Archombrotus hatte deß Poliarchus Gesprächen begierig zugehöret.
Vnd als er
Meleanders Theil recht gesprochen/ auch wider die Auff-
rührischen hefftig geredet hatte; Aber deß Königes Tochter/ sagte
er/
welche jhm dieser Rauber zuentführen vermeinet hatt/ in was
für einem Alter
ist sie/ wann ich so viel fragen mag? Ich habe war-
lich in Africa zum offtern sagen hören/ daß sie eine von den schöne-
sten vnd tugendhafftigsten Fürstin sey/ die jetzt leben/ vnd Arge-
nis heissen soll. Vber diesen Worten fangen dem Poliarchus die
Augen etwas zitternde anzulauffen: redte auch
nicht so frisch vnd
behertzt/ als zuvor/ vnd antwortete kürtzlich/ sie möchte
nahe bey
zwantzig Jahren seyn. Archombrotus ward jnnen/ daß sich Poli-
archus so
gehlinge veränderte/ vnd kriegete ein hefftiges Verlangen
zu erforschen/ was
für ein Vngewitter sein Gesichte
???vberschwem-
a
[Seite 23]
met???
hette. Derenthalben/ damit er sehen [22]
möchte/ ob diese Be-
wegung auß dem erwehnen der Princessin/
oder einem andern heim-
lichen Anliegen käme/ hub er widerumb an vom
Lycogenes/ vnd
dem Frieden der damals vnterhanden
war/ zureden. Als er nun spü-
rete/ daß Poliarchus nicht mehr so Ernst von Gesichte außsehe/
vnd zu
sich selber kommen were/ brachte er das Gespräch wider
auff die Argenis/ vnd
fragte eigentlichen nach jhrer Gestalt vnd
jhrem Thun vnd Lassen. Aber er war
auch gegen diesem Donner
nichts beständiger als gegen dem vorigen/ vnd
antwortete seine
zitternde Sprache zu bergen auffs kürtzeste jhm
möglich war. Wie
nachmals Archombrotus zuwissen begehrte/ was der König für
stattliche
Freunde hette/ vnd auff welchen die Regierung deß ge-
meinen Wesens beruhete;
Es hat mit Sicilien/ gab er zur Antwort/
keinen so vbelen Zustandt/ daß
man nicht etliche noch finden mö-
ge/ die jhres Ansehens/ vnd deß
Königs Freundschafft würdig
seynd. Vnter welchen Cleobulus der fürnembste ist/ sehr weise vnd
vernünfftig im
Rathgeben: ingleichem Eurimedes vnd Arsidas
stattliche Obristen/ vnd die nicht wenigern Verstandt als Hertze
haben.
Vber diese seynd zween Außländer/ dessen Priesterstands
welcher
Purpurfarbe träget/ die Sicilien mit Trewen beygethan
sind/ Iburranes vnd Dunalbius/ die sich jetzo höchlich bemühet
haben/ daß der König
mit dem Lycogenes nicht wider seine Hoheit
Friden eingehen möchte. Ich
wolte noch andere erzehlen/ die sich
kein Vnglück von der [23]
Beständigkeit gegen dem Könige haben
abwenden lassen.
Aber wann jhr euch ein wenig bey Hofe werdet
auffgehalten haben/ so werdet
jhr sie durch das Gerüchte vnd jhre
Tugend von den andern leichtlich
vnterscheiden lernen.
Es gieng schon zimblich spatt in die Nacht/ vnd die Ruhe war
jhnen auch Müdigkeit halben von nöthen; derentwegen hielten
sie
nach gesegnen mit dem reden jnne. Nichtsdestoweniger liessen
doch die Sorgen
zwischen dem wachen vnd schlaffen die Gemüther
nicht ruhen. Archombrotus stalte jhm die Gefahr für Augen/ von
welcher er
kurtz zuvor gehöret hatte; vnd war jhm nichts mehr zu-
wider/ als daß es sich
zu einem Frieden ansehen liesse. Dann wie
würde er nun Mittel haben
sich in der Schlacht zubefinden? bey
welcher Gelegenheit/ vnd mit was für
Waffen köndte er dem???Mele-
b
[Seite 24]
ander???
seinen Muth vnd Stärcke bezeugen? So betrachtete er auch
mit Lachen stillschweigend/ daß Poliarchus/ der so fertig were zu
streitten/ vnd allerley Glück
zuversuchen/ ein solch schrecken
empfunden von dem blossen Namen einer
Jungfrawen. Dann er
vermeinte/ daß er ausser seiner Tugendt vnd
Dapfferkeit nichts
hette/ dadurch er jhm entweder Glücks oder Stands wegen
auff
solche Heyrath dörffte rechnung machen. Im Fall nun/ sagte er
bey
sich selber/ diese privat Person eine Lieb auff die Argenis eines
Königs
Tochter werffen darff/ wer wil zweiffeln/ daß Amor vns
das Gedächtnuß
aller Gefahr vnd Vnglücks auß den [24]
Sinnen
reisse?
daß die Liebhaber sich schwerer Sachen vnterfangen/ vnd
die geringsten groß
sindt so bald sie geliebet werden? Hergegen
machten dem Poliarchus/ der seltzame Anschläge für sich hatte/
die Forcht
vnd Hoffnung allerley widerwärtige Gedancken. End-
lich vberfiel sie
der Schlaff alle beyde: als sich in dessen gemach
vnd gemach von dem hin vnd
wider lauffen der Leute ein Getüm-
mel durch das gantze Hauß erregte: stracks
hernach kamen et-
liche Diener für die Kammer/ die meldeten/ daß jhre Fraw/
die
Timoclee/ bald würde bey jhnen seyn. Sie stunden erschrocken
auff/ vnd waren von dem ersten Schlaffe etwas verdrossen; als sie
aber sich
recht besinnen kundten/ legten sie die Kleider nur vber-
hin an/ vnd giengen
Timocleen entgegen. Sie/ nach Entschuldigung/
daß sie jnen/ welche ohne diß
müde weren/ Vnruhe machte/ sagte:
Ihr Herren/ es ist was wichtiges vorhanden;
vnd das darumb desto
mehr zu fürchten ist/ weil man wegen der Nacht
nicht wissen kan
was es seyn mag. Man sihet auff allen Hügeln der Felder ein
liechtes
Fewer auffgerichtet/ welches niemals zu geschehen pfleget als auff
Befehl deß Königes/ vnd wann allgemeiner Wolfart halben ge-
schwinden
vleiß anzukehren von nöthen ist. Als sie dieses gesagt/
führte sie
beyde zu öberste auff das Hauß welches nicht zugespizet
war/ sondern mit Bley
also gedecket/ daß man auff der Fläche deß
Daches sich zur Wollust vmbschawen
kondte. Es war gantz nicht
gewölcket am Himmel/ vnd [25]
der Mondt/ welcher offtmahls mit
seinem Liechte verhindert daß
man den Glantz deß Fewers nicht se-
hen kan/ schiene damals nicht: so
das sie bey heller Nacht von ge-
meldtem Altane die Fewer/ welche
allenthalben von den Hügeln
leuchteten/ gar wol sehen möchten. Sie hatten
sich aber nicht lange
vmbgeschawet/ als sich von den Leuten so vmb selbige
gegend vnd
c
[Seite 25]
in benachbarter Stadt wohneten ein Tumult vnd Geschrey
erhub:
welches wegen stille der Nacht jhnen schrecklicher als sonst zu
Ohren kam. Die zwene Gäste befohlen/ daß man die Thore zum
Hause
vleissig verwahren solte/ damit nicht etwan Räuber bey
wehrendem
Geläuffe ihre Gelegenheit einzufallen ersehen möch-
ten. Timoclee aber sagte/
man könte nicht so bald erfahren/ was
es doch sey das durch solche
offentliche Zeichen angedeutet wurde.
Phthinthia lege nicht weit von dannen: vnnd wan es sie für gut be-
findeten/ so wolte sie einen jhrer Diener dahin senden/ der dessent-
wegen nachfragen solte. Sie liessen es ihnen gefallen/ giengen an
das Thor/ vnnd schickten ein Gesinde fort mit Befehl/ von diesem
Schrecken rechten Bericht einzuziehen/ vnnd eilendts Antwort zu
sagen
waß es anlangendt sey. Vnter dessen spatzirten sie bestürtzt
auff den Saal/
machten ein Fewer auff/ vnd als die Fraw bey ihnen
in der Mitten saß/
Fragten sie/ was dieses für ein Gebrauch in Sici-
lien were/ vnnd worzu die
Nacht Fewr dieneten. Dann/ sagete
Poliarchus/ es ist vber ein Jahr daß ich nun in Sici-[26]
lien bin/
vnd habe dergleichen zuvor doch niemahls gesehen.
Habt jhr nicht
achtung drauff gegeben/ sagte Timoclee/ daß auff der Spitzen
eines
jeglichen Hügels Stangen auffgerichtet sind in der Lenge eines
Mast-
baumes/ auff welchen zu oberste gleichsam ein Keficht mit Eiser-
nen Schienen beschlagen ist? Poliarchus sagt: Ja/ er hett es gese-
hen. Dise gemeine Bäwme
sprach sie/ sind zu dem Ende dahin ge-
setzt/ daß man Fewer darauff legen
kan/ vnd dem Volck auß Be-
fehl des Königes zu wissen thun/ wessen sie
sich in Eyll verhalten
sollen. Solches nennet man Post- oder Lauff-Fewer. Die
so sie zum
ersten sehen/ zünden auch auff jhren Hügeln die Leuchten stracks
an/ vnnd von diesen werden die so weiter wohnen in gleichem ge-
warnet/
biß diese Flamme mit vnglaublicher Geschwindigkeit die
gantze Insel
durchlauffen hat. In dessen stellet sich das Volck in
die Rüstung/ bereittet
zu verrichten was jhm anbefohlen wird. Zu-
gleiche lest der König in der
nechsten Stadt kundt thun was seine
Meinung sey: von dannen reitten die
Bürger mit frischen Pferden
auff die benachbarten Städte/ welche es den
Andern weiter vnnd
weiter mit Ebenmessiger Willfärigkeit anmelden. So
daß durch
diese vleissige Vorrichtung gantz Sicilien nach blossem wincken
deß Königes in einem Augenblick
auff den Beinen ist. Man pfleget
aber solches Fewer ohne grosse erhebliche
Vrsachen nicht anzu-
zünden: vnnd habe ich es nicht mehr dann einmahl
gesehen/ [27]
[Seite 26]
als man auff diese Weise etzliche Mörder suchte/ welche sich
an deß
Königes Person vergreiffen wollen. Helffen die Götter/ daß sie nicht
zu diesem mal einer mehr trawrigen Vrsache/ vnd schon voll-
brachter
That halben mögen angezündet worden sein. Poliarchus
kundte diese Vrsache noch nicht billichen/ vnnd sagte lachende:
Meine Fraw/ ich vermeinete jhr würdet diese Gewonheit noch her-
bringen
von den alten Ceremonien der Kertzen/ welche Ceres/ als
sie jhre Tochter
verlohren bey dem Dampffe ewers Berges Etna an-
gezündet soll haben. Was hat aber dieser Tumult für
Nutz hinder
sich? oder was hilfft es den Fürsten/ wann er sein
Geschäffte lieber
bey Furchte der Nacht/ als am Tage durch seine Leute
verrichtet?
Dieser Gebrauch/ antworttete die Fraw/ ist nicht so vergeben als
jhr
wol meinet/ mein Poliarchus: sonderlich wann man sich besorget/
daß nicht eine
feindtliche Schiffsmacht heimlich in der Insel ab-
stossen möge. Dann
die Befehlichshaber vber die Porte/ wann sie
durch solche fackeln gewarnet
werden/ beschliessen die Einfahrten
mit Ketten/ vnd halten die Stewerknechte
bey den Rudern in aller
Bereitschafft/ da es ja von nöthen thete/ die
schiffer auff den
Feindt zuführen. So bleibet auch ein jeglicher vom Volcke
bey sei-
ner Fahn vnnd Obristen/ daß der Feindt/ wan er schon mit List
außgestiegen were/ die Insel doch ohne widerstandt nicht vberfallen
könne. Es ist auch noch eine Vrsache dieser Fewer: wann nemb-
lich ein
V-[28]
belthäter/ dessen Straffe zum Exempel dienen soll/
entweder aus Sicilien entrinnen/ oder durch behelff der Berge vnnd
Zuthun der Seinen sich verhölen will. Dann in fall diese Fewer
schon
einmahl angestecket sindt/ so ist keinem erlaubet fortzusegeln:
vnd der/
welcher den Schuldigen herberget vnd hauset/ macht sich
den Gesetzen nach
gleichen Verbrechens vnd Straffe theilhafftig.
Von solchen der Timocleen
Reden kamen sie auff andere/ vnd hat-
ten allerley Gedancken/ was doch
dieser Aufflauff bedeuten möchte.
Poliarchus befahrete sich alles Bösen: weil er wuste/ wie beym Ly-
cogenes keine trewe Ader/ vnd Meleander leichtlich zubetriegen
were; angesehen sonderlich/
daß die meisten seiner Leute nicht
auffrichtig mit jhm vmbgiengen: vnd dann
auch/ daß jhm sein
grosses Gemüte denen nicht liesse Vntrew zumessen/
für welchen
er doch sich vorzusehen billich Vrsach hette.
d
e
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