GElanor/ als er Poliarchus Pferd loß gebunden/ vnd es mit der
Spißruten
geschmissen/ Feldt einzulauffen wohin es köndte/ setzte
er sich auff das
seine/ vnd machte sich auff den Weg welchen er jhm
fürgenommen. Als er nicht
weit von [53] dem Walde war/ in dem
Poliarchus den andern Tag zuvor gestritten hatte/ sahe er drey
Sänfften bringen/ mit vielen Reisigen begleitet/ vnd nach jhnen
auch ein zimbliche Anzahl zu fusse. Ihn verlangete zuwissen was
diß für ein
Auffzug sey/ vnd als er herzu kam wardt er innen/ daß
es Todten-sänfften vnd
Trawer Leute waren. Er erschrack daß jhm
dergleichen stracks zu anfange
begegnete/ vnd fragte von eynem
auß dem hintersten Hauffen/ was für ein
Begräbnuß gehalten
würde. Dieser antworttete/ sie solten die Leichen
der Gesandten auff-
heben/ welche Poliarchus für zweyen Tagen wieder das Recht der
Völcker
entleibet hette. Gelanor wardt bestürtzt/ vnd bekümmerte
sich bey sich selbst
wannher doch solche Verleumbdung keme/ vnd
was für Schelmstück darhinter
steckten: darmit er aber eigent-
liche Gewißheit hette/ ritte er mit
den Leuthen fort/ biß er den Cör-
per dessen/ den Poliarchus als er geflohen fornen am Walde vmb-
gebracht/
siehet mit weheklagen vnd weinen in die Sänffte legen.
a
Wie er in dieser billichen Betrachtung war/ vberlieff jhn ein
sol-
cher Zorn/ daß jhm Farbe vnd Sprache vergieng/ vnd er sich nur
muste von dem Spectakel weg machen/ weil er so hefftig darüber er-
grimmet war. Derentwegen verfluchte er die Feinde/ vnd gab dem
Pferdt die Sporen den nechsten Weg wo der König war/ zu. Als er
zimblich
weit in den Tag zu der andern seitten deß Walds hinnauß
geritten/ kam jhm
viel Volcks entgegen: dann es war die grosse
Strasse/ vnd damals auch darumb
weniger ledig/ weil der König
sein Läger nicht ferrn darvon hatte. Vnter
andern begegnete jhm
Timonides/ der Fürnämbsten einer an dem Königlichen Hofe/ wel-
cher in ängsten war wegen deß Poliarchus Vnglück/ vnd allenthal-
ben herumb jrrete
zuerforschen wo er blieben were. Dieser als er
den Gelanor erkandte/ Ihr kompt eben zurechte/ rufft er. Wo ist
aber Poliarchus in dem Tumult? Er Gelanor war seines Fürsatzes
jnndenck/ schlug die Augen
nider/ thäte auch als er den Timonides
kaum kundte ansehen/ vnd sagte: Poliarchus ist hin. Da war der
Jammer vnd die Liebe beym
Timonides stärcker/ als die für Augen
schwebende Gefahr. Er
bliebe gantz verstarret/ wie einer der etwas
sagen wil; nachmals hub er mit
tieffen Seufftzen an: O den vn-[55]
glückseligen Meleander/ vnnd Sicilien mit jhm! Mit diesen Worten
wandte er den Zügel.
Welches dem Gelanor ein sonderliches Hertz
machte/ als er sahe/ daß der
erdichtete Todt seines Herrn solch
trewes Verlangen vnd vnverborgenes
Mitleiden erweckte. Timoni-
des war nicht weit/ da kehrte er sich wider auff
jhn zu/ vnd fragte:
Wie ist doch der stattliche Mann vmbkommen? ist es
lange? vnd
wer sind sie die jhn entleibt haben? Auß Furchte/ sagte Gelanor/
wegen deß Königlichen Befehls hat er bey finsterer
Nacht durch den
Fluß Himera setzen wöllen; aber das Wasser/ so wegen vielen Re-
gens gestiegen ist/ hat jhn/ wie sehr er sich gewehret/ vmbgerissen/
Sie kamen in einem entlegenen Thal nicht weit von dannen zu
einander/ da fienge Gelanor erstlich an: Herr Arsidas/ Poliarchus
lebt; aber er begehrt daß es niemandt wisse ausser euch. Er liegt in
einem heimlichen Gange vnter Timocleen Hause/ welcher Frawen
er
sich anvertrawet hat. Ich bin aber von jhm zu euch geschickt
worden/ daß jhr
mich berichtet/ was dieses Vngewitters Vrsach sey/
vnd daß ich euch auch
selber/ wann jhr jhn in seinem Vnfall nicht
verschmähen wollet/ zu jhm hin
geleitet. Arsidas sagte/ er schewe
keine Gefahr nicht: Gelanor solte jhn nur zu der Höle führen/ vnd
jhm den Poliarchus zeigen/ welchen zu sehen er verlangen trüge.
Man muß
aber/ antwortete Gelanor/ der Timocleen Diener zube-
triegen künstlich vmbgehen/
damit sie nicht jnnen werden/ daß Po-
liarchus daselbst verhälet liege/ vnd
eines so fürnemmen Herrens
Leben in Gewalt geringer Leute gerahte. Ich
wil voran/ vnd seinen
Todt mit eben solchem klagen beweinen/ wie ich gegen
dem Timoni-
des thäte; jhr werdet ingleichem schon alle mit denen jhr zu
reden
kompt auff diese Art herumb zuführen wissen. Also wird Poliarchus
deß Lebens sich nicht zu besorgen [57] haben/ wann
man jhn für
todt wirdt halten. Auff den Mittag könnet jhr bey
Timocleen einkeh-
ren/ gleichsam als jhr im fürüber reisen wegen der Hitze
etwas
woltet außruhen. Es wirdt auch niemandt keinen Argwohn darauff
werffen/ wann jhr schon bey der Frawen einsprechet; weil jhr von
langer
Zeit her miteinander bekandt seidt. Diß muß ich euch auch
Alß sie dermassen sich vnterredet/ reiseten sie von einander.
Ge-
lanor zwar den nechsten Weg auff Timocleen zu/ Arsidas aber/ der
lenger Zeit hatte/ die grosse Strasse nur
Schritt für Schritt. Aber Ti-
monides/ der sich betriegen lassen/ trug die
Tragoedie weiter vnd
weiter. Dann welchen Bekandten er nur antraff/ sagte er
daß Poliar-
chus todt were. So daß dieses Geschrey vielen zu Ohren kam/ die
es
mit vnterschiedenem Gemüte/ aber doch sämptlich mit grosser Be-
wegung/ auffnahmen. [58] Meleander hatte jhm fürgenommen nach
Magella vber den Fluß Hypsa zureisen/ dahin seine Tochter Arge-
nis auff sein Geheiß
von Siracuse kommen war. Die Soldaten/ die
schon zum fortzuge auffgeboten
waren/ packten jhre Sachen zu-
sammen; vnd der König gieng vnter
dessen/ biß die bequeme Stunde
fort zu ziehen käme/ auff den Feldern nahe dem
Walle spatzieren.
Er war mitten vnter den Fürnehmsten des Hofes/ vnd wuste
wol
daß in Beschönung der Trew vnd Auffwartung viel Feinde vmb jhn
her
giengen: da kam gleich Timonides zurück ins Läger/ vnd be-
richtete die Freunde
was er von des Poliarchus Tode vernommen.
Ehe er das Wortt außgeredet/ kömpt
das Geschrey stracks vnter die
Soldaten. Vnd sie glaubten es auch leichtlich.
Zu letzt vnterstehet
sich Timonides für den König selber zugehen/ vnd redet jhn vor
Leide
vnd wehmut also an: Herr/ wir haben dem Lycogenes viel zu
dancken: Poliarchus ist dahin. Vber diesen Worten verstumte der
König
gantz vnd gar/ vnd wuste er nicht wohin er sein Hertze len-
cken solte. Der
Vnfall vnd Verlust deß jungen Herrens erschreckte
vnd bekümmerte jhn
destomehr/ weil jhm als dem Verursacher
solches Todes die gantze Schuld auff
dem Halse bleiben würde. Er
vermochte sich auch in die Lenge des
Weinens kaum zu enthalten/
vnd stalte seinem Gemüte schmertzlich für/ den
vbelen Zustandt
der seinem Reiche hinfort zuhienge. Er dürffte aber zu diesem
mal
b
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