DIese Tage vber (wie Cleobulus schon zuvor gemuthmasset hatte)
kamen vnterschiedliche
Abgesandten von den Städten an den Kö-
nig/ sassen an den Schwellen der Götter/
hatten als Leute die zu
Fuße fallen Zweige mit Wollen vmbwunden in den Händen/
seuff-
zeten nur/ vnd durfften nicht reden. Ibburranes vnd Dunalbius/
welche beym Könige in solchem Ansehen waren/ daß man
jhnen
nichts versagte/ theten vor viel Städte vnd hohen Standes Leute eine
Fürbitte. Derowegen gebrauchte sich Meleander gegen den gehor-
samen vnd demütigen Vnterthanen seiner
hohen Leutseligkeit/ vnd
legete jhrer Busse keine andere Straffe auff als
das Ansehen seiner
Majestät vnd Hoheit. Die Gesandten musten durch die
außgerüstete
Guardie auff das Rhathauß gehen/ auff welchem Er denen/ so
Gnade suchen solten/ zum [447] Schrecken in Königlichem
Habit
vnd Throne saß. Nach dem sich die armen Leute wegen der Vnglück-
seligen Zeit beklagten/ in welcher das Volck zu solchem Auffstande
gerahten
were; begegnete jhnen der König zwar erstlich mit scharf-
fen Worten/ hernach
vbergab er sie zu besserer Hoffnung seinen ob-
risten Haüptern/ vnd befahl daß
sie nach seinem Abschiede/ jhres
Spruches solten gewertig seyn. Man legte jhnen
leichte Sachen auff/
daß sie zur Straffe etwas von Gelde erlegen/ oder die
so es am grö-
besten verschuldet/ das Landt räumen musten. Nachdem sie der
wegen so gelinde darvon kommen/ erfülleten sie hernach die Städte
mit Liebe
jhres Fürsten. Die Hyperephanier wolten sonderliche
Gesandten abordnen/ zu Bezeugung
jhrer Frewde vnd Glückwündt-
schung/ vnnd jhren vorigen Eidtschwur mit
einem newen Handt-
schlage zu bestättigen. Etliche aber von jhnen/ welche wusten
daß
es der König nicht wol empfienden würde/ zohen den Anschlag zu-
rück.
Dann als der König von jhrem Fürnehmen gehöret hatte;
Ich frage/ sagte er/ ob die
Hyperephanier sich mehr oder weniger
für Sicilier halten als andere meine Vnterthanen? Warumb wöllen
sie
jhre Pflicht sonderlich ablegen? Warumb reden sie mich nicht
Cleobulus sagte/ er wolte dem Könige jhr Schreiben vberreichen/
vnd
vertröstete die Abgesandten ehest auff Antwort. Als der Raht
sich geendet hatte/
gieng er zum Könige/ welcher jhm gleich da-
mals deß Cleobulus Verstandt weitleufftig zu Gemüte führete/ der
nicht vergeblich gemeinet hette/ daß die Städte wiederumb würden
Gnade suchen/
vnd [449] jhn/ weil seine nechste Lehren durch deß
Radirobanes Ankunfft verhindert worden/ seine Meinung weiter zu
sagen erinnerte; der Siracuser Schreiben/ weil sie reifferer Raht-
schlagung
bedürfften/ möchten auff dißmal nachbleiben. Ihr sagtet/
Cleobulus/ fieng der König an/ wo ich mich recht erinnere/ es we-
ren zwey Ding/ durch die man Sicilien in gutem Friede erhalten
köndte/ vnd
welche machten daß die Ruhe oder Empörung deß
Lands in der Hohen Häupter Händen
stünde/ als der König von
Sardinien zwischen ewere Rede kam/ welche jhr nun nach der
länge vollführen möget. Welches sindt dann die zwey Bänder/ oder
vielmehr die
vnwandelbare Bevorstehungen/ welche Sicilien/ den
Fürnehmen deß Landes/ zu jrer
Gewalt dermassen außsetzen? Eben
a
Ihr werdet sagen/ daß ihr durch Außerlesung der getrewesten
Leute die Freyheit solcher vbermessigen Gewalt wehrloß machen
wöllet. Ihr
begienget etwas das kein König in Sicilien zuvor ge-
than hat. Dann welch
Bürgerlicher oder Außländischer Krieg ist
gewesen/ da nicht die Verwalter
dieser festen Orter von der Kron
abgefallen sindt? Oder welche Empörung ist vnter
vnserem Volcke
entsprungen/ die nicht auß solchen Schlupffwinckeln kommen ist/
oder sich hinein geflüchtet hat? Solches bergen auch die jenigen
jtzund
nicht/ die nach jhrer Rebellion einen Friedensschluß mit
euch eingehen.
Sie begeren Festungen zu jrer versicherung/ daß sie
nämlich wider ewren willen
darinnen mögen befreyet seyn/ vnd
[452] wann sie die Lust wiederumb ankömpt/ mit vngehinderter
Verwegenheit die Waffen ergreiffen können. Gedencket nur welche
eine
vnbillige Bedingung dieses sey. Sie sindt zu Vergebung vorigen
Auffruhres
nicht zufrieden/ sondern begehren noch/ daß man jhnen
Waffen/ Schlösser vnd
Soldaten vbergeben solle. Sie zwingen euch
ferner zum Pfande jhrer ertichteten
Trew/ dem zu glauben was sie
sagen/ da sie selbst nicht glaüben was jhr saget.
Werden aber die
Schlösser einmal in dem Königreiche abgeschafft seyn/ so werden
sie jhre versicherung auff ewerer vnd jhrer Trew suchen müssen/
vnd
in den anvertrawten Städten nur so lange gehorsam finden als
jhr wöllet/ auch
wegen Sicherheit so vieler Wälle vnd Schantzen
keine Gelegenheit zu newer
Empörung finden.
Aber/ werdet jhr sprechen/ Man muß gleichwol die Anordnung
der Alten nicht verdammen/ welche diese Festungen entweder ge-
bawet/
oder sie zu bawen vns ein Exempel gegeben haben. Herr/
man muß dieselbige Zeit
nur für sich betrachten. Vnsere Vorfahren
haben jhre Sachen auff die Zeit
gerichtet in der sie lebeten; wir/ die wir
in anderer Gelegenheit sindt/ müssen
offtmals den Anschlag ergreif-
fen/ der jhrer Meinung gantz zuwider
leufft; So daß ich es für eine
vnbilliche Hoffart halte/ wann man die Weißheit
der Alten ver-
nichtet; vnd es auch eine vbrige Ehrerbiettung zu seyn schätze/
wann wir vns gantz vnd gar nach jhrer Ordnung richten. Also haben
[453] wir die jenigen Schlösser/ welche vns anjetzo
beschwerlich
Eben dieses war das andere/ von welchem ich sagte daß ewerer
Friede zerrüttet/ vnd die Fürnehmen Häupter wieder euch gerü-
stet
würden/ die Gewohnheit nemlich/ einer so lanwirigen vnd be-
stendigen Verwaltung
die Provintzen zu vnter-[455]geben/ welche
wann sie einen
Landtpfleger bekommen/ so thun sie jhm stracks
alle Ehre/ gewohnen seiner vnd
glauben so gewiß daß er Fürge-
setzter/ als daß jhr König seydt; ja er
bringet die Vnterthanen mehr
zu sich als jhr/ zwinget sie jhm verbunden zu
bleiben/ verdammet
oder födert die jenigen/ welche jhm wiederstehen/ oder jhn
lieben.
Sonderlich aber machet sich der Adel diesen Häuptmännern anhän-
gig/
welchen sie mit Hoffnung Gastereyen vnd Freundligkeit also
einnehmen/ daß
er hernach seine versprochene Trew wieder den
König selber versuchen darff. Wann
jhr solche Empter nur auff we-
nig Jahre außtheiletet/ so köndte jhre Macht nicht
zu tieff ein-
wurtzeln/ vnd die Bürger würden sie/ in Ansehung jhres kurtzen
Regiementes/ nicht vber Billigkeit lieben oder fürchten. Ich bin
schon lengst/ sagte der König/ in dergleichen Gedancken gestan-
den. Aber mit
was für Beschönung kan ich denen/ welchen ich vor
vieler Zeit alten Gebrauch nach
die Provintzen zuverwalten hinge-
lassen habe/ solch meine Geschencke wiederumb
abstricken? Was
werden meine wolverdiente Obristen/ was werden die jenigen sa-
gen/ denen ich diesen Sieg zudancken schüldig bin? Sol ich jhnen
derer Trew mir bekandt ist/ jhre Belohnung wegnehmen/ welche
ich anderen
gegeben habe/ von denen ich zweiffelte/ vnd noch keine
Freundtschafft erfahren
hatte? Diesem ist leichtlich abzuhelffen/
sagte Cleobolus; Ewere fürneme
[456] Leute dürffet jhr mit solcher
Newerung zur Vngedult
nicht reitzen. Lasset sie bey ewerer Begna-
digung verbleiben. Aber wann einer
nach dem andern absterben
wirdt/ so setzet jhnen Nachfolger mit newen Bedingungen
in die
Stelle. Lasset jhre Macht vber drey Jahr nicht wehren/ vnd machet
jhnen mit Erlengerung deß Regiements keine Hoffnung/ daß nicht
so
sehr das Vermögen als der Nahme geendert sey. Sicilien wird
solche kurtze
Beherrschung nicht mehr förchten/ vnd der Ehrgeitz
wird machen/ daß jhrer viel
nach solchen Ehren/ wie kurtz sie
auch sindt/ streben werden. Also könnet jhr
auch ewere Freygebig-
keit vielen erweisen/ in dem jhr bey Erledigung der
Provintzen
Wann jhr mit solchen Grieffen den Mächtigen den Anschlag vnd
die Kräfften abzufallen entziehet/ so haben sie Vrsache euch viel zu
dancken. Dann sie werden sich keiner Gefahr besorgen dörffen/
welche sie zwar
vnter einem ernsthafften Könige/ der seine Worte
nicht hielte/ betreffen möchte.
Es würde auch der Strom jhrer hurti-
gen Jugendt/ von der Außreissung/ in einen
richtigen Lauff/ vnd zu
solchen Anschlägen geleitet werden/ welche zwar einen
behertzten
vnd kriegischen/ aber doch billichen Zweck/ der keiner Tugend
zuwieder lieffe/ für sich hetten. Schawet die Nation an wel-[457]che
an der Lenge deß Vfers gegen vber lieget/ vnd mit Sicilien
offtmals
in Auffstandt gerahten ist. Sie hatte auch eine grosse Menge der
Schlösser vnd Thürne. Es waren vber diß jhre fürnehme Häupter
von
Anhange vnd Kräfften so starck/ daß sie den Königen (wel-
ches gemeiniglich eine
Vnglückselige Macht ist) selber eine Furcht
einjageten. Was für Auffstandt war
damals? dergleichen in Sici-
lien niemals gewesen ist. Bald worden die Könige/
bald die fürnehme
Herren abgesetzet; biß man endlich die Schlösser/ ohn eines/
ge-
schleiffet/ vnd die Stärcke der Gewaltigen durch Fleiß der Höchsten
Obrigkeit gedämpffet hat. Etliche sind im Kriege/ etliche im Gefäng-
nüs/
etliche zu wiederbringung deß Friedens von deß Henckers
Handt vmbkommen. Wöllen
die Götter daß vnseres Adels Blut dem
Verhengnisse lieber sey. Diesem allen
könnet jhr abhelffen/ wann
jhr sie der Ruhe geniessen/ vnd euch deß
Königreiches mit Fleisse
annehmen wollet. Dann also wird die Gewonheit sich
zuverbinden/
vnd von euch abzufallen/ allgemach hinterzogen werden/ vnd wirdt
sich vnter dem gleichmässigen Joch niemand vber ewere billiche
Regierung
zubeschweren haben. So lange aber einer vngestrafft
wird hingehen/ so
lange werden die andern ewere Gütigkeit/ wel-
cher jhr euch gleich als gezwungen
annehmet/ verächtlich halten:
Daß jhr derhalben entweder alle vnter gleichem
Gesetze ewe-[458]
d
e
f
g
Werden sie wiederumb einen Tumult erregen/ so bedencket
jetzundt baldt was jhr mit jhnen thun wöllet: bedencket/ sage ich/
selber wie jhr hierinnen zuverfahren habet; vnnd glaubet nicht/ daß
euch die
Freunde allezeit mit solcher Freyheit werden vnter Augen
gehen/ wie wir zwar an
jetzo vns vngeschewet vnterreden. Vielleicht
hette ich selber nicht so gerade
zugesaget/ wann die Vnwissenheit
künfftiger Dinge nicht machte/ daß ich die
jenigen wieder welche
ich geredet habe/ nicht kennete. Dann weise Leute
die in ewerem
Rhate sindt/ wann jhr jhnen eine Sache fürleget/ so reden sie
nicht auff solche Weise darvon/ daß sie nicht auch ein Auge auff
jhr eigenes
Anliegen haben sollen. Zum Exempel/ wann man jhr
Gutachten wegen der fürnehmen
Auffwiegler vnnd Rebellen er-
fodert/ so fürchten sie sich dieselbigen
zubeleidigen/ vnnd gehen
auff gelinde Mittel/ die offtmals ewerem Scepter nicht
zu Ehren ge-
langen: auß Besorgung/ im Fall sie gar zu scharff vrtheileten/ so
möchten die/ wieder welche sie sprechen/ wann sie (wie gebräuch-
lich ist)
widerumb nach Hofe vnnd bey euch in Gnade kommen/
sich an jhnen rechen/
vnnd jhren entlichen Vntergang befödern.
Durch diese Furchte wirdt vielen ewren
Rhäten die Freyheit be-
nommen/ die zwar getrew sindt/ aber so lange es thuenlich
ist/ vnd
zwar zuvor [459] jhnen als euch. Dieses wolte
ich weder in Gegen-
wart meiner Beygeordneten/ noch auch für euch sagen/ wann ich
nicht wüßte/ daß vnter ewern Königlichen Tugenden das Still-
schweigen vnd das Vergessen euch ein Ding weren.
[460: Kupfer Nr. 11]
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