Historische Einleitung
verfasst von Irene Dingel
[Inhaltsverzeichnis]

Historische Einleitung

Irene Dingel

Die theologischen Streitigkeiten, die sich nach der Niederlage der Evangeli-
schen im Schmalkaldischen Krieg und dem kaiserlichen Erlass des Augs--
(5)burger Interims von 1548 entzündeten, sind – das haben gezielte Recherchen
im Zusammenhang mit dem Forschungs- und Editionsprojekt „Controversia
et Confessio“
ergeben – weitaus differenzierter zu betrachten, als dies bisher
in der Forschungsliteratur getan wurde. So ergibt eine Sichtung der zahl-
reichen Quellen,1
dass deutlich zwischen den Schriften gegen das Augs--
(10)burger Interim und denjenigen zu unterscheiden ist, die sich auf die Frage
der Adiaphora,2
d. h. der im theologischen Bereich für das Heil des Ein-
zelnen nicht maßgeblichen, freigelassenen Mitteldinge, richteten. Zu Unrecht
sind in der bisherigen Forschung diese sich an verschiedenen Ausgangs-
punkten und Problemen entzündenden Kontroversen miteinander vermischt
(15) und die hier gewechselten Schriften als Bestandteile einer einzigen Ausein-
andersetzung gesehen worden, die man dann als „Interimistischen Streit“ zu
qualifizieren pflegte. Die Bezeichnungen „Interimistischer Streit“ und „ Adia-
phoristischer Streit“ wurden daher nicht selten in gleicher Bedeutung ve-
rwandt.3
Eine kritische Beschäftigung mit den Quellen aber veranlasst dazu,
(20) eine Gruppe von Schriften einzugrenzen, die ausdrücklich die Reaktion auf
das Augsburger Interim zum Gegenstand haben und Fragen thematisieren,
die mit dessen Einführung, mit erzwungenen oder selbstgewählten Exilierun-
gen und oppositionellen Haltungen sowie deren Legitimierung zu tun haben.4
Die Frage der Adiaphora im eigentlichen Sinne spielte hier insofern keine
(25) Rolle, als es um eine Restitution altgläubiger Lehre und Riten zugleich ging.
Das Augsburger Interim zielte ja darauf, eine altgläubige Lehre – mit Aus-
nahme des Zugeständnisses der Priesterehe und des Laienkelchs – zusammen
mit altgläubigen Zeremonien und Lebensstrukturen in evangelisch gewor-
denen Gebieten wiedereinzuführen. Dies mobilisierte zwar insgesamt den
(30) Widerstand der Evangelischen, bot aber keinen Anlass, die Wertung von
Riten und Zeremonien als „Adiaphora“, d. h. als sogenannte freigelassene
Mitteldinge, in der gegebenen Situation zu diskutieren.5



|| [4]
Anders verhielt es sich mit dem Leipziger Landtagsentwurf von 1548, der
einen Alternativvorschlag zum Augsburger Interim für Kursachsen darstellte
und exemplarisch für auch anderwärts ausgearbeitete, meist ungedruckt ge
bliebene Alternativen stehen kann, auf die er möglicherweise eingewirkt hat. 6

(5) Hier ging es um die Einführung altgläubiger Riten als für das Seelenheil
nicht maßgeblicher, freier Mitteldinge unter Beibehaltung der reformatori-
schen Lehre, die sich zudem in verschiedenen, für die Rechtfertigungslehre
relevanten Punkten deutlicher an Philipp Melanchthon als an Martin Luther
orientierte. Der Adiaphiorische Streit und alle weiteren Kontroversen ent-
(10)zündeten sich daher an der Leipziger Landtagsvorlage.7
Dieser für den Leip-
ziger Landtag 1548 ausgearbeitete Text schlug – so sahen es die Gegner –
einen den Ernst der Situation verkennenden, falschen Weg ein, nämlich den
der diplomatischen Verhandlungen und des politisch motivierten Kompro-
misses, der sich in der Kombination von altgläubigen Riten und Zeremonien
(15) mit der evangelischen Lehre augenfällig niederschlug. Dadurch wurde der
eigentlich erstrebenswerte und sinnvolle Konnex zwischen dem Inhalt der
auf Kanzeln gepredigten und in Schulen unterrichteten Lehre und deren
äußerlicher, ritueller Repräsentation im gemeindlichen und gesellschaftlichen
Leben aufgehoben, noch dazu in einer Situation, in der man angesichts theo-
(20)logischer Entwicklungen und gegen obrigkeitlichen Druck eigentlich die
Notwendigkeit sah, auch offen, „vor aller Welt“, zu seinen inneren Über-
zeugungen zu stehen. Ein äußerliches Dissimulieren durch Adaption unevange-
lischer Riten galt vielen als Lüge und Verrat am Evangelium.

Es waren deshalb drei ineinander greifende Problematiken, die den „ Adia--
(25)phoristischen Streit“ (1548/49–1560) bestimmten: zum einen die Frage des
mutigen Bekennens und eindeutigen Bekenntnisses in einer Bedrohungs
und Krisensituation; zum anderen die Frage der Notwendigkeit einer Über-
einstimmung von Lehre und Bekenntnis einerseits mit Kirchenverfassung
bzw. kirchlichem Kultus andererseits sowie der Freiheit des Umgangs mit
(30) den Riten und Zeremonien (gemäß CA 15); zum dritten die Frage der obrig-
keitlichen Kompetenz und der obrigkeitlichen Rechte in geistlichen oder
kirchlichen Angelegenheiten. Mit letzterer verband sich die Forderung der
Freiheit kirchlicher Gebräuche von obrigkeitlichem Einfluss. Dies wurde
verstärkt durch die schon mit dem Augsburger Inteim aufgeworfene grund--
(35)sätzliche Problematik des Verhältnisses von Kirche und Obrigkeit bzw. Reli-
gion und Politik. Die Interimssituation warf in nie dagewesener Schärfe die
Frage auf, ob die politische Obrigkeit überhaupt das Recht habe, in kirchli-
che Angelegenheiten einzugreifen. Man sah in den Vorgängen ein endzeitli
|| [5]
-
ches Ringen zwischen Christus und Belial,8
bzw. zwischen Christus und dem
Antichrist. Die Situation wurde als – endzeitliche – Bedrohungs- und Be
kenntnissituation wahrgenommen.9


Das Problemfeld der Adiaphora als solches bezieht sich auf einen Grenz--
(5)bereich zwischen dem, was auf der einen Seite nach christlichem Verständnis
für Glauben, Rechtfertigung und Heil des Menschen notwendig ist, und dem,
was auf der anderen Seite dafür abträglich, ja sogar schädlich sein kann.
Schon die Confessio Augustana hatte dies in Artikel 15 thematisiert,10
und in
CA 26 kamen kirchliche Ordnungen zur Sprache,11
die man als solche „ Mit--
(10)teldinge“ ansehen und akzeptieren konnte. Das waren Fasten, Speise- und
Kleidervorschriften, Feiertage und Gesänge etc., sofern sie lediglich prakti-
schen und pädagogischen Zwecken dienten. Unter reformatorischen Prämissen
aber waren sie immer dann dezidiert abzulehnen, wenn der Mensch glaubte,
sich durch solche Praktiken, Rituale und Zeremonien das Heil erwerben und
(15) sichern zu können.12
Martin Luther hatte einst seine Abneigung gegen Ver-
handlungen über angebliche Adiaphora deutlich gemacht. So hatte er z. B.
den von Johannes Eck in den Verhandlungen mit Philipp Melanchthon in
Augsburg 1530 eingeführten Terminus „indifferens“ als lateinisches Äquiva-
lent für das griechische „adiaphoron“ entschieden abgelehnt. Seine Sorge be--
(20)zog sich darauf, dass die Einführung solcher Kategorien Auswirkungen auf
theologische Inhalte erhalten könnte, so dass die Gefahr bestünde, dass man
schließlich auch göttliche Gebote zu „indifferentes“ herabwürdigte. Dennoch
war Luther in der Lage und bereit dazu, Gesänge, Fasten und Feiern durch-
aus als mögliche Gegenstände eines Kompromisses gelten zu lassen,
(25) vorausgesetzt freilich, dass kein Gewissenszwang aus der Einhaltung solcher
„Mitteldinge“ entstünde.13
Diese Haltung brachte ihn dazu, in den Wirren
der Wittenberger Bewegung Anfang der zwanziger Jahre des 16. Jahrhun-
derts um der „Schonung der Schwachen“ willen für Bilder in Kirchenräumen
und die einstweilige Beibehaltung altgläubiger Zeremonien einzutreten. Sei--
(30)ne Gegner, Andreas Bodenstein von Karlstadt und dessen Gesinnungsgenos-
sen, ließen die Bilder bekanntlich radikal aus den Kirchenräumen entfernen
und zerstören, um so ihrer Verehrung, ja sogar Anbetung, ein Ende zu set-

|| [6]
-
zen. Und auch im Abendmahlsritus änderte Karlstadt die gottesdienstlichen
Formen und praktizierte die „communio sub utraque“ im Sinne einer konse-
quenten Durchführung der Reformation.14
Luther dagegen behandelte Bilder,
zumal er ihnen eine pädagogische Wirkung zusprach, als freigelassene Mittel--
(5)dinge, sofern die ihnen früher entgegengebrachte innere Devotion keine Rolle
mehr spielte. Das gleiche galt – zumindest übergangsweise – für liturgische
Riten. Insgesamt aber blieb die Abneigung Luthers gegen die Definition
eines Mittelbereichs auf dem Gebiet des Ritus bestehen. Melanchthon war in
dieser Haltung im Grunde mit Luther einig. Dies änderte sich jedoch unter
(10) den historisch veränderten Bedingungen nach dem Schmalkaldischen Krieg
und angesichts des abzuwendenden Augsburger Interims. Melanchthon signa-
lisierte durch seine Mitarbeit an der Leipziger Landtagsvorlage Kompro-
missbereitschaft, allerdings unter der Prämisse, dass die kultischen Hand-
lungen reine Äußerlichkeiten blieben und ihnen die evangelische Lehre an
(15) die Seite trat. Dieser im Grunde eher geringfügige Gegensatz der Positionen
der beiden Wittenberger Reformatoren erhielt im Adiaphoristischen Streit
großes Gewicht und erfuhr im Kontext der nachinterimistischen Kontrover-
sen eine entscheidende Zuspitzung, ja sogar Neuausrichtung. Welch große
theologische und gesellschaftliche Bedeutung den jetzt in den Mittelpunkt
(20) rückenden Fragen nach dem Verhältnis von Kirche/Religion und Obrigkeit/
Politik, nach dem Recht der Obrigkeiten, in kirchlichen Angelegenheiten
Verfügungen zu erlassen, und nach dem Erfordernis einer klaren, bekennt-
nismäßigen Positionierung zukam, zeigt sich darin, dass der Streit keineswegs
mit der Aufhebung des Interims durch den Passauer Vertrag von 1552 zu En--
(25)de kam, sondern noch Jahre darüber hinaus weiter schwelte.15
Der hier vor-
liegende Band kann durch seine gezielte Auswahl von Schriften leider nur
einen Ausschnitt dieses Streits dokumentieren.16


* * * * *

Während man in vielen Territorien und Städten dem Augsburger Interim
(30) einen zähen passiven Widerstand entgegenstellte, wurde die Stadt Magde-
burg
, die sich über das kaiserliche Publikationsverbot hinwegsetzte, der
Knotenpunkt des aktiven Widerstands schlechthin.17
Sie erhielt wegen der
vielen von hier ausgehenden Druckerzeugnisse auch den Beinamen „unseres
Herrgotts Kanzlei“. Magdeburg war der Zufluchtsort für viele Lutheranhän--
(35)ger aus allen Gegenden des Reichs geworden, unter ihnen Matthias Flacius
Illyricus
, Nikolaus von Amsdorf, der ehemalige Superintendent von Magde-

||
[7]
-
burg und nun „vertriebene“ Bischof von Naumburg,18
Matthäus Judex und
Nikolaus Gallus. Flacius wurde schnell der führende Kopf jener Gruppe, die
in eine heftige publizistische Propaganda um die Frage der sogenannten
Adiaphora eintrat. Ihr Gegner in diesem Streit war Philipp Melanchthon, der
(5) sich allerdings kaum mit Schriften in die Kontroverse einschaltete. Auf sei-
ner Seite meldete sich aber u. a. der Leipziger Professor Johannes Pfeffinger
zu Wort, zumal er an den damaligen, zu der Leipziger Landtagsvorlage füh-
renden Verhandlungen beteiligt gewesen war. Gegenstand war die Wieder-
einführung altgläubiger Riten und Gewänder. Dies war zwar schon Bestand--
(10)teil des Augsburger Interims gewesen, allerdings sollte es nun begleitend zur
Wiedereinführung des alten Glaubens geschehen,19
so dass hier von Adia-
phora nicht die Rede sein konnte. Explosiv wurde die Frage der Wiederein-
führung altgläubiger Zeremonien in dem Moment, in dem sie als „ freigelas-
sene Mitteldinge“ neben die evangelische Rechtfertigungslehre rücken sollten
(15) und dies durch ein Gutachten für Kurfürst Moritz von Sachsen bekannt wurde.
Dieses war von Fürst Georg von Anhalt, Philipp Melanchthon, Caspar Cruci-
ger
, Johannes Pfeffinger, Daniel Greser,20
Georg Major und Johannes For-
ster
21
unter Federführung Melanchthons erstellt worden und enthielt u. a.
eine ausführliche Passage zur Frage der Adiaphora.22
Nach wie vor bezogen
(20) die Theologen Stellung gegen die Einführung des Augsburger Interims, von
dem man inzwischen wusste, dass es allein für die Evangelischen gelten und
keineswegs auch in altgläubigen Gebieten eingeführt werden sollte. Zu den
Riten und Zeremonien aber äußerte man sich in dem Gutachten folgender-
maßen: „Jn unsern Kirchen sind die fFrnehmsten Ceremonien die zur Kirchen
(25) dienen, als Sonntag und Fest, mit gew=hnlichen Lection und Gesang nicht
viel ge(ndert; wollen auch noch dieselbigen mit Fleiß erhalten. Und wo man
denn in solchen Mitteldingen etwas bedenken wFrde mit gutem Rath der-

|| [8]
-
jenigen, so die Kirchen regieren sollen, das zu mehrer Gleichheit und guter
Zucht dienlich, wollen wir gerne helfen Einigkeit und gute Zucht erhalten.
Denn wir wollen von denselbigen Mitteldingen nicht zanken so viel den
(ußer­lichen Gebrauch belanget. Also auch irret uns auch nicht, man esse
(5) Fleisch oder Fische. Gleichwohl muss man die Lehre von Unterscheid rech-
tes Gottesdiensts und solcher mittler unn=thiger Dinge nicht verl=schen las-
sen …“ 23
Zugleich lehnte man die Anrufung der Heiligen, Prozessionen mit
der geweihten Hostie, Vigilien und Totenmessen und das Segnen oder Wei-
hen von Wasser, Salz und Gewürzen strikt ab. All dies könne nicht wieder
(10) eingeführt werden, ohne dass Aberglaube entstehe und der Namen Gottes
missbraucht werde. Bei den zuletzt genannten Riten handele es sich also kei-
neswegs um Adiaphora. Kompromissbereitschaft dagegen signalisierte man
bei der Wiedereinführung des Festkalenders des Augsburger Interims, aller-
dings ohne die Betwochen und Prozessionsfeste; ebenso bei Messgewän--
(15)dern, Gesängen de tempore24
und Vorschriften über das Fleischessen, sofern
die Obrigkeit entsprechende Richtlinien erlassen würde und auf diese Weise
kein Kultus daraus entstünde. Diese Dinge war man bereit, als „freigelassene
Mitteldinge“ zu akzeptieren. Das Gutachten unterschied also zwischen nöti
gen Gebräuchen zum einen und unnötigen, ja sogar falschen Riten zum an--
(20)deren und freigelassenen Mitteldingen zum dritten. Diese Differenzierung
war die Voraussetzung dafür, dass man überhaupt über die Möglichkeit
nachdenken konnte, verschiedene altgläubige Zeremonien und Gebräuche als
„Adiaphora“ wiedereinzuführen. Während Melanchthon und die Wittenber-
ger Theologen auf dem so abgesteckten Feld Gesprächsbereitschaft signali--
(25)sierten, bezog sein Schüler, ehemaliger Kollege und schließlich heftigster
Gegner, Matthias Flacius, die entgegengesetzte Position. Er brachte das
Meißner Gutachten ohne Wissen der verantwortlich zeichnenden Theologen
in Magdeburg zum Druck,25
seine Wittenber-
ger Kollegen immer wieder – vergeblich – aufgefordert hatte, sich in einem
(30) gemeinsamen Protest gegen das gesamte Augsburger Interim in allen seinen
Artikeln zu wenden.26
Melanchthon aber blieb auf dem von ihm eingeschla-
genen Weg und nahm weiterhin an geheimen Beratungen mit den Räten des
Kurfürsten teil. Flacius dagegen ging mit Streitschriften an die Öffentlich-

|| [9]
-
keit,27
die er auch durch Bekanntgabe maßgeblicher Dokumente warnen
wollte. Dazu diente in erster Linie der unautorisierte Abdruck der Leipziger
Landtagsvorlage von 1548, die als kursächsischer Alternativvorschlag zum
Augsburger Interim gedacht war und zu deren Mitverfassern Melanchthon
(5) gehörte. Flacius und Gallus brachten dieses Gutachten für die kursächsischen
Landstände mit eigenen, kritischen Kommentaren versehen, einschließlich
einiger dazugehöriger Dokumente, zum Druck. Dass in der Literatur bis
heute vom „Leipziger Interim“ die Rede ist, geht auf diesen, in die Kon-
troverse einzuordnenden Abdruck zurück [unsere Ausgabe Nr. 4]. Voran--
(10)gegangen war bereits eine Stellungnahme des Flacius zu dem Auszug aus
der Landtagsvorlage, der ihm in die Hände gekommen war. Der kurfürstlich
sächsische Kanzler Ludwig Fachs und Melanchthon hatten nämlich Kurfürst
Moritz
geraten, statt des gesamten, dem Landtag vorgelegten Textes, ledig-
lich eine Kurzfassung in die Öffentlichkeit zu bringen. Flacius brandmarkte
(15) das Dokument in seiner Schrift „Wider den Auszug“ [Nr. 1] als „kleines
Interim“ und versuchte den listigen Betrug zu entlarven, hinter dem seiner
Ansicht nach der Satan selbst stand, um den falschen Glauben wieder einzu-
führen. Unter Rückgriff auf Äußerungen Luthers forderte er zur Ablehnung
jeglicher Art von Adiaphora und zur Treue zum Evangelium auf. Ebenso
(20) deutlich tadelte er, dass die politische Obrigkeit sich anmaßte, in Religions-
angelegenheiten einzugreifen. Auch andere meldeten sich mit Anfragen an
die Wittenberger Theologen zu Wort. Denn inzwischen war unklar gewor-
den, was denn nun eigentlich unter den „Adiaphora“ zu verstehen sei und
wie man sich in der gegenwärtigen Krisensituation zu verhalten habe. Mit
(25) welcher Ernsthaftigkeit die Auseinandersetzung ausgetragen wurde, zeigt ein
unter der Federführung des Johannes Aepinus abgefasstes Schreiben der Ham-
burger Geistlichkeit an Melanchthon und die Wittenberger Theologen, das auf
Klärung der Situation drängte. 28
Die Art und Weise, wie es in den lateinischen
und deutschen Druckversionen bzw. Auflagen präsentiert wurde – einmal mit,
(30) einmal ohne die Antwort der Wittenberger, in der diese die Kontexte für die in
Kursachen getroffenen Entscheidungen erläuterten; in späteren Auflagen mit
Marginalglossen des Flacius und weiteren Addenda – führt vor Augen, wel-
che „Kommunikationstechniken“ man für die Kontroverse zur Schwächung
gegnerischer bzw. bzw. Stärkung eigener Positionen nutzbar machte [Nr. 2].

(35) Flacius’ Stellungnahme in dieser Kontroverse war in seiner theoretischen
Reflexion über die Adiaphora grundgelegt. Für ihn kam es entscheidend
darauf an, zwischen wahren und falschen Adiaphora zu unterscheiden. In
seiner Schrift „Von wahren und falschen Mitteldingen“ [Nr. 3] entfaltete er

|| [10]

eine Definition, „die unter kirchlichen Adiaphora solche öffentlichen oder
privaten Zeremonien und Handlungen versteht, die frei, aber der Ordnung
der Gemeinschaft der Gläubigen entsprechend und zu ihrer Erbauung ge-
handhabt werden, da sie von Gott ‚in specie‘ weder geboten noch verboten
(5) sind“29 .
Wahre Adiaphora dürften die durch die Reformation Martin Luthers
wieder gewonnene christliche Freiheit nicht einschränken und das wieder
entdeckte Evangelium nicht verdunkeln. Sofern auf ein „generale Dei man-
datum“ verwiesen werden könne, das auf den Nutzen der Adiaphora zur
Ordnung und Erbauung der Kirche ziele, und sofern die Kirche und ihre Die--
(10)ner in Freiheit mit diesen Adiaphora umgehen könnten,30
bestand auch für
Flacius kein Problem. Von all dem aber sah er die gegenwärtige Interims-
situation meilenweit entfernt. Daher wurde Flacius nicht müde, mit immer
neuen Argumenten nachzuweisen, dass es sich bei den beabsichtigten Ände-
rungen um „Pseudoadiaphora“31
handele, die nicht nur gegen die rechte
(15) christliche Freiheit gerichtet seien, sondern auch eine „transformatio Eccle-
siae Christi in ritus Antichristi“32
bewirkten.

Mitten in dieser Auseinandersetzung erschien das Magdeburger Bekenntnis
[Nr. 5], das – in seinem Selbstverständnis als Wiederholung der Confessio
Augustana33
– darauf zielte, die Öffentlichkeit davon zu überzeugen, dass die
(20) Exekution der Reichsacht durch den sächsischen Kurfürsten Moritz die
eigentlich Rechtgläubigen traf. Europäische Wirkung erzielte es durch das in
seinem zweiten Teil „Von der Notwehr“ explizierte Widerstandsrecht. Dass
man das Recht der unteren Obrigkeiten, sich zum Schutz der Untertanen
gegen die übergeordnete Obrigkeit zu stellen, hier und in anderen, etwa zeit--
(25)gleich publizierten Schriften diskutierte, war vor allem durch die Adiaphora
Problematik angestoßen worden.

Die als „Adiaphoristen“ verunglimpften Wittenberger Theologen verhielten
sich bei weitem zurückhaltender. Der Leipziger Johannes Pfeffinger ver-
suchte – auch zur Verteidigung Melanchthons – die Angriffe auf die Leipziger
(30) Landtagsvorlage und deren Auszug zu entkräften, indem er die Hintergründe
und Maßgaben der seinerzeit getroffenen Entscheidungen thematisierte [Nr. 6].
Zudem lag ihm daran, die avisierten Entscheidungen hinsichtlich der Adia-
phora in der Reformation Martin Luthers zu verorten und als konform mit
dessen Ansichten auszuweisen. Ohnehin seien die jetzt zur Diskussion ste--
(35)henden Riten und Gebräuche im albertinischen Sachsen seit langem im Ge-
brauch.34
Aber dies konnte den Streit, für den Pfeffinger Flacius und Gallus

|| [11]

verantwortlich machte, nicht schlichten. Hellsichtig spielte er darauf an, dass
sich Schärfe und Unversöhnlichkeit in dieser Kontroverse auch aus dem ( Ge-
nerationen-)Konflikt zwischen Lehrern und Schülern, d. h. zwischen erster
und zweiter Reformatorengeneration, ergab. Die Enttäuschung, die man dar--
(5)über empfand, dass ehemalige Mitstreiter in reformatorischen Anliegen nun
disparate Wege gingen und unversöhnlich miteinander stritten, wog schwer.
An Pfeffingers Wortmeldung wird zudem deutlich, wie sich der Streit um die
Adiaphora allmählich auf das Problem der christlichen und politischen Frei-
heit verschob. Dies betraf sowohl die Frage, ob eine Obrigkeit das Recht habe,
(10) sich in innere Angelegenheiten der Kirche einzumischen – z. B. durch Wie-
dereinführung eines Kultus, der mit der reformatorischen Lehre nicht unbe-
dingt kompatibel war –, als auch jene, ob einer so handelnden Obrigkeit Folge
zu leisten sei. Diese Fragen, in denen Melanchthon und Pfeffinger gleicher-
maßen die historischen Zwänge ins Feld führten, die dazu veranlasst hatten,
(15) zum Erhalt der reformatorischen Lehre ungewohnte Wege einzuschlagen,
hatten sich unlöslich mit der Problematik der Adiaphora verbunden. Dass die
Gruppe um Matthias Flacius dies anders sah, versteht sich von selbst. Gallus'
Gegenbericht [Nr. 7] auf Pfeffingers Erläuterungen begründete ausführlich,
warum das „Leipziger Interim“ als unchristlich und verdammungswürdig
(20) gelten müsse. Er stellte christliche Freiheit und standhaftes Bekenntnis gegen
die Anmaßung weltlicher Obrigkeit, kraft ihres Amtes in die Belange der
Kirche eingreifen zu können. Die obrigkeitliche Pflicht, die reine Lehre und
die gute Ordnung der Kirche zu befördern, stellte freilich auch Gallus nicht
in Abrede. Aber der Streit verschärfte sich zusehends. Man warf den in Mag--
(25)deburg
versammelten Interimsgegnern vor, die reformatorische Kirche zu
spalten und zu zersetzen. Nikolaus von Amsdorf spielte diesen Vorwurf zu-
rück und richtete ihn in seiner Schrift „Dass D. Pommer und D. Major Är-
gernis angericht“ [Nr. 8] gegen Johannes Bugenhagen und Georg Major, die
an der Erstellung des Leipziger Landtagsentwurfs beteiligt gewesen waren.
(30) Er bezichtigte sie, mit ihrem Interim und den darin vorgesehenen Riten die
Kirche Christi derart zerrüttet und die Gewissen in einer Weise in die Irre
geführt zu haben, dass sie sich davon kaum werde jemals erholen können.
Amsdorfs heftige Polemik gegen Major sprach bereits beiläufig dessen Lehre
von der Notwendigkeit guter Werke zur Seligkeit an, indem er ihm zur Last
(35) legte, in der Rechtfertigungslehre das „sola“ (scil. sola fide, sola gratia, solus
Christus) aufzugeben. Dagegen fiel seine Kritik an Bugenhagen kürzer, al-
lerdings nicht weniger heftig aus. Denn Amsdorf trat – so machte er in sei-
nen Schlußsätzen deutlich – als Bekenner auf, der sich keineswegs darauf
einlassen wollte, die Abwendung von Gefahr mit einer Verleugnung der von
(40) ihm 30 Jahre lang gepredigten, wahren Lehre zu erkaufen.35



|| [12]

Der Adiaphoristische Streit schwelte auch nach der Aufhebung des Interims
1552 im Zuge des Passauer Vertrags weiter und wirkte einigend auf die
Gruppe der sich um Flacius scharenden sog. Gnesiolutheraner.36
Mit ihrer
Unterschrift unter die Vorrede zeichneten sie zugleich verantwortlich für den
(5) gesamten Inhalt der 1558 veröffentlichten Schrift „Die vornehmlichsten adia-
phoristischen Irrtümer“ [Nr. 9]. Neben dem Autor Flacius waren das Nikolaus
Gallus
, Johannes Wigand, Johannes Aurifaber, Anton Otho und Matthäus
Judex
. Die Schrift rekapitulierte die reformatorischen Entwicklungen von
ihrem Beginn bis in die Gegenwart im Lichte der durch die Frage der Adia--
(10)phora aufgeworfenen Problematik. Man grenzte sich weiterhin strikt von den
„Adiaphoristen“ ab, die nun nicht mehr nur als Befürworter verhängnisvoller
Änderungen in den Riten, sondern als Verfälscher der gesamten reformatori-
schen Lehre gebrandmarkt wurden. Dies war sozusagen ein Generalangriff
auf die Wittenberger Theologen, die dem mit einer Publikation von Akten--
(15)material zu den damaligen Verhandlungen rund um den Leipziger Landtags-
entwurf zu begegnen versuchten. Dass auch dies die Situation nicht ent-
schärfte, zeigt der Druck der – immer noch umfangreichen – „Summa und
kurzer Auszug aus den Actis synodicis“ von 1560 [Nr. 10], mit der die Wit-
tenberger Studenten für ihre Lehrer eintraten und sie vor allem gegen Gallus
(20) und Flacius verteidigten. Die Kontroverse hatte die nächste Generation er-
reicht. Sie behandelte im Grunde rückblickend die Frage, ob das Verhalten
der Theologen angesichts der seinerzeit an sie gerichteten kurfürstlichen An-
forderungen rechtens gewesen und ihre Zusammenarbeit mit den politischen
Instanzen zu rechtfertigen sei. Interim und Adiaphora waren in den Augen
(25) des Flacius und Gallus zu Kriterien geworden, an denen sich das rechte Be-
kennertum vom falschen unterscheiden ließ. Gallus, der im selben Jahr mit
seiner „Summa und Auszug der ersten und andern Antwort“ [Nr. 11] eine
Erwiderung herausbrachte, brachte dies – mit Flacius übereinstimmend –
folgendermaßen auf den Punkt: „Adiaphora in Casu Confessionis fiunt ne--
(30)cessaria.“37
Im Bekenntnisfall, so führte er aus, könne man mit sogenannten
freien Mitteldingen nicht mehr frei umgehen, darin nachgeben oder zu einem
Kompromiss mit den Gegnern kommen, ohne dass man die wahre Lehre
verleugne. Mit dem Interim aber sei ein solcher Bekenntnisfall gegeben ge-
wesen. Daher hätten die Adiaphora ihren Charakter als freigelassene Mittel--
(35)dinge verloren. Das Nachgeben und der Vergleich mit den Päpstlichen sei
also eine Verleugnung gewesen, die sich, nach Gallus, letzten Endes auf alle
Lehrstücke der Reformation erstrecke und zum Abfall von der Confessio
Augustana geführt habe. Diesen Nachweis jedenfalls versuchte Gallus zu füh-
ren. Die Wittenberger Studenten antworteten mit gezielten Glossen auf den
(40) auf die Adiaphora bezogenen Teil, der allerdings in unserer (Auswahl-)Aus-

|| [13]
-
gabe nicht mehr geboten werden kann. Sie spiegeln den typisch dialogischen
Verlauf der Kontroverse wider.

* * * * *

Betrachtet man den Adiafphoristischen Streit insgesamt, so ist nicht zu über--
(5)sehen, dass er vor dem Hintergrund der politischen Rivalität des ernestini-
schen und albertinischen Sachsen verlief, die sich auch darauf auswirkte,
dass beide Seiten für sich gleichermaßen in Anspruch nahmen, das Erbe der
Wittenberger Reformation angetreten zu haben, es angemessen verwalten zu
wollen und unverfälscht bewahren zu können.38
Für die Entstehung und den
(10) Ablauf der Kontroverse im Einzelnen aber waren vor allem zwei Punkte
ausschlaggebend. Zunächst fällt auf, dass die Konfliktgegner von einem
unterschiedlichen Verständnis des „Bekennens“ bzw. des „Bekenntnisses“
ausgingen und sich dementsprechend unterschiedlich positionierten. Flacius
und seine Gesinnungsgenossen vertraten eine ganzheitliche Perspektive. Für
(15) sie erstreckte sich das Bekenntnis nicht nur auf Glauben und Lehre, sondern
erforderte ein Äquivalent in den äußeren Formen kultischen Handelns, d. h.
in Riten, Zeremonien und einer daraus abgeleiteten Gestaltung des christlichen
Lebens. Riten und der durch sie repräsentierte Lehrgehalt bzw. theologische
Anspruch – kurz: Bekenntnis und Zeremonien – durften nicht auseinander--
(20)treten. Diese Position war ausschließlich theologisch begründet. Politische
Gesichtspunkte durften keine Rolle spielen. Anders verhielt es sich für Me-
lanchthon
und die in seinem Umfeld wirkenden Wittenberger Theologen. Sie
definierten „Bekennen“ und „Bekenntnis“ inhaltlich. Sie bezogen sich auf
eine bestimmte „summa doctrinae“, die durch zeremonielle Äußerlichkeiten,
(25) die man in den Grenzbereich des frei Verhandelbaren einordnete, nicht unbe-
dingt tangiert wurde. Unter dieser Prämisse waren sie deshalb in der Lage
und bereit, wenn nötig auf politisch-gesellschaftliche Bedürfnisse einzugehen
und eine gewisse Flexibilität zu tolerieren, wenn es darum ging, angesichts
dringender politischer Forderungen Schaden von Kirchen und Gemeinden
(30) abzuwenden. Aber auch diese Bereitschaft zum Aushandeln von Kompro-
missen hatte seine Grenze und endete stets dann, wenn der Kern der refor-
matorischen Lehre – Rechtfertigung und Sakramentsverständnis – in Frage
zu geraten schien.

Zum anderen zeichnet sich ein in den sich bildenden Lagern unterschiedli--
(35)ches Verhältnis zur Obrigkeit ab. Melanchthon und seine Gesinnungsgenos
sen waren bereit, der Obrigkeit, die man als gottgesetzte Gewalt verstand,
die äußere Ordnung der Kirche als Handlungsraum zuzugestehen. Denn die
äußeren Strukturen des kirchlichen Lebens verankerte man im Bereich der
praktischen Vernunft. Ihre Verwaltung konnte deshalb denjenigen anheim
(40) gegeben werden, die die Kompetenz hatten, auf diesem Gebiet am effektiv-
sten Entscheidungen zu treffen und durchzuführen, nämlich der politischen

|| [14]

Obrigkeit als „praecipuum membrum ecclesiae“. Als Hüterin der beiden Ta-
feln des Gesetzes kam es ihr zu, für rechte Gottesverehrung zu sorgen. Das
Handeln der „politia“ wurde dabei jedoch dezidiert auf die äußere Ordnung
und Disziplin eingegrenzt. Flacius und seine Mitstreiter bezogen demgegen--
(5)über eine grundlegend andere Position. Sie bestritten der politischen Obrig-
keit grundsätzlich, nicht aber generell das Recht,39
in kirchliche Angelegen-
heiten eingreifen zu dürfen, und gingen darin sogar über ihr theologisches
Vorbild Martin Luther hinaus.40
Dass die politische Obrigkeit kraft ihrer
Verantwortung für das Gemeinwesen dies immer wieder tat, bot für die Gne--
(10)siolutheraner solange keinen Stein des Anstoßes, solange die Obrigkeit sich
nicht über theologische Erfordernisse und die von Theologie und Lehre
vorgegebenen Prämissen hinwegsetzte. Flacius und seine Gesinnungsgenos-
sen traten im Adiaphoristischen Streit dezidiert dafür ein, den Bereich des
Bekenntnisses, d. h. Lehre und in äußerlichen Formen und Strukturen geleb--
(15)ten Glauben und Religiosität, von aller obrigkeitlichen Einwirkung frei zu
halten, vor allem dann, wenn sich die politische Obrigkeit offensichtlich als
Verfolgerin der rechten Lehre erwies. Äußerliche Disziplin, Strukturen und
Ordnungen, Riten und Zeremonien mussten aus dem Schoße der Kirche
selbst, sozusagen aus ihrer autonomen Entscheidung hervorgehen.

Kommentar
1  Vgl. die Online-Datenbank des Projekts Controversia et Confessio unter der
Internetadresse http://controversia-et-confessio.adwmainz.de/.
2  Zur Definition vgl. den alten, aber ausgezeichneten Artikel von Johannes Gottschick, Art.
Adiaphora, in: RE3 1 (1896), S. 168–179
.
3  Vgl. z. B. Tschackert, Kirchenlehre, 505, der vom „interimistische[n] oder
adiaphoristische[n] Streit“ spricht, und Lohse, Dogma und Bekenntnis, 108
. Hier ist vom
interimistischen Streit die Rede, obwohl der adiaphoristische gemeint ist.
7  Auch dies wurde in der Literatur bisher großenteils übersehen bzw. ignoriert. Der für die
Streitigkeiten maßgebliche und unautorisiert gedruckte Text findet sich unter Nr. 4 in
diesem Band, S. (354) 367–441.
9  Es ging hier weniger um eine zu wahrende „Orthodoxie“ oder zu etablierende „orthodoxe
Lehre“ als vielmehr um diese genannten Problemstellungen. Vor diesem Hintergrund wäre
zu überden­ken ob man den Adiaphoristischen Streit – wie Markus Friedrich – als Ringen
um „lutherische Orthodoxie“ verstehen kann. Dies ist zutreffender im Blick auf die weiteren
Kontroversen, die zum Teil aus dem Adiaphoristischen Streit hervorgingen. Vgl. Friedrich,
Orthodoxy and Variation.

14  So gab er z. B. bei der ersten reformatorisch gestalteten Abendmahlsfeier in Wittenberg
am 25. Dezember 1521 den Teilnehmern Brot und Kelch in die Hand und verzichtete auf
den liturgischen Ornat. Vgl. Barge, Karlstadt I, 357–362; außerdem Burnett, Origins, 27–29.
16  In der folgenden Darstellung des Streitverlaufs werden daher lediglich die hier
abgedruckten Texte präsentiert.
18  Tatsächlich hatte Amsdorf schon im Juli 1546 auf Geheiß Kurfürst Johann Friedrichs I.
Naumburg-Zeitz verlassen, um als dessen Berater in Weimar zu dienen. Danach war eine
Rückkehr nach Naumburg
und in sein Bischofsamt nicht mehr möglich, da das Naumburger Domkapitel – territorialpolitisch inzwischen unter dem neuen Landesherrn Moritz von
Sachsen
– den bereits 1541 zum Bischof gewählten Julius Pflug nach Naumburg holte.
Amsdorf, der sich von 1548–1552 in Magdeburg aufhielt, wertete dies als Vertreibung. Zum
„Naumburg-Zeitzer Bischofsexperiment“ vgl. Delius, Amsdorf-Briefwechsel; Brunner,
Amsdorf als Bischof
; Dingel, Exulantentum, 163–166.
19  Siehe oben S. 4.
20Daniel Greser (1504–1591) war 1542 von Moritz von Sachsen als Superintendent nach
Dresden berufen worden. Er wirkte auch noch an der Seite des Kurfürsten August, vor allem
in kirchenord-
nender Hinsicht. Vgl. Franz Lau, Art. Greser, Hans Daniel, in: Neue Deutsche Biographie 7
(1966), 49f.
[Onlinefassung]; URL: http://www.deutsche
biographie.de/pnd116832371.html.

21Johannes Forster (1496–1556) war seit 1548als Superintendent in Merseburg tätig,
übernahm aber schon um Ostern 1549 die Professur für Hebräisch an der Wittenberger
Universität. Zu-
gleich war er Prediger an der dortigen Schlosskirche. Vgl. Heinz Scheible, Art. Forster,
Johann, in: RGG4 3 (2000), 197.

22  Vgl. MBW Regesten Bd. 5, Nr. 5208, S. 309f. Das Gutachten ist abgedruckt in: CR 7
, Nr. 4286, Sp. 12–45.
Vgl. dazu auch Mehlhausen, Streit, bes. S. 114f. Mehlhausen vermischt
aller-
dings den Protest gegen das Augsburger Interim und die Frage der Adiaphora.
23Iudicium V. de libro Interim (6.7.1548) / Bericht vom Jnterim der Theologen auf dem
Landtag zu Meißen versamlet. Anno 1548, in: CR 7, Nr. 4286, Sp. 41.
24  Die nach den Sonntagen, Festen und sonstigen Anlässen des Kirchenjahrs wechselnden
Gesänge.
25  Bericht vom(m) INTERIM der Theologen zu Meissen versamlet. Annno M. D. xlviij. …
[Magdeburg: Christian Rödinger, 1548]. Vgl. Melanchthon an Kurfürst Moritz von Sachsen,
[3.9.1548], in: MBW Regesten, Bd. 5, Nr. 5280 und Nr. 5285, S. 348 und S. 350.
26Melanchthon für seine Person hatte allerdings unverzüglich seine Kritik am gesamten
Interim zum Ausdruck gebracht; vgl. Dingel, Beurteilung.
27Flacius brachte 136 Schriften gegen die „Adiaphoristen“ heraus. Darin sind allerdings die
le-
diglich von ihm herausgegebenen Stücke eingeschlossen. Ausgewiesen in der Internet
Datenbank zu „Controversia et Confessio“: http://www.litdb.evtheol.uni
mainz.de/datenbank/index.php
.
28Dies war nicht die einzige Hamburger Wortmeldung. Auch sonst brachte man sich von
Ham-
burger
Seite aus in die Diskussionen ein. Vgl. Dingel, Strukturen der Lutherrezeption.
30  Vgl. unten S. 218.
31  Vgl. unten S. 246.
32  Vgl. unten S. 258.
33  Vgl. unten S. 458f.
34  Die Reformation war im albertinischen Sachsen bei weitem konservativer verlaufen als
im ernestinischen Landesteil. Vgl. dazu Lau, Georg III. von Anhalt.
35  Zu seiner Bekennerhaltung, die durch seine „Exilserfahrung“ verstärkt wurde vgl.
Dingel, Exulantentum, 153–175.
36  Zur dieser und anderen Gruppenbezeichnungen vgl. unsere Ausgabe Bd. 1, S. 11, Anm.
30.

37  S. 955.
38  Vgl. die Historische Einleitung zu unserer Ausgabe Bd. 1, S. 8–11.
39  Dass die Obrigkeiten im Sinne der wahren Lehre auch kirchlich agieren konnten, wurde
nicht schlechthin abgelehnt.

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