September des nämlichen Jahres.9

Sehr viel früher setzte jedoch bereits die Polemik gegen die Adiaphora ein,
denn spätestens seit der Verlesung des Entwurfs vor den Landständen war die
(5) Zahl der Eingeweihten zu groß, als dass ein Bekanntwerden der Pläne im
Land zu verhindern gewesen wäre; es entspann sich eine heftige Auseinan-
dersetzung darum, was tatsächlich unter die heilsirrelevanten Mitteldinge
zu zählen sei und was entweder grundsätzlich oder doch in der gegebenen
Situation nicht ohne Verrat am eigenen Glauben aufgegeben werden könne.
(10) Geraume Zeit fand diese Diskussion allerdings statt, ohne dass der inter-
essierten Öffentlichkeit die einschlägigen Texte zur Verfügung gestanden
hätten. Zugleich wurden von den Befürwortern des Landtagsentwurfs die
Gegner immer wieder beschuldigt, ohne stichhaltigen Grund die Gemeinden
zu beunruhigen und Zank in der Kirche zu verursachen. Mit der Verteilung
(15) des kurfürstlichen Einführungsmandats im September 1549 war eine neue
Stufe der Durchsetzung der Neuerungen erreicht. Als Johann Pfeffinger im
Januar 1550 schließlich eine umfängliche Verteidigungsschrift erscheinen
ließ,10 gaben Matthias Flacius und Nikolaus Gallus wenig später den Text des
Landtagsentwurfs und den Auszug daraus unter dem Titel „Der Theologen
(20) Bedencken“ in den Druck, um zusätzliche Materialien ergänzt und mit
polemischen Glossen versehen.11

2. Die Herausgeber



1516 in Köthen geboren als Sohn des fürstlich-anhaltischen Rats und Bürger--
(25)meisters Petrus Hahn und dessen Ehefrau Anna, bezog Nikolaus Gallus im
Juni 1530 die Universität Wittenberg, wo er 1537 zum Magister artium pro-
moviert wurde. Am 24. Januar 1540 beendete er seine theologischen Studien

|| [359]

mit einer Disputation über die Erbsünde. Nach beinahe dreijähriger Tätigkeit
als Rektor der Stadtschule in Mansfeld wurde Gallus Ende 1542 auf Empfeh-
lung Luthers und Melanchthons als Diakon nach Regensburg berufen, wo
der Rat der Stadt die Einführung der Reformation beschlossen hatte. Am 11.
(5) April 1543 wurde Gallus von Johannes Bugenhagen in Wittenberg ordiniert,
ehe er im Mai 1543 seinen Dienst in Regensburg antrat. Zur gleichen Zeit
übernahm Hieronymus Noppus dort das Amt des Superintendenten, und bei-
de betrieben bis 1548 den Aufbau des evangelischen Kirchenwesens. Sie
sprachen sich vehement gegen die Annahme des Augsburger Interims aus
(10) und unterstützten den Rat der Stadt mit Gutachten und Stellungnahmen,
konnten aber nicht verhindern, dass der Rat unter dem Druck der militäri-
schen Macht des Kaisers dessen Ultimatum nachgab und das Interim schließ-
lich am 30. Juni bedingungslos annahm. Darauf verließen die evangelischen
Prediger am 1. Juli 1548 die Stadt. Seine schwangere Frau13 ließ Gallus zu--
(15)nächst unter dem Schutz von Freunden in Regensburg zurück, später brachte
er sie zu seiner Mutter nach Köthen. Ehe er im November 1548 nach Wit-
tenberg übersiedeln konnte, hielt sich Gallus unter anderem in Nürnberg, Kö-
then
, Halle, Magdeburg und Leipzig auf, blieb währenddessen allerdings in
enger brieflicher Verbindung mit seiner Regensburger Gemeinde, insbeson
(20)dere über den Regensburger Ratskonsulenten Johann Hiltner.14 In Wittenberg
vertrat Gallus den schwer erkrankten Schlossprediger Caspar Cruciger und
führte nach dessen Tod den Predigtauftrag zunächst weiter, außerdem hielt er
Vorlesungen an der Universität.15 Eine Rückkehr nach Regensburg war für
Gallus auf absehbare Zeit ausgeschlossen, nachdem der Kaiser ein entspre--
(25)chendes Ansuchen des Rats abschlägig beschieden hatte.16 Gallus wurden
mehrere durchaus ehrenvolle Berufungen angetragen, so als Professor und
Hofprediger nach Kopenhagen, als Pfarrer nach Zwickau, nach Merseburg
oder ins ungarische Schemnitz.17 Im Oktober 1549 bot der Herzog von Meck-
lenburg
Gallus eine Anstellung in Rostock an. Beinahe gleichzeitig erging an
(30) ihn eine Berufung aus dem geächteten und von Belagerung bedrohten Magde-
burg
, und Gallus verpflichtete sich zunächst für ein Jahr als Pfarrer an der dorti-
gen Ulrichskirche; die damit üblicherweise verbundene Superintendentenwürde

|| [360]

schlug er allerdings aus.18 Zunehmend enttäuscht von der allzu kompromiss-
bereiten Position seines Lehrers Melanchthon und der übrigen Wittenberger
Theologen, übersiedelte Gallus mit seiner Familie am 11. November 1549
nach Magdeburg, ins Zentrum des Widerstandes gegen das kaiserliche Interim.
(5) Eine Rolle mag dabei auch gespielt haben, dass Gallus’ Schwester Margare-
the
seit 1541 mit dem Magdeburger Stadtschreiber Heinrich Merckel ( Mar-
cellus) verheiratet war,19 zumindest dürfte diese Verbindung der engen Zu-
sammenarbeit zwischen Magdeburger Rat und Predigerschaft nicht nachteilig
gewesen sein. Nachdem Gallus wohl bereits im August 1548 sein antiinteri--
(10)mistisches Gutachten anonym in Magdeburg veröffentlicht hatte,20 intensi-
vierte er nun den publizistischen Kampf für die Erhaltung des unverfälschten
Evangeliums an der Seite von Matthias Flacius, Erasmus Alber, Nikolaus
von Amsdorf
und anderen. Auch als der Passauer Vertrag es Gallus ermög-
lichte, 1553 nach Regensburg zurückzukehren, wo er bis zu seinem Tod am
(15) 17. Juni 157021 das Superintendentenamt bekleidete, blieb er Flacius freund-
schaftlich verbunden.22 Gallus beteiligte sich neben dem Interimistischen und
dem Adiaphoristischen Streit auch am Majoristischen und am Osiandrischen
Streit. Er unterstützte Flacius im Kampf gegen Schwenckfeld um die Geltung
des äußeren Schriftsinns. In der Erbsündenfrage allerdings stimmte er nicht
(20) mit ihm überein. Vgl. Gerhard Simon, Art. Gallus, in: TRE 12 (1984), 21–23..


Nachdem er zuvor bereits in Magdeburg Texte gegen das Augsburger Inte-
rim hatte drucken lassen, war Flacius um Ostern 1549 aus Wittenberg dort-
hin übergesiedelt, um den Kampf gegen die Verfälschung des Evangeliums,
(25) wie sie nach seiner Auffassung durch Kurfürst Moritz und dessen theolo-
gische Helfer ins Werk gesetzt werden sollte, fortzusetzen und zu verstärken.
Dabei bekleidete er kein kirchliches Amt in Magdeburg, sondern musste den
Lebensunterhalt für sich und seine Familie anderweit aufbringen.23

3. Inhalt


Gemäß dem Titel der Veröffentlichung bieten die Herausgeber darin den Text
des Leipziger Landtagsentwurfs in vielfältig kommentierter Form, vermehrt
um teilweise ebenfalls kommentierte Dokumente, die näheren Aufschluss
(5) über Entstehung oder Auswirkung des Entwurfs geben; darunter ist auch der
„Auszug aus dem Interim“.

[a] Vorrede
In ihrer Vorrede legen die Herausgeber dar, warum sie den Leipziger Land-
tagsentwurf, das von ihnen so genannte Leipziger Interim, erst so spät durch
(10) den Druck in die Öffentlichkeit bringen: Man hat sie von etlichen Seiten zur
Veröffentlichung aufgefordert, damit die Legitimität ihres Kampfes gegen
die Landtagsvorlage deutlich werde. Dennoch wollten sie den Text nicht ver-
öffentlichen, weil es ihnen fern lag, die angesehenen Initiatoren zu verun-
glimpfen, zumal sie lange Zeit darauf hofften, dass diese von ihrem falschen
(15) Weg umkehrten.

[b] Sendbrief einer christlichen Person, welche mit auf dem Landtage zu
Leipzig bei den Handlungen gewesen, deshalben an einen guten Freund ge-
schrieben (19. August 1549)

Der Sendbrief ist als Begleitschreiben zu den Texten [d] und [e] zu verstehen,
(20) denn auf Blatt D 1r schreibt der Verfasser, er sende dem Empfänger die ge-
samten Verhandlungsunterlagen des Leipziger Landtags von Weihnachten
1548, soweit sie die Religion betreffen. Verfasser ist ein nichttheologischer
Teilnehmer des Landtages, der in dem Sendbrief darstellt, wie sehr man die
Vertreter der Stände gedrängt habe, den Landtagsentwurf anzunehmen und
(25) keine Einwände im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit der Augsburgischen
Konfession oder die Wiedereinführung längst abgeschaffter altgläubiger Miss-
bräuche zu erheben. Er weist darauf hin, dass die Bischöfe den entscheidenden
Satz zur Auslegung des Landtagsentwurfs beigesteuert haben, indem sie – un-
geachtet aller anderweitigen Deutungsversuche und angeblichen Abmilderun--
(30)gen – darauf beharrten, der Entwurf sei als mit dem Augsburger Interim über-
einstimmend zu betrachten. Durch Gottes Gnade sei es dank der Unbeirrbarkeit
der Landstände bislang nicht zur Einführung gekommen, Gott wolle seine be-
drängte Kirche auch weiterhin in der Erkenntnis seines Wortes erhalten.

[c] Tabellarische Übersicht über die schriftwidrigen Maßnahmen, die der
(35) Landtagsentwurf vorsieht

Auf Blatt D 3v bieten die Herausgeber einen knappen Überblick über die
nach ihrer Auffassung unchristlichen Punkte, deren Einführung der Landtags-
entwurf der Theologen vorsieht; dabei unterscheiden sie Lehrinhalte und Ge-
bräuche, die grundsätzlich gegen Gottes ausdrückliches Wort verstoßen, von
(40) an sich diskutablen Mitteldingen, deren Wiedereinführung unter Zwang aber
Gottes Wort widerstreitet.


|| [362]

[d] Text des Leipzigschen Interims, im Dezember des 48. Jahrs durch die
Theologen der versammelten Landschaft zu Leipzig öffentlich aufgedrungen

Die Herausgeber bieten den authentischen Text des Landtagsentwurfs, jedoch
mit kritischen Anmerkungen versehen, die den Versuch, auf diese Weise dem
(5) kaiserlichen Interim auch in Sachsen Eingang zu verschaffen, abweisen und
brandmarken.

[e] Auf der Ritterschaft und Städte Bedenken der Herrn Theologen ihres
vorigen Berichts Erklärung

Die Theologen lehnen jegliche Änderung ihres Entwurfes ab, zumal sie ihn
(10) in Verbindung mit nicht Anwesenden ausgearbeitet hätten. Die Artikel seien
zum Besten der Kirche formuliert. Die Bedenken der Stände hinsichtlich der
Ordination, der Firmung (einschließlich des Chrisams), der Letzten Ölung
und der Messe (einschließlich des Fronleichnamsfestes und des Confiteors in
der Meßliturgie) sowie der Fastengebote werden mit dürren Worten zurück--
(15)gewiesen. Um so intensiver ist der Text von den Herausgebern glossiert wor-
den, um die Bedenken der Stände zu bekräftigen und die haltlosen Be-
schwichtigungen der stellungnehmenden Theologen, darunter Melanchthon,
bloßzustellen.

[f]Unser Beschluss auf das Leipzigsche Interim

(20) Mit dieser Stellungnahme der Herausgeber schließt der Dokumentations-
zusammenhang [b]–[f].

[g] Das Fürstliche Mandat, im Julio nach gehaltenem Landtage zu Leipzig an
alle Amtleute und Befehlshaber öffentlich im Druck ausgegangen (4. Juli 1549)

Moritz von Sachsen wendet sich mit einem Erlass an seine Amtleute. Dabei
(25) räumt er die Gefahr eines Aufruhrs wegen der vermeintlichen Wiedereinfüh-
rung der vorreformatorischen religiösen Missbräuche ein, beschwichtigt aber
zugleich, indem er betont, dass er nichts gegen Gottes Wort zu tun gedenke.
Es gehe ihm vielmehr darum, seine Untertanen in Frieden und Ruhe bei ihrer
christlichen Religion zu erhalten, im Gehorsam gegenüber dem Kaiser. Die
(30) Amtleute sollen deshalb ein Auge auf die örtlichen Pfarrer haben, ob sie sich
den anliegenden Artikeln gemäß verhalten, und gegebenenfalls Unbotmäßige
anzeigen, die dann durch das zuständige Konsistorium oder die Theologi-
schen Fakultäten in Wittenberg und Jena zur Ordnung gerufen würden. Die
Amtleute sollen im übrigen die Beschlüsse auch den Untertanen verkünden.

(35) Es folgt [h] der Auszug des Leipzigschen Interims, versehen mit einigen
Glossen der Herausgeber.

[j] Ein Brief der Prädikanten aus der Mark an die Theologen zu Wittenberg,
Montag nach Dreikönig 1549 [7. Januar 1549]

Obgleich das Schreiben stellenweise satirisch anmuten könnte, so ist es doch
(40) im wesentlichen ernst gemeint und ein echter Brief der Berliner Prediger an
ihre Wittenberger akademischen Lehrer, worin sie die öffentliche Verlesung

|| [363]

der Jüterboger Vereinbarung zwischen Moritz von Sachsen und Joachim II.
von Brandenburg
durch dessen Hofprediger Johann Agricola von der Kanzel
der Berliner Schlosskirche schildern und um nähere Aufklärung hinsichtlich
unklar gebliebener Punkte bitten: 1. Sie hätten gern eine schriftliche Ausfer--
(5)tigung der Vereinbarung. 2. Es liegt ihnen an einer genauen Definition des-
sen, was Adiaphora seien. 3. Sie bitten um eine genaue Anweisung, wie die
Krankensalbung zu vollziehen sei. Gerade dieser Abschnitt mutet satirisch
an und hat auch zu einer satirischen Erweiterung Anlass gegeben; der Sach-
verhalt stellt sich jedoch anders dar, wenn man das Anliegen der Berliner
(10) Prediger ernst nimmt, nicht einfach früheres, ehedem mit vermeintlich guten
theologischen Gründen abgeschafftes altgläubiges Brauchtum wieder aufzu-
nehmen, sondern eine neue, dem Evangelium gemäße Form der Krankensal-
bung zu finden und einzuführen. 4. Die Prediger erbitten schließlich den Rat
der Wittenberger, wie sie sich dazu verhalten sollen, dass man gegenüber
(40) dem Kaiser offenbar den irrigen Anschein erwecken möchte, als akzeptierten
sie das Augsburger Interim in vollem Umfang.

[k] Der letzte Beschluss zu einer Vermahnung

Die Herausgeber betonen noch einmal, wie schmerzlich Zweifel in Glaubens-
dingen empfunden werden und wie verwerflich deshalb die Adiaphoristen
(20) handelten, indem sie solche Zweifel säten. Nun seien aber die Sachverhalte
eindeutig geklärt, und nur Mutwille könne noch auf der adiaphoristischen
Auffassung und auf dem Leipziger Interim beharren. Wer ein Schäflein des
Oberhirten Christus sein und bleiben wolle, halte sich an vier Dinge: 1. Er
bleibe fest bei der Stimme seines Erzhirten Christus und lasse sich durch
(25) nichts davon abwendig machen. 2. Er bekenne sich frei und offen zum Evan-
gelium und zur Augsburgischen Konfession. 3. Er stelle sich darauf ein, zu
Gottes Ehre und um der Wahrheit willen Verfolgung leiden zu müssen. 4.
Wenn Kreuz, Verfolgung und Widerwärtigkeiten kommen, halte er fest am
Gebet für sich selbst und für die Mitchristen. Allgemein rufen die Herausge--
(30)ber zu wahrer Einigkeit unter den Christen auf, wobei sie den Adiaphoristen
vorwerfen, sich demgegenüber auf die Seite der Feinde des Evangeliums zu
schlagen. Der Text schließt mit einem Gebet um Gottes baldiges richtendes
und rettendes Eingreifen.

Die Seite P 3r füllt[l] ein Spottgedicht „Niemand“ auf die Verfechter des
(35) Leipziger Interims.


|| [364]

4. Ausgaben


Nachgewiesen werden kann eine24 Ausgabe:

A: ˜ Der Theologen || bedencken / odder (wie es durch die || ihren inn
offentlichem Druͤck genennet || wirdt) Beschluß des Landtages zu
(5) Leiptzig / so im De= || cember des 48. Jars / von wegen des Auspurgi= ||
schen Jnterims gehalten ist / Welchs be= || dencken odder beschluß wir /
so da || widder geschrieben / das || Leiptzigsche Jnterim || genennet
haben. || Mit einer Vorrede vnd Scho= || lien / was vnd warumb jedes
stuͤck || bisher fur vnchristlich dar= || in gestraffet ist. || Durch Nicolaum
(10) Gallum
vnd || Matthiam Flacium Illyricum. || Psal: 125. || Die abweichen
auff jhre krumme wege / wirdt der || Herr wegtreiben mit den
uͤbelthetern / Aber friede sey vber || Jsrael. || 2. Tim: 3. || Jhre torheit
wirdt offenbar werden jederman. || 1550. [Kolophon: Gedruckt zu Mag=
|| deburgk durch Michel || Lotther.] [59] Bl. 4° (VD 16 S 926)

(15) Vorhanden:

Berlin, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz: 6 an: B.Diez 4 1843; Dm 716

Braunschweig, Stadtbibliothek: C 486(1).4

Coburg, Landesbibliothek: P I 5/34:3

Dresden, Sächsische Landes- und Universitätsbibliothek: 3.A.9271,angeb.3

(20) Göttingen, Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek: 8 MULERT
507(1); 8 TH IREN 60/16 (11)

Gotha, Forschungsbibliothek: Theol.4 210c(3)

Halle, Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt: Vg 1249

Jena, Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek: 4 Bud.Theol.160(2); 4
(25) Theol.XLIII,4(11)

Leipzig, DNB, Deutsches Schrift- und Buchmuseum: III:58,3l

Lutherstadt Wittenberg, Bibliothek des Lutherhauses: Ag 4 245 k; Kn
A 241/1479

München, Bayerische Staatsbibliothek: 4 H.ref. 349 a

(30) München, Bibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität: 4 H.eccl. 3419(2:4

Wien, Österreichische Nationalbibliothek: 20.Dd.1039

Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek: 173.3 Quod.(3); 183.20 Theol.(14);
183.28 Theol.(8); 193 Theol.(1); 216.13 Theol.(19); 230.34 Theol.(13);
231.161 Theol.(2); 250.12 Theol.(8); 257 Quod.(9); 455.3 Theol.(10); Alv U
(35) 146(2); G 672.4 Helmst.(19) [benutztes Exemplar]; H 122.4 Helmst.(10); S
215.4 Helmst.(1)

Zwickau, Ratsschulbibliothek: 12.8.11.(6); 8.7.2.(23)


|| [365]

Im Originaldruck wird mit Hilfe einer größeren Zahl graphischer Symbole
auf die Anmerkungen der Herausgeber verwiesen, in unserer Ausgabe wurden
stattdessen eingeklammerte Großbuchstaben eingesetzt. Im Originaldruck er-
scheinen die Anmerkungen der Herausgeber in etwas kleinerer Type, in un--
(5)serer Ausgabe haben wir die Zusätze überdies kursiv gesetzt, zum einen der
deutlicheren Unterscheidbarkeit wegen, zum andern als Ausdruck der Be-
deutung, die die damaligen Herausgeber ihren Anmerkungen beigemessen
haben, zum dritten zur Kennzeichnung des Kommunikationsverlaufs. Im
textkritischen Apparat sind abschnittsweise Abweichungen gegenüber ander--
(10)weitigen Veröffentlichungen der einschlägigen dokumentierten Stücke be-
rücksichtigt.25


Kommentar
1 Zu den Verhandlungen in Meißen (2.–8. Juli 1548), Pegau (22.–24/25. August 1548), Torgau
(18. Oktober 1548), Alt-Zella (20.–22. November 1548) und Jüterbog (16. Dezember 1548) vgl.
Herrmann, 54–104
; .
2  Infolge des Schmalkaldischen Krieges gehörten mit einigen anderen ehemals ernestinischen
Gebieten auch der Kurkreis Wittenberg und die dortige Universität dazu. Zu den territorialen
Veränderungen vgl. z. B. Perthes Atlas Geschichte, S. 161.

3  Zum Leipziger Landtag, der vom 21.12.1548 bis zum 01.01.1549 stattfand, vgl. PKMS 4,
15–18; 252–277 (Nr. 210–236, bes. Nr. 210–213, 222–225, 227–235)
; Herrmann, 105–129.

4  Durch den Reichsabschied vom 30. Juni 1548 hatte das Interim Gesetzeskraft erlangt. Joachim
Mehlhausens
kritische Edition des Textes in: Augsburger Interim. Zu den Reaktionen auf das
Augsburger Interim vgl. unsere Ausgabe Bd. 1.

5 Vgl. Friedberg, Agenda.

6  Am 10. April 1549. Vgl. dazu PKMS 4, 18, 377f (Nr. 327), 381–384 (Nr. 331, 333); zu Didy-
mus auch Chalybaeus, Durchführung, 46–55.

7  28. April bis 1. Mai 1549, vgl. PKMS 4, 401f (Nr. 356), 404 (Nr. 360); Herrmann, 150–154.

8  Das begleitende kurfürstliche Mandat datiert vom 4. Juli 1549, vgl. unten S. 427, Z. 37f.

10 Von den || TRADITIO || NIBVS, CERE= || MONIIS, || Oder Mitteldingen / || Christlicher
warer be= || richt allen lieben Christen || in disen letzte vnd gefehr= || lichen zeitten / nuͤtzlich || zu
wissen. || Durch Johannem Pfef= || finger / Doctorem / zusam= || men gezogen. || Psalm. 116. ||
Ich glaube / darumb rede ich. || Lucæ 17. || HERR stercke vns den glauben. || EME, LEGE,
IVDICA. || – | M. D. L. [im Kolophon: Gedruͤckt durch Nico= || laum Wolrab.] (Leipzig), 112 Bl.
8° [VD 16 P 2357].

11  Möglicherweise hatten die Vorbereitungen schon vor der Veröffentlichung von Pfeffingers
Schrift begonnen, nach der Übersiedelung von Gallus nach Magdeburg im November 1549; viel-
leicht brachte er auch einige der Dokumente mit. Dass Gallus über einschlägige Materialien verfüg-
te, geht daraus hervor, dass er einem Brief aus Halle vom 6. September 1548 an den Regensburger
Ratskonsulenten Hiltner die Kopie eines Berichts über die Pegauer Verhandlungen beilegte, den er
anscheinend während eines kurzen Aufenthalts in Wittenberg im August von einem Verwandten
seines Schwagers Merckel (siehe unten bei Anm. 19) erhalten hatte; vgl. Voit, Gallus, 103. Auch
den Text des Leipziger Interims schickte Gallus neben anderen Materialien 1549 nach Regens-
burg
; vgl. Voit, Gallus, 113.

12 Zum folgenden vgl. Voit, Gallus.

13  Am 28. Januar 1544 hatte Gallus die Regensburger Arztochter Eva Opsinger geehelicht. 1558
heiratete er die Witwe Agnes Fischer, 1564 die Witwe Anna Kölacher; vgl. Voit, Gallus, 95, Anm. 2.

14  Der Regensburger Rat hatte den Predigern nicht nur empfehlende Zeugnisse mitgegeben, son-
dern ließ ihnen auch ihr Gehalt zugehen, mit der Maßgabe, ohne Rücksprache mit dem Rat keine
dauerhafte Verpflichtung anderwärts einzugehen, unbeschadet vorübergehender Vertretungs-
dienste etc.; vgl. Voit, Gallus, 92–96, 110f. Dr. jur. Johann Hiltner war von 1523 bis 1567 als
Ratskonsulent in Regensburg tätig und von außerordentlicher Bedeutung auch für die kirchliche
Entwicklung der Stadt, bereits 1525 hatte er mit Luther wegen eines evangelischen Predigers ver-
handelt; vgl. Voit, Gallus, 32, Anm. 1.

17 heute Banská Štiavnica, Slowakei. Die Stellenangebote bei Voit, Gallus, 118–120.

20  Vgl. unsere Ausgabe Bd. 1, Nr. 4: Einer christlichen Stadt untertänige Antwort (1548). Zum
Zeitpunkt der Veröffentlichung vgl. neben den Ausführungen von Voit, Gallus, 73–75, das bei Voit,
Gallus, S. 103, Anm. 2, referierte Schreiben von Noppus an Hiltner vom 20. August 1548, das dort
erwähnte Bedenken dürfte das Gutachten des Gallus gewesen sein. Dagegen spricht auch nicht die
spätere Aussage des Gallus, sein Gutachten sei „hernachmals durch andere in druck kommen“ ( Gal-
lus
, Eine Disputation von Mitteldingen [VD 16 G 269], A 2v), denn die Verbindung zum Magde-
burger Drucker Michael Lotter mag über Gallus’ Schwager Merckel oder sonstige Mittelsleute zu-
stande gekommen sein.

22 So fand Flacius auch in den Jahren 1562–1566 mit seiner Familie Aufnahme in Regensburg.
Vgl. Preger, Flacius II, 228–284.

23Flacius dürfte sich vor allem durch private Lehrtätigkeit sowie durch sein rastloses Wirken
als Lektor und Publizist und durch Spenden finanziert haben“ (Kaufmann, Ende der Reformation,
159
). Zum Lebensgang des Flacius vgl. unsere Ausgabe Nr. 3, S. 118f und Band 1, S. 92f.

24  Ein Vergleich ergibt, dass VD 16 ZV 6352 (vorhanden Bayerische Staatsbibliothek München: 4
H.ref. 349) sich von VD 16 S 926 lediglich durch eine fehlende Klammer hinter „genennet wirdt“
auf dem Titelblatt unterscheidet, ansonsten handelt es sich augenscheinlich um denselben Satz.

25 Zur Sigle ‚M‘ vgl. unten Anm. 174, zu ‚Chalybaeus‘ Anm. 461, zu ‚CR 7‘ Anm. 492.


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