10. Wittenberger Studenten: Summa und kurzer Auszug aus den Actis Synodicis (Wittenberg 1560) - Einleitung
verfasst von Jan Martin Lies
[Inhaltsverzeichnis]
Einleitung

1. Historische Einleitung

Im Jahr 1559 veröffentlichten die „Wittenberger Professoren“ umfangreiches
Aktenmaterial der Verhandlungen zwischen den Wittenberger Theologen
(5) und den kurfürstlichen Räten in Kursachsen aus den Jahren 1547 bis 1549
über den Umgang mit dem Augsburger Interim. Sie suchten mit dieser Publi-
kation den Vorwurf zu entkräften, sie hätten sich damals durch die Anord-
nung zur Wiedereinführung von altgläubigen Riten und Zeremonien gegen-
über der kaiserlichen Religionspolitik zu konziliant gezeigt und seien von
(10) der wahren Lehre abgewichen.1

Nikolaus Gallus reagierte umgehend auf diese Veröffentlichung der Witten-
berger mit seiner „Antwort. Von dem bösen, zornigen Buch der Professoren
zu Wittenberg“.2 Er argumentierte darin, dass die von den Wittenbergern in
der Interimszeit vorgesehenen Veränderungen der kirchlichen Riten keine
(15) frei handhabbaren Mitteldinge gewesen sein könnten. Da die Obrigkeit die
Durchführung der Änderungen verpflichtend geboten habe, sei keine freie
Entscheidung möglich gewesen. Man habe vielmehr dem Kaiser und dem
Papst nachgegeben. Eben durch dieses Nachgeben in der Frage der Zeremo-
nien seien noch zahlreiche andere Lehrstreitigkeiten3 entstanden, in denen
(20) die Wittenberger von der Confessio Augustana abgewichen und von der
wahren Lehre abgefallen seien.

An Weihnachten 1559 antwortete Matthias Flacius ebenfalls auf die Akten-
publikation der Wittenberger. Er sah sich von ihnen besonders angegriffen und
versuchte, sich selbst und seine theologische Position in einer langen Schrift

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zu verteidigen und den Wittenbergern Fehler bei der Veröffentlichung der
Dokumente aus der Interimszeit detailliert nachzuweisen.4

Die hier edierte Schrift „Summa und kurzer Auszug aus den Actis Synodi-
cis“ der „Wittenberger Studenten“ ist eine Verteidigung der Wittenberger
(5) Position gegenüber den Schriften von Gallus und Flacius. Ihre Argumenta-
tion stützten die „Wittenberger Studenten“ dabei auf die Publikation ihrer
„Professoren“ aus dem Vorjahr, indem sie Teile aus den dort in Druck beför-
derten Dokumenten zitierten. Da zunächst lediglich die Schrift von Gallus
erschienen war, planten die „Wittenberger Studenten“ gegen ihn allein zu
(10) schreiben. Aufgrund der Veröffentlichung des Flacius an Weihnachten 1559
fügten sie dann ihrer bereits im Druck befindlichen Schrift5 hastig einen
zweiten, gegen Flacius gerichteten Teil hinzu, in dem sie ihn persönlich
heftig attackierten und als „Hyäne“ beschimpften.6 Nachdem dieser zweite
Teil in der „Fasnacht“, um den 27. Februar 1560,7 vollendet war, konnte die
(15) Schrift vollständig gedruckt werden und erschien, nach Angabe der Verfas-
ser, im März 1560.8 Gallus gibt jedoch in seinem „Gegenbericht“ an, dass
die vorliegende Schrift „vmb Ostern [14. April 15609 ] ausgangen“ sei.10
Diese widersprüchlichen Angaben lassen sich harmonisieren, wenn man
Ende März als die Fertigstellung der Drucklegung annimmt und die vage
(20) Angabe von Gallus als den Zeitpunkt ansieht, an dem ihm die Schrift be-
kannt wurde.


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Im Mai 1560 war die Schrift jedenfalls bereits so verbreitet, dass Simon
Musäus
11 sie, während einer seiner theologischen Vorlesungen in Jena, als
aktuelles Beispiel für die Missachtung göttlicher Gebote und Mahnungen
anführte, was unmittelbar einen Konflikt hervorrief, da sich drei studentische
(5) Zuhörer, die erst vor kurzem von Wittenberg nach Jena gewechselt waren,
durch diese Bemerkung beleidigt fühlten und demonstrativ den Raum ver-
ließen. Aufgrund dieser Störung der Vorlesung wurden die drei wegen Re-
spektlosigkeit gegenüber Musäus vom Stadtrichter verhaftet.12

2. Die Autoren

(10) Es handelt sich um ein Kollektiv, dass mittels Kompilation von Textbaustei-
nen aus den von den „Wittenberger Professoren“ veröffentlichten Dokumen-
ten die eigene Argumentation stützt. Wenn hier dennoch von Autoren ge-
sprochen wird, liegt dies daran, dass besonders im zweiten, gegen Flacius gerichteten Teil der Schrift, fast gänzlich auf Kompilationen verzichtet wird.
(15) Genauer definiert wird dieses Kollektiv lediglich durch den Hinweis auf die
„Wittenberger Studenten“. Die Anzahl der beteiligten Personen und deren
Namen bleiben im Dunkeln.13 Vermutlich handelt es sich bei der Bezeich-
nung „Wittenberger Studenten“ um eine Parallele zu der Aktenpublikation
durch die „Wittenberger Professoren“.


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3. Inhalt

Die „Wittenberger Studenten“ geben der hier edierten Schrift den Anschein
eines Plädoyers. Erkennbar wird dies zum einen an verschiedenen juristi-
schen Termini, zum anderen an der Bezeichnung ihrer Gegner als verschla-
(5)gene Procuratoren, besonders des Flacius als Procurator des Teufels. Zudem
versuchen sie ihre Schrift durch die Verwendung zahlreicher Zitate aus den
veröffentlichten Akten ihrer Professoren als faktengestützte Verteidigung zu
präsentieren. Die Schrift lässt sich grob in zwei Teile gliedern. In einem
ersten Teil widerlegen die Autoren Nikolaus Gallus. Der zweite Teil stellt
(10) eine Auseinandersetzung mit Flacius dar.

Ihre Verteidigung beginnen die Studenten mit dem Hinweis, es sei Karl V.
bei der Erstellung des Interims um den Frieden im Reich bis zum endgülti-
gen Entscheid der verschiedenen theologischen Streitfragen auf einem Kon-
zil gegangen. Daher habe der Kaiser den Protestanten die Feier des Abend-
(15)mahls unter beiderlei Gestalt und die Priesterehe zugestanden. Die reichs-
rechtliche Beschränkung des Interims auf die Protestanten sei allein auf die
Verweigerungshaltung der Altgläubigen zurückzuführen. Der sächsische
Kurfürst habe veranlasst, die im Interim gebotenen Mitteldinge, d. h. die
Wiedereinführung altgläubiger Zeremonien, in einer ohnehin seit dem Jahr
(20) 1544 geplanten neuen Kirchenordnung zu verfügen, um damit dem Kaiser
seinen Gehorsam zu zeigen. Die Theologen des Kurfürsten hätten in zahlrei-
chen Schriften eindeutiger als alle anderen die Mängel im Interim aufgezeigt
und allen Änderungsversuchen, auch in Mitteldingen, widerraten. Nach der
Zusicherung des Kurfürsten, dass die Lehre gänzlich unverändert bleiben
(25) solle, hätten die Theologen die Einführung altgläubiger Zeremonien nicht
länger verweigern können. Vielmehr habe man damit gemäß der Bibel dem
Kaiser gegeben, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist. Auf dem
Landtag zu Leipzig im Dezember 1548 sei die neue Kirchenordnung vorge-
legt und von Theologen und Landständen approbiert worden. Die letztendli-
(30)che Konsequenz der Kritik des Flacius und Gallus an dem kompromissberei-
ten Verhalten der kurfürstlichen Theologen sei, dass die Theologen besser
Land und Leute hätten verlassen, lieber die vollständige Zerrüttung der
Lehre hätten gestatten sollen, als Zugeständnise zu machen. Auf den Vor-
wurf, es habe in Kursachsen Geheimverhandlungen gegeben, antworten sie,
(35) dass alles öffentlich auf Landtagen verhandelt worden sei. Die Akten der
Landtage lägen nun in der Publikation der „Wittenberger Professoren“ sogar
für jedermann zugänglich vor.

In ihrer Argumentation lehnen sich die „Wittenberger Studenten“ an die
Gliederung der „Antwort“ von Gallus an. Sie zitieren dessen beide Hauptar-
(40)gumente, um sie dann zu widerlegen: Erstens behaupte Gallus, dass durch
die kursächsischen Theologen nicht etwa nur Mitteldinge eingeführt worden
seien, sondern die Lehre selbst sei grundlegend verändert worden. Denn in

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dem gegebenen Kontext habe es sich auch bei den sonst eher frei zu gestal-
tenden Zeremonien nicht um Mitteldinge gehandelt. Zweitens habe die
Einführung der altgläubigen Zeremonien einen Angriff auf die wahre Lehre
dargestellt. Dagegen machen die Autoren geltend, dass sich der Status der
(5) Adiaphora, d. h. der freigelassenen Mitteldinge, auch in „casu confessionis“
nicht verändere. Die Autoren bestreiten den Vorwurf, man sei dem Papst
entgegengekommen. Das Interim sei nämlich von Kaiser Karl V. erlassen
worden. Der Papst aber habe dagegen protestiert. Man sei also nicht dem
Papst, sondern dem Kaiser – im Rahmen der wahren Lehre – gehorsam ge-
(10)wesen. Durch das von den Gegnern kritisierte Entgegenkommen sei es den
kursächsischen Theologen jedoch gelungen, einen weiteren Krieg zu verhin-
dern. Ihre Widersacher hätten durch ihre Haltung und ihre Angriffe auf die
Wittenberger Theologen den gemeinen Mann verwirrt. Überhaupt hätten die-
se heuchlerisch gehandelt, da sie ihre Gemeinden verlassen und eben nicht
(15) so standhaft ihren Glauben bekannt hätten, wie sie es in ihren Schriften von
anderen forderten. Im übrigen sei niemals ein Zwang ausgeübt worden, viel-
mehr habe man die Theologen auf verschiedenen Verhandlungstagen um
ihre Meinung befragt und dann eine Kirchenordnung erlassen, die von den
Pfarrern und Superintendenten angenommen worden sei. Lediglich die
(20) Obrigkeit habe zur Einhaltung der beschlossenen Veränderungen Druck an-
gewendet. Gallus verhalte sich daher heuchlerisch. Schließlich habe er
selbst, als er wieder von Magdeburg nach Regensburg gezogen sei, das Tra-
gen des Chorrocks akzeptiert, da der Rat der Stadt dies von ihm gefordert
habe.

(25) Gallus nenne die Publikation der Professoren ein böses, zorniges Buch. Doch
diese Einschätzung werde nur von so streitsüchtigen Leuten wie ihm geteilt.
In den veröffentlichten Akten werde nämlich – gegen Gallus und dessen
Mitstreiter – der tatsächliche Hergang der Ereignisse 1548/49 und das wahre
Verhalten der kursächsischen Theologen jedermann deutlich vor Augen
(30) gestellt. Die von Gallus und Flacius verbreiteten Lügen würden dadurch
offenkundig. Um von ihren falschen Behauptungen abzulenken, hätten sie
andere Streitigkeiten entfacht.

Zunächst habe Flacius eine Kontroverse über das erste Kapitel des Johannes-
evangeliums und die Lehre vom Sohn Gottes begonnen. Da sich aber selbst
(35) Teile seiner bisherigen Anhängerschaft in dieser Angelegenheit gegen ihn
gestellt hätten, habe er, genauso wie seine Anhänger, versucht, die Sache zu
beschönigen und schnell in Vergessenheit geraten zu lassen. Anschließend
sei es über den Unterschied zwischen Gesetz und Evangelium, wie in der
Frage über die Notwendigkeit von guten Werken für die Seligkeit zu einem
(40) Streit gekommen. Georg Major habe stets betont, dass gute Werke keines-
wegs als Verdienst oder als die entscheidende Ursache für die Gerechtigkeit
und Seligkeit eines Menschen angesehen werden könnten. Mit der These, der
Mensch verhalte sich in der Rechtfertigungsfrage untätig wie ein Block, ja

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sogar widerstrebend und feindlich, postulierten die Gegner zwei entgegen
gesetzte Willen Gottes, da er einen Teil der widerstrebenden Menschen
bekehre, die anderen aber nicht. Noch zu Beginn der Kontroversen habe
Flacius diese irrige Ansicht abgelehnt. Überdies würde in der Abendmahls-
(5)lehre von den Gegnern mittlerweile die irrige Auffassung der „Ubiquität“
vertreten. Die Wittenberger Theologen hingegen seien beständig bei der
wahren alten Lehre geblieben.

Die Autoren wenden sich dann der Widerlegung der „Gründlichen Verle-
gung des langen Comments der Adiaphoristen“ des Flacius zu. Diese könn-
(10)ten sie nur kurz behandeln, so die Autoren, da diese Schrift erschienen sei,
als die Drucklegung der eigenen Schrift bereits in vollem Gang war.

Sie charakterisieren die Schrift des Flacius zunächst als ein Meisterstück der
juristischen Verstellungskunst und bezeichnen Flacius als den Anführer aller
Gegner Melanchthons. Denn gegen diesen würden sich alle verbünden. Mit
(15) seinem Vorwurf, die Aktenpublikation der Wittenberger Professoren enthalte
Fehler, zeige Flacius, dass er ein teuflischer Ankläger sei, der den Gesamtzu-
sammenhang vernachlässige, in den die publizierten Dokumente eingeordnet
werden müssten. Überdies gründeten er und seine Anhänger ihr Urteil nur
auf die Zeugen einer Seite. Dies habe auch Justus Menius erfahren müssen.14
(20) Die Vorwürfe gegen Kurfürst Moritz und Karl V. bewiesen, dass es Flacius
um eine „weltliche Theologie“ und „Kriegsadiaphora“15 gehe. Wenn er tat-
sächlich um die Religion besorgt wäre, dann solle er sich nicht um das
kümmern, was Kurfürsten und Kaiser miteinander besprochen hätten. Er sol-
le sich vielmehr auf das konzentrieren, was mit den Theologen und Land-
(25)ständen verhandelt worden sei. Die Aktenpublikation der „Wittenberger
Professoren“ belege klar, dass der Kurfürst niemals die Annahme des Inte-
rims von seinen Landständen und Theologen gefordert habe. Doch Flacius
gehe es eben hauptsächlich um die große Politik. Dass es ihm um Krieg zu
tun sei, lasse sich auch daran erkennen, dass er sich und seine Anhänger in
(30) seiner neuen Schrift als die Kriegsleute Christi bezeichne.

Besonderen Fleiß verwenden die Autoren im Weiteren auf die Verteidigung
Georgs III. von Anhalt.16 Dieser sei von Luther hoch geschätzt worden.
Luther habe auch in Fragen der Adiaphora keineswegs so entschieden und
hart geurteilt, wie dies von Flacius und seinen Anhängern behauptet werde.
(35) Um dies zu belegen, führen sie Zitate aus zwei Briefen Luthers an.


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In einer anschließenden kurzen Replik – mehr sei in der Eile nicht möglich
gewesen – bezichtigen die Autoren Flacius der Willkür und der Lüge. Alles,
was dieser bislang geschrieben habe, sei erlogen oder erfunden. Er führe
damit Spaltungen in der Kirche herauf. Flacius habe zwar in böser Absicht
(5) teils gefälschte, teils gestohlene Briefe abdrucken lassen, doch sei seine
Auseinandersetzung mit der Aktenpublikation durch die „Wittenberger Pro-
fessoren“ insoweit positiv zu bewerten, als man dadurch überhaupt auf die
Akten aufmerksam werde. Man möge daher die Aktenpublikation der „ Wit-
tenberger Professoren“ intensiv lesen. Dann würden die Lügen von Flacius
(10) und seinen Anhängern offenbar.

Das Fazit der Wittenberger Studenten lautet: Es scheine zwar so, als ob unter
denen, die die Wahrheit besitzen, Uneinigkeit ausgebrochen sei und sie sich
damit selbst desavouierten. Dies beweise jedoch nur, wie nötig eine einheitli-
che Ordnung innerhalb des Luthertums sei. Dem aber stünden Flacius und
(15) seine Anhänger mit ihren Streitereien entgegen und spielten sogar den Alt-
gläubigen damit in die Hände.

Die Schrift schließt mit der Warnung, dass sich niemand von Flacius und
dessen Anhängern verführen lasse, denen Gottes Gericht bevorstehe.

4. Ausgabe

(20) Nachgewiesen werden kann eine Ausgabe:

A: Summa vnd kurtzer || Auszug aus den ACTIS SYNODI= || CIS / aller
Handlung der Adiaphoren halben / || so von den Professoribus der
Vniuersitet Wit= || teberg negstuergangnes LIX. Jar || in Druck
verordnet. || Wider die vermeinten Scribenten / || Jllyricum vnd Gallum /
(25) so wider dieselben || ACTA zu schreiben sich vnter= || fangen.|| Durch
wolmeinende vnd jren || Praeceptoribus danckbare Studenten / || aus den
ACTIS gezogen.|| Matth.10. || Zum Zeugnis wider sie. || Johan. || Kome
vnd sihe. || 1560. || [64] Blatt 4° (VD 16 S 10193)

Vorhanden in:

(30) Emden, Johannes a Lasco Bibliothek: Samml. Hardenberg Theol 4° 0197 H
[benutztes Exemplar]

Gotha, Forschungsbibliothek: Th 713/154R; Theol.4 685-686(1)

München , Bayerische Staatsbibliothek: Res/4 H.ref. 806,14

Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek: 500.4 Theol.(12); Yv 141.8
(35) Helmst.(4)


Kommentar
1 Vgl. Gruͤndlicher vnd || warhafftiger Bericht aller Rath= || schleg vnd antwort / so die
Theologen zu Wit= || temberg / vnd andere darzu erforderte / auff || den Landtegen / vnd andern
Versamlungen / nach || dem Krieg / wider die dazumal newen Reforma= || tion des
Augspurgischen Buchs INTERIM || genant / zur widerlegung desselbigen / gestelt ... || Von den
Professorn in der Vniuer= || sitet zu Wittemberg in druck ver= || ordnet. || [Wittenberg: Georg
Rhaus Erben
1559] (VD 16 W 3727), bes. A 2v–B 4r = 2v–8r; im selben Jahr erschienen zwei
lateinischen Fassungen (VD 16 W 3725f); zu den Vorwürfen gegen die Wittenberger vgl. auch
Flacius, Von den vornehmsten adiaphoristischen Irrtümern, unsere Ausgabe Nr. 9.

2 Vgl. Antwort / || Von dem boͤsen zorni= / ||gen Buch der Professorn zu Wittem= || berg / an die
liebe Kirche / das sie vrteile vnd ver= || stehe / Was vnd wieuil sie dise sachen in || gemein / vnnd
einen jeden Christen || in sonderheit angehen.|| Durch Nic. Gallum.|| ... || [Regensburg: Heinrich
Geißler
1559] (VD 16 G 290).

3 „Von dem Son GOttes, vnserm Herrn Jesu Christo, dem ewigen, selbstendigen, wesentlichen
Wort des Vatters. Von der Person, Ampt vnd wirckung des H. Geistes. Von vrsach vnd herkom-
men der Suͤnde, wie sie nicht von Gott sey. Von beyderley Gottes willen, dem offenbarten vnd
vnoffenbarten. Von dem offenbarten willen, sich in allen dingen ans wort zu halten, vnd der
Seligkeit halb, sich der gnade in Christo, durch glauben ans wort, ohn vnterscheid der Personen,
einem jeden fuͤr sich selb zu troͤsten. Vom wort
des Gesetzes, dadurch Suͤnde gestrafft. Vom wort des Euangelii, dadurch glaube vnnd Heiliger Geist gegeben werden, doch wo vnd wie Gott wil,
nicht wie Menschen woͤllen. Von Rechtfertigung des glaubens, ohn gute werck. Von notwendig-
keit der guten werck, oder newes gehorsams.“ Gallus, Antwort von dem zornigen Buch, B 3r–v.

4 Vgl. Gruͤndliche Verle= || gung des langen Comments || der Adiaphoristen / oder der verzelung
|| jrer handlungen / Zu gruͤndlicher || erforschung der warheit in dieser || sache sehr nuͤtzlich zu
lesen / || Durch || M. Fl. Jllyricum.|| ... || [Jena: Donat Richtzenhan 1559] (VD 16 F 1412); diese
Schrift trägt das Erscheinungsjahr 1560 auf dem Titel und erschien nach Auskunft der Studenten
an Weihnachten 1560. Da der Drucker der Schrift, wie auch die Wittenberger Studenten selbst,
im Weihnachtsstil rechneten, – die Studenten berichten, die Schrift des Flacius sei zu „einem
friedlichen, seligen Newen jar“ erschienen – ist diese Schrift des Flacius an Weihnachten 1559
publiziert worden. Vgl. die hier edierte Schrift unten, M 2r, unsere Ausgabe Nr. 10, S. 916.

5 Vgl. Ebd.

6 Vgl. Ebd., P 1r–v, unsere Ausgabe Nr. 10, S. 934

7  Vgl. Ebd., P 4v, unsere Ausgabe Nr. 10, S. 938.

8Gallus hat vor der zeit zween gruͤnde gesetzt aller seiner zuspruͤch, so er der Adiaphora halben
wider vnsere Praeceptores, die Schul Witteberg vnd andere dieser Land Kirchen vnd Theologos
zu haben vermeint, auf dieselben ist jm nechst vergangenen Martio dieses sechzigsten Jares von
vns geantwort (...).“ Auff Nicolai Galli || zu Regensburg Gruͤnde / so er wider die || genante
Adiaphoristen der Adiapho= || ren halben zu haben vermeint || REPLICA VND || andere Antwort.
|| Etlicher wolmeinender vnd jren Praecepto= || ribus danckbare Studenten / an die erste jre ||
Antwort / so aus den Actis Sinodi= || cis etc. gezogen / anzuhengen. || Sampt einer eingeleibten
Schrifft || NICOLAI GALLI / darauff diese || REPLICA gestellet.|| ... || [Wittenberg: Lorenz
Schwenck
1560] (VD 16 A 4063), A 2r; „Auff diese obgesetzten gruͤnde haben wir im vergan-
genen Mertzen dieses 60. Jares einen Gegenbericht lassen ausgehen (...).“ Ebd., B 1v.

10 Vgl. Gallus, Summa und Auszug, A 2r, unsere Ausgabe Nr. 11, S. 953.

11 Er war an der theologischen Fakultät der Universität Jena ein Kollege von Matthias Flacius.
Vgl. Adolf Schimmelpfennig, Art. Musäus, Simon, in: ADB 23 (1886), 91f; Theodor Mahlmann
, Art. Musäus, Simon, in: RGG4 5 (2002), 1591.

13 Über die Beteiligten kann man lediglich Vermutungen anstellen. Durchsucht man die Witten-
berger Matrikel und unterstellt, dass besonders diejenigen Studenten die nötigen Mittel und
Beziehungen für die Drucklegung einer so umfangreichen Schrift wie der hier edierten sowie
einer weiteren Schrift im Herbst 1560 besaßen, und berücksichtigt man darüber hinaus den Inhalt
und die Form der hier edierten Schrift sowie verwandtschaftliche Beziehungen zu den Professo-
ren oder anderen an den Interimsverhandlungen 1548/49 beteiligten Personen, so könnten fol-
gende Studenten als mögliche Beteiligte in Betracht kommen: 1. Josua Mohr, Sohn des Torgauer
Pfarrers Georg Mohr. Dieser war im Jahr 1549 für den aufgrund seines Widerstands gegen die
geplanten Veränderungen abgesetzten Gabriel Zwilling auf die Pfarrstelle von Torgau berufen
worden und wurde von Flacius in Schriften angegriffen (vgl. unsere Ausgabe Nr. 1). Josua Mohr
studierte ab Oktober 1557 in Wittenberg (Album I, 333). 2. Johannes, Christian, Gunther und
Caspar Schneidewein. Sie waren Söhne von Johannes Schneidewein, des Professors der
Rechtswissenschaften in Wittenberg. Die vier Brüder studierten ab Mai 1558 in Wittenberg
(Album I, 345); 3. Joachim Camerarius d. J., der Sohn Joachim Camerarius’ d. Ä. Dieser wurde
von Flacius als „D. Interim“ (vgl. unsere Ausgabe Nr. 3, S. 133, Anm. 4) verspottet. Joachim
Camerarius d. J.
studierte ab dem 21. Juli 1558 in Wittenberg (Album I, 348). 4. Gregor und
Philipp Brück, die Söhne des kursächsischen Kanzlers Gregor Brück, studierten ab Oktober 1558
in Wittenberg (Album I, 353). 5. Martin Emkel – er war Diener im Hause Georg Majors
studierte ab dem April 1559 in Wittenberg (Album I, 357). 6. Überdies könnte auch Paul Krell,
der Schwiegersohn Georg Majors, beteiligt gewesen sein, da er bereits während der Coswiger
Verhandlungen 1557 Spottschriften gegen Flacius und dessen Anhänger verfasst haben soll
(Preger, Flacius II, 49).

14 Die Autoren rekurrieren damit auf die publizistische Auseinandersetzung zwischen Menius
und Flacius über die Adiaphora und die Bedeutung der guten Werke. Vgl. dazu Preger, Flacius I,
354–417; Schmidt, Menius II, 255–286.

15 Vgl. im edierten Text unten, O 4 v, S. 933.

16 Georg III. von Anhalt war maßgeblich an den Verhandlungen während der Interimszeit
beteiligt und erstellte im Auftrag von Kurfürst Moritz im Frühjahr 1549 eine neue Kirchenord-
nung, die jedoch nicht eingeführt wurde. Vgl. dazu Sehling, Kirchengesetzgebung, bes. 91–120.


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