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05 - Magdeburger Bekenntnis - Text
bearbeitet von Hans-Otto Schneider
[Inhaltsverzeichnis]

[A 1v:] Kurtzer begriff oder inhalt dieses Buchs.

Wenn die hohe Obrigkeit sich vnterstehet, mit gewalt vnd vnrecht zu uerfolgen, nicht so fast1 die Personen jhrer vnterthanen, als in jhnen das Goͤttliche oder natuͤrliche Recht, rechte Lere vnd Gottesdienst auffzuheben vnd auszureuten,2 so ist die vnter Oberigkeit schuldig,3 aus krafft Goͤttlichs befehls, wider solch der Obern fuͤrnehmen sich sampt den jhren, wie sie kan, auffzuhalten.4 Gegenwertige verfolgung, so wir jtzund leiden von vnsern Obern, kumpt anfenglich her, wird sonderlich gemeint vnd gereicht zu vnterdruͤckung vnser waren Christlichen Religion vnd Gottesdienst, auch zu widerauffrichtung des Babsts luͤgen vnd greulichen abgoͤtterey etc. Derhalben ist ein Radt allhie vnd ein jede Christliche Oberigkeit schuldig von Gottes wegen, sich sampt den jhren darwider zu behuͤten vnd zu bewaren. Das erste stuͤck5 dieser summen6 beweisen wir mit starckem grunde aus Goͤttlichem wort im andern7 teil dieses Buchs. Das ander stuͤck fasset8 zwey ding. Erstlich: das vnsere Kirchen allhie mit warer Christlichen Religion vnd Gottesdienst versehen sein. Des thun wir allhie vnsere bekentnis fuͤr vns vnd vnsere gantze Christliche Gemeine, welche sich zeucht9 auff die Artickel der Augspurgischen Confession im ersten teil dieses Buchs. Darnach: das gemeldet wird, wie vns gegenwertige verfolgung anfenglich herkome, sonderlich gemeint werde vnd gereiche zu vnterdruͤckung vnser waren Christlichen Religion vnd zu widerauffrichtung des Babstumbs etc. Wiewol vns des aller Menschen gewissen genugsame zeugnis geben, so hat doch auch ein Ehrbar Radt in seinen voͤrigen vnd jtzigem ausschreiben10 vnd wir allhie in dem vnsern hyn vnd wider gewisse zeugnis hieuon angezogen, dabey es jha zu greiffen. Aus oberzeletem grunde werden darnach genumen wichtige vrsachen zu der vermanung, welche wir thun im dritten vnd letzten teil dieses Buchs, nemlich warumb die Christen nicht koͤnnen noch sollen den Feinden wider vns einige huͤlffe odder beystand thun, ja auch vns nicht on jhr beystand huͤlfflos lassen. Desgleichen das sie Gott trawen vnd vnuorzagt sein sollen, gegenwertige ver

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folgung des heiligen Euangelij vnd vnsers Herrn Christi selbs, beide: zu leiden vnd auch der zu wehren, ein jglicher nach seinem beruff vnd vermuͤgen.11

[A 2r:] Vorrede.

Nachdem Gott verheissen, in den letzten zeiten zu offenbaren vnd zu toͤdten durch den Geist seines mundes12 den Menschen der Suͤnden, das Kind des verderbens, welcher im tempel Gottes sitzen vnd regieren wuͤrde,13 wie denn der Antichrist zu Rom gethan, so hat er aus sondern grossen gnaden eben zu diesen vnsern zeiten in Deudschem Lande solchs angefangen vnd darzu erwecket den teuren mann D. Mart. Luther, gleich als den dritten Eliam,14 durch jhn auch die gantze heilige Christliche Lere, welche vnter dem Babstumb fast verloschen vnd verderbet gewesen, widerumb an tag vnd zu rechte zu bringen. Do jhn nu Gott zu solchem hohen werck erwelet, so hat er jhn auch solchs auszurichten begnadet vnd geruͤstet mit trefflichem verstand15 der Heiligen Schrifft, mit einem sondern starcken glauben vnd vnerschrockenem hertzen wider alle gefehrligkeit, mit lebendiger krafft, beide: zu leren vnd zu straffen, mit ernstem brennenden eiuer vmb Gottes haus16 vnd ehre wider den Babst vnd alles Gottlos wesen. Hat jhm weiter ein grossen zufal17 gemacht im mehren teil des Roͤmischen Reichs, auch in etlichen andern Koͤnigreichen vnd Landen, vber jhm vnd der gantzen [A 2v:] sachen herlich vnd gewaltig gehalten18 bis an sein letztes ende. Vnd in summa sind alles eitel19 Gottes wunderwerck gewesen, damit der Luther diese Gottessachen geluͤcklich angefangen, viel geluͤcklicher fortgesatzt vnd letzlich auffs aller geluͤckseligste hinausgefuͤret hat wider alles der Welt vnd hellischen pforten grimmiges wuͤten vnd toben. Wie denn nu Gott diesen seinen Propheten mit viel schoͤnen herrlichen zeugnissen vnd geluͤcklichem fortgang in seinem beruff hat gezieret, also ist das, wie jtzund20 folget, nicht fuͤr der wenigsten wolthat vnd wunder eins zu achten. Do es sich zur zeit mit jhm vnd dieser gantzen Lere etwan ansehen lies, gleich wie auch fast jtzund, das es gantz vnd ghar mit jhr aus were, weil nemlich ein kleines schwaches heufflein waren derjenigen, die dieser als einer erst angehenden sachen beifielen, dargegen aber viel grosser vnd gewaltiger Feinde, die sich auch hatten vereinigt, nicht abzulassen, bis sie die Key. Maye. vermochten, jhrem grimmigen zorn folge zu thun, sich auch oͤffentlich vernehmen liessen, Land vnd Leut, gut vnd blut dranzusetzen, damit diese Lere

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widerumb ausgereutet wuͤrde. Jnndem nu die sach also am aller gefehrlichsten stund, sihe do gibt Gott wuͤnderlich gnad etlichen wenig Fuͤrsten vnd Stedten, das sie ein kurtze summa der Lere, welche Gott durch Lutherum wider an tag bracht, artickelsweise verfasset, selbs in eigner Person mit grosser [A 3r:] jhrer gefehrligkeit21 fuͤr dem gantzen gesessenen22 Radt des heiligen Roͤmischen Reichs vberantworten vnd so viel ausrichten mit dieser blossen bekentnis der Goͤttlichen warheit, die armen Schefflein, das sie damit den reissenden Wolffen alsbald den rachen vnd maul verstopfften23 vber aller Menschen gedancken.24 Denn da auch jhren Theologen aufferlegt vnd befohlen ward, ein widerlegung zu stellen solcher Lutherischen Lere vnd bekentnis,25 haben sie sichs zwar vnterstanden, jedoch schwerlich vnd verzagt genug, sonderlich aber so vngeschickt vnd on allen grund Goͤttliches Worts, das, do man sie fuͤr den Stenden des Reichs nur einmahl obenhin26 verlesen hatte vnd jederman einer starcken verlegung27 der offt vnd hochbeschuͤldigten Lutherischen ketzereyen nu gewertig war, sie genugsam bezeuget hat, wie ghar ein vngegruͤndte Lere der Papisten Lere sey. Darumb sie sich auch hernach widder28 hoͤren noch sehen hat duͤrffen lassen, wie viel die vnsern darumb angesucht vnd gebeten haben. Vnd do jhre Fuͤrsten vnd Herrn sichs selbs geschemet vnd darumb zornig gewesen, haben die guten Baals-Priester29 jhnen frey bekennet, das des Luthers Lere nicht koͤnne mit Gottes Wort verlegt werden, aber aus der Veter Schrifften moͤchte man es thun koͤnnen.30 Dis vnd viel anders dergleichen ist warhafftig also ergangen zu Augspurg auff dem Reichstag, fuͤr 20 jharen gehalten, wie denn [A 3v:] solchs menniglich31 weis, wer dazumal bey dem handel gewesen oder derselben vnd andern schrifft daruon gelesen hat, wie ein jeder weiter sehen mag im Buche D. Mar., welchs er daruon zur warnung geschrieben hat an seine liebe Deudschen.32 Wie nu von anfang der sachen des Luthers Lere fuͤr feste vnd vnwidderleglich bestanden ist, also ist sie beide, in demselben Reichstag vnd hernach in allen andern, auch in disputation vnd gesprechen bestanden, vnd bestehet noch wol fuͤr vnd fuͤr durch gewisse zeugnis vnd grund Goͤttlichs worts. Es gehoͤret sich aber nicht, Gottes wort mit der faust zu uerantworten; weil es aber jtzund geschicht, damit ist aus der warheit noch nicht luͤgen worden, gleich als muͤste bey der warheit auch allzeit der leibliche sieg widder weltli

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chen gewalt sein. Das wissen wir alle beiderseits anders an den Exempeln der lieben Propheten, Christi, seiner Aposteln vnd Marterer, welche in gleicher sachen gleich mit vns haben muͤssen fuͤr der Welt vnrecht haben vnd vnterliegen. So wissen wir auch hierin vns zu erinnern Gottes selbs eigen ordnung, da er vns in leiden, Creutz vnd Tod vnter vnrechtem gewalt wil dem ebenbild seines Sons ehnlich haben.33 Derhalben duͤrffen die widersacher sichs nicht fast34 hoch rhuͤmen, das sie des Luthers Lere, do sie mit grund Goͤttlichs Worts nicht kund35 haben, nu mit dem schwerd haben widerleget vnd wir darumb nu dester mehr [A 4r:] vngerecht sein muͤssen, weil sie allen gewalt vnd vberhand haben. Es sollen auch die frummen Gottsfuͤrchigena sich darumb nicht ergern odder auch kuͤnfftig an dieser Lere ghar verzagen. Gott hats allezeit also gehalten, wenn die Propheten, Christus vnd die Aposteln, auch andere Christliche Lerer nach jhnen, ytzund gleich vnterdruͤckt vnd getoͤdtet sind gewesen, do hat jhre Lere erst angefangen, recht erfuͤrzubrechen, vnd sie sampt der Lere ein groͤssers ansehen vnd zufal36 gewunnen denn bey jhrem leben. Denn darzu hat Gott seine Propheten vnd Apostel alweg vnd ye gesetzt, wie Christus spricht, das sie hingehen vnd frucht bringen, vnd jhre frucht sol bleiben,37 das ehr auch in schwacheit krafft, leben im sterben, in schanden ehre wircke, vnd indem die menschen sein Wort vnd Namen gleich gedencken auszureuten, ers eben jhnen zu trotz vnd zu schanden anfehet zu pflantzen. Dem nach, ob nu der Luther gleich auch tod ist, so lebt er doch noch jmerdar, vnd das werck, das Gott durch jhn angericht hat, ob es gleich jtzund auch scheinet, als sey es fast damit aus, so wird es doch bleiben bis an Juͤngsten tag vnd ewiglich vnd noch weiter vmb sich greiffen, in mehr Land vnd Voͤlcker komen, darwider der Antichrist, der Babst, sich seines schadens nimer erholen wird, noch zu vorigen seinen krefften komen,38 wie Daniel,39 Paulus40 vnd Joannes in seiner offenbarung41 [A 4v:] jhm verkuͤndigen, wie hoch er sich des jmmer vnterstehen wird. Nu aber ist gleichwol das war: Wie zu Augspurg die bekentnis der Lere Lutheri, welche ist die Lere Christi, fuͤr dem gantzen Roͤmischen Reich erstlich vberreichet ist mit grossen Gottes gnaden vnd preis deryenigen, welche die bekentnis dazumal gethan haben, also haben sie jtzund viel vnser Deudschen Fuͤrsten vnd Stende eben zu Augspurg widerumb hinweggeworffen vnd verleugnet durch einen schrecklichen zorn Gottes mit vnaussprechlichen suͤnden wider jhr eigen gewissen, vmb welcher suͤnden willen, wie sie oͤffentlichen

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geschehen, also solte darumb ein jtzlicher von seinem Pfarrhern vnd sie samptlich von den fuͤrnemesten Lerern der Kirchen oͤffentlich gestrafft werden, das sie ernstliche busse theten vnd dieselbige oͤffentlich wider bewisen.42 Welches, dieweil es nicht geschicht, so ist auch keiner gnaden vnd linderung der straffen bey Gott zu hoffen Vnd wird die plage nicht auffhoͤren werden43 an den Stemmen der Fuͤrsten, vnd zwar an dem gantzen Deudschen Lande, welches zum teil die warheit verfolget, zum teil jhren Herrn nach44 fallen lest vnd verleugnet, odder doch zu solchem abfal vnd verfolgung stil sitzet vnd schweiget. Jst aber das nicht genugsam von den Artickeln der Augspurgischen Confession gefallen,45 da man sich sampt der Lere vnd vnterthanen dem kuͤnfftigen Concilio vnterwoͤr-[B 1r:]ffig gemacht hat, desselbigen beschlusses zu geleben,46 welches Concilium dieyenigen halten werden vnd sollen, die in dieser sachen part,47 feinde vnd oͤffentliche verfolger sind. Desgleichen da man den feinden ein Interim zu stellen heimgeben hat,48 vnd noch darzu, da es zu augenscheinlicher vnterdruͤckung dieser bekentnis vnd Lere Christi vnd zu widerbringung des Antichrists gestellet ist, zu bestetigung desselben vnd merglicher beschwerung aller fromen Christen solchs bewilligt vnd vnterschreibt. Was gibt auch zu bedencken, das man der Augspurgischen Confession so ghar nimer gedenckt odder gedencken darff, wider muͤndlich noch schrifftlich, ja das man mit namen vnd schein der Mitteldinge vnd Bebstischen Caeremonien beide, namen vnd das ansehen der Augspurgischen Confession vnd lere, mit vleis vnterdruͤcket? Das auch etliche den auserweleten wergzeug Gottes Doctorem Lutherum, durch welchs dienst vns Gott zu solcher erkentnis wider bracht vnd aus der Babilonischen gefengnis des Antichrists erloͤset hat,49 den feinden damit zu hofiren,50 lesterlich schmehen, darzu die rechten Christen dem Antichrist wissentlich widder vnterwerffen? Diese stuͤck vnd viel andere mehr, wie sie in der warheit nichts anders sind denn ein verleugkung der Augspurgischen Confession vnd mit derselben auch Christi des Herrn selbs, also nemens Babst, Bischoffe, Fuͤrsten [B 1v:] vnd jhr gantzer hauffe nicht anders an, vnsere armen Kirchen, sonderlich die auslendischen, koͤnnens auch nicht anders verstehen. Dardurch nu viel guthertziger Menschen verursacht werden, diese heilsame Lere des Euangelij auch fahrenzulassen, die Feinde aber werden mehr verstockt vnd zu lesterung derselben

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vnd hefftiger verfolgung der armen bestendigen Christen gewaltiglichen gestercket. Wiewol nu dieselbigen Stende vnd alle, die jhnen in diesem fall zugethan sind, die Augspurgische Confession warhafftig verwerffen vnd mit dem Antichrist huren,51 derwegen jhn denn auch Christus Euangelion vnd was sie daruon noch vermeinen zu haben, eben so wenig nuͤtz ist, weil sie nicht ernstliche busse thun, als er nutz ist den andern hurern dieser Welt, so sind doch gleichwol noch vberig52 etliche wenig vnd geringe Stende, auch vnter den abtruͤnnigen etliche bestendige frumme Christen, welche neben vnd mit vns noch bleiben an der reinen Lere, vnbefleckt von den mahlzeichen53 des Babsts, vnd bekennen vnsern lieben Herrn Christum gleich wie der Schecher am Creutz.54 Ehr, der Herr Christus, stehet am Creutz, vnd wir mit jhm. Vnter denselben bekennern weil nu auch ist ein Ehrbar Radt vnd Christliche Gemeine dieser vnser Stad, also das etliche Feinde sich selbs vernemen lassen, wir sein die vberbleiblinge55 von der Augspurgischen Confession, welchen sie nu auch leichtlich raten56 wollen, so er-[B 2r:]kennen wir vns dem nach fuͤr Gott vnd der gantzen Christenheit schuldig,57 sonderlich dieweil wir noch durch Gottes verleihung58 zu Gottes ehren vnd der gantzen Kirchen trost etwas frey reden koͤnnen, das wir offt genanter Lere des heiligen Euangelij, durch D. Mart. Luth. vns widerumb offenbaret, vnd der Augspurgischen Confession ein oͤffentliche zeugnis geben vnd durch den druck liessen ausgehen, damit Gott hierin sein ehre gegeben vnd die armen vnterdruͤckten Christen sehen muͤgen, das solche bekentnis noch nicht gantz verloschen vnd noch ein kleines heufflein auch hie ist, das es noch in dem mit jhn helt.59 Chistus wolle weiter vns sampt jhnen seinen Geist, gnade vnd stercke mitteilen, zu uerharren bis ans ende60 vnd diejenigen, so abgewichen vnd gefallen sind, gnediglich wider bringen!61 Amen. Hierauff wollen wir nu in dieser vnser gegenwertigen schrifft erstlich kurtz widerholen (aber jtzund nicht grund vnd beweis einfuͤren) ein kurtze summa vnser Christlichen Lere, darunter auch die Artickel, so D. M. Luth. sonderlich ernewet hat vnd in der Augspurgischen Confession verfasset sein; mit vntergezelet werden sollen als recht Christlich, welche die gantze Christliche Kirche der lieben Propheten, Aposteln, etlicher fuͤrnemen Concilien, Veter, Lerern vnd zuhoͤrern alweg mit vns helt vnd gehalten hat, in dem sie bey dem reinen einfeltigen Gotteswort bliben sind, wie solchs bis daher nicht hat

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moͤgen anders mit grund vnd warheit dargethanb [B 2v:] werden vnd fort niemand anders wird thun koͤnnen. Dargegen wollen wir zuweilen setzen, wo von diesem reinen einhelligem verstand Christlicher Lere vnd bekentnis abgewichen sind Papisten, Jnterimisten vnd Adiaphoristen, desgleichen Widerteuffer, Sacramentirer vnd was mehr irriger Geister sind, von welchen allen wir vns mit Lere, bekentnis vnd mit wercken gentzlich absundern. Zum Andern, so wollen wir in diesem Buch vnser vnd der Christen nodturfft nach62 klerlich vnd gruͤndlich beweisen, wie ein jtzlich Christliche Oberkeit schuldig ist, vber dieser reinen Lere zu halten,63 also wenn gleich die hoͤher Oberkeit darwider ist vnd die Kirchen, so Gottes Wort rein haben, mit gewalt zwingen wil, die erkante warheit zu uerlassen vnd Abgoͤtterey anzunemen, das alsdenn auch die vnter Oberkeit schuldig sey, sich sampt den jhren wider solchen vnrechten gewalt zu entsetzen.64 Zum dritten wollen wir ein vermanung thun an alle Gottsfuͤrchtige Oberherrn vnd Vnterthanen mit anzeigung warer bestendigen vrsachen, warumb sie vnsern verfolgern keine huͤlffe noch fuͤrschub65 widder vns thun koͤnnen on grosse schreckliche sunde, auch nicht bey Gott on schuld sein werden, so sie jhre huͤlffe von vns abziehen werden vnd vns nicht helffen retten, was auch jhnen selbs vnd jhren nachkomen fuͤr gefahr drauff stehe zu [B 3r:] zeitlichem vnd ewigen verterben, nicht allein so sie vns huͤlffen verterben, sondern auch so sie vns gar verlassen wuͤrden. Diese drey stuͤck, welche wir vnsers von Gott befohlnen ampts halben gar nicht vmbgehen koͤnnen, wollen wir mit Gotts huͤlffe also handeln, das wir niemands Person, er sey hohes oder nidriges standes, begeren zu schmehen, wollen der Personen noch darzu so viel verschonen, als wir on verdruͤckung des verstandes66 inn dieser noͤtigen sachen jmmer thun koͤnnen. So aber vber diesen vnsern vleis vnd meinung sich noch jemands beduͤncken lest, es werde jhm oder andern zu nahe geredt,67 der odder dieselbigen wolten auch widerumb betrachten, gleich wie jhnen gebuͤret hette in jhrem ampt zu thun, das vns also in dem vnsern gebuͤret, Gottes ehre hoͤcher vnd mehr zu achten denn der Menschen ehre, das zeitliche dem ewigen fuͤrzusetzen,68 das auch Gott mehr gelegen sey an wenig seinen Christen denn an dem andern gantzen Gottlosen hauffen dieser Welt mit allem demjenigen, das sie hat vnd ist, vnd wir derhalben jhnen nach nicht koͤnnen auch vnserm beruff zuwiderhandeln oder denselben liegen lassen vnd verseumen.69

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[B 3v:] Heuptstuͤck Christlicher Lere.

Wir wollen auff dis mal die gantze Christliche Lere kuͤrtze halben teilen in vij Heuptstuͤcke odder Capittel: 1. Von Gott vnd von vnterscheid der Personen in Goͤttlichem wesen. 2. Von der Schepffung vnd von der Suͤnden vnd woher sie komme vnd was Suͤnde sey. 3. Vom Gesetze vnd von guten wercken. 4. Vom Euangelion vnd von der Rechtfertigung. 5. Von den heiligen sacramenten. 6. Von der Kirchen vnd Kirchendienern vnd vom gewalt derselbigen. 7. Von Weltlichem vnd Haußregiment, auch vonn yhrem gewalt. [B 4r:] Vrsach, warumb die gantze Christliche Lere kurtz zu fassen also mag geteilet werden, ist diese: Alles was wir von Gott wissen vnd leren, das ist entweder von seiner natur vnd wesen oder von seinem willen. Vnd hat Gott sich also offenbaret vnd zu erkennen geben zum teil durch die Schoͤpffung vnd zum teil durch das muͤndliche Wordt, allermeist darumb, das er jhm alweg ein Kirche samle vnd zeuge durch das ampt vnd werck des Gesetzes, Euangelions vnd der Sacrament, welche er den Menschen selbs auszuteilen befohlen hat, die ordentlich darzu beruffen werden.70 Vnd dieser vrsachen halben, nemlich jhm ein Kirchen zu zeugen, hat Gott auch fuͤrnemlich eingesetzt vnd geordnet den Ehestand oder Haushaltung vnd das Weltliche Regiment, welche beide derhalben auch fuͤrnemlich darzu gericht sein sollen vnd dienen, das Gott seine Kirche gebawet werde, vnd wo sie solchs mit jhrem ampt nicht koͤnnen bey jederman ausrichten, das sie doch bey denselben ein eusserliche zucht erhalten vnd erbarkeit fordern. Weil wir vns aber hie allein fuͤrgenomen haben, zu ertzelen ein kurtze blosse summa der fuͤrnemesten Artickel Christlicher Lere, als zu einer bekentnis vnsers glaubens vnd vnser gantzen Christlichen Gemeine, so wollen wir auff dis mahl ein jeden Christlichen [B 4v:] Leser auff die Schrifften D. Marti. Luth. vnd anderer seines gleichen reinen Lerern gewiesen haben, aus denselben dieser Artickel vnd bekentnis weiter erklerung vnd gewissen grundt sich zu erholen. Doch sein wir auch selbs erboͤtig, so offt vnd viel von noͤthen, dieser vnser Christlichen Lere vnd bekentnis bestendigen grund darzuthun aus den schrifften der Propheten vnd Aposteln, desgleichen auch der ersten Kirchen vnd fast allezeit etlicher rechtgleubigen einhelligen verstand71 vnd meinung anzuzeigen.72

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[C 1r:] Das Erste Capittel. Von Gott vnd von vnterscheid der Personen in Goͤttlichem wesen.

Hieuon halten vnd leren wir wider die alten vnd newen ketzereyen den einfeltigen73 vnd gewissen verstandt Goͤttlichs Worts, wie den vns auch fuͤrhalten die drey Symbola, das ist: die bekentnis des Glaubens der Apostel, des Concilij zu Nicaea, vnd des heiligen Bischoffs Athanasij,74 nemlich das da ist ein einiger warer Gott vnd drey vnterschiedliche Personen, Vater, Sohn vnd heiliger Geist, eins einigen Goͤttlichen wesens, gleich ewig, mechtig vnd herrlich.75 Ferner gleuben wir,76 das der Sohn Gottes sey Mensch worden, empfangen vom heiligen Geist vnd geborn von der Junckfrawen Maria, das also vnser lieber Herr Jhesus Christus zugleich warer Gott vnd warer Mensch ist, in welchem Leib vnd Seele mit dem ewigen Wort des Vaters also zusammenkomen vnd vereiniget sind in einer Person, das durch diese vereinigung Christus, das ist Gott vnd Mensch, doch mit williger nidrigung vnd eusserung seiner krafft, warhafftig gelieden, gecreutziget, gestorben vnd begraben ist, henunter in die Helle gefaren, alles nach dem willen seines Himlischen Vaters, am dritten tage wider aufferstanden, auffgefaren ghen Himmel, sitzet nu zur rechten hand des Vaters, da er mit jhm regiret in gleicher Goͤttlicher gewalt jmmer vnd ewiglich, vnd am Juͤngsten [C 1v:] tage wider komen wird in seiner herrligkeit, ein oͤffentlich vnd gemein77 gericht zu halten vber das gantz Menschlich geschlecht, darzu er auch alle todten wider aufferwecken vnd fuͤrstellen78 wird vnd einem jglichen geben nach seinen wercken, das ist: denjenigen, so jhr leben gebessert vnd an seinen Namen gegleubt haben zur vergebung der Suͤnden, wird er vberreichen vnd zu besitzen geben das erbe seines vnd jhres Himlischen Vaters in ewigem leben. Die andern aber, so jhr leben nicht gebessert, noch vergebung der Suͤnden inn seinem Namen gegleubt oder empfangen haben, wird er mitsampt den Teuffeln verstossen in abgrund der Helle, zum verdamnis des ewigen tods.

Das Ander Capittel. Von der Schoͤpffung vnd von der Suͤnde. Woher sie kumme, vnd was Suͤnde sey.

Auff das Gott sich aus seinem verborgen erfuͤr thete, geehret vnd gepreiset wuͤrde, hat er durch denselben seinen Sohn, vnsern Herrn Jhesum Christum, vnd mitwirckung des heiligen Geists im anfang geschaffen Himel vnd Erden vnd was drinnen ist, das Leib vnd Leben hat, sichtbar vnd vnsichtbar ist, alles aus nichte, da nichts zuuor gewesen ist, daraus ers gemacht hette, allein durchs Wort. „Denn
a Marginalie am rechten Rand
was er sprach, das geschach, was er gebot das stund alsbald da,“79

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bleibt auch noch aus krafft desselbigen sprechens bis zu seiner zeit, das ers anders haben wil, vnd wie ers haben wil oder gehen lest. [C 2r:] Wiewol aber Gott dazumhal alles sehr gut erschaffen hatte,80 so schlug doch alsbald das vngeluͤck darzu, nemlich die Suͤnde vnd der Tod, nicht durch Gottes willen oder schoͤpffung, sondern durch des Teuffels vnd des Menschen eigen willen vnd werck. Denn da Gott beide, Teuffel vnd Menschen, ghar herrlich erschaffen hatte zu seinem selbs eigen Bilde,81 weise, gerecht, heilig, zum ewigen leben vnd aller wolfart, hatte sie auch begabet mit einem freyen willen, guts zu thun nach allem willen Gottes, da haben sie alsbald solcher gaben des freyen willens mißbrauchet zum boͤsen widder Gott vnd dardurch sich selbs gantz verterbet, also das Gott an solchem jhrem verterben keine schuld vberall82 hat, hat sie nach seinem rath vnd gerechtem willen allein lassen machen, was sie gemacht haben, sie nicht anders zu thun genoͤtigt oder gezwungen. Vnd ist dieser fall in sonderheit mit dem Menschen also zugangen: Da vnser erste Eltern Adam vnd Eua sich haben bereden lassen vom Teuffel durch die Schlange vnd gessen von der frucht des verbotenen Baums,83 ist Gott von stund an hefftig vber sie erzuͤrnet, hat sich mit seinen gnaden vnd beystand durch sein gerechtes gericht von jhnen abgewand, durch welche entziehung Goͤttlicher gnaden vnd beystands ist notwendig alsbald erfolget, das beyde, Menschen vnd andere Creaturen, welche vmb des Menschen willen erschaffen gewesen, an gaben abgenomen haben vnd in den vberigen gaben auch ein vnordnung vnd trennung entstanden ist. Auff das abnemen, vnordnung vnd trennung der ersten gaben ist weiter von jhm selbs erfolget das widerspiel84 solcher gaben, sonderlich im Menschen. Zudem, da Gott dem Teuffel nu auch mehr gewalt vber den Menschen vnd vber alle Creatur vnter dem gantzen Himmel [C 2v:] zur straffe der Suͤnden eingereumet hat, hat der Teuffel beyde, der Suͤnden vnd des jamers, noch mehr gemacht, auch leichtlich nu gekundt, weil der Mensch in Gottes vngnaden vnnd verlassen an Leib vnd Seele sehr geschwecht gewesen, hat derhalben des Menschen verstand noch mehr verfinstert vnd jrre gemacht, das hertz wider Gott angereitzt vnd getrieben, andere natuͤrliche des Leibs kreffte Gott vnd dem Menschen selbs mehr vngehorsam vnd widerspenstig gemacht, auch andere Creaturn befleckt vnd den Menschen zu plagen vnd zu uerterben gebrauchet, so viel jhm Gott verhenget85 hat. Also hat Gott die erste Suͤnde vnser ersten Eltern alsbald gestraffet mit vielfeltigen andern Suͤnden, darin sie alsbald gefallen sind. Jtem mit des Teuffels gewalt, mit allerley plagen an Leib vnd an Seele, entlich mit dem zeitlichen vnd ewigen Tod.86

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Nach dem nu vnser erste Eltern dermassen durch jhren fall sind verterbet gewesen vnd in elend geraten, so haben sie nachmals nicht bessere, noch geluͤckseligere Kinder zeugen koͤnnen, denn sie selbs gewesen sind, sind also jhre Kinder nach jhrem Bilde geborn, welchs des Teuffels Bilde ist, vnnd nicht mehr nach dem Bilde Gottes. Durch welche geburt die vberigen Gottesgaben von der ersten schoͤpffung noch fortan jmmer von einem auff den andern mehr geringert worden sind.87 Derhalben so werden nu alle Menschen, welche natuͤrlicherweise von Adam herkomen, in Suͤnden empfangen vnd geborn,88 sind vnter Gottes zorn, des Teuffels, Tods vnd Hellen89 gewalt von wegen der Suͤnde vnser ersten Eltern vnd von wegen jhrer eigen Suͤnde, damit die natur verterbet ist, vnd ist one ware erkentnis Gottes, furcht, glauben, liebe Gottes vnd des nehisten,90 voller eignen liebe,91 jrthumb, sicherheit, vnglauben, zweiffel, [C 3r:] feindschafft Gottes, welche alle sich erzeigen vnd beweisen in gedancken, luͤsten, worten vnd wercken widder Gott vnd seine heilige Gebot. Vnd in summa, so ist gar nichts mehr an dem gantzen Menschen, wie er von Vater vnd Mutter natuͤrlich geborn wird, damit er Gott gefallen vnd recht dienen, zu gnaden vnd ewigem leben widerumb komen koͤnne.92 Weltlichen kan er noch etlicher massen ein Ehrbars leben fuͤhren. Daher viel ehrbarer tapfferer leut vnd in gemein eine eusserliche, weltliche zucht auch vnter den Heiden vnd vngleubigen gewesen ist vnd noch etwa ein wenig bleibt. Wider diese Lere haben die Papisten fuͤrnemlich zwen grosse jrthumb: Einer ist, das sie die angeborne gebrechen, mengel vnd boͤse neigung nicht wollen lassen fuͤr Gott Suͤnde sein, sondern wie sie daruon pflegen zu reden, sollen sie allein an vns ein straffe sein der ersten Suͤnde vnser ersten Eltern, dadurch wir wol zu Suͤnden geneigt, aber selbs noch nicht Suͤnder sein, aber wie ein zunder leichtlich Suͤnde fangen koͤnnen.93 Der ander jrthumb kumpt aus dem vorigen, das der Mensch dermassen noch vnuerterbet vnd gut sey, das er gleichwol noch koͤnne aus natuͤrlichen krefften Gottes gebot halten, Gottes gnade vnd den heiligen Geist verdienen „de congruo“, das ist: durch sein selbs zubereitung.94

Das Dritte Capittel. Vom Gesetz vnd von guten Wercken.

[C 3v:] Wie sich Gott im anfang hat offenbaret durch die Schoͤpffung, also hat er sich hernach noch auff ein andere weyse offenbaret, nemlich durchs muͤndliche Wort, welchs er vor vnd nach dem fall dem Menschen geben hat inn geboten vnd verheissungen, auff das sie darin jhren gehorsam, glauben vnd vertrawen gegen Gott erzeigeten, vbeten vnd jhm dieneten. Nachdem aber das natuͤrliche erkentnis von Gott vnd seinem willen, welches nach dem fall von der ersten Schoͤpffung noch vberig blieben war, durch etliche lange zeit vnd boßheit der Menschen nu auch fast vertunckelt ward, do hat Gott aus sondern gnaden solch erkentnis widderumb ernewet durch die heiligen Zehen Gebot, die er durch Mosen geben hat,95 auff das also die Menschen fuͤr vnd fuͤr hetten ein gewisse zeugnis Goͤttlichs Worts, daraus sie sich allezeit lerneten erinnern, was sie thun vnd lassen solten, auch wie sie von hertzen geschickt sein solten beide, gegen Gott vnd jhrem nehisten, nemlich also rein vnd heilig, das sie stets on vnterlas in volkomenem gehorsam, eusserlich vnd jnnerlich, auch on alle boͤse gedancken, lust vnd begirde hergingen. Darzu verheisset Gott in denselben seinen Geboten denjenigen, welche jhm solchen gehorsam leisten, eitel96 leben vnd eitel seligkeit, hie97 vnd dort98 ewiglich, drewet99 dargegen straffe vnd pein zeitlich vnd ewiglich allen, die seine Gebot jrgents in einem vbertretten. Es hat aber Gott diese Gebot also in keinen weg100 darumb geben, das die Menschen durch haltung derselben Gebot mit wercken fuͤr Gott komen solten, gerechtigkeit, leben vnd seligkeit damit zu erlangen, welchs vnmuͤglich vnd vmbsonst101 ist, weil niemand die Gebot also102 helt noch halten kan. Sondern darumb hat ers [C 4r:] also geben, auff das jederman sein vnuermuͤgen, suͤnde, Gottes zorn vnd verdamnis daran solt lernen kennen, Gott fuͤrchten vnd von hertzen ernstlich erschrecken. Vnd wenn er also durch solch schrecken seiner Suͤnde vnd Gottes zorns halben gleich nun tod ist, das er alsdenn wider hoͤre vnd anneme mit gleubigem hertzen die froͤliche botschafft des heiligen Euangelij, wie Christus jhn vnd vns alle, die wir jhn darfuͤr annehmen vnd vns von hertzen drauff verlassen, von Suͤnden, Gottes zorn, Tod vnd verdamnis erloͤset, gerechtigkeit, gnad, leben vnnd seligkeit widerbracht hat. Vnd wenn sie nu solche wolthat von Christo empfangen haben, das sie jhm denn hinwider auch danckbar sein, welche danckbarkeit fuͤrnemlich stehet inn vleissigem ernstlichen gehorsam gegen diese Gebot, wie denn Gott, solchen gehorsam inn vns anzufangen vnd zu fordern,103 selbs

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gibt seinen heiligen Geist, wenn wir durch den glauben an Jhesum Christum gerecht worden sind, vnd ernewet vns zu einem ehrbarn, Gottseligen leben vnd wandel, jnnerlich vnd eusserlich. Zudem erfordert Gott gleichwol auch von den vnchristen vnd vngleubigen oder denen, die gleich nicht den heiligen Geist haben, das sie dennoch Gott einen eusserlichen gehorsam nach diesen seinen Geboten leisten sollen vnd einen ehrbarn wandel fuͤr der Welt fuͤhren. Solche zucht zu erhalten, hat er auch geordnet die straffe des worts vnd des bans durch die Diener seines Worts, Vater vnd Mutter die ruten, der Obrigkeit das Schwerd befohlen. One vnd vber diese Personen strafft er darnach selbs auch, der Herr, die boͤsen buben104 mit mancherley vngeluͤck, hie noch in diesem leben vnd dort mit dem hellischen fewer, so sie nicht busse thun vnd sich zu Christo bekeren, dargegen thut er zeitlich wol frummen105 ehrli-[C 4v:]chen106 biderleuten,107 wenn sie gleich auch nicht Christen oder gleubig sind, vnd lest sie jhrer eusserlichen fruͤmkeit108 mancherleyweise geniessen, allhie mit allerley zeitlichem guten vnd dort mit linderung der ewigen straffen. Wiewol aber Gott auch vber die Zehen Gebot andere mehr Gebot vnd Gesetz durch Mosen geben hat, als sonderliche Caeremonien, den Tempel vnd eusserlichen Gottesdienst, vnd darnach Weltliche ordnung, das Radhaus betreffend, so hat er doch dieselben allein einem gewissen volck, als nemlich den Juͤden, vnd auff gewisse zeit, bis auff Christum, aufferlegt, das sie nu forthin das Christliche Volck inn jhrer versamlungen nimmer binden, on sofern109 sie on verletzung der Zehen Gebot nicht koͤnnen außgelassen werden. Welche Zehen Gebot also geben, auch in der Menschen hertzen geschrieben sind,110 das sie jmmerdar auff alle Voͤlcker vnd Menschen bleiben vnd binden sollen Christen vnd vnchristen, frumme vnd Gottlosen, wie zuuorn dauon gesagt ist. Dieser Lere vom Gesetz zuwider sind viel grosser schedlicher jhthumb bey den Papisten eingerissen: Erstlich verfelschen sie die Lere vom Gesetz damit, das sie die grossen gebrechen vnd mangel entschuͤldigen, als obs kein Suͤnde sey, das der Mensch von natur Gott nicht recht fuͤrchtet, vertrawet, liebet vnd dergleichen. Jtem das sie leren, der Mensch koͤnne dem Gesetz Gottes genug thun mit seinen wercken vnd das Gott mit der eusserlichen zucht zufrieden sey. Zum andern, so thun sie Gottes Gesetz einen abbruch, da sie aus den ernstlichen gebotten, das sich niemand selbs rechen sol,111 das man alles vmb Got

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tes willen verlassen sol112 vnd dergleichen, rethe machen vnd vberschuͤssige werck, damit man mehr thun koͤnne, denn [D 1r:] Gott geboten habe, vnd volkomen werden.113 Jtem das sie eigen erwelete werck als Muͤncheleben vnd andere werck Menschlicher satzung vorziehen vnd hoͤher preysen denn die werck, so Gott selbs geboten hat. Vnd wiewol die Jnterimisten vnd Adiaphoristen noch nicht dermassen reden von solchen wercken, jedoch weil beide teil solche werck Menschlicher satzung widder auffrichten, Babst, Bischoffe wider annehmen, von welchen solche Gottslesterliche jrthumb anfenglich herkomen, so bestetigen sie damit gleich genugsam solche jrthumb vnd helffen darzu, das sie jha wider auff die bahne komen.114 Zum dritten, so ist das zumahl verfuͤrisch vnd Gottslesterisch geleret, das Gott sein Gesetz darumb geben habe, das wir es halten koͤnnen vnd sollen vnd durch des Gesetzes werck fuͤr jhm gerecht sein vnd das ewige leben verdienen. Zum vierden, wie die widerteuffer das Gesetz zum teil gleich auffheben, damit das sie den Christen Obrigkeit, gericht, eigenthumlich guͤter zu haben vnd anders mehr verbieten,115 also verkleinern vnd schmehen nicht weniger die Papisten Gott, sein gebott vnd ordnung, da sie den Geistlichen Personen die Ehe auch ghar verbieten.116 Den andern Leyen aber oder Weltlichen Personen, wie sie es nennen, ob sie schon die Ehe vnd andere nodtuͤrfftige Goͤttliche ordnung nicht ghar verbieten, so leren sie doch, das man Gott im Ehestand vnnd Weltlichen Stenden mit wercken derselbigen Stende nicht dienen koͤnne. Zum fuͤnfften, wie sich zu vnsern zeiten etliche irrige Geister vnterstanden haben, die Christlichen Kirchen widderumb vnter das Gesetz Mose zu zwingen in gerichtshendeln,117 desgleichen die Bebste zu Rom auch [D 1v:] als die affen118 aus der Kirchenordnung des Gesetzes Mose119 genomen haben, das, wie im alten Testament der hohe Priester von Gott ist geordent gewesen, sie also sind im newen Testament hohe Priester vnnd an statt des teglichen opffers im alten Testament sein muͤsse im newen Testament die tegliche opffermesse etc. Vnd hiemit beyde teil, der Babst vnd die obgenanten jrrigen Geister, die Christenheit wider Gott vnd sein Wort beschweren120 mit den zweyerley Juͤdischen Gesetzen, der Kirchen vnd Weltlichen ordnungen.

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Also haben auff der andern seiten die Antinomer durch einen ghar fehrlichen jrthumb die Christen wollen freyen121 von dem Gesetz der Zehen Gebot, inn dem das man sie in jhren gewissen mit dem Gesetz vnd Gottes zorn nicht schrecken noch verdammen solte, wenn sie gleich vnrecht theten.122

Das Vierde Capittel. Vom Euangelio vnd von der Rechtfertigung.

Das Euangelion ist ein Predigt, daraus wir lernen, wie Gott gegen vns gesinnet sey vnd was wir vns zu jhm zu uersehen haben123 in Christo Jhesu. Daruon er seinen gnedigen willen erstlich offenbaret hat noch im Paradis, bald nach dem fall vnser ersten Eltern,124 hernach offtmals widerholet vnd weiter erkleret durch die Ertzueter, Propheten vnd letzlich durch den Sohn selbs,125 wie er durch denselben vnd vmb desselben einigen mitlers willen widerumb zu gnaden annemen woͤlle lauters vmbsonst on einig vnser ver-[D 2r:]dienst vnd wirdigkeit alle die busse thun vnd gleuben wuͤrden an seinen Namen.126 So sind nu zwey fuͤrnemliche stuͤck dieser gantzen Lere des heiligen Euangelions: Ein stuͤck ist vom verdienst Christi, was dieselben verdienst vnd wolthaten eigentlich sein. Das ander stuͤck ist, wie wir derselben verdienst vnd wolthat teilhafftig werden odder geniessen. Die verdienste vnd wolthaten Christi sind inn einer kurtzen summa diese, das wir durch jhn alleine, on vnser zuthun vnd verdienst, haben die volkomene erloͤsung von Suͤnden, Gottes zorn, Tod, Teuffel vnd Helle, vnd zu der erloͤsung noch weiter gerecht, Kinder vnd erben werden des ewigen lebens vnd den heiligen Geist empfangen. Die geniessung solcher grossen guͤter vnd gaben geschicht allein durch den Glauben in rechtschaffner busse, welchs bey denjenigen, so nu etwas erwachsen vnd zu vernunfft komen sind, also127 zugehet: Wenn Gott einem Menschen die Suͤnde vergibt oder nicht zurechnet (welchs er thut, wo vnnd wem er wil), so quitirt128 oder freyet129 ehr jhn alsbald auch neben solcher vergebung von der straff des ewigen tods oder verdamnis, gleich wie auch weltlich die Obrigkeit, wenn sie einem ein mishandlung gantz vergibt, so erlest sie jhm auch damit jhre straffe. Aber allhie in Gottes gericht geschicht nu noch etwas weiters, nemlich das Gott denjenigen, welchen er also die Suͤnde vnd straffe des ewigen todts hat erlassen, zugleich auch mit zurechnet die volkomene gerechtigkeit seines Sohns, das ist: er helt sie vnd nimpt sie darfuͤr an, als haben sie alle das gute vnd seinen gantzen willen gethan vnd erfuͤllet, wie sein lieber Sohn, vnser Herr Jhesus Christus, jhn gethan vnd erfuͤllet hat, nimpt also von jhn an ein

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frembde gerechtigkeit, als ob [D 2v:] sie die selbs than hetten zur besitzung des ewigen lebens, gleich wie er ein frembde genugthuung odder bezalung von seinem Sohn fuͤr jhre Suͤnde annimpt vnd sie dardurch absoluirt130 vom ewigen tod, als hetten sie solche genugthuung odder bezalung selbs gethan. Diese andere wolthat kan ein weltliche Obrigkeit einem Suͤnder, der in jhre straffe gefallen ist, nicht erzeigen, als131 einem Diebe, wenn sie jhm gleich vergibt vnd jhn nicht henckt, kan sie doch nicht geben, wenn sie gleich ghern wolte, allerley tugent vnd ehrbarkeit, wens zuuorn nicht inn jhm ist, odder das man jhn allein fuͤr tugenthafft vnd ehrbar hielte. Das koͤndte ein Obrigkeit odder Richter noch wol thun, das er ein solchen Schalck132 odder Dieb, wenn jhm vergeben vnd er nu los were, zu sich in sein Haus neme an eins Kinds statt vnd machte jhn zum erben seiner guͤter, lies jhn auch nach seinem Namen nennen. Vnd eben dis, als nu die dritte wolthat, thut Gott den seinen auch, das er sie durch seinen eingebornen Sohn Christum vnd neben jhm auch zu Kindern vnd miterben annimpt, lest sie auch seine Kinder vnd erben vnd mitbruͤder Christi heissen, alsobald vnd alle diejenigen, welche er allererst aus Suͤndern zu gnaden angenumen hat. So sind nu derhalben alle diejenigen, welchen die Suͤnde vnd straffe des ewigen tods vergeben werden, zugleich gerecht fuͤr Gott durch die zugerechnete gerechtigkeit des Sohns Gottes vnnd sind selber auch mit Kinder Gottes vnd haben das recht ewiges lebens vnd ewiger seligkeit nu zweyerley weyse: Fuͤr eins haben sie es als jhr ehrbe. Denn weil sie Kinder Gottes sind, so sind sie auch erben des ewigen lebens.133 Zum andern haben sie es auch als eine belonung der volkomenen gerechtigkeit, welche nicht sie selbs, sondern Christus ge-[D 3r:]than vnd jhnen zu eigen geschenckt hat. Denn Gott hats selbs also verheissen, das ewig leben zu geben allen denjenigen, welche haben die gerechtigkeit, so im Gesetz wird erfordert, wie er spricht: „Wer die Gebot also helt, sol
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dadurch leben.“134 Christus hat sie volkomlich gehalten vnd rechnet vns dieselbige seine erfuͤllung als fuͤr eigen zu durch den glauben. Daraus folget, das vns das ewig leben auch zum andern mahl gebuͤret vnnd geben wird von wegen solcher zugerechenten gerechtigkeit oder erfuͤllung des Gesetzes Gottes. Weiter, so absoluirt Gott niemand von Suͤnden vnd ewigem Tod, macht niemand gerecht, zu seinem Kind vnd erben des ewigen lebens, er gebe jhm denn zuuorn den heiligen Geist durchs Wort vnd durch die heiligen Sacrament, dardurch der heilig Geist des Menschen hertze erstlich bewegt zu warer erkentnis vnnd zu einem rechten schmagk135 seiner Suͤnden vnd Gottes zorns. Ferner bewegt er das hertz zu einem gewissen vertrawen auff den mitler Christum,136 inn welchem der Mensch ergreiffet vnd feste fasset lauts Goͤtt

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licher verheissung die obgenanten erworbene guͤter Christi, als da sind vergebung der Suͤnden, gerechtigkeit, Kindschafft, ewigs leben. Jn solchem glauben vnd festem vertrawen auff den mitler Christum wird das hertz zugleich mit newgeboren, zu einem andern vnd ewigen leben erweckt, in dem da es nu fuͤlet vnd entpfindet trost, das jhm Gott inn Christo versuͤnet vnd gnedig sey, bekuͤmpt newen verstand, new mut vnd sin, die nu nach Gott gesinnet sein, nemlich einen ernsten has wider alle Suͤnde, hertzliche liebe, willen vnd neigung zu aller gerechtigkeit, vnd zu dem willen auch etwas newe krafft, den Suͤnden zu wehren vnd zu thun die werck der eingegebnen gerechtigkeit, welche Gott in seinen geboten erfor-[D 3v:]dert. Nicht aber empfehet der Mensch solche newe Geistliche krafft, guts zu thun, das er durch solch thun oder gute werck nu allererst fuͤr Gott gerecht werde, weil er vorhin137 gerecht ist durch die frembde gerechtigkeit des Sohns Gottes, kan darzu kein gut werck thun, das fuͤr Gott gut hiesse vnd were, er sey denn zuuorn gerechtfertiget durch die frembde gerechtigkeit Christi, wird jhm auch weiter nicht darumb geben solche newe krafft, guts zu thun, das er mit solchen guten wercken verdiente das ewige leben, zu welchem er vorhin, wie oben gehoͤrt, zweyerley recht hat von wegen des, das er ein Kind Gottes ist vnd gerecht mit der gerechtigkeit des Sohns Gottes. Sondern das ist allein nu die vrsach a einem solchen Menschen, guts zu thun, das er damit Gott seinen schuldigen138 gehorsam leiste vnnd jhn preise fuͤr diese wolthat, das er jhm Leib vnd Seele geben vnd dieselben, da sie von wegen der Suͤnden ewig verloren waren, widerumb durch seinen Son gnediglich erloͤset hat, das er auch solche empfangene wolthat nicht widderumb verliere, in Gottes zorn vnd in tod falle.139 Hieraus ist nu auch klar zu uerstehen, das Christus, vnser Herr, durch sein Wort vnd heiligen Geist (welchen Geist er durchs Wort vnd Sacrament wircken lest) selbs die widergeburt zum newen, ewigen leben in vns anfehet, in den erwachsenen gleich so wol als inn jungen Kindlein, er vermehret vnnd endet auch zuletzt solche widergeburt selbs in vns, auff das, wie er allein alle ehre hat des verdiensts vnser seligkeit, wie er vns das Wort vnd Sacrament erst zuschickt vnd damit zuuorkuͤmpt, also inn der empfahung solches verdiensts oder in der widergeburt sein sey beyde: anfang, mittel vnd ende. Vnnd das ist eigentlich das ziehen des Vaters daruon Christus spricht Johan. vj: „Niemand [D 4r:] kan zu mir komen, es sey denn, das jhn mein Vater ziehe.“140 Wenn aber der Mensch durch den heiligen Geist nu widerumb newgeborn vnd mit newen Geistlichen gaben begnadet ist, so kan er vnnd sol darnach solcher empfangenen gaben brauchen, kan sie aber auch wol, so er wil, liegen

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lassen vnd nicht brauchen.141 Denjenigen nu, so jhr vleissig vnd treulich brauchen, werden sie vermeret vnd haben andere mehr belonung, Geistliche vnd Leiblich, zeitlich vnd ewig. Welche jhr aber ghar nicht oder wider Gott missbrauchen, den werden auch die gegenwertigen gaben, so sie zur seligkeit haben, gemindert vnd sampt dem heiligen Geist ghar entzogen.142 Hieher gehoͤren die vielfeltigen vermanungen im Euangelio, das die, so nu widergeboren Christen worden sind vnd den heiligen Geist empfangen haben, forthin sollen im Geist wandeln, des fleisches gescheffte durch den Geist toͤdten vnd gute werck thun.143 Vnd wiewol die heilige Schrifft in der bekerung oder widergeburt eins erwachsenen Menschens dreyerley fuͤrnemliche enderung beschreibt, nemlich ware erkentnis vnd rewe der Suͤnden, Glauben vnd newen gehorsam, welche drey, wie sie vnter sich selbs vnterscheiden sind, also ist auch in dem ein grosser vnterscheid, das vergebung der Suͤnden, Gerechtigkeit, Kindschafft vnd ewiges leben allein dem Glauben zugeeigent vnd gegeben werden vnd nicht zugleich auch den andern zweyen in sonderheit oder in gemein. Vrsach ist diese: Denn der Glaube fasset allein Christum vnd seine verdienst, durchs Wort vns verheissen, ist gleich als die hand, damit wir nach solcher wolthat Gottes in Christo greiffen vnnd von jhm zu vns nemen.144 Darumb macht er vns allein von Suͤnden vnd vom Tod gerecht, lebendig vnd selig, [D 4v:] nicht von wegen seiner verdienst oder wirdigkeit, das er so viel an jhm selbs oder in vns besser sey denn alle andere gute werck, sondern allein von Christi wegen, an den er sich allein hanget, in sein vnschuld vnd gerechtigkeit den gantzen Menschen einwickelt. Daraus folget, das der Glaube die erkentnis vnd rewe der Suͤnden, andere tugent vnnd gute werck nicht dermassen ausschliesse von der rechtfertigung vnd seligkeit, als doͤrfften sie nicht da sein, odder als koͤndte ein Mensch fuͤr Gott gerecht vnnd selig sein, wenn er auch ghar keine rewe vnd besserung des lebens hette. Nein, in keinen weg! Sondern darumb ists allein hie zu thun: Gleich wie wir wider145 mit der rew, noch mit dem glauben selbs, noch mit andern guten wercken vergebung der Suͤnden, gerechtigkeit vnnd seligkeit verdienen koͤnnen, das wir auch ebensowenig mit der rew vnd andern guten wercken dieselbigen erworbene guͤter vnd gnad von Christo, vnserm heiland, empfahen odder nemen koͤnnen. Sondern hierin regiret der Glaube allein, vnd ist dis nemen des Glaubens eigen werck; sonst ist er nimmer on ware rew, on busse vnd gute werck, kan auch on dieselben nicht sein. Denn der Glaub macht also146 gerecht, das er diejenigen, so sich jhrer Suͤnden halben fuͤr Gott vngerecht befinden, fuͤrchten Gottes zorn vnnd sind erschrocken, versicherung gibt, Gott habe jhre vngerechtigkeit von jhnen geno

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men, auff Christum gelegt vnd seine gerechtigkeit widderumb jhnen zugelegt, sey also jhr gnediger Gott vnd Vater, spricht jhnen damit wider ein trost in jhr hertz vnd macht sie gleich147 aus todten widder lebendig. Daraus weiter verstanden wird, das die, so on ware erkentnis vnd rew jhrer Suͤnden also sicher dahin gehen148 noch keinen waren Glauben vnd also auch kein vergebung der Suͤnden nicht149 ha-[E 1r:]ben, vnd noch viel weniger haben die ein waren Glauben vnd vergebung, sondern sind luͤgner vnnd schuͤldig des ewigen tods, welche sich wol viel ruͤhmen des Glaubens Christi vnnd der vergebung, bleiben aber hernach wie vor150 in einem vnbusfertigen leben vnd boͤsen gewissen, es sey heimlich oder oͤffentlich. Denn wo der Glaube warhafftig ist vnnd bracht hat vergebung vnd gerechtigkeit, da ernewet er von stund an auch zugleich mit das hertz zu einem newen, gottseligen leben vnnd wandel. Doch fehet151 diese newerung in diesem leben allererst mit vns an durch die Tauff vnd durch den Glauben, vnd sind nicht mehr als erstlinge des Geists Gottes,152 die wir allhie bekomen, keine zehenden.153 Derhalben ists noch ein vnuolkomen ding mit vnserm newen leben in dieser Welt vnd bleibt noch viel von dem alten Menschen vberig, wenn wir schon getaufft vnd nach der Tauffe durch den Glauben von Gott gerechtfertiget sind vnd den heiligen Geist empfangen haben. Denn wie beide, die Schrifft vnd erfarung, zeugen,154 so ist ja noch grosser mangel am guten zur volkomenheit vnd viel boͤser neigung in den heiligen widder Gottes gebot, welche vbel alle beyde auch in der warheit Suͤnde sein vnd Suͤnde bleiben, wie sie denn der Apostel auch klar Suͤnde
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nennet, das ist: solche gebrechen, welche, wie sie warhafftig wider Gott sind, also ist jhnen Gott widderumb feind, allein den Personen ist er nicht darumb feind, will sie auch nicht darumb verdammen, welche gleuben an seinen Sohn vnd leben inn gutem gewissen, nicht nach
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dem fleisch, sondern nach dem Geist. Gleicherweis als der Richter oder Schultheis,155 wenn er ein Dieb schon los lest, so ist er doch der dieberey allzeit feind, also das sie des galgens werd sey, ist auch seine ernstliche meinung, [E 1v:] das der Dieb hernach nicht mehr stele, sonst felt er widerumb inn des Richters straffe vnnd wird zuletzt gehengt, so er nicht auffhoͤret. Wir haben nu in diesem Capittel trewlich erzelet aus heiliger Schrifft ein kurtze summa der gantzen Lere von der rechtfertigung, welche, wie sie von den Papisten manichfeltigerweise verfelschet ist, also wollen wir allein hie

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etliche fuͤrnemeste jrthumb anziehen, auff das die vnterscheid zwischen jhrer vnd vnser Lere souiel dester klerer sey. Zum ersten haben sie aus dem Euangelion ein lautere Gesetzpredigt gemacht mit jhrem Teuffelischen gedicht,156 das Christus komen sey, andere, mehr vnd volkomener gebot zu geben, denn Moses geben hat, welche sie „praecepta nouae legis“, das ist: „Gebot des newen Gesetzes“, vnnd also das Euangelion klar mit namen ein Gesetz genennet haben.157 Zum andern haben sie die verheissung, das vns Gott on alle vnser verdienst zu gnaden widder annehmen wolle allein vmb Christi willen, ghar aus dem Euangelion hinweg gethan, damit die vnterscheid zwyschen dem Gesetz vnd Euangelio vnd also das ware Euangelion ghar auffgehaben, Christo seine ehre genomen vnd jhren elenden wercken gegeben, die armen bloͤden158 angefochten gewissen jhres einigen159 waren trostes gentzlich beraubet. Zum dritten: Auff das sie aber Christo auch etwas zu thun geben vnd er nicht ghar muͤssig oder vmbsonst auff Erden komen were, so leren sie, er hab vns die erste gnade erworben, dardurch vns die wirckliche Suͤnde vnser ersten Eltern nicht mehr zugerechnet, Glaub, hoffnung vnd lieb von Gott eingegossen vnd wir damit zubereitet werden, also das wir hernach selbs [E 2r:] koͤnnen verdienen vergebung der Suͤnden, gerechtigkeit, leben vnd seligkeit durch gute werck, vnnd nicht so fast160 durch die werck, von Gott geboten, als durch wercke Menschlicher satzung. Zum vierden: Die erste gnad kan ein Mensch bekomen durch die werck der busse ex opere operato, das ist: dieselben werck sind der gnaden werd vnd verdienen vmb Gott, das er solche gnad darfuͤr gebe.161 Zum fuͤnfften: Jhre busse aber stehet inn162 rewe, beicht vnd genugthuung, vnd derselben busse schreiben sie nicht allein zu das verdienst der ersten gnade, sondern auch der erledigung163 von schuld vnd pein.164 Da ist Glaub vnd Christus ghar ausgethan,165 das man auch an166 die kan vergebung der Suͤnden vnnd erledigung vom ewigen tod haben.167 Zum sechsten: Jn der Beicht fordern sie erzelung aller Suͤnden als ein noͤtig werck zur vergebung vnd als von Gott geboten, aber sie thuns one vnd wid

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der Gottes Wort. Also fordern sie auch ein rewe, die genugsam sey zur vergebung.168 Zum siebenden Treumen169 sie weiter, das durch rewe vnd durch Beicht die Hellische vnd ewige straffe verwandelt werde in die zeitliche straffe des Fegfewers vnd diese straffen des Fegfewers widerumb abgelenet170 koͤnnen werden durch genugthuung der werck Menschlicher satzung, welche der Priester durch gewalt der Schluͤssel dem beichtkinde aufflegt, vnd abermals weiter kan man auch diese aufferlegte werck der genugthuung mit geld abloͤsen durch den Ablas.171 Zum achten: Wiewol sich das Interim vornher ansehen lest, sonderlich im Capittel von der erloͤsung durch Christum,172 als gebe es Gottes gnaden vnnd dem Herrn Christo alle ehre des verdiensts der vergebung der [E 2v:] suͤnden, gerechtigkeit, ewiges lebens vnnd seligkeit, jedoch nimpt es sie jhm bald hernach wider vnd bestetigt der Menschen eigen verdienst durch die werck des Gesetzes, gleich wie oben die Papisten. Denn weil auch die eingegebene gerechtigkeit, als Glaube, hoffnung vnd liebe, welche, wie sie daruon reden, Christus vns verdienet hat vnnd gibt durch den heiligen Geist, nicht ehe vns von Suͤnden los, gerecht vnd selig machen koͤnnen, wir brauchen vnd vben denn solche gaben, vnd aber der brauch vnnd vbung vnser eigen werck ist, so folget jhe gewaltiglich, das wir vns selbs auch etwas fuͤr Gott zu rhuͤmen haben vnd etwas thun zu vnser gerechtfertigung vnnd seligmachung, fast mehr denn Christus, der Herr, jha das wir eigentlich gerecht vnd selig werden durch des Gesetzes werck vnd ghar nicht durch Christum. Zum neunden: So verstehen auch beyde, Papisten vnd Jnterimisten, durch den Glauben allhie allein das blosse wissen der Historia oder geschicht von Christo vnd was sonst mehr not zu wissen ist.173 Das hertzliche vertrawen, versicherung vnd freidigkeit174 des Glaubens an vnd durch Christum heben sie glat auff, denn sie leren gleich das widerspiel,175 heissen die Leut zweif

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feln an Gottes gnad vnd sich doch verlassen auff die eingegebene gerechtigkeit vnnd jhre gute werck, welchs eben auch heist auffs eiß fuͤhren176 vnd die Leute stercken zur verzweyffelung. Zum zehenden: Es weichen auch die Adiaphoristen von der heiligen Schrifft inn diesem Artickel der rechtfertigung, vnd von der Augspurgischen Confession. Erstlich damit, das sie allhie, da es am allernoͤtigsten ist, kein vnterscheid machen zwischen der eingegebnen vnd eigen gerechtigkeit der werck vnnd zwi-[E 3r:]schen der frembden gerechtigkeit Christi, die vns zugerechnet wird durch den Glauben, vbergehen also den Heuptpunct in diesem gantzen handel, darauff die fuͤrnemeste vnterscheid stehet zwischen der reinen Lere des Euangelions vnnd der Papisten oder Jnterimisten Lere. Zum andern lassen sie jtzund den verstockten vnnd halsstarrigen zu gefallen fahren die Exclusiuam (Das wir „Allein“ durch den Glauben fuͤr Gott gerecht werden). Desgleichen heben sie auch an mit den halsstarrigen lesterern auff diese weise zureden: „Das die guten werck zur seligkeit noͤtig sind.“177 Ob nu wol etliche Lerer den rechten verstand dieser zweyer stuͤck behalten muͤgen,178 so bestetigen sie doch damit diese schedliche jrthumb bey dem widerteil,179 das wir durch die andern guten werck ebensowol fuͤr Gott gerecht werden als durch den Glauben, desgleichen bestetigen sie das verdienst der guten werck zum ewigen leben. Weil der widerteil eben dieser vrsachen halben also drauff dringt, das man das „Allein“ aussenlasse vnd mit ihnen sage, das die werck zur seligkeit von noͤthen sein, wird also den Papisten damit die gelegenheit an die hand geben, diesen Artickel den einfeltigen Christen vnd den nachkomenen widderumb zu uerfelschen vnnd ghar zu nehmen. Zum dritten machen sie jhnen auch einen rhum zur seeligkeit fuͤr Gott, so der Mensch allein auff das blosse eusserliche ruffen Gottes durchs wort aus eignen, natuͤrlichen krefften vnd freyem willen folgen kan, ehe denn er new widergeborn odder inwendig durch den heiligen Geist angereitzt vnd getrieben wird. Zum eilfften: Wiewol beide, die Jnterimisten vnd Adiaphoristen, etwas bementeln180 vnd schmuͤcken die alten groben jrthumb von der Busse, doch behalten die [E 3v:] Jnterimisten die substanz derselben grewel aller miteinander. Vnd die Adiaphoristen, indem sie alle stuͤck der Bebstischen Busse, auch die Bischoffe, die woͤlffe, widerumb in die reinen Kirchen einsetzen, reden auch etlichermassen mit den Papisten von der Busse, wie sie pflegen zu reden. Hierauff werden die Gottlosen jrthumb vnd falsche wahn auch nicht lange ausbleiben, welchen, ob sie gleich hernach ghern wehren wolten, werden sie nicht koͤnnen, vnd wird darnach die deutung aller angenomenen Bebstischen breuche nicht mehr bey jhnen, sondern bey dem widerteil stehen, wenn sie nu gewaltig181 genug in der Kirchen wider worden sind.

|| [503]
Zum zwoͤlfften: Von der schwacheit, so nach der Tauff in Christen bleibt vnd nachdem sie den heiligen Geist empfangen haben, ist auch das vnrecht, das die Papisten leren, solche schwacheit sey in jhnen kein Suͤnde, desgleichen das die Heiligen koͤnnen ghar on Suͤnde182 sein. Zum dreizehenden: Wir straffen183 allhie auch die Nouatianer,184 welche denen, so nach der Tauffe gesuͤndiget haben, die busse versagen, als koͤndten sie nicht mehr busse thun. Weiter straffen wir auch die Widerteuffer vnd andere dergleichen, die sich sonderlicher himlischen offenbarung rhuͤmen vnnd dardurch die Leute auff solche offenbarung vnd geisterey odder sunst auff andere weise vom wort Gottes vnd den heiligen Sacramenten abfuͤhren, sintemahl185 Gott hiedurch allein wircket vnd wircken will zur seligkeit.186 Was auch sunst jrgents mehr ist, das wir allhie nicht alles erzelen koͤnnen, widerwertig obberuͤrter Lere von der Rechtfertigung, das koͤnnen wir alles nicht anders vrteilen, denn das es wider Gottes wort sey vnd nachteilig der ehren Christi vnd seligkeit der Menschen.

[E 4r:] Das Fuͤnffte Capittel. Von den heiligen Sacramenten.

Auff das ein Mensch Christi vnnd seiner verdienst teilhafftig werde durch den Glauben, so dienen jhm neben dem Wort auch darzu die heiligen Sacrament, welche, wie Augustinus187 spricht, gleich sind als ein sichtbar Wort, das ist so viel gesagt: Wie wir mit den leiblichen ohren hoͤren die gnadenreiche verheissung der verdienst vnd wolthaten Christi durch die muͤndliche Predigt des Worts, also188 sehen vnd greiffen wirs auch mit vnsern leiblichen augen vnnd andern sinnen durch die eusserlichen zeichen der heiligen Sacrament vnd wircket der heilig Geist dardurch einen Glauben, das auch ein jglicher fuͤr sich selbs dester gewisser vnd stercker gleuben koͤnne, das jhm, jhm solche verheissung gegeben werde vnd sein, sein sind alle verdienst vnd wolthat Christi, dem sie also beide, durchs Wort vnd durch diese eusserliche zeichen, aus Gottes befehl vnd ordnung in sonderheit zugeteilt werden. Daraus weiter zu sehen ist, das die Sacrament on solchen Glauben niemand nuͤtz, jha wol vielmehr schedlich sind.

|| [505]
Dis ist also der erste fuͤrnemeste vnd rechte brauch der heiligen Sacrament, das Gott dardurch den Glauben gibt vnd zugleich mit stercket. Darneben aber sind sie auch zeichen vnd eusserliche werck, damit man Christum fuͤr dieser Welt bekennet, dardurch man auch nicht allein die gantze Christliche Kirche kennet fuͤr189 Juͤden, Heiden, Ketzern vnd andern verbanneten, sondern kennet auch vnter dem grossen hauffen,190 welche alle die Kir-[E 4v:]che vnnd Christen heissen, etlichermassen die rechten Christen fuͤr den falschen, als191 den Epicurern192 vnd verechtern, die Gottes Wort vnd Sacrament nichts odder ja wenig achten. Weiter, so gehoͤren drey stuͤck zum wesen eins jglichen Sacraments: Zum ersten die verheissung von der austeilung des verdiensts vnnd der wolthaten Christi. Zum andern die einsetzung vnd der befehl Gottes. Zum dritten das ding, das da eingesetzt wird, vnnd die eusserliche handlung desselben. Diese wesentliche stuͤcke begreifft Augustinus kuͤrtzer mit den zween namen „Wort“ vnnd „Element“, als er sagt: „Las komen das Wort zum Element, so wirds ein Sacrament.“ „Accedat uerbum ad elementum, et fit Sacramentum.“193 Wider diesen warhafftigen bericht von den Sacramenten ist die Gottlose Lere der Widerteuffer, da sie den Sacramenten nemen die krafft vnd wirckung zur seligkeit, heben also den rechtschaffenen, waren gebrauch der Sacrament auff.194 Es ist auch der Papisten jrthumb dawider, die jhnen195 wol,196 wider die Lere der Widerteuffer, ein wirckung geben, aber ex opere operato, das ist: auch des blossen wercks halben, wenn gleich der, so der Sacrament braucht, keinen rechten Glauben odder zuuersicht hat, das jhm dadurch das verdienst Christi zugeteilt werde. Solcher Sacrament aber, wie wir jtzt beschrieben haben, sind drey von Christo im newen Testament eingesetzt, nemlich die Tauffe, das Abendmahl des Herrn vnd die Absolution.197

Von der Tauffe.

Die Tauffe ist ein Wasserbad, von Christo eingesetzt, welches geschehen soll im namen des Va-[F 1r:]ters vnd des Sohns vnd des heiligen Geists, die Menschen dardurch wider new zu geberen zum ewigen leben,198 das ist: der Vater, der Sohn vnd der heilige Geist vereinigen sich inn dieser Caeremonien durch ein ewig verbuͤndnis mit dem getaufften, das forthin sein ist vnnd sein soll alles, was Christus verdienet hat, das er nu ein wares glied sey des volcks Gottes

|| [507]
odder der waren Kirchen, habe vergebung der Suͤnden vnnd ein gnedigen Gott, sey gerecht, ein Kind vnd erbe des ewigen lebens. Jtem das jhm nu der heilige Geist gegeben wird, der ein newes hertz vnnd newes leben in jhm schaffet,199 als200 rechte furcht Gottes, Glauben, Liebe, vnd dargegen die boͤsen luͤste des alten Menschen toͤdtet. Wie auch die Caeremonien der Tauffe an sich selbs zweyerley nutz vns fuͤrmalet: Denn das baden im Wasser bedeut zum teil die besprengung des Bluts Christi odder abwaschung der Suͤnden, zum teil die toͤdtung des alten vnd newe geburt des newen Menschen. Darumb wir allhie verwerffen: Zum ersten die Widerteuffer, welche die armen Kindlein von der Tauffe ausschliessen, zum teil jhrer vnschuld halben, gleich als hetten sie keine Suͤnde, zum teil auch von wegen jhrer vnmuͤndigkeit, das sie jhrer vernunfft nicht gebrauchen, noch gleuben odder jhren Glauben bekennen koͤnnen. Machen darnach weiter die erste Tauffe zunichte durch die widertauffe, vnd in dem, das sie von der Tauffe halten, verkleinern sie jhre krafft vnnd heben den rechten brauch gantz auff. Zum andern, gleich wie vorzeiten die Hemerobaptisten201 (nach dem sie meineten, das dieser bund, so in der Tauffe gemacht ist, der folgenden Suͤnde halben nichtig wuͤrde) sich teglich oder offt wider teuffen liessen zu einer grossen schmach der Tauffe, also haben auch die Papisten mit [F 1v:] gleicher schmach vnd gleicher vrsach halben die Tauffe zu nicht gemacht vnnd an stat derselben gesetzt Menschenwerck, nicht so fast202 die Gott, als die die Menschen geboten haben vnd sind so fern komen, das die Muͤnche jhre stinckende kappen, auch die sie den todten anziehen, der Tauffe gleich halten.203 Wie sie auch vnchristlich den nutz der Tauffe, nach dem man wider in Suͤnde felt, auffheben,204 also setzen sie ein andern nutz, welchen die Tauffe aus Gottes Wort nicht hat, indem sie die erbsuͤnde, die in dem Menschen bleibt nach der Tauffe, geringe vnnd fuͤr nichts mehr achten.205 Vnd ferner, die rechte wirckung, die bey der Tauffe ist allein daher, das Gott also geordent hat vnd will die Suͤnde abnemen vnd das andere thun, was von der Tauffen krafft gesagt ist, geben sie gleich zeuberischerweise dem Wasser. Etliche darumb, das sie meinen, das Wasser habe solche sonderliche, verborgene krafft, etliche von wegen der wort, die druͤber gesprochen werden.

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Letzlich haben sie aus Menschlicher vermessenheit wesentlichen stuͤcken der Tauffe jren vnflat mit hinan geschmeisset, nemlich die abgoͤttische zeuberische Olung etc.,206 vnnd haben durch eine Teuffelische verkerung dieses Sacraments auch die Glocken vnd Steyne getaufft.207 Wir verwerffen auch der Adiaphoristen vornemen, welche dis Sacrament mit auffrichtung der Papistischen Caeremonien beflecken.

Vom Abendmal des Herrn.

Christus hat im letzten Abendmal208 seiner Kirchen ein Testament gemacht vnnd darin bescheiden, seinen wahren Leib vnter dem Brod zu essen vnd sein [F 2r:] Blut vnter dem Wein zu trincken durch einen steten ewigen brauch bis auff sein letzte zukunfft, auff das ein jeder Christ dieses Sacraments offt also geniessen vnnd des Herrn dabey gedencken solle,209 das ist: das er seinen Glauben mit diesem pfande Goͤttlicher gnaden erwecke vnd stercke, als damit in Gott versichert, das der Leib des Herrn gegeben vnd sein Blut vergossen ist worden zur vergebung seiner Suͤnde, vnnd das er ein wahres glid Christi, der Kirche vnd ein erb aller guͤtter Christi sey vnd gleich auch jtzund gemacht werde. Vnd in dem er also seinen Glauben stercket durch niessung210 dieses Sacraments, sol er sich zugleich auch mit erynnern der liebe gegen seinen mitgliedern vnd mitgenossen des Glaubens in Christo vnd letzlich jhn, den Herrn Christum, fuͤr alle solche wolthat loben, preysen, jhm dancken vnd hertzlichen gehorsam leysten. Dis Testament vnsers Herrn Jhesu Christi haben die Papisten lesterlich zerrissen vnd verkeret. Zum ersten durch das stuͤmmeln211 der einsetzung, dadurch sie dem grossen theil der Kirch den andern theil des Sacraments, nemlich den Kelch, geraubt haben.212 Zum andern durch vielfeltige greuliche entheiligung, dadurch sie das Sacrament gar auff andere gebreuch, denn dazu es Christus eingesetzt hat, ja widder

|| [511]
Christum vnnd sein verdienst a gezogen,213 haben daraus gemacht ein opffer ex opere operato, nicht allein fuͤr die lebendigen, sondern auch fuͤr die todten vergebung der schuld vnd der Hellen pein, des Fegfewers vnd dieses lebens vnnd andere mehr geistliche vnnd leibliche gaben dardurch zu erlangen,214 haben zu einer jeden not ein sonderliche Meß verordent, das Brot ins Sacramentheußlein215 eingesperret vnd vmbhergetragen zum schauspiel216 vnnd Abgoͤtterey mit217 getrieben. [F 2v:] Nun komen die Jnterimisten, die gleich218 so gut sein als die Papisten, vnd lassen beyde gestalt den Leyen ein zeitlang zu,219 nicht der einsetzung Christi, sondern jhrer Dispensation halben, verdammen aber nichts deste weniger den gebrauch beyder gestalt im Sacrament oͤffentlich. Die austeilung der wolthaten Christi vnd dancksagung, die Christus inn der Empfahung des Sacraments geordnet vnd beuohlen hat, schreiben sie gar auff eine newe weyse der Opffermesse zu.220 Letzlich lassen sie auch den Glauben vnnd vornembsten brauch des Sacraments inn der niessung desselben gleich wie die Papisten faren. Wir straffen221 auch hie diejenigen, die dem jrthumb der Jnterimisten zufallen222 vnd sich vernemen lassen, das die Meß zu zeiten allein vom Priester on andere Communicanten moͤge gehalten werden.223

|| [513]
Zum letzten haben wir auch nichts zu schaffen mit der zwinglischen Sect224 vnd jhresgleichen, die da sagen (sie moͤgen vorwenden was sie wollen), das Christus in diesem Sacrament nicht sey odder sein vnd empfangen werden koͤnne vnter dem Brod vnnd Wein lauts seins Worts warhafftiglichenn, wesentlichen vnnd leiblichen. Hinwider straffen wir die Papisten vnnd Jnterimisten, die da wollen gegleubt haben, das das Brot vnd der Wein in den Leib vnd Blut Christi wesentlich verwandelt werde.225 Jtem die Adiaphoristen, die sich jtzt durch Menschengebot zwingen lassen, das Sacrament wider auffzuheben226 an den oͤrtern, da es des mißbrauchs oder Christlicher freiheit halben zuuor ist abgethan gewesen, damit sie auch die anbetung desselben Sacraments wider bestettigen oder verursachen, sonderlich [F 3r:] weil sie das Fest Corporis Christi auch widderumb anrichten.227 Vornemlich aber verdammen wir an den Adiaphoristen, das sie die Papistische Meß zum grossen theil wider auffrichten vnnd also eine action dieses Sacraments machen, die mit dem Namen vnd der that ein ander ding ist denn die Communion, dadurch sie dem widertheil ein oͤffentlichen eingang machen, alle Papistische grewel in diesem Sacrament wider einzufuͤhren.

Von der Absolution.

Christus hat im Euangelio den Menschen gewalt gegeben, nicht allein zu leren von vergebung der Suͤnde vnnd anderen seinen wolthaten, sondern auch dieselben selbs auszuteilen den gleubigen, inn sonderheit oder in gemein, wie es sich zutregt. Wie er denn auch dargegen gewalt gegeben hat, nicht allein zu leren von behaltung der Suͤnden vnd Gottes zorns, sondern auch dieselben wircklichen zu vben widder die, so in oͤffentlichen Suͤnden vnd lastern ligen vnnd nicht daruon abstehn wollen.228 Es gilt auch solche vergebung vnd behaltung der Suͤnden, wenn sie rechtmessig geschiehet durch die Kirchendiener oder zur zeit der not durch andere Christen, nicht allein eusserlich fuͤr der Kirchen, sondern auch fuͤr Gott vnd seinem gericht aus krafft des befehls vnd der worte Christi vnd durch

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den heiligen Geist, welchen er in sonderheit zur versicherung dieser krafft gegeben hat, als er spricht Johan. xx: „Nemet hin den heiligen Geist; welchen jhr die Suͤnde erlasset, den sind die erlassen, vnd welchen jhr sie behaltet, den sind sie behalten.“229 Derhalben, wer die Absolution mit dem Glau-[F 3v:]ben empfehet, der empfehet damit auch warhafftiglich vergebung der Suͤnde vnd den heiligen Geist. Es dienet auch die Absolution an sich selbst, den Glauben inn eins jeden hertzen zu erwecken. Vmb dieser Absolution willen, welche von Christo eingesatzt ist, wird auch die Beicht gehalten, welche von Menschen also eingesatzt ist, nicht darumb das die Absolution one Beicht odder erzelung der Suͤnde nicht geschehen koͤnte odder vnnuͤtz were, sonder anderer wichtigen vrsachen halben vnnd sonderlich darumb, das niemandt vnuerhoͤrt vnnd vnwirdig die Sacrament empfahe,230 daran den gewissen viel gelegen ist, beyde: der Diener231 vnd derer, die die Sacrament entpfahen. Wie wir nu an den Papisten vnnd Jnterimisten den mißbrauch der Absolution vnnd Beichte verdammen, also straffen wir auch an etlichen andern, das sie beyde, Beicht vnd Absolution, inn gar keinem brauch nicht haben. Wir straffen auch die Adiaphoristen, welche, da sie im Capittel von der Busse232 der Absolution gedencken, vom Glauben nichts sagen vnnd eine weitleufftige rede dazu setzen, in welcher erklerung sie oͤffentlich anzeigen, das sie die Satisfaction odder genugthuung an die Absolution mit anhangen. Das die Papisten vnnd Jnterimisten diesen drey Sacramenten noch vier andere zuthun, nemlich die Firmung, der Priester orden, den Ehestandt, die letzte Oelung,233 vnnd wollen die Leute vberteuben,234 das sie von Christo gleich so wol als die andern Sacrament eingesatzt vnd zur seeligkeit noͤtig sein; das ist eine oͤffentliche235 luͤgen. So haben sie auch im Euangelio nicht die zusage, das sich die Gottfuͤrchtigen der wolthaten Christi dadurch teilhafftig machen koͤnnen vnd jhren [F 4r:] Glauben drinnen vben, welchs doch die rechte art vnnd eigenschafft ist aller Sacrament, die Christus eingesetzt hat. Dieweil auch die Adiaphoristen mit den Caeremonien diese zal der Papistischen Sacrament dem Interim zu gefallen erfuͤllen, wiewol sie vielleicht ein andern verstandt daruon haben moͤgen, doch weil das Interim neben vnd mit den Caeremonien einen Gottlosen falschen wahn erfordert vnd auffricht, so bekrefftigen die Adiaphoristen solchen Gotlosen wahn auch mit mercklichem schaden der Lehr vnd gefahr der gewissen. Wir verdammen auch die Papisten, in dem das (obs gleich nicht den namen hat) sie in der that schier vnzeliche sacrament auffrichten. Denn sie geben

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sehr vielen dingen, die sie auff zeuberisch gesegnet haben, schier groͤssere krafft vnnd halten sie inn groͤssern ehren denn die Sacrament selbst.236

Das Sechst Capittel. Von der Kirch vnd Kirchendienern vnd vom gewalt derselben.

Nach dem fall der Ersten Eltern hat Gott bald eine verheisschung gethan von Christo, seinem Sohn, der da solt geboren werden auff bestimpte zeit von einem weibe, auff das er der Schlangen den kopff zutrete.237 Durch diese verheisschung hat Gott jhm widder eine Kirch samlen wollen vnter dem Menschlichen geschlecht. Er hatt jhm auch allezeit nach seinem willen vnd wolgefallen erwelet, wird auch [F 4v:] hernachmals biß ans ende der Welt erwelen ein Volck, eine zeit mehr odder weniger denn die ander, welchs seine verheissung bewaret, welchs er auch schuͤtzt widder den gewalt des Teuffels vnnd kompt jhm zuuor mit den gaben des Predigampts vnnd der Sacrament,238 durch welchs ampt er auch allezeit nach seinem willen vnd wolgefallen wirckt allein in denen, die auß diesem hauffen das Wordt hoͤren vnnd der Sacrament gebrauchen.239 Er zuͤndet auch in jhnen an durch den heiligen Geist ein recht erkentnis vnnd vertrawen auff den verheissenen vnd gesanten samen,240 nemlich Christum,241 ein waren gehorsam,242 vergibt jhnen jhre Suͤnde, spricht sie gerecht, Kinder vnd erben des ewigen lebens vmb Christus willen.243 Solche Leut, sie sein inn der Welt zerstrewet hin vnnd widder, wo sie wollen, sind allein die rechte Kirch oder das Volck Gottes auff Erden, welcher, ob jhr gleich jtzt viel, jtzt wenig ist, so ists doch jegen244 andern zu rechnen allezeit ein kleiner geringer hauffe.245 Vnd ist eben derselbe hauffe verborgen, vnd nicht gewiß zu kennen, welche die rechten Christen sind, haben auch allesampt noch etliche Suͤnde, vnnd etliche auch zu zeiten jhre jrthumb. Es sind aber die ware Christen allezeit an dem ort vnd vnter dem grossen hauffen, da Gottes Wordt vnnd Sacrament sindt, eine zeit reiner denn die ander, wie es Gott außteilet. Daher wird nu die Kirche eine sichtbare versamlung, denn der gantze hauffe, der Gottes Wort vnd Sacrament hat, heist nu auch die Kirche, darin doch der groͤsseste teil boͤse ist, aber doch jmmer etliche von tag zu tag bekert werden. Vnd begibt sich offt, das eben diejenigen, die das Regiment haben vnd die Kirche leren, regieren vnd schuͤtzen solten, selbst feinde sindt der waren Kirchen.246

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Aber die rechten glieder dieser rechten Kirchen, wie sie mit dem andern [G 1r:] hauffen das Wort vnnd die Sacrament gemein haben vnd daruon etlichermassen erkennet werden, so scheinen sie doch sonderlich fuͤr den andern erfuͤr, wie die liechten Sternlein am Himmel mit rechtem gehorsam jegen247 Gott, mit bekentnis in der verfolgung, vnnd wens dazu kumpt, so leiden sie auch vber solcher bekentnis fuͤr Gottes ehre. Vnd durch diese stuͤck werden sie zum teil erkant vnnd bekommen gemeinlich nach jhrem tode erst die rechte zeugnis, das sie rechte frome Christen gewesen sind.248 Auff das wir aber von der Kirchen des newen testaments reden: derselben hat Christus die schluͤssel zum Himmelreich gegeben, gleichwie er sie vom Vater empfangen hat,249 vnd hat sie nicht Petro oder den andern Aposteln vnd jhren nachkommen im Kirchen ampt allein gegeben, sondern zum ersten vnd vornemlich der gantzen sichtlichen250 Kirchen, doch dergestalt, das die schluͤssel vornemlich vnd eigentlich der rechten Kirchen der Heiligen zustehen.251 Auff das darnach weyter ein ordnung gehalten werde, so befihlt die Kirche das ampt der schluͤssel, auffs beste sie kan,252 etlichen gewissen Personen, doch also, das sie dennoch den gantzen gewalt der schluͤssel bey sich behelt, im fall,253 so die Diener, denen sie vertrawet sind, jhr entweder gar nicht brauchen wolten odder wolten jhr nur zur verstoͤrung gebrauchen. Sie behelt auch das Kirchenampt bey, sicha zur zeit der noth, nemlich wenn man keine Diener haben kan, in noͤtigen stuͤcken selbst durch ein jedes glidt zu pflegen.254 Sonst sol sich niemandt des Kirchenampts vnterstehen, er sey denn recht vnnd ordentlich darzu beruffen durch diejenigen, so das zu thuen befehl vnnd gewalt haben.255 [G 1v:] Weyter, so stehet der gewalt der schluͤssel fast in nachfolgenden stuͤcken: Nemlich das Wort Gottes zu leren, die Sacrament zu reichen, die Suͤnde einzeler odder vieler Personen auffzuloͤsen odder zu binden, Kirchendiener zu beruffen, die fragen von der Religion zu uerhoͤren vnd zu vrteilen, gute ordnung inn der Kirchen zu machen, die da zum ampt, das Christus befohlen hat, noͤtig odder dienstlich sein. Alle diese ding semptlich vnd sonderlich zu thun, bringt der gewalt der schluͤssel mit sich, doch dermassen, das als zumal256 nicht nach menschlicher klugheit noch gutduͤncken, sondern

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nach dem befehl vnd Wort Gottes der Kirche zu erbawung, nicht zur zerstoͤrung, allein fuͤr die lebendigen vnd nicht fuͤr die todten gethan werde. Es handelt aber ein jeder solche stuͤck dieses gewalts vnd an den oͤrtern, welche vnd wo sie die Kirche oder die solchs an stat der Kirchen zu thun haben, eim jeden befehlen vnd wie Gott eim jeden in seinem befohlnen ampt, das mas seiner gaben aussteilet. Daher kompt der vnterscheid der Kirchendiener, nemlich aus Menschlicher ordnung, das ein Diener vber mehr Kirchen ein auffsehen hat denn der ander, als ein Bischoff oder Superintendent. Jtem das einer mehr vnd andere stuͤck des Kirchenampts verwaltet denn der ander, als etliche sind Pfarrher, etlich Prediger, etliche Diacon. Das aber eine eintzele Person alle stuͤck an allen Kirchen der gantzen Welt besorgen vnnd verwalten sol oder ein Bischoff vber alle Bischoff vnnd Kirchen sein, das ist im Wort Gottes nicht befohlen, ja es ist widder Gottes Wort. Zudem ists auch vnmuͤglich vnd gereicht den Kirchen zum verterbnis. Wiewol auch die gaben der Kirchendiener, jhr ampt zu uerwalten, vngleich sein, auch offt etliche Diener [G 2r:] Gottloßb sind, doch wenn sie die wesentliche stuͤck des Worts vnd der Sacrament handeln, so gibt die geschickligkeit odder wirdigkeit des Dieners dem ampte nichts, es nimpt jhm auch nichts seine vngeschickligkeit odder vnwirdigkeit zur wirckung der seeligkeit.257 Diesem kurtzen vnnd warhafftigen bericht sind viel greuliche jrthumb entgegen aus welchen wir nur etliche wenige erzelen wollen: Der erste jrthumb ist der Donatisten258 vnd Widderteuffer,259 welche inn dem gantzen hauffen, der die Kirche heisset, eitel Heiligen haben wollen. Leren derhalben, das man sich von dem andern hauffen, ob er gleich das Kirchenampt rein vnd lauter hat, absondern soll. Also richten sie jhnen eine sondere Kirche an, darin sie vermeinen eitel Heiligen zu haben. Der ander jrthumb ist der Papisten, welche die Heiligen in der Kirche gar one Suͤnde machen vnd wollen, das sie auch nach dem eusserlichen wandel vnter einem heupt, dem Roͤmischen Babst, sein muͤssen. Zum dritten, wenn die Papisten von den Heiligen in der Kirchen reden, so verstehen sie gemeinlich die verstorbenen Heiligen, welche sie anbeten, huͤlffe von jhnen suchen, zu jhren Bildern vnd gebeynen lauffen heissen, welchs eine oͤffentliche Abgoͤtterey ist. Zum vierden, da sie den primat des Babsts, das er das oͤberste heupt der Kirche sey, bestetigen wollen, haben sie viel greulicher jrthumb:

|| [523]
Zum ersten, das sie sagen, er sey aus krafft Goͤttlicher ordnung vnd befehls ein gemeiner260 Bischoff vber alle Kirchen der gantzen Welt.261 Zum andern, das er, aus krafft derselben ordnung vnd befehls, erstlich vnnd allein habe den gewalt der schluͤssel,262 vnd andern auszuteilen habe, wem vnd wie er wil. Zum [G 2v:] dritten, das sie jhm beide schwerdt vnnd volkuͤmlichen gewalt in beiden Regimenten, im geistlichen vnnd weltlichen Regiment, geben.263 Zum vierden, das sie jhm gewalt geben vber die heilige Schrifft, in Gottes Worte, in Sacramenten vnd Geboten Gottes zu uerendern vnd dispensirn, was er wil, newe Artickel des Glaubens vnd newe Gottesdienst auffzurichten, der Creaturn natur verwandeln vnnd jhnen eine Geistliche krafft zu geben zum ewigen leben, in Glaubenssachen Richter zu sein vnd zu schliessen, dermassen, das er in diesem allen nicht irren koͤnne vnnd das kein Mensch an seiner Lehre, vrteil vnnd hendeln tzweiffeln oder dieselben straffen duͤrffe, wenn er gleich wissentlich vnzeliche Seelen ins hellische Fewr fuͤrete.264 Endtlich, das sie jhm gewalt geben nicht allein vber die lebendigen, sondern auch vber die todten vnnd vber die Engel im Himmel. Mit welchem allen ehr genugsam beweiset, das ehr fuͤr265 Christus stadthalter des Teuffels stadthalter ist vnd der rechte Widderchrist, der da sitzt vnnd regiert im Tempel Gottes, wie Daniel, Christus vnnd die Aposteln von jhm zuuor geweissaget haben.266 Zum letzten helffen auch zu diesen grossen greweln die Adiaphoristen nicht wenig, weil sie dem Babste, den sie zuuor aus dem Wort Gottes verdammet haben als den Antichrist vnnd jhn in jhren gewissen fast noch verdammen, die Ehr geben, das er das oͤberste Hewpt in der Kirchen sey, darzu die Christliche Kirchen, die von diesem Teuffelskopff267 gluͤcklich erloͤset waren, mit jhren mitteldingen bezaubern vnd gefangen nemen, vnter das Tyrannische joch widderumb zu tzwingen.268

|| [525]

[G 3r:] Das Siebende Capittel. Vom Weltlichen vnd Hausregiment vnd von jhrem gewalt.

Gleichwie die Kirche Gottes ordnung ist, darin Gott die vnterscheid wil gehalten habena zwischen Predigern vnnd zuhoͤrern, also sindt auch das weltliche vnd hausregiment Gottes ordnungen, darin er auch die vnterscheidt haben wil tzwischen Obrigkeit vnnd vnterthanen, vnnd das die vnterthanen durch Gesetz vnd gebott jrer Obrigkeit, sofern die der vernunfft gemeß vnd nicht widder Gottes wort sindt, geregiert werden, vnnd sie jhnen gehorsamen269 sollen, nicht allein von wegen Weltlicher straffe, sondern auch gewissens halben vnd der straffe Gottes. Denn Gott hatt seine ordnung vnd Obrigkeit gewapent mit beiderley furcht, beide: das er selbst die vngehorsamen straffen wil vnd die, so das Regiment haben, auch straffen sollen. Er hatt auch alle drei Regiment, der Kirchen odder das Geistliche, Weltliche vnnd Hausregiment also von einnander gescheiden, das er einem jedern sein sonderlich ampt vnnd werck, auch seine sonderliche weyse zu straffen gegeben hatt.270 Vnd wiewol ehr nicht wil, das diese Regiment sollen ineinander gemengt werden, so wil er doch, das eins dem andern dienen soll vnnd samptlich in dieser entlichen meinung vnd werck vbereinkommen vnnd zusammenstimmen sollen, das ein jedes in seiner ordnung vnnd nach seiner masse271 rechte erkentnis vnd ehre Gottes vnd derjenigen, [G 3v:] so jhm zu regieren befohlen sindt, ewige seeligkeit foͤrdere vnd fortsetze. Oder, so sie diesen nutz nicht erreichen koͤnnen, das sie doch zum wenigsten so viel ausrichten, damit die leute geruͤglich272 vnd nicht one frucht273 vnnd besserung jhres nehesten erbarlich wandeln in dieser buͤrgerlichen gemeinschafft.274 So ist nu das Weltliche vnd Hausregiment vornemlich eingesatzt, werden auch vornemlich erhalten vnd besch´uͤtzt von Gott, der Kirchen halben. Die leut, die zu jhren jharen kommen sindt vnd sich nicht enthalten koͤnnen,275 sollen sich in den Ehestandt begeben nach dem Wort vnd Gebott Gottes,276 sollen hausueter vnnd hausmuͤtter werden, kinder zeugen vnd dieselben sampt dem andern hausgesinde aufftziehen in zucht vnd inn vermanung zum Herrn,

|| [527]
wie der Apostel sagt,277 das ist: sie sollen die kinder vnd gesinde gewenen278 zu ehrlicher arbeit vnnd rechter Gottfuͤrchtigkeit, die vngehorsamen aber straffen mit worten vnd mit schlegen. Die ordentliche Obrigkeit ist den Christen, ehrlichen Buͤrgern vnd vnterthanen, vornemlich aber der Kirchen, jren schutz widder vnrechte gewalt nach Gottes Wort schuͤldig vnnd soll dem vnrecht wehren mit leiblicher gewalt vnnd mit dem schwerd vnnd sich zum hoͤchsten darauff befleissigen, das die leut in Gottes worte recht vnterweyset vnd in der gemein vnnd hewsern zu rechter Gottfuͤrchtigkeit vnd erbarkeit gezogen werden.279 Wie nu die vnterthanen jhrer Obrigkeit, kinder vnd gesinde jhren Eltern vnd Herrn gehorsam schuͤldig sein vnd leisten sollen von Gottes wegen,280 also widderumb, wenn die Obrigkeit vnd Eltern die jren von der waren Gottesfurcht vnd erbarkeit abfuͤren wollen, so ist man jhn nach Gottes wort keinen gehorsam schuͤldig.281 Wenn sie aber auch in dem fuͤrhaben sind, das sie aus-[G 4r:]rottung der Religion vnd guter sitten suchen vnnd die ware Religion vnd erbarkeit verfolgen, so entsetzen282 sie sich jhrer ehr selbst, das sie nicht mehr fuͤr Obrigkeit oder Eltern inn demselben koͤnnen gehalten werden, wider fuͤr Gott noch fuͤr den gewissen jhrer vnterthanen, vnd werden nu aus Gottes ordnung ein ordnung des Teuffels, welcher ordnung ein jeder nach seinem beruff283 mit gutem gewissen widderstehen kan vnd soll. Weiter, wie beiderley standt vnd gewalt im weltlichen vnnd heußlichen regiment warhafftige ordnungen Gottes sind, also helt sie auch das Euangelium nicht allein fuͤr gut, das jhr die Christen gebrauchen moͤgen, sondern heiliget sie auch, das also die werck der haushaltung vnd weltlicher Obrigkeit semptlich vnnd sonderlich, wo sie nur nicht widder vernunfft vnd widder Gottes wort sind, Gott in den gleubigen gefallen vnd Gottesdienste werden.284 Derhalben sol man erstlich hie verdammen den jrthumb der Widderteuffer, welche den Christen verbieten Obrigkeit, Gerichte, eigenthumbliche guͤter, keuffen vnd verkeuffen etc., gleich als weren diese ding an jhn selbs boͤß vnd vnchristlich.285 Diesem jrthumb ist der Papisten jrthumb nicht fast vngleich,286 welche, ob sie wol weltliche Obrigkeit vnd haushaltung nicht verdammen, so verkleinern287 sie doch vnd schmehen solche stende offentlich, weil sie sagen, das Got in diesen stenden nicht koͤnne gedienet werden. Ja sie verbieten auch etlichen

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leuten, als den Priestern, stracks wider Gottes gebot die Ehe,288 zureissen dieselbige odder lassen sie itzt etlichen ein zeitlang zu, vnd ist doch nicht jhr ernst. Jhr vnrein ehelos leben aber, damit sie sich auch entziehen dem dienst des Nehesten vnd aller Buͤrgerlichen billigen beschwerungen dieses lebens, allein in muͤssig-[G 4v:]gang, vberflus, sicherheit289 vnnd allem Gottlosen wesen wandeln, schmuͤcken sie noch mit einem prechtigen, herlichen namen vnd nennens werck der vollenkommenheit eines Geistlichen lebens. Zum dritten: Gleich wie durch diese verkleinerung vnnd schmach des buͤrgerlichen lebens vieler leut gewissen im Babsthumb verwirret sind worden, das sie von diesen ordnungen Gottes alltzu wenig gehalten haben, also weil itzt durchs heilige Euangelium solchen stenden jhre gebuͤrliche ehr widderbracht ist, so suͤndigen nu etliche auff die andere seite290 darin, das sie meinen, die Obrigkeit sey gar vnstrefflich vnnd duͤrffe jhr niemandt wehren, wenn sie auch das gute, welches sie ehren solte, sich vnterzudruͤcken vnterstehet, vnnd dagegen das boͤse, welchs sie straffen solte, bestetiget vnnd ehret.291 Welches stuͤck wir im folgenden teil dieses Buͤchleins weiter zu handeln vorgenomen haben.

Beschlus der Bekentnis.

So hastu nu, Christlicher leser, die Summa dieser Lehr, welche, wie sie in den Propheten vnnd Aposteln gegruͤndet ist vnnd aus grosser finsterniß des Antichristischen Reichs zu diesen letzten zeiten durch den man Gottes Doct. Mart. Luther, heiliger gedechtnis, widder an tag gebracht vnnd in den Artickeln der Augspurgischen Confession begrieffen ist, also wirt sie noch heutiges tages durch sonderliche gnade Gottes in vnsern Kirchen rein vnnd vnuerfelscht gepredigt. So aber etwas in dieser eyle vnd kurtzen ertzelung der Artickel rechter lehr, auch der widderwertigen alten vnd newen jrthumb, nicht gar bequemlich292 noch volkoͤmlich gesatzt ist, das koͤnnen vnsere zuhoͤrer aus vnseren predig-[H 1r:]ten klerlich vernemen.293 Andere aber ausserhalb koͤnnens alles besser vnd reichlicher nemen aus D. Luthers vnnd aus andern dergleichen Schrifften, von welchen wir doch vnsers verhoffens nichts frembdes hie gesagt haben oder andere verstehen werden. Wir haben auch solche Caeremonien inn vnsern Kirchen, die mit der Lehr der Aposteln vnnd der reinen Kirch nach jhnen vbereinkomen, nemlich Christli

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che vnd nuͤtzliche, wie wir sie von den wol geordenten Kirchen entpfangen haben. Vnd wie wir von der Lehr derselbigen Christlichen Kirchen nichts one mergliche294 schmach Christi, verleugnung vnnd Gotteslesterung verendern koͤnnen noch wollen, sofern vns Christus beystehet, wie wir denn von jhm betten vnd hoffen, also halten wir auch,295 das zu dieser zeit vnd bey den jtzigen vmbstenden die Caeremonien nicht koͤnnen von der Lehr abgesundert werden Vnd das man die falsche296 Christi vnnd Belials vereinigung,297 welche etliche, dem Creutz zu entfliehen,298 jtzt machen, auch one Gotteslesterung vnd abfal nicht zulassen kan,299 wie solchs in den voͤrigen Schrifften, hie außgangen, klerlich dargethan ist vnd bißher niemand anders beweysen hat koͤnnen. Ja es hat noch keiner den grund dieses handelns mit antwort anruͤren duͤrffen, welchs einen weysen vnd gelerten widdersacher sehr verdechtig macht, das er ein boͤse gewissen mus haben. Dis Bekentnis aber haben wir nicht allein vnser vnd vnserer Kirchen halben geschrieben, sondern auch von wegen aller Gottfuͤrchtigen, die draussen sind, die jhre knie fuͤr dem Baal noch nicht beugen300 vnnd vngezweiffelt in einem Geist mit vns inn dieser noth zu Gott seufftzen: Erstlich auff das wir vnserm Herrn Christo, der jtzt am Creutz hengt,301 dennoch zeugnis geben, das sei-[H 1v:]ne Lehre Gottes Wort sey, vnd jhm hiemit seinen gebuͤrlichen gehorsam, dienst vnnd ehre leisten, welchen er jtzt von allen Menschen zum hoͤchsten erfordert. Darnach, das wir auch vnser liebe Bruͤder in Christo, wo dieselben sein, mit dieser vnser Bekentnis vnd Exempel etwas stercken. Vnd letzlich, das wir vns auch des verdachts entledigen, als hetten oder wolten wir newerung anrichten odder vns von der vorigen reinen Lehr vnd warem Gottesdienst absundern, die wir nichts anders thun in dem, darumb wir jtzundt geechtet, ein fluch vnd fegopffer geachtet werden,302 nicht allein von vnsern Feinden, sondern auch von vnsern eigen Bruͤdern, denn das wir die edele heilige beylage,303 so vns durch den man Gottes D. Mar. Luther von Gott vertrawet ist, rein vnbefleckt bewaren, welcher beylage halben wir vns vorhin304 alle haben seelig duͤncken lassen vnnd sind warlich deshalben seelig genug gewesen vnd vns billich305 zu rhuͤmen gehat. Aber doch lassen wir vns allhie sampt anderen bestendigen Christen noch seelig duͤncken vnd rhuͤmen vns beyde, dieser beylage vnnd des Creutzes vnsers lieben Herrn Jhesu Christi, das vns druͤber begegnet. Es gerate nu mit vnns, wohyn es woͤlle, so sind wir

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bereit vnd verhoffen, mit Christo zu sterben vnd zu leben durch huͤlffe seines heiligen Geists, wie er denselben zu geben verheissen hat auff die zeit, wenn huͤlffe not sein wird allen, die jhn im Glauben darumb bitten.306

[H 2r:] Der Ander teil dieses Buchs, von der Nothwere.

Sindt die Jnterimisten vnnd Adiaphoristen solche Leute, dafuͤr sie wollen gehalten sein, nemlich das sie bey der reinen Lere bleiben vnd dieselbige auch widder die Papisten verteidigen, so koͤnnen sie von vns auch nicht anders sagen, denn das wir bey der reynen Lehre bleiben, welchs beyde, vnsere oͤffentliche Predigten vnd Caeremonien, bezeugen. Klagen sie aber vber vns, das wir eygensinnig vnd in vnsern Kirchen nichts enderen wollen, so muͤgen sie selbst schuldt haben, denn sie haben vns diese Kirchenordnung als Christlich vnnd nuͤtz gegeben, die sie auch gehalten haben vnd noch hielten, wenn sie nicht aus toller307 furcht vermeinter308 gefahr dauon abfielen, wie koͤnnen sie vnns denn mit gutem gewissen verdammen vnd vberziehen?309 Darzu koͤnnen Mitteldinge nicht mehr Mitteldinge heissen, wenn die Leute darzu gezwungen werden, sondern sind Suͤnde, verleugung vnnd abfall von Gott. So bedarff nun diese vnser Bekentnis vnd verantwortung bey diesem teil vnserer Feinde, nemlich bey den Jnterimisten vnd Adiaphoristen, gar keiner beweysung, weil sie selbst bekennen310 muͤssen, das wir von [H 2v:] den Christen vmb der Lehre vnd Caeremonien willen nicht koͤnnen mit recht verdampt vnnd vberzogen werden. Wiewol aber bey dem andern teil vnserer Feinde, nemlich den Papisten, diese vnsere einfeltige Bekentnis nicht gilt, ja auch die aller klareste vnd gewisseste beweysung kein stadt hat, denn wir werden doch von jhnen Ketzer gescholten, so sind dennoch etliche vnter jhnen durch das helle Liecht der Goͤtlichen warheit vnd jhr eigen gewissen dermassen311 vberzeugt, das sie wissen, vns geschehe hirin gewalt vnd vnrecht, welchs sie auch selbst in disputationen vnnd vnterredungen offt haben widder jhren willen muͤssen bekennen. Das wissen sie aber alle vnnd sollens wissen, das wir nach Goͤttlichem, natuͤrlichem vnnd Weltlichem Recht, auch jhren vertregen vnnd zusagen nach, nicht koͤnnen vnerkanter sach312 verdampt noch vberzogen werden. So haben wir noch immer begert, das vnsere sach313 moͤchte durch das rechte Recht geurteilet werden. Das nu etliche Fuͤrsten vnnd Stedte diese sache sampt jhrem Rechten fallen lassen, das nimpt der Sachen nichts, wie das verstendige leut wol wissen,

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sonderlich weil es des Euangelij sach ist, betreffend Gottes ehre vnd der Menschen ewige seligkeit, vnnd sollen darumb wir, ob wir gleich ein armes kleines verachtes heufflein sind, vnser Recht nicht faren314 noch vngefordert lassen vnd nichts darnach fragen, ob vnser die grossen Junckern vnd Gottlose verechter der waren Religion druͤber spotten vnd lachen. Weil aber auch die Papisten wol wissen, das sie ein boͤse, faule, schendliche, lesterliche sach haben vnnd jhr boͤse gewissen sie schew vnd furchtsam gemacht, vns [H 3r:] frey vnd redlich vnter augen zu gehen, so haben sie sich im anfang hoch beflissen,315 jhre schand vnnd boͤses fuͤrnemen316 zu decken mit dem schein, das nicht jhr fuͤrnemen317 gewest, vnsere Christliche Religion durch vorigen krieg zu vertilgen.318 Nu sie aber den Sieg behalten vnnd alles vnter sich gebracht319 haben vnnd noch320 nicht ablassen, das arme kleine heufflein, so noch am Euangelio hengt, mit falschem schein vermeintes321 vngehorsams vnterzudruͤcken, so verrhaten sie sich doch oͤffentlich fuͤr aller welt, das sie vnsere Religion, ehe sie vnrecht erkant,322 gedencken auszurotten, wie sie denn schon albereidt323 gethan in den Landen vnd Stedten, so sie vnter sich bracht, da sie nicht allein das Gottslesterische Interim, sonder auch das Bapstumb mit allen seinen schendtlichen greweln widder auffgerichtet haben, beschweren324 darzu vnd plagen die arme leute auffs aller vnbillichst vnd grewlichst. Also wolten sie mit dieser armen Christlichen Gemein zu Magdeburgk auch gern vmbgehen, weil sie an Gott nicht vngehorsam werden, sein Wort verlassen vnnd des Roͤmischen Widderchrists grewel annehmen wil. Denn sonst haben die Feinde keine redliche vrsach zu jhnen,325 denn das sie allein Gottes eingebornen Sohn Jhesum Christum fuͤr jhren einigen Heilandt erkennen. Daher kumpt dieser grosser zorn, vngnad, Acht, verfolgung vnd Tyrannisch fuͤrnehmen der Papisten, darumb wolten sie gern diese Stadt vertilgen. Vnd das ist so offenbar, das die Feinde des Euangelij, so diß boͤse spiel im Deudt

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schen Landt haben angericht, etliche selbst nicht fast326 leugnen, on327 das es jtzt sonderliche weißheit ist, ja eine rechte Epicurische328 weißheit, widder das [H 3v:] gewissen reden vnd der offentlichen warheit widdersprechen vmb des grossen Gotts willen, der da heist BAUCH.329 Vnd weil solchs der Papisten fuͤrnehmen ist, so kan niemandt diesea Stadt verdencken, das sie sich fuͤr gewalt vnd vnrecht schuͤtzet, welche sunst ja niemands begert zu beleidigen. Vnd alle Menschen, so da ein wenig wissen, wie es vmb diese Stadt vnd jhren Grentzen, auch der Buͤrger oͤffentliche hendel gelegenheit hat, muͤssen bekennen, wenn sie die warheit sagen woͤllen, das vnsere Leute in dieser jhrer beschwerung vnd auffenthalt330 anders nichts denn Frieden vnd die Religion suchen, niemandts Landt vnd Leute begeren, niemandt nach seiner wirdigkeit331 vnd guͤtern stehn.332 Aber hieuon lassen wir einen Erbarn Radt vnd andere ehrliche333 Leute, so drumb wissen, fernern bericht thun.
Wir wollen aber vns fuͤrnehmen, zu beweisen, das ein Christliche Oberkeit mag vnd sol jhre vnterthanen verteidigen auch widder ein hoͤhere Oberkeit, so die Leute mit gewalt zwingen wil, Gottes Wort vnd rechte Gottesdienst zu uerleugnen vnd Abgoͤtterey anzunehmen.
Zwar bey den Adiaphoristen haben wir solchen beweiß leichtlich zu thuen, welche lange zuuorn vor vns diese frage eroͤrtert vnd solche nothwehre gnugsam erwiesen haben, beyde: auß Gottes Wordt vnd Naturlicher erkendtniß, so Gott in die Menschliche hertzen gebildet334 hat.335 Es were denn, das sichs

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hirin auch mit jhnen jtzundt verkeret hette (wie leider in vielen andern stuͤcken der lere geschehen), das das voͤrige Gotteswordt vnd Natuͤrliche erkendtniß vnd Dialectica in dieser sachen [H 4r:] sich auch muͤste lencken lassen nach der Potentaten336 wolgefallen vnnd gewaldt vnd muͤste nu also heissen: „Des Keysers gewaldt ist groß vnd er hat vberhandt,337 darumb ists nicht mehr recht, das mann sich widder seinen vnrechten gewaldt schuͤtze. Jtem, Oberkeit vnd Vnterthanen haben sich zusamen hart338 verpflicht vnd mit Eyden verbunden. Aber die Fuͤrsten vnd Herrn moͤgen darnach jhren muthwillen mit den vntersassen339 vben, jhres Eydts vergessen vnd thuen, was sie woͤllen. Dagegen haben die vntersassen nicht macht, dawidder zu reden, jhre rechte vnnd freyheiten handtzuhaben.340 Der Fuͤrst mag kriegen widder die rechte vnnd seinen Eidt, aber die vnterthanen duͤrffen jhm nicht widderstehen nach den Rechten.“ Solche newe Dialectica gleuben wir wol, das sie jtzundt in vieler koͤpffe komen sey, halten341 doch gleichwoll nicht bey allen, auch den Jnterimisten vnd Adiaphoristen. Souiel aber die Papisten belangt, so finden wir auch kein recht, vnnd hilfft vns nicht, wenn wir schon beweysen, das die vnterthanen jhr recht widder jhrer Herrn gewalt verteidigen moͤgen vnnd das eine vntere Oberkeit nothwere thun mag widder ein oͤbere, so die Christliche Religion mit gewalt außrotten will. Denn die Papisten halten vnsere Religion nicht fuͤr die rechte Religion, darumb meynen sie, sie haben recht, vns zu bekriegen. Derwegen auch fuͤrnemlich nur vmb der frommen hertzen vnd gewissen willen wir von der nothwere handelen muͤssen, denen zu raten ist, welche das reine Goͤtliche Wordt noch haben odder nicht gern wolten, das dasselbige bey jhnen oder anderen vntergedruckt solte [H 4v:] werden, viel weniger dasselbige selbst verfolgen helffen, auff das diese allenthalben wissen, was jhnen von der Nothwere zu halten noͤtig, auch was trostes sie darin haben moͤgen etc.
Erstlich aber vnd anfenglich stellen wir hiemit vnsere Supplicationschrifft an die Roͤm. Key. May. vnd bitten auffs aller vnterthenigst, E. K. May. wolten dem Babst vnd seinem anhang keins weges so viel einreumen, das E. Key. May. hoheit vnd gewalt jhnen dienen muͤsse, Christum, den Herrn, zu vertreiben vnd zu verfolgen, sintemal342 ja eben der Christus, vnser aller Gott vnd Herre, Ewer Key. May. zum Keyser dieses loͤblichen Deudschen Reichs erwelet vnd gesetzt hat. Jnn welchem Reich, ob wol Christus selber nur ein Gast343 ist, arm vnd veracht, der hir inn betruͤbtem jammer, elendt vnd eitelem344 hertzeleidt mit seinen Christen sein vnd leben muß,345 so tregt346 er

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doch gleichwol ein hertzlich gefallen an trewlichem Regiment vertrawtes347 Reichs vnd bittet Ewre Key. May. nicht vmb ein stuͤck des Deudtschen Reichs, das ehr noch seiner ehre keins begeret, sondern allein das jhm schutz widderfaren vnd sein Predigt vnuerbotten bleiben moͤge, welchen trewen dienst vnd schutz, so jhm Ewre Key. May. hier in diesem vergencklichem Reich pflegen vnnd leisten wuͤrd, wird Christus am Juͤngsten tage in seinem ewigen Reich E. Key. May. vngezweiffelt vielfeltig vnnd vberschwenglich vergelten vnd bezalen.348 Vnd do Ewre Key. May. ja349 noch nicht verstehen noch begreiffen kan, das sie vns arme Luterischen fuͤr Christen vnd Christi Diener gleubt odder helt, so woͤlle E. Key. May. nach jhrem Christlichen verstand vnd gemuͤte dargegen bedencken, das auch Christus, der Herr, selbst, do er leyden vnnd von den hohen Priestern seinem [[J 1r:] eigen Volck gecreutziget werden solt, nicht fuͤr Gottes Sohn, ja vielmehr fuͤr den ergesten Gotteslesterer vnd auffruͤrer gehalten werden vnd sterben must.350 Wie folgendes denn auch die Apostel vnd alle lieben Merterer nicht anders gehalten vnd von jhrer von Gott geordenter Oberigkeit also schendtlichen getoͤdtet vnd erwuͤrget sindt, wie solchs Christus, der Herr, seiner Kirchen propheceiet hat, das es jhr also gehen werde, Johannis xvj: „Sie werden euch,“ spricht er, „in den Bann thun. Es kumpt aber die zeit, das, wer euch toͤdtet, wird meinen, er thu Gott einen dienst dran“351 etc. Ja eben in diesem spruch wil vns Christus auch leren, was die rechte art der eigenschafft der vermeinten vnd falschen Kirchen ist vnd allezeit sein wird: Nemlich das sie jhre Religion mit der faust (wie jtzt die Roͤmische Kirche thut) fortsetzen vnnd die Leute druͤber toͤdten wird. Die Christliche Kirche aber hat niemandt jhemals mit dem Schwerdt zum Glauben gezwungen. Wie E. Key. May. denn auch beyde, Juͤden vnd Heiden, jhre Religion guͤnnen vnd die nicht daruon zum Babstumb tzwingen.352

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Was haben aber wir armen Lutherischen (wie man vns nennet)353 verschuldet, das vns solche freyheit, bey vnser Religion vnd Bekentnis zu bleiben, so doch den vnchristen verguͤnnet, nicht mag zugelassen werden, die wir doch eben denselben Christum als den einigen Erloͤser, Heilandt vnd seeligmacher der gantzen Welt sampt allen Artickeln des Christlichen Glaubens mit hertzen vnd mundt zugleich sampt E. Key. May. gleuben, lehren vnd bekennen. Vnd ist gar nichts, das vns von Ewer Key. May. Religion vnd Glauben scheidet, außgenomen das E. Key. May. durch falsch eingeben des Babsts vns darumb hasset vnd ver-[J 1v:]dampt, das wir fuͤr eins354 Christo allzuuiel verdienstes vnd ehre zumessen zu vnser erloͤsung, rechtfertigung vnd seeligkeit. Vnd das ander, das wir vns stracks vnd allein an die heilige Schrifft halten, widder odder ohn Gottes Wort keinen Artickel des Glaubens odder Gottesdienst annehmen koͤnnen, da E. Key. May. vns auch darneben vnd viel mehr auff die Bebstliche Tradition denn auff Gottes Wort zwingen wollen. Wir bitten aber, E. Key. May. woltens gnedigst behertzigen, wie schwer vnd vntreglich solchs E. Key. May. sein wuͤrde, wenn E. Key. May., die jha Gottfuͤrchtig vnd auch Christen sein wil, die Christen vnd waren glieder Christi eben in dem vnd darumb, als E. Key. May. selbst zeugen355 muß, vberziehen vnd verfolgen wuͤrde, das sie Christum vnd sein Wort gar zu hoch erheben, zu gross vnnd zu heilig halten, ia wie vbel solchs E. Key. May. am Juͤngsten tag fuͤrm strengen Gerichte Christi bekommen wuͤrde, da E. Key. May. von allen jhren wercken rechenschafft geben vnd jhren lohn, wie sie verdient, entpfahen356 werden.357 Was wir vber das E. Key. May. als vnserer hoͤhesten Weltlichen Obrigkeit zu thun verpflicht, erkennen wir vns nicht allein schuldig, sondern erbieten vns jegen358 E. Key. May. auffs vnterthenigst, so viel vns jmmer muͤglich, als die willigen vnterthanen, vnd gehorsamen, wie wir denn dawidder nye geleret, sondern mit vnser Lehre allezeit vber der Weltlichen Obrigkeit gehalten,359 auch noch stet vnd fest druͤber halten vnd die vnterthanen zum schuldigen gehorsam allezeit reitzen360 vnd vermanen.

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Denn wir mit dem heiligen Apostel Paulo361 stet vnd fest leren, das E. Roͤm. Key. May. vnd alle ordentliche Obrigkeit sein Diener vnd Stadthalter Gottes, zu schuͤtzen vnd handthaben das gute. Lehren [[J 2r:] vnd vermanen auch, das alle vnterthanen solcher Ewer Key. May. von wegen vnd an stadt Gottes vnterthenig vnd gehorsam sein sollen, vnd das nicht allein aus furcht der Weltlichen straffe, sondern viel mehr vmb des gewissens willen, das ist: zu uerhuͤten Gottes vngnade vnd ewige straffen. Vnd wiewol es ja leyder war ist, das wir aller Menschen hertzen mit vnserm Predigen from vnd gehorsam nicht machen koͤnnen, so koͤnnen wir dennoch vermuͤge Goͤtlicher zusage vnd verheissung das zeugen, gut vnd war machen, das vnser Predigen nicht gentzlich vnfruchtbar bey vnsern zuhoͤrern sein werde, wie Esaias am lv. sagt: „Mein wort sol nicht widder zu mir leer kommen“362 etc. Jtem Paulus: „Ewer erbeit wird nicht
e Marginalie am rechten Rand
vergeblich sein im Herrn“363 etc. Darumb vngezweiffelt in vnsern Kirchen viel frommer Christen sein vnd gefunden werden, so sie vnter dem schutz odder verguͤnstigung E. Key. May. bey jhrer Christlichen Religion, dem heiligen Wort Gottes, frey vnuerhindert odder vnuerfolgt bleiben moͤchten, die E. Key. May. alle schuldige vnd Christliche dienste in allem gehorsam vnd trewen ane allen falsch364 aus grund jhres hertzens leisten wuͤrden, nicht so viel vmb jhres nuͤtzes, als aus liebe vnd vmb Ewer Key. May. fommen365 vnd wolfart willen, ja die E. Key. May. vngezweiffelt von hertzen trewer vnd gehorsamer denn viel andere befinden wuͤrde, wiewol Ewer Key. May. dargegen jenen teil als jhre getrewe, willige vnd gehorsame, vns aber Rebellen, wiederspenstige vnd der Obrigkeit vngehorsame irriger meinung helt vnd achtet. Wiewol wir auch ferner aller Menschen hertzen nicht koͤnnen kennen,366 welche recht trew odder vntrew sind, so duͤrffen wir doch gleichwol von gemeiner vn-[J 2v:]ser Stadt handlung mit warheit zeugen, das mit dieser jhrer entsetzung367 in der warheit nichts anders gesucht wird, denn das sie bey der erkanten waren Religion des heiligen vnd allein seeligmachenden Euangelions bleiben vnd gelassen werden moͤcht. Vnd wo solchs gemeiner Stadt von E. Key. May. vermittels Goͤttlicher huͤlff widderfaren koͤnt, so ist ein Erbar Rath mit der gantzen gemeine vnd Buͤrgerschafft dieser Stadt Magdeburgk mit allen schuͤldigen vnd Christlichen diensten auff E. Key. May. befehl als die getrewen vnd gehorsamen vnterthanen alle zeit willig vnd bereit. Wir wollen auch das hiemit fuͤr Gott auff vnser gewissen bezeugt haben: Wenn wir Pfarrhern vnd Prediger dasselbige anligent368 gemeiner Stadt eins Erbarn Radts vnd der Burgerschafft (die Religion betreffendt) so eigentlich369

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selbst nicht wuͤsten vnd selbst noch teglich erfuͤren vnd sehen,370 wolten wir sie nicht allein nicht entschuͤldigen, sondern zum hefftigsten vermanen. Vnd so die blossen vermanungen nicht helffen wolten, so weren wir gesinnet vnd bereit, nach dem befehl Christi371 Radt vnd Gemeine von soͤlcher entsetzung gegen E. Key. May. zu gebuͤrlicher vntergebung mit dem Banne zu treiben. Vnd wo solchs denn noch nicht frucht wirckete, wolten wir, dem andern befehl Christi nach,372 den staub von vnsern fuͤssen abschuͤtteln, vns von dannen machen373 vnd selbst nicht eine stunde in dieser Stadt verharren. Denn wir ja trewlich Leren vnd vermanen auff die Lere Christi, Gotte zu geben, was Gottes ist, vnd dem Keyser, was des Keysers ist,374 ob der auch anderer Religion vnd Glaubens ist, denn wir sein. Diese gehorsam beyde, gegen Gott vnd dem Keyser, das ist: gegen der Weltlichen Obrigkeit, sein nicht widder einander, sonder reichen vielmher einer dem an-[J 3r:]dern die handt vnd koͤnnen mit gutem gewissen beyderseytz ane einigen tumult odder empoͤrung woll vnnd Christlich geleistet werden, wenn sie in jhrem termino praescripto375 bleiben, das ist: das einem jglichen gegeben wirdt, das jhm gebuͤrt; wo es aber auff einer seiten mangelt vnd außgeschritten376 wirdt, kans one grewliche Sunde vnnd schrecklichem tumult vnnd entpoͤrung nicht abgehen, wie denn E. Key. May. bereit377 viel zu weit vberschritten, aus Ewrem, der Roͤmischen Key. May., Reich, Ampt vnnd beuehl in das Reich vnd Ampt Christi zu greiffen angefangen hat. Derwegen auch jtziges vnnd kegenwertiges vnfriedens mit vns vnd mit etlichen andern, vor dieser zeit vnd noch, niemandt schuldt vnd vrsach ist denn E. Key. May., vnd muͤssen frey wie der Prophet Elias zu Achab auch zu Ewer Key.May. jtzundt sagen iij. Regum xviij: „Jch verwirre Jsrael nicht, sonder du vnd deines vaters hauß“378 etc. Vnd die Christen koͤnnen keyne vrsach hierzu geben, indem sie auch bey verlust Goͤttlicher gnad vnd ewiger Seeligkeit nicht duͤrffen noch woͤllen die schuͤldige Ehre, so der ewigen Gottheit allein gebuͤrt, Ewrer Key. May. geben. Demnach bitten vnd flehen wir, Allergnedigster Herr Keyser, Ewre Key. May. vmb des bittern Leidens, Sterbens vnd vmb der Heerlichen Aufferstehung vnsers lieben Herrn Jhesu Christi willen, des Fest vnd Gedechtnuß wir jtzundt zugleich mit E. Key. May. sampt der gantzen Christenheit begehen, feyren vnnd ehren,379 ja wir bitten E. Key. May. hertzlich, auch vmb des gerechten vnd gestrengen gerichts Gottes willen, das E. Key. May. vns, die von Magdeburgk, sampt allen vnschuͤldigen Christen der Keyserlichen Acht benemen380

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vnd in dem, do wir Gott vnd seinem Sohne, E. [J 3v:] Key. May. wie auch vnserm Herrn zugethan vnd verwandt sindt, nicht vberziehen odder ferner verfolgen wolt. Vnd so wir das, wie auch andere, so fuͤr vns bißher vergeblich gebeten, bey E. Key. May. nicht erhalten koͤnten, so werden wir das wider E. Key. May. am Juͤngsten tage fuͤr dem Richter Christo zeugen vnd kleger sein muͤssen, werden auch hie noch sampt allen fromen Christen mit vnserm Gebet, flehen vnd seufftzen solch E. Key. May. vnrecht vnd vorgewaltigung fuͤr Gottes angesicht bringen, dawidder beten vnd schreien muͤssen, welches beydes E. Key. May. entlich noch hie in diesem leben vnd dorth im zukuͤnfftigen gar zu schwer fuͤrfallen381 wuͤrde,382 das vns ja fuͤr E. Key. May. von hertzen leidt were. Es werden auch E. Key. May. viel frommer vnd friedtliebender Christen widder Ewer Key. May. vnerbitliche vnd doch vnrechtmessige verfolgung zu jhrem auffenthalt383 vnnd vnuermeidlicher Nothwere verursachen384 vnd zwingen. Vnd wiewol der handel von der Nothwehre an sich nicht vnrecht, sondern recht ist, so reden wir doch nicht gerne daruon, vmb des willen, das wir leichtlich erachten koͤnnen, das viel boͤser Leut, auch vnter den Christen, etwan385 jhres Gottlosen vnd vnchristlichen fuͤrhabens diesen schein einer Nothwere suchen vnd vorgeben moͤchten, das auch fromme vnd ware Christen, weil sie fleisch vnnd blut haben vnd dardurch auch mit vngedult vnd rachgir wider vnrecht leichtlich angefochten werden, solches schutzes der Nothwehre vnzeitig, da vnd wie sich nach Gottes Wort nicht gebuͤrete, vbel mißbrauchen koͤndten. Derwegen, wie wir denn sehr wol wissen, die fuͤrnemesten Theologen vor vns in diesem handel (die Not-[J 4r:]wehr belangent) sehr fuͤrsichtig gewesen, langsam vnd sparsam daruon pronuncirt,386 da es auch noch vmb die zeit war, das nicht viel dran gelegen, sondern gut war, das der handel vielen Leuten, sonderlich den fuͤrwitzigen, nicht kuͤndig were, den so eben zu wissen. Nu aber ists eine andere zeit vnd gelegenheit, da etlich orenbleser387 vnd Achitopheles388 E. Key. May. verhetzen, das sie jtzundt solle vnd leichtlich koͤnne, wenn sie vns Magdeburger zuuorn herunter vnnd mit gewalt zwungen habe, diese gantze Lehre sampt jhren verwanten389 durchaus vertilgen, wie solchs alle verstendigen sagen vnd zeugen muͤssen, das solchs an odder mit vns gesucht vnd gemeinet werde. Vnd wiewol sie sich zu solchem jhren Gottlosen vnnd blutduͤrstigem fuͤrnehmen auff E. Key. May. macht gar weidlich390 verlassen, so vermeinen sie doch auch nicht allein mit Ewer Key. May. grossem gewalt, sonder auch mit dem Titel vnd namen der Obersten Obrigkeit die fromen Christen vnd alle

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Welt zu schrecken, als wolt vnd wuͤrdt Gott vom Himmel selbst straffen, wenn sich jemandt widder E. Key. May. odder anderer Obrigkeit auch vnrechten gewalt auffenthalten391 wolte. Vnd ist in Summa darumb zu thuen, auff das sie also mit vorgewandtem schein vnd Titel E. Key. May. als der hoͤhesten, von Gott verordenten Obrigkeit muͤchten deste fuͤglicher vnd bequemer den Grewel der verwuͤstung, den Antichrist zu Rhom, in die Kirche vnd Tempel Gottes widder einsetzen,392 vnd die es nicht willigen noch annemen wollen, veriagen vnd toͤdten. Gleich wie zur zeit der Machabeer Antiochus gethan hat, do er die Kirch vnnd Gottes Volck on sondere grosse muͤhe tilgen wolt, grieff er sie am Sabbath an, do die Juͤden es fuͤr vnrecht (das es doch nicht war) [J 4v:] achteten, wenn sie sich am Sabbath jhrer Feinde mit der faust entsetzen solten.393 Vnd wuͤrget also Antiochus der Tyran erbermlich viel frommer Juͤden, die sich am Sabbath gewissens halben nicht wehren wolten, in hoffnung, durch solche gelegenheit weyter das gantze Juͤdische Volck, das vber dem rechten Gottesdienst hielt, ermorden vnd vmbzubringen. Vnd geschach solchs alles, den waren Gottesdienst zu tilgen vnd auszurotten vnd seine Heidnische Religion an die stedte seines gefallens einzusetzen vnd auffzurichten, auff das allenthalben in aller Welt einerley Religion were, welche gleicheit jhm zu erhaltung vnnd weyterung seiner Tyranney dienstlich sein moͤchte.394 Aber wie zu der Machabeer zeit der from vnd Heilige Priester Matathias die frommen Gottfuͤrchtigen Juͤden vnterrichtete vnd ledigte395 von dem falschen wahn396 odder verunheiligung des Sabbats – „Wollen wir,“ sprach er, „alle thun wie vnsere Bruͤder vnd vns nicht wehren widder die Heiden, vnser Leben vnd Gesetz zu erretten, so haben sie vns leichtlich gantz vertilget.“397 – also wils vnser standt, ampt vnd in gleichem fall die vorstehende grosse noth vnd ferligkeit vnser vnd der gantzen Kirchen erfordern, das wir der frommen Christen hertzen auch von dem grewlichen, doch vergeblichen vnnd vermeinten schrecken entledigen, vnterweysen vnd troͤsten, das man den vnsern furwirfft, man dorffe sich widder der Obrigkeit auch vnrechtem grossen gewaldt nicht wehren odder auffenthalten. Muͤssen, sollen vnd woͤllen derhalben die vnsern vnd alle Christen getrewlichen Lehren, vermanen vnd anhalten, das gleich wie jene Juͤden vnd Machabeer vber dem Gesetz Gottes Auch diese vber der waren Religion, dem Euangelio Christi, hertzlich eiuern vnd das sie fuͤr das Testament vnsers Got-[K 1r:]tes, dasselbige bey vns vnnd vnseren nachkommen zu erhalten, auch mit leib vnd leben fechten, kempffen vnnd streiten sollen, auff vertrawen Goͤttlicher gnade, ob Got auff vnserer seiten wie bey den Machabeern mit gluͤck vnd seeligem siege, wie wir denn bitten vnnd hoffen, sein wolt vnnd seiner Kirchen ein gnediges auskommen398 geben. Wo aber Hans vnuernunfft399 (wie er allezeit pflegt) diesen vnsern waren, Goͤttlichen bericht, den wir thun von der notwehre oder auffenthalt einer vntern Obrigkeit gegen der Obern, sonderlich so die Gott, sein Wort vnd die ware Kirche zu uͤbertziehen, tilgen vnd ausrotten willens, mißbrauchen wuͤrde, daraus den Papisten widderumb ein vngluͤck odder verterben moͤchte erfolgen, so duͤrffen sie das hernach dem Euangelio odder vns nicht schult geben, sondern jhnen selbst. Denn, wie auch oben gesagt, wir von hertzen gern diese rechtschaffene, ware meinung von der Notwehre noch inne behalten400 hetten wollen, wie wir so langen biß hieher gethan, wo wir nicht durch vorstehende vnchristliche verfolgung genotdrenget401 wuͤrden, mit dieser vnser schrifft mehr darauff zu sehen, wie das Heilige Euangelium vnd die armen vnschuͤldigen Christen fuͤr solcher verfolgung dennoch etlichermassen bleiben muͤgen, denn auff das kuͤnfftig der Papisten verterben, darnach sie muthwillig vnd freuentlich402 selbst ringen. Derhalben, so sagen wir nu noch wie zuuor vermuͤge Gottes Worts klerlich vnd deutlich, welche meinung ein jeder recht verstehen, fassen vnd brauchen wolle: So ein hoͤhere Obrigkeit sich mit gewalt vnterstehet, des Pabsts abgoͤtterey widder einzusetzen, die reine lehr des heiligen Euangelij vnd diejenigen, so demselbigen zugethan sein, zu uerdruͤcken odder zu uertilgen, wie denn [K 1v:] solchs itzundt mit vns vnd andern mher geschicht, nicht allein widder Goͤttlich, sondern auch widder die geschriebene eigen rechte, vnangesehen das man andere schein vnd namen fuͤrgibt, so kan vnnd sol eine Vntere Gottfuͤrchtige Obrigkeit sich sampt den jhren, vber welche sie gesetzt ist, widder solchen vnrechten gewalt schuͤtzen vnd auffhalten, auffs beste sie kan,403 rechte lehr vnd Gottesdienst, Leib vnd leben, gutt vnd ehre bewaren. Solchs mit warheit zu beweisen, wollen wir etliche vrsachen, so andere zuuor gnugsam dargethan, bleiben lassen vnnd jtzundt noch drey starcke gruͤnde legen, welche auch vnsers verhoffens leichtlich vnd nuͤtz werden zu uerstehen sein.

Das erste Argument.

Die Obrigkeit ist ein ordnung Gottes, das gute zu ehren vnd zu straffen das boͤse, Romano xiij.404 Derhalben wenn die Obrigkeit anhebt, das gute zu uerfolgen vnd das boͤse zu fodern,405 so ist sie nicht mehr (in dem, das sie also handelt vnd thut) ein ordnung Gottes, sondern ein ordnung des Teuffels. Vnd

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wer solchem boͤsen fuͤrhaben widderstehet, der widderstehet nicht der ordnung Gottes, sondern der ordnung des Teuffels. Der aber widerstehet, der sehe drauff, das ers thue in vnd durch seinen rechten beruff. So ist nu der negste beruff der andern Obrigkeit, die da hoͤher oder ja gleich ist der Obrigkeit, so gewalt vbet, oder ist der Obrigkeit, so gewald leidet, welche auch ist eine ordnung Gottes durch die hohe Obrigkeit, das sie sol das gute foddern vnd das boͤse straffen, jhre vnterthanen nach dem befehl Gottes schuͤtzen vnd hanthaben.406 Welche ordnung vnd befehl Gottes wie die [K 2r:] hohe Obrigkeit in jhr selber nicht endern kan, also kan sie es auch nicht thun in einer andern vnnd erleuben, das gute zu uerfolgen vnd das boͤse zu foddern, so wenig als sie kan das Goͤttliche Recht vnnd auch das Recht der natur endern. Weyter wenn die hohe Obrigkeit absetzet die Vntere Obrigkeit, die nicht im boͤsen folgen wil, vnd eine andere bestetigte, die es gerne thut, ehret vnd fordert also das boͤse, verunehret vnd zerstoͤret das gute, so ist sie eben in diesem absetzen nicht ein ordnung Gottes, sondern ein ordnung des Teuffels, vnd ist solche absetzung der guten Obrigkeit vntuͤchtig407 fuͤr Gott, vnd die Obrigkeit, so also gleich abgesetzt ist,408 bleibt fuͤr Gott noch schuͤldig, das sie jhr ampt aussrichte bey den jhren, das ist: das sie das gute handthabe vnd das boͤse straffe inn einem jglichen, ders verdienet, auch an einem Obern, wie denn Paulus redet Indefinite, vnnd niemandt außschleusset, ja er macht aus einem Obern, so er zum Tyrannen worden, ein ordnung des Teuffels. Wo sichs aber zutregt, das aus der Vntern Obrigkeit die groͤsten vnd meisten allhie seumig sein vnd jhr ampt vnterlassen, so suͤndigen sie zwar schwerlich. Aber solch jhr Exempel entschuͤldiget odder beschweret fuͤr Gott die andern geringe vnd wenige Obrigkeit nicht, sondern ein jglicher sol nachmals wie vor in seinem stande vnd an seinem ort fleissig sein, das zu thun, was einer fromen Obrigkeit wol anstehet. Hie mus man auch achtung geben auff die gradus odder vnterscheid der Suͤnden vnnd des vnrechten odder gewalt, so die Obrigkeit vbet, welche nicht allweg gleich ist, darumb jhr auch nicht alleweg odder gleicher weise sol widderstanden werden, auff das nicht aus einem kleinen schaden odder zerruͤttung andere groͤssere entstehen.

[K 2v:] Primus gradus iniuriarum. Der erste Grad vnrechtes Gewalts.

Zum Ersten, wie alle Menschen, also hat auch die Obrigkeit von wegen menschlicher gebrechlickeit409 jhre laster vnd Suͤnde, das sie offt wissentlich oder auch muthwilliglich410 vnrecht thut in geringen vnd liederlichen411 sachen.

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Jn diesem stuͤck wollen wir nicht, das sich die vnter Obrigkeit mit gewalt sol aufflegen412 widder die hohe Obrigkeit, mit oͤffentlicher gewalt zu widderstehen. Das sie aber vnterdes jhr ampt thut, die hohe Obrigkeit zu uermanen, von solchem jhrem fuͤrnemen abzustehen, das koͤnnen sie wol thun, ja sie sindts auch schuldig. Wenn sie aber also ja nicht kan friede haben, so sol sie solchen gewalt, so ferne es mit gutem gewissen one Suͤnde gescheen kan, mit gedult tragen, ehe denn sie wolte mit gewalt wider die hohe Obrigkeit sich aufflegen. Hieher gehoͤrt, das S. Petrus sagt j.Petri.ij.: „Jhr Knechte, seidt vnterthan mit aller furcht den Herrn, nicht allein den guͤtigen vnnd gelinden, sondern auch den wuͤnderlichen“413 etc. Jtem hieher gehoͤrt auch, das geschrieben stehet im andern Buch Mosi Cap.xxij.: „Du solt dem Obersten deines volcks nicht fluchen.“414 Vnd sollen also mit Ehrerbietung vnd sanfftem gemuͤt jhrer Oberherrn schande, wie Sem vnd Japhet jhrem Vater Noah thaten,415 zudecken vnd hie lieber gewalt leiden denn sich wehren oder vbel dauon reden.

[K 3r:] Secundus gradus. Der ander Grad.

Die ander vnterscheidt ist, wenn die Obrigkeit grosse vnd oͤffentliche gewalt vnnd vnrecht thut jhren vnterthanen, als wenn ein Fuͤrst einer Stadt, der Keyser einen Fuͤrsten vnschuͤldiglich mit vnrechtem Krieg vberzuͤg416 widder sein eigen eydes pflicht vnd recht vnnd wolt jhm also nehmen sein leib vnd leben, sein Weib vnd Kindt, seine freyheiten odder auch sein Landt vnd Leute, welche er erblich vnnd mit rechte bekommen. Jn diesem fall, wie wir niemandt wollen heissen, das er sich als aus Gottes befehl gedrungen wehren muͤste vnnd seines rechts gebrauchen, also wollen wir auch niemandt ein gewissen druͤber machen, wenn ers gleich thet. Denn er ist ein Obrigkeit, derhalben mag er des rechten der Obrigkeit gebrauchen, sonderlich weil er von nothwegen sich zu wehren wirdt getrieben. Wiewol wir auch inn diesem stuͤck lieber wollen, das hie eine Christliche Obrigkeit bereidt sey, solchen gewaldt zu leiden vnnd Gott die rache befehlen,417 sonderlich wenn es jhre Person alleine oder andere wenig Leute betrifft, vnd das es auch kan mit gutem gewissen geduldet werden.

Tertius Gradus. Der dritte Grad.

Hie wollen wir nu die dritte vnterscheidt machen der gewalt, so zuweilen die hohe Obrigkeit an den nidrigen vbet, als wenn die vnder Obrigkeit von der hohen Obrigkeit zu gewissen Suͤnden [K 3v:] wirdt gezwungen vnd solch vnrecht nicht one Suͤnde kan leiden, wenn sie liesse anstehen die kegenwehre, darumb sie auch das Schwerdt tregt. Aber hir mus man darauff vleissig ach

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tung geben, das nicht etwan in der Nothwehre widder oͤffentliche gewalt vbertreten werden etliche hoͤhere Gesetz odder Gebot Gottes, welche die Nothwehre aller erst vnrecht vnd das leiden noͤtig macheten. Vnd in diesen zweien negsten418 iniurien, so die Oberherrn schuldigk befunden werden, heissen sie denn vnd sind Tyrannen.

Quartus Gradus. Der vierde Grad.

Der vierde vnd hoͤheste Grad der iniurien, so die Obrigkeit vben kan, ist etwas mehr denn Tyrannisch, nemlich wenn die Tyrannen also toll419 vnd rasend420 werden, das sie mit waffen vnd krieg anheben zu uerfolgen nicht allein die Personen der vndern Obrigkeit vnnd der vnterthanen in einer rechten sachen, sondern auch in den personen das hoͤchste vnnd noͤtigste Recht vnd gleich421 vnsern Herrn Gott selbst, der ein stiffter ist desselbigen Rechten, vnd solches nicht etwa aus gebrechlickeit422 , das einen der zorn moͤcht vbereilen, sondern mit wolbedachten muth vnnd rath,423 des vorhabens,424 bey allen nachkommen das recht zu uertilgen. Wenn einer so tieff felt, vnnd wenn ers gleich thut aus vnwissenheit vnd ist gleich der oͤberste Regent, so ist er nicht allein ein Beerwolff425 (welchen Lutherus in dieser disputation426 einen Tyrannen vergleichet), sondern ist der Teuffel selbst, der da in eigener person nicht groͤber noch schendlicher suͤndigen kan, allein das ehrs thut mehr wissent-[K 4r:]lich, vnd das ist das rechte wesen, ja die gestalt vnd gleich die wirckung des Regiments im Reich des Teuffels. Wie nu der Teuffel mit solchem seinem Regiment gerne wolte außtilgen alle rechte erkentnis Gottes, seines willens vnd seiner verheissungen, also erwelt er jhm aus dem gantzen Menschlichen geschlecht bequeme427 instrument vnnd werckzeug, die jhm in solchem seinen fuͤrnemen trewlich dienen. Fuͤrnemlich aber arbeitet er dahin, das er fuͤr428 andern stuͤcken429 Goͤtlicher Lehr diejenigen außtilgen moͤge, da Gott seine ehre vnnd dem gantzen Menschlichen geschlecht jhre seeligkeit fuͤrnemlich an gelegen ist,430 vnd mit demselbigen also die gantze Christliche Kirche. Vnd damit ehr solchs dester mehr enden

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koͤnne, versucht er sich431 gemeiniglich zu solchem werck zu brauchen die gewaltigsten potentaten, beide: im Geistlichen vnnd Weltlichen Regiment, wie er denn zur zeit der Propheten vnd Apostel gethan, also thut ehrs jtzund auch. Wenn denn nu ein Fuͤrst odder Keyser in dem allein, was das Natuͤrliche Recht betrifft, dadurch diß zeitliche leben regiert vnnd erhalten wirdt, so vnbedachtsam vnd so gar rasend wuͤrde, das er auffhuͤbe das Gesetz vom Ehestandt vnd aller zucht Vnd richtet dargegen auff ein ander Gesetz, dem ersten gantz vnnd gar entgegen, darinnen er zuliesse allerley schand vnnd vnzucht, erleubet allen mutwillen boͤsen buben,432 ehrlicher leute zuͤchtige Ehefrawen vnd toͤchter zu schanden zu machen,433 wolte auch noch vber solchem schendtlichen Gesetze mit gewalt vnd mit dem schwert halten, also das auch alle denjenigen, so dem vnbilligen Gebot nicht wolten stat geben, die geferlickeit434 des todes daraus entstuͤnde – Wie denn nu hie in diesem fall kein vernuͤnfftiger mensch wuͤrde anders sagen werden,435 denn das es nach Goͤttlichem [K 4v:] Recht vnnd befehl wolgethan were, das einem solchen Fuͤrsten odder oͤbersten Regenten in solchem vnbillichem fuͤrhaben auch die aller geringesten vnnd schwechesten Regenten wereten, so viel sie kuͤnten, also kan auch niemand tzweiffeln, er were denn gar Gottloß odder eine Epicurische vnd Saduceische436 saw, das solchs viel mehr recht vnd noͤtig sein wolle in den hoͤchsten stuͤcken Goͤttlicher erkentniß, daran Gottes ehre vnnd eines jglichen seelen heil vnnd ewige seeligkeit dermassen gelegen, das sie ohn dasselbige gar nicht bestehen koͤnnen. Solchs aber geschicht jtzundt von vnsern Obern, das sie mit gewalt beyde, in vns vnd in all vnsern nachkomen, tilgen wollen das rechte erkentnis Gottes, ohn welches Gott nicht kan geehret, auch kein Mensch seelig werden. Ja sie wollens noch fuͤr recht haben vnd in aller Menschen hertzen pflantzen falsche vnd Gotteslesterische Lehr von Gott, des Antichrists vnd des Teuffels Reich auffrichten vnd das Reich Christi zerstoͤren, wie solchs alles aus jhren eigenen worten vnd wercken so klar vnd helle am tage ist als die liebe Sonne. So ist auch noch newlich etlichen ansehenlichen437 Legaten eine solche antwort gefallen,438 Key.May. koͤnte nicht ohne versehung jhrer eydespflichten, wolte auch nicht, vnd wens jhrer May. Bruder were, jemandt etwas erlassen von dem gemeinen beschlus der Stende des Reichs, zu Augspurgk im INTERIM geschehen.439 Daraus denn ein jglicher leichtlich kan ermessen, was nicht allein wir, sondern auch andere, die bey dem Goͤttlichen Wort gedencken bestendig zu uerharren, zu gewarten haben. Kan auch ferner hiraus abnemen, was die vrsach sey, warumb wir von Magdeburgk in der Acht sein vnnd mit Keyserlicher

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May. bißher nicht haben koͤnnen versoͤnet werden odder zu gnaden komen. [L 1r:] Wir wollen auch aus dieser gantzen erzelung einem jglichem frommen vnd verstendigen Christen heimgestelt haben, selbst zu bedencken, was inn diesem kegenwertigen handel vnd gefehrligkeit beide, vnser Obrigkeit allhie, auch allen andern an andern oͤrtern, groͤssern vnd geringern, zu thun wil gebuͤren, desgleichen, was auff beyden seyten einem jglichem, der zu diesem Krieg gefordert moͤcht werden, wil gegen Gott zu verantworten sein, wen, was vnnd mit was gewissen jhene vns verfolgen, wir auch sampt andern Christen jhnen getrost widderstehen koͤnnen. Dieser erster grundt zu beweisung der Nothwehre ist genomen aus klarem Gotteswort vnd aus dem vnwandelbaren Gesetz der Natur, ist auch das fuͤrnemeste argument in dieser disputation vnd ist die vnleugbare warheit. Welches so man recht wolt ausstreichen440 vnd bedencken, wuͤrde man sehen, was fuͤr ein grewliche, schreckliche Suͤnde vnser widderwertigen441 begehen. Wie auch die vnsern vnnd andere, so sich jhrer noth halben widder sie wehren, nicht allein recht, sondern auch ein besunders werck thun, als eines Goͤttlichen eiuers vmb die ehre Gottes. Deshalben sie auch jhre belonung haben werden kuͤnfftig im ewigen leben, vnnd haben noch allhie leiblich zu hoffen, das es werde einen guten außgang gewinnen mit vns, wie denen, die vmb Gottes Worts willen eiuern, gebuͤret.

Das Ander Argument.

Christus Matth. xxij.442 bestetiget es durch ein starck ja vnnd setzet es beides zusamen, das man dem Keyser soll geben, was des Keysers ist, vnd darneben auch Gotte, was Gottes ist. So folget [L 1v:] daraus ein gewaltiges Nein, Negatiua copulatiue, wie man denn siehet, das in den Zehen Geboten Gottes geschicht, wo die Suͤnde verboten werden, so verstehet man alle zeit die guten werck, so inn den Zehen Geboten gefordert werden.443 Derhalben aus krafft dieses Gebots volget zum Ersten, das man dem Keyser nicht sol geben, was Gottes ist, wie denn die Apostel eine Regel vnd Gebot geben: „Man mus Gotte mehr gehorchen denn den Menschen.“444 Die nu der Obrigkeit versagen den gehorsam inn dem, was widder Gott ist, suͤndigen widder jhre May. nicht, muͤgen auch nicht als Rebellen, widderspenstige vnd halstarrige Leute gescholten werden, wie Daniel
f Marginalie am rechten Rand
zum Koͤnige Dario saget: „Vnnd wider dich, Herr Koͤnig, habe ich auch nicht boͤses gethan.“445 Vnnd solchs aus zweyerley vrsachen: Erstlich darumb, denn die Obrigkeit fordert solchen vnbillichen gehorsam nicht als eine Obrigkeit, von Got verordent, sondern als menschen, die in dem keine gewalt haben vber andere Leute, nach

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Gottes Wort,446 welche vrsach die Apostel auch mit jhrem spruch,447 wie es scheinet, haben wollen anzeigen. Zum andern: Ob sie gleich eine rechte Obrigkeit bliebe, jedoch wie es in Weltlichen sachen vnnd Regimenten zugehet, das die Gesetze der nidrigen Obrigkeit den Gesetzen der hohen Obrigkeit muͤssen weichen, also sollen vnd muͤssen auch die Gesetz der Menschen weichen den Geboten vnsers Herrn Gottes. Zum andern, wie Christus nicht will, das man dem Keyser gebe, was Gottes ist, so will er auch nicht, das man jhm gebe das, was der andern ist vnnd nicht sein ist, wider nach Goͤttlichem Recht noch nach Keyserlichen Rechten. Als wenn der Keyser von mir fodert mein odder eines andern leben, die ehre meines weibs [L 2r:] odder tochter, mein gutt etc., so bin ichs nicht schuͤldig, jhm zu lassen.448 Also wolte Naboth nicht dem Koͤnige Achab
g Marginalie am rechten Rand
auch vmb geldt seinen weinberck verkeuffen.449 Der heilige Ambrosius wolte auch nicht auff den
h Marginalie am rechten Rand
befehl der Keyserinnen Justine den Arianern die Kirche einreumen.450 Laurentius wolte nicht den schatz der Kirchen
i Marginalie am rechten Rand
dem Decio folgen lassen.451 Vnd wolt Gott, das beide, Regenten vnnd vnterthanen, dis Recht oder Exempel fleissig betrachten, wenn vnd wo es vonnoͤten were. Zum dritten, wie Christus zusammen setzet, das man solle dem Keyser geben, was des Keysers ist, vnnd Gott, was Gottes ist, vnd einem jglichem, was sein ist, also wenn der Keyser das seyne fordert, das man jhm schuͤldig ist, vnd neben dem auch haben will vnnd jhm folgete, was Gottes oder anderer ist, das man ohne Suͤnde nicht thun kan, so folget daraus, das man dem Keiser in solchem fal nicht geben sol, auch das man jhm schuͤldig ist, sofern solcher gehorsam Gott oder andern nimpt dasjenige, das jhr ist vnnd dem Keyser nicht gebuͤret. Ein Exempel wollen wir nemen von einem Hausvater, wenn der keme zu seinem Weibe vnnd Toͤchtern vnd broͤchte mit sich lose452 buben, der meinung, sein Weib vnd Kindt frey453 schenden zu lassen. Hie sollen beyde, fraw vnd Toͤchter, wenn sie solchs wissen, denselbigen jhren Mann vnd Vater nicht allein nicht einlassen, welchen gehorsam sie jhm sonsten schuldig weren, sondern wenn sie jhre Ehre sonst fuͤr jhm nicht retten koͤnnen, sollen sie auch mit steynen auff jhn werffen vnnd abtreiben.454 Also auch hie, wenn der Keyser, so man jhn ein-[L 2v:]liesse in eine Stat, wil rechte Christliche Religion vertilgen, frome lewte erwuͤrgen oder ins elend vertreiben. Jn diesem fall, wie ein Obrigkeit derselbigen Stat Gotte vnd jhren

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buͤrgern aus Gottes befehl schuͤldig ist, dieselbigen widder solchen gewalt zu schuͤtzen, also ist sie auch schuͤldig, den Keyser itzund nicht einzulassen nach der Regel Christi, das man auch die schuͤldige pflicht, welche one Suͤnde widder Gott vnd andere Menschen nicht geleistet werden koͤnnen, niemandt leisten solle, widder Eltern noch Obrigkeit. Zum vierden: der spruch Christi „Gebet dem Keyser, was des Keysers ist, vnd Gotte, was Gottes ist“ vnterwirfft alle Menschen dem Keyser vnnd den Keyser selbs Gotte vnnd wil, das die hohe gewaldt vnter den Menschen, als da ist des Keysers fuͤrnemlich, Gotte diene vnd darauff sehe mit seinem ampt, das gleich wie ehr, also auch seine vnterthanen, Gott geben, was Gottes ist nach seinem Wort, vnd das diejenigen, so das widderspiel thun, gestrafft werden. Denn das solchs das fuͤrnemeste vnd hoͤheste ampt sey einer Christlichen Obrigkeit vnd sonderlich des Obersten heupts als des Keysers, wiewol es hie auch mit etwas tunckel angeben wirdt, so ist es aber an andern oͤrtern klarer vnd weitleufftiger mit Gottes Wort vnnd Exempeln aus heiliger Schrifft von andern Lerern genugsam dargethan vnnd erwiesen. Wenn denn derhalben die hoͤheste Obrigkeit selbst Gotte nicht alleine nicht geben wil, was Gott gehoͤrt vnd Gottes ist, sondern nimpt auch von andern Leuten das, was Gottes ist, nemlich die ehre, damit die Menschen Gott ehren solten, wil auch solchs jhr fuͤrnemen als billich vnnd recht mit dem Schwert verteidingen, so mus damit bey den Leuten die Goͤttliche ehre noch [L 3r:] nicht gantz auffgehaben sein vnd bleibt gleichwol auch noch vnter den Menschen solche von Gott geordente gewalt, Gotte, sein Wort, rechte Gottesdienste vnd gebuͤrliche Goͤttliche Ehre zu foddern,455 zu uorteidigen vnd daruͤber zu halten. Vnd gleich wie Fuͤrsten vnnd andere Stende des Reichs, wenn der Keyser gestorben ist, gleichwol dieselben Stende bleiben vnd ein jeder seins beruffs vnd standes, seiner rechtmessigen macht vnnd gewalt, so jederm vertrawet, sich anmassen456 sol vnd jhm auch ernstlich zu thun von Gott beuolen ist, als nemlich den Gottslesterern vnd allen, so mit gewalt auch andere zu Gottslesterung vorursachen vnnd noͤtigen wollen, zu wehren, zu straffen vnd von jhren vnterthanen abzutreiben, also vnd eben nach demselben beruff haben sie recht vnnd sind schuͤldig, auch dem Keyser selbs in solchen Suͤnden vnd fuͤrnemen zu weren, darin er nicht allein ausser, sondern stracks widder sein ampt thut, nicht aus Gottes, sondern aus des Teuffels ordnung vnd befehl, wie droben aus S. Paul genugsam beweiset ist. Vnd eben hieher gehoͤrt, das Gott selbst durch den Propheten Dauid sagt Psalm. lxxxij. „Jch habe wol gesagt, jhr seid Goͤtter vnd allzumall kinder des Hoͤhesten, aber jhr werdet sterben wie Menschen vnd wie ein Tyran zu grund gehen.“457 Das heist so viel gesagt: „Wenn jhr Fuͤrsten vnd Herrn meine, die Goͤttliche, Ordnung vberschreiten vnd an ewrem Stand vnd Ampt, welchs ich, ewer Gott, selbst euch andern Leuthen, ewren vnterthanen, getrewlich fuͤr

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zustehen, befohlen habe, das jhr an meiner, das ist: an Gottes, stat sollet das boͤse straffen vnd das gute schuͤtzen vnnd handhaben, selbs bruͤchig458 das boͤse foͤrdern vnd das gute hindern vnnd verfolgen werdet, so solt jhr ebensowol mit der straffe, [L 3v:] damit alle andere dergleichen boͤse buben gestrafft werden, von mir, ewrem Gott, selbst vnd von andern, denen ich solche straffe zu vben befohlen habe.459

Das dritte Argument.

So Gott die hoͤheste Obrigkeit, wenn sie zu Tyrannen wird, wolte gantz vnnd gar vngehindert oder vngestrafft von Menschen als jhren vnterthanen haben, wie wuͤrde sich nur daraus viel vngereimets dings460 vnd stracks widder Gottes wort schliessen?461 Sonderlich vnd am Ersten wuͤrde daraus folgen, das Gott mit dieser ordnung, damit ehr die Obrigkeit eingesatzt vnd also vnuerhindert zu lassen befohlen hette, selbst das boͤse schuͤtzete, ja ehrete vnnd foͤrderte vnd dargegen hinderte vnnd gleichsam wehrete dem guten. Wuͤrde weiter folgen, das Gott widder sich selbst in seinem hertzen vnd in dieser seiner ordnung were Vnnd das er mit dieser ordnung, die er dem Menschlichem geschlecht zu gutt hatt machen wollen, mehr schadens denn gutes gestifftet hette. Diß alles ist so klar, das es kein vernuͤnfftiger Mensch nicht leugnen kan. Denn so Gott die hoͤchste oͤbrigkeit, wenn sie schon zu Tyrannen wird, also gar vnuerhindert oder vnuersehrt haben wil durch sein selbs462 Ordnung vnd Gebott, das jhr derselbigen Gottes Ordnung vnnd Gebots halben niemands wehren, noch sich widder jhr Tyranney schuͤtzen darff, so moͤchte ein solche hohe Obrigkeit jtzund woll Gottes vnnd der Menschen halben die Welt vmbkeren oder doch daran thun, so viel sie kuͤnte vnd wolte. Da hette Gott jederman sein gewissen gefangengenomen, das niemand die hand anlegen doͤrffte, wenn ehr gleich koͤnt weren vnnd retten [L 4r:] vnd jhr die Obrigkeit, der Tyran, gleichwol nicht anders denn mit gewalt wehren wolt lassen. Es were auch jederman getzwungen durch Gottes Gebott, leib vnnd leben, Weib vnnd Kind, gutt vnnd blut zu sterckung der Tyranney darzugeben, wenns der Tyran forderte vnnd haben wolt. Niemand wuͤrde auff sein begern mehr recht thun duͤrffen, oder die noch recht thun wolten, muͤsten alle sterben. Wuͤrde beide, Gottesfurcht vnnd erbarkeit, Kirch vnnd Policey,463 durch ein einigen Menschen, den Gott gleich also darzu gestercket mit dem, das er jhm zu wehren auff allen seiten verwaret hette, auff ein mal vntergehen. Dergestalt will Gott das boͤse vnnd wils auch nicht, zerstoͤret vnnd bawt es zugleich mit einerley Ordnung vnnd Gebot, nemlich damit, das er die Obrigkeit geordent hatt, vnd will sie auch in jhrem boͤsen fuͤrnemen von den vntern vngehindert haben? So ist auch nichts leichtlichers, denn das ein armer, suͤndiger Mensch grosses

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gewalts vnd freyheit, welche Gott gleich zum guten verliehen hatt, gebrauche zum boͤsen. Vnd ist dem Teuffel ein geringes, ein solchen Menschen, der vorhin464 seiner natur halben gebrechlich, ferner anzutreiben vnnd auch gar ein Teuffel aus jhm zu machen. Weil auch dem Teuffel nichts zutreglichers sein konte, sein Reich, welchs ist ein Reich der Suͤnden vnd des Tods, zu stercken, denn das er der leute gewissen mit Gottes Wort vnd dasselbige nach Gottes meinung selbs fienge, damit das jhm niemand wehren duͤrffte, wenn ehr sein werck mitt aller macht triebe vnd ausrichtete durch den dienst, der von Gott geordenten hoͤchsten oder vntern Obrigkeit, so ist aus diesem allem gantz klar vnd offenbar: Wenn ein hohe Obrigkeit toll vnnd toͤricht, ein Tyran oder Teuffel wuͤrde, das Gott mit [L 4v:] seiner selbs eigen Ordnung vnnd Gebott dasjenige, was gleich gutts inn dieser ordnung vnnd Gebot ist, zugleich auch widder mit zunichte gemacht hette. Vnnd das er sein Wort, Kirch, Recht vnnd alle tugent gleich verraten vnd verkaufft hette, dadurch ers hatt wollen erhalten, vnd hette damit alle, fuͤrnemlich die frommen, dem Teuffel vnnd seinen Tyrannen gleich recht auff die fleischbanck 465 geopffert. Wie nu derhalben das eine lesterliche rede ist, welche der Teuffel selbst redet durch den Babst inn seinen Geistlichen rechten, das jhm niemandt einreden duͤrffe, schweig denn wehren, wenn er gleich wissentlich viel tausent Seelen verfuͤhrete inn abgrund der Hellen,466 mit welcher schrecklichen luͤgen der Teuffel gleichwol die tyranney seines Antichrists ghar weidlich gestercket hat, also haben wir jtzund leichtlich zu uernemen aus oberzalten467 gruͤndlichen vrsachen, das dieser wahn (nemlich das sich ein vnter Christliche Obrigkeit gegen der hoͤhern vnrechten groͤsten gewalt ghar nicht wehren oder auffenthalten468 darff) nicht allein ein falscher wahn, sondern ein rechter Teuffelsgryff469 ist, eben zu dieser zeit am allermeisten dahin gerichtet, damit er das arme, kleine schwache heufflein, so noch vberig ist von den bekennern Christi, vollendts auch tilge, des Antichrists vnnd sein Reich on alle hinderung vnnd grosse muͤhe widder auffrichte. Vnnd hindert zum entlichen beschlus dieser Lere vnnd meinung von der Nothwehre nichts vberall470 die gegenrede, so etliche hie thun, das Gott selbs den Tyrannen, wie ehr vormahls gethan, also noch steuren vnnd wehren koͤnne vnd werde, die sein heiliges Wort vnnd Kirche also jemerlich verfolgen. Jtem Das mehr [M 1r:] fuͤrgeben wird, Christi Reich, welchs ein Geistlich Reich ist, koͤnne nicht mit Weltlichem gewalt regirt, geschuͤtzt, noch erhalten werden.471

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Jtem das die Christen leiden sollen.472 Hierauff ist dis vnser einfeltige kurtze vnd ware antwort: Von der ersten einrede wissen wir, das Gott die Tyrannen allzeit selbs gestraffet hat vnnd gestuͤrtzt, auch noch ferner gewis straffen wird, des werden sie jhm nicht zu hoch, weise noch gewaltig sein vnnd der straffe entgehen koͤnnen. Vber das aber, das er sie zuweilen selbs straffet on Menschenzuthun, als mit grossen schweren kranckheiten,473 gehenden474 tod odder dergleichen weisen, so braucht er auch etwan475 darzu anderer Menschen, zuweilen der boͤsen, strafft also einen schalck476 mit dem andern, da einer so wol vnrecht ist vnd hat als der ander, indem sie einander plagen vnd verfolgen.477 Zuweilen aber strafft er, das diejenigen, so die straffe vben,478 nicht vnrecht thun, sondern Gottes willen vnd befehl damit außrichten, wie denn geschrieben steht von den todschlegern: „Sein Blut sol widder vergossen werden durch
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Menschen.“479 Vnd das ist nu der Obrigkeit straffe, zum schutz oder zur rache, vnd ebensoviel, als wenn Gott selbs straffete, es sey nu den vntern durch den oͤbern, oder gleiches gewalts vnd Obrigkeit durch gleichen, odder den oͤbern durch den vntern. Denn Gott hat diese seine ehre, rache zu uͤben vnd schutz zu halten, geteilet mit aller ordentlichen Obrigkeit, nicht mit der hoͤhesten alleine, viel weniger mit einer eintzelen Personen. Vnd das solche ehre vnd gewalt bleiben soll fuͤr vnd fuͤr,480 weil481 dis leben wehret, nicht auffhoͤren, wenn vnd wo der Oberste Tyran will, wie denn der Apostel Paulus, als auch oben gesagt, indefinite redt vnd niemandts stand, Person noch mißhandlung482 [M 1v:] ausnimpt, widder zeit noch ort bedinget, da frommen,483 vnschuͤldigen Leuten Gottes verbots halben nicht koͤnte oder solte schutz gehalten werden, auch von der aller wenigsten Obrigkeit einer jeden bey den jhren.484 So aber die hohen Obrigkeiten allhie außgenomen sein solten vnd jhr grosses vnrecht vnnd gewalt, damit sie auch Gott sein Wort vnnd Recht gedencken auffzuheben, so wolte vonnoͤthen sein, das die schutzherrn jhrer Tyranney solche Exception aus Goͤttlichem Wort vns klerlich beweiseten, welchs sie vngezweiffelt woll werden ewig bleiben lassen. Wir aber koͤnnen dargegen mit grund vnnd warheit noch zum vberflus darthun, das Gott nicht also ansiehet die Person der Menschen,485 das er durch sein Wort vnnd Ordnung jemand

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frey machete vnd solchen raum gebe, sonderlich die aller grewlichsten Suͤnde zu thun. Vber das, so verbeut er gantz ernstlich eben auch, indem er die Obrigkeit ordent, jhres Ampts vnterrichtet vnd vermanet, das sie ebensowol als er selbs niemands Person ansehen sollen, straffen einen jglichen, wer vnd wie er es verdienet, „denn das
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gericht Ampt, das jhr vbet,“ spricht Moses vnd der Koͤnig Josaphat, „ist Gottes.“486 Daraus487 abermals klar, so auch ein vnter Obrigkeit jhrem Tyrannen in seiner grossen Tyranney stewret,488 das Gott solches selbs durch sie gethan habe. Wie ist das auch vngereimet, nur zu dencken, das Gott ein solche Goͤttliche, Heilige, Seelige ordnung, wie die Ordnung der Obrigkeit ist, welcher auch die Menschen gar nicht entperen koͤnnen, also vbel versehen vnd verwaret hette, das ein einiger elender489 Mensch, der nu den Obersten gewalt vber andere hette, wenn er in ein toͤrichten Teuffelischen sinn geriete vnnd wolte, das er Gott solche seine Ordnung nach allem seinen mutwil-[M 2r:]len vmbstossen, auffheben, gar vmbkeren490 vnnd gleich das widderspiel491 anrichten koͤnte? Vnd so andere leut weren, welche Gott diese seine Ordnung wol erhalten koͤnten vnd gern wolten, auch auff das aller ordentlichste on alle zerruͤttung seiner Ordnung, das Gott da selbs were, hinderte vnd wehrete, als ob er sprech: „Beyleibe hindert vnd wehret nur diesem Tyrannen nicht, wenn er gleich alles vmbkerete. Denn ich habs euch verboten, vnd so jhr jhm druͤber wehren werdet, will ichs an euch straffen mit dem Hellischen fewr.“ Auff die ander einrede antworten wir auch vnnd bekennen, das war ist: Christi Reich kan nicht regiert, geschuͤtzt, noch erhalten werden Menschlicher weisse, widder mit verstand, Weißheit oder gewalt. Aber doch, wie ein Christliche Obrigkeit kan vnd soll nach vermuͤge Gottes ordnung vnd befehl Christo zu seinem Reich dienen mit forderung seines Worts vnnd des rechten brauchs seiner heiligen sacrament, wie der Psalm spricht: „Machet
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die thore weit vnnd die thuͤre in der Welt hoch, das der Koͤnig der ehren einziehe“,492 also soll jhm auch darzu dienen der Obrigkeit Schwerd, Buͤchsen,493 Harnisch494 vnd was mher von noͤten ist vnnd dienen kan, dem ampt Goͤttlichs Worts schutz zu halten widder vnrechten gewalt vnnd verfolgung. Damit aber, das die Christen vnrechten gewalt geduͤldig leiden sollen, ist jhnen nicht verboten, gleich wie in andern von Gott zugeschickten Creutzen495 zu gebrauchen der mittel, so Gott selbs verordent hatt, ja sind jhr496 auch

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schuͤldig497 zu gebrauchen, sofern sie es nur haben koͤnnen. Gleich wie einer in seiner kranckheit nicht allein mag ertzney498 brauchen499 vnnd zu Gott ruffen vmb gesundheit oder vmb huͤlff in andern noͤthen, sondern sol der ertzney [M 2v:] pflegen,500 soll Gott anruffen vnnd doch gleichwol zufrieden sein, wenn er der ertzney nicht kan haben, soll auch wissen, das die ertzney on Gottes huͤlffe nichts sey, vnnd Gott bereit sein,501 wie ers mit jhm schicke,502 zum leben oder zum tode. Also hie auch mit dem schutze der Christen widder jhre hohe Obrigkeit, mag ein Christ desselbigen nicht allein brauchen von der vntern Obrigkeit, wie Paulus sich schuͤtzen lies durch den Roͤmischen
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Heuptman widder der Juͤden meuterey vnnd gewalt,503 sondern die vnter Obrigkeit ist auch solches zu thun schuͤldig. Sie thue es nu oder thue es nicht, es helffe jhr schutz oder helffe nicht, so ist vnnd soll ein Christ darunter bereit sein, auff welche seite es Gott mit jhm schicke. Das ist also der rechte Christliche vnnd ware verstand von gedult im leiden vnd vom brauch des schutzes vnd andern von Gott geordenten mitteln in allerley leiden der Christen. Vnd haben nu bißhier grunds genugsam gehoͤrt zu erweisung der Nothwehre, schutzes oder auffenthalts der vntern Obrigkeiten widder jhre oͤbern in gegenwertiger verfolgung des heiligen Euangelions, auff welche gruͤnde die Gottsfuͤrchtigen frommen hertzen sich in jhren gewissen gantz sicher verlassen koͤnnen, wenn sie darnach thun, vnnd wissen auch allbereit504 etlicher massen daraus, was sie thun sollen, beyde teil, die von Menschen beruffen werden das Euangelion zu uerfolgen oder zu beschuͤtzen. Was mehr argument sind, deren etliche gegruͤndet auch inn den geschriebnen Keyserlichen rechten, die sind nu fast505 bekant vnnd one noth506 hie widerzuerholen507 aus den Schrifften etlicher anderer zu vnsern zeiten der fuͤrnemesten Theologen, mit welchen wir es vnd sie mit vns inn diesem handel der Nothwehre gehalten haben,508 [M 3r:] ehe denn diese verfolgung hie widder vns jhe angangen ist gewesen.509 Darin, wie wir jtzund nichts vorendern der vorigen alten meinung vnnd gewissen verstandts, also bringen wir damit auch nichts newes erfuͤr, das zuuorn hieuon nicht geleret were, wie wir denn auch thun inn allen andern Artickeln vnser Lehre des heiligen Euangelions. So hat man auch von diesem handel die meinung des Mans Gottes D. Mar. Luthers, wie er die in etlichen sondern Sendbrieffen vnnd andern oͤffentlichen

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Schrifften genug zu erkennen geben, vnnd sonderlich zuletzt noch vor dem vergangen Krieg durch eine oͤffentliche disputation, jederman an tag geben vnnd bestetigt hat.510 Was aber die vrsachen sein, worumb D. Luther in etlichen andern seinen Brieffen vnd Schrifften etwas tunckel vnd schier widerwertig511 hieuon geraten hat, dieselbigen vrsachen haben etliche seine vertrawete freunde insonderheit von jhm vernomen, so hat ers auch durch ein oͤffentlichen druck klar genug gesagt, im Buch wider den Meuchler512 zu Dresen.513 Er hat nemlich beyde teil wollen jnne halten.514 Hat gleichwol515 nicht wollen sagen, das die Nothwehre vnrecht sey, auff das er nicht also die Papisten sterckete. Hats auch nicht wollen loben oder recht heissen,a auff das die guten hertzen auff diesem teil nicht dardurch nachliessen in gedult, den Feinden gleich viel vnrechts zu uertragen,516 vnd das die vnsinnigen Scharrhansen517 an der vnsern Fuͤrsten hoͤfen vnnd sunst nicht vnsinniger wuͤrden, die vorhin518 mehr denn ghar zu viel vnd aus eitel toͤrichter fleischlicher rachgier zu kriegen lust hatten, wie er vber dieselben sehr klagt inn der außlegung des cxviij. Psalmen.519 Wir wolten jhm wol ghern auch also thun mit [M 3v:] vnser antwort, wenn es noch mit vns in dem fasse wer,520 wie es zu der zeit gewesen ist. Nu aber, weil kaum noch ein wenig same in gantzem Deudtschen Land vberig ist von puhr reiner Lere, von bekentnis vnd von bestendigen Christen, vnnd damit der Teuffel derselbigen noch weniger mache oder sie ghar ausreuten moͤchte vnd er wider durchs Babstumb einsitzen,521 so stifftet er durch die Papisten vnd Jnterimisten so viel an, Christi vnnd seines Worts dadurch als in die zeene zu spotten,522 das vnsere liebe mitbruͤder, welche widder jhr eigen gewissen von vns abgewichen sind, jhm darzu helffen sollen, helffen vnnd schier allein außrichten wollen. So werden wir dadurch zum hoͤchsten gedrungen, die rechte Goͤtliche warheit von der Nothwehre in diesen noͤthen nur allenthalben, so viel wir koͤnnen, vnter die Leute zu bringen, dieser schmah523 vnd vn

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terdruͤckung Christi, seines Worts vnd seiner Kirchen ein weinig524 damit zu steuren,525 es folge daraus ander vnradts526 den Feinden oder vns selbst, was da wolle. Gottes vnd seines Worts ehre vnd der Kirchen erhaltung mus mehr bey den Christen gelten denn solchs alles. Zuletzt, so jemand begert zu wissen Exempel solcher nothwere der vntern widder jhre Obern, der findet jhr genug, welche sich auch sehr wol hieher gleichen,527 so sie recht applicirt528 werden, inn Historien der Heiligen Schrifft, der Kirchen vnnd in Heidnischen Historien.
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Erstlich trifft hieher gantz vnd gar der Machabeer handel, welche, ob sie schon vberwunden vnd nu vnterthan waren dem Koͤnig Antiocho, doch, do er sich vnterstund, einerley Religion durchaus in allen seinen Landen zu machen vnnd wolte nu das volck Gottes auch zur Abgoͤtterey zwingen, da widderstunden sie jhm vnnd erretteten mit dem Schwerd beide, jhr leben vnnd das Gesetz, [M 4r:] das ist: den rechten Gottesdienst, wie der Text daselbs meldet.529 Jehu, ein Heuptman Joram, des Koͤnigs Jsrael,
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straffet mit der scherffe des schwerdts beide, jhn, den Koͤnig selbs, vnd das gantze geschlecht Ahab, von wegen der begangenen Tyrannei widder den rechten Gottesdienst, widder die Propheten vnd Gottsfuͤrchtigen.530 Vnd wiewol er des einen sonderlichen befehl von Gott hatte, auch etliche sonderliche sachen handelt, die nicht nachzuthun sind, so hatt doch Gott hiemit auch wollen ein Exempel fuͤrstellen des gemeinen beruffs531 aller Gottsfuͤrchtigen Obrigkeiten, dadurch sie jhren Obern, wenn die Gott, sein wort vnd die ware Kirchen verfolgen vnd außreuten wollen, widderstand thun sollen. Das gantze volck redet dem Koͤnig Saul hart zu
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vnnd rettet Jonathas, seinen Sohn, aus seinen henden, do ehr jhn vmb seines vermeinten abergleubischen Eids willen wolte vmbbringen.532 Vnnd wie es scheinet aus der Historia, so haben sie jhn jhm mit gewalt genomen oder sinds doch zuthun bereit gewesen, da er jhn nicht hette ledig geben. Hetten auch nicht vnrecht daran gethan, denn sie sprechen mit grossem ernst: „So war der Herr lebt, es soll kein har von seinem heubt auff die erden fallen, denn Gott hats durch jhn gethan“533 etc. Vnd so das Exempel Asa recht betrachtet wird,
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der seine eigen Mutter, die Koͤnigin Maecha, vom Ampt absetzete vnnd jhre Goͤtzen außrottete,534 macht es diesen handel etwas leichter vnd klerer.

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Also auch das Exempel Ambrosij, der den Keyser
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Theodosium vor der Kirchen abtriebe mit dem Bann als ein Bischoff, das ehr nicht muste535 in die Kirchen gehen von wegen der begangenen moͤrderey an den Thessalonichern.536 [M 4v:]
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Die Armenier, nachdem sie zum Christenglauben neulich komen waren vnd durch Keyserliche ernstliche Mandat genotdrenget537 wurden, das sie den Christlichen Glauben widerumb farenlassen vnnd den Heidnischen Goͤtzendienst annemen solten, erwehren sie sich des mit einem ordentlichen Krieg widder den Keyser
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Maximinum.538 Vnd Constantinus, der Keyser, bekrieget Licinium, seinen Schwager, welcher neben jhm Keyser war, vnd war die vrsach des Kriegs allein diese, das er die armen Christen retten wolte, welche Licinius jhres Glaubens halben grewlich verfolgete.539 Der beruͤmpte vnd mechtigste Keyser Traianus, ob er wol ein Heide gewesen, so redet er doch aus rechtem grund des natuͤrlichen rechten von rechtem brauch des Schwerdts auch einer vntern Obrigkeit gegen der hoͤhern, vnd nur in Weltlichen sachen. Denn do er jhm einen Marschalck540 machete, vberreichte er demselben das Schwerdt mit diesen worten: „So fehrn ich gebiete, was recht ist, so fuͤhre das Schwerdt wider meine Feinde; thue ich aber das widerspiel, so fuͤhre es widder mich selbs.“541 Diese rede wird hoch gepreiset vnd ist auch inn der warheit nichts anders denn das Recht, so Gott selbs in der Menschen hertzen gepflantzt hat. Wie derhalben Christus im Euangelio nicht auffhebt oder endert das natuͤrliche Liecht im Menschlichen verstandt vnd hertzen sampt jhrem brauch oder Gottes Gebot selbs, sondern bestetigts viel mehr, wie der Apostel spricht,542 also hebt er auch nicht auff, endert oder wehret den Christlichen vntern Obrigkeiten, jhren nothwendigen schutz vnd auffenthalt zu thun wider der oͤbern grosse tyranney, jha fordert solchen schutz vielmehr von jhnen als ein noͤtig vnd geboten werck jhres von Gott befohlenen ampts, wie wir solchs bis hieher mit Schrifften, [N 1r:] Argumenten vnd Exempeln aus Gottes Wort genugsam erwiesen haben. So sich nu jemand moͤcht beduͤncken lassen, wir hetten etwas zu viel vnnd zu geschwinde543 von der sachen geredt, der wolte hinwider auch gedencken, das dasjenige, was Christus vnnd die arme Kirche inn dieser verfolgung leidet, viel mehr vnd schwerer ist, dadurch wir etwas zu sagen genotdrenget werden vnnd sonderlich schuͤldig sein, vnserm lieben Herrn Christo, jtzund am Creutz,544 dennoch zeugnis zu geben seiner Goͤttlichen warheit. Darinne wir doch gleichwol vns souiel gemessiget haben, wie ein jeder vorstendiger leser leichtlich wird mercken koͤnnen, das wir alleine von der fragen der

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nothwehre in gemein haben reden wollen vnnd jedermans Person gern verschonen, souiel vns imer zu thun muͤglich gewesen. Do wir aber noch keinen frieden erlangen wuͤrden koͤnnen, so koͤnten wir dasjenige, was hie gesagt, zimlich mehr scherffen545 vnnd viel anders mehr mitt warem grund vnnd mit rechtem Geist in dem namen vnsers Herrn Christi darthun nach vnserm beruff vnnd ampt. Ob wir denn auch gleich denselbigen lohn daruon brechten, welchen die lieben Propheten, der Teuffer, Christus, seine Aposteln vnd viel andere dergleichen mehr fuͤr solche arbeit in dieser Welt bekomen haben,546 so sein wir damit nichts vnseliger. Gott gebe nur mit seinen gnaden! Amen.

[N 1v:] Der Dritte teil dieses Buchs oder Vermanung.

Wiewol nu aus diesem allen, was bißher gesagt, ein jeder vorstendiger Leser selbs abnemen kan, was Gott von einem jedern in sonderheit, auch von vns innerhalb dieser Stadt vnd Kirchen fordere, was auch einem jedern, vns mit gewalt zu uͤberziehen oder darzu zu helffen, abschrecken vnd, vns dargegen widder solchen gewalt vnsern noͤtigen schutz zu thun, troͤsten soll, jedoch auff das solche stuͤck vnd vrsachen dester mehr fuͤr augen stehen, wollen wir dieselbigen kuͤrtzlich allhie setzen als zu einem Beschlus dieses Buchs. Zum Ersten, so ist gewis vnd offenbar, das kein Mensch, so ein Christ sein wil, vnsern Feinden wider vns, es geschehe mit Kriegen, steur geben oder andern diensten vnd fuͤrschub, huͤlffe thun kan. Denn weil das die einige vrsach ist, darumb vns der fried bißher gewegert,547 das die vnsern zum vertrag allweg die Christliche Religion außnehmen, dieselbige, wie wirs jtzundt aus Gottes gnaden haben, nicht zu uerlassen noch zu uerendern oder solchs zu thun allein bewilligen, wie leyder von andern viel geschicht. Weil auch die Feinde oͤffentlich genug beweisen, das sie auff alle wege, wie sie koͤnnen, suchen vnterdruͤckung dieser vnser reinen Lere Christi vnnd auff-[N 2r:]richtung der Antichristischen Abgoͤtterey, so kan dardurch ja nicht geleugnet werden, das man vns fuͤrnemlich zuwil548 vnd nicht von vns ablassen, nicht von wegen anderer sachen Weltlichs vngehorsams, welchs halben, so des etwas were, warlich die vnsern den frieden nicht wuͤrden verseumen549 vnnd ghern etliche andere scheden druͤber leiden, sondern das es inn Summa zut hun sey (es sey sunst vmb das ander, wie es woͤlle) vmb den lieben Christum vnnd vmb sein Wort, welchs wir nicht fahren lassen oder verleugnen wollen, vnd des Antichrists grewel wider annehmen. Derhalben sehe nu ein jeder zu, Obrigkeit vnd Vnterthanen, die sich dieses Kriegs vnnd voltziehung der Acht etwas teilhafftig machen, wo zu sie radt vnd that geben, wem sie dienen mit Geld, Gut, Leib, Leben vnd mit jhrer Seelen: Ob nicht den oͤffentlichen Feinden vnd verfolgern Christi vnnd seines Worts? Ob nicht auch eben in dem Werck (obs gleich ein andern namen

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moͤcht haben), damit sie ware erkentnis vnd ehre Christi helffen vnterdruͤcken, nicht allein inn diesen Landen, sondern, so viel an jhn gelegen, auch inn der gantzen Welt, des Babsts Abgoͤtterey vnd lesterung helffen dargegen auffrichten? Vnd entlich, ob sie nicht ware verfolger werden des Herrn Christi selbs inn seinen gliedern, jhre hende besudeln mit seinem Blut vnd dasselbe mit fuͤssen treten? Vnd wird hierin niemand entschuͤldiget werden fuͤr dem gericht Gottes,550 das man fuͤrgeben wil, es hab die meinung nicht mit diesem Krieg, wie traun551 jhrer viel zur zeit Christi auch nicht wusten, das sie Gottes Sohn creutzigten.552 Aber nichts dester weniger wurde Gottes Sohn gecreutzigt, vnnd sie waren dieselben moͤrder des Sohns Gottes vnd damit nicht one schuld dieser schreck[N 2v:]lichen Suͤnde, ob sie es gleich noch nicht darfuͤr hielten. Sie soltens gleichwol gewust haben, wer er were, aus seinen oͤffentlichen Predigten vnd Goͤttlichen mirakeln, die er thet.553 Also solte auch jtzund jederman wissen die oͤffentlichen hendel, da Christo sein ehre vnnd jedermans seeligkeit an gelegen, vnnd wiewols vorhin554 offenbar genug ist, wers nur wissen wil, so schreibena wirs doch auch noch hie, ob es dardurch mehr offenbar moͤchte werden, wie es sol. Wers nu noch nicht wissen will, der wisse es nicht. Christus moͤchte jhn einmahl widerumb nicht wissen555 wollen vnd sprechen: „Nescio
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uos, discedite a me operarij iniquitatis.“556 „Jch kenne euch nicht, weichet von mir, jr vbeltheter!“557 Vnd wie diese nicht entschuͤldiget jhre mutwillige vnwissenheit – sie sind doch vnnd bleiben verfolger Christi – also werden viel weniger entschuͤldiget sein, die es wissen vnd etlichermassen bekennen,558 vnd ob sie wol fuͤrgeben, sie thuns nicht gern, sie muͤssens thun, so thun sie es gleichwol daruͤber559 vnnd werden wissentlich verfolger Christi, werden derhalben auch mit denselbigen mehr lohns entpfangen, wie solchen verfolgern gebuͤret. Es lest sich leider in der warheit itzund also ansehen bey dem grossen hauffen derjenigen, welche Gottes Wort bißher gleich mit vns gehat560 vnnd bekant haben, wenn jhre Obern vermoͤchten Christum leiblich widderumb vom Himel zu bringen vnd geboͤten ernstlich bey verlust leibs vnd guts, oder vieleicht noch nicht so hart, das jederman solte hand anlegen vnnd jhn widder helffen toͤdten, verhiesse etwan darneben ehr vnd gut den gehorsamen, so wuͤrde er

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gewißlich grosse hauffen finden, welcher etliche aus furcht der verlust jhres lebens oder guͤter, etliche vmb gunst, ehre vnnd guts willen wuͤrden den Herrn Christum frey561 wissentlich widderumb dahin creu-[N 3r:]tzigen in eigner Person, wenn sie jhn nur in seiner schwacheit vnd von Gott verlassen sehen. Was ist aber diß eben anders, das vns itzund von solchen vnsern bruͤdern begegnet? Wie Christus selbs bezeuget: „Was jhr einem
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von den geringsten vnter den meinen thut, das habt jhr mir selbs gethan.“562 Vnd zu Saul spricht er: „Saul, Saul,
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was verfolgestu Mich?“563 da er doch nur die armen Christen verfolgete. Derhalben nimpts vns itzund wol etwas weniger wunder, wie die Juͤden also blind vnnd boßhafftig haben sein koͤnnen widder Christum, weil wir itzund auch zu dieser zeit sehen vnd erfaren mit grossem schmertzen vnd entsetzen, das Christus in vns vnnd in andern Christen verfolget wird eben auff dieselbige voͤrige weise vnnd durch gleiche Personen derjenigen, so bißher auch seine Juͤnger gewesen vnnd zum teil noch zu sein vermeinen. Denn es sind jtzund nicht allein, weil Christus abermals gecreutzigt wird, die sich mit den Aposteln gleichen mit trauren,564 mit stilschweigen,565 mit verlassen vnd fliehen,566 mit verleugnen vnnd verschweren,567 sondern es sind auch vnter dieser zal Judas genossen, die den Herrn helffen verrathen vnd verkeuffen vmb gelds, vmb ehre oder ander vrsachen willen, dennoch auch mit einem kusse.568 Es sind darnach vnter dem andern grossen hauffen, welcher hertz vnd sinn sich gegen dem lieben Herrn vnnd Euangelion bald verkeret hatt, machen auch aus dem Palmtage einen Charfreitag, aus dem „ Osianna“569 ein „Crucifige“.570 Es sind weiter, welche jtzund Christi in seinem leiden spotten, schlagen, geisseln, ein dornekron auffsetzen vnnd in summa alles hertzenleid anlegen, biß das sie jhn gar ans Creutz nageln.571 [N 3v:] Woher kumpt aber solche schnelle, greuliche verenderung vnserer Euangelischen? Es ist nemlich die frucht der wissentlichen bewilligung572 in falsche Lere vnd Gottesdienste widder Gottes Wort vnd widers gewissen, welche Suͤnde vnnd plage von den heuptern jtzund auch kumpt an die andern glieder. Denn nachdem vnsere Fuͤrsten vnd Stende in negst gehaltenem Reichstage zu Augspurgk mit verachtung Gottes Worts sich gegen Key. May. eingelassen vnnd versprochen haben, dem kuͤnfftigen Concilio sampt den jhren zu

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gehorchen,573 welchs sie noch nicht gewust, was es schliessen werde, jha wol auffs aller gewissest gewust, das es wider Gott schliessen werde, darnach gleicher gestalt auch fuͤr sich vnd die jhren gewilligt in die Keyserliche declaration des Interims,574 welchs sie da schon gesehen haben, das es falsche Lere vnd Abgoͤtterey ist, gehen nu noch jtzund druͤber dahin on alle busse, jha suchen noch allerley entschuͤldigung vnd boͤsen schein, damit jhren greulichen abfall zu bestetigen. So ist nu der Keyser da, begehret – vernunfft vnnd Menschlichem verstand nach zu reden: nicht vnbillich – das sie fuͤr jhre Personen vnd die jhren halten sollen, was sie haben zugesagt, auch vns vnd andere bestendige Christen verfolgen sollen, die wir nicht bewilligt vnd nicht widder Gott annemen wollen, wird auch aus krafft derselbigen jhrer zusage vnnd bewilligung bald weiter begehren werden575 zu ueriagen, zu plagen vnd zu toͤdten alle, welche erstlich das Interim vnnd letzlich auch dz gantze Babstumb nach dem beschlus des Concilij nicht werden volkomlich halten. Alda weil wenig Stende oder villeicht ghar keine werden jhre erste zusage vnd bewilligung als Gottlos widerruffen oder selbs etwas druͤber leiden wollen, werden sie alle frey wissentlich dahin Christum in allen seinen rechten, bestendigen Christen verfolgen, martern vnd toͤdten. [N 4r:] Also hat diese Suͤnde, da man Gottes Wort wissentlich faren lest, frembde Lere zu bewilligen, jhre greuliche straffe, das solche Leute dahinfallen vnd bald wissentliche verfolger Christi werden. Nu ist das noch eine viel groͤssere straffe, das der mehrer teil solche grosse, vnmenschliche Suͤnde so sicher vnd frech dahin verachtet vnd in wind schlehet,576 ja noch wol darzu verteidiget, lobet vnd sich sein ruͤhmet. Vnd beweiset sich damit schon auch die Suͤnde in Heiligen Geist, darauff diese sicherheit die negste straffe ist, an denjenigen, die nach verleugkung der erkanten warheit sie auch jtzund anheben zu uerfolgen, wie denn warlich diese Suͤnde in heiligen Geist jtzund viel begangen wird.

|| [593]
Vnd das Christus sagt, das die Suͤnde widder den heiligen Geist nicht koͤnne vergeben werden,577 hatt nicht die meinung, das jrgent ein Suͤnde sey, die nicht koͤnne vergeben werden, so man busse thue, sondern das solche leut nimer zur busse komen. Gott zeucht seine hand von jhnen ab, begegnet jhnen also, das der Psalm sagt: „Er wolte
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den fluch haben, der wird jhm auch komen. Er wolte des Segens nicht, so wird er auch ferne von jhm bleiben“578 etc. So werden solche leute denn sicher vnnd zuletzt gar verstockt, wie die hohen Priester vnd Phariseer,579 oder wenn sie hernach einmal fuͤlen, was sie gethan haben, so verzweiffeln sie wie Cain580 vnnd Judas,581 welcher beider teils Exempel wir zu dieser zeit auff die gegenwertige Suͤnde noch viel erfaren werden. So aber je etliche wissentlich aus schwacheit wie Petrus die erkante warheit verleugnen582 oder vnwissentlich dieselbige wie Saulus verfolgen,583 denen wuͤnschen wir, das sie mit Petrus vnd Paulus widder auch zu glaicher Busse bekeret werden. [N 4v:] Wir wollen aber jederman hiemit ermanet haben, das ein jeder diese vnterscheid vnter den verfolgern bey jhm selbs betrachte, sich vor beyderley solchen Suͤnden dester ernstlicher zu huͤten: Vnter denen, die so die erkante warheit wissentlich verfolgen, suͤndigen mit der Suͤnde widder den heiligen Geist, welcher keiner noch nye zur
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busse komen ist nach den worten Christi.584 Von den andern aber, die gleich vnwissentlich verfolget haben, sind wenig bekeret worden, so viel man dauon lieset. Welchs auch groͤssere Suͤnde sey, das einer nicht wisse, das die Lere, so er verfolget, recht sey, wie es Paulus nicht wuste, da er Christum verfolgete, odder das er mit den oͤffentlichen verfolgern verfolge die warheit, die er selbs fuͤr warheit helt, weis aber nicht, das die Feinde das im sinn haben, das sie dieselbige warheit mit demselben Kriege verfolgen, das wollen wir jtzund ein jeden selbs bedencken lassen. Als ob wol Key. May. jtzundt moͤcht sagen, das sie vns allhie nicht verfolge von wegen der Lehre (das sein May. doch noch nicht sagt oder leugnet), sondern von wegen der Rebellion odder etwan andern vngehorsam,585 so wissen aber doch alle von den Euangelischen (wie villeicht noch etliche zu sein vermeinen), die zu solcher vnser verfolgung helffen odder helffen werden, das Key. May. gleichwol neben der vermeinten Rebellion fuͤrnemlich auch mit inn vns verfolget die ware Religion, vnnd das die vermeinte Rebellion, so sein May. in vns beschuͤldigt, vrspruͤnglich daher kuͤmpt, das die vnsern die ware Christliche Religion allzeit beghert haben fuͤr vnrechtem gewalt zu behuͤten vnd darwider zu uerteidingen.

|| [595]
Derhalben so sind die falschen Euangelischen, die mit rath, mit gebet, mit geld, mit Krieg odder womit es sey, Key. May. widder vns huͤlffe thun, dennoch verfolger der erkanten war-[O 1r:]heit, sie wissens oder wissens nicht oder wollens mutwillig nicht wissen. Welche nu also druͤber sterben, es sey im kriege oder inn der zurichtung586 oder in dem fuͤrsatz, widder vns mit leib oder mit gutt huͤlffe zu thun, die werden warlich nicht viel anders sterben als verfolger Christi. Mit was vertrawen sie denn auch werden koͤnnen vergebung bitten vnd hoffen von dem, welchen sie fuͤrsetziglich haben verfolgen wollen, oder wie sie es denn werden leugnen vnd entschuͤldigen koͤnnen, das sie Christum in diesem krieg mit jhrer huͤlffe nicht587 verfolget haben, das wird sich denn inn jhren gewissen fein finden, da aller falsch vnd heucheley, mit dem sie jtzund die Menschen, sich vnnd Gott selbs betriegen wollen, reine588 wird dahinfallen589 vnnd Gott jhnen mit seinem gericht wird allein die blosse, rechte warheit fuͤr augen stellen.590 Aber diß ist alles ein anzeigung Gottes schrecklichen zorns vnnd jtzund angehenden Gerichts vber Deutzschland, auch gleich des letzten wuͤtens des Teuffels widder Christum vnnd sein arme Kirche, das er die Christen selbs so weit treibt, das sie sich vntereinander vnterstehen, jhren eigen erkanten vnnd bekanten waren Glauben wissentlich vnnd oͤffentlich mit gewalt vnnd schwerd zu uerfolgen, da offt die Heiden jhren falschen Glauben vnd Abgoͤtterey mit gewalt vnnd schwerd verteidingt oder ehe druͤber den Tod vnnd alle verfolgung gelitten haben. Vnd wird in summa dergleichen Suͤnde in einem gantzen Volck nicht gelesen inn allen Historien der Kirchen vnnd Heidnischen von anfang der Welt her. Derhalben auch diese Suͤnde fast das aller grewlichste spectakel sein wird am Juͤngsten tage, Gott, seinen lieben Engeln, Menschen vnnd allen Creaturen fuͤr dem [O 1v:] Gerichtstuel Christi,591 wird auch die aller greulichste straffe haben gleich mit den Teuffeln, so sie auch etlichen noch in diesem leben wird inn jhren gewissen offenbaret werden, wie Gott vngezweiffelt wird solche etliche anzeigung vnd Exempel seiner rache noch hie gehen592 lassen, so werden sie denn in solcher jhrer angst gleichen trost vnnd belonung finden mit jhrem Vater Judas,593 vnnd damit jhnen ja jhr rechter ewiger lohn dester ehe werde inn der Hellen, werden sie deste sehrer von dieser Welt eilen vnnd jhnen dester ehe selbst hie abhelffen,594 damit sie die ewige straffe ja nicht verseumen. Wiewol nu dis alles greulich zu sagen vnd zu hoͤren ist, so ist doch die Suͤn

|| [597]
de, die allhie begangen wird, noch viel greulicher vnd der zorn Gottes darwider groͤsser, denn keine zunge ausreden odder jrgents eins Menschen hertz begreiffen kan. Solchs aber alles schreiben wir nicht allein vnserthalben, als die wir vns vnsers lebens so hoch befuͤrchteten,595 inn welchem ob wir gleich vnser schwacheit auch haben, so wissen wir vnnd troͤsten vns doch – Gott lob – auch, wenn wir gleich das leben drob zusetzen596 vnd zu marterern597 werden muͤsten, das vns darfuͤr eine viel groͤssere herligkeit vnnd ehre bereitet ist im ewigen leben,598 schreiben es aber viel mehr darumb, weil der Teuffel die ware Religion nicht allein mit luͤgen vnd falschen leren, sondern auch mit mord (wie er denn ein luͤgner vnd moͤrder ist)599 gedenckt auszureuten vnd zu uertilgen, das vns vnsers von Gott befohlenen ampts halben gebuͤrt, jhm widerumb hart entgegenzusetzen, nicht allein mit straffen der luͤgen, damit er die rechte Lere verfelscht, sondern auch seinen greulichen mord, damit er die Christen gedenckt alle zu ermorden, so viel vns muͤglich, zu uerhindern. Letzlich sein wirs auch zu thun schuͤldig von wegen der armen Jugent vnnd derjenigen, so [O 2r:] nach vns leben werden, fuͤr welche wir in diesem fall nicht weniger als fuͤr vns selbs sorgen sollen. Denn so wir vns hie, andere anderswo, alle den Teuffel vnd Gottlose Welt liessen bald hinrichten vnd wuͤrgen,600 von wem wolte die arme Jugent vnd nachkomen den rechten weg zur seeligkeit lernen? Ob wir nu wol wissen, das hie jhrer viel kluͤglinge601 vnnd Epicurer solche vermanung nicht allein verachten, sondern auch ghar hoͤnisch verlachen vnnd verspotten werden, so las jmerhin lachen, weil sie so klug vnnd sicher sind; es wird die zeit komen, das sie es widderumb genug weinen werden. Lasse auch die tyrannen durch diese vnser Schrifft vnd vermanung noch wuͤtender werden, damit sie jhre masse602 dester ehe vol machen vnd Gottes zorn dester schneller vnd grausamer vber sich fuͤhren.603 Vns sol es jtzund mehr darumb zuthun sein, so wir gleich nach dem willen Gottes nicht muͤgen leiblich erhalten werden, das wir etliche frumme hertzen, die sich vnser trewen Christlichen vermanung bessern muͤgen, fuͤr der greulichen Suͤnde der verfolgung Christi verwarnet vnd behuͤtet haben, vnd das wir das vnsere hiemit in diesem stuͤcke auch gethan, auff das Gottes Wort vnd rechte Lere von vns auch auff vnsere nachkomen lauter vnd rein muͤge gepflantzt werden. Derhalben so wollen wir diese kluͤglinge vnd Epicurer fahren lassen vnnd mit vnsern inn Christo Jhesu Bruͤdern reden, welcher, wie wir nicht zweiffeln, noch viel hin vnd wider604 sein auch mitten vnter den Tirannen, die jha nicht

|| [599]
wolten, das die vnsere rechte Christliche vnd reine lere, wie wir sie jtzund, Gott lob, haben, solte vntergedruͤckt vnd dargegen des Babsts grewel wider auffgerichtet werden, wolten viel weniger selbs Christi vnnd des Euangelij verfolger werden odder jrgend mit einem [O 2v:] dienst dem Antichrist darzu helffen vnd sich also weiter
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schuͤldig machen aller greulichen Suͤnde des gantzen Reichs des Antichrists. Wolten auch nicht ghern helffen verstoͤren odder hindern diese Cantzeley vnsers Herrn Jhesu Christi,606 welche er jtzund, zu dieser stunden des gewalts der finsternis,607 der gantzen Christenheit zu noͤtigem vnterricht, warnung vnd trost wuͤnderlich allhie angerichtet vnd gewaltiglich bisher beschuͤtzet hat, den Antichrist mit seinen maltzeichen608 Interim vnd Adiaphoris zu bestreiten durch seine rechte waffen, nemlich durch den Geist seines mundes609 etc. Wer nu diejenigen sind, die diese sachen also ernstlich vnd Christlich behertzigen, die muͤssen das aber auch darneben bedencken, das jtzt, jtzt die zeit vorhanden610 ist,611 da Christus wil vnnd mus bekant sein, nicht allein mit dem hertzen, sondern auch mit dem mund vnnd mit der that,612 das ist: das man dem Glauben des hertzens vnnd muͤndlichen bekentnis nichts zuwider handele. Jtem das solche bekentnis jtzund nicht geschehen kan on gewisse grosse gefehrligkeit. Da wird jtzund - wissen wir fuͤrwar - keiner also klug vnd weise sein vnter den Gottlosen vnnd abtruͤnnigen Oberhern, der alle gefahr vnnd schaden wird meiden koͤnnen one gewisse verleugungb odder auch verfolgung Christi. Wers nicht gleuben wil, der mag jhm ein zeitlang seine gedancken machen, wie er wil, mag aber zusehen, do er jtzund nicht wil einen kleinen schaden vnnd ein kleine zeit etwas leiden vmb Christi willen am gut odder am leibe,613 das ehr nicht bald etwan muͤsse einen viel groͤssern vnnd gefehrlichern schaden im gewissen vnd an der Seelen leiden,614 villeicht ewig,

|| [601]
wie sich denn bereitan615 jhrer viel gegen vns vnnd gegen andern muͤndlich vnd schrifftlich beklagen, das sie boͤse, vnruige, nagende gewissen bekomen haben, welche sie jhn [O 3r:] also selber gemacht, eins teils aus furcht des leidens, etliche mit jhrem klͤgeln vnnd falschen beschonungen616 der newen verenderungen in kleinen, geringen Mitteldingen, wie sie es dazumahl617 haben fuͤrgeben. Nu aber erfaren sie etlichermassen, das es nicht vmb so geringe ding zu thun ist, wie sie gemeinet, vnnd geschicht jhn eben recht, das sie nu solche boͤse gewissen darfuͤr tragen muͤssen. Gott gebe nur, das es jhnen vnnd vielen andern zur besserung gedeien muͤge. Vor zeiten haben sich die Christen ehe auffs greulichste vmbbringen vnd martern lassen, denn das sie von jhrer Religion in dem geringsten weichen oder in die verfolgung mit dem geringesten geberde bewilligen, viel weniger darzu helffen wolten: Man schreibt von den Thebeern,618 weiland Christen
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im Morgenland, do beide Roͤmische Keyser Diocletianus vnd Maximianus, welche den Christen feind waren, jhnen neben andern allein in gemeine619 geboten, sich zu ruͤsten zum Kriege, damit die vngehorsamen vnd Rebellen des Roͤm. Reichs zu gehorsam moͤchten bracht werden, das sich dieselben Thebeer auff solch general620 gebot haben gehaltenc der regel Christi „Gebt Gotte, was Gottes ist, vnnd dem Keyser, was des Keysers ist,“621 vnd weil sie noch ghar nicht wissen kuͤndten, wer dieselben vngehorsamen des Reichs wehren,622 die man zu gehorsam zwingen wolte, schickten sie den lieben S. Moritz623 mit einem wolgeruͤsten Kriegsuolck hin zum Keyser, aber mit dem befehl, das sie dem Keyser zur rechten sachen, wider die Christen aber in keinen weg huͤlffe theten, d sondern dieselben widder den vnrechten gewalt des Keysers viel mehr schuͤtzen vnd handhaben solten. [O 3v:] Wie nu S.Moritz mit seinem heufflein zum Keyser Maximiano kuͤmpt vnd der gantz hauffe des kriegsuolcks nu beysammen war, da eroͤffnet der Keyser sein gemuͤet vnd gebot dem gantzen kriegsuolck, das es sich zusammenschweren624 solt widder die Rebellen des Roͤm. Reichs, sonderlich die Christen, dieselbigen zu gehorsam zu bringen, welche, wie der Text meldet, er allein darumb Rebellen hies, das sie den Glauben an Christum nicht verleugnen vnd den Goͤtzen opffern wolten, wie vns itzund eben auch geschicht. Auff solchen befehl entweich Mauritius sampt allem Christlichen kriegs

|| [603]
uolck vom andern gantzen hauffen an ein sonders ort vnd entbot dem Keyser widder: Sie wolten dem Keiser vnd dem Roͤm. Reich als gehorsame vnterthanen vnnd kriegsleute in rechten, billichen sachen jhren dienst nicht wegern,625 wolten aber in keinen weg den Christlichen Glauben verleugnen oder etwas darwidder thun; blieben auch auff solchem fuͤrnemen also bestendig, das sie alda allesampt, welche dem andern grossen Gottlosen heere des Tyrannen nicht konten enttrinnen, selbs lieber Marterer Christi worden, denn das sie hetten sollen helffen andere marterer machen oder etwas thun widder jhren Christlichen Glauben vnd bekentniß.
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Des Koͤnigs Sauls Trabanten626 stimmeten vnnd hielten sich zusammen, indem sie nicht wolten des Koͤniges befehl ausrichten vnd die armen Priester zu Nobe vnschuͤldiglich toͤdten, wagten damit frey627 des Koͤnigs zorn vnd wie es jhnen selbs druͤber gehen moͤchte.628 Wenn jtzt zu dieser zeit, da vngezweiffelt jhrer viel der meinung bey jhnen selbs wol eins sind, sich auch also viele eusserlich zusammen hielten (Wie denn einer neben dem andern zu stehen fur Gott schuͤldig), wegerten sich also [O 4r:] einmuͤtiglich aller huͤlff vnd fuͤrschub zu diesem vnchristlichem, ja vnmenschlichen kriege vnd bedrangung vnser armen Stadt vnd anderer vnschuͤldigen Christen – wiewol dennoch die Saulsgenossen wuͤrden Jdumeische Doegiten629 gnug finden, jhre Tyranney an dem leidenden Christo vnd an vns zu vben – so hetten doch dieselbigen Christen mit jhrer bekentnis vnnd wegerung erstlich jhre gewissen errettet, wuͤrden auch nicht leichtlich, wenn jhrer viel also einmuͤtiglich fest beysammen stuͤnden, weiter gedrungen werden, moͤchte Gott auch mehr seine gnade geben, das sie vnbeschedigt, wie Sauls Trabanten, abkemen.630 Wo nicht, so were jhnen nicht alleine besser, sondern auch noͤtig, ehe sie sich an vns vnnd an andern Christen der verfolgung Christi teilhafftig machen solten, das sie entweder daruon entwichen631 oder selbs etwas druͤber lieden632 oder diejenigen, so auch im Regiment sein,633 sich sampt den jhren widder solch vnchristlich Gebot entsetzten, wie jnen solchs in allen rechten zugelassen, in Goͤttlichen, Natuͤrlichen vnnd Menschlichen Rechten, wie oben im andern teil gnugsam ist bewiesen, sonderlich aber auch nach dem Rechten vnnd vorteil vnsers Deudschen Reichs, darin die Obern vnnd Vntern eins dem andern verpflichtet sein mit sonderlichen bedingungen vnd priuilegien, welche die Obern ebensowol zu halten schuͤldig sein als die vntern, vnd so sie nicht hal

|| [605]
ten, so entledigen sie dadurch selbs jhre vntern der gethanen pflicht.634 Gleich als wenn jemands ein Knecht verdinget wird vnnd der Herr nichts helt, darauff er jhn gedinget hatt, so mag der knecht auch mit allem Rechten seines diensts frey sein. Solches Rechts vnnd freiheiten vnsers Deudschen Reichs moͤgen die Christen nicht allein brauchen mit gutem gewissen, wie anderer Weltlichen Ordnung mehr, die nicht widder Gott sein, sondern so [O 4v:] sie es nicht brauchen vnd also druͤber gar verlieren, ists jhnen auch ein ewige schande vnnd schade bey vnsern nachkomen vnd fuͤr aller Welt. Bißher haben wir noch geredt von dem einigen stuͤck der vermanung, damit die Christen sich huͤten sollen, das sie an vns in diesem Kriege oder Acht neben den oͤffentlichen feinden des H. Euangelij vnd Christi oder den abtruͤnnigen Mammelucken635 nicht verfolger Christi vnd seines Worts werden, Vnd sonderlich sich huͤten fuͤr der Suͤnde widder den H. Geist,636 neben den, die es mutwilliglich vnnd widder jhr eigen gewissen nicht wissen wollen, das Christus vnnd sein heiliges Wort allhie fuͤrnemlich gemeinet vnd verfolget wird. Nu wollen wir auch greiffen zum andern teil dieser vermanung, daruon Gott also spricht, Prouerb. xxiiij.: e „Errette die, so man toͤdten will, Vnd entzeuch dich nicht von denen, die man wuͤrgen will! Sprichstu: ‚Sihe wir verstehens nicht,‘ meinstu nicht, der die hertzen weiset, merckts? Vnd der auff die Seelen acht hat, kennets Vnd vergilt dem Menschen nach seinem werck.“637 Diser Spruch ermanet die Christen in gegenwertigem handel zweierlei: Erstlich das nicht genug ist, das sie den Gottlosen feinden nicht widder vns beistehen, sondern sind vns auch selbs jhre huͤlffe vnd rettung mitzuteilen schuͤldig, das wir nicht vnschuͤldiglich ermordet oder verfolget werden, wenns gleich auch nicht [P 1r:] in dieser Gottessachen, sondern in einer andern schlechten638 Weltlichen sachen were, darin vns vnrecht geschehe. Dem noch,639 so sind Sauls Trabanten noch fuͤr Gott nicht entschuͤldiget, das sie die vnschuͤldigen Priester zu Nobe nicht selbs erwuͤrget oder in solchen mord bewilligt haben, sind gleichwol mitschuͤldig an jhrem tod allein damit, das sie jhnen nicht zu huͤlff komen vnd sie haben retten helffen. Zum andern werden die Christen hiemit ermanet, das die entschuͤldigungen, die jhnen etliche jtzund machen, auff das sie vns huͤlfflos lassen, fuͤr Gottes gericht nicht helffen werden, sondern werden gleichwol noch schuld haben an vnserm Blut vnnd an dem Blut Christi, vmb des willen wir diese verfolgung leiden. Nu sind aber diese entschuͤldigung mancherley: Etliche wenden fuͤr, sie verstehen der sache nicht vnnd woͤlle jhnen nicht gebuͤhren, jhren oͤbern vorzugreif

|| [607]
fen oder jhr hertz zu urteilen, weil sie nicht gestendig sein, das sie vns verfolgen von wegen der Religion, sondern von wegen der Rebellion. Andere wenden fuͤr jhr vnuermuͤgen, etliche das gewissen, als sey es vnrecht, wider der oͤbern willen vns helffen schuͤtzen etc. Diese vnnd alle andere vrsachen, wie sie von jemands auffs aller schoͤnest muͤgen erdacht werden, kennet Gott, spricht Salomon,640 das sie eitel sind, wie sie denn auch fast641 jhr eigen gewissen druͤber straffet. Werden also Gott damit nicht betriegen odder seiner straffe ab sein,642 das sie nicht vns, sondern jhn selbs verlassen haben, Mat. xxv.643 Jst derhalben dieser spruch Salomons ein rechte erklerung des fuͤnfften Gebots,644 das Gott fuͤr todtschleger helt vnnd richten wird nicht allein, die selbs einen vnrechten todtschlag thun, sondern auch, die nicht haben helffen schuͤtzen vnd retten nach jhrem vermuͤgen diejenigen, so vn-[P 1v:] schuͤldiglich aus lauterm gewalt sind erwuͤrget worden.645 Jsts war, das sie mit vns vnnd wir mit jhnen ware glieder vnsers Herrn Jhesu Christi sind, in einem leibe der gantzen Christlichen Kirchen zusammengefuͤget, vnd leben in einem Geist Christi zum ewigen leben,646 so wird das jtzund auch erfurbrechen vnnd sich erzeigen muͤssen, das Paulus schreibt von diesem Geistlichen leibe Christi: „So
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ein glied leidet,“ spricht er, „so leiden alle glieder mit,“647 vnnd die glieder inn diesem leibe sind eins fuͤr das ander sorgfeltig,648 kumpt eins dem andern inn seinem leiden zu huͤlffe. Daraus mus folgen, das diejenigen, so sich der leidenden glieder ghar nichts annehmen, jhnen widder rathlich noch huͤfflich sein, entweders ghar nicht ware glieder des leibs Jhesu Christi sind oder todte glieder sein, die ghar kein leben mehr in jhnen haben oder jha schwechlich vnd dem tode fast nahe sein. Denn wie es natuͤrlich vnmuͤglich ist, also ists auch hie vnmuͤglich, das lebendige glieder eines leibs sich nicht solten eins des andern annehmen vnd das ein jglichs an seinem ort, da es Gott hingeordent, vnnd mit seiner wirckung, die jhm Gott geben hat, nicht solte den leidenden mitgliedern seinen muͤglichen dienst beweisen.

|| [609]
So sind auch, die warheit zu reden, dieser Stadt jtzige verdienst dermassen vmb die gantze Christliche Kirche, sonderlich Deudtscher Nation, das die Christen darinnen vns nicht allein nicht verlassen sollen, sondern auch nicht fast wol koͤnnen, on jhr selbs eigen mituerterben oder grosse Geistliche gefehrlickeit. Von hinnen649 sind allein außgangen vnd durch den druck außgebreitet die noͤtigen Schrifften, dardurch den leuten ist recht entdeckt650 die Abgoͤtterey vnd betrug des Jnterims vnnd [P 2r:] der Adiaphora oder mittelding, on welche erinnerung hetten auch die außerweleten muͤgen in jrthumb gefuͤrt werden651 vnnd wuͤrden jtzund vngezweiffelt bereitan alle wolgeordente Christliche Kirchen auch in diesen Landen nicht allein des kleinen,652 sondern auch des grossen Interims653 oder wol des gantzen Babstumbs, wie etliche andere Oberlendische Stete,654 gantz voll sein. Aber an diesem vnnd anderm boͤsen fuͤrnemen der Feinde, das auch der fromen vnnd vnfromen ausserhalb in Weltlichen sachen noch ein wenig verschonet wird, hatt diese Stat den Feinden allein auch mit jhrer bestendigkeit nicht kleine hinderung gethan, also nemlich, das Gott durch diese arme, doch reine, Deudtsche Magd, daruon diese Stat den namen hatt,655 die er jtzund darzu erwelet, Deudtschem Land gleich wider als auffs new geschenckt hatt, was sie noch vberig hatt von rechtem Gottesdienst vnd von eusserlicher freiheit, welchs beides wenig gnug ist. Vnd setzt gleichwol diese arme Magd druͤber zu,656 waget jhr Leib vnd leben vnd was sie hie mehr auff erden hat, nicht weniger anderer ausserhalb als jhrer selbs eigen keuscheit vnd freyheit halben, wider die Geistliche hurerey vnd Weltliche vnterdruͤckung zu bewaren. Daraus weiter zu uernemen, was das fuͤr eine gleicheit oder billigkeit sey, das andere Christen vnnd Stende dieser Stat wolthat allein mitt geniessen woͤllen, wollen aber gar keine gefehrligkeit oder buͤrde mit helffen tragen, sonderlich in einer solchen sachen, die Gottes ehre vnd der gantzen Kirchen Deudtsches Landes ewiges vnnd zeitlichs heil oder verterben thut belangen. Es sollen jtzund die Christen ausserhalb sich erinnern des ernsten Gerichts Gottes, daruon wir ein schreckliche Historia lesen im Buch der Richter Cap. v.657
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widder die, so jhre bruͤder in noͤthen verlassen: Do Zabu-[P 2v:]lon vnd

|| [611]
Naphthali, fast die geringsten zwen stemme inn Jsrael, jhr leben vnd alles frey dahin wagten von Gottesdiensts vnnd des andern volcks wegen widder Jabin, der Cananiter Koͤnig, der dazumal Herr vber das volck Gottes war vnd Tyranney vbete, sassen die andern meisten vnd mechtichsten Stemme gantz stille darzu, wolten zuuor des spiels ein ende erwarten, auff das, wenn Jabin mit seinem grossen hauffen obsiegete, sie nicht inn groͤssere noth kemen, so sie wider jhn geholffen hetten. Gebe aber Gott jhren Bruͤdern, dem geringen, schwachen heufflein, jrgents ein heil durch wunderzeichen, so wolten sie darnach gleichwol des siegs mit geniessen, wenn ehr on alle jhre gefahr vnnd schaden, on gleich mit vielem blut jhrer Bruͤder, ja do sie allesampt zugleich nichts denn den gewissen Todt fuͤr augen haben sehen koͤnnen, nu schon eroͤbert were, gleich wie jederman jtzund also draussen auff vns auch wartet. Aber Gott als ein gerechter Richter beweiset aldo bald, was er von solcher vngleicheit (auff das wirs mit dem gelindesten namen nennen) helt. Befielet nemlich, durch den Engel zu uerfluchen die andern Stemme, so stille gesessen waren. „Denn,“ spricht er, „sie sind nicht kommen dem Herrn zu huͤlffe.“658 Klagt also, das sie nicht Menschen, jhre Bruͤder, sondern jhn selbs verlassen haben, die doch sein Volck sein wolten. Was nu fuͤr dienste die Gottsfuͤrchtigen oͤbern vnnd vntern dieser vnser Stadt in gegenwertigem jhrem anliegen nach dem spruche Salomons schuͤldig sind, damit sie vns auch nuͤtz sein koͤnnen, sind fast659 diese nachfolgende: Der erste dienst ist das Gebet zu Gott, wie Jacob spricht: „Betet einer fuͤr den andern!“660 Vnnd wir sind des durch vnsern Glauben auff Gottes Wort gewis, das [P 3r:] solch gebet, sonderlich in einer solchen sachen Christi vnd seiner Kirchen, da so viel Christen eintrechtiglich inn einem Geist vnnd Glauben also hertzlich bitten, krefftig vnd thetig bey Gott sey vnnd Goͤtliche krafft habe, kuͤnfftige noth vnd gefehrligkeit vber aller Menschen weißheit vnd gewalt zu wenden. Jst auch da allbereit die erfarung, das der Teuffel, wie grosse gewalt er jtzund vberkomen661 hat, dennoch biß hieher nicht hat noch koͤnnen das vberige, wie wenig auch sein ist, von Goͤttlicher warheit vnnd bekentnis inn rechten Christen ghar ausreuten662 inn Deudtschen Landen, das wir denn nicht vnbillich der fromen Christen seufftzen vnd gebet zuschreiben, on welches der Teuffel lengs wuͤrde alles inn der Kirchen ghar vmbkert haben. Der ander dienst, damit sie vns dienen koͤnnen vnd sollen, ist die demuͤtige vnnd ernstliche fuͤrbit gegen den Menschen als auch den oͤbern. Welche fuͤrbit, so sie geschehe von vielen Stenden vnnd Gottsfuͤrchtigen zugleich, wie sich denn hierin zu thun gebuͤrete, vnd geschehe mit freier bekentnis jhres eigen Glaubens, das sie inn dem mit vns eins weren, auch mit angehengter vermeldung, das sie vns als die vnschuͤldigen in dieser gemeinen sachen, Christum, sein

|| [613]
Wort, vnser aller heil vnnd ewige seeligkeit belangend, selbs nicht verlassen kuͤndten, es wuͤrden etliche grosse Herrn jhren zorn noch wol ein wenig etwas sincken odder jha nicht also frey vngehindert ins werck koͤnnen komen lassen. Duͤnckt dis jemand abermals ein harte rede sein, der wolle sich dargegen erinnern des spruchs Johannis: „Wie Christus sein leben fuͤr vns zur erloͤsung gelassen
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hat, also,“ spricht er, „sollen auch wir vnser leben fuͤr die Bruͤder lassen.“663 Vnnd zwar vnsere gute Leutlein allhie thun hie nichts anders, denn das sie jtzund jhr leben vnd [P 3v:] alles nicht weniger fuͤr jhre Bruͤder draussen als fuͤr sich selbs stets wagen vnd dran setzen. Wie denn auch etliche diese wolthat erkennen, vnd were gut, das sie es alle erkenneten, das diese Stadt noch gleich jhr schutz vnd fristung664 ist, on welche sie vngezweiffelt Gottes Wort lengs hetten ghar verlieren vnd andere leibliche mehr bedrangungen665 leiden muͤssen. Es haben vns auch noch wol zu dancken etliche vnsere Feinde vnd verfolger, was sie inn frieden vnd wolfart noch jtzund schweben.666 Denn so es an667 die vnsern vnnd etliche andere were, die noch ein wenig feste vber der waren Religion vnd vber jhren althergebrachten ehrlichen freyheiten halten, es wuͤrden eben dieselben vnsere Feinde des Adlers klawen inn jhren weichen feddern langs besser entpfunden haben, wie es jhn wol noch zeitlich gnug kan begegnen, weil sie jhe selbs so hoch darnach ringen. Moͤchten derhalben woll allesampt zugleich, fromme vnnd vnfromme, Gott dancken, das er noch jemands in gantzer Deudtschen Nation gibt, der feste helt, damit wir nicht vnter ein frembd joch668 gar gezwungen werden. So wollen wir vns nu dester ehe selbs hinunter helffen mit dem, das wir die vbrigen,669 so bestendig sind, den feinden wider vns zu gute wollen tzwingen.670 Der dritte dienst, damit vns die Christen nu zugethan sein sollen, folget aus dem negsten. Nemlich, so gedachte vnterthenige demuͤtige fuͤrbit nichts hilfft, wie wol zu besorgen,671 so auch eigenen bekentnis fuͤrbracht vnd erklerung des nothdrengeten Christlichen Ampts geschehen ist, das sie vnschuͤldige leut, jhre Bruͤder in gemeiner Gottessachen wider vnrechten gewalt vnd verfolgung nicht lassen koͤnten, das sie nach demselbigen der huͤlffe, welche die Feinde fordern, Christum in seinen gliedern zu martern vnnd zu toͤten, nur etwan zum teil [P 4r:] brauchten Christum inn denselbigen seinen gliedern fuͤr solcher marter vnd mord zu behuͤeten. Zu dem kan vns vnd der gantzen Kirchen auch nicht ein wenig672 gedienet werden mitt zeitigen warnungen vnd mit verhinderung der heimlichen boͤsen listigen anschlege vnnd fuͤrnemen der Saulus-, Absalons- vnnd Achitophels

|| [615]
genossen, wie
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Jonathas vnnd Chusai dem Dauid in seiner verfolgung solche trewe widder dieselbige seine Feinde bewiesen vnnd jhn damit offt aus gewisser673 noth erretteten.674 Zum letzten muͤssen wir noch etwas weiter sagen, welchs wir Ampts halben, darin wir die ehre vnsers Herrn Christi vnd der Menschen heil vnnd seeligkeit zum besten zu foͤrdern von Gott gesatzt sind, nicht vnterlassen koͤnnen. Bitten vnd ermanen derhalben hiemit auch alle Christen, zuforderst die Regenten, Prediger vnd Obrigkeiten, welche ja Christum vnnd sein Wort mit nichte begeren zu uͤbergeben helffen odder zu Creutzigen: Wollet mit hertzlichem ernst vnd Busse betrachten, wie jhr zu solcher vnschuld675 bereitan viel, viel zu viel, gethan habt, nicht allein damit, das jhr vns, ewer mitbruͤder vnnd eins Leibs glieder mit euch in Christo Jhesu,676 so lange vnd so weit bißher verlassen habt, sondern auch damit, das jhr aus Menschlicher furcht oder falscher andacht euer Ampt in dem hoch verseumet habt, das jhr euch den einschleichenden Wolffen des Babsts inn den schaffstall Christi durch Interim vnnd Adiaphora noch nie schir mit ernst zugegen gesatzt habt.677 Es lassen sich villeicht etliche beduͤncken, es gehe sie solcher handel nichts an oder sey vmb schlecht geringe ding zu thun, derhalben sie von wegen friedens vnnd guter tage, welche sie befuͤrchten, sie verlierens, der sachen gantz vnd ghar sich entschlahen678 vnnd sicher679 derselben ausgang erwarten, beyde, mit vns vnd mit der Lere. Wir [P 4v:] vermeinten aber, sie solten nu aus vorgehenden vnnd gegenwertigen empfangenen scheden schier ein mahl gelernet haben, was sie mit jhrer schoͤnen klugheit vnd sicherheit haben ausgerichtet, inn dem das sie sich jhrer lieben Bruͤder noth vnd gefahr, als die sie nicht angehe, gantz vnd ghar enteussern,680 etliche jhnen auch solche noth mit dem Gottlosen hauffen haben helffen zuwenden.681 Wollen sie nu noch nicht mit jhrem eigen schaden klug werden, das sie sich nu wuͤsten, wie sich gebuͤhret, in die sachen zu schicken,682 so sind sie erger als die thoren, wird jhnen auch noch besser mit kolben druͤber gelauset werden.683 Es solten sich billich jtzund alle fromme Christen dieser gemeinen noth also hertzlich vnnd ernstlich annehmen, als ob es einem jeden allein guͤlte684 vnnd

|| [617]
man jhn adern685 solte, odder als weren viel Teuffel aus der helle da vnd wolten seine Seele in ewige pein fuͤren, wie es denn auch in der warheit nicht anders ist, da man vns mit list vnd mit gewalt nach vnser waren Christlichen Religion trachtet, dieselbige ghar hinwegzunehmen odder doch zu uerterben, das sie vns zur seeligkeit nicht mehr nuͤtze sey. So sollen wir jha auch nicht, ob vns schon jtzt ein vngeluͤck zu handen stoͤst,686 so kleinmuͤtig werden oder ghar vertzagen. Denn zu einem rechten Christlichen muth gehoͤret auch, das wenn gleich die fahr vnnd noth
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am groͤsten ist, das man dennoch nicht an Gottes huͤlffe vnnd rettung vertzweiffele. Syntemal687 er seine Kirchen vnd gleubigen am allermeisten pfleget gar bis in die helle zu fuͤhren, nicht das sie darin sollen bleiben, sondern das er sie wider erausfuͤhre688 vnd sie jhn darnach preysen.f 689 Das
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Creutz hebt sich an am hause Gottes, das ist: mit den frommen, vnnd gehet vber den Gottlosen aus, welche [Q 1r:] auch nicht weiter wider vns wuͤten vnnd toben koͤnnen, denn Gott vber vns verhenget.690 Wenn er aber seine zeit ersihet,691 sonderlich das die not am hoͤchsten ist, also das wir an aller Menschlichen huͤlffe ghar vertzagen, so hat denn erst seine huͤlffe stat, vnd pflegt ghar schnelle vnnd wuͤnderliche huͤlffe zu schicken, wie einem Weibe in grossen Kindesnoͤthen geschicht odder einem, den man hengen wil vnd den strick schon vmb den hals gethan hat vnd doch jemands vnuorsehener dinge widderumb abhawet. Also hat er Jerusalem vnuorsehens vnd wuͤnderlich
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errettet, do alle vmbliegende Stedte vnd festen schon eingenomen vnd zerstoͤret waren.692 Also rettet er Bethuliam
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wuͤnderlich in der aller eussersten noth,693 desgleichen
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Samariam.694 Also halff er offtmahls vnuersehens vber aller Menschen weißheit vnnd kreffte inn grossen noͤthen dem gantzen Volck, da er sie aus Egypten ins
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gelobete Land fuͤhrete.695 Derhalben, so last vns auch noch nicht an Gottes trewe vnd allmechtigkeit verzweiffeln; er hat seine hand noch nicht gar von vns abgetzogen, wie wir gedencken, das er nicht mehr wolle retten, so ist er auch noch starck vnnd gewaltig genug, das er kan retten.696 Es ist vns Christen allen grosse Suͤnde vnd ewige schande, das wir also ghar vnserm Gott nichts trawen vnnd auff jhn wagen duͤrffen. Es sind die Heiden, welche doch von Gott vnd von dem ewigen leben ghar nichts gewust haben, viel behertzter gewesen, von gemeines nutzes, leiblicher

|| [619]
freiheit vnd guͤtern wegen zu sterben, denn wir Christen thun von wegen Gottes, seines Worts vnd vnser Seelen ewiges heils vnnd seeligkeit wegen. O der zarten697 Marterer, das wir nicht sagen: heilosen bauchknechte!698 [Q 1v:] Derhalben so solten wir allesampt zu gleich vnnd ein jeder fuͤr sich mit vnuerzagtem hertzen auff Gott dahin auffs treulichste arbeiten, das wir das heilige Goͤttliche Wort reine bey vns vnnd auff vnsere nachkomen moͤchten erhalten, dartzu sollen die Pfarher vnd Prediger itzt dienen mit leren, mit troͤsten vnd mit ermanen, Fuͤrsten vnnd alle Weltliche Obrigkeit mit schutz des weltlichen Schwerdts, die vnterthanen mit allem gehorsam auff Christlich vnd noͤtig erfordern jhrer Obern. Denn das sein wir ja, Gott lob, gewis, das wir das reine Goͤttliche Wort bey vns haben. Wissen auch, das wir Gott keinen groͤssern dienst jtzund thun koͤnnen, denn das wir dasselbige in dieser verfolgung, souiel an vns ist, helffen erhalten, darumb gern wagen vnd darstrecken699 jhm zu einem suͤssen geruch700 vnser gutt, ehre, leib vnnd leben, ein jglicher in seinem Stande vnnd in seinem beruff, wie er darzu gefordert vnd gezogen wird. Vnd wie wir Gott keinen gefelligern dienst jtzund thun koͤnnen denn eben diesen, also koͤnnen wir auch vnsern nehisten, den jtzigen vnd nachkomenden, nichts nuͤtzers oder noͤtigers thun, denn das sie auch durch erhaltung des Worts mit vns muͤgen ewig selig werden. Last vns bedencken, das wir sunst alle on das sterben muͤssen, wie auch jhener Heyde spricht: „Der
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Mensch hatt nichts gewissers denn den Todt, vnd hilfft nichts darwidder, wenn er sich gleich liesse vermauren, es wird jhn der Todt dennoch finden.“701 Weil wir denn an702 das muͤssen diß leben vnnd alles zeitlich hie ein mall verlassen, wie koͤnnen wir sein besser vnnd herlicher jmermehr anwerden,703 denn so es Gott haben will, das wirs vmb seinen willen allhie verlassen? Welchs gleichwol auch nicht ehe gescheen wird, denn ehr verordent hat vnnd es haben will, wirts vns auch darnach im ewigen [Q 2r:] leben mit grosser herlickeit vnd freuden erstaten, was wir hie vmb seinen willen wagen oder verlieren.704 Es haben auch die Heyden geleret vnd es etlicher massen etliche bewiesen, das ein jeder nur thun soll, was recht ist, vnnd nach tugent streben, daruͤber jhm allweg ein gute zuuersicht schepffen, das es wol geraten werde, aber doch erwarten, wie es Gott schickt, vnnd dasselbige mit geduld vnd standhafftigem

|| [621]
hertzen tragen vnd deshalben nicht wider tugent thun.705 Haben nu solchs die Heyden gethan, so gebuͤrets vns Christen ja viel mehr zu thun, das wir mit ernst vns befleissen,706 zu bleiben in Gottes gehorsam, vnnd jhm auch das ende befehlen.707 Wir wissen aber auch das aus seinem Wort, welchs die Heyden nicht gewust haben, das vnsere arbeit vnd muͤhe, die wir thun nach seinem Wort vnnd willen, gewiß nicht vergebens sein werde, sondern etwas grosses nutzes gewislich schaffen.708 So ist auch das gewis, das Christus alle tage vnnd alle stunde bey vnnd mit seiner Kirchen selbs ist, sie allezeit beschuͤtzen vnd erhalten wird biß an Juͤngsten tag widder alle pforten der Welt vnd der Hellen.709 Der leib der Kirchen wird gewiß bleiben vnnd allezeit ein voller gantzer Leib sein, ob gleich die einzelen glieder imer eins nach dem andern hie leiblich hinfallen aus diesem leben, so werden sie doch auch alle Geistlich erhalten zum ewigen leben. Vnd demnach koͤnnen vnd sollen wir auch nicht wissen, wie es allhie leiblich mit vns inn gegenwertiger noth dieser verfolgung ein ende nemen wird. Wir Christen sollen dem ebenbilde des Sons Gottes ehnlich zu werden nicht scheu haben vnd durch viel truͤbsall, entlich auch durch den Todt, wenn vnd wie es Gott haben will, eingehen ins ewige leben vnnd herligkeit.710 Wir haben ein gewisses wort Gottes, welchs [Q 2v:] vns nicht triegen kan; wir leben oder sterben, so sind wir
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doch des Herrn,711 vnd vnser gegenwertige truͤbsal, die zeitlich vnnd leichte ist, schaffet vns dort ein ewige vnd vber alle mas wichtige herligkeit.712 Derhalben last vns nur damit bekuͤmmern,713 wie wir mit trewen vnnd mit ernst, ein jeder in seinem beruff, Gottes befehl vnd willen in dem thun, das wir sein heiliges, seligmachendes Wort bey vns vnnd auff vnsere nachkomen rein erhalten, darneben gedencken, das wir nicht zu diesem elenden, kurtzen leben erschaffen sein,714 sondern das wir durch dis leben vnd Welt gleich als Pilgerim eilen inn ein anders, bessers leben vnnd andere Welt,715 vnd nicht zweiffeln, wir werden dort inn jhenem leben eben auch dieser vrsachen halben so viel dester seeliger vnd herrlicher sein, das wir vmb des Namens Jhesu willen alle hon, schmach vnd verfolgung erlieden haben.716 So wollen wir nu alle sampt zu gleich von hertzen bitten Gott vnd den Vater vnsers lieben Herrn Jhesu Christi, das er vns selbs gnediglich durch seinen heiligen Geist erhalten wolle in rechtem glauben vnd bekentnis seines Sohns,

|| [623]
vnd alles zu thun gnade verleihen, was zu rechter Christlicher bekentnis jtzund vnnd allezeit von noͤthen sein wird. Wolte vns behuͤten vnd bewaren, das wir jha nicht verfuͤret durch fleischliche sicherheit, furcht, weißheit, wollust odder jrgents andern betrug dieses lebens wider solche bekentnis handeln muͤgen. Er wolte auch, der barmhertzige himelsche vater, diese seine sachen mit vns zu einem solchen ende schicken,717 das nicht der Antichrist mit seinem vater, dem Teuffel, widder Christum triumphirn, auch der Antichristische hauffe dem voͤlcklein Christi fuͤrwerffen vnd lestern muͤge: „Wo ist nu ewer Christus? Wo ist ewer Euangelium?“718 Derhalben kum vnd sihe drein, lieber Herr Jhesu, kum vnd rette vns [Q 3r:] vmb deines Namens ehre willen! „Ja,“ spricht Christus,
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„ich wil komen vnd wil bald komen.719 Denn meine ehre wil ich
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keinem andern geben720 vnnd nicht zugeben, das die
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pforten der Welt oder der Hellen meine Kirche vberweldigen sollen.721 Himel vnnd Erden vergehen, aber meine Wort vergehen nicht.“722 Darfuͤr sey jhm nu danck vnd lob in seinem ewigen Reich, da er lebt vnd wir auch leben sollen vnd mit jhm zur herrligkeit erhaben werden, sintemal wir ja jtzund mit jhm leiden vnnd vmb seinen
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willen den gantzen tag getoͤdtet werden.723 Amen. Niclas von Amssdorff hat vnterschrieben mit eigner hand.724 Niclas Han725 Pfarrher zu S. Vlrich. Lucas Rosental726 zu S. Johans. Johannes Stengel727 zu S. Jacob. Henning Freden728 zu S. Catharinen.

|| [625]
Ambrosius Hitfeld729 zu S. Peter. Johannes Baumgarten730 zum H. Geist. Joachim Wolterstorff731 in der Sudenburgk. Heinrich Gercken732 in der Newen Stadt. Alle Pfarrhern haben fuͤr sich vnd jhre mitdiener mit eigen handen vnterschrieben. [Q 4r:] Den xiij. Aprilis dieses 50. Jahrs ist vnser lieber mitgehuͤlffe im Ampt des Herrn M. Steffan Tucher733 in bekentnis eines rechten Glaubens vnd anruffung des Sons Gottes seeliglich vnd sanfft aus dieser Welt verscheiden. Wie er nu von Gott mit sonderlichem verstand vnnd einem Geistlichen vrteil in sachen Gottes Wort belangend begnadet gewesen, ein ernstlichen fleis eines Gottseligen lebens vnnd eiuer vmb Gottes ehre fuͤr vielen gehabt, auch feind gewesen der Epicurischen weisheit vnnd sicherheit, da viel nicht allein zuhoͤrer, sondern auch lerer diese gegenwertige grosse noth der Christlichen Kirchen vnnd vnser heiligen Religion in Wind schlagen koͤnnen, als gehe sie es nicht viel an oder sey vmb schlecht, lose, vnnoͤtig ding zu thun – Dieses allen koͤnnen nicht allein wir, sondern viel andere mehr, hie vnd ausserhalb, gelerte vnd vngelerte, ware zeugnis geben, nachdem ers auch oͤffentlich gnug erzeiget vnd beweiset hat. So haben vnser etliche zuuorn offtmals vnnd darnach wenig tage vor seinem ende aus seinem munde selbs gehoͤret seine letzte bekentniß, die er wider das Interim vnnd Adiaphora vnd derselbigen beide Hendler734 mit grossem ernst vnnd eiuer des Geists gethan, zu einer bestetigung desjenigen, was er vorhin735 dauon in der vorrede auff

|| [627]
die auslegung D. M. Luthers ins 53. Cap. Esaie.,736 auch auff ein andere D. Martinus Predigt durch einen oͤffentlichen Druck geschrieben hatt.737 Ferner haben wir an seinem todbette von jhm gehoͤret, wie er vns trewlich ermanet hat, in bekentniß dieser vnser lere, die wir jtzund haben, wider den Jnterimistischen vnd Adiaphoristischen Sawrteig738 bestendig bis an vnser ende auch zu uerharren, vnnd viel anders mehr, das hieher zu diesem handel dienet, welchs vielleicht andere zu jhrer zeit mit anzeigen werden. Jn sonderheit aber hat er vns auch befohlen, weil diß vnser Buch dasmal gleich in druck geben ward, das wir seinen Namen mit vnterschreiben vnnd seine zeugen fuͤr der gantzen Kirchen sein solten, das er in bekentniß des allen, so in diesem vnserm Buch geschrieben ist, woͤlte sterben. Auff das wir nu diesem Christlichen beghern des frommen Mannes sein genuͤge thun, haben wir dis alles von seinem bekentnis vnnd vrteil mit so vielen worten hiemit angehengt vnnd dasselbige so viel dester lieber, das wir achten, solch vrteil vnd bestendigkeit sol zu gleichem vrteil vnd bestendigkeit in gegenwertiger sachen vnd zur ehre Christi vielen Christen hie vnd ausserhalb nuͤtz vnnd gut sein. Denn das einer in seinem letzten ende sich in einer sachen auff Gottes gericht darff beruffen, vnd [Q 4v:] indem er sich also dahin berufft, in seinem hertzen nicht zu schanden wird vnd, nach den worten Christi,739 den Tod nicht sihet oder schmecket (wie diesem vnserm lieben Bruder widerfahren), das sind warlich starcke zeugnis, das er in gegenwertiger sachen ein gut gewissen gehat740 vnd an der warheit gewesen sey.

|| [629]

Der 93. Psalm.

Der Herr ist Koͤnig vnd herrlich geschmuͤckt; der Herr ist geschmuͤckt vnd hat ein Reich angefangen, so weit die Welt ist, vnd zugericht, das es bleiben sol. Von dem an steht dein stul, du bist ewig. Herr, die Wasserstroͤme erheben sich, die Wasserstroͤme erheben yhr brausen, die Wasserstroͤme heben entpor die wellen. Die Wasserwogen im Meer sindt gross vnd brausen greulich. Der Herr aber ist noch groͤsser in der hoͤhe. Dein wort ist eine rechte Lere; heiligkeit ist die zierde deines hauses ewiglich.741 Gedruckt zu Magdeburgk durch Michel Lotther.

Marginalien
a Psalm. 33
b Leuit. 18.
c Roma. 7.
d Roma. 8.
e 1.Corin.15.
f Daniel. 6
g 3. Regi. 21
h Trip. Hist. libro. 9.
i Lombar. Histo.
j Gene. 9.
k Deutro. 1.2. Para. 19.
l Psalm. 24.
m Acto. 23.
n 1. Mach. Math.: A. 2.
o 4. Reg. 9.
p 1. Regi. 4.: A.1. Reg. 14.
q 3. Reg. 15.
r Trip. hist. Lib. 9
s Euseb. Eccle. Hist. lib. 9.
t Ibidem.
u Matth. 7.
v Math. 25.
w Acto. 9.
x Psal. 109.
y Matth. 12.
z Hieuon lies mit fleis D. M. Luthers warnunge an seine liebe Deudtschen nahend am ende.605
aa Lomb. Hist. in uita Mauritij.
ac 1.Corin.12.
ad Jud. ca. 5.
ae 1. Joha. 3
af 1. Regi. 20. 2. Reg. 17.
ag 1. Regi. 2.
ah 1. Petri. 4.
ai 4. Reg. 19.
aj Judith. 7.
ak 4. Regi. 7.
al Exodi, Iosue, Iudicum.
am Demosthenes.
an Roma. 14. 2. Corin. 4.
ao Apoca. 22.
ap Esai. 42.
aq Matth. 16. Luc. 21.
ar Roma. 8. Psal. 44.

Textapparat
a sic A.
b gethan nur in der Kustode B 2r.
a Im Originaldruck erscheint der Passus durch entsprechende Setzung von Virgeln als Dativobjekt im Bereich des erweiterten Infinitivs, der Zusammenhang erfordert aber den Bezug als dativus possessivus auf „vrsach“.
a Im Originaldruck erscheint eine Virgel hinter „haben“, so dass „gezogen haben“ zum Prädikat des Vordersatzes wird.
a Im Originaldruck keine Virgel vor „sich“, möglicherweise wäre „sich, sich“ zu konjizieren, so dass „bei sich behalten“ (wie im vorangehenden Satzgefüge) und „sich pflegen“ verstanden werden könnte.
b Kustode: Gottlose.
a gaben: A.
a sic A, rectius: dieser.
a hiessen: A.
a schreibe: A.
b sic A. Vgl. Art. Verläugnung, in: DWb 25, 750f.
c ergänze: gemäß, entsprechend, nach.
d Im Originaldruck A durch größere Schrift hervorgehoben.
e Im Originaldruck A durch größere Schrift hervorgehoben.
f preyse: A.

Kommentar
1 nicht so fast = nicht nur, nicht bloß, weniger (... als vielmehr). Vgl. Art. fast A.5.c), in: DWb 3, 1349.
2 mit Stumpf und Stiel zu vernichten, auszurotten; eigtl. von der Rodung eines Gehölzes. Vgl. Art. ausreuten, in: DWb 1, 935.
4 aufzulehnen, zu behaupten. In dieser Bedeutung nicht bei Grimm; s. Luther-Studienausgabe 6, 20[b]. Vgl. auch den Text des Ausschreibens des Magdeburger Rats vom 24. März 1550 (VD 16 M 126), B 1r-1v: „Zu dem wenn die Oberigkeit vber yhre beuolen ampt hergreiffet / das man yhr denn inn dem nicht alleine keinen gehorsam darff leisten / sondern sich auch dagegen des vnrechten gewalts mag auffhalten.“
6 Zusammenfassung, lat. summa. Vgl. Art. Summe 1.b), in: DWb 20, 1066.
9 sich bezieht, sich beruft. Vgl. Art. ziehen II.B.6.b), in: DWb 31, 1008.
10 Zu den Ausschreiben des Rates vom August 1548 (VD 16 M 128 und M 129), vom Jahresanfang 1549 (VD 16 M 134 und M 135) und vom März 1550 (VD 16 M 126 und M 127) vgl. Kaufmann, Ende der Reformation, 134-146, dort S. 146-155 auch zu zwei weiteren Ausschreiben aus dem Oktober und dem Dezember 1550.
11 Amt/Auftrag und Fähigkeiten/Möglichkeiten. Vgl. Art. Beruf 2), in: DWb 1, 1530f; Art. Vermögen 1), in: DWb 25, 888-891.
14 Vgl. unsere Ausgabe Bd. 1, Nr. 3, S. 107, Anm. 71; Nr. 17, S. 856, Anm. 432.
17 Beifall, Zustimmung, Zulauf, Anhängerschaft. Vgl. Art. Zufall 1), in: DWb 32, 342.
21 unter großer eigener Gefahr. Vgl. Art. Gefährlichkeit 2.a), in: DWb 4, 2086.
22 sitzenden (als Ausdruck amtlicher Würde). Vgl. Art. gesessen 1), in: DWb 5, 4069.
23 Vgl. Ps 107,42.
24 Melanchthon als Verfasser der Confessio Augustana uns Vertreter Luthers auf dem Reichstag zu Augsburg 1530 bleibt unerwähnt.
25 Vgl. Anm. 9 zum lateinischen Text.
26 oberflächlich. Vgl. Art. obenhin, in: DWb 13, 1072f.
28 weder.
29 Vgl. I Reg 18,19 u. ö.
30 Vgl. Anm. 11 zum lateinischen Text.
32 Vgl. Luther, Warnung an seine lieben Deutschen (1531), WA 30/III (252), 276-320. (390) 392-398. 590.
34 sehr.
36 Beifall, Zustimmung. Vgl. Art. zufallen 2.c), in: DWb 32, 347.
37 Vgl. Joh 15,16.
39 Vgl. Dan 7.
40 Vgl. II Thess 2.
42 unter Beweis stellen, dokumentieren (dass es ihnen mit der Umkehr ernst sei).
43 Diese Futurbildung auch in unserer Ausgabe, Nr. 4, B1. P 1v: "... Das wird er warlich nicht lang leiden werden, noch vngerochen lassen. So wir derhalben Gott nur trawen koͤnnen vnnd warten, so wird er vnns gewislich lauts seiner verheissung noch ein herliche rettung schicken werden." Es könnte sich um ein Stilmerkmal des Nikolaus Gallus handeln; vgl. unten bei Anm. 443 und 585.
44 nach dem Vorbild ihrer (stricte konstruiert: seiner, des deutschen Landes) Herren.
45 Ist damit nicht der Tatbestand des Abfalls von der Augsburgischen Confession hinlänglich erfüllt ...
46 den Beschluss desselben zu befolgen. Vgl. Art. geleben 2.c), in: DWb 5, 2203
47 Partei (also nicht neutral). Vgl. Art. Parte 2), in: DWb 13, 1466.
48 Vgl. Anm. 14 zum lateinischen Text.
49 Vgl. Luther, De captivitate Babylonica ecclesiae praeludium (1520), WA 6, (484) 497-573.
50 einen Dienst zu leisten, gefällig zu sein. Vgl. Art. hofieren 1), in: DWb 10, 1681.
51 Vgl. Hos 1,2; 9,1.
55 Reste, Überbleibsel. Vgl. Art. Überbleibling, in: DWb 23, 143.
57 sehen wir uns verpflichtet. Vgl. Art. schuldig 1.d), in: DWb 15, 1903.
59 das in dieser Sache auf ihrer Seite steht, zu ihnen hält. Vgl. Art. halten B.II.2.b), in: DWb 10, 290.
60 Vgl. Mt 10,22; 24,13.
61 Vgl. Act 3,21.
62 (rechtlichem) Bedürfnis entsprechend; rechtskräftig. Vgl. Art. Nothdurft 1.d), in: DWb 13, 926.
63 diese reine Lehre zu schützen. Vgl. Art. halten B.I.2.b.α), in: DWb 10, 276.
65 Vorschub, Unterstützung. Vgl. Art. Fürschub 5), in: DWb 4, 803.
67 unsere Ausführungen träten ihnen zu nahe, beleidigten oder verletzten sie. Vgl. Art. nahe B.I.1.b.η), in: DWb 13, 284.
69 deshalb können wir ihrem Beispiel nicht folgen und ebenfalls gegen unsere Pflicht verstoßen oder sie vernachlässigen. Vgl. Art. versäumen 2), in: DWb 25,1045-1047.
70 Vgl. CA V (Vom Predigtamt), VII (Von der Kirche), XIV (Vom Kirchenregiment).
72 Vgl. Anm. 17 zum lateinischen Text.
75 Vgl. CA I (Von Gott).
76 Vgl. CA III (Von dem Sohn Gottes).
78 vorführen (einen Angeklagten im Rahmen einer Gerichtsverhandlung). Vgl. Art. fürstellen 6), in: DWb 4, 856.
79 Vgl. Ps 33,9.
80 Vgl. Gen 1,31.
81 Vgl. Gen 1,27; dort steht freilich nichts von einer Erschaffung des Teufels nach Gottes Bild. Die deutsche Version interpretiert die lateinische Fassung stricte, indem sie "hi" mit "beide, Teufel und Menschen" wiedergibt.
82 ganz und gar keine Schuld. Vgl. Art. überall 5), in: DWb 23, 128.
83 Vgl. Gen 3,1-13.
88 Vgl. Ps 51,7.
89 Hölle.
90 Nächsten.
91 Eigenliebe, Egoismus.
92 Vgl. CA II (Von der Erbsünde).
93 Vgl. Anm. 28 zum lateinischen Text.
94 Vorbereitung, vorbereitende Anstrengungen. Vgl. Art. Zubereitung 7) und 8), in: DWb 32, 245. Vgl. Anm. 29 zum lateinischen Text.
96 nichts als, lauter. Vgl. Art. eitel adv. 1), in: DWb 3, 387f.
97 im irdischen Leben. Vgl. Art. hie 3), in: DWb 10, 1305f.
98 im jenseitigen Leben. Vgl. Art. dort 4), in: DWb 2, 1305.
100 keineswegs.
102 in solcher Weise. Vgl. Art. also 1), in: DWb 1, 261.
104 Schurken, Missetäter. Vgl. Art. Bube 5), in: DWb 2, 460f.
105 rechtschaffenen. Vgl. Art. fromm 4), in: DWb 4, 242.
107 achtbare Leute im Sinne der bürgerlichen Ordnung. Vgl. Art. Biederleute, in: DWb 1, 1812; Art. Biedermann, in: DWb 1, 1812f.
108 Rechtschaffenheit. Vgl. Art. Frommkeit. in: DWb 4, 247f; ferner Melanchthon, Unterschied zwischen weltlicher und christlicher Frommkeit (1522), MWA 1, 171-175.
109 on sofern = es sei denn, dass. Vgl. Art. ohn III.2.b.γ), in: DWb 13, 1218.
110 Vgl. Röm 2,15.
113 Vgl. Anm. 33 zum lateinischen Text.
114 wieder auftauchen, ein ernstzunehmender Faktor werden. Vgl. Art. Bahn 5)), in: DWb 1, 1077.
115 Vgl. Anm. 34 zum lateinischen Text.
116 Vgl. Anm. 35 zum lateinischen Text.
117 Offenbar ist von Bestrebungen die Rede, das gesamte mosaische Gesetz zur Grundlage der zivilen Gerichtsbarkeit auch außerhalb Israels zu machen. Anscheinend ist hier an die Herrschaft der Täufer in Münster gedacht.
118 unverständige Nachahmer. Vgl. Art. nachäffen, in: DWb 13,16. Vgl. Luther über den Papst, Deutsche Bibel (1545), ed. Volz, S. 1519, Z. 6-13: "Dieser Teuffelskopff vnd vnfletiger Gottesaffe wils jm [Gott] nach thun / vnd machts weit vber / dazu auch wider den rechten Gott / dem er Sünde / durch aller Creatur brauch / durch alle Welt stifftet / vnd zeiget sich hiemit / als sey er Gott im tempel Gottes / das ist / in der Christenheit."
119 Die Kirchenordnung des Gesetzes Mose = das alttestamentliche Zeremonialgesetz.
120 belasten, beladen. Vgl. Art. beschweren 1), in: DWb 1, 1603.
121 befreien, losmachen. Vgl. Art. freien [I], in: DWb 4, 104f.
122 Vgl. Anm. 39 zum lateinischen Text.
123 was wir von ihm erwarten dürfen. Vgl. Art. versehen I.9.c), in: DWb 25, 1250-1252.
124 Vgl. Gen 3,15.
125 Vgl. Hebr 1,1f.
126 Vgl. CA IV (Von der Rechtfertigung).
127 folgendermaßen. Vgl. Art. also 1), in: DWb 1, 261.
130 freispricht, erlöst.
131 beispielsweise.
132 untreuer, arglistiger Mensch. Vgl. Art. Schalk II.2.e), in: DWb 14, 2071.
138 geschuldeten; den Gehorsam, zu dem er Gott gegenüber verpflichtet ist. Vgl. Art. schuldig 2.c), in: DWb 15, 1904.
139 Vgl. CA VI (Vom neuen Gehorsam).
143 Vgl. Röm 8,13 (Deutsche Bibel 1545).
144 Vgl. hierzu die Darstellung auf Regensburger Einblattdrucken von 1561/62 mit katechetischen Erläuterungen von Flacius, nöglicherweise unter Beteiligung von Nikolaus Gallus enstanden; siehe Schwarz, Bettlerhand.
145 weder.
146 in der Weise.
147 gleichsam.
148 gar so selbstgerecht und selbstgefällig dahinleben.
149 doppelte Verneinung verstärkt hier Negation.
150 zuvor.
152 Vgl. Röm 8,23.
153 Vgl. Anm. 50 zum lateinischen Text.
155 Hier offenbar synonym zu Richter gebraucht. Zur Bedeutungsfülle des Wortes vgl. Art. „Schultheiß“, in: Haberkern-Wallach, 558f.
157 Vgl. z. B. Thomas v. Aquin, Summa theologiae, Ia IIae q. 106-108.
158 ängstlichen, verzagten. Vgl. Art. blöde 6), in: DWb 2, 139.
160 sehr; „nicht so fast“ = weniger. Vgl. Art. fast A.5.c), in: DWb 3, 1349.
161 Vgl. AC IV,17 (Von der Rechtfertigung), BSLK 162,29-163,25 mit Anmerkungen.
162 stehet in = besteht aus.
163 Erlösung, Befreiung. Vgl. Art. Erledigung 2), in: DWb 3, 897.
164 Strafe (poena). Vgl. Art. Pein 1), in: DWb 13, 1524.
165 völlig übergangen, ganz unberücksichtigt. Vgl. Art. austhun 5), in: DWb 1, 997f.
166 ohne.
167 Vgl. Anm. 57 zum lateinischen Text.
168 Vgl. Luther, ASm III, Von der flaschen Buße der Papisten:"... Mit der Reu war es also getan: weil niemand alle seine Sunde kunnte bedenken (sonderlich das ganze Jahr begangen), flickten sie den Pelz also. Wenn die verborgene Sunde hernach ins Gedächtnis kämen, mußte man sie auch bereuen und beichten etc. Indes waren sie Gottes Gnaden befohlen. Zudem, weil auch niemand wußte, wie groß die Reue sein sollt, damit sie ja gnugsam wäre fur Gott, gaben sie solchen Trost. Wer nicht kunnte contritionem, das ist Reue haben, der sollte attritionen haben, welchs ich mag eine halbe oder Anfang der Reue nennen" (BSLK, 439,12-440,2; vgl. auch BSLK 725,30-726,19 [Beginn der "kurzen Vermahnung zur Beichte"]).
169 phantasieren, delirieren. Vgl. Art. träumen II.A.2.a), in: DWb 21, 1485.
171 Vgl. Anm. 59 zum lateinischen Text.
172 Vgl. Augsburger Interim III (Von der erlösung durch Christentum unsern herrn), 40-42.
173 Hier wird die bloße Kenntnis der biblischen Erzählungen (notitia, fides historica) unterschieden vom gläubigen Vertrauen darauf, dass Gottes Heilswille auch der je eigenen Person gilt (fiducia); vgl. BSLK 79,6-80,12 (aus CA XX). In Melanchthons Loci von 1559 ist die dreifache Unterscheidung innerhalb des Begriffs 'fides' angelegt, wie sie klassisch in der altprotestantischen Orthodoxie vertreten wurde: notitia - assensus - fiducia; vgl. MWA II/2, 418,37-419,12.
176 Redensartlich: verunsichern, absichtlich in Gefahr bringen. Vgl. Art. Eis 6), in: DWb 3, 360.
177 Nikolaus von Amsdorf kritisiert diese Aussage auch in unserer Ausgabe, Nr. 8, Bl. A 2v. Daraus entwickelte sich der Majoristische Streit, vgl. unsere Ausgabe Bd. 3.
178 Auch wenn etliche theologische Lehrer am zutreffenden Sinn dieser beiden Artikel festhalten ...
179 bei der Gegenpartei, den Papisten.
180 einer bösen Sache einen guten Anschein geben. Vgl. Art. bemänteln 1,1457f.
181 mächtig, einflussreich. Vgl. Art. gewaltig 1.f.β.2), in: DWb 6, 5143.
182 Vgl. Augsburger Interim XV (Von der tauff), 74-79, insbes. 76: "Wiewol auch dietauff all unser sünden wegknimbt nach der schriefft, so nimbt sie doch nit alle gebrechen und kranckheit der verderbten natur hinwegck [...] dann es bleibt noch die begirlichkeit, die zum bösen raitzet, ob schon die schuldt wegckgenommen ist."
184 Vgl. Anm. 64 zum lateinischen Text.
186 In der Reformationszeit gab es innerhalb der Gruppen, die die Unmündigen- bzw. Säuglingstaufe als ungültig ablehnten, auch solche, die sich für ihre Verkündigung wesentlich auf individuelle Sonderoffenbarungen beriefen, die über den Inhalt der Heiligen Schrift hinausging oder sogar im Widerspruch zu ihm standen. Vgl. oben Anm. 34 zum lateinischen Text.
187 Vgl. Augustinus, In Evangelium Ioannis tractatus 80,3 (PL 35, 1840; CChr.SL 36, 529,6f).
189 im Unterschied zu, gegenüber. Vgl. Art. für I.B.3.e), in: DWb 4, 648.
190 unter der zahlreichen Menge. Vgl. Art. Haufe I.4) und 5), in: DWb 10, 584f.
192 Vgl. Anm. 67 zum lateinischen Text.
193 Augustinus, In Evangelium Ioannis tractatus 80,3 (PL 35, 1840; CChr.SL 36, 529,5f).
194 Vgl. oben Anm. 69 zum lateinischen Text.
195 den Sakramenten.
197 Vgl. Anm. 71 zum lateinischen Text.
198 Vgl. Tit 3,5-7.
201 Vgl. Anm. 73 zum lateinischen Text.
203 Zur Praxis, Sterbende mit einem Ordensgewand zu bekleiden, vgl. Angenendt, Religiosität, S. 672–674; ferner Paulus, Ablass, 220f: „... Sixtus IV. bestätigte zudem im Jahre 1472, allerdings nur mündlich, den Erlaß des vierten Teils der Buße, den angeblich frühere Päpste jenen verheißen hatten, die sich im Minoritenkleide beerdigen ließen. Statt dieses partiellen Ablasses hat Leo X. 1517 einen vollkommenen Ablaß bewilligt.“ Zum Zusammenhang von Plenarablass und Taufunschuld vgl. aaO S. 352. Vgl. noch Franz Kaulen, Art. Kleider A. überhaupt, in: WWKL2 7 (1891), 746–757, insbes. 756: „... Dagegen ist es den Laien gestattet, sich im Habit des Franciscanerordens oder einiger anderen Genossenschaften, welche das nämliche Privilegium besitzen, begraben zu lassen, wenn sie dazu vom Ordensgeneral die Erlaubniß erhalten; in diesem Falle bedingt die Erlaubniß für die Sterbstunde einen vollkommenen Ablaß.“
204 Vgl. Anm. 75 zum lateinischen Text.
205 Vgl. oben Anm. 28 zum lateinischen Text.
206 Zum Taufritual gehörte – neben der Gabe von Salz in den Mund des Täuflings und neben dem Bestreichen der Ohren und der Nase mit Speichel – auch die mehrmalige Salbung mit Chrisam, unmittelbar vor der eigentlichen Taufe auf der Brust und zwischen den Schulterblättern, nach der Taufe kreuzförmig auf dem Scheitel. Vgl. Luthers Taufbüchlein von 1523 im Unterschied zur Fassung von 1526, Cl 3, 310–316, bes. 315 unten; Peters, Kommentar 5, 159–162.
207 Vgl. Anm. 78 zum lateinischen Text.
209 Vgl. CA X (Vom heiligen Abendmahl).
210 Genuss, Gebrauch, Verzehr. Vgl. Art. Nieszung 1), in: DWb 13, 841.
211 Verstümmeln, Entstellen, Verfälschen. Vgl. Art. stümmeln [Bedeutung] B.1) und 2), in: DWb 20, 408f.
212 Vgl. CA XXII (Von beider Gestalt des Sakraments): „Den Laien wird bei uns beide Gestalt des Sakraments gereicht, aus dieser Ursach. Dann dies ist ein klarer Befehl und Gebot Christi, Matth. 26: ‚Trinket alle daraus.‘ Da gebeut Christus mit klaren Worten von dem Kelch, daß sie alle daraus trinken sollen ...“ Vgl. ferner Anm. 80 zum lateinischen Text.
213 Vgl. CA XXIV (Von der Messe): „... Darbei ist auch der greulich Jrrtumb gestraft, daß man gelehret hat, unser Herr Christus hab durch seinen Tod allein fur die Erbsund genuggetan und die Messe eingesetzt zu einem Opfer fur die anderen Sunde, und also die Messe zu einem Opfer gemacht für die Lebendigen und Toten, dardurch Sund wegzunehmen und Gott zu versuhnen ...“ (BSLK 93,5–13).
214 Vgl. Anm. 81 zum lateinischen Text.
215 Vgl. Theodor Maas-Ewerd, Art. Tabernakel, in: LThK3 9 (2000), 1223.
217 damit (indem man es zu einem Gegenstand der Anbetung machte).
218 eben.
219 Vgl. Augsburger Interim XXVI (Von den ceremonien und gebrauch der sacramenten), 134–144, bes. 142: „... welche den gebrauch baider gestalt vor dieser zeit angenomen haben und davon nit absteen wollen, die sollen hierüber gleichsfals des gemeinen concilii erorterung und entschid erwarten.“
220 Vgl. Augsburger Interim XXII (Vom opffer der meß), 102–122, bes. 112: „... hat unser herr Jhesus Christus, auff das er seiner kirchen nichts mangeln liesse, im letzsten abentmal, da er seinem vatter gedanckt, das sacrament seines leibs und pluets eingesetzt und alßbaldt zwaierlei breuch desselben befohlen. Nemlich das es von den glaubigen als ein selige narung irer seelen genomen würde: Nemet hin (sagt er) und essent [Mt 26,26]; und das es auch zu seines leidens gedechtnis geopfret würde, welches opffers ambt er den aposteln als des newen gesetzes priestern befolhen hat: Das thuet (sagt er) zu meiner gedechtnus [Lk 22,19].“
222 beistimmen, sich anschließen. Vgl. Art. zufallen 2.b) und c), in: DWb 32, 347.
223 In Art. XXV (Von der communion, wie sie beim opffer der meß gehalten werden soll) des Augsburger Interims hatte man es lediglich als wünschenswert bezeichnet, wenn außer dem zelebrierenden Priester auch weitere Geistliche das Sakrament empfingen und auch anwesende Gemeindeglieder angehalten würden, nach vorangegangener Beichte und Absolution die Kommunion zu empfangen. Der Art. XXVI (Von den ceremonien und gebrauch der sacramenten) hält u. a. auch an den Seelmessen fest.
224 Gemeint sind die Reformierten in der Tradition Huldrych Zwinglis und Johannes Calvins.
225 Die Transsubstantiationslehre besagt (unter Rückgriff auf aristotelische Vorstellungen), dass bei der Konsekration durch den Priester während der Messfeier die Elemente Brot und Wein ihrem Wesen nach – jedoch unter Beibehaltung ihrer äußeren Merkmale – dauerhaft in Leib und Blut Christi verwandelt werden. Diese Auffassung wurde 1215 auf dem IV. Laterankonzil zum verbindlichen Dogma erhoben (DH 802) und 1551 vom Trienter Konzil bestätigt (DH 1642).
226 aufzubewahren. Vgl. Art. aufheben 13), in: DWb 1, 667. Das Wort kann auch „emporheben“ bedeuten [vgl. Art. aufheben 1), in: DWb 1, 663f], und in diesem Sinne fasst es die lateinische Version, indem sie es mit „elevatio“ wiedergibt; vgl. Anm. 89 zum lateinischen Text.
227 Während nach lutherischem Verständnis die Gegenwart Christi in, mit und unter den Abendmahlselementen auf die Dauer der Mahlfeier beschränkt ist, ergibt sich als Konsequenz aus der römischen Transsubstantiationslehre (siehe Anm. 232) die Notwendigkeit, nicht verzehrte Hostien aufzubewahren (im Sakramentshaus bzw. Tabernakel, siehe Anm. 222) und ihnen als gegenwärtigem Leib des Herrn auch außerhalb der Mahlfeier kniefällig Verehrung zu erweisen, was im Umhertragen einer konsekrierten Hostie im Rahmen der Prozession am Fronleichnamstag (festum Corporis Christi) gipfelt.
231 der Diener am Wort, der Pfarrer, die das Abendmahl austeilen.
232 Vgl. Anm. 95 zum lateinischen Text.
233 Vgl. Anm. 95 zum lateinischen Text
234 die Leute fälschlich glauben machen, den Leuten weismachen, ihnen einreden. Vgl. Art. übertäuben 1.e), in: DWb 23, 592.
236 Vgl. Arno Schilson u. a., Art. Sakramentalien, in: LThK3 8 (1999), 1452–1455.
237 Vgl. Gen 3,15.
238 Vgl. Mt 16,18.
239 Vgl. CA V (Vom Preditamt); VII (Von der Kirche).
240 Vgl. Gen 3,15.
242 Vgl. CA VI (Vom neuen Gehorsam).
244 gegen, im Vergleich mit. Vgl. Art. gegen I.4.a.g), in: DWb 5, 2196f.
245 Vgl. Lk 12,32.
246 Vgl. CA VIII (Was die Kirche sei?).
247 gegen, gegenüber.
248 Vgl. Mt 13,43.
249 Vgl. Apk 3,7; 1,18.
252 so gut sie irgend kann.
253 für den Fall.
255 Vgl. CA XIV (Vom Kirchenregiment).
257 Vgl. CA VIII (Was die Kirche sei).
258 Vgl. Anm. 110 zum lateinischen Text.
259 Vgl. oben Anm. 34 und 69 zum lateinischen Text.
260 allgemeiner, universaler.
261 Vgl. Mt 16,18.
263 Unter allegorischer Deutung der beiden in Lk 22,38 erwähnten Schwerter wurden im Zuge des Investiturstreits unterschiedliche Theorien zum Verhältnis von geistlicher und weltlicher Macht entwickelt; während die imperiale von einer Nebenordnung beider Schwerter ausging, beharrte die kuriale Zweischwerterlehre darauf, dass beide Schwerter zunächst dem Papst gegeben seien, der dann das weltliche Schwert dem Kaiser leihe, um es im Sinne der Kirche zu führen. Vgl. Paul Mikat, Art. Zweischwerterlehre, in: LThK3 10 (2001), 1519f.
264 Vgl. Anm. 116 zum lateinischen Text.
265 anstelle von, statt. Vgl. Art. für I.A.4.a.g), in: DWb 4, 623f.
267 Vgl. Luther, Biblia deutsch (1545), ed. Volz, S. 1519, Z. 6 (aus der Vorrede über den Propheten Daniel).
268 Vgl. Gal 5,1.
269 Gehorsam leisten, gehorchen. Vgl. Art. gehorsamen 2), in: DWb 5, 2539f.
271 nach seinem Maß, seinen Verhältnissen entsprechend. Vgl. Art. Masze 3), in: DWb 12, 1734.
272 ruhig, ungestört. Vgl. Art. geruhlich 2), in: DWb 5, 3767f.
273 Vgl. Tit 3,14.
275 Vgl. I Kor 7,9.
278 gewöhnen.
281 Vgl. Act 5,29.
282 begeben, entäußern. Vgl. Art. entsetzen 1), in: DWb 3, 620.
283 Berufung, Amt, Zuständigkeit. Vgl. Art. Beruf 2), in: DWb 1, 1530f.
285 Vgl. oben Anm. 34 zum lateinischen Text.
286 nicht fast vngleich = recht ähnlich.
287 herabwürdigen, geringschätzen. Vgl. Art. verkleinern 2), in: DWb 6, 662f.
288 Vgl. oben Anm. 35 zum lateinischen Text.
289 Mit Luther ist zwischen ‚securitas‘ und ‚certitudo‘ zu unterscheiden: ‚Certitudo‘ bezeichnet die Heilsgewissheit, die dauerhaft auf die in Christus offenbarte Barmherzigkeit Gottes bezogen bleibt und sich darauf angewiesen weiß. ‚Securitas‘ bezeichnet demgegenüber eine gottvergessene Selbstgefälligkeit, die meint, über das eigene Heil zu verfügen, es aus eigener Kraft bewerkstelligen zu können; man denke exemplarisch an Lk 12,16–21, auch Lk 18,9–14. Vgl. Art. Sicherheit 5), in: DWb 16, 727; Schrimm-Heins, Gewissheit und Sicherheit, bes. Teil I, S. 190–213.
290 verfallen ins gegenteilige Extrem.
295 so sind wir auch der Meinung, halten daran fest. Vgl. Art. halten B.II.11.d), in: DWb 10, 298.
299 Man kann sie nicht zulassen, ohne sich selbst unweigerlich der Gotteslästerung und des Abfalls von Gott schuldig zu machen.
301 Die Formulierung spricht für eine Abfassung oder Überarbeitung des Textes in der Karwoche.
302 Vgl. I Kor 4,13 [Luther 1545].
303 das anvertraute Gut. Vgl. II Tim 1,12 [Luther 1545]; Art, Beilage, in: DWb 1, 1377.
307 wahnsinniger, verrückter. Vgl. Art. toll I.1.e), in: DWb 21, 634f.
308 vermeintlicher, eingebildeter. Vgl. Art. vermeinen [I], in: DWb 25, 852-855, bes. 854f.
309 mit Krieg überziehen, bekriegen, bekämpfen. Vgl. Art. überziehen I.A.2.b), in: DWb 23, 685.
310 zugeben, eingestehen. Vgl. Art. bekennen 8), in: DWb 1, 1416.
312 unerkannter sach = ohne dass in ordentlichem Verfahren ein Urteil gefällt wurde. Vgl. Art. unerkannt 2.b), in: DWb 24, 489; Sache II.1), in: DWb 14, 1593f.
314 fahren lassen = loslassen, aufgeben. Vgl. Art. fahren 13), in: DWb 3, 1255f.
315 befleißigt, bemüht. Vgl. Art. befleiszen 2.f), in: DWb 1, 1265f.
317 Vorhaben, Absicht. Vgl. Art. Fürnehmen 1), in: DWb 4, 779.
318 Vgl. Anm. 140 zum lateinischen Text.
319 in ihre Gewalt, unter ihren Befehl gebracht. Vgl. Art. unter II.A.2.e), in: DWb 24, 1471.
322 ehe sie (von einem allgemeinen christlichen Konzil) für unrecht befunden und verurteilt wurde. Vgl. Art. erkennen 5), in: DWb 3, 868f.
324 bedrücken, belasten. Vgl. Art. beschweren 3), in: DWb 1, 1603f.
325 keinen seriösen Klagegrund gegen sie (die Magedeburger). Vgl. Art. Ursache A.2), in: DWb 24, 2503-2505.
326 nicht fast = nicht sehr. Vgl. Art. fast A.1), in: DWb 3, 1348.
327 abgesehen davon, nur. Vgl. Art. ohne III.2.a.α), in: DWb 13, 1217.
328 Vgl. Anm. 67 zum lateinischen Text.
329 Vgl. Phil 3,19.
331 seiner gesellschaftlichen Stellung, seinem Amt. Vgl. Art. Würdigkeit 1.b.β), in: Dwb 30, 2124.
332 nach etwas stehen = danach trachten, es darauf abgesehen haben, es an sich zu bringen versuchen. Vgl. Art. stehen II.C.8.a.ε), in: DWb 17, 1598f.
333 ehrbare, vertrauenswürdige. Vgl. Art. ehrlich [I], in: DWb 3, 69-71.
334 eingeprägt, einbeschrieben. Vgl. Art. einbilden 2), in: Dwb 3, 149f.
335 Vgl. z. B. das Gutachten von Bugenhagen, Cruciger, Major und Melanchthon für die Häupter des Schmalkaldischen Bundes von Ende Mai/Anfang Juni 1546, bei Scheible, Widerstandsrecht, 98–100 (Nr. 23).
336 Machthaber, Herrschenden. Vgl. Art. Potentat 2), in: DWb 13, 2038f.
337 ist im Vorteil, hat die größere Macht. Vgl. Art. Oberhand 3.a), in: DWb 13, 1088f.
341 (wir) meinen, halten dafür. Vgl. Art. halten B.II.11.d), in: DWb 10, 298.
349 womöglich, etwa, tatsächlich, wirklich. Vgl. Art. ja B.II.6), in: DWb 10, 2196.
352 Das Decretum Gratiani verbot die zwangsweise Bekehrung von Juden, allerdings auch die Rekonversion Zwangsbekehrter; vgl. Decretum Gratiani, pars I, dist. 45, cap. 5 (Friedberg I, 162f). Die Juden im Reich galten gemäß einer Verordnung Kaiser Friedrichs II. von 1236 offiziell als kaiserliche Kammerknechte, d. h. als dem Kaiser direkt verantwortlich und zugehörig. Gegen Zahlung des Schutzgeldes an die kaiserliche Kasse oder an Territorialherren, die vom Kaiser das Privileg der Aufnahme von Juden erhalten hatten (1356 gewährte die Goldene Bulle den Kurfürsten dieses Recht, weitere folgten), konnten sie den ihnen erlaubten Gewerben zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts nachgehen und ihre Religion ausüben. Ungeachtet des geschützten Status kam es jedoch immer wieder zu Pogromen. „Kaiser Karls V. Judenpolitik war nach seiner allgemeinen Tendenz ausgerichtet, die alten Reichstraditionen zu erneuern. Anläßlich seiner Krönung und auch später bestätigte er die ‚alten Rechte und Privilegien‘ der Juden [...] Je lauter die Stimmen der Judenfeindschaft im protestantischen Lager erklangen, desto mehr trat Karl – wenn auch nur gegen hohe Zahlungen – für die Rechte der Juden ein. Das Speyerer Privileg von 1544 war das günstigste, das den Juden des Reichs je gewährt worden war.“ (Breuer, Prolog, 69–71). – Die Ureinwohner in den südamerikanischen Besitzungen der spanischen Krone wurden mehr oder weniger gewaltsam christianisiert, trotz der Bermühungen um eine Verbesserung ihrer Lebensverhältnisse und um eine zwangsfreie Missionierung durch Bartolomé de Las Casas; vgl. Mariano Delgado, Art. Las Casas, in: RGG4 5 (2002), 80f.
353 Vgl. Anm. 149 zum lateinischen Text.
354 zum einen.
359 an ihr festgehalten, sie geachtet, respektiert. Vgl. Art. halten B.I.2.b.β), in: DWb 10, 276f.
364 ohne jede Verstellung, ohne jede Heimtücke. Vgl. Art. Falsch, in: DWb 3, 1293f; Art. ohne II.1.a), in: DWb 13, 1213f.
368 Anliegen, Wunsch, Begehren.
370 sähen.
371 Vgl. Mt 22,21.
372 Vgl. Mt 10,14.
373 uns von dem Ort weg begeben. Vgl. Art. dannen, in: DWb 2, 746-748.
374 Vgl. Mt 22,21.
375 in ihrem vorgeschriebenen Gebiet, innerhalb ihrer vorgeschriebenen Grenzen.
376 überschritten, übertreten.
378 I Reg 18,18 (1. Buch der Könige in der Zählung der Vulgata = III. Regum).
379 Indiz für die Abfassung des Textes in der Zeit um Ostern 1550.
381 zu Bewusstsein kommen, das Gewissen beschweren. Vgl. Art. fürfallen 4), in: DWb 4, 725f.
383 Schutz, Verteidigung (?). Vgl. Art. Aufenthalt 4), in: DWb 1, 637.
385 womöglich, vielleicht. Vgl. Art. etwan 1), in: DWb 3, 1183.
386 öffentlich geredet.
387 Schmeichler.
388 Vgl. Anm. 162 zum lateinischen Text.
389 Anhängern, Vertretern. Vgl. Art. verwandt 10.b.β), in: DWb 25, 2126.
391 zur Wehr setzen, schützen. Vgl. Art. aufenthalten 3), in: DWb 1, 637f.
396 von der falschen Vorstellung, von dem Irrtum. Vgl. Art. Wahn II.4.a), in: DWb 27, 621f.
398 eigtl. Lebensunterhalt, Lebensbedingungen. Vgl Art. Auskommen, in: DWb 1, 896. Hier allerdings wortwörtlich als Äquivalent zu ‚eventus‘: Ausgang, Ergebnis, evtl. auch geradezu ‚ Entkommen, Entrinnen‘; vgl. Art. auskommen 4), in: DWb 1, 895f.
399 der exemplarische Unvernünftige, mit dem gängigen Vornamen gebildet, personifizierte Unvernunft. Vgl. Art. Unvernunft, in: Wander 5, 1785.
400 einbehalten, zurückbehalten, nicht veröffentlicht. Vgl. Art. inne 1), in: DWb 10, 2124.
401 gezwungen, gewaltsam genötigt. Vgl. Art. nothdrängen, in: DWb 13, 923.
402 übermütig, tollkühn, vermessen. Vgl. Art. freventlich, in: DWb 4, 179f.
403 so gut sie nur irgend kann.
405 fördern / fordern, verlangen. Vgl. Art. foddern, in: DWb 3, 1866; Art. fodern ebd.
406 verteidigen, beschützen. Vgl. Art. handhaben 6), in: DWb 10, 395f.
407 unwirksam, ungültig. Vgl. Art. untüchtig 4), in: DWb 24, 1971f.
408 auch wenn sie auf diese Weise abgesetzt ist.
409 Schwäche, Unzulänglichkeit. Vgl. Art. Gebrechlichkeit 3), in: DWb 4, 1857.
410 absichtlich, vorsätzlich (mit dem Nebensinn des Boshaften). Vgl. Art. mutwilliglich, in: DWb 12, 2837.
411 unbedeutenden, geringfügigen. Vgl. Art. liederlich 3.b), in: DWb 12, 988.
415 Vgl. Gen 9,23. Die Szene wurde in aller Regel in Katechismen als Illustration für das 4. Gebot verwendet. Vgl. z. B. unsere Ausgabe Bd. 8, S. 130, Anm. b; OGA 5, 219.
416 überzöge.
418 nächstvorangehenden, vorigen. Vgl. Art. nah A.III.2.b.ß), in: DWb 13, 280.
419 verrückt, wahnsinnig, tobsüchtig. Vgl. Art. toll I.1.a.γ), in: DWb 21, 633.
422 Mangelhaftigkeit, Unzulänglichkeit. Vgl. Art. Gebrechlichkeit 2) und 3), in: DWb 4, 1857.
425 Werwolf, Mensch, der sich in einen blutrünstigen Wolf verwandelt. Vgl. Art. Beerwolf, in: DWb 1, 1244; Art. Werwolf 1), in: DWb 29, 504f.
426 Vgl. Luther, Zirkulardisputation über das Recht des Widerstands gegen den Kaiser (Matth. 19,21). 9. Mai 1539, in: WA 39/II, (34)39–91; Scheible, Widerstandsrecht, 94–98 (Nr. 22).
428 vor.
429 Bestandteilen.
430 auf die es im Hinblick auf Gottes Ehre und die Seligkeit der gesamten Menschheit vor allem ankommt.
431 vermisst er sich, wagt/unternimmt er den Versuch. Vgl. Art. versuchen C.1), in: DWb 25, 1837.
433 zu vergewaltigen. Vgl. Art. zuschanden, in: DWb 32, 786f.
435 Vgl. oben Anm. 44.
436 Vgl. Anm. 178 zum lateinischen Text.
437 würdigen, achtbaren, vornehmen. Vgl. Art. ansehenlich, in: DWb 1, 458.
438 zuteil geworden, erteilt worden.
439 Zum Zustandekommen des Beschlusses vgl. oben Anm. 14 zum lateinischen Text.
440 herausstreichen, unterstreichen, betonen, ausführlich erörtern. Vgl. Art. ausstreichen 3), in: DWb 1, 992.
441 Gegner, Feinde, Widersacher. Vgl. Art. widerwärtig 2.e), in: DWb 29, 1368.
442 Vgl. Mt 22,21.
443 Vgl. Luthers Auslegung der Gebote in seinen Katechismen. (BSLK 507–510; 560–645): aus den Verboten schließt er jeweils auch auf implizierte Gebote, etwa aus dem Tötungsverbot auf die Pflicht, Leben zu retten. Siehe Anm. 263 zum lateinischen Text.
444 Vgl. Act 5,29.
447 Vgl. Act 5,29, oben Anm. 452.
448 Vgl. Anm. 186 zum lateinischen Text.
449 Vgl. I Reg 21.
450 Cassiodor, Historia ecclesiastica tripartita IX, 20f (PL 69, 1138f).
451 ausliefern, übergeben, verabfolgen. Vgl. Art. folgen 7), in: DWb 3, 1878. Jacobus de Voragine, Legenda aurea (= Historia Lombardica), cap. CXVII (112), De sancto Laurentio martire [ed. Theodor Grässe, Leipzig 1850, S. 488–501].
452 nichtsnutzige, sittenlose. Vgl. Art. lose II.5), in: DWb 12, 1184.
453 geradezu, ungehemmt. Vgl. Art. frei adv., in: DWb 4, 99f.
454 ihn vertreiben, verjagen. Vgl. Art. abtreiben, in: DWb 1, 141f.
456 sich annehmen, sich dementsprechend verhalten. Vgl. Art. anmaszen, in: DWb 1, 405f.
458 treubrüchig, eidbrüchig. Vgl. Art. brüchig 2), in: DWb 2, 412.
459 ergänze: gestraft werden.
460 absurdes, widersinniges Zeug. Vgl. Art. ungereimt 2.a.γ), in: DWb 24, 814f.
463 gesellschaftliche Ordnung. Vgl. Art. Polizei 1.a), in: DWb 13, 1981f.
465 Schlachtbank. Vgl. Art. Fleischbank, in: DWb 3, 1755. Auf die Fleischbank opfern = ans Messer liefern.
466 Vgl. Decretum Gratiani, prima pars, dist. XL, 6 (Friedberg 146); oben Anm. 116 zum lateinischen Text.
467 oben dargelegten.
468 schützen, erhalten. Vgl. Art. aufenthalten 3), in: DWb 1, 637f.
469 teuflischer Trick. Vgl. Art. Griff II.B), in: DWb 9, 294-300. Vgl. außerdem Luthers Rede vom Teufel als Tausendkünstler, z.B. im Großen Katechismus (Vorrede von 1530), BSLK 550,12f.
470 nichts überall = überhaupt nicht, ganz und gar nicht. Vgl. Art. überall 5), in: DWb 23, 128.
474 jähem, plötzlichem. Vgl. Art. gehend adj., in: DWb 5, 2475.
475 mitunter, gelegentlich. Vgl. Art. etwan 1), in: DWb 3, 1183.
477 Vgl. auch Luthers Auslegung des 7. Gebots im Großen Katechismus: „... die Kunst kann Gott meisterlich, weil idermann den andern beraubt und stiehlet, daß er einen Dieb mit dem andern strafet. Wo wollt’ man sonst Galgen und Stricke gnug nehmen?“ (BSLK 622,7-11).
478 ausüben, ausführen. Vgl. Art. üben I.F.2.l), in: DWb 23, 64.
483 rechtschaffenen. Vgl. Art. fromm 4), in: DWb 4, 242.
487 Ergänze: wird; geht ... hervor.
488 Schranken setzt, Einhalt gebietet. Vgl. Art. steuern D.1), in: DWb 18, 2654-2656.
489 kümmerlicher, schwacher. Vgl. Art. elend [II] 2), in: DWb 3, 410f.
493 Geschütze, Feuerwaffen. Vgl. Art. Büchse 5), in: DWb 2, 477.
495 Belastungen, Beschwernissen, Leiden (als Teil eines Lebens in der Nachfolge Christi). Vgl. Mt 10,38; 16,24.
496 ihrer (Genetiv Plural), scil. der Mittel. Vgl. Art. gebrauchen 3.b), in: DWb 4, 1827.
498 Arznei, Heilmittel. Vgl. Art. Erznei, in: DWb 3, 1098.
499 anwenden, gebrauchen. Vgl. Art. brauchen 1.d), in: DWb 2, 316.
500 sich der Arznei bedienen, sie anwenden. Vgl. Art. pflegen Bedeutung.3.I.1.e), in: DWb 13, 1738.
501 es vertrauensvoll Gott überlassen.
502 wie er (Gott) das Geschick des Kranken lenke, wie er es füge.
506 one noth = nicht erforderlich, unnötig. Vgl. Art. Noth B.II.4.d), in: DWb 13, 916.
507 zu wiederholen. Vgl. Art. erholen 1), in: DWb 3, 853.
508 die wir und die uns in der Frage der Notwehr unterstützt haben, mit denen wir ... gleiche Interessen verfolgt haben. Vgl. Art. halten B.II.2.b), in: DWb 10, 290.
510 Vgl. Anm. 203 zum lateinischen Text.
511 geradezu gegenteilig, entgegengesetzt. Vgl. Art. widerwärtig 3.d), in: DWb 29, 1370.
512 heimtückischen Menschen. Vgl. Art. Meuchler 1), in: DWb 12, 2162.
513 Vgl. Anm. 204 zum lateinischen Text.
514 (beide Parteien) in Grenzen halten, (beiden) Einhalt gebieten. Vgl. den lateinischen Text. Alternative Deutung: die Extreme vermeiden, nach keiner Seite das rechte Maß überschreiten. Vgl. Art. inne 1.halten.c), in: DWb 10, 2124f.
516 hingehen zu lassen, es von ihnen geduldig zu erleiden. Vgl. Art. vertragen II.5), in: DWb 25, 1933.
519 Vgl. Anm. 2016 zum lateinischen Text.
520 wenn es um unsere Verhältnisse noch so bestellt wäre. Vgl. die sprichwörtliche Redensart „aus einem andern Faß laufen“ u. ä. im Art. Fasz 4), in: DWb 3, 1358-1360, bes. 1359, und Art. Fass, Nr. 105, 108, 116, in: Wander, 1, 933.
521 sich festsetzen (möchte). Vgl. Art. einsitzen 5), in: DWb 3, 298.
522 in die Zähne spotten = frech entgegentreten. Vgl. Art. Zahn II.1.g.δ), in: DWb 31, 139.
523 Schmähung, Beschimpfung. Vgl. Art. Schmach 1), in: DWb 15, 878.
525 zu wehren, abzuhelfen, entgegenzutreten. Vgl. Art. steuern D.1), in: DWb 18, 2654–2656.
526 anderweitige Unzuträglichkeiten, Verdrießlichkeiten. Vgl. Art. Unrat 2.b), in: DWb 24, 1233.
527 die hier einschlägig sind, hierzu passen. Vgl. Art. gleichen vb. [I] I.A.1.a.γ), in: DWb 7, 8040.
528 angewandt.
531 des gemeinsamen Auftrags, der gemeinsamen Bestimmung. Vgl. Art. Beruf 2), in: DWb 1, 1530f; Art. gemein 2.h), in: DWb 5, 3174.
535 durfte.
536 Vgl. Cassiodor, Historia ecclesiastica tripartita IX, 30 (PL 69, 1144–1147).
537 genötigt, gedrängt. Vgl. Art. nothdrängen, in: DWb 13, 923.
538 Vgl. Euseb, Kirchengeschichte IX, 8,2 (PG 20, 815f; GCS 9/2 [Euseb II/2], 820,25–822,6).
539 Vgl. Vgl. Euseb, Kirchengeschichte X, 9,1–5 (PG 20, 901–904; GCS 9/2 [Euseb II/2], 898,29–900,23).
540 zunächst Stallmeister, später Befehlshaber des Heeres.
541 Vgl. Anm. 215 zum lateinischen Text.
543 leidenschaftlich, ungestüm, heftig. Vgl. Art. geschwind 4), in: DWb 5, 3995.
544 Hinweis auf die Abfassung des Textes in der Passionszeit/Karwoche.
546 nämlich Verfolgung und Tod. Vgl. Mt 5, 10-12; 23,37; 14,3-12; 27,27-50; Act 7,52-8,3.
548 es auf uns abgesehen hat, uns bedrängt, uns angreift. Vgl. Art. zuwollen, in: DWb 32, 917.
549 vernachlässigen, gefährden, drangeben. Vgl. Art. versäumen 2), in: DWb 25, 1045.
551 sicherlich, gewiss. Vgl. Art. traun 5), in: DWb 21, 1531.
552 Vgl. Lk 23,34.
554 ohnedies.
555 kennen (in Analogie zu ‚nescire‘ gebraucht).
556 Lk 13,27. Die Parallelstelle Mt 7,23 lautet in der Vulgatafassung: „... numquam novi vos, discedite a me, qui operamini iniquitatem“.
558 halbwegs eingestehen, einigermaßen zugeben. Vgl. Art. etlichermaszen, in: DWb 3, 1177; Art. bekennen 2) und 3), in: DWb 1, 1415f.
560 gehabt.
561 ohne zu zögern, ohne Bedenken. Vgl. Art. frei adv. 1), in: DWb 4, 99f.
564 Vgl. Lk 23,27.
566 Vgl. Mt 26,56.
567 abstreiten unter Eidesformeln. Vgl. Mt 26,69-75; Mk 14,66-72.
573 Vgl. die Vorrede zum Augsburger Interim: „[...] derhalben solcher spaltung nit statlicher dann durch den ordenlichen wege eines gemeinen christlichen conciliumbs füglich abgeholfen werden mocht, haben ir kayserliche maiestat auff gemeiner stende underthenig bitt und ansuchen nach viel gepflegnen handlungen sovil erlangt und erhalten, das letzlich ein gemein concilium in teutscher nation zu Triendt fürgenommen und angefangen worden. Darauff auch ir kayserliche maiestat in anfang dieses werenden reichstags mit gemeinen stennden dahin gehandelt und an inen vermügt, das sie den fußstapffen der hailigen vätter und eltern, so jhe alwegen in glaubenssachen ir zuflucht zu den heyligen concilien gehabt und sich dieselben weisen lassen, nachgevolgt und sich solchem angefengten concilio anhengig und underwürffig zu machen, auch desselben erorterung zu erwarten und zu geleben, gemainigklich bewilligt, und daneben irer kayserlichen maiestat gehorsamblich heimgestellt, auff christlich und gebürlich wege bedacht zu sein, wie mitler zeit, biß zu endung und außtrag des concilii, gemeine stennde gotseliglich und in guetem, friedlichen wesen beyeinander leben und wonen mochten, und niemandt wider recht und pillichait beschwerdt werde. Welche gemeiner stennde christenliche verwilligung des concilii sampt angehengter haimstellung ir kayserliche maiestat damalen von den stennden zu sondern gnaden angenommen und nochmaln annemen. [...]“ (Augsburger Interim, 28–30).
574 Vgl. Anm. 14 zum lateinischen Text.
575 Vgl. oben Anm. 44.
576 schlägt. In den Wind schlagen = beiseite wischen, unbeachtet lassen. Vgl. Art. schlagen II.6.i), in: DWb 15, 379f.
581 Vgl. Mt 27,3-5.
584 Vgl. Mt 12,31f.
585 Vgl. oben Anm. 140 zum lateinischen Text.
587 Nach heutigem Sprachgebrauch erscheint die Verneinung überflüssig; die Konstruktion geht davon aus, dass die Leugnenden sagen: „Wir haben nicht verfolgt“.
589 zusammenbrechen, verschwinden, zunichte werden. Vgl. Art. hinfallen 2), in: DWb 10, 1429; Art. dahin 7), in: DWb 2, 687.
592 ergehen, ausgehen.
594 d. h. Selbstmord begehen.
596 darüber einbüßen, opfern. Vgl. Art. zusetzen 7.c), in: DWb 32, 827f.
599 Vgl. Joh 8,44.
600 Denn wenn wir hier ... zuließen, dass der Teufel ... uns hinrichtete ...
603 gegen sich herbeiführen.
604 hin und wieder (räumlich verstanden) = hier und da. Vgl. Art. wi(e)der II.B.1.b.α.εε), in: DWb 29, 886.
605 Luther führt in seiner „Warnung an seine lieben Deutschen“ (1531) gegen Ende drei Gründe an, weswegen ein Christenmensch den Kaiser nicht in einem Krieg gegen die Protestanten unterstützen dürfe: 1. die Taufe verpflichtet zum Schutz des Evangeliums; 2. im Kampf gegen die Protestanten macht man sich der Greuel des Papsttums teilhaftig (Luther nennt besonders das lasterhafte Leben des Klerus, Habgier und Blutvergießen der Päpste; schlimmer noch falle die Irrlehre ins Gewicht, die die rechte Lehre und Gottes Wort verdamme und sich über Gott erhebe, daraus resultierten Ablass, Fegfeuer, Messe und Missbrauch des Abendmahlssakraments, Heiligenverehrung, ‚ Angstbeichte‘, Bann und Missbrauch des Gottesnamens, Reliquien, Wallfahrten, Zerstörung des Vertrauens auf Christus, Unbußfertigkeit); 3. man müsste all das Gute bekämpfen und zerstören, das durch das Evangelium bewirkt worden ist. (vgl. WA 30/III, 299-320).
606 Vgl. Kaufmann, Ende der Reformation, 1-12, 157f (mit Anm. 1).
607 Vgl. Lk 22,53.
610 da. Vgl. Art. vorhanden 2.e.η), in: DWb 26, 1158f (‚vorhanden‘ kann auch bedeuten: ‚ unmittelbar bevorstehend‘).
617 damals, ehedem. Vgl. Art. dazumal, in: DWb 2, 876.
618 Vgl. Jacobus a Voragine, Legenda aurea vulgo Historia Lombardica dicta, cap. CXLI (136), De sancto Mauritio et sociis suis [ed. Theodor Grässe, 2. Aufl. Leipzig 1850, S. 628–632].
619 allein in gemeine = nur allgemein, ohne genauere Angaben.
620 grundsätzliches, allgemeines. Vgl. Art. General 6), in. DWb 5, 3383f.
622 wären, seien.
623 Vgl. Anm. 254 zum lateinischen Text.
624 zusammenschwören, verschwören. Vgl. Art. zusammenschwören, in: DWb 32, 767.
625 verweigern, versagen. Vgl. Art. weigern 1) und III.A.5.a.β), in: DWb 28, 635f. 639f.
626 Soldaten der Leibwache. Vgl. Art. Trabant 3.a), in: DWb 21, 946f.
629 Vgl. I Sam 22,18f. Doëg war ein Edomiter; zum Zusammenhang zwischen Edom und Idumäa vgl. Ernst Höhne, Art. Idumäa. in: BHH 2 (1964), 759.
631 Von Desertion kann in einem Heer der Zeit allenfalls sehr bedingt die Rede sein angesichts der von den Landsknechten beanspruchten Vertragsfreiheit. Vgl. allgemein
633 Befehlsgewalt ausüben. Vgl. Art. Regiment 1.a), in: DWb 14, 536.
634 des geleisteten Eides, der eingegangenen Verpflichtung. Vgl. Art. Pflicht 4.a), in: DWb 13, 1754f. Zum Sachverhalt vgl. Anm. 259 zum lateinischen Text.
635 Glaubensverräter. Vgl. Art. Mameluck, in: DWb 12, 1518.
636 Vgl. Mk 3,28f; Mt 12,31f; Lk 12,10 und oben bei Anm. 588.
637 Prov 24,11f [Luther 1545].
638 schlichten, gewöhnlichen. Vgl. Art. schlecht 8.c), in: DWb15, 524f.
639 Demnach, folglich. Vgl. Art. demnach 4), in: DWb 2, 919.
641 sehr.
643 Vgl. Mt 25,40.
645 Vgl. Anm. 263 zum lateinischen Text.
648 besorgt, fürsorglich. Vgl. Art. sorgfältig 2.b), in: DWb 16, 1795f.
650 zur Kenntnis gebracht, enthüllt. Vgl. Art. entdecken 3), in: DWb 3, 507.
651 Vgl. Mt. 24,24.
652 Gemeint ist vermutlich der Auszug aus dem Leipziger Landtagsentwurf, vgl. unsere Ausgabe Nr. 4, Bl. M 4v–N 3v
653 Gemeint ist wohl das Augsburger Interim, nicht der Leipziger Landtagsentwurf.
655 Vgl. Anm. 268 zum lateinischen Text.
656 bringt dabei Opfer. Vgl. Art. zusetzen 7.c), in: DWb 32, 827f.
657 Vgl. Jdc 4f, bes. 5,16-18.23. Vgl. die Randglosse zu Jdc 5,1 in der Biblia Germanica von 1545: „Dis Lied wil so viel sagen / Das Gott hab den Sissera geschlagen durch die geringsten Leute in Jsrael / Das die geringen auch ein mal hoch vnd gros worden sind / da die grossen hohen Geschlecht Jsrael stil sassen / vnd sie verliessen in nöten. Das ist das newe das der HERR erwelet hat / Da sind die Bauren Jsrael prechtig vnd auch Herrn worden etc.“ (Volz, 459). Die Randglosse zu Jdc 5,16 („Warum bleibstu zwisschen den Hürten ...“) lautet: „(Hürten) Das ist / Du bliebest da heimen / ob du wol hortest das arme Heufflin zu felde blasen vnd hattest doch nahe zu jnen.“ (Volz 460).
661 erlangt, an sich gebracht. Vgl. Art. überkommen I.A.3.a), in: DWb 23, 345f.
662 ausmerzen, mit der Wurzel entfernen. Vgl. Art. ausreuten, in: DWb 1, 934f.
666 leben, sich befinden. Vgl. Art. schweben 5.f), in: DWb 15, 2374f.
670 So werden allenfalls wir selbst uns nun um so schneller darunter (unter das Joch) bringen, wenn wir darangehen, die Übriggebliebenen, die (in der Wahrheit) beständig sind, zum Nutzen unserer Feinde zu bezwingen.
671 wie stark zu befürchten ist. Vgl. Art. besorgen 2.a) in: DWb 1, 1635.
672 nicht wenig, erheblich.
673 unmittelbar drohender, ernster (?).
675 um noch unschuldig zu sein, als dass ihr noch unschuldig sein könntet.
677 ihnen bisher niemals ernsthaft entgegengetreten seid. Vgl. Art. zugegen 1), in: DWb 32, 401. Vgl. Joh 10,1–16.
678 davon Abstand nehmen. Vgl. Art. entschlagen 3), in: DWb 3, 602f.
679 in Ruhe und Sicherheit.
680 davon abwenden, keinerlei Anteil daran nehmen. Vgl. Art. entäuszern 2), in: DWb 3, 490f.
682 in die Umstände zu fügen. Vgl. Art. schicken 2.d), in: DWb 14, 2651f.
683 Sprichwörtlich: Man wird ihnen die Kopfläuse mit Knüppeln vertreiben = sie auf grobe Art mit den Tatsachen bekannt machen. Vgl. Art. lausen 2.c), in: DWb 12, 359; Art. Kolbe II.1.a.ε), in: DWb 11, 1603f.
684 Konjunktiv zu ‚gelten‘; als ob es ihn allein anginge. Vgl. Art. gelten 1.c.α) und 10.g.β), in DWb 5, 3066. 3091.
688 Vgl. I Sam 2,6.
689 Vgl. Ps 50,15.
691 gekommen sieht. Vgl.
693 Vgl. Jdt 7-16.
695 Vgl. Ex, Jos, Jdc.
696 Vgl. Jes 59,1; 46,4.
697 verzärtelten, das Leiden scheuenden. Vgl. Art. zart I.3.a) und c.α), in: DWb 31, 285f.
701 Vgl. Lukian von Samosata, Demosthenis encomium, 6. Im Jahre 1533 erschien in Hagenau in der Offizin von Johann Setzers Erben: ENCO | MIVM DEMO | sthenis ex Luciano iam pri= | mum uersum & aeditum, | authore Philippo | Melanchtho | ne. [...] (VD 16 L 2984), allerdings ist dort der Ausspruch des Demosthenes wie folgt wiedergegeben (Bl. B 2v–B 3r): „Omnes homines natura morti obnoxii sunt, etiamsi quispiam conetur se inclusum in caueam seruare.“ Vgl. auch Art. Tod 1.1.1 (Nr. 1–37), in: TPMA 11 (2001), 325f.
702 ohne.
703 loswerden, davon befreit werden. Vgl. Art. anwerden, in: DWb 1, 519f.
705 Die Ausführungen entsprechen etwa der stoischen Ethik; vgl. Brad Inwood, Art. Stoizismus, in: NP 11 (2001), 1013–1018.
706 bemühen, befleißigen. Vgl. Art. befleiszen 2.f), in: DWb 1, 1265f.
707 anbefehlen, anvertrauen, vertrauensvoll überlassen. Vgl. Art. befehlen 1), in: DWb 1, 1254f.
711 Vgl. Röm 14,8.
713 damit beschäftigen, dafür sorgen. Vgl. Art. bekümmern 2), in: DWb 1, 1432.
716 Vgl. Röm 8,18.
719 Vgl. Apk 22,20.
720 Vgl. Jes 42,8.
721 Vgl. Mt 16,18.
722 Vgl. Lk 21,33.
724 Vgl. Anmerkung 303 zum lateinischen Text.
725 Vgl. Anmerkung 304 zum lateinischen Text.
726 Lucas Rosental, geboren 1497 in Radefeld, wurde am 19. April 1522 in Merseburg zum Priester geweiht; nach Antritt einer Stelle in Delitzsch schloss er sich der Reformation an und wurde am 12. Juni 1525 an der Leucorea immatrikuliert. Vor seinem Wechsel nach Magdeburg 1531/32 war er anscheinend Schlossprediger in Wittenberg, 1531/32–1559 Oberpfarrer an St. Johannis in Magdeburg, wo er am 25./29. April 1559 starb; vgl. PKS 7, 251; Kaufmann, Ende der Reformation, 167f (Anm. 26).
727 Vgl. Anmerkung 306 zum lateinischen Text.
728 Vgl. Anmerkung 307 zum lateinischen Text.
729 Vgl. Anmerkung 308 zum lateinischen Text
730 Johannes Baumgarten (Pomarius) I., geboren am 24. Juni 1514 in Meißen als Sohn des Goldschmieds und Malers Sigismund Baumgarten und dessen Ehefrau Christina Hoyer, bezog nach Schulbesuchen in Meißen, Dresden, Halle, Leipzig, Naumburg und Magdeburg die Universität Wittenberg; zunächst Privatlehrer, dann Lehrer in Magdeburg, wurde er am 30. April 1540 von Nikolaus von Amsdorf ordiniert und hatte von 1540 bis zu seinem Tode am 18. März 1578 die Stelle des Oberpfarrers an Heiliggeist in Magdeburg inne; am 25.10.1541 hatte er sich mit Elisabeth Nesmer († 1566) verheiratet, am 03.11.1567 ehelichte er Ursula Westphal; PKS 1, 238.
731 Vgl. Anmerkung 310 zum lateinischen Text.
732 Heinrich Gercken wurde anscheinend 1547 der erste evangelische Pfarrer in der Neustadt; vgl. Kaufmann, Ende der Reformation, 18 [mit Bezug auf Hoffmann, Magdeburg, II (1847), 94, der allerdings als Vornamen Nicolaus angibt, vermutlich ein Versehen wegen der Kirche St. Nicolai].
733 Stefan Tucher entstammte dem Magdeburger Patriziat, im Frühjahr 1535 immatrikulierte er sich an der Universität Wittenberg, um 1547/48 wurde ihm auf Vorschlag Melanchthons eine Theologieprofessur in Königsberg angeboten; weil er jedoch fürchtete, die Doppelbelastung – die Professur war mit einem Pfarramt verbunden – werde ihn gesundheitlich überfordern, verzichtete er und blieb Diakon an der St. Ulrichskirche in seiner Heimatstadt Magdeburg, wo er am 13. April 1550 starb. Er war mit Matthias Flacius Illyricus seit seiner Wittenberger Zeit gut bekannt; ob er mit ihm oder Erasmus Alber auch verschwägert war, ist fraglich. Vgl. Kaufmann, Ende der Reformation, passim.
734 Propagandisten. Nikolaus von Amsdorf gebraucht den Ausdruck im Hinblick auf die Interimsadvokaten mehrfach in einem Brief vom 18. Februar 1549 (an Michael Coelius?), vgl. Reichert, Amsdorff, 242f.
735 zuvor.
736 Vgl. ENARRA= | TIO 53. CAPITIS ESA= | iæ prophetæ ex prælectionibus | Reuerendi patris D. Martini | Lutheri, summa fide & diligen= | tia collecta per M. Georgium | Rorarium, anno 1544. & nuc | (hoc 1550. anno) primum in | lucem ædita. | IMPRESSVM MAGDE= | burgi per Michaelem | Lottherum. (VD 16 L 4543). Der Oktavdruck enthält auf den 18 Seiten ♣ 2r bis A 2v [darauf folgt B 1r] eine Vorrede Tuchers, datiert auf Januar 1550.
737 Vgl. Anm. 314 zum lateinischen Text.
739 Vgl. Joh 8,51f.
740 gehabt (hat).
741 Der deutsche Psalmtext entspricht der Fassung der Biblia Germanica von 1545.
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