[A 1v:] Psalm. CXX.
1
Jch ruff zu dem Herrn in meiner Not, vnd er erhoͤret mich.
Herr, errette meine Seele von den Luͤgenmeulern, vnd von den falschen Zungen. (von den gleisnern.
2 )
Was kan dir die falsche Zunge thun? Vnd was kan sie ausrichten?
Sie ist wie scharffe Pfeile eines Starcken, wie Fewr in Wacholdern.
Wehe mir, das ich ein Frembdling bin vnter Mesech; jch mus wonen vnter den huͤtten Kedar.
Es wird meiner Seelen lang, zu wonen bei denen, die den Frieden hassen.
Jch halte Friede; aber wenn ich rede, so fahen sie Krieg an.
[A 2r:] Es hat
D[oktor] Pfeffinger abermahls
3 ein Buch, welchs fuͤr einem jhare schon gestellet sein sol, doch jtzt allererst im druck lassen aussgehen,
4 vngezweiffelt der Christlichen meinung, weil der Landtag im Curfuͤrstenthumb Sachsen also nahend
5 vnd wir allhie zu
Magdeburgk vber der reinen, freyen bekentnis Christi von den jhren mit Kriegs gewalt belagert sind,
6 das die Adiaphoristen verhoffen, jhr Leuptzisch Jnterim durch diese gelegenheit nu dester bas
7 durchzubringen, vnd wir zuuorn
8 auff jhr geferbt
9 falsch dargeben
10 keinen gegenbericht vnnd fernere
11 warnung thun koͤndten, das es
auch mit vnns, durch diesen jhren Krieg fast am ende sein wuͤrde. So ferne ists nu noch mit jhnen dauon, das sie jhres radts vnd handlung, damit sie jhren Fuͤrsten vnd lantschafft, ja die gantze Kirche, schier
12 in greulichen abfal, abgoͤtterey vnd ergernis wie Aaron verfuͤrt haben,
13 rechtschaffene busse theten, das sie denselben radt vnd handlung des Leiptzigschen Jnterims, zu welchem sich zuuorn
14 niemant vnter jhn bekennen wolte, jm newen Buch numahls durchaus anfahen zu uerteidigen, vnnd dran zum aller Christlichsten wollen gethan haben, sich auch mit jhnen im Buch darfuͤr ansehen lest, als wolten sie das Augspurgisch Jnterim darzu gern beschonen,
15 odder doch nicht dafuͤr gehalten sein, das sie [A 2v:] sonderlich darwider weren vnnd andere Leut dauon abhielten, verdammen vnns dagegen auffs aller greulichst darumb, das wir der warheit mit zeugnis Goͤttlichs worts wider jhr Leiptzigsch Jnterim beigestanden, auch fast
16 widder das Augspurgische jhres beduͤnckens weit zu viel
17 gehandelt haben. Sprechen vns derhalben gleich ein vrteil, die guͤtigen Veter, vnnd wie sie zuuorn durch jhren sententz die trewen Prediger zu Torga vnnd etlicher ander ort veriagt haben,
18 also sind sie an vns allbereit
19 fuͤr Got vnd fuͤr der Welt gantz moͤrder worden. Denn so wir dermassen teuffelische, auffruͤrische, lesterische, arge leute sind, wie sie vnns beschuͤldigen, so haben wir den tod wol verdienet, dem wir auch jhrem starcken glauben nach, den sie haben, auffs Keisers, jhres Fuͤrsten vnd anderer vnser verfolger macht vnd betrug, schwerlich entgehen sollen. Vnd mus an jhnen auch also erfuͤllet werden der spruch Christi: „Qui non est mecum, contra me est.“
20 Wer nicht mit Christo leiden wil, der mus auch zuletzt sein verfolger werden. Gott helffe jhnen vmb Christi Jhesu willen, das sie mit dem lieben Dauid bald sagen muͤgen Psalm. 32:
21 „Da ich meine Suͤnde wolt verschweigen, verschmachten meine gebeine durch mein teglich heulen. Denn deine hand war tag vnnd nacht schweer auff mir, das mein safft vertrocknete, wie es im sommer duͤrre wird. Sela. Darumb bekenne ich meine Suͤnde vnd [A 3r:] verhele
22 meine missethat nicht. Jch sprach: ‚Jch wil dem Herrn meine vbertretung bekennen.‘ Da vergabestu mir die missethat meiner Suͤnde. Sela.“ Es ist ja nichts newes, das grosse Leute grosse, schwe
re felle thun, als Aaron, Dauid,
23 Petrus,
24 auff das jederman Gott fuͤrchten lerne, vnd ist rhumlich wider auffstehen, auch allen Suͤndern troͤstlich, wie Paulus dermassen sein eigen Exempel anzeucht 1. Thimo. 1.
25
Wiewol ich nu weis aus der Lere des heiligen Petri, das mir, noch keinem Christen gebuͤret, in ein frembd ampt zu greiffen,
26 viel weniger in einer frembden herrschafft, so wil mir doch nicht allein geziemen, sondern ich erkenne michs fur Got durch sein gebot schuͤldigk, so viel vnd so lange ich kan, seiner Goͤttlichen warheit, widder alle vnwarheit vnnd verfͤrung der Seelen, zeugnis zu geben vnd damit meinem negsten durch die Liebe zu dienen. Demnach, weil ich befinde aus dem newen fuͤrgebrachten Buch
D[oktor] Pfeffingers, das die Adiaphoristen mit jhrem vnchristlichen fuͤrnemen gedencken fortzudringen vnnd gleich jtzt die sachen ins werck zu richten, das Buch auch an jhm selbst mit farben
27 geschmuͤckt,
28 das dadurch viel moͤchten eingefuͤrt
29 werden, so habe ich, so viel mir in dieser grossen eile jmmer muͤglich gewesen, dennoch mit diesem meinem kurtzen gegenbericht fur alle Christen, sonderlich fur die versamlung der [A 3v:] Christlichen Landtschafft jtzt ghen Torga auch kommen wollen, ob daran schon den Theologen kleiner
30 gefalle gescheen wirdt. Wil derhalben alle vngegruͤndte, beschwerliche aufflagen
31 beyde, vnser handlung widder die Adiaphora vnd vnser person betreffendt, jtzt gemeiner nutzbarer sachen halben hie vorvber passiren
32 lassen, darauff sonst
Jllyricus seins teils etliche antwort geben wirdt.
33 Vnd wil allein hie setzen vier kurtze wolgegruͤndte hypotheses oder regeln widder vorstehende enderung vnnd beschonung des Leiptzigschen Jnterims. Daraus ferner bald der vngrundt
34 offt gemeltes
35 Buchs vnd handlung wirdt zu sehen sein, desgleichen, was in dieser sachen von Mitteldingen, aller Christlichen Stende erbieten
36 kegen Key. May. sein mag, wie ich denn solchs auffs kuͤrtzest mit anzuhengen willens. Auch ferner fuͤrhabens vnd erboͤtig, so viel ich fuͤr diesem vnserm obliegenden jammer vnnd andern noͤtigen wercken meins beruffs, mehr darzu kommen kann, gedachte vnd baldt
nachfolgende vier hypotheses, durch ein sonderlichs Buͤchlein zu gruͤnden vnnd zu erkleren, mit vorleibter
37 kleinen ablenung der falschen, lesterlichen zulagen
38 inn
D. Pfeffingers Buche begriffen widder meine person, so viel das der sachen noͤtig vnd nicht weiter. Denn ich in dem lieber zu weinig
39 denn auch mein gebuͤrlich recht thun wil.
Hirauff wolle nu ein jeder Christ, zufor-[A 4r:]derst jtzt die versamlete Christliche Landschafft, sampt jhrem Fuͤrsten, so ehr auch frum sein vnd busse thun wolt (welchs ich jhm von hertzen wuͤnsche), gedachte vier hypotheses mit anhangenden puncten treulich behertzigen, jn dieser aller hochwichtigsten sachen Gottes ehre, jhre vnnd jhrer nachkommen, auch viel tausent anderer Christen, die jtzt alle auff sie sehen, ewige seeligkeit betreffendt, darin jhrer Theologen radt vnd handlung als ein verleugnungk Christi vnd abgoͤtterey von vnns dargethan wirdt, grundt gegen grundt, aus Gottes wort halten vnnd auffs fleissigst mit Gottes fuͤrchten erwegen, beide teil pruͤffen, nach der vermanung des Apostels, vnd das gute behalten.
40 Wollen sich zu diesem Christlichen vrteil nicht jrren lassen einigerley praeiudicia, damit wir aber doch Gott lob mit vnwarheit von jhren Theologen vnnd sonst beschweret werden, das sie auch hochberuͤmbte, gelerte, wolberette Menner sind, wir geringe jung vnd jhre Schuͤler.
41 Es mag Gott noch wol einem Schuͤler ein warheit verleihen fuͤr
42 seinem Meister, sintemal
43 er sonst wolgefallen hat, den vnmuͤndigen zu offenbaren in seinem reich, das er den weisen verbirgt, wie Christus spricht Matthei 10.
44 Vnd aus dem munde der vnmundigen vnnd seuglingen jhm lob zuzurichten, Psalmo. 8,
45 Matth. 21.
46 Aber solchs, wie gesagt, stehe auff der probe Goͤttlichs worts vnnd auff einem Christlichen vrteil nach demselben wort.
[A 4v:] Hienach folgen die vier Hypotheses regeln vnnd gruͤnde, warumb das Leiptzisch Jnterim vnchristlich vnd verdamlich vnnd seine glosen
47 nicht koͤnnen stat haben.
1. Es ist vnd bleibt grosse schreckliche suͤnde wider den glauben vnd wider die liebe des Negsten, solche vergleichung der Lere vnd Ceremonien zu stellen vnd anzunemen zwischen Christi vnd des Antichrists Kirchen, das
beiderlei widderwertiger
48 verstand daraus kan nach den worten vnd wercken genomen werden, vnd beide teil, die doch im verstand zum hoͤchsten widereinander daruͤber zu frieden sein, wie solchs im Leiptzigschen Jnterim geschehen vnd jtzt die Wittembergischen vnnd Leiptzigschen Theologen jhres verstands erklerung dem Euangelio gemes druͤber geben, die Bischoffe aber, welchen die Meisnische Christliche Kirchen drauff solten vnterwoͤrfig gemacht werden, jhren verstand auch gegeben haben
49 noch in werender handlung vor dem Beschlus
50 (wie sie jhn nennen) vnd so sie darumb gefragt, gewislich weiter also geben werden, das sich dieselbige form des Leiptzigschen Jnterims aller ding mit dem Augspurgischen Jnterim vergleichen sol, vnnd sie der Theologen vnnd Landschafft verstand dahin [B 1r:] gerichtet, gleich als fuͤr bekand angenomen haben, wie solchs die ergangne handlungen vnd schrifften vnleugbar mit bringen.
51
2. Nach dem das Babstumb fuͤr des Antichrists Reich bei vns durch Gottes wort erkleret vnd gehalten wird,
52 so ists fur Gott ein ware verleugung vnd abgoͤtterey, sich oder andere demselbigen vnd seinen Bischoffen nicht allein vnterwerffen inn Religions sachen, sondern auch jchtes
53 das aller wenigste, das inn den Kirchen Christi vmb des Antichrists willen gefallen, vmb seinen willen, aus noth, widder auffrichten. Wie denn jtzt alle enderung des Leiptzischen Jnterims, von wegen des Augspurgischen, von den Meissnischen Christlichen Kirchen wirdt gefordert, das Augspurgische vmbs Babstumbs willen, das Babstumb aber vmbs Teuffels willen, welchem mit allen diesen enderungen dieser zeit vnnd gelegenheit eigentlich vnnd warhafftig wird gedienet.
3. Wiewol ein jede Christliche Obrigkeit fuͤr Gott schuͤldig ist, reine rechtschaffene Lere vnd Kirchenordnung helffen zu foͤrdern vnnd zu hand haben, jedoch so wenig als eins Bischoffs odder Predigers ampt ist, selbs eigne lere fuͤrzuschreiben odder auch zwingende gebot Menschlicher satzung zu ma
chen,
54 eben so wenig ists auch der weltlichen Obrigkeit, Fuͤrsten, Koͤnig oder Keyser ampt, form der lere vnd Ceremonien in Kirchen selbs zu stellen, viel [B 1v:] weniger dieselbigen aus krafft jhres Ampts zu gebieten, einiger vrsachen halben, zuuoraus
55 aber kan noch mag solchs geschehen weder von Geistlicher vnnd Weltlicher Obrigkeit, gleichfoͤrmickeit inn Ceremonien mit den verfolgern warer lere, noch Kirchen anzurichten, welches alles jtzt von weltlichen Herrn vnnd von Theologen also geschicht vnnd fuͤrgenomen wird durch beiderley Jnterim, das Augspurgische vnd das Leiptzigsche.
4. Die Christliche freiheit inn Menschensatzungen wird verloren mit schmach vnnd verlust des verdiensts Christi, nicht allein durch annemen, sondern auch durch aufflegen Menschlicher Gebot, der meinung, das man die gewissen damit fange, suͤnde vnd verdienst mache, da Gott inn seinem Wort keine haben wil. Jtem, es hat Christus dieselbige freiheit gegeben vnd selbs gebrauchet in wercken Menschlicher satzung, damit zu thun oder zu lassen, zu dienst der schwachen vnnd nicht der halstarrigen vnd verstockten verfolger, zu erbawung seiner Kirchen vnd nicht zu zerstoͤrung. Jtzt aber, ob wir gleich nicht vermeinen des Jnterims Ceremonien anzunemen als verbindlich im gewissen, so werden sie aber doch im Jnterim der meinung vns aufferlegt vnd erfordert, das wir mit solcher widerauffrichtung der gefallenen Ceremonien fuͤr Gott ein gut werck thun vnd vns schuͤldig geben sollen einer grossen begangenen [B 2r:] suͤnde, damit das wir dieselbigen zuuor haben fallen lassen, etliche werden erfordert, nicht allein als Menschen satzungen, sondern auch als ordnung vnd gebot Gottes.
56 Vnd ist das alwege also gewesen die meinung
D[oktor] Martini vnd kein andere, so offt er sich erboten in Adiaphoris den Papisten zu weichen, ist auch die meinung seiner antwort inn
D. Pfeffingers Buche auff die frage, so die heubtsachen spennig
57 blieben, das er fuͤr sein teil erboͤtig, alle Adiaphora vmb friedes willen von den Papisten anzunemen, so fern sie jhm sein gewissen damit nicht beschwereten,
58 das ist, Adiaphora sein vnd bleiben liessen. Das ist warlich jtzt mit dem Jnterim die meinung nichts vberal, das lasse man den Keiser selbs vnnd alle des widerteils Reichsstende aussagen. Zu dem wird denselbigen als feinden vnd verfolgern des Euangelij Christi inn vnsern Kirchen damit hofiret, das sie dardurch nuhr dester verstockter werden vnnd mit den lehr Artickeln auch gewaltiger auff vns dringen vnd lestern. Vnsere Kirchen aber werden mit solchen Ceremonien wider jhren willen zum hefftigsten beschweret, geergert vnd viel vmbgestossen der jenigen, so bei vns als schwache Christen gewesen oder noch bald
hetten von andern herzu komen moͤgen, wie solchs des Polnischen Reichstages handlungen in neulickeit geschehen auch alzuuiel ausweisen.
59
[B 2v:] Diss sind meine vier gruͤnde, welche ich hiemit widerumb wil gelegt haben wider die Adiaphoristen vnd handlung jhres Leiptzigschen Jnterims, allen Christen vnd zufoͤrderst den Landstenden des Churfuͤrstenthumbs Sachsen, denen solche handlung jtzt zum ersten angemutet
60 wird, fleissig zu betrachten.
1. Daraus menniglich
61 zu uernemen, erstlich, das wir ja nicht ohne grund Goͤttlichs worts, aus lauterem
62 neid, bitterem auffruͤrischen gemuͤt, vom Teuffel angetrieben vnd mit fursetzlichen Calumnien
63 von diesem handel bissher gered vnd geschrieben haben, wie
D[oktor] Pfeffinger vnd sein Buch vns wol Calumnirn
64 vnd lestern,
65 ja Calumniren vnnd lestern Gottes Wort selbs, welchs wir jhn je vnd alwege einfeltig
66 vnd klar opponirt haben. Aus wasserlei
67 Geist solches von jhnen geschicht, moͤgen sie selbs auch wol zu sehen.
2. Das es nicht vmb geringe vnnoͤtige sachen zu thun sey, sondern vmb die gantze Christliche lere, verleugung Gottes, Abgoͤtterey, grewliche ergerniss des Negsten vnnd mancherley vngehorsam wider Gott. Nu ist ein jeder Christ schuͤldig auch zu leiden, Weib, Kind, haus, hoff, gFtter, endlich sein leben zu uerlassen,
68 ehe er sich zu einiger Suͤnde dringen lasse. Viel mehr ist er schuͤldig, solches alles zu leiden, vmb ein jedes gebot Gottes vnd Artickel der lere, vnd noch mehr schuͤldig zu leiden, vmb alle Artickel, welche durchs Leiptzigsche [B 3r:] Jnterim nicht allein denen, die es annemen, vnnutz werden zu jhrer seligkeit, sondern auch inn gewisse gefahr gesetzt, das sie, beide jhnen vnd andern gegenwertigen vnd nachkomenden, gantz odder zu mehrern teil verfelscht werden.
3. So sind diss ja solche vrsachen, darumb wir mit vnser zeugniss vnd bekentnis vns aufflenen moͤgen vnd sollen, nicht wider Preceptores allein, sondern auch wider schwester vnd bruͤder, wider Vater vnd Mutter, wie geschrieben stehet. So jemand zu mir kuͤmpt vnd hasset nicht Vater vnd Mutter etc., der kan nicht mein Juͤnger sein.
69 Nicht das man den Eltern sol fleischlicher
weise feind sein, sondern sie so weit nicht ansehen,
70 das man jhrenthalben vnterlasse, was Gottes ehre vnd vnser bekentnis erfordert.
4. Erscheinet aus obuermelten gruͤnden, mit was warheit vnns die Adiaphoristen zumessen,
71 wir verwerffen alle nuͤtzliche Ceremonien, so vnter dem Babst gewesen, machen neutralia damnabilia,
72 haben lust zu vnordnung, muͤgen keine gleichformigkeit leiden, verstehen nicht doctrinam libertatis, wie wirs denn leren koͤndten,
73 etc. Dieser dinge, hoffe ich, werden sie keins schliessen koͤnnen aus dem, da wir aus jhrer eigen lehr widder sie streiten. Adiaphora in casu confessionis, necessitatis et scandali, exuere naturam Adiaphororum,
74 das ist, im fall, so durch mittel Ceremonien das [B 3v:] bekentnis gesucht wird, zwang vnd ergernis inn der Kirchen damit angericht, das sie als denn nicht mehr fuͤr mittel ding zu achten.
5. Erscheinet weiter aus vorigen gruͤnden, welch erbieten der Ceremonien halben gegen Key. May. Christlich odder vnchristlich sey, jtzt so die Key. May. wolt fallen lassen, erstlich das starcke geboth inn der vorrede des Augspurgischen Jnterims vorleibet,
75 nemlich das die Stende der Augspurgischen Confession sich mit den andern Bepstischen Stenden in der Religion aller ding vorgleichen sollen odder aber doch dis Jnterim gantz, halb oder etwas daruon bis auffs Concilium aus not halten, zum Bapstumb damit zuzulenden.
76 Jtem, so sein Ma[jestät] wolt das ander gebot auch fallen lassen vom Tridentischen Concilio, sich desselben beschlus zu unterwerffen,
77 wie es denn allbereit hat angefangen vnser Lehr vnd Kirchen zu uerdammen,
78 erboͤte sich aber zu erorterung der Religions sachen, wie dasselbige allwege gesucht ist, ein gemein, frey, christlich Concilium zu geben, oder aber diese Stende vnnd wer mehr herzu wolte, bey gedachter Augspurgischen Confession vnbedrenget frey bleiben zu lassen. Auff solchen fall muͤgen sich diese Stende in aller vnterthenigkeit vernemen lassen, das jhres teils Superintendenten, Pfarrhern vnd Prediger sich vngenoͤtiget sollen vnd werden in mittel
dingen, vmb friedens, ordnung, zucht vnnd gleichfoͤrmickeit [B 4r:] willen, moͤglicher nuͤtzlicher Ceremonien vergleichen. Ein solch erbieten ist alwege gewesen
D[oktor] Martini in allen seinen schrifften vnd hendeln von Ceremonien,
79 auch der Christlichen Stende in der Confession zu
Augspurgk80 vnd hernacher.
81 Jst etwas jemals mehr von jemands hierin erboten worden, das ist vnrecht, wie denn jtzt vnser Adiaphoristen rath vnd handlung weit weit anders vnd derhalben vnchristlich ist, damit sie jhren Fuͤrsten, Landschafft vnnd viel andere Christen in verleugung, Abgoͤtterey vnnd schwere ergernis hart verfuͤret haben vnnd noch on auffhoͤren wollen verfuren. Wenn sich die Papisten mit vns etwas vergliechen in der lere vnd fingen an, darin neher zu vns zu tretten, das hoffnung were, sie zu gewinnen, so were dis abermals auch ein vrsache, warumb man in vielen Ceremonien weichen vnnd wol in hoͤhern dingen gedult mit jhn tragen koͤndte, wie es ein solchs ansehen zu
Regenspurgk hatte, da etlicher artickel der lehre vergleichung also gemacht ward im ersten colloquio, das sie dem Euangelio vnd vnser predigt gemes waren.
82
Weil dieser dreier sachen jtzt noch keine mith Key. May. vnnd den Papisten fur der Handt
83 ist, so ist nun der negeste radt aus Gottes wort, mit allen enderungen auffs Jnterim nur inne gehalten, lere vnnd Ceremonien in des beynander gelassen, Christum in beiden frey bekennet vnnd gehden
84 was Gott haben [B 4v:] will, was durch ordenliche Christliche mittel nicht mag abgelenet werden, jst Key. May. des fuͤrhabens vnnd Gott jhm so viel hengen
85 wil, vnser heilige Religion inn diesen Landen mit dem Schwerd zu uertilgen, so wird ers warlich vmb vnser Adiaphora willen nicht lassen. Wir aber thun in des mit solchen vermeinten Adiaphoris grosse suͤnde, sitzen gleich zwischen zweien stuͤlen nider,
86 erzuͤrnen Gott vnd thun dem Keyser auch damit kein genuͤge, wil aber auch Gott durch vnser bestendigkeit vnnd freye, reine bekentnis die Kirche inn diesen Landen lassen vntergehen, so sind wir doch daran vnschuͤldig, wir haben gethan, was er vns hierin zu thun befolhen hat. Jch bin aber gewis, das durch bekentnis vnd leiden der Christen, die Kirche nicht allein nicht abe,
87 sondern zu nimpt, wie auch Tertullianus
fein spricht: „Sanguine piorum rigari Ecclesiam.“
88 Das derhalben wir vermeinen, der Kirchen mit weichen vnnd weis nicht mith was linderung zu helffen, ist zum theil die Suͤnde Menschlicher weissheit, dauon
D[oktor] Martinus heiliger gedechtnis offt saget, das wir wollen selbs Gott sein vnd an seine stadt die Kirchen regiren,
89 zum teil ists auch eine furcht. Wie wol ich nu
D. Pfeffinger vnnd alle Adiaphoristen jhr gewissen vnd stercke fuͤr sich haben lasse, so weis ich doch, das ich diese sache wider die Adiaphora mit so gutem gewissen handele, als sie die jhre, verhoffe auch mit bes-[C 1r:]serm gewissen, weil ich selbs vnd andere mehr gegenwertig gehort haben, etliche deshalben vbers gewissen klagen. Von meiner stercke weis ich nichts zu rhuͤmen, allein bit ich Gott teglich mit demuͤtigem hertzen, das er mir stercke gebe, so es von noͤten, mit solchem gewissen vber dieser vnnoͤtigen sachen, wie sie von jhnen geacht wird, bestendiglich den tod zu leiden vnd dem Antichrist wider Christum vnd seine Kirche in nichte zu weichen. Amen.
Zum beschlus will ich nu widerumb alle Christen, vnd jtzt zu forderst offtgedachte
90 versamlete Landschafft des Chuͤrfuͤrstenthumbs Sachsen, vmb Gottes willen ermanet vnd gebeten haben, obermelte
91 vier gruͤnde widder das Leiptzigsche Jnterim, seine schutzherrn vnd forderer, aus Gottes wort fleissig zu pruͤfen vnd zu erwegen. Denn so dieselbigen vier gruͤnde stehen,
92 wie ich hoffe, vnd inn meinem andern buͤchlein,
93 wils Gott, weiter ausgefuͤret sol werden, so folget ferner draus (welches warlich hoch zu betrachten), das den jenigen, die das Leiptzigsche Jnterim also annemen vnd der sachen sonderlich so offt berichtet vnd gewarnet sein, das Euangelium vnd Sacramenta, wenn sie die gleich reine behalten, zu jhrer seligkeit nicht nuͤtze sein. Denn wie daselbs erwiesen, so stecken sie in verleugung, abgoͤtterey vnd ergernis. Wie nu einem Ehbrecher odder andern heimlichen oder oͤffentlichen suͤnder, Euange-[C 1v:]lium, Sacramenta vnd Christus selbs nichts nuͤtze sind, weil er inn solchen suͤnden bleibet vnd nicht busse thut, also ists auch hie, vnd wie die Propheten fuͤr Goͤtzen diener vrteileten alle, die zu Bethel, Dan vnnd ander enden eben denselbigen Gottesdienst hielten,
94 der zu Jerusalem war
vnnd den Gott selbs geboten hatte, also wurden die verwandten des Leiptzigschen Jnterims bey dem reinen Euangelio vnd rechtem brauch der Sacrament nichts dester weniger fuͤr Gott Abgoͤttisch sein, aus vrsachen, wie droben gnug gesagt. Man mus den Teuffel lassen ein Tausentkuͤnster
95 bleiben, wenn er die Lehr vnd heiligen Sacrament nicht kan von den leuten gar weg nemen durch vnterdruͤckung oder verfelschung, so kan er jhnen doch also den nutz nemen.
Vnd wie das Leiptzigsch Jnterim an im selbs gestelt ist, so ist verfelschung der Lere bereit darinnen, vnd wuͤrde bald von jhm selbs mehr folgen, wenn die Bischoffe sollen Kirchen diener geben vnd regieren,
96 jch geschweige Gottes gerechte straffe vmb solche verleugung, Abgoͤtterey vnd ergernis, welche straffe gewis nicht wird lang ausbleiben.
Haben aber die Adiaphoristen sonst ein Agenda, wie sie ruͤhmen, welche gantz Christlich zu guter ordnung, disciplin vnnd gleichformigkeit mehr dienstlich ist,
97 wolan, so komen sie mit derselben auff ein ander zeit, allein lassen die Christlichen Kirchen jtzt damit [C 2r:] zu frieden, da vom Babst vnd verfolgern auff solche einfuͤrung der gefallenen Ceremonien gedrungen wird, zum nachteil der gantzen lere, wir wollen vns denn vngenoͤtigt in dem was gut vnd nuͤtzlich ist auch mit jhnen gern vergleichen vnnd andere helffen darzu anhalten. Doch sehe man auch wol zu, das man nicht mit zuuiel vnnd eben mit Papistischen Ceremonien den nachkomen stricke
98 lege, wie alwege Menschen satzung vnnd gut meinen dem Euangelio schaden gethan haben vnnd sich die lenge nicht wol miteinander leiden moͤgen.
Gott, der Vater vnsers Herrn Jhesu Christi, wolle gnediglich alle Christen, vnnd mit denselbigen jtzt die versamlete Landschafften, durch seinen heiligen Geist inn alle warheit vnd in ein recht Christlich vrteil leiten, fuͤr allem abfall, Abgoͤtterey, ergernis vnnd verfolgung behuͤten, stercken vnd erhalten in einigkeit des Glaubens vnnd richtiger reiner bekentnis, das sie auch in vns, die wir jtzt vmb solcher bekentnis willen fuͤrnemlich leiden, sich der verfolgung Christi nicht teilhafftig machen, sondern dieselbige viel mehr abwenden helffen, vnd do es von noͤten, vmb Christi willen auch mit leiden. Amen.