IN solchem jhrem Schrecken satzte Archombrotus mit seinem Volck
weiter nach/ vnd machte jhr gantz
Heer verzagt/ sonderlich als er
deß Lycogenes Kopff bey dem Haar erwüschte/ vnd in aller Höhe
herumb schwang; daß sie also an jhrer Niderlag nicht zweiffeln
durfften. Wie er es aber genugsamb gewiesen/ warff er es dem Mele-
ander
zun Füssen: Schawet hier/ sagt er/ Allergnädigster König/
den Lycogenes der nun Frieden helt/ vnd dem jhr ins künfftig wol
trawen dörffet. Die Götter wöllen eben mit solchem Ernste verfah-
ren
gegen andere die sich ewerer Gnade nicht achten. Meleander
ließ deß [399] Lycogenes Haupt verwahren/ vnd verfolgte seinen
Sieg weiter vnd
weiter. Dann es war durchs gantze Feld nicht mehr
ein Kampff/ sondern ein
würgen. Es durffte keiner deß Vberwinders
erwarten/ vnd dem Menocritus gehorchen welcher sie zurück ruffte.
Etliche flohen
auff die Berg zu/ etliche welche der örter kündig wa-
ren in die
nechste Hölen/ gemeiniglich aber jrreten sie hin vnd wi-
der wo sie jhre
Forcht oder Glück zu leitete. Viel lieffen sich auß dem
Athem/ vnd fielen
darnider/ welche von den Pferden so jhnen nach-
eileten jämmerlich zertretten
wurden/ vnd war kein Elend das sie
nicht betroffen hette. Radirobanes folgte dem Menocritus/ welchen
er auß der Rüstung vnd Sturmhauben
erkandte/ vnd befahl jhn
auff zu fangen. Er aber/ wiewol er weiter zu fliehen
nicht vermoch-
te/ wehrete sich doch ritterlich/ biß er gefangen vnd stracks
gebun-
den ward/ daß er so weder seinem Feinde/ noch jhm selber Schaden
zufügen kundte. Es war Abend/ ehe die/ welche den Feinden nach-
gesetzt/ alle zum Meleander wider vmbkehrten. Vnd der König/
wiewol der Krieg ein
Ende genommen/ verblieb doch die Nacht vber
im Läger/ das so sehr verwüstet
war. Das wüten aber der vorigen
Nacht machte/ daß sie mit jrem frölich seyn
noch jnnen hielten/
vnd allenthalben Wache auffführten/ damit der Krieg sich
nicht
a
Vnter diesem Reden wirdt angemeldet daß Argenis ins Läger
kommen sey. Den vorigen Tag stundt sie auff der Mawren zu
Epeircte/ da sie die [401] Schlacht sehen
kundte; vnd vergoß nit
weniger jhre Threnen/ als das Volck sein Blut. Sie war
gantz bleich/
vnd befand sich niemals besser/ als wann die Furcht jhr alle
Sinne
genommen hette. Bißweilen verhieng sie den Schmertzen/ bißwei-
len kam sie wider zur Hoffnung vnd Kräfften/ nach Zeitung der
Botten/ welche sie in wehrendem Treffen außschickte. Doch kam jhr
Poliarchus nie auß dem Gemüthe; welchen sie bey sich selber bald
demütig/ bald erzürnet anredete. Sol ich lieber wündschen/ sagte
sie/
liebster Freund/ daß jhr von diesem meinem Weinen möchtet
wissen/ oder
daß sie euch/ wie auch geschiehet/ verborgen blie-
ben? Gewiß jhr würdet
nicht leben können/ wann euch meine
b
c
d
In dem sie dieses vnd anders mehr vnter dem weinen/ welches sie
mit fürgezogenem Schleyer etwas verbarg/ betrachtete/ fieng sie
an/
wegen verkündigung der Feinde Flucht/ die sie selbst auch er-
blicken kundte/
mutiger zuwerden; verlaubte Selenissen vnd ande-
rem vmbstehenden Frawenzimmer mit
jhr zu reden/ vnd jhre Frö-
ligkeit zu bezeugen. Als sie her-[403]nach wider in den Pallast vmb-
kehrte/ folgte jhr das Volck
Hauffenweise/ vnd war/ seinem Ge-
brauch nach/ ohn alle maß mit Frewden
außgelassen. Auff folgen-
den Tag machte sie sich mit dem grössesten theil
der Bürgerschafft
[404: Kupfer Nr. 10]