Predigt 9 - Einleitung

1. Überlieferung

1.1 Herangezogene Handschrift

Zur Auswahl der herangezogenen Handschrift vgl. die Einleitung zu Predigt 2. Im Apparat des Handschriftentextes werden abweichende Lesarten der kritischen Edition von Fassung A in Eckhart, DW IV,1, S. 565-610 verzeichnet.

Eine Auflistung aller gegenwärtig bekannten Handschriften, die die vorliegende Predigt überliefern, findet sich in Eckhart, DW IV,1, S. 493-505.

1.2 Frühe Drucke

2. Edition

3. Neuhochdeutsche Übersetzungen

Weitere ältere Übersetzungen sind verzeichnet in Eckhart, DW IV,1, S. 560.

4. Autorschaft

Nach gegenwärtigem Forschungsstand geht die vorliegende Predigt ebenso wie die drei anderen Predigten des Gottesgeburt-Zyklus auf Meister Eckhart zurück. Diesem wird sie in der aus dem 14. Jahrhundert stammenden Handschrift St 2 (E) zugeschrieben.1 Außerdem wird sie in dem zwischen 1303 und 1323 entstandenen "Traktat von der Seligkeit", als dessen Verfasser eine Handschrift Eckhart von Gründig nennt,2 als Werk Meister Eckharts zitiert.3 Daneben spricht für dessen Autorschaft vor allem, dass die vorliegende Predigt mit den drei anderen Predigten des Gottesgeburt-Zyklus, insbesondere mit Predigt acht (= 103 [E]), sowie mit den "Reden der Unterweisung"4 textlich und inhaltlich verknüpft ist und darüber hinaus Parallelen zu weiteren Werken Eckharts aufweist.5

Prägend für die Rezeptionsgeschichte der vorliegenden Predigt wurde ihre Überlieferung unter dem Namen Taulers. Bereits in der Anfang des 15., vielleicht auch noch Ende des 14. Jahrhunderts entstandenen Tauler-Handschrift A 88, die 1870 verbrannte, ist die vorliegende Predigt zusammen mit den drei anderen Predigten des Gottesgeburt-Zyklus, nämlich mit den Predigten zwei, sechs und acht (= 101, 102, 103 [E]), als Anhang in das Korpus der Tauler-Predigten integriert worden.6 Darüber hinaus wurde die Predigt in mehreren Handschriften als einzelne an das nach dem Kirchenjahr geordnete Tauler-Korpus angehängt,7 und zwar in einer stark redigierten Textgestalt, die als Fassung B bezeichnet wird.8 Der älteste gegenwärtig bekannte Beleg dafür ist die Handschrift N 1 (= N 10 [E]), die in das zweite Viertel des 15. Jahrhunderts zu datieren ist.9 In der 1486/87 entstandenen Handschrift Le 1, die die vorliegende Predigt in der Fassung B zusammen mit den drei anderen Predigten des Gottesgeburt-Zyklus enthält, ist die Predigt dann entsprechend der Abfolge im Kirchenjahr an neunter Stelle in das Tauler-Korpus eingeordnet.10 Eine Vorstufe von Le 1 diente als Vorlage für den Leipziger Taulerdruck (LT) von 1498,11 der die Predigt in der Fassung B ebenfalls an neunter Stelle innerhalb des Tauler-Korpus tradiert.12 In dieser Position wurde sie in den Augsburger Taulerdruck von 1508 (AT) sowie in den Basler Taulerdruck von 1521 und 1522 (BT) übernommen. Im Kölner Taulerdruck von 1543 (KT) wurde der Predigt ein anderer liturgischer Anlass zugewiesen,13 weshalb sie vor Predigt drei nach der Zählung des BT eingeordnet wurde.14

5. Datierung

Liturgischer Anlass der Predigt ist der Sonntag in der Oktav von Epiphanie, also der erste Sonntag nach dem am 6. Januar gefeierten Epiphaniasfest. Den gleichen Anlass hat die Predigt acht, die von der modernen Forschung ebenfalls Eckhart zugewiesen wird. Folglich sind die beiden Predigten offenbar in unterschiedlichen Jahren entstanden. Im Kölner Taulerdruck von 1543 (KT) wurde der Predigt ein anderer liturgischer Anlass zugewiesen, nämlich das Fest der Beschneidung des Herrn am Neujahrstag (1. Januar).15

Da die vorliegende Predigt mit großer Sicherheit Meister Eckhart zugesprochen werden kann, muss sie zu dessen Wirkungszeit entstanden sein, die sich von etwa 1290 bis 1328 erstreckt. Steer vermutet, dass die Predigten des Gottesgeburt-Zyklus etwa zwischen 1298 und 1305 zu datieren sind.16


Anmerkungen

2 Zu Datierung und Autorschaft des Traktats vgl. Sturlese, Traktat, Sp. 999.
3 Vgl. Traktat von der Seligkeit, ed. Preger, S. 177,21-178,14 mit Pr. 9, #,#-#,#; vgl. auch Eckhart, DW IV,1, S. 587,236-589,248 mit Anm. 49.
4 Vgl. auch Predigt 9, Anm. #, #, #.
5 Vgl. Eckhart, DW IV,1, S. 560f.
7 Vgl. zusammenfassend Mayer, Vulgata-Fassung, S. 17-24, 35-37, 48-53, 93f.; Franzke, Überlieferungskontext, S. 19-29, 31f.
8 Zu den charakteristischen Merkmalen dieser Fassung vgl. Eckhart, DW IV,1, S. 529-534.
9 Vgl. Nürnberg, Stadtbibliothek, Cent. IV, 29. Zur Datierung und zum Inhalt der Handschrift vgl. http://pik.ku-eichstaett.de/1316/.
10 Vgl. Leipzig, Universitätsbibliothek, Ms 559; vgl. auch http://pik.ku-eichstaett.de/1083/.
11 Vgl. Mayer, Vulgata-Fassung, S. 34; Eckhart, DW IV,1, S. 316. Zum Verhältnis zwischen dem Leipziger Taulerdruck und der Handschrift B5 (Tauler-Sigle) / B35 (Eckhart-Sigle) vgl. auch zusammenfassend Franzke, Überlieferungskontext, S. 53f.
13 Vgl. unten Abschnitt 5.
14 Zur Stellung der vorliegenden Predigt im KT vgl. auch Franzke, Überlieferungskontext, S. 60 und die Übersicht in Weigand/Benzinger, Sprösslinge, S. 70-73.
15 Vgl. KT, Bl. 33va.
XML: http://diglib.hab.de/edoc/ed000250/texts/bt_09/bt_09_einleitung.xml
XSLT: http://diglib.hab.de/edoc/ed000250/scripts/einleitung.xsl
Eckhart, Meister
Anm.: Dominikaner; Theologe, Philosoph und Mystiker
weiterführende Informationen
Eckhart von Gründig
weiterführende Informationen
Eckhart, 〈Meister〉, Die deutschen und lateinischen Werke. Die deutschen Werke, Bd. 4,1: Meister Eckharts Predigten, Bd. 4,1, hg. und übersetzt von Georg Steer unter Mitarbeit von Wolfgang Klimanek und Freimut Löser, Stuttgart 2003Lehmann, Walter (Hg.), Meister Eckehart, Göttingen 1919 (Die Klassiker der Religion 14/15)Willige, Wilhelm (Hg.), Ewige Geburt. Deutsche Reden und Schriften des Meisters Eckhart, Greifswald 1922Roloff, Ilse (Hg.), Meister Eckeharts Schriften zur Gesellschaftsphilosophie, Jena 1934 (Die Herdflamme 20)Eckhart, 〈Meister〉, Die deutschen und lateinischen Werke. Die deutschen Werke, Bd. 4,2: Meister Eckharts Predigten, Bd. 4,2, hg. und übersetzt von Georg Steer unter Mitarbeit von Wolfgang Klimanek und Heidemarie Vogl, Lieferung 1-10, Stuttgart 2019Sturlese, Loris, Traktat von der Seligkeit, in: Ruh, Kurt u. a. (Hg.), Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon, begründet von Wolfgang Stammler, fortgeführt von Karl Langosch, 2., völlig neu bearbeitete Aufl., Bd. 9, Berlin/New York 1995, Sp. 998-1002Der altdeutsche Tractat von der wirkenden und möglichen Vernunft, hg. von Wilhelm Preger, in: Sitzungsberichte philosophisch-philologischen und historische Classe der k. bayerischen Akademie der Wissenschaften 1 (1871) [Digitalisat], S. 159-189Mayer, Johannes Gottfried, Die "Vulgata"-Fassung der Predigten Johannes Taulers. Von der handschriftlichen Überlieferung des 14. Jahrhunderts bis zu den ersten Drucken, Würzburg 1999 (Text und Wissen 1)Franzke, Janina, Der Überlieferungskontext des Predigtzyklus "Von der ewigen Geburt" (Meister Eckhart), Masterarbeit Augsburg 2013 [Digitalisat]Weigand, Rudolf Kilian / Benzinger, Tobias, Sprösslinge aus dem Wurzelwerk der Mystik: Zur frühneuzeitlichen Verbreitung der Tauler- und Eckhartpredigten im Druck, in: Quero-Sánchez, Andrés (Hg.), Mystik und Idealismus: Eine Lichtung des deutschen Waldes. Akten der vom 19. bis 21. Mai 2016 im Kapitelsaal des Predigerklosters in Erfurt stattgefundenen internationalen interdisziplinären Tagung (Meister-Eckhart-Forschungsstelle am Max-Weber-Kolleg der Universität Erfurt), Leiden/Boston 2020 (Studies in Mysticism, Idealism, and Phenomenology 1), S. 57-118
Stuttgart, Württembergische Landesbibliothek, Cod. brev. 88
Literatur: http://pik.ku-eichstaett.de/4066/
Digitalisat: http://digital.wlb-stuttgart.de/purl/bsz500430624
Tauler, Johannes, Joannis Tau||leri des ſeligen lerers || Pꝛedig / faſt frucht||bar ʒů eim recht || chꝛistlichen || leben.|| Deren Predigen || garnah hie in diſem Bůch des halb=|| theyls meer sind deñ in andern vorge||truckten buͤcherẽ die man ſidhar mit || der hilff gottes funden hat / Der ſeyn || woꝛt yetzt wider erwecket vnnd aller || welt verkündet.||
Basel: Petri, Adam 1522, 2° (VD16 J 785)
Digitalisat: http://diglib.hab.de/drucke/ed000745/start.htm
Tauler, Johannes, Sermon des groß||gelarten in gnadẽ erlauchtẽ docto||ris Johannis Thauleri pꝛedigerr || oꝛdens. weiſende auff den neheſtẽ || waren wegk. yn geiſte cʒu wãdern || durch vberſchwebẽden ſyn. vnuoꝛ||acht võ geiſtes ynnigẽ voꝛwãdelt || ĩ deutſch mãchẽ mẽſchẽ ʒu ſelikeit.||
Leipzig: Kachelofen, Konrad 1498, 4° (GW M45246)
Digitalisat: http://diglib.hab.de/inkunabeln/65-2-theol/start.htm
Tauler, Johannes, Sermones: des hoch||geleerten in gnaden erleüchten do||ctoꝛis Johannis Thaulerii ſannt || dominici oꝛdens die da weißend || auff den naͤcheſten waren weg im || gaiſt ʒů wanderen durch überſwe||bendenn ſyn. von latein in teütſch || gewendt manchem menſchen ʒů || ſaͤliger fruchtbarkaitt:||
Augsburg: Otmar, Johann 1508, 2° (VD16 J 783)
Digitalisat: http://mdz-nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:12-bsb10813511-4
Tauler, Johannes, Des erleuchten D. Johan||nis Tauleꝛi / von eym waren Euangeliſ=||chen leben / Goͤtliche || Pꝛedig /|| Leren /|| Epiſtolen /|| Cantilenen /|| Pꝛophetien /|| [...] nů erſtmals ins liecht kommen.|| Auch ſeynd hier bey die [...] Pꝛedigen Thauleri / woͤlche [...] || gekurtʒt / gelẽgt vnd ver||dunckelt waren [...] || treüwlich gebeſſert.||
Köln: Gennep, Jaspar von 1543, 2° (VD16 J 777)
Digitalisat: http://mdz-nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:12-bsb10149255-0